Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SB 3773/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4945/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF streitig.
Der 1934 geborene Kläger erlitt 1977 bei einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall (Auffahrunfall) ein 2-faches HWS-Schleudertrauma, in dessen Folge verschiedene Beschwerden auftraten. 1982 musste der Kläger sein Beruf als Masseur (mit eigener Praxis) aufgeben; seither bezieht er Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit Ausführungsbescheid vom 20.06.2001 stellte das Versorgungsamt Rottweil beim Kläger unter Berücksichtigung einer seelischen Störung, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eines Schulter-Arm-Syndroms sowie eines Kopfschmerzsyndroms ein GdB von 90 seit 09.09.1998 fest. Nicht festgestellt wurden hingegen die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und aG. Dieser Bescheid erging in Ausführung des vom Kläger angenommenen Vergleichsangebots des Beklagten vom 15.03.2001, das der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme im beim Sozialgericht Freiburg anhängig gewesenen Rechtsstreit S 5 SB 828/99 abgegeben hatte. Nach der genannten versorgungsärztlichen Stellungnahme war die mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten verbundene seelische Störung des Klägers mit einem GdB von 80 zu bewerten. Die auf orthopädischem Gebiet liegenden Funktionsbeeinträchtigungen bedingten danach einen GdB von 30 und das Kopfschmerzsyndrom einen GdB von 10. Ein gegen den Ausführungsbescheid vom 20.06.2008 erhobener Widerspruch des Klägers (GdB 100, Nachteilsausgleiche "G" und "B") blieb mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2002 ohne Erfolg.
Am 06.04.2005 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF. Zur Begründung gab er an, alle seine bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen hätten sich verschlimmert. Von 1983 bis 2000 habe er sich jeweils für sechs, acht oder zehn Wochen in stationäre Behandlung begeben müssen, zuletzt von Oktober 2003 bis Januar 2004 81 Tage und von Dezember 2004 bis Februar 2005 57 Tage. Der Kläger legte das fachkardiologische Attest von Dr. B. vom 13.04.2000, die nervenfachärztlichen Bescheinigungen von Dr. D. vom 10.01.2002 und 06.05.2004, die Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 29.11.2002, das ärztliche Attest des Orthopäden Dr. K. vom 28.01.2003, die Atteste des Internisten K. vom 23.04.2004 und 26.11.2004, die Berichte über seine stationären Behandlungen in der M.-B.-Klinik (Fachklinik für Psychosomatik und Ganzheitsmedizin) vom 15.01.2004 und 16.02.2005 sowie die fachärztliche Bescheinigung von Prof. Dr. H. vom 18.02.2005, die krankengymnastische Behandlungsbestätigung vom 15.04.2005 und die Bescheinigung des Orthopäden Dr. L. vom 18.04.2005 vor. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu lehnte das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25.05.2005 ab. Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich gegenüber der letzten maßgeblichen Feststellung nicht wesentlich geändert. Zusätzlich zu den bereits festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lägen nun auch eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks bei degenerativen Gelenkveränderungen (Teil-GdB 10) sowie Herzrhythmusstörungen (Teil-GdB 10) vor. Ein höherer GdB resultiere daraus jedoch nicht. Auch die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF wurden verneint.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er brachte vor, die bei ihm vorliegende seelische Störung bedinge einen höheren GdB als 80. Die Schwere seiner seelischen Störung sei dem Attest von Prof. Dr. H. vom 18.02.2005 und dem Behandlungsbericht der M.-B.-Klinik an den behandelnden Nervenarzt Dr. D. zu entnehmen. Hinsichtlich der auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen verweise er auf die Bescheinigung von Dr. L. vom 18.04.2005, in dem die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches G empfohlen worden sei. Ein GdB von 10 für den Zustand am linken Kniegelenk werde dem tatsächlichen Zustand nicht gerecht, sodass insoweit ein höherer Teil-GdB anzusetzen sei und sich ein Gesamt-GdB von 100 ergebe. Hinsichtlich der zuzuerkennenden Nachteilsausgleiche sei zumindest die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "G" unter Berücksichtigung der Bescheinigung des Dr. L. vom 18.04.2005 gerechtfertigt. Hierzu wurde versorgungsärztlicherseits dahingehend Stellung genommen, dass die am linken Kniegelenk vorhandene beginnende mediale Arthrose und die damit einhergehenden (anamnestisch angegebenen) Belastungsschmerzen keine Erhöhung des Teil-GdB für das Kniegelenksleiden und somit auch keine Anhebung des Gesamt-GdB rechtfertigten. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches G lägen nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2005, abgesandt am 04.10.2005, wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 04.11.2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der er unter Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens weiterhin einen GdB von 100 sowie insbesondere den Nachteilsausgleich G geltend machte. Er legte hierzu die Bescheinigung von Dr. D. vom 05.10.2005 vor. Dieser gab an, in den letzten Monaten sei es wieder zu einer erheblichen Verschlechterung der Symptomatik gekommen. Es liege ein Ganzkörper-Spannungsschmerz sowie tägliche Angst vor dem nächsten Tag vor; am 17.06., 15.07 und 11.08.2005 sei es wegen psychosomatischer Herzanfälle zur Notfallversorgung mit Arzt und Krankenwagen gekommen. Es liege jetzt wieder eine mittelschwere bis schwere depressive Episode vor. Die ambulante Behandlung sei nicht mehr ausreichend. Er weise deshalb den Kläger zur stationären Therapie in die M.-B.-Klinik in K. ein. Wegen der sehr schweren reaktiven Depression sei für ihn ein Einzelzimmer erforderlich.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit Schreiben vom 27.03.2007 mit, er habe den Kläger mehrfach schriftlich an die Vorlage der Erklärung zur Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht erinnert und legte die Vertretung nieder. Mit Schreiben vom 30.03.2006 wies das SG den Kläger darauf hin, dass eine weitere Aufklärung des entscheidungserheblichen medizinischen Sachverhalts durch Befragung der behandelnden Ärzte und insbesondere durch Beiziehung des Berichts der M.-B.-Klinik in K. ohne vorige Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich sei. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid bis 20.05.2006 zu äußern. Der Kläger antwortete nicht und legte auch keine Schweigepflichtsentbindungserklärung vor.
Das SG zog noch vom Sozialgericht Freiburg die Akten S 5 SB 828/99 bei und wies anschließend die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2006 ab. Ein höherer GdB als 90 sei beim Kläger nicht festzustellen und auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G - nur hierüber sei im Widerspruchsbescheid entschieden worden - lägen bei ihm nicht vor. Durch die dem Beklagten und dem Gericht vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen seien die geltend gemachten Ansprüche (GdB 100 und G) nicht hinreichend nachgewiesen. Dass hinsichtlich der seelischen Störung des Klägers gegenüber März 2001 eine wesentliche Änderung eingetreten sei, lasse sich nicht feststellen. Mit einem GdB von 80 sei bereits berücksichtigt, dass es sich um schwere seelische Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten handele. Auch in der Vergangenheit sei es immer wieder zu einer erheblichen Verschlechterung der entsprechenden Symptomatik und der damit verbundenen Notwendigkeit stationärer Behandlungen gekommen, sodass die im Oktober 2005 erfolgte erneute Einweisung zur stationären Behandlung eine nicht nur vorübergehende wesentliche Verschlimmerung der psychischen Behinderung des Klägers nicht hinreichend belege. Weitere Ermittlungen seien wegen der Weigerung des Klägers, seine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, nicht möglich. Die vom Beklagten zusätzlich berücksichtigten Herzrhythmusstörungen und die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des linken Kniegelenks bedingten jeweils nur einen GdB von 10 und wirkten sich deshalb nach den Grundsätzen der "Anhaltspunkte" nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Schließlich fehlten für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens des Klägers jegliche Anhaltspunkte, da bei ihm keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestünden.
Dagegen hat der Kläger am 18.09.2006 beim SG Berufung eingelegt, mit der er seine Ziele weiterverfolgt. Er betont, dass er die Verschlimmerung seiner Behinderung bereits durch die bei der Antragstellung am 04.04.2005 vorgelegten ärztlichen Unterlagen nachgewiesen habe. Ferner verweist er darauf, dass er vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg bereits am 02.03.1993 rückwirkend ab 01.01.1990 als pflegebedürftig beurteilt worden sei. Hierzu hat er die entsprechende Bescheinigung des MDK Baden-Württemberg vorgelegt. Zudem bringt er vor, er befinde sich seit 19.07.2006 erneut in stationärer Behandlung. Der Kläger übersendet die nervenärztliche Bescheinigung von Dr. D. vom 11.04.2006. Darin verweist dieser auf zahlreiche ambulante und stationäre Behandlungen des Klägers, die allesamt nur zu einer vorübergehenden Linderung der beim Kläger vorliegenden Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis, jedoch zu keiner Heilung geführt hätten. Die Stressbelastbarkeit des Klägers sei aufgrund der Erkrankungen erheblich reduziert. Er leide unter einem schwer zerrütteten Selbstwertgefühl, weswegen er für Besorgungen und Abläufe außer Haus auf eine Begleitperson und persönlichen Beistand angewiesen sei. Starke seelische Belastungen könnten zu erneuten schweren depressiven Krankheitsphasen führen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. August 2006 und den Bescheid des Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 100 seit 06.04.2005 und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Da sich der Kläger weigere, seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, sei die Beiziehung aktueller Befundunterlagen weiterhin nicht möglich, sodass ihm eine erneute Überprüfung verwehrt sei.
Der Kläger ist vom Berichterstatter mit Schreiben vom 19.03.2007 gebeten worden mitzuteilen, ob zumindest sein Einverständnis mit der Beiziehung weiterer medizinischer Berichte besteht. Eine solche Erklärung hat der Kläger trotz Erinnerungen nicht abgegeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akten S 5 SB 828/99 und die Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Damit ist eine Neufeststellung des GdB und die Feststellung der vom Kläger beantragten Nachteilsausgleiche G, B und RF zutreffend verneint worden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 100 sowie der Nachteilsausgleiche G, B und RF.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2005, mit dem der Beklagte eine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers und die gesundheitlichen Voraussetzungen der genannten Nachteilsausgleiche verneint hat. Der Kläger macht demgegenüber geltend, dass die von ihm vorgelegten ärztlichen Unterlagen die Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Feststellung der Nachteilsausgleiche G, B und RF rechtfertigten. Zwar hat der Kläger mit seinem Widerspruch und auch mit der Berufung (nur) entsprechende Nachteilsausgleiche geltend gemacht, ohne insbesondere die Nachteilsausgleiche B und RF ausdrücklich zu nennen. Der Kläger hat jedoch noch hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er sowohl mit seinem Widerspruch als auch mit der Klage und der Berufung an seinem Antragsbegehren auf Feststellung aller genannten Nachteilsausgleiche festhält. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sein auf die Feststellung dieser Nachteilsausgleiche gerichtetes Begehren zumindest teilweise (Nachteilsausgleiche B und RF) nicht mehr aufrechterhält, sind nicht gegeben. Dass das SG über die Nachteilsausgleiche "B" und "RF" nicht ausdrücklich entschieden hat, steht einer Sachentscheidung auch hierüber durch den Senat nicht entgegen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2008 (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 5).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Von diesen Regeln und Maßstäben ausgehend ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seit dem Bescheid vom 20.06.2001 wesentlich verschlimmert haben. Die vom Kläger vorgelegten und sonst vorliegenden medizinischen Unterlagen belegen - entgegen seiner Ansicht - eine wesentliche Verschlimmerung nicht.
Die bei ihm vorliegende schwere seelische Störung bedingt nach wie vor keinen höheren GdB als 80. Schwere psychische Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind nach Nr. 26.3, S. 48 der AHP mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Ein GdB von 80 kann mithin erst dann angenommen werden, wenn schwere Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten vorliegen. Ein höherer GdB als 80 hält der Senat schon deshalb nicht für gerechtfertigt, weil es sich bei dem Leiden des Klägers um eine schubweise verlaufende Erkrankung handelt; d.h. nach chronischen Krankheitsphasen, die mit nicht so starken Einschränkungen verbunden sind, treten immer wieder mittelgradige bis schwere depressive Episoden auf, die auch einen längeren stationären Krankenhausaufenthalt erforderlich machen können (z.B. 27.10.2003 bis 15.01.2004, 21.12.2004 bis 15.02.2005 und ab 19.07.2006). Diesem schubweisen Verlauf ist mit einem sogenannten Durchschnitts-GdB Rechnung zu tragen, der aber - um noch schwereren Krankheitsbildern gerecht werden zu können - nicht im obersten Bereich des zur Verfügung stehenden Bewertungsrahmens anzusiedeln ist. Ein GdB von 90 oder 100 ist daher noch schwerwiegenderen psychischen Erkrankungen vorzubehalten, die mit einer dauerhaften und ständigen Beeinträchtigung in einer Intensität verbunden sind, wie sie beim Kläger beispielsweise während einer schweren depressiven Episode, die eine Klinikbehandlung erforderlich macht, vorliegt, oder die mit einer - hier nicht bestehenden - schweren Zwangskrankheit verbunden ist.
Auch eine wesentliche Verschlimmerung der beim Kläger auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom) und des Kopfschmerzsyndroms sind nicht erkennbar. Hiervon ist in den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen nicht die Rede. Im Übrigen sind die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers und das damit verbundene Schulter-Arm-Syndrom bereits mit einem GdB von 30 bewertet. Nach Nr. 26.18, S. 116 der AHP ist ein solcher GdB aber erst bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt anzunehmen. Ein höherer GdB setzt schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen ist hier aber im Wesentlichen die Lendenwirbelsäule des Klägers von Funktionsstörungen betroffen, sodass eine Erhöhung des GdB insoweit nicht in Betracht kommt. Die im angegriffenen Bescheid zusätzlich berücksichtigten Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks bei degenerativen Gelenkveränderungen, Herzrhythmusstörungen) führen ebenfalls nicht dazu, dass ein höherer Gesamt-GdB als 90 gerechtfertigt ist. Selbst wenn abweichend von der Einschätzung des Beklagten für diese Funktionsstörungen nicht nur ein GdB von jeweils 10 (mit der Folge, dass sie entsprechend den Eingangs erwähnten Beurteilungskriterien der AHP bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen sind) angesetzt werden würde, wäre ein GdB von insgesamt 100 zu verneinen, da es auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Hinzu kommt hier, dass sich die Auswirkungen dieser Funktionsstörungen mit den bisher berücksichtigten Funktionsstörungen, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, zu einem erheblichen Teil überschneiden.
Weiter kann den vom Kläger vorgelegten und den sonstigen medizinischen Unterlagen eine relevante Verschlimmerung auf internistischem Fachgebiet nicht entnommen werden. Hierfür reicht insbesondere die Bescheinigung des Dr. R. vom 29.11.2002 nicht aus, der sich lediglich Diagnosen entnehmen lassen, die für sich nicht Grundlage einer Bewertung des GdB sein können.
Die geltend gemachten Nachteilsausgleiche G, B und RF stehen dem Kläger ebenfalls nicht zu.
In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erheblich beeinträchtigt (mit der Folge, dass ihm der Nachteilsausgleich G zusteht), wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Zur Beantwortung der Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegt, orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den AHP niedergelegt sind. Die AHP beschreiben in Nr. 30 Abs. 3 bis 5 Fälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G als erfüllt anzusehen sind, und die bei dort nicht erwähnten Behinderungen als Vergleichsmaßstab dienen können (vgl. BSG SozR 3-3870 § 60 Nr. 2).
Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit des Klägers im Straßenverkehr infolge einer Einschränkung des Gehvermögens kann danach nicht angenommen werden. Das Gehvermögen des Klägers ist nach dem vorliegenden medizinischen Befunden im Wesentlichen nur durch die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und des linken Kniegelenks beeinträchtigt. Einen GdB von wenigstens 50 - wie nach Nr. 30 Abs. 3, S. 137 der AHP grundsätzlich erforderlich - bedingen diese nicht. Der Wirbelsäulenschaden des Klägers ist mit einem GdB von 30 bewertet und aus der Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks resultiert allenfalls ein GdB von 20. Der Orthopäde Dr. L. hat in seiner Bescheinigung vom 18.04.2005 Belastungsschmerzen im Bereich des linken Kniegelenks mit röntgenologisch beginnender medialer Gonarthrose attestiert. Insgesamt bestehe aufgrund der festgestellten Veränderungen (auch im Bereich der Wirbelsäule) eine Einschränkung der Belastbarkeit, sodass nach Ansicht von Dr. L. die Zubilligung des Merkzeichens G beurteilt werden sollte. Daraus ergibt sich nicht, dass Dr. L. die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches G bejaht hat. Im Übrigen sind die von ihm angegebenen - nicht sehr gravierenden - Befunde nicht geeignet, den Nachteilsausgleich G zu begründen.
Auch die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche B und RF sind nicht nachgewiesen. Zur Mitnahme einer Begleitperson sind nach § 146 Abs. 2 SGB IX schwerbehinderte Personen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Dies ist hier zu verneinen. Der Kläger leidet zwar an einer erheblichen seelischen Erkrankung, ist aber in seiner Orientierung nicht regelmäßigen wesentlich gestört, sodass Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen - wie z.B. bei Sehbehinderung oder geistiger Behinderung - bei ihm nicht erforderlich sind.
Ferner liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich RF nicht vor. Voraussetzung hierfür ist nach dem seit 01.04.2005 insoweit geltenden Art. 5 § 6 Abs. 1 Nr. 8 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 08. bis 15.10.2004 idF des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl 2005, 189), dass der GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und der behinderte Mensch wegen seines Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen kann. Dies ist nicht ersichtlich. Weder ergeben sich aus den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger praktisch an die Wohnung gebunden ist, noch hat er dies selbst im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht. Auch die Art der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen spricht dagegen, dass der Kläger zu einer der Fallgruppen gehört, bei denen nach Nr. 33, S. 141 f der AHP die Voraussetzungen dieses Nachteilsausgleichs erfüllt sind.
Eine Möglichkeit, den medizinischen Sachverhalt weiter aufzuklären, besteht nicht. Der Kläger hat seine behandelnden Ärzte zum Verlaufe des Verfahrens nicht von der Schweigepflicht entbunden und wiederholt darauf hingewiesen, dass er die nötigen ärztlichen Unterlagen bereits bei der Antragstellung im April 2005 vorgelegt habe. Weitergehende, insbesondere sich auf die Zeit danach erstreckende medizinische Ermittlungen, scheiden daher aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF streitig.
Der 1934 geborene Kläger erlitt 1977 bei einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall (Auffahrunfall) ein 2-faches HWS-Schleudertrauma, in dessen Folge verschiedene Beschwerden auftraten. 1982 musste der Kläger sein Beruf als Masseur (mit eigener Praxis) aufgeben; seither bezieht er Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit Ausführungsbescheid vom 20.06.2001 stellte das Versorgungsamt Rottweil beim Kläger unter Berücksichtigung einer seelischen Störung, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eines Schulter-Arm-Syndroms sowie eines Kopfschmerzsyndroms ein GdB von 90 seit 09.09.1998 fest. Nicht festgestellt wurden hingegen die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und aG. Dieser Bescheid erging in Ausführung des vom Kläger angenommenen Vergleichsangebots des Beklagten vom 15.03.2001, das der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme im beim Sozialgericht Freiburg anhängig gewesenen Rechtsstreit S 5 SB 828/99 abgegeben hatte. Nach der genannten versorgungsärztlichen Stellungnahme war die mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten verbundene seelische Störung des Klägers mit einem GdB von 80 zu bewerten. Die auf orthopädischem Gebiet liegenden Funktionsbeeinträchtigungen bedingten danach einen GdB von 30 und das Kopfschmerzsyndrom einen GdB von 10. Ein gegen den Ausführungsbescheid vom 20.06.2008 erhobener Widerspruch des Klägers (GdB 100, Nachteilsausgleiche "G" und "B") blieb mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2002 ohne Erfolg.
Am 06.04.2005 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF. Zur Begründung gab er an, alle seine bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen hätten sich verschlimmert. Von 1983 bis 2000 habe er sich jeweils für sechs, acht oder zehn Wochen in stationäre Behandlung begeben müssen, zuletzt von Oktober 2003 bis Januar 2004 81 Tage und von Dezember 2004 bis Februar 2005 57 Tage. Der Kläger legte das fachkardiologische Attest von Dr. B. vom 13.04.2000, die nervenfachärztlichen Bescheinigungen von Dr. D. vom 10.01.2002 und 06.05.2004, die Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom 29.11.2002, das ärztliche Attest des Orthopäden Dr. K. vom 28.01.2003, die Atteste des Internisten K. vom 23.04.2004 und 26.11.2004, die Berichte über seine stationären Behandlungen in der M.-B.-Klinik (Fachklinik für Psychosomatik und Ganzheitsmedizin) vom 15.01.2004 und 16.02.2005 sowie die fachärztliche Bescheinigung von Prof. Dr. H. vom 18.02.2005, die krankengymnastische Behandlungsbestätigung vom 15.04.2005 und die Bescheinigung des Orthopäden Dr. L. vom 18.04.2005 vor. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu lehnte das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25.05.2005 ab. Die gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich gegenüber der letzten maßgeblichen Feststellung nicht wesentlich geändert. Zusätzlich zu den bereits festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lägen nun auch eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks bei degenerativen Gelenkveränderungen (Teil-GdB 10) sowie Herzrhythmusstörungen (Teil-GdB 10) vor. Ein höherer GdB resultiere daraus jedoch nicht. Auch die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF wurden verneint.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er brachte vor, die bei ihm vorliegende seelische Störung bedinge einen höheren GdB als 80. Die Schwere seiner seelischen Störung sei dem Attest von Prof. Dr. H. vom 18.02.2005 und dem Behandlungsbericht der M.-B.-Klinik an den behandelnden Nervenarzt Dr. D. zu entnehmen. Hinsichtlich der auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen verweise er auf die Bescheinigung von Dr. L. vom 18.04.2005, in dem die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches G empfohlen worden sei. Ein GdB von 10 für den Zustand am linken Kniegelenk werde dem tatsächlichen Zustand nicht gerecht, sodass insoweit ein höherer Teil-GdB anzusetzen sei und sich ein Gesamt-GdB von 100 ergebe. Hinsichtlich der zuzuerkennenden Nachteilsausgleiche sei zumindest die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "G" unter Berücksichtigung der Bescheinigung des Dr. L. vom 18.04.2005 gerechtfertigt. Hierzu wurde versorgungsärztlicherseits dahingehend Stellung genommen, dass die am linken Kniegelenk vorhandene beginnende mediale Arthrose und die damit einhergehenden (anamnestisch angegebenen) Belastungsschmerzen keine Erhöhung des Teil-GdB für das Kniegelenksleiden und somit auch keine Anhebung des Gesamt-GdB rechtfertigten. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches G lägen nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2005, abgesandt am 04.10.2005, wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 04.11.2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der er unter Wiederholung seines Widerspruchsvorbringens weiterhin einen GdB von 100 sowie insbesondere den Nachteilsausgleich G geltend machte. Er legte hierzu die Bescheinigung von Dr. D. vom 05.10.2005 vor. Dieser gab an, in den letzten Monaten sei es wieder zu einer erheblichen Verschlechterung der Symptomatik gekommen. Es liege ein Ganzkörper-Spannungsschmerz sowie tägliche Angst vor dem nächsten Tag vor; am 17.06., 15.07 und 11.08.2005 sei es wegen psychosomatischer Herzanfälle zur Notfallversorgung mit Arzt und Krankenwagen gekommen. Es liege jetzt wieder eine mittelschwere bis schwere depressive Episode vor. Die ambulante Behandlung sei nicht mehr ausreichend. Er weise deshalb den Kläger zur stationären Therapie in die M.-B.-Klinik in K. ein. Wegen der sehr schweren reaktiven Depression sei für ihn ein Einzelzimmer erforderlich.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit Schreiben vom 27.03.2007 mit, er habe den Kläger mehrfach schriftlich an die Vorlage der Erklärung zur Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht erinnert und legte die Vertretung nieder. Mit Schreiben vom 30.03.2006 wies das SG den Kläger darauf hin, dass eine weitere Aufklärung des entscheidungserheblichen medizinischen Sachverhalts durch Befragung der behandelnden Ärzte und insbesondere durch Beiziehung des Berichts der M.-B.-Klinik in K. ohne vorige Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich sei. Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid bis 20.05.2006 zu äußern. Der Kläger antwortete nicht und legte auch keine Schweigepflichtsentbindungserklärung vor.
Das SG zog noch vom Sozialgericht Freiburg die Akten S 5 SB 828/99 bei und wies anschließend die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2006 ab. Ein höherer GdB als 90 sei beim Kläger nicht festzustellen und auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G - nur hierüber sei im Widerspruchsbescheid entschieden worden - lägen bei ihm nicht vor. Durch die dem Beklagten und dem Gericht vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen seien die geltend gemachten Ansprüche (GdB 100 und G) nicht hinreichend nachgewiesen. Dass hinsichtlich der seelischen Störung des Klägers gegenüber März 2001 eine wesentliche Änderung eingetreten sei, lasse sich nicht feststellen. Mit einem GdB von 80 sei bereits berücksichtigt, dass es sich um schwere seelische Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten handele. Auch in der Vergangenheit sei es immer wieder zu einer erheblichen Verschlechterung der entsprechenden Symptomatik und der damit verbundenen Notwendigkeit stationärer Behandlungen gekommen, sodass die im Oktober 2005 erfolgte erneute Einweisung zur stationären Behandlung eine nicht nur vorübergehende wesentliche Verschlimmerung der psychischen Behinderung des Klägers nicht hinreichend belege. Weitere Ermittlungen seien wegen der Weigerung des Klägers, seine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, nicht möglich. Die vom Beklagten zusätzlich berücksichtigten Herzrhythmusstörungen und die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich des linken Kniegelenks bedingten jeweils nur einen GdB von 10 und wirkten sich deshalb nach den Grundsätzen der "Anhaltspunkte" nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Schließlich fehlten für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens des Klägers jegliche Anhaltspunkte, da bei ihm keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestünden.
Dagegen hat der Kläger am 18.09.2006 beim SG Berufung eingelegt, mit der er seine Ziele weiterverfolgt. Er betont, dass er die Verschlimmerung seiner Behinderung bereits durch die bei der Antragstellung am 04.04.2005 vorgelegten ärztlichen Unterlagen nachgewiesen habe. Ferner verweist er darauf, dass er vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg bereits am 02.03.1993 rückwirkend ab 01.01.1990 als pflegebedürftig beurteilt worden sei. Hierzu hat er die entsprechende Bescheinigung des MDK Baden-Württemberg vorgelegt. Zudem bringt er vor, er befinde sich seit 19.07.2006 erneut in stationärer Behandlung. Der Kläger übersendet die nervenärztliche Bescheinigung von Dr. D. vom 11.04.2006. Darin verweist dieser auf zahlreiche ambulante und stationäre Behandlungen des Klägers, die allesamt nur zu einer vorübergehenden Linderung der beim Kläger vorliegenden Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis, jedoch zu keiner Heilung geführt hätten. Die Stressbelastbarkeit des Klägers sei aufgrund der Erkrankungen erheblich reduziert. Er leide unter einem schwer zerrütteten Selbstwertgefühl, weswegen er für Besorgungen und Abläufe außer Haus auf eine Begleitperson und persönlichen Beistand angewiesen sei. Starke seelische Belastungen könnten zu erneuten schweren depressiven Krankheitsphasen führen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. August 2006 und den Bescheid des Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 100 seit 06.04.2005 und die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche G, B und RF festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Da sich der Kläger weigere, seine behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, sei die Beiziehung aktueller Befundunterlagen weiterhin nicht möglich, sodass ihm eine erneute Überprüfung verwehrt sei.
Der Kläger ist vom Berichterstatter mit Schreiben vom 19.03.2007 gebeten worden mitzuteilen, ob zumindest sein Einverständnis mit der Beiziehung weiterer medizinischer Berichte besteht. Eine solche Erklärung hat der Kläger trotz Erinnerungen nicht abgegeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akten S 5 SB 828/99 und die Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Damit ist eine Neufeststellung des GdB und die Feststellung der vom Kläger beantragten Nachteilsausgleiche G, B und RF zutreffend verneint worden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 100 sowie der Nachteilsausgleiche G, B und RF.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2005, mit dem der Beklagte eine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers und die gesundheitlichen Voraussetzungen der genannten Nachteilsausgleiche verneint hat. Der Kläger macht demgegenüber geltend, dass die von ihm vorgelegten ärztlichen Unterlagen die Erhöhung des GdB auf 100 sowie die Feststellung der Nachteilsausgleiche G, B und RF rechtfertigten. Zwar hat der Kläger mit seinem Widerspruch und auch mit der Berufung (nur) entsprechende Nachteilsausgleiche geltend gemacht, ohne insbesondere die Nachteilsausgleiche B und RF ausdrücklich zu nennen. Der Kläger hat jedoch noch hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er sowohl mit seinem Widerspruch als auch mit der Klage und der Berufung an seinem Antragsbegehren auf Feststellung aller genannten Nachteilsausgleiche festhält. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sein auf die Feststellung dieser Nachteilsausgleiche gerichtetes Begehren zumindest teilweise (Nachteilsausgleiche B und RF) nicht mehr aufrechterhält, sind nicht gegeben. Dass das SG über die Nachteilsausgleiche "B" und "RF" nicht ausdrücklich entschieden hat, steht einer Sachentscheidung auch hierüber durch den Senat nicht entgegen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2008 (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 5).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Von diesen Regeln und Maßstäben ausgehend ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seit dem Bescheid vom 20.06.2001 wesentlich verschlimmert haben. Die vom Kläger vorgelegten und sonst vorliegenden medizinischen Unterlagen belegen - entgegen seiner Ansicht - eine wesentliche Verschlimmerung nicht.
Die bei ihm vorliegende schwere seelische Störung bedingt nach wie vor keinen höheren GdB als 80. Schwere psychische Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind nach Nr. 26.3, S. 48 der AHP mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Ein GdB von 80 kann mithin erst dann angenommen werden, wenn schwere Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten vorliegen. Ein höherer GdB als 80 hält der Senat schon deshalb nicht für gerechtfertigt, weil es sich bei dem Leiden des Klägers um eine schubweise verlaufende Erkrankung handelt; d.h. nach chronischen Krankheitsphasen, die mit nicht so starken Einschränkungen verbunden sind, treten immer wieder mittelgradige bis schwere depressive Episoden auf, die auch einen längeren stationären Krankenhausaufenthalt erforderlich machen können (z.B. 27.10.2003 bis 15.01.2004, 21.12.2004 bis 15.02.2005 und ab 19.07.2006). Diesem schubweisen Verlauf ist mit einem sogenannten Durchschnitts-GdB Rechnung zu tragen, der aber - um noch schwereren Krankheitsbildern gerecht werden zu können - nicht im obersten Bereich des zur Verfügung stehenden Bewertungsrahmens anzusiedeln ist. Ein GdB von 90 oder 100 ist daher noch schwerwiegenderen psychischen Erkrankungen vorzubehalten, die mit einer dauerhaften und ständigen Beeinträchtigung in einer Intensität verbunden sind, wie sie beim Kläger beispielsweise während einer schweren depressiven Episode, die eine Klinikbehandlung erforderlich macht, vorliegt, oder die mit einer - hier nicht bestehenden - schweren Zwangskrankheit verbunden ist.
Auch eine wesentliche Verschlimmerung der beim Kläger auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom) und des Kopfschmerzsyndroms sind nicht erkennbar. Hiervon ist in den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen nicht die Rede. Im Übrigen sind die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers und das damit verbundene Schulter-Arm-Syndrom bereits mit einem GdB von 30 bewertet. Nach Nr. 26.18, S. 116 der AHP ist ein solcher GdB aber erst bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt anzunehmen. Ein höherer GdB setzt schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen ist hier aber im Wesentlichen die Lendenwirbelsäule des Klägers von Funktionsstörungen betroffen, sodass eine Erhöhung des GdB insoweit nicht in Betracht kommt. Die im angegriffenen Bescheid zusätzlich berücksichtigten Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks bei degenerativen Gelenkveränderungen, Herzrhythmusstörungen) führen ebenfalls nicht dazu, dass ein höherer Gesamt-GdB als 90 gerechtfertigt ist. Selbst wenn abweichend von der Einschätzung des Beklagten für diese Funktionsstörungen nicht nur ein GdB von jeweils 10 (mit der Folge, dass sie entsprechend den Eingangs erwähnten Beurteilungskriterien der AHP bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen sind) angesetzt werden würde, wäre ein GdB von insgesamt 100 zu verneinen, da es auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Hinzu kommt hier, dass sich die Auswirkungen dieser Funktionsstörungen mit den bisher berücksichtigten Funktionsstörungen, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, zu einem erheblichen Teil überschneiden.
Weiter kann den vom Kläger vorgelegten und den sonstigen medizinischen Unterlagen eine relevante Verschlimmerung auf internistischem Fachgebiet nicht entnommen werden. Hierfür reicht insbesondere die Bescheinigung des Dr. R. vom 29.11.2002 nicht aus, der sich lediglich Diagnosen entnehmen lassen, die für sich nicht Grundlage einer Bewertung des GdB sein können.
Die geltend gemachten Nachteilsausgleiche G, B und RF stehen dem Kläger ebenfalls nicht zu.
In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX erheblich beeinträchtigt (mit der Folge, dass ihm der Nachteilsausgleich G zusteht), wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Zur Beantwortung der Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegt, orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den AHP niedergelegt sind. Die AHP beschreiben in Nr. 30 Abs. 3 bis 5 Fälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G als erfüllt anzusehen sind, und die bei dort nicht erwähnten Behinderungen als Vergleichsmaßstab dienen können (vgl. BSG SozR 3-3870 § 60 Nr. 2).
Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit des Klägers im Straßenverkehr infolge einer Einschränkung des Gehvermögens kann danach nicht angenommen werden. Das Gehvermögen des Klägers ist nach dem vorliegenden medizinischen Befunden im Wesentlichen nur durch die Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und des linken Kniegelenks beeinträchtigt. Einen GdB von wenigstens 50 - wie nach Nr. 30 Abs. 3, S. 137 der AHP grundsätzlich erforderlich - bedingen diese nicht. Der Wirbelsäulenschaden des Klägers ist mit einem GdB von 30 bewertet und aus der Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks resultiert allenfalls ein GdB von 20. Der Orthopäde Dr. L. hat in seiner Bescheinigung vom 18.04.2005 Belastungsschmerzen im Bereich des linken Kniegelenks mit röntgenologisch beginnender medialer Gonarthrose attestiert. Insgesamt bestehe aufgrund der festgestellten Veränderungen (auch im Bereich der Wirbelsäule) eine Einschränkung der Belastbarkeit, sodass nach Ansicht von Dr. L. die Zubilligung des Merkzeichens G beurteilt werden sollte. Daraus ergibt sich nicht, dass Dr. L. die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches G bejaht hat. Im Übrigen sind die von ihm angegebenen - nicht sehr gravierenden - Befunde nicht geeignet, den Nachteilsausgleich G zu begründen.
Auch die gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche B und RF sind nicht nachgewiesen. Zur Mitnahme einer Begleitperson sind nach § 146 Abs. 2 SGB IX schwerbehinderte Personen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Dies ist hier zu verneinen. Der Kläger leidet zwar an einer erheblichen seelischen Erkrankung, ist aber in seiner Orientierung nicht regelmäßigen wesentlich gestört, sodass Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen - wie z.B. bei Sehbehinderung oder geistiger Behinderung - bei ihm nicht erforderlich sind.
Ferner liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich RF nicht vor. Voraussetzung hierfür ist nach dem seit 01.04.2005 insoweit geltenden Art. 5 § 6 Abs. 1 Nr. 8 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 08. bis 15.10.2004 idF des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl 2005, 189), dass der GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und der behinderte Mensch wegen seines Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen kann. Dies ist nicht ersichtlich. Weder ergeben sich aus den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger praktisch an die Wohnung gebunden ist, noch hat er dies selbst im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht. Auch die Art der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen spricht dagegen, dass der Kläger zu einer der Fallgruppen gehört, bei denen nach Nr. 33, S. 141 f der AHP die Voraussetzungen dieses Nachteilsausgleichs erfüllt sind.
Eine Möglichkeit, den medizinischen Sachverhalt weiter aufzuklären, besteht nicht. Der Kläger hat seine behandelnden Ärzte zum Verlaufe des Verfahrens nicht von der Schweigepflicht entbunden und wiederholt darauf hingewiesen, dass er die nötigen ärztlichen Unterlagen bereits bei der Antragstellung im April 2005 vorgelegt habe. Weitergehende, insbesondere sich auf die Zeit danach erstreckende medizinische Ermittlungen, scheiden daher aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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