Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1842/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2011/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1954 in Ungarn geborene Klägerin war nach Abschluss des Fachgymnasiums für Handelssachen nach eigenen Angaben ab 1972 im Bereich Arbeits- und Unfallschutz beschäftigt, nach berufsbegleitender Ausbildung von 1972 bis 1974 als Leiterin der Arbeits- und Unfallschutzabteilung der Handelsgenossenschaft, ab 1985 des öffentlichen Personennahverkehrs. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 25. Dezember 1989 und Teilnahme an einem Sprachkurs war sie in Deutschland vom 8. Juli 1991 bis 7. April 1993 als Lagerarbeiterin beschäftigt. Ab 10. August 1993 war sie arbeitslos und bezog mit kurzeitigen Unterbrechungen wegen anderweitiger Sozialleistungen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Beschäftigt war sie wieder ab 14. April 1998, bezog ab 15. Februar 1999 Krankengeld, ab 20. August 1999 Arbeitslosengeld. Zuletzt war sie vom 6. März 2003 bis 31. Mai 2005 bei einem Videoversandunternehmen im Lager beschäftigt. Von März 2007 bis Januar 2008 arbeitete sie im Rahmen eines sog. "1 EUR- Jobs".
Vom 17. bis 30. Juli 2002 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung wegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms.
Am 22. März 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den sie mit Diabetes, chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung und Schilddrüsenunterfunktion begründete. Vom 20. Juni bis 21. Juli 2005 befand sie sich zur Behandlung eines Alkoholabhängigkeitssyndroms in der suchtmedizinischen Tagesklinik Konstanz. Der Entlassbrief vom 28. Juli 2005 benennt als weitere Diagnosen eine depressive Episode, gegenwärtig mittelgradige Episode, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II (ICD 10: E 11.9) sowie Hypothyreose. Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin sozialmedizinisch begutachtet. Im Gutachten vom 26. August 2005 beschrieb die Allgemeinmedizinerin Dr. St. eine Alkoholabhängigkeit mit Leberparenchymschaden, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, Übergewicht sowie eine Neigung zu depressiven Verstimmungen. Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin sei durch die Alkoholerkrankung gefährdet, aber nicht gemindert. Körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten seien ihr vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 15. September 2005 lehnte die Beklagte unter Übernahme dieses Leistungsbildes den Rentenantrag ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vorliege.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, unter Berücksichtigung der Alkoholkrankheit und des unzureichend eingestellten Diabetes sei keine berufliche Leistungsfähigkeit mehr gegeben. Unberücksichtigt geblieben seien bislang auch ihre Angststörungen.
In der Zeit vom 23. Januar bis 24. Februar 2006 befand sich die Klägerin erneut in Behandlung der suchtmedizinischen Tagesklinik Konstanz. Der Entlassbrief vom 4. April 2006 beschreibt ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, eine depressive, gegenwärtig mittelgradige Episode, sowie einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II.
Nach Auswertung dieses Berichts durch den Prüfarzt wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 als unbegründet zurück. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Lagerarbeiterin genieße sie als ungelernte Arbeiterin keinen Berufsschutz. Sie sei daher weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, zu deren Begründung sie über ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren hinaus vorgetragen hat, sie leide nicht nur an einer Neigung zu depressiven Verstimmungen, sondern an einer massiven depressiven Erkrankung einschließlich Angststörungen. Sie sei nicht mehr in der Lage, alleine das Haus zu verlassen. Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Die Internistin Dr. Bo. hat sich dem Gutachten von Dr. St. angeschlossen, Orthopäde Dr. Kie. lediglich über eine operative Entfernung eines Überbeins am Handgelenk berichtet.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Leistungsbeurteilung von Dr. St. folgend, der sich auch die behandelnde Hausärztin angeschlossen habe, sei die Klägerin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Da die Klägerin über die zeugenschaftlich gehörten behandelnden Ärzte hinaus keine weiteren benannt habe, seien keine weiteren Ermittlungen anzustellen gewesen. Da die aufgrund ihrer letzten Beschäftigung als ungelernte Arbeiterin einzustufende Klägerin zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, bestehe weder volle noch teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 19. März 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. April 2007 Berufung eingelegt. Das SG habe zu Unrecht die Leistungsbeurteilung von Dr. St. und Dr. Bo. ungeprüft übernommen und sich insbesondere nicht mit den von der Hausärztin angegebenen Gesundheitsstörungen auseinandergesetzt. Bereits aus dem in der Verwaltungsakte befindlichen Bericht der suchtmedizinischen Tagesklinik vom 28. Juli 2005 ergebe sich eine bedeutende depressive Erkrankung. Bei einer depressiven, alkoholkranken Diabetikerin mit hochpathologischen Blutzuckerwerten wie der Klägerin könne eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht angenommen werden. Zur Untermauerung ihres Vorbringens hat die Klägerin u.a. einen Auszug aus einem Gutachten des amtsärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 22. November 2007 vorgelegt, das unter Beachtung qualitativer Ausschlüsse ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich beschreibt (Bl. 71 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 zu verurteilen, ihr ab dem 1. März 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Gestützt auf eine prüfärztliche Stellungnahme vom 8. Juli 2008, ist sie der Auffassung, die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme habe das von ihr zugrunde gelegte vollschichtige Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestätigt.
Der Senat hat zunächst die Hausärztin Dr. Bo. erneut als sachverständige Zeugin schriftlich vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf Bl. 26/27 der Senatsakten Bezug genommen. Des Weiteren hat Prof. Dr. Dr. Wi. unter dem 8. Januar 2008 ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten erstattet. Danach bestehe bei der Klägerin eine sensible Polyneuropathie ohne wesentliche Beeinträchtigung des Gangbildes, eine leichte, allenfalls mittelgradig schwere depressive Störung, Alkoholabhängigkeit und ein M. Köhler mit vaskulärer Nekrose der Metatarsalköpfchen II und III. Aufgrund der Polyneuropathie und der Neigung zu Anfällen im Rahmen von Alkoholentzug solle die Klägerin nicht auf Leitern oder an schnell laufenden Maschinen arbeiten. Psychiatrischerseits sei die Stressbelastung etwas eingeschränkt, es bestehe jedoch keine Umstellungserschwerung. In einem auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten psychiatrisch-schmerzpsychologischen Gutachten vom 14. Juni 2008 hat Dr. Biel. auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung, infolge dessen gemischte Angststörung mit Panik, anhaltende affektive Störung i.S.e. mittelschweren Depression, infolge dessen sekundäres Alkoholabhängigkeitssyndrom - gegenwärtig abstinent - sowie einen Kombinationskopfschmerz mit migränoider und Spannungskomponente. Schwere und mittelschwere Arbeiten sowie solche im Akkord, am Fließband, in Schicht oder Nachtschicht seien ausgeschlossen. Wegen des Schmerzsyndroms seien Arbeiten mit Temperaturschwankungen oder im Freien ungünstig, solche mit Publikumsverkehr wegen der besonderen geistigen Anforderungen undenkbar. Wegen der Schmerzen am linken Fuß seien Tätigkeiten mit häufigem Stehen oder Gehen nicht leidensgerecht. Auch unter Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin maximal drei Stunden täglich arbeiten, sofern der Arbeitsbeginn nicht vor 8 Uhr morgens liege. Zwei bis drei Pausen von fünf bis zehn Minuten seien erforderlich. In ergänzenden Stellungnahmen vom 12. August 2008 bzw. 30. September 2008 sind die Sachverständigen jeweils bei ihren Einschätzungen geblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs.2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs.3).
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, da qualitative Einschränkungen ausreichen, um den Gesundheitsstörungen der Klägerin ausreichend Rechnung zu tragen. Dies steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senates fest, insbesondere aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. Wi. sowie des bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. St., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann.
Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin stehen im Vordergrund die Folgen der Alkoholkrankheit und der depressiven Erkrankung der Klägerin. Diese hat Prof. Dr. Dr. Wi. auf neurologischem und psychiatrischen Fachgebiet umfassend erhoben und die sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig abgeleitet. Neben der Auswertung der klinischen und technischen Befunde stützt sich der Gutachter auch auf die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung. Diese hat er jedoch, wie sich insbesondere aus seiner ergänzenden Stellungnahme ergibt, kritisch auf ihre Validität in der Begutachtungssituation hinterfragt und mit dem von ihm bei der Begutachtung erhobenen psychopathologischen Befund verknüpft. Weiter hat er die sich aus dem Tagesablauf der Klägerin, ihren Tätigkeiten und weiteren Angaben ergebenden, erhalten gebliebenen Potentiale berücksichtigt. Seine daraus abgeleitete Leistungsbeurteilung ist danach überzeugend.
Der abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. Biel. vermag der Senat hingegen nicht zu folgen. Dieser hat in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. Wi. zunächst ausgeführt, die bei der Klägerin vorliegende Depression sei nicht allenfalls, sondern sicher mittelgradig, teilweise schwer; dies sei durch den von ihm erhobenen klinischen Befund und die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung untermauert. Prof. Dr. Dr. Wi. habe des Weiteren die ausgeprägte Angststörung und das Schmerzsyndrom übersehen, die kognitive Störung nicht ausreichend bewertet. Insgesamt verweist Dr. Biel. insbesondere darauf, dass im Rahmen seiner Begutachtung eine ausführlichere testpsychologische Untersuchung erfolgt sei. Nicht von wesentlicher Bedeutung ist hingegen die von Dr. Biel. insbesondere in der ergänzenden Stellungnahme auf Kritik der Beklagten erörterte Frage, ob der Alkoholmissbrauch der Klägerin ursächlich auf den tätlichen Angriff ihres Exmannes zurückgeht; entscheidend sind allein die tatsächlich bestehenden Leistungseinschränkungen aufgrund der Gesundheitsstörungen, nicht ihre Verursachung.
Bei der Bewertung des Schweregrades der depressiven Störung stützt sich Dr. Biel. neben den Ergebnissen der testpsychologischen Untersuchung auch auf den von ihm erhobenen psychiatrischen Befund in der Begutachtungssituation. Dieser wird gegenüber dem von Prof. Dr. Dr. Wi. erhobenen als schlechter beschrieben: Dr. Biel. beschreibt Antriebsminderung, Freudlosigkeit, Nivellierungstendenz, einen durchgehend depressiv-reduzierten Verarbeitungsmodus. Die Schwingungsfähigkeit sei komplett aufgehoben, die Auslenkbarkeit zum positiven Pol nicht induzierbar; Gestik und Mimik spärlich. Aufmerksamkeit und Konzentration seien für die Untersuchung hinreichend, es bestünden aber Auffälligkeiten. Hingegen erhob Prof. Dr. Dr. Wi. die Stimmungslage allenfalls leicht zum depressiven Pol verschoben, die affektive Schwingungsfähigkeit mäßig reduziert. Gleiches gilt für Antrieb und spontane Psychomotorik. Bei der Besprechung unverfänglicher Themen zeigte sich die Klägerin lebhaft und freundlich. Aufmerksamkeit, Auffassung und Konzentration werden als etwas herabgesetzt beschrieben. Für den Senat überzeugend hält Prof. Dr. Dr. Wi. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. August 2008 eine so drastische Verschlechterung der Befunde innerhalb der wenigen zwischen den beiden Begutachtungen liegenden Monate nicht für wahrscheinlich. Dr. Biel. hat eine solche ebenfalls nicht angenommen, sondern geht von einer Leistungsminderung zumindest seit eineinhalb Jahren aus, also ab einem Zeitpunkt vor der Begutachtung bei Prof. Dr. Dr. Wi ... So beschreibt auch Dr. Biel. noch beträchtliche Aktivitäten im Tagesverlauf, insbesondere die - mit Pausen - noch verrichteten Hausarbeiten. Die Klägerin bügelt sogar, auch wenn sie dies schmerzbedingt im Sitzen verrichtet. Einkäufe erledige sie in Begleitung ihres Mannes. Die Tagesstruktur ist erhalten. Hobbys und Interessen werden angegeben. Einen ausgeprägten sozialen Rückzug beschriebt auch Dr. Biel. nicht. Bereits bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. Wi. war diesbezüglich deutlich geworden, dass die eher geringen sozialen Kontakte auf der Anpassung an die Lebensweise des Ehemannes beruhen und nicht Ausdruck der depressiven Erkrankung sind. Anderes wird auch im Gutachten von Dr. Biel. nicht dargestellt. Eine wesentliche Abweichung zur Darstellung bei Prof. Dr. Dr. Wi. findet sich insoweit nicht. Die von Dr. Biel. angenommene weitgehende Beeinträchtigung vermag der Senat daher, Prof. Dr. Dr. Wi. folgend, nicht nachzuvollziehen. Des Weiteren hat Prof. Dr. Dr. Wi. darauf hingewiesen, dass der sehr niedrige Blutspiegel bezüglich trizyklischer Antidepressiva nicht mit einer regelmäßigen Einnahme zu vereinbaren ist. Auf die Möglichkeit eines schlechteren Tagesbefundes mangels ausreichender Compliance bei der medikamentösen Behandlung geht Dr. Biel. in seinem Gutachten nicht ein. Auch spricht die Angabe der Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. Wi., sie habe aus eigenem Antrieb Bewerbungen für eine Tätigkeit als Verkäuferin geschrieben, gegen eine bedeutsame Antriebsminderung. Gleiches gilt für die weitere Angabe, sie wolle eigentlich auch nicht "den ganzen Tag zu Hause herumsitzen".
Die Annahme einer Angststörung stützt Dr. Biel. auf die Beschreibung der Klägerin von Ängsten, die schlagartig zunähmen, wenn sie alleine sei. Diese werden als seit Jahren bestehend angegeben. Die Ängste führten dazu, dass die Klägerin kaum noch das Haus verlasse. Dies passt mit den Angaben, wie sie die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. Wi., also höchstens ein halbes Jahr zuvor, gemacht hatte, nicht zusammen. Danach war sie im Jahre 2007 in der Münsterpfarrei Konstanz tätig gewesen und hatte einen Fortbildungskurs im Bereich Büroarbeiten absolviert. Wenn dies auch in zeitlich geringfügigem Umfang erfolgte, wurden dennoch Angstsymptome von der Klägerin gerade nicht berichtet. Sie nutzte den öffentlichen Personennahverkehr, sah sich hierbei lediglich durch ihre körperlichen Beschwerden am Fuß beeinträchtigt. Des Weiteren gab sie an, dass sie auch selbst mit dem Auto in die Stadt fahre, um kleinere Erledigungen zu machen. Dennoch hat Dr. Biel. die ihm gegenüber gemachte Angabe, die Klägerin fahre seit eineinhalb Jahren nicht mehr selbst Auto, übernommen, ohne dies zu hinterfragen. In gleicher Weise wird auf den angesprochenen Widerspruch auch zu den übrigen Angaben bei Prof. Dr. Dr. Wi. nicht eingegangen. Das angegebene Ausmaß der Angststörung lässt sich, worauf wiederum Dr. Wi. hingewiesen hat, nicht mit den Angaben der Klägerin vereinbaren, aus eigenem Antrieb Bewerbungen geschrieben zu haben und nicht den ganzen Tag "zu Hause herumsitzen" zu wollen.
Angesichts der beschriebenen Tagestrukturierung und des Umfanges der noch ausgeführten Hausarbeiten vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des angegebenen Schmerzsyndroms eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten nicht nachvollziehen. Zwar hat die Klägerin zumindest gegenüber Dr. Biel. angegeben, Hausarbeiten nur mit Pausen verrichten zu können; diese gehen aber in ihren Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit teilweise über die körperlich leichter Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen hinaus. Schließlich hat Prof. Dr. Dr. Wi. schlüssig darauf hingewiesen, dass es angesichts des angegebenen Ausmaßes des Schmerzsyndroms nicht nachvollziehbar ist, dass keine adäquate medikamentöse Behandlung diesbezüglich erfolgt, die Klägerin vielmehr lediglich bei Bedarf Ibuprofen 600 bis maximal einmal täglich nimmt.
Entscheidend ist auch nicht der Umfang der Einbuße der kognitiven Fähigkeiten, sondern das noch verbliebene Ausmaß. Schwerwiegende kognitive Beeinträchtigungen konnte Prof. Dr. Dr. Wi. nicht feststellen. Soweit Dr. Biel. hiergegen einwendet, Prof. Dr. Dr. Wi. habe in seiner Schlussfolgerung das Ergebnis des bei ihm durchgeführten Benton-Tests nicht ausreichend berücksichtigt, ist Prof. Dr. Dr. Wi. dem in seiner ergänzenden Stellungnahme anschaulich entgegen getreten. Der Test wurde von ihm, da für eine Begutachtungssituation gerade nicht validiert, im Wesentlichen nur zur Orientierung herangezogen, nicht zum ausschließlichen Nachweis. Schließlich ist auch zu beachten, dass die Anforderungen an die Belastbarkeit der Klägerin im Rahmen der intensiven Begutachtung mit umfangreicher testpsychologischer Untersuchung über die hinausgehen, die bei einer einfachen - ungelernten - Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gestellt werden, zumal im Gutachten von Dr. Biel. mehrmals deutlich gemacht wurde, dass die Klägerin mit ihren fehlenden Deutschkenntnissen zu kämpfen hatte. Daher kann - wie auch Dr. Biel. einräumt - aus der Ermüdung der Klägerin und den danach angegebenen Kopfschmerzen kein Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit für einfache Tätigkeiten gezogen werden. Zur Begründung seiner abweichenden Leistungseinschätzung hat Dr. Biel. des Weiteren ausgeführt, seine Bewertung werde durch die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung untermauert, die gegenüber der bei Prof. Dr. Dr. Wi. erheblich ausführlicher erfolgt sei. Eine zuverlässige Grundlage für die Bewertung der Leistungsfähigkeit der Klägerin bieten diese vorliegend jedoch nicht. Der Senat folgt auch insoweit der Beurteilung von Prof. Dr. Dr. Wi ... Soweit es sich um Selbstauskunfts- oder -bewertungsfragebögen handelt, werden zunächst nur die subjektiven Angaben der Klägerin erfasst. Dr. Biel. selbst macht mehrmals deutlich, dass die Ergebnisse der Tests durch die fehlenden Deutschkenntnisse der Klägerin bedingt sein können. Nach der ergänzenden Stellungnahme vom 30. September 2008 gilt dies jedenfalls hinsichtlich der Angststörung. Des Weiteren hat Prof. Dr. Dr. Wi. herausgestellt, dass es sich bei den von Dr. Biel. insbesondere zur Prüfung der kognitiven Einbußen durchgeführten Tests um lediglich orientierende handelt, die alle für Begutachtungssituationen nicht validiert sind. Dr. Biel. hat hingegen nicht deutlich gemacht, wie er die gefundenen Ergebnisse gegen eine möglicherweise fehlende Mitwirkung der Klägerin abgesichert hat. Vielmehr schließt er beim d2-Test aus dem sehr tiefen Bearbeitungstempo auf Antriebsarmut und Passivität. Gegen die aus dem VLMT-Ergebnis gefolgerten Defizite hat Prof. Dr. Dr. Wi. nachvollziehbar eingewandt, dass dieses nicht ohne nochmalige Prüfung hätte herangezogen werden dürfen. Denn es sei zumindest ungewöhnlich, dass die Reproduktionen unmittelbar nach dem Test besonders auffällig gewesen seien, während bei nochmaliger Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt keine wesentlich schlechteren Ergebnisse erbracht wurden.
Ob die von Dr. Biel. angeführte Restless-legs-Symptomatik tatsächlich besteht, kann offenbleiben. Überzeugend hat Prof. Dr. Dr. Wi. hierzu ausgeführt, dass dieses zwar zu einem gestörten Nachtschlaf führt, aber nicht zwingend zu einer relevanten Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Ein Tagesschlaf als Folge wird auch von Dr. Biel. nicht beschrieben. Zur Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten gilt das oben bereits Ausgeführte.
Der Leistungsbeurteilung von Dr. Biel. vermag der Senat daher nicht zu folgen. Dieser hat nicht überzeugend dargetan, weshalb bei Beachtung der von ihm angenommenen qualitativen Ausschlüsse eine Einschränkung auch in zeitlicher Hinsicht unter weiterer Berücksichtigung von zusätzlichen Pausen bestehe.
Erhebliche neurologische Schädigungen sind durch die Alkoholerkrankung der Klägerin bislang nicht aufgetreten. Prof. Dr. Dr. Wi. beschreibt lediglich eine leichte sensible Polyneuropathie, die jedoch noch nicht mit funktionellen Beeinträchtigungen einhergeht. So werden Einschränkungen seitens der Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht, auch nicht von anderen Ärzten berichtet. Das bei Prof. Dr. Dr. Wi. erstellte EEG ergab des Weiteren auch keine epilepsietypischen Potentiale. Nachvollziehbar wertet der Gutachter daher die berichteten Anfälle der Klägerin im Zusammenhang mit Folgen des Alkoholentzugs. Überzeugend schließt Prof. Dr. Dr. Wi. daher Arbeiten auf Leitern oder an schnell laufenden Maschinen aus. Nach Auffassung des Senats muss sich dieser Ausschluss auch auf weitere Tätigkeiten mit der Gefahr der Eigen- oder Fremdgefährdung erstrecken, nämlich Fahr- oder Steuertätigkeiten sowie Arbeiten auf Gerüsten. Dass aufgrund der oftmals unzureichenden Einstellung des Diabetes weitere Einschränkungen der Leistungsfähigkeit anzunehmen wären, ist nicht dargetan und wird auch von der behandelnden Internistin nicht angenommen. Der Senat folgt in seiner Auffassung, dass von Seiten des internistischen Fachgebiets keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens begründet ist, der überzeugenden und übereinstimmenden Einschätzung von Dr. St. und Dr. Bo ...
Die Klägerin ist somit noch in der Lage, eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, an schnell laufenden Maschinen sowie Fahr- und Steuertätigkeiten. Auch wenn man der Klägerin aufgrund der unstreitig bestehenden depressiven Erkrankung Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die geistige Belastbarkeit, mit besonderer Verantwortung sowie in Wechsel- oder Nachtschicht nicht mehr zumuten wollte, begründete dies keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Diese qualitativen Einschränkungen sind auch weder in ihrer Gesamtheit noch ihrer Art nach geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen.
Eine relevant eingeschränkte Wegefähigkeit kann nicht festgestellt werden. Zwar hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. Wi. angegeben, wegen der Schmerzen am linken Fuß nicht mehr den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen, sondern sich von ihrem Mann fahren zu lassen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es ihr tatsächlich nicht möglich ist, eine Gehstrecke von 500m innerhalb von zwanzig Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die Klägerin hat solches selbst auch nicht ausdrücklich behauptet oder gar substantiiert dargelegt. Die Gutachter im Berufungsverfahren haben eine solche Einschränkung nicht gesehen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert i.S.d. § 43 SGB VI. Da sie aufgrund ihres beruflichen Werdeganges keinen Berufsschutz genießt, vielmehr zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, besteht auch keine Berufsunfähigkeit i.S.d. § 240 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am 1954 in Ungarn geborene Klägerin war nach Abschluss des Fachgymnasiums für Handelssachen nach eigenen Angaben ab 1972 im Bereich Arbeits- und Unfallschutz beschäftigt, nach berufsbegleitender Ausbildung von 1972 bis 1974 als Leiterin der Arbeits- und Unfallschutzabteilung der Handelsgenossenschaft, ab 1985 des öffentlichen Personennahverkehrs. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 25. Dezember 1989 und Teilnahme an einem Sprachkurs war sie in Deutschland vom 8. Juli 1991 bis 7. April 1993 als Lagerarbeiterin beschäftigt. Ab 10. August 1993 war sie arbeitslos und bezog mit kurzeitigen Unterbrechungen wegen anderweitiger Sozialleistungen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Beschäftigt war sie wieder ab 14. April 1998, bezog ab 15. Februar 1999 Krankengeld, ab 20. August 1999 Arbeitslosengeld. Zuletzt war sie vom 6. März 2003 bis 31. Mai 2005 bei einem Videoversandunternehmen im Lager beschäftigt. Von März 2007 bis Januar 2008 arbeitete sie im Rahmen eines sog. "1 EUR- Jobs".
Vom 17. bis 30. Juli 2002 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung wegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms.
Am 22. März 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den sie mit Diabetes, chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung und Schilddrüsenunterfunktion begründete. Vom 20. Juni bis 21. Juli 2005 befand sie sich zur Behandlung eines Alkoholabhängigkeitssyndroms in der suchtmedizinischen Tagesklinik Konstanz. Der Entlassbrief vom 28. Juli 2005 benennt als weitere Diagnosen eine depressive Episode, gegenwärtig mittelgradige Episode, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II (ICD 10: E 11.9) sowie Hypothyreose. Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin sozialmedizinisch begutachtet. Im Gutachten vom 26. August 2005 beschrieb die Allgemeinmedizinerin Dr. St. eine Alkoholabhängigkeit mit Leberparenchymschaden, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II, Übergewicht sowie eine Neigung zu depressiven Verstimmungen. Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin sei durch die Alkoholerkrankung gefährdet, aber nicht gemindert. Körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten seien ihr vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 15. September 2005 lehnte die Beklagte unter Übernahme dieses Leistungsbildes den Rentenantrag ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vorliege.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, unter Berücksichtigung der Alkoholkrankheit und des unzureichend eingestellten Diabetes sei keine berufliche Leistungsfähigkeit mehr gegeben. Unberücksichtigt geblieben seien bislang auch ihre Angststörungen.
In der Zeit vom 23. Januar bis 24. Februar 2006 befand sich die Klägerin erneut in Behandlung der suchtmedizinischen Tagesklinik Konstanz. Der Entlassbrief vom 4. April 2006 beschreibt ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, eine depressive, gegenwärtig mittelgradige Episode, sowie einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II.
Nach Auswertung dieses Berichts durch den Prüfarzt wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 als unbegründet zurück. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Lagerarbeiterin genieße sie als ungelernte Arbeiterin keinen Berufsschutz. Sie sei daher weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, zu deren Begründung sie über ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren hinaus vorgetragen hat, sie leide nicht nur an einer Neigung zu depressiven Verstimmungen, sondern an einer massiven depressiven Erkrankung einschließlich Angststörungen. Sie sei nicht mehr in der Lage, alleine das Haus zu verlassen. Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Die Internistin Dr. Bo. hat sich dem Gutachten von Dr. St. angeschlossen, Orthopäde Dr. Kie. lediglich über eine operative Entfernung eines Überbeins am Handgelenk berichtet.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Leistungsbeurteilung von Dr. St. folgend, der sich auch die behandelnde Hausärztin angeschlossen habe, sei die Klägerin in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Da die Klägerin über die zeugenschaftlich gehörten behandelnden Ärzte hinaus keine weiteren benannt habe, seien keine weiteren Ermittlungen anzustellen gewesen. Da die aufgrund ihrer letzten Beschäftigung als ungelernte Arbeiterin einzustufende Klägerin zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, bestehe weder volle noch teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 19. März 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. April 2007 Berufung eingelegt. Das SG habe zu Unrecht die Leistungsbeurteilung von Dr. St. und Dr. Bo. ungeprüft übernommen und sich insbesondere nicht mit den von der Hausärztin angegebenen Gesundheitsstörungen auseinandergesetzt. Bereits aus dem in der Verwaltungsakte befindlichen Bericht der suchtmedizinischen Tagesklinik vom 28. Juli 2005 ergebe sich eine bedeutende depressive Erkrankung. Bei einer depressiven, alkoholkranken Diabetikerin mit hochpathologischen Blutzuckerwerten wie der Klägerin könne eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht angenommen werden. Zur Untermauerung ihres Vorbringens hat die Klägerin u.a. einen Auszug aus einem Gutachten des amtsärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 22. November 2007 vorgelegt, das unter Beachtung qualitativer Ausschlüsse ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich beschreibt (Bl. 71 der Senatsakte).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 15. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 zu verurteilen, ihr ab dem 1. März 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Gestützt auf eine prüfärztliche Stellungnahme vom 8. Juli 2008, ist sie der Auffassung, die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme habe das von ihr zugrunde gelegte vollschichtige Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestätigt.
Der Senat hat zunächst die Hausärztin Dr. Bo. erneut als sachverständige Zeugin schriftlich vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf Bl. 26/27 der Senatsakten Bezug genommen. Des Weiteren hat Prof. Dr. Dr. Wi. unter dem 8. Januar 2008 ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten erstattet. Danach bestehe bei der Klägerin eine sensible Polyneuropathie ohne wesentliche Beeinträchtigung des Gangbildes, eine leichte, allenfalls mittelgradig schwere depressive Störung, Alkoholabhängigkeit und ein M. Köhler mit vaskulärer Nekrose der Metatarsalköpfchen II und III. Aufgrund der Polyneuropathie und der Neigung zu Anfällen im Rahmen von Alkoholentzug solle die Klägerin nicht auf Leitern oder an schnell laufenden Maschinen arbeiten. Psychiatrischerseits sei die Stressbelastung etwas eingeschränkt, es bestehe jedoch keine Umstellungserschwerung. In einem auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten psychiatrisch-schmerzpsychologischen Gutachten vom 14. Juni 2008 hat Dr. Biel. auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung, infolge dessen gemischte Angststörung mit Panik, anhaltende affektive Störung i.S.e. mittelschweren Depression, infolge dessen sekundäres Alkoholabhängigkeitssyndrom - gegenwärtig abstinent - sowie einen Kombinationskopfschmerz mit migränoider und Spannungskomponente. Schwere und mittelschwere Arbeiten sowie solche im Akkord, am Fließband, in Schicht oder Nachtschicht seien ausgeschlossen. Wegen des Schmerzsyndroms seien Arbeiten mit Temperaturschwankungen oder im Freien ungünstig, solche mit Publikumsverkehr wegen der besonderen geistigen Anforderungen undenkbar. Wegen der Schmerzen am linken Fuß seien Tätigkeiten mit häufigem Stehen oder Gehen nicht leidensgerecht. Auch unter Beachtung dieser Einschränkungen könne die Klägerin maximal drei Stunden täglich arbeiten, sofern der Arbeitsbeginn nicht vor 8 Uhr morgens liege. Zwei bis drei Pausen von fünf bis zehn Minuten seien erforderlich. In ergänzenden Stellungnahmen vom 12. August 2008 bzw. 30. September 2008 sind die Sachverständigen jeweils bei ihren Einschätzungen geblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs.2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs.3).
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, körperlich leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, da qualitative Einschränkungen ausreichen, um den Gesundheitsstörungen der Klägerin ausreichend Rechnung zu tragen. Dies steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senates fest, insbesondere aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. Wi. sowie des bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. St., das im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann.
Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin stehen im Vordergrund die Folgen der Alkoholkrankheit und der depressiven Erkrankung der Klägerin. Diese hat Prof. Dr. Dr. Wi. auf neurologischem und psychiatrischen Fachgebiet umfassend erhoben und die sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig abgeleitet. Neben der Auswertung der klinischen und technischen Befunde stützt sich der Gutachter auch auf die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung. Diese hat er jedoch, wie sich insbesondere aus seiner ergänzenden Stellungnahme ergibt, kritisch auf ihre Validität in der Begutachtungssituation hinterfragt und mit dem von ihm bei der Begutachtung erhobenen psychopathologischen Befund verknüpft. Weiter hat er die sich aus dem Tagesablauf der Klägerin, ihren Tätigkeiten und weiteren Angaben ergebenden, erhalten gebliebenen Potentiale berücksichtigt. Seine daraus abgeleitete Leistungsbeurteilung ist danach überzeugend.
Der abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. Biel. vermag der Senat hingegen nicht zu folgen. Dieser hat in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. Wi. zunächst ausgeführt, die bei der Klägerin vorliegende Depression sei nicht allenfalls, sondern sicher mittelgradig, teilweise schwer; dies sei durch den von ihm erhobenen klinischen Befund und die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung untermauert. Prof. Dr. Dr. Wi. habe des Weiteren die ausgeprägte Angststörung und das Schmerzsyndrom übersehen, die kognitive Störung nicht ausreichend bewertet. Insgesamt verweist Dr. Biel. insbesondere darauf, dass im Rahmen seiner Begutachtung eine ausführlichere testpsychologische Untersuchung erfolgt sei. Nicht von wesentlicher Bedeutung ist hingegen die von Dr. Biel. insbesondere in der ergänzenden Stellungnahme auf Kritik der Beklagten erörterte Frage, ob der Alkoholmissbrauch der Klägerin ursächlich auf den tätlichen Angriff ihres Exmannes zurückgeht; entscheidend sind allein die tatsächlich bestehenden Leistungseinschränkungen aufgrund der Gesundheitsstörungen, nicht ihre Verursachung.
Bei der Bewertung des Schweregrades der depressiven Störung stützt sich Dr. Biel. neben den Ergebnissen der testpsychologischen Untersuchung auch auf den von ihm erhobenen psychiatrischen Befund in der Begutachtungssituation. Dieser wird gegenüber dem von Prof. Dr. Dr. Wi. erhobenen als schlechter beschrieben: Dr. Biel. beschreibt Antriebsminderung, Freudlosigkeit, Nivellierungstendenz, einen durchgehend depressiv-reduzierten Verarbeitungsmodus. Die Schwingungsfähigkeit sei komplett aufgehoben, die Auslenkbarkeit zum positiven Pol nicht induzierbar; Gestik und Mimik spärlich. Aufmerksamkeit und Konzentration seien für die Untersuchung hinreichend, es bestünden aber Auffälligkeiten. Hingegen erhob Prof. Dr. Dr. Wi. die Stimmungslage allenfalls leicht zum depressiven Pol verschoben, die affektive Schwingungsfähigkeit mäßig reduziert. Gleiches gilt für Antrieb und spontane Psychomotorik. Bei der Besprechung unverfänglicher Themen zeigte sich die Klägerin lebhaft und freundlich. Aufmerksamkeit, Auffassung und Konzentration werden als etwas herabgesetzt beschrieben. Für den Senat überzeugend hält Prof. Dr. Dr. Wi. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. August 2008 eine so drastische Verschlechterung der Befunde innerhalb der wenigen zwischen den beiden Begutachtungen liegenden Monate nicht für wahrscheinlich. Dr. Biel. hat eine solche ebenfalls nicht angenommen, sondern geht von einer Leistungsminderung zumindest seit eineinhalb Jahren aus, also ab einem Zeitpunkt vor der Begutachtung bei Prof. Dr. Dr. Wi ... So beschreibt auch Dr. Biel. noch beträchtliche Aktivitäten im Tagesverlauf, insbesondere die - mit Pausen - noch verrichteten Hausarbeiten. Die Klägerin bügelt sogar, auch wenn sie dies schmerzbedingt im Sitzen verrichtet. Einkäufe erledige sie in Begleitung ihres Mannes. Die Tagesstruktur ist erhalten. Hobbys und Interessen werden angegeben. Einen ausgeprägten sozialen Rückzug beschriebt auch Dr. Biel. nicht. Bereits bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. Wi. war diesbezüglich deutlich geworden, dass die eher geringen sozialen Kontakte auf der Anpassung an die Lebensweise des Ehemannes beruhen und nicht Ausdruck der depressiven Erkrankung sind. Anderes wird auch im Gutachten von Dr. Biel. nicht dargestellt. Eine wesentliche Abweichung zur Darstellung bei Prof. Dr. Dr. Wi. findet sich insoweit nicht. Die von Dr. Biel. angenommene weitgehende Beeinträchtigung vermag der Senat daher, Prof. Dr. Dr. Wi. folgend, nicht nachzuvollziehen. Des Weiteren hat Prof. Dr. Dr. Wi. darauf hingewiesen, dass der sehr niedrige Blutspiegel bezüglich trizyklischer Antidepressiva nicht mit einer regelmäßigen Einnahme zu vereinbaren ist. Auf die Möglichkeit eines schlechteren Tagesbefundes mangels ausreichender Compliance bei der medikamentösen Behandlung geht Dr. Biel. in seinem Gutachten nicht ein. Auch spricht die Angabe der Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. Wi., sie habe aus eigenem Antrieb Bewerbungen für eine Tätigkeit als Verkäuferin geschrieben, gegen eine bedeutsame Antriebsminderung. Gleiches gilt für die weitere Angabe, sie wolle eigentlich auch nicht "den ganzen Tag zu Hause herumsitzen".
Die Annahme einer Angststörung stützt Dr. Biel. auf die Beschreibung der Klägerin von Ängsten, die schlagartig zunähmen, wenn sie alleine sei. Diese werden als seit Jahren bestehend angegeben. Die Ängste führten dazu, dass die Klägerin kaum noch das Haus verlasse. Dies passt mit den Angaben, wie sie die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. Wi., also höchstens ein halbes Jahr zuvor, gemacht hatte, nicht zusammen. Danach war sie im Jahre 2007 in der Münsterpfarrei Konstanz tätig gewesen und hatte einen Fortbildungskurs im Bereich Büroarbeiten absolviert. Wenn dies auch in zeitlich geringfügigem Umfang erfolgte, wurden dennoch Angstsymptome von der Klägerin gerade nicht berichtet. Sie nutzte den öffentlichen Personennahverkehr, sah sich hierbei lediglich durch ihre körperlichen Beschwerden am Fuß beeinträchtigt. Des Weiteren gab sie an, dass sie auch selbst mit dem Auto in die Stadt fahre, um kleinere Erledigungen zu machen. Dennoch hat Dr. Biel. die ihm gegenüber gemachte Angabe, die Klägerin fahre seit eineinhalb Jahren nicht mehr selbst Auto, übernommen, ohne dies zu hinterfragen. In gleicher Weise wird auf den angesprochenen Widerspruch auch zu den übrigen Angaben bei Prof. Dr. Dr. Wi. nicht eingegangen. Das angegebene Ausmaß der Angststörung lässt sich, worauf wiederum Dr. Wi. hingewiesen hat, nicht mit den Angaben der Klägerin vereinbaren, aus eigenem Antrieb Bewerbungen geschrieben zu haben und nicht den ganzen Tag "zu Hause herumsitzen" zu wollen.
Angesichts der beschriebenen Tagestrukturierung und des Umfanges der noch ausgeführten Hausarbeiten vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des angegebenen Schmerzsyndroms eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten nicht nachvollziehen. Zwar hat die Klägerin zumindest gegenüber Dr. Biel. angegeben, Hausarbeiten nur mit Pausen verrichten zu können; diese gehen aber in ihren Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit teilweise über die körperlich leichter Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen hinaus. Schließlich hat Prof. Dr. Dr. Wi. schlüssig darauf hingewiesen, dass es angesichts des angegebenen Ausmaßes des Schmerzsyndroms nicht nachvollziehbar ist, dass keine adäquate medikamentöse Behandlung diesbezüglich erfolgt, die Klägerin vielmehr lediglich bei Bedarf Ibuprofen 600 bis maximal einmal täglich nimmt.
Entscheidend ist auch nicht der Umfang der Einbuße der kognitiven Fähigkeiten, sondern das noch verbliebene Ausmaß. Schwerwiegende kognitive Beeinträchtigungen konnte Prof. Dr. Dr. Wi. nicht feststellen. Soweit Dr. Biel. hiergegen einwendet, Prof. Dr. Dr. Wi. habe in seiner Schlussfolgerung das Ergebnis des bei ihm durchgeführten Benton-Tests nicht ausreichend berücksichtigt, ist Prof. Dr. Dr. Wi. dem in seiner ergänzenden Stellungnahme anschaulich entgegen getreten. Der Test wurde von ihm, da für eine Begutachtungssituation gerade nicht validiert, im Wesentlichen nur zur Orientierung herangezogen, nicht zum ausschließlichen Nachweis. Schließlich ist auch zu beachten, dass die Anforderungen an die Belastbarkeit der Klägerin im Rahmen der intensiven Begutachtung mit umfangreicher testpsychologischer Untersuchung über die hinausgehen, die bei einer einfachen - ungelernten - Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gestellt werden, zumal im Gutachten von Dr. Biel. mehrmals deutlich gemacht wurde, dass die Klägerin mit ihren fehlenden Deutschkenntnissen zu kämpfen hatte. Daher kann - wie auch Dr. Biel. einräumt - aus der Ermüdung der Klägerin und den danach angegebenen Kopfschmerzen kein Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit für einfache Tätigkeiten gezogen werden. Zur Begründung seiner abweichenden Leistungseinschätzung hat Dr. Biel. des Weiteren ausgeführt, seine Bewertung werde durch die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchung untermauert, die gegenüber der bei Prof. Dr. Dr. Wi. erheblich ausführlicher erfolgt sei. Eine zuverlässige Grundlage für die Bewertung der Leistungsfähigkeit der Klägerin bieten diese vorliegend jedoch nicht. Der Senat folgt auch insoweit der Beurteilung von Prof. Dr. Dr. Wi ... Soweit es sich um Selbstauskunfts- oder -bewertungsfragebögen handelt, werden zunächst nur die subjektiven Angaben der Klägerin erfasst. Dr. Biel. selbst macht mehrmals deutlich, dass die Ergebnisse der Tests durch die fehlenden Deutschkenntnisse der Klägerin bedingt sein können. Nach der ergänzenden Stellungnahme vom 30. September 2008 gilt dies jedenfalls hinsichtlich der Angststörung. Des Weiteren hat Prof. Dr. Dr. Wi. herausgestellt, dass es sich bei den von Dr. Biel. insbesondere zur Prüfung der kognitiven Einbußen durchgeführten Tests um lediglich orientierende handelt, die alle für Begutachtungssituationen nicht validiert sind. Dr. Biel. hat hingegen nicht deutlich gemacht, wie er die gefundenen Ergebnisse gegen eine möglicherweise fehlende Mitwirkung der Klägerin abgesichert hat. Vielmehr schließt er beim d2-Test aus dem sehr tiefen Bearbeitungstempo auf Antriebsarmut und Passivität. Gegen die aus dem VLMT-Ergebnis gefolgerten Defizite hat Prof. Dr. Dr. Wi. nachvollziehbar eingewandt, dass dieses nicht ohne nochmalige Prüfung hätte herangezogen werden dürfen. Denn es sei zumindest ungewöhnlich, dass die Reproduktionen unmittelbar nach dem Test besonders auffällig gewesen seien, während bei nochmaliger Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt keine wesentlich schlechteren Ergebnisse erbracht wurden.
Ob die von Dr. Biel. angeführte Restless-legs-Symptomatik tatsächlich besteht, kann offenbleiben. Überzeugend hat Prof. Dr. Dr. Wi. hierzu ausgeführt, dass dieses zwar zu einem gestörten Nachtschlaf führt, aber nicht zwingend zu einer relevanten Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Ein Tagesschlaf als Folge wird auch von Dr. Biel. nicht beschrieben. Zur Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten gilt das oben bereits Ausgeführte.
Der Leistungsbeurteilung von Dr. Biel. vermag der Senat daher nicht zu folgen. Dieser hat nicht überzeugend dargetan, weshalb bei Beachtung der von ihm angenommenen qualitativen Ausschlüsse eine Einschränkung auch in zeitlicher Hinsicht unter weiterer Berücksichtigung von zusätzlichen Pausen bestehe.
Erhebliche neurologische Schädigungen sind durch die Alkoholerkrankung der Klägerin bislang nicht aufgetreten. Prof. Dr. Dr. Wi. beschreibt lediglich eine leichte sensible Polyneuropathie, die jedoch noch nicht mit funktionellen Beeinträchtigungen einhergeht. So werden Einschränkungen seitens der Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht, auch nicht von anderen Ärzten berichtet. Das bei Prof. Dr. Dr. Wi. erstellte EEG ergab des Weiteren auch keine epilepsietypischen Potentiale. Nachvollziehbar wertet der Gutachter daher die berichteten Anfälle der Klägerin im Zusammenhang mit Folgen des Alkoholentzugs. Überzeugend schließt Prof. Dr. Dr. Wi. daher Arbeiten auf Leitern oder an schnell laufenden Maschinen aus. Nach Auffassung des Senats muss sich dieser Ausschluss auch auf weitere Tätigkeiten mit der Gefahr der Eigen- oder Fremdgefährdung erstrecken, nämlich Fahr- oder Steuertätigkeiten sowie Arbeiten auf Gerüsten. Dass aufgrund der oftmals unzureichenden Einstellung des Diabetes weitere Einschränkungen der Leistungsfähigkeit anzunehmen wären, ist nicht dargetan und wird auch von der behandelnden Internistin nicht angenommen. Der Senat folgt in seiner Auffassung, dass von Seiten des internistischen Fachgebiets keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens begründet ist, der überzeugenden und übereinstimmenden Einschätzung von Dr. St. und Dr. Bo ...
Die Klägerin ist somit noch in der Lage, eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, an schnell laufenden Maschinen sowie Fahr- und Steuertätigkeiten. Auch wenn man der Klägerin aufgrund der unstreitig bestehenden depressiven Erkrankung Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die geistige Belastbarkeit, mit besonderer Verantwortung sowie in Wechsel- oder Nachtschicht nicht mehr zumuten wollte, begründete dies keine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Diese qualitativen Einschränkungen sind auch weder in ihrer Gesamtheit noch ihrer Art nach geeignet, die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen.
Eine relevant eingeschränkte Wegefähigkeit kann nicht festgestellt werden. Zwar hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. Wi. angegeben, wegen der Schmerzen am linken Fuß nicht mehr den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen, sondern sich von ihrem Mann fahren zu lassen. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es ihr tatsächlich nicht möglich ist, eine Gehstrecke von 500m innerhalb von zwanzig Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die Klägerin hat solches selbst auch nicht ausdrücklich behauptet oder gar substantiiert dargelegt. Die Gutachter im Berufungsverfahren haben eine solche Einschränkung nicht gesehen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert i.S.d. § 43 SGB VI. Da sie aufgrund ihres beruflichen Werdeganges keinen Berufsschutz genießt, vielmehr zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, besteht auch keine Berufsunfähigkeit i.S.d. § 240 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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