Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 1579/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 602/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. Dezember 2007 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 werden aufgehoben.
Die Beklagte erstattet dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes um 30 v.H. für die Zeit von März 2007 bis Mai 2007 wegen der Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen.
Der 1957 geborene Kläger bezieht von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 30. November 2006 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 in Höhe von monatlich 345,00 EUR Arbeitslosengeld II (Alg II) ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung, die der Kläger von der Stadt Ulm als zuständigem kommunalen Träger bezieht.
Bei einem persönlichen Beratungsgespräch am 26. Januar 2007 mit der für ihn zuständigen Arbeitsvermittlerin, der Zeugin Katja F. kam der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht zustande. Mit Datum vom 26. Januar 2007 erließ die Beklagte gem. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II einen Verwaltungsakt, mit dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt werden sollte.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2007 verfügte die Beklagte die Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) um maximal 104,00 EUR monatlich für die Zeit vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab 1. März 2007 gem. § 48 Abs. 1 SGB X auf. Zur Begründung wurde auf § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a SGB II verwiesen und ausgeführt, der Kläger habe sich am 26. Januar 2007 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Gründe, die dieses Verhalten erklären und als wichtig im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten, seien nach den vorliegenden Unterlagen nicht erkennbar.
Am 8. Februar 2007 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 26. Januar 2007 Widerspruch ein. Am 27. Februar 2007 legte er auch gegen den streitgegenständlichen Absenkungsbescheid Widerspruch ein und trug vor, er weigere sich, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, da der Gesetzgeber insoweit mit den Mitteln einer Nötigung arbeite. Die Verpflichtung zur Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), weil dadurch die Vertragsabschlussfreiheit übermäßig eingeschränkt werde. Dies werde in verschiedenen juristischen Kommentaren zum SGB II bestätigt. Belastungen gem. § 31 SGB II kämen nur in Betracht, falls der Erlass eines Verwaltungsaktes die Eingliederung in Arbeit erheblich erschwere, was bei ihm nicht vorliege, da er fast 50 % mehr Bewerbungen vorgelegt habe, als von ihm gefordert worden seien.
Am 28. Februar 2007 stellte der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich des Absenkungsbescheides. Unter Bezugnahme auf seine Widerspruchsbegründung führte der Kläger aus, die Sachbearbeiterin habe eine bereits vorformulierte Eingliederungsvereinbarung vorgelegt, welche inhaltlich gleich gewesen sei mit einer bereits früher vorgelegten Eingliederungsvereinbarung, die er ebenfalls nicht unterzeichnet habe, weil sie damals auf der Verpflichtung zur Vorlage von fünf Bewerbungen pro Monat bestanden habe. Daher habe er wegen des "oktroyierenden Stils" die Verhandlungsversuche weggelassen und die Unterschrift verweigert. Wegen der Oktroyierung führe der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung auch nicht zu einer passgenaueren oder situationsangemessenen Steuerung der Vermittlungstätigkeiten. Mit Beschluss vom 15. März 2007 lehnte das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Absenkungsbescheides ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des LSG Baden-Württemberg (- L 3 AS 1723/07 ER-B -) vom 16 Mai 2007 zurückgewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2007 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheid vom 26. Januar 2007 zurückgewiesen. Die insoweit erhobene Klage (S 4 AS 1578/07) hat der Kläger am 6. Dezember 2007 zurückgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2007 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Absenkungsbescheid vom 22. Februar 2007 zurückgewiesen. Darin wurde erneut ausgeführt, der Kläger habe sich geweigert, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen. Durch den Erlass des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes sei eine Sanktion nicht ausgeschlossen. Die Bestimmungen des § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II und des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a SGB II seien unabhängig voneinander zu sehen.
Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 20. April 2007 Klage beim SG Klage erhoben und sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe beim Gespräch am 26. Januar 2007 gesagt, er werde die Eingliederungsvereinbarung mitnehmen und in Ruhe prüfen. Daraufhin habe die Zeugin F. erklärt, dies sei dieses Mal nicht möglich, da mittlerweile alles bekannt sei und er hätte zu unterschreiben. Daraufhin habe sie auf den Sanktionstatbestand des § 31 SGB II hingewiesen und er habe mitgeteilt, er werde den Rechtsweg beschreiten. Daher sei er der Ansicht, die Fortführung des Oktroyierens und die Verweigerung der Prüfung der ausgedruckten Vorlage durch Fachleute, wofür gemeinhin eine Woche eingeräumt werde, stelle einen wichtigen Grund für sein Verhalten dar. Zudem habe die Beklagte keine Anhörung gem. § 24 SGB X durchgeführt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Absenkungsbescheid vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 sei rechtmäßig und verletze den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für den Absenkungsbescheid sei § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a SGB II. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Die Kammer sei aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger sich tatsächlich geweigert habe, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen und Verhandlungen über Regelungsinhalte nicht habe führen wollen. Die Zeugin F. habe glaubhaft angegeben, sie habe auf ihrem Schreibtisch lediglich den alten Verwaltungsakt, der die im Februar angebotene Eingliederungsvereinbarung ersetzt habe, vorliegen gehabt. Eine neue Eingliederungsvereinbarung hätte sie erst durch Anklicken der Bausteine im Computer neu ausgedruckt. Dazu sei es jedoch dann gar nicht gekommen, da sich der Kläger von Anfang geweigert habe, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Darum, dass der Kläger eine Eingliederungsvereinbarung zur Prüfung mit nach Hause habe nehmen wollen, sei es in dem Gespräch nicht gegangen. Aufgrund dieser eindeutigen Angaben der Zeugin sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger sich von vornherein geweigert habe, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, weil er insoweit grundsätzliche Bedenken gehabt habe. Die Kammer vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger tatsächlich darum gebeten habe, die Eingliederungsvereinbarung zur weiteren Prüfung mit nach Hause zu nehmen. Denn auch dies habe die Zeugin glaubhaft verneint und auch der bisherige Vortrag des Klägers spreche gegen diesen, erst im Beschwerdeverfahren bzw. im Klageverfahren vorgetragenen, neuen Sachverhalt. Denn der Kläger habe im Widerspruchsverfahren und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren den Sachverhalt nahezu gleich geschildert und vorgetragen, er habe sich wegen des "oktroyierenden Stils" geweigert, die Vereinbarung abzuschließen. Erst nach Erlass des ablehnenden Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren habe der Kläger seinen tatsächlichen Vortrag ergänzt und behauptet, er habe die Eingliederungsvereinbarung zur Prüfung mit nach Hause nehmen wollen. Daher sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger keine Verhandlungen über einzelne Punkte einer abzuschließenden Eingliederungsvereinbarung geführt und sich grundsätzlich geweigert habe, eine Vereinbarung abzuschließen. Auf die möglichen Sanktionsfolgen sei der Kläger, auch nach seinem eigenen Vortrag, ausdrücklich im Gespräch hingewiesen und belehrt worden, sodass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S. 4 SGB II erfüllt seien. Auch dem Anhörungserfordernis des § 24 SGB X sei Genüge getan, da bei dem Beratungsgespräch bereits mitgeteilt worden sei, dass ein Absenkungsbescheid beabsichtigt sei. Daher habe der Kläger auch ausreichend Gelegenheit gehabt, nochmals Gründe für sein Verhalten vorzutragen. Der Bescheid sei nach Auffassung der Kammer auch hinreichend bestimmt, da die Leistung genau um den im Bescheid erwähnten Betrag von 104,00 EUR abgesenkt worden sei. Auch der Absenkungszeitraum sei zutreffend gem. § 31 Abs. 6 SGB II festgelegt worden. § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a und § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II verstießen nach Auffassung der Kammer auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Auch stehe der Absenkungsentscheidung nicht entgegen, dass bereits zuvor eine Eingliederungsvereinbarung in Form eines Verwaltungsakts erlassen worden sei.
Gegen dieses dem Kläger am 4. Januar 2008 zugestellte Urteil hat er am 30. Januar 2008 Berufung beim SG eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a SGB II wiederholt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. Dezember 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte des Senats, die Gerichtsakte des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die vom SG zugelassene Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die angegriffene Entscheidung ist allerdings nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Unabhängig davon, ob der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache am 26. Januar 2007 in ausreichender Form zum beabsichtigten Erlass eines Absenkungsbescheids angehört worden ist, ist ein möglicher Anhörungsmangel jedenfalls dadurch geheilt worden, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, sich im Widerspruchsverfahren zu äußern (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5). Die Beklagte hat im Absenkungsbescheid vom 22. Februar 2007 alle für sie maßgeblichen Gesichtspunkte aufgeführt. Somit hat der Kläger hinreichend Gelegenheit gehabt, vor Erlass des Widerspruchsbescheids Stellung zu nehmen (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X).
Der Absenkungsbescheid ist jedoch aus anderen Gründen rechtswidrig. Insoweit ist bereits fraglich, ob er bestimmt genug ist, da lediglich angegeben wird, dass das Alg II um 30 v.H. der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des dem Kläger zustehenden Auszahlungsbetrags abgesenkt wird. Daraus ergebe sich eine maximale Absenkung von 104,00 EUR. Damit bleibt offen, ob eine Kürzung in dieser Höhe erfolgen wird (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. August 2007 - L 28 B 1231/07 AS ER -, veröffentlicht in Juris). Unabhängig hiervon sind auch die Voraussetzungen des § 31 SGB II für die Absenkung nicht erfüllt. Rechtsgrundlage für eine Absenkung in Höhe von 30 v. H. der Regelleistung wegen der Weigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a SGB II. Nach dieser Bestimmung wird das Alg II - unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 - in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Dabei kann offen bleiben, ob sich der Kläger, wovon auszugehen sein dürfte, - generell - geweigert hat, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Denn die Beklagte hat dem Kläger keine eine Absenkung rechtfertigende Eingliederungsvereinbarung im Sinne des Gesetzes angeboten. Der Senat folgt der Beweiswürdigung des SG und geht auf der Grundlage der glaubhaften Zeugenaussage der Sachbearbeiterin der Beklagten davon aus, dass eine konkrete Vereinbarung - als Grundlage für einen Abschluss - noch nicht vorbereitet war, dem Kläger mithin auch nicht vorgeschlagen oder vorgelegt worden war. Eine - vorbereitete - Vereinbarung lässt sich auch den Akten nicht entnehmen. Ebenso ergibt sich aus dem Beratungsvermerk vom 26. Januar 2006 nicht, dass ein konkreter Inhalt der zu schließenden Vereinbarung unterbreitet worden ist. Es mag auch sein, dass es hierzu deshalb nicht gekommen ist, weil der Kläger es grundsätzlich abgelehnt hat, eine Vereinbarung abzuschließen. Dies ändert nichts daran, dass auch in diesem Fall die Absenkung voraussetzt, dass eine konkrete Eingliederungsvereinbarung im Sinn von § 15 SGB II angeboten worden ist (Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl., § 31 Rdnr. 33.1). Grundsätzlich muss eine solche Eingliederungsvereinbarung bestimmen, welche der in § 16 SGB II aufgeführten Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält sowie welche Eigenbemühungen, in welcher Intensität und Quantität dem Hilfebedürftigen obliegen und in welcher Form er diese Eingliederungsbemühungen nachweisen muss. Ebenso wie die Eigenbemühungen des Hilfebedürftigen zu konkretisieren sind, sind auch die Leistungen, die der Hilfebedürftige nach § 16 SGB II zur Eingliederung vom Träger erhalten soll, verbindlich und konkret zu bezeichnen. Als vereinbarungsfähige Leistungen zur Eingliederung kommen dabei von vornherein nur solche in Betracht, die im Ermessen des Trägers stehen, auf die also kein Rechtsanspruch besteht (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B -, veröffentlicht in Juris; Urteil des Senats vom 26. Februar 2008 - L 13 AS 2282/07 -). Den Hilfebedürftigen treffende Verhaltenspflichten sind vereinbarungsfähig, soweit sie einen Bezug zum Ziel der Eingliederung in Arbeit haben und bei deren Weigerung zur Erfüllung es gerechtfertigt ist, die Leistung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b SGB II abzusenken (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 a.a.O.; Urteil des Senats vom 26. Februar 2008 a.a.O.). Die Weigerung, eine unbestimmte Vereinbarung abzuschließen, die keine sanktionsfähigen und durch Verwaltungsakt regelbaren Pflichten enthält, rechtfertigt keine Absenkung (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 a.a.O.). Erst Recht kann eine Absenkung nicht erfolgen, wenn, wie hier, überhaupt noch keine konkrete Vereinbarung angeboten wurde.
Ungeachtet dessen ist der Beklagte nach Auffassung des Senats nicht befugt, eine Absenkung wegen Weigerung, den Eingliederungsvertrag abzuschließen, zu verfügen, wenn er zuvor einen Verwaltungsakt erlassen hat, mit dem die sonst in der Vereinbarung zu treffenden Regelungen einseitig angeordnet und verfügt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 a.a.O.; Urteil des Senats vom 26. Februar 2008 a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 15. August 2007 S 2 B 292/07 -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. Juli 2007 - L 8 AS 605/06 -, jeweils veröffentlicht in Juris). Mit dem Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat der Träger von einer ihm für eine Eingliederung als Regelfall eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und damit den im wesentlich gleichen Zweck wie eine Eingliederungsvereinbarung erreicht; dann noch eine Absenkung zu verfügen, hätte Straf- oder Disziplinierungscharakter und wäre unverhältnismäßig. Bevor der Träger sich bei Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, zu einer Absenkung entschließt, muss er prüfen, ob es ausreicht, anstelle der Vereinbarung einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Februar 2006 - 1 BvR 199/05 - in Juris); der Erlass eines Verwaltungsaktes jedenfalls ist nach dem Gesetz der Regelfall, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Hat er diese Möglichkeit gewählt, ist ihm die Absenkung verwehrt. Hieran hält der Senat fest. Der von der Beklagten vertretenen Auffassung es handele sich um eine Strafnorm kann nicht gefolgt werden. Die Absenkung Existenz sichernder Leistungen zur Durchsetzung konkreter Mitwirkungshandlungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt begegnet nur solange keinen Bedenken, wie die geforderte Mitwirkungshandlung noch nicht erfolgt, oder, wie hier, anderweitig ersetzt worden ist.
Damit ist auch die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Aufhebung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) rechtswidrig und zwar unabhängig von der Frage, ob die Absenkung verfahrensrechtlich eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 SGB X erfordert oder ob die Absenkung nach § 31 SGB II die Regelung der §§ 45 ff. SGB X verdrängt (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B -, veröffentlicht in Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen.
Die Beklagte erstattet dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes um 30 v.H. für die Zeit von März 2007 bis Mai 2007 wegen der Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen.
Der 1957 geborene Kläger bezieht von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 30. November 2006 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Mai 2007 in Höhe von monatlich 345,00 EUR Arbeitslosengeld II (Alg II) ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung, die der Kläger von der Stadt Ulm als zuständigem kommunalen Träger bezieht.
Bei einem persönlichen Beratungsgespräch am 26. Januar 2007 mit der für ihn zuständigen Arbeitsvermittlerin, der Zeugin Katja F. kam der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht zustande. Mit Datum vom 26. Januar 2007 erließ die Beklagte gem. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II einen Verwaltungsakt, mit dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt werden sollte.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2007 verfügte die Beklagte die Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) um maximal 104,00 EUR monatlich für die Zeit vom 1. März 2007 bis 31. Mai 2007 und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab 1. März 2007 gem. § 48 Abs. 1 SGB X auf. Zur Begründung wurde auf § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a SGB II verwiesen und ausgeführt, der Kläger habe sich am 26. Januar 2007 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Gründe, die dieses Verhalten erklären und als wichtig im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten, seien nach den vorliegenden Unterlagen nicht erkennbar.
Am 8. Februar 2007 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 26. Januar 2007 Widerspruch ein. Am 27. Februar 2007 legte er auch gegen den streitgegenständlichen Absenkungsbescheid Widerspruch ein und trug vor, er weigere sich, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, da der Gesetzgeber insoweit mit den Mitteln einer Nötigung arbeite. Die Verpflichtung zur Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), weil dadurch die Vertragsabschlussfreiheit übermäßig eingeschränkt werde. Dies werde in verschiedenen juristischen Kommentaren zum SGB II bestätigt. Belastungen gem. § 31 SGB II kämen nur in Betracht, falls der Erlass eines Verwaltungsaktes die Eingliederung in Arbeit erheblich erschwere, was bei ihm nicht vorliege, da er fast 50 % mehr Bewerbungen vorgelegt habe, als von ihm gefordert worden seien.
Am 28. Februar 2007 stellte der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich des Absenkungsbescheides. Unter Bezugnahme auf seine Widerspruchsbegründung führte der Kläger aus, die Sachbearbeiterin habe eine bereits vorformulierte Eingliederungsvereinbarung vorgelegt, welche inhaltlich gleich gewesen sei mit einer bereits früher vorgelegten Eingliederungsvereinbarung, die er ebenfalls nicht unterzeichnet habe, weil sie damals auf der Verpflichtung zur Vorlage von fünf Bewerbungen pro Monat bestanden habe. Daher habe er wegen des "oktroyierenden Stils" die Verhandlungsversuche weggelassen und die Unterschrift verweigert. Wegen der Oktroyierung führe der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung auch nicht zu einer passgenaueren oder situationsangemessenen Steuerung der Vermittlungstätigkeiten. Mit Beschluss vom 15. März 2007 lehnte das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Absenkungsbescheides ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des LSG Baden-Württemberg (- L 3 AS 1723/07 ER-B -) vom 16 Mai 2007 zurückgewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2007 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheid vom 26. Januar 2007 zurückgewiesen. Die insoweit erhobene Klage (S 4 AS 1578/07) hat der Kläger am 6. Dezember 2007 zurückgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2007 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Absenkungsbescheid vom 22. Februar 2007 zurückgewiesen. Darin wurde erneut ausgeführt, der Kläger habe sich geweigert, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen. Durch den Erlass des die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes sei eine Sanktion nicht ausgeschlossen. Die Bestimmungen des § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II und des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a SGB II seien unabhängig voneinander zu sehen.
Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 20. April 2007 Klage beim SG Klage erhoben und sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe beim Gespräch am 26. Januar 2007 gesagt, er werde die Eingliederungsvereinbarung mitnehmen und in Ruhe prüfen. Daraufhin habe die Zeugin F. erklärt, dies sei dieses Mal nicht möglich, da mittlerweile alles bekannt sei und er hätte zu unterschreiben. Daraufhin habe sie auf den Sanktionstatbestand des § 31 SGB II hingewiesen und er habe mitgeteilt, er werde den Rechtsweg beschreiten. Daher sei er der Ansicht, die Fortführung des Oktroyierens und die Verweigerung der Prüfung der ausgedruckten Vorlage durch Fachleute, wofür gemeinhin eine Woche eingeräumt werde, stelle einen wichtigen Grund für sein Verhalten dar. Zudem habe die Beklagte keine Anhörung gem. § 24 SGB X durchgeführt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Absenkungsbescheid vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 sei rechtmäßig und verletze den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für den Absenkungsbescheid sei § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a SGB II. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Die Kammer sei aufgrund der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger sich tatsächlich geweigert habe, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen und Verhandlungen über Regelungsinhalte nicht habe führen wollen. Die Zeugin F. habe glaubhaft angegeben, sie habe auf ihrem Schreibtisch lediglich den alten Verwaltungsakt, der die im Februar angebotene Eingliederungsvereinbarung ersetzt habe, vorliegen gehabt. Eine neue Eingliederungsvereinbarung hätte sie erst durch Anklicken der Bausteine im Computer neu ausgedruckt. Dazu sei es jedoch dann gar nicht gekommen, da sich der Kläger von Anfang geweigert habe, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Darum, dass der Kläger eine Eingliederungsvereinbarung zur Prüfung mit nach Hause habe nehmen wollen, sei es in dem Gespräch nicht gegangen. Aufgrund dieser eindeutigen Angaben der Zeugin sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger sich von vornherein geweigert habe, die Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen, weil er insoweit grundsätzliche Bedenken gehabt habe. Die Kammer vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger tatsächlich darum gebeten habe, die Eingliederungsvereinbarung zur weiteren Prüfung mit nach Hause zu nehmen. Denn auch dies habe die Zeugin glaubhaft verneint und auch der bisherige Vortrag des Klägers spreche gegen diesen, erst im Beschwerdeverfahren bzw. im Klageverfahren vorgetragenen, neuen Sachverhalt. Denn der Kläger habe im Widerspruchsverfahren und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren den Sachverhalt nahezu gleich geschildert und vorgetragen, er habe sich wegen des "oktroyierenden Stils" geweigert, die Vereinbarung abzuschließen. Erst nach Erlass des ablehnenden Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren habe der Kläger seinen tatsächlichen Vortrag ergänzt und behauptet, er habe die Eingliederungsvereinbarung zur Prüfung mit nach Hause nehmen wollen. Daher sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger keine Verhandlungen über einzelne Punkte einer abzuschließenden Eingliederungsvereinbarung geführt und sich grundsätzlich geweigert habe, eine Vereinbarung abzuschließen. Auf die möglichen Sanktionsfolgen sei der Kläger, auch nach seinem eigenen Vortrag, ausdrücklich im Gespräch hingewiesen und belehrt worden, sodass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S. 4 SGB II erfüllt seien. Auch dem Anhörungserfordernis des § 24 SGB X sei Genüge getan, da bei dem Beratungsgespräch bereits mitgeteilt worden sei, dass ein Absenkungsbescheid beabsichtigt sei. Daher habe der Kläger auch ausreichend Gelegenheit gehabt, nochmals Gründe für sein Verhalten vorzutragen. Der Bescheid sei nach Auffassung der Kammer auch hinreichend bestimmt, da die Leistung genau um den im Bescheid erwähnten Betrag von 104,00 EUR abgesenkt worden sei. Auch der Absenkungszeitraum sei zutreffend gem. § 31 Abs. 6 SGB II festgelegt worden. § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a und § 15 Abs. 1 S. 2 SGB II verstießen nach Auffassung der Kammer auch nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Auch stehe der Absenkungsentscheidung nicht entgegen, dass bereits zuvor eine Eingliederungsvereinbarung in Form eines Verwaltungsakts erlassen worden sei.
Gegen dieses dem Kläger am 4. Januar 2008 zugestellte Urteil hat er am 30. Januar 2008 Berufung beim SG eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. l a SGB II wiederholt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 6. Dezember 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte des Senats, die Gerichtsakte des SG und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die vom SG zugelassene Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 22. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die angegriffene Entscheidung ist allerdings nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Unabhängig davon, ob der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache am 26. Januar 2007 in ausreichender Form zum beabsichtigten Erlass eines Absenkungsbescheids angehört worden ist, ist ein möglicher Anhörungsmangel jedenfalls dadurch geheilt worden, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, sich im Widerspruchsverfahren zu äußern (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5). Die Beklagte hat im Absenkungsbescheid vom 22. Februar 2007 alle für sie maßgeblichen Gesichtspunkte aufgeführt. Somit hat der Kläger hinreichend Gelegenheit gehabt, vor Erlass des Widerspruchsbescheids Stellung zu nehmen (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X).
Der Absenkungsbescheid ist jedoch aus anderen Gründen rechtswidrig. Insoweit ist bereits fraglich, ob er bestimmt genug ist, da lediglich angegeben wird, dass das Alg II um 30 v.H. der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des dem Kläger zustehenden Auszahlungsbetrags abgesenkt wird. Daraus ergebe sich eine maximale Absenkung von 104,00 EUR. Damit bleibt offen, ob eine Kürzung in dieser Höhe erfolgen wird (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. August 2007 - L 28 B 1231/07 AS ER -, veröffentlicht in Juris). Unabhängig hiervon sind auch die Voraussetzungen des § 31 SGB II für die Absenkung nicht erfüllt. Rechtsgrundlage für eine Absenkung in Höhe von 30 v. H. der Regelleistung wegen der Weigerung des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a SGB II. Nach dieser Bestimmung wird das Alg II - unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 - in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Dabei kann offen bleiben, ob sich der Kläger, wovon auszugehen sein dürfte, - generell - geweigert hat, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Denn die Beklagte hat dem Kläger keine eine Absenkung rechtfertigende Eingliederungsvereinbarung im Sinne des Gesetzes angeboten. Der Senat folgt der Beweiswürdigung des SG und geht auf der Grundlage der glaubhaften Zeugenaussage der Sachbearbeiterin der Beklagten davon aus, dass eine konkrete Vereinbarung - als Grundlage für einen Abschluss - noch nicht vorbereitet war, dem Kläger mithin auch nicht vorgeschlagen oder vorgelegt worden war. Eine - vorbereitete - Vereinbarung lässt sich auch den Akten nicht entnehmen. Ebenso ergibt sich aus dem Beratungsvermerk vom 26. Januar 2006 nicht, dass ein konkreter Inhalt der zu schließenden Vereinbarung unterbreitet worden ist. Es mag auch sein, dass es hierzu deshalb nicht gekommen ist, weil der Kläger es grundsätzlich abgelehnt hat, eine Vereinbarung abzuschließen. Dies ändert nichts daran, dass auch in diesem Fall die Absenkung voraussetzt, dass eine konkrete Eingliederungsvereinbarung im Sinn von § 15 SGB II angeboten worden ist (Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl., § 31 Rdnr. 33.1). Grundsätzlich muss eine solche Eingliederungsvereinbarung bestimmen, welche der in § 16 SGB II aufgeführten Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält sowie welche Eigenbemühungen, in welcher Intensität und Quantität dem Hilfebedürftigen obliegen und in welcher Form er diese Eingliederungsbemühungen nachweisen muss. Ebenso wie die Eigenbemühungen des Hilfebedürftigen zu konkretisieren sind, sind auch die Leistungen, die der Hilfebedürftige nach § 16 SGB II zur Eingliederung vom Träger erhalten soll, verbindlich und konkret zu bezeichnen. Als vereinbarungsfähige Leistungen zur Eingliederung kommen dabei von vornherein nur solche in Betracht, die im Ermessen des Trägers stehen, auf die also kein Rechtsanspruch besteht (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B -, veröffentlicht in Juris; Urteil des Senats vom 26. Februar 2008 - L 13 AS 2282/07 -). Den Hilfebedürftigen treffende Verhaltenspflichten sind vereinbarungsfähig, soweit sie einen Bezug zum Ziel der Eingliederung in Arbeit haben und bei deren Weigerung zur Erfüllung es gerechtfertigt ist, die Leistung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b SGB II abzusenken (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 a.a.O.; Urteil des Senats vom 26. Februar 2008 a.a.O.). Die Weigerung, eine unbestimmte Vereinbarung abzuschließen, die keine sanktionsfähigen und durch Verwaltungsakt regelbaren Pflichten enthält, rechtfertigt keine Absenkung (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 a.a.O.). Erst Recht kann eine Absenkung nicht erfolgen, wenn, wie hier, überhaupt noch keine konkrete Vereinbarung angeboten wurde.
Ungeachtet dessen ist der Beklagte nach Auffassung des Senats nicht befugt, eine Absenkung wegen Weigerung, den Eingliederungsvertrag abzuschließen, zu verfügen, wenn er zuvor einen Verwaltungsakt erlassen hat, mit dem die sonst in der Vereinbarung zu treffenden Regelungen einseitig angeordnet und verfügt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 a.a.O.; Urteil des Senats vom 26. Februar 2008 a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 15. August 2007 S 2 B 292/07 -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31. Juli 2007 - L 8 AS 605/06 -, jeweils veröffentlicht in Juris). Mit dem Erlass eines solchen Verwaltungsaktes hat der Träger von einer ihm für eine Eingliederung als Regelfall eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und damit den im wesentlich gleichen Zweck wie eine Eingliederungsvereinbarung erreicht; dann noch eine Absenkung zu verfügen, hätte Straf- oder Disziplinierungscharakter und wäre unverhältnismäßig. Bevor der Träger sich bei Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, zu einer Absenkung entschließt, muss er prüfen, ob es ausreicht, anstelle der Vereinbarung einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14. Februar 2006 - 1 BvR 199/05 - in Juris); der Erlass eines Verwaltungsaktes jedenfalls ist nach dem Gesetz der Regelfall, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Hat er diese Möglichkeit gewählt, ist ihm die Absenkung verwehrt. Hieran hält der Senat fest. Der von der Beklagten vertretenen Auffassung es handele sich um eine Strafnorm kann nicht gefolgt werden. Die Absenkung Existenz sichernder Leistungen zur Durchsetzung konkreter Mitwirkungshandlungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt begegnet nur solange keinen Bedenken, wie die geforderte Mitwirkungshandlung noch nicht erfolgt, oder, wie hier, anderweitig ersetzt worden ist.
Damit ist auch die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Aufhebung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) rechtswidrig und zwar unabhängig von der Frage, ob die Absenkung verfahrensrechtlich eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 SGB X erfordert oder ob die Absenkung nach § 31 SGB II die Regelung der §§ 45 ff. SGB X verdrängt (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Januar 2007 - L 13 AS 4160/06 ER-B -, veröffentlicht in Juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen.
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