Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 515/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 5290/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 oder 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie um die Gewährung einer Verletztenrente.
Die 1945 geborene Klägerin war seit 1958 als Friseurin tätig. Bis 1979 arbeitete sie als Angestellte in einem Friseursalon. Mit 33 Jahren hat sie die Meisterprüfung abgelegt und nachfolgend einen eigenen Betrieb eröffnet. Die Klägerin ist verheiratet und hat eine Tochter, an die sie den Betrieb ab dem Jahr 1999 übergab. Im Jahr 2001 gab sie ihren Beruf endgültig auf. Der Friseursalon befindet sich in einem Raum von 50 bis 60 m² Größe und hat vier Arbeitsplätze. Die Be- und Entlüftung erfolgt über ein Fenster sowie über einen Ventilator. Die Klägerin wohnt im selben Haus in einer vollständig abgetrennten Wohnung mit eigener Eingangstür.
Mit Schreiben vom 4. April 2000 zeigte der Allergologe und Internist an der Medizinischen Klinik für Atemwegserkrankungen und Allergien der Fachkliniken W. Dr. N. bei der Beklagten eine BK an. Er führte ein toxisch bzw. allergisch bedingtes Asthma bronchiale auf berufliche Einwirkungen durch Blondier-, Haarfärbemittel und Wasserstoffperoxid (H2O2) zurück. Seiner Anzeige fügte er seinen Arztbrief vom 28. März 2000 bei, in dem er eine bronchiale Hyperreagibilität und einen Verdacht auf ein beruflich bedingtes Asthma bronchiale diagnostiziert hatte.
Die Beklagte zog Befundberichte der HNO-Ärzte Dr. E. und Dr. G., des Dr. N. sowie der Fachärzte für Allgemeinmedizin A. bei. Dr. G. fügte seinen Befundbericht vom 7. Juli 2000 einen Arztbrief der Universitätsklinik T. vom November 1996, in dem über eine Septumdeviation berichtet wurde, bei. Dr. E. berichtete in seinem Befundbericht vom 12. Juli 2000, er habe die Klägerin lediglich im Jahr 1999 wegen Schwindel behandelt.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm der Facharzt für Arbeits- und Umweltmedizin B. am 12. Juli 2000 eine Arbeitsplatzbesichtigung vor und empfahl der Klägerin, eine Dokumentation über ihre Tätigkeiten und die auftretenden Atemwegsbeschwerden zu erstellen.
Auf Veranlassung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse erstellte Dr. S. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung - MDK) das sozialmedizinische Gutachten vom 12. Dezember 2000. Darin diagnostizierte er eine bronchiale Hyperreagibilität, einen Verdacht auf ein beruflich bedingtes Asthma bronchiale sowie eine Allergie gegen verschiedene "Friseurstoffe".
Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Dr. S. (Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin) das lungenfachärztlich-allergologische Gutachten vom 23. April 2001. Er diagnostizierte u.a. eine bronchiale Hyperreagibilität und eine Rhinitis vasomotorica. Eine BK nach Nr. 4301 oder 4302 schloss er aus. Er beschrieb eine hochgradige Überempfindlichkeit der Atemwege, die er auf die von der Klägerin seit dem Winter 1995/1996 beschriebene Infektlabilität zurückführte. Ein arbeitsplatzidentischer Expositionstest mit Blondierungspulver sei hingegen eindeutig negativ ausgefallen. Bei einem Test mit Dauerwellenflüssigkeit habe eine Reaktion der nasalen und bronchialen Schleimhäute messtechnisch ebenfalls ausgeschlossen werden können. Eine durch allergisierende und/oder chemisch-irritativ wirkende Stoffe verursachte Obstruktion der bronchialen Atemwege sei im Rahmen der arbeitsplatzidentischen Expositionsteste absolut ausgeschlossen worden. Gesichert sei eine durch chemisch-irritativ wirkende Stoffe verursachte Rhinopathie, die jedoch nicht Bestandteil der BK Nr. 4302 sei. Die Rhinopathie und die bronchialen Symptome, die beide keine BK darstellten, seien auch auf die bisherige Tätigkeit zurückzuführen. Primär sei jedoch die Bronchitissymptomatik Folge der rezidivierenden Infekte und der Infektlabilität, aufgrund derer sich die Überempfindlichkeit der Atemwege manifestiert habe.
In der Stellungnahme vom 19. Juli 2001 lehnte der staatliche Gewerbearzt Dr. K. das Vorliegen einer BK nach Nr. 4301 oder 4302 ab und empfahl, die Exposition zu chemisch-irritativen Stoffen soweit wie möglich zu meiden und eine verbesserte Raumlüftung zu prüfen.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. August 2001 die Anerkennung der Atemwegserkrankung der Klägerin als BK nach Nr. 4301 bzw. 4302 und einen darauf beruhenden Leistungsanspruch der Klägerin ab. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin, die vortrug, ihre Beschwerden hätten sich insbesondere durch staub- und geruchsintensive Tätigkeiten im Friseursalon, insbesondere beim Haarefärben, Hantieren mit Blondiermitteln und bestimmten Haarwassern und Parfüms verstärkt. Auch das Aufstellen von Luft- und Reinigungsgeräten haben in keinster Weise zu einer Verbesserung geführt. Schon nach kürzestem Aufenthalt in ihrem Friseursalon komme es zu rezidivierenden Infekten, Atemnot, Schwindelzuständen, Kopfschmerzen, Asthmaanfällen, und Hustenreiz. Die Rhinopathie und die Bronchitissymptomatik seien gerade auf ihre Tätigkeit als Friseurin zurückzuführen, was sich auch daran zeige, dass unter Arbeitsruhe eine deutliche Besserung eintrete. Dies hätten auch Dr. S. und Dr. N. bestätigt. Fest stehe, dass Duftstoffe zu derartigen Erkrankungen führen könnten, was auch die Europäische Union veranlasse, eine ganze Anzahl von Duftstoffen in kosmetischen Mitteln zu verbieten.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 19. November 2001 führte Dr. S. hierzu aus, Dr. N. habe nur vermutet, dass das Krankheitsbild berufsvermittelt sein könnte. Die von Dr. S. gestellten Diagnosen seien durch keine Untersuchung bestätigt. Eine BK nach Nr. 4301 könne schon deshalb nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werden, da sich die Klägerin am Arbeitsplatz keinen Substanzen exponiert habe, die eine entsprechende Allergose zu induzieren in der Lage seien. Eine Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 scheitere, da die festgestellte Form der Rhinopathie nicht Bestandteil dieser BK sei. Nachgewiesen sei eine Überempfindlichkeit der Atemwege, aufgrund derer die Klägerin auch auf Arbeitsplatzmaterialien reagiert habe. Diese Materialien seien jedoch austauschbar und entsprächen letztendlich einer Gelegenheitsursache. Zweifelsfrei sei die Annahme, dass sich die Überempfindlichkeit der Atemwege infolge der beruflichen Exposition möglicherweise verstärkt habe, korrekt. Die Überempfindlichkeit sei jedoch außerberuflich entstanden. Es bestünden keine Zweifel, dass die von der Klägerin beobachteten und mitgeteilten Symptome und Beschwerden im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stünden. Die Symptome und die erhobenen Befunde erfüllten jedoch nicht die inhaltlichen Voraussetzungen der einschlägigen BKen. Darauf gestützt wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2002 den Widerspruch der Klägerin zurück.
Deswegen erhob die Klägerin am 18. März 2002 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage. Sie berief sich erneut auf die Einschätzung von Dr. S. und Dr. N. und wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Die Diagnosen von Dr. S. seien unzutreffend. Seit Aufgabe ihres Berufes seien ihre Anfälle verschwunden.
Das SG holte das fachärztlich-internistische, pneumologische, allergologische Gutachten von Dr. R. (Reha-Klinik I., Fachklinik für Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung, Bad D.) vom 10. Oktober 2002 ein. Dieser diagnostizierte auf dem lungenfachärztlichen Gebiet ein durch chemisch-irritativ wirkende Stoffe des Friseurhandwerks im Sinne der BK Nr. 4302 ausgelöstes Asthma bronchiale, eine mittelgradige unspezifische bronchiale Hyperreagibilität und eine Rhinopathie auf chemisch-irritativ wirkende Stoffe. Vom Vorliegen einer BK sei seit dem Datum seiner Untersuchung im Oktober 2002 auszugehen. Es bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.). Das Asthma bronchiale sei auf die Einwirkungen durch eine Dauerwellen-Flüssigkeit zurückzuführen. Hinsichtlich des Gutachtens von Dr. S. bemängelte Dr. R., Dr. S. habe zu kurze Expositionszeiten gewählt.
Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich Dr. S. hierzu in der Stellungnahme vom 31. Januar 2003. Er wies darauf hin, er habe eine angemessene Expositionszeit von 30 Minuten eingehalten. Hingegen sei die Exposition, die Dr. R. durchgeführt habe, zu lang gewesen. Weiter bemängelte er, Dr. R. habe keine Messungen mit Kontrolllösungen vorgenommen. Seine Ergebnisse seien daher nicht verwertbar. Er wage die Behauptung, dass es einer Friseurin mit einem Friseurasthma nicht möglich sei, sich, wie von Dr. R. vorgenommen, vier Stunden einer Misch-Exposition auszusetzen, ohne einen Asthmaanfall zu erleiden.
Dr. R. nahm hierzu ergänzend am 2. Mai 2003 Stellung. Er habe die von ihm gestellte Diagnose in seinem Gutachten begründet. Eine große Bedeutung in der Beurteilung der Erkrankung habe seines Erachtens die Krankheitsvorgeschichte der Klägerin. Der Verlauf der Erkrankung weise auf eine durch berufsspezifische Substanzen ausgelöste Atemwegserkrankung hin. Die Klägerin habe keine saisonale Verstärkung der Symptomatik und keine Verschlimmerung außerhalb des Friseurgeschäftes beobachtet, sodass schon anamnestisch Allergene der normalen Umwelt oder nicht berufsspezifische Atemwegsirritanzien als Verursachung der Erkrankung nicht wahrscheinlich seien. Hinsichtlich der Provokationstests mit chemisch-irritativ wirkenden Substanzen gebe es keine einheitlichen Leitlinien. Eine Überprüfung mit Kontrolllösungen sei nicht zwingend nötig.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm Dr. S. am 12. August 2003 erneut Stellung. Er führte aus, Beurteilungskriterien bronchialer Provokationstests mit Allergenen, chemisch-irritativ wirkenden Substanzen und pharmakologischen Substanzen seien seit Jahren bekannt. Die Behauptung, bei der Provokation mit chemisch-irritativ wirkenden Substanzen sei eine vorherige Provokation mit einer Kontrollösung nicht erforderlich, sei abwegig. Da diese bei Dr. R. unterblieben sei, seien seine Ergebnisse nicht verwertbar.
In seiner weiteren Stellungnahme vom 27. Oktober 2003 schlug Dr. R. vor, ein unabhängiges Gutachten bei Prof. Dr. S. einzuholen, der seines Erachtens zum einen eine sehr große Erfahrung bezüglich berufsbedingter Atemwegserkrankungen durch Friseurstoffe habe und zum anderen in seinem Institut über arbeitsplatzimitierende Untersuchungsmethoden verfüge.
Daraufhin erstellte Prof. Dr. S. (Institut für Arbeits- und Sozialmedizin Allergiediagnostik Bad S.) aufgrund der stationären Untersuchung der Klägerin vom 1. bis 6. März 2004 das internistisch-allergologische Fachgutachten vom 25. März 2004. Er diagnostizierte ein allergisches Asthma bronchiale mit unspezifischer bronchialer Reizbarkeitssteigerung, eine allergische Rhinopathie bei Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen, eine Hyperventilationsneigung sowie eine Fettstoffwechselstörung. In seinem Gutachten wies er darauf hin, die Klägerin habe am 4. März 2004 einen Unfall mit einer Verletzung des Nasenbeins erlitten. Nach notfallmäßiger ambulanter Versorgung habe sie weitgehend wohlbefindlich aus dem Krankenhaus entlassen werden können, sodass die Untersuchungen fortgesetzt und beendet werden konnten. Lediglich Nasentests seien an den letzten beiden Untersuchungstagen wegen der Verletzung nicht mehr möglich gewesen. Die Hyperventilation sei als Auslöser für den Unfall der Klägerin in Betracht zu ziehen. Die Klägerin habe in ihrem Salon seit vielen Jahren täglich ein Brennnessel-Haarwasser benutzt. Bei Fehlen weiterer Ursachen sei darin die primäre Bedeutung für die Entwicklung der Beschwerden am Arbeitsplatz im Sinne einer allergischen Rhinopathie und eines allergischen Asthma bronchiale bei Brennnessel-Sensibilisierung zu sehen. Eine spezifische Überempfindlichkeit gegenüber Haarfarbe, Blondierung, Festiger und H2O2 seien im Rahmen mehrerer intensiver Expositionen nicht nachweisbar gewesen. Bei optimalen Belüftungsverhältnissen, wie sie im Salon der Klägerin herrschen dürften, könnte diese ihren Beruf weiter ausüben. Der Umgang mit brennnesselhaltigem Haarwasser sei dabei jedoch strikt zu meiden. Da dies unschwer möglich sei, könne keine Anerkennung einer BK empfohlen werden. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin seien mit Wahrscheinlichkeit durch Einwirkungen am früheren Arbeitsplatz verursacht. Ein objektiver Aufgabezwang habe jedoch nicht vorgelegen. Bei fiktiver Anerkennung einer BK liege eine MdE unter 20 v. H. vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. Dabei stützte es sich auf das Gutachten von Prof. Dr. S ... Auf den Inhalt des den Bevollmächtigten der Klägerin am 3. November 2004 zugestellten Gerichtsbescheids wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. November 2004 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ein selbst gefertigtes Protokoll über den Ablauf der Begutachtung bei Prof. Dr. S. vorgelegt. Darin hat sie insbesondere auf eine unangemessene Behandlung nach ihrem Anfall vom 4. März 2000 hingewiesen. Bei diesem Anfall habe es sich um einen anaphylaktischen Schock, der auf die durchgeführten Tests zurückzuführen sei, gehandelt. Die Klägerin hat hierzu auch den Arztbrief von Dr. S. (Klinikum L., Bad S.) vom 4. März 2004 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Oktober 2004 und des Bescheids der Beklagten vom 23. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2002 festzustellen, dass bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 4301 oder Nr. 4302 der Anlage zur BKV vorliegt und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Beklagte hat im Hinblick auf das Gutachten von Prof. Dr. P. ergänzende Stellungnahmen von Dr. H. (Fachbereich Gesundheitsschutz der Beklagten) vom 10. November 2006 und 30. März 2007 vorgelegt. Dieser hielt das Gutachten von Prof. Dr. P., der als einziger eine Hyperreagilibität gegenüber Persulfate beschrieben habe, für nicht nachvollziehbar.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Medizinischen Direktor und Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Sozialmedizin, Umweltmedizin, Physikalische Therapie der Klinik Bad R. Prof. Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem internistisch-pneumologischen Gutachten vom 20. Juli 2006 diagnostizierte er auf dem lungenfachärztlichem Gebiet eine allergische Rhinopathie und ein allergisches, berufsbedingtes Asthma bronchiale aufgrund einer Sensibilisierung gegen Persulfate, anerkennungsfähig als BK nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV. Die Sensibilisierung sei auf persulfathaltige Blondierungsmittel zurückzuführen. Bereits bei der nasalen Provokation sei es zu einer deutlichen bronchialen Mitreaktion, die zwar nicht eindeutig signifikant aber doch messbar gewesen sei, gekommen. In der Zusammenschau der Anamnese und der durchgeführten Untersuchung bestehe kein Zweifel daran, dass es sich um eine Rhinopathie und ein berufsbedingtes Asthma bronchiale aufgrund einer Reaktion der Atemwege gegenüber Persulfaten und speziell gegenüber dem von der Klägerin benutzten blauen Blondierungsmittel handle. Da eindeutige Ergebnisse über den Reaktionsmechanismus nicht vorlägen, könnte eventuell eine Anerkennung nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV erfolgen, was allerdings nicht für die Rhinopathie gelten würde, die nur nach Nr. 4301 anerkennungsfähig sei. Eine MdE im rentenberechtigtem Maße (20 v. H.) liege nicht vor. In ergänzenden Stellungnahmen vom 13. Dezember 2006 und 25. Juli 2007 führte Prof. Dr. P. u. a. aus, es sei nicht klar, ob bei den Vorbegutachtungen persulfathaltige Mittel getestet worden seien.
Auf Veranlassung des Senats hat Prof. Dr. S. am 18. März 2008 ergänzend Stellung genommen. Das bei seiner Testung eingesetzte, von der Klägerin mitgebrachte Blondierungsmittel habe, wie eine Nachfrage bei der FI. W. bestätigt habe, Persulfate enthalten. Es sei offensichtlich, dass die vorliegenden Befunde im Gutachten von Prof. Dr. P. dessen Schlussfolgerung widerlegten. Insbesondere sei der Pricktest mit Persulfaten negativ ausgefallen. Eine Hauttestung mit blauem Blondierungspulver sei, da es sich um ein Stoffgemisch handele, nicht aussagekräftig. Dr. P. habe sein methodisches Vorgehen bei den inhalativen Tests nicht näher beschrieben. Grundsätzliche Voraussetzung für die Vornahme arbeitsplatzbezogener inhalativer Tests sei ein Nachstellen der Arbeitsplatzverhältnisse. Sollte das Blondierungsmittel als solches in einen der beiden Nasengänge der Klägerin eingebracht worden sein, sei dies als realitätsfremd anzusehen. Es sei zu erwarten gewesen, dass es dann nicht nur zu einer lokalen Schleimhautreaktion komme, sondern auch auf dem Reflexwege zu der von Prof. Dr. P. beobachteten leichten bronchialen Mitreaktion. Ein anaphylaktischer Schock, wie von der Klägerin behauptet, lasse sich ausschließen. Es fehle am notwendigen zeitlichen Zusammenhang. Bei dem Sturzereignis müsse es sich um eine Kreislaufregulationsstörung gehandelt haben. Die Klägerin sei fachgerecht behandelt worden.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG wurde Dr. P. um eine weitere ergänzende Stellungnahme gebeten. In der Stellungnahme vom 13. Mai 2008 führte er aus, die anamnestischen Angaben der Klägerin stützten einen Zusammenhang der Gesundheitsbeschwerden mit einer beruflichen Exposition. Eine positive Reaktion gegenüber Brennnesselantigenen sei eindeutig nachgewiesen und als berufsverursacht interpretiert worden. Es sei davon auszugehen, dass die Brennnesselexposition im Rahmen der klassischen Antigen-Antikörperreaktion zu einer Inflammation der Bronchialschleimhaut geführt habe, die schließlich die chronifizierende Grundlage für ein Asthma bronchiale gelegt habe, das dann durch weitere Berufsstoffe stets getriggert worden sei. Auffällig sei, dass sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. S. ergebe, dass zum Teil gar keine Nasenexposition stattgefunden habe. Insbesondere nach dem Unfall der Klägerin. Die durch ihn selbst durchgeführten Expositionstests seien mittels Einwegspritze in das Nasenostium erfolgt. Ein arbeitsplatzbezogener Provokationstest oder ein arbeitsplatzimitierender Provokationstest sei von ihm weder angedacht, noch durchgeführt werden, da bereits einfache Testsettings genug Aussagekraft hätten. Die Nasenatmung sei während der durch ihn durchgeführten Untersuchungen frei gewesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig.
Die Klage war sinngemäß als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3, 56 SGG im weitest möglichen Sinn auszulegen. Einen ausdrücklichen Antrag hat die Klägerin lediglich bei Klageerhebung im Schriftsatz vom 15. März 2002 gestellt. Sie beantragte, die Beklagte zu verurteilen, ihr "Rente wegen Berufsunfähigkeit" zu gewähren. Das SG hat im Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2004 den Antrag dahingehend ausgelegt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, bei der Klägerin BKen anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen. Dieser Auslegung hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht widersprochen. Anzumerken ist hierzu allerdings, dass mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, eine Krankheit als BK "anzuerkennen" letztlich die gerichtliche Feststellung, dass die Krankheit eine BK ist, erstrebt wird. Richtige Klageart zur Erreichung dieses Zieles ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (zu einer entsprechenden Auslegung bei einem Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls: BSG, Urteil vom 15. Februar 2005, B 2 U 1/04 R, zitiert nach Juris). Der vom SG weiter vorgenommenen Auslegung des Antrags auf Verurteilung zu einer Entschädigung im gesetzlichen Umfang, steht entgegen, dass ein solches, auf keinen konkreten Anspruch gerichtetes Begehren, nicht als Leistungsklage angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 15. Februar 2005, B 2 U 1/04 R, siehe oben). Da die Klägerin - wie bereits ausgeführt - ausdrücklich einen Antrag auf Verurteilung zur Gewährung einer "Rente wegen Berufsunfähigkeit" schriftsätzlich gestellt hat, es eine solche im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung aber nicht gibt, war ihr Antrag, um zu einer statthaften Leistungsklage zu gelangen, dahingehend auszulegen, dass sie die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Die Klägerin hat die Rentenart offensichtlich lediglich falsch bezeichnet.
Die Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, eine BK kann nicht festgestellt werden (dazu 1.). Dementsprechend hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Verletztenrente (dazu 2.). Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und BKen. Dabei sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Satz 2 dieser Regelung ist die Bundesregierung ermächtigt, Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; dabei kann sie bestimmen, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung einer BK erfordert zum einen die Erfüllung der so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen, d.h. der Versicherte muss im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt gewesen sein, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität), zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Es muss demnach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Demnach führt auch der Umstand, dass ein Versicherter über lange Jahre hinweg Belastungen ausgesetzt war, die grundsätzlich geeignet sind, eine BK hervorzurufen, nicht automatisch zur Anerkennung und ggf. Entschädigung. Vielmehr ist beim Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der aufgetretenen Erkrankung besteht. Dabei sind neben den beruflichen Faktoren auch Schadensanlagen und außerberufliche Belastungen zu berücksichtigen.
Nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV sind durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren, oder sein können, als BK anzuerkennen. Eine Anerkennung nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV ist bei durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sind, vorzunehmen.
Zwischen den Beteiligten wurde nicht darüber gestritten, ob die Klägerin im Rahmen ihrer Friseurtätigkeit in ausreichendem Umfang schädigenden Einwirkungen im Sinne der eben genannten BKen ausgesetzt war. Das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen wird auch vom Senat als gegeben unterstellt. In der unfallmedizinischen Literatur werden Friseure bei beiden BKen, als beruflich entsprechenden Stoffen exponiert, genannt (Mehrtens/Brandenburg, BKV Stand April 2008, M 4301, S. 20a; M 4302, S. 6a).
Die Feststellung einer BK scheitert daran, dass bei der Klägerin zwar ein der BK 4301 entsprechendes Krankheitsbild objektiviert werden konnte, dieses jedoch keinen Unterlassungszwang bedingte.
Der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf das umfassende Gutachten von Prof. Dr. S. vom 25. März 2004 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 18. März 2008. Danach liegt bei der Klägerin ein allergisches Asthma bronchiale mit unspezifischer und bronchialer Reizbarkeitssteigerung, eine allergische Rhinopathie bei Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen und eine Hyperventilationsneigung vor. Diese Diagnosen haben im Wesentlichen übereinstimmend auch Dr. S. im Gutachten vom 21. April 2001, Dr. R. im Gutachten vom 10. Oktober 2002 und Prof. Dr. P. im Gutachten vom 20. Juli 2006 gestellt. Gegenüber den Vorgutachtern Dr. S. und Dr. R. konnte Prof. Dr. S. allerdings neu die Sensibilisierung gegenüber Brennessel-Antigenen objektivieren, die nachfolgend auch von Prof. Dr. P. nachgewiesen wurde.
Diese Gesundheitsstörungen sind durch die Einwirkungen am früheren Arbeitsplatz verursacht. Maßgeblich dafür war die intensive und regelmäßige Verwendung eines brennnesselhaltigen Haarwassers. Dies hat Prof. Dr. S. überzeugend dargelegt. Nicht überzeugend ist die Auffassung von Prof. Dr. P., der die Gesundheitsstörungen der Klägerin auch auf die Exposition gegenüber Persulfate zurückführt.
Prof. Dr. S. hat im Rahmen eines fünftägigen stationären Aufenthalts der Klägerin eine umfassende Begutachtung unter Simulation arbeitsplatzähnlicher Bedingungen durchgeführt. Die vorgenommenen Untersuchungen sind in seinem Gutachten sorgfältig und umfassend dokumentiert. Aufgrund der Äußerung von Dr. R. im Schreiben vom 27. Oktober 2003 sieht sich der Senat in der Annahme bekräftigt, dass Prof. Dr. S. über eine sehr große Erfahrung bzgl. berufsbedingter Atemwegserkrankungen durch Friseurstoffe verfügt.
Prof. Dr. S. hat im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung nasale und bronchiale Expositionstests mit den in Frage stehenden Berufssubstanzen, die die Klägerin selbst aus ihrem Friseursalon mitgebracht hatte, durchgeführt. Ergänzende Untersuchungen erfolgten mit ubiquitären Inhalationsallergenen. Dabei zeigte ein Pricktest mit Pollen-Extrakten von Krautgewächsen eine deutliche Sofortreaktion des Hautorgans auf einen Brennnessel-Pollen-Extrakt. Hingegen blieb eine Langzeit-Epikutantestung mit Substanzen der Standardreihe, der Salbengrundlagen und Emulgatoren, des Farbstoffblocks, des Parfümblocks sowie des Friseurblocks auch nach 72 Stunden ohne Reaktion. Verschiedene Expositionstests, die u. a. durch Simulation der Arbeitsplatzsituation und einstündige Exposition einer stark geruchsintensiven Dauerwelle und Fixierung, mit einer Blondierung und H2O2-Lösung, mit Farben und H2O2 der Firmen W. und L’Oreal sowie mit Brennnessel-Haarwasser durchgeführt wurden, führten zu dem Ergebnis, dass eindeutig lediglich eine Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen dokumentiert werden konnte. Die Klägerin gab dabei an, ein solches Haarwasser seit vielen Jahren täglich im Salon benutzt zu haben. Eine spezifische Überempfindlichkeit gegenüber Haarfarbe, Blondierung, Haarfestiger und H2O2 konnte bei den Expositionen nicht nachgewiesen werden. Zwar zeigte sich ein Hustenreiz und ein Naselaufen sowie Augentränen bei Einwirkung geruchsintensiver chemisch-irritativ wirkender Arbeitsstoffe. Diese führt Prof. Dr. S. jedoch nachvollziehbar auf eine durch die Brennnessel-Sensibilisierung entwickelte Reizbarkeitssteigerung der oberen und tiefen Atemwege zurück.
Wegen des Fehlens weiterer Ursachen gelangt Prof. Dr. S. nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Gesundheitsstörungen der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit durch Einwirkungen am früheren Arbeitsplatz durch Verwendung des brennneselhaltigen Haarwassers entstanden sind.
Die Feststellung einer BK nach Nr. 4301 kommt gleichwohl nicht in Betracht, da es insoweit an einem objektiven Aufgabezwang fehlte.
Auch insoweit überzeugt die Auffassung von Prof. Dr. S ... Die Klägerin hätte das die Beschwerden auslösende Allergen (brennnesselhaltiges Haarwasser) ohne Probleme aus ihrem Salon verbannen und durch ein anderes Präparat ersetzen können. Für die Feststellung einer BK fehlt es mithin an dem notwendigen Unterlassungszwang.
Die Einwendungen, die Prof. Dr. P. und die Klägerin gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. erhoben haben, sind nicht begründet. Soweit Prof. Dr. P. in Frage stellte, ob die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. getesteten Friseurprodukte Persulfate enthielten, hat dem Prof. Dr. S., gestützt auf eine Auskunft des Herstellers, widersprochen. Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass die von Prof. Dr. S. eingesetzten Friseurprodukte Persulfate beinhalteten.
Die von Prof. Dr. P. insoweit als einzigem Gutachter beschriebene Sensibilisierung gegenüber Persulfaten ist nicht hinreichend objektiviert. Prof. Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die von Prof. Dr. P. beschriebenen Befunde dessen eigene Schlussfolgerung widerlegen. Der von ihm durchgeführte Pricktest mit Persulfaten fiel negativ aus. Die Hauttestung mit "blauem Blondierungspulver", bei der die Klägerin positiv reagierte, ist nicht aussagekräftig, da es sich hierbei um ein Stoffgemisch handelte, das als chemischer Reizstoff Reaktionen auslösen konnte, deren Bild einer allergischen Hauttestreaktion ähnelte, mit ihr ursächlich aber nichts gemein hatte. Hinsichtlich des nasalen Provokationstests mit Persulfaten räumt Prof. Dr. P. bereits in seinem Gutachten ein, dass die gemessenen Werte eine bronchiale Reaktion nicht eindeutig bestätigten. Darüber hinaus spricht gegen eine Verwertbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse, dass diese nicht durch eine Versuchsanordnung in Annäherung die an die Arbeitsplatzverhältnisse der Klägerin gewonnen wurden. In seinem Ausgangsgutachten hat Prof. Dr. P. keine nähere Beschreibung der Versuchsanordnung gegeben, was Prof. Dr. S. zu Recht bemängelte. In der ergänzenden Stellungnahme vom 13. Mai 2008 gibt Prof. Dr. P. an, die Exposition durch Applikation der Substanz mit einer Fertigspritze in ein Nasenloch durchgeführt zu haben. Diese Vorgehensweise ist entsprechend den Ausführungen von Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2008 als nasales Schleimhauttestverfahren mit einem Friseurstoff als realitätsfremd anzusehen. Bei einer derartigen Testanordnung war zu erwarten, dass es nicht nur zu einer lokalen Schleimhautreaktion kam, sondern auch auf dem Reflexweg zu der von Prof. Dr. P. beobachteten leichten bronchialen Mitreaktion.
Soweit Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Mai 2008 das Schwergewicht seiner Einschätzung nunmehr auf anamnestische Angaben der Klägerin und ihre Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen verlagert und hierzu ausführt, es sei davon auszugehen, dass die Brennnesselexposition im Rahmen der klassischen Antigen-Antikörperreaktion zu einer Inflammation der Schleimhaut geführt habe, die schließlich die chronifizierende Grundlage für ein Asthma bronchiale gelegt habe und durch weitere Berufsstoffe weiter stets getriggert worden sei, überzeugt dies nicht. Denn eine spezifische Reaktion auf diese weiteren Berufsstoffe konnte von keinem Gutachter überzeugend objektiviert werden. Die anamnestischen Angaben, die im Wesentlichen darin bestehen, dass die Klägerin mitteilte, während ihrer Tätigkeit Gesundheitsprobleme gehabt zu haben, die sich in der Freizeit verbesserten, werden durch das Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. S. durchaus bestätigt. Freilich kommt er nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass dies durch den Austausch des brennnesselhaltigen Haarwassers durch ein anderes Produkt hätte vermieden werden können. Ergänzend ist anzumerken, dass bereits Dr. S. davon ausging, dass die Klägerin aufgrund der von ihm diagnostizierten unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität und der Rhinopathie - die er allerdings im Unterschied zu Prof. Dr. S. schon im Ansatz nicht als BK bewertete - in ihrer beruflichen Tätigkeit erheblich beeinträchtigt war. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Senat nicht verkennt, dass die Klägerin gesundheitliche Beschwerden bei der Ausübung ihres Berufes hatte. Hinsichtlich der dafür ursächlichen Brennnesselsensibilisierung fehlt es jedoch an einem Unterlassungszwang, eine Ursächlichkeit anderer berufsspezifischer Stoffe konnte nicht objektiviert werden.
Die Überzeugungskraft des Gutachtens von Prof. Dr. S. wird nicht durch den Vorfall vom 4. März 2004, bei dem die Klägerin nach dem Arztbrief des Dr. S. vom gleichen Tag eine Synkope und dadurch bedingt eine diskret dislozierte Nasenbeinfraktur und eine Risswunde an der Nasenwurzel mit Perforation zum Nasengang links erlitt, beeinträchtigt. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich dabei nicht um eine Synkope, sondern um einen anaphylaktischen Schock gehandelt, wird durch keine ärztliche Äußerung belegt. Der Inhalt des eben genannten Arztbriefs spricht dagegen. Auch Prof. Dr. S. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2008 nachvollziehbar dargelegt, dass es insoweit an einer im zeitlich ausreichenden Zusammenhang stehenden anaphylaktischen Reaktion fehlt. Schon im Hauptgutachten hatte Prof. Dr. S. ferner darauf hingewiesen, dass häufig dokumentierte niedrige Werte für das PCO2 als Ausdruck einer ständigen, klinisch latenten Hyperventilation zu sehen sind. Die Klägerin hatte ihm gegenüber zudem von zeitweisen Missempfindungen im Mundbereich, im Bereich der Hände und Füße im Sinne von Kribbelparästhesien und Taubheitsgefühl berichtet. Eine Behandlung wegen Schwindel im Jahr 1999 hat im Übrigen bereits Dr. E. in seinem Befundbericht vom 12. Juli 2000 erwähnt. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin nach diesem Vorfall in erheblicher Weise gesundheitlich beeinträchtigt war und sich diese Beeinträchtigung ausgerechnet auf ein Organ bezog, das im Rahmen der Begutachtung eine besondere Rolle spielte. Prof. Dr. S. hat diesen Umstand in seinem Gutachten aber keineswegs verschwiegen. Er wies darauf hin, dass Nasentests während der letzten beiden Untersuchungstage wegen der Verletzung nicht mehr möglich waren. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Begutachtung nicht fortgesetzt worden wäre, wenn sie keinen Sinn mehr gehabt hätte. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin ausdrückliche Einwendungen deswegen erst über zwei Jahre nach der durchgeführten Begutachtung erhob. Die bei den Tests vorhandene eingeschränkte bzw. blockierte Nasenatmung ist im Gutachten von Prof. Dr. S. sorgfältig dokumentiert worden. Zu beachten ist, dass bei den Tests nicht nur die Nasenatmung von Bedeutung war, sondern u.a. auch Auswirkungen im Bronchialbereich zu testen waren. Nasentestungen konnten ordnungsgemäß vor dem Vorfall durchgeführt werden. Im Übrigen trug Prof. Dr. P. erst im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme vor, im Rahmen seiner Testung hätten ausreichende nasale Strömungsverhältnisse vorgelegen. Dies, nachdem Prof. Dr. S. ihm gegenüber bemängelt hatte, dass es in seinem Gutachten an entsprechenden Angaben fehle.
Auch die von Prof. Dr. S. abweichende Auffassung von Dr. R. überzeugt den Senat nicht. Hinsichtlich seiner Begutachtung hat Dr. S. auf Bedenken hinsichtlich der Versuchsanordnung, hier insbesondere wegen einer zu langen Expositionsdauer und dem fehlenden Einsatz von Kontrolllösungen hingewiesen. Eine eingehendere Erörterung des Inhalts des Gutachtens von Dr. R. hält der Senat jedoch nicht für erforderlich, da Dr. R. selbst auf Prof. Dr. S. als erfahreneren Gutachter, dem Arbeitsplatz imitierende Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen, hingewiesen hat.
Mithin kann keine BK festgestellt werden.
2. Dementsprechend kommt auch die Gewährung einer Verletztenrente nicht in Betracht. Anzumerken ist dabei, dass nach § 56 SGB VII die Gewährung einer Verletztenrente eine MdE um wenigstens 20 v. H. vorausgesetzt hätte. Von einer MdE von 20. v. H. ist lediglich Dr. R. ohne weitere Begründung ausgegangen. Hingegen hat Prof. Dr. P. unter Hinweis auf eine normale Basis-Lungenfunktion und eine nicht wesentlich eingeschränkte Belastbarkeit bis 100 Watt eine MdE in rentenberechtigendem Maß als nicht gegeben angesehen. Auch Prof. Dr. S. führte für den Fall einer fiktiven Anerkennung einer BK aus, die MdE läge unter 20 v. H. da die Lungenfunktion auch ohne bronchial wirksame Medikation uneingeschränkt sei. Damit könnte dem Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Verletztenrente selbst bei Unterstellung einer BK nicht Rechnung getragen werden.
Die Berufung war in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 oder 4302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie um die Gewährung einer Verletztenrente.
Die 1945 geborene Klägerin war seit 1958 als Friseurin tätig. Bis 1979 arbeitete sie als Angestellte in einem Friseursalon. Mit 33 Jahren hat sie die Meisterprüfung abgelegt und nachfolgend einen eigenen Betrieb eröffnet. Die Klägerin ist verheiratet und hat eine Tochter, an die sie den Betrieb ab dem Jahr 1999 übergab. Im Jahr 2001 gab sie ihren Beruf endgültig auf. Der Friseursalon befindet sich in einem Raum von 50 bis 60 m² Größe und hat vier Arbeitsplätze. Die Be- und Entlüftung erfolgt über ein Fenster sowie über einen Ventilator. Die Klägerin wohnt im selben Haus in einer vollständig abgetrennten Wohnung mit eigener Eingangstür.
Mit Schreiben vom 4. April 2000 zeigte der Allergologe und Internist an der Medizinischen Klinik für Atemwegserkrankungen und Allergien der Fachkliniken W. Dr. N. bei der Beklagten eine BK an. Er führte ein toxisch bzw. allergisch bedingtes Asthma bronchiale auf berufliche Einwirkungen durch Blondier-, Haarfärbemittel und Wasserstoffperoxid (H2O2) zurück. Seiner Anzeige fügte er seinen Arztbrief vom 28. März 2000 bei, in dem er eine bronchiale Hyperreagibilität und einen Verdacht auf ein beruflich bedingtes Asthma bronchiale diagnostiziert hatte.
Die Beklagte zog Befundberichte der HNO-Ärzte Dr. E. und Dr. G., des Dr. N. sowie der Fachärzte für Allgemeinmedizin A. bei. Dr. G. fügte seinen Befundbericht vom 7. Juli 2000 einen Arztbrief der Universitätsklinik T. vom November 1996, in dem über eine Septumdeviation berichtet wurde, bei. Dr. E. berichtete in seinem Befundbericht vom 12. Juli 2000, er habe die Klägerin lediglich im Jahr 1999 wegen Schwindel behandelt.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm der Facharzt für Arbeits- und Umweltmedizin B. am 12. Juli 2000 eine Arbeitsplatzbesichtigung vor und empfahl der Klägerin, eine Dokumentation über ihre Tätigkeiten und die auftretenden Atemwegsbeschwerden zu erstellen.
Auf Veranlassung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse erstellte Dr. S. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung - MDK) das sozialmedizinische Gutachten vom 12. Dezember 2000. Darin diagnostizierte er eine bronchiale Hyperreagibilität, einen Verdacht auf ein beruflich bedingtes Asthma bronchiale sowie eine Allergie gegen verschiedene "Friseurstoffe".
Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Dr. S. (Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin) das lungenfachärztlich-allergologische Gutachten vom 23. April 2001. Er diagnostizierte u.a. eine bronchiale Hyperreagibilität und eine Rhinitis vasomotorica. Eine BK nach Nr. 4301 oder 4302 schloss er aus. Er beschrieb eine hochgradige Überempfindlichkeit der Atemwege, die er auf die von der Klägerin seit dem Winter 1995/1996 beschriebene Infektlabilität zurückführte. Ein arbeitsplatzidentischer Expositionstest mit Blondierungspulver sei hingegen eindeutig negativ ausgefallen. Bei einem Test mit Dauerwellenflüssigkeit habe eine Reaktion der nasalen und bronchialen Schleimhäute messtechnisch ebenfalls ausgeschlossen werden können. Eine durch allergisierende und/oder chemisch-irritativ wirkende Stoffe verursachte Obstruktion der bronchialen Atemwege sei im Rahmen der arbeitsplatzidentischen Expositionsteste absolut ausgeschlossen worden. Gesichert sei eine durch chemisch-irritativ wirkende Stoffe verursachte Rhinopathie, die jedoch nicht Bestandteil der BK Nr. 4302 sei. Die Rhinopathie und die bronchialen Symptome, die beide keine BK darstellten, seien auch auf die bisherige Tätigkeit zurückzuführen. Primär sei jedoch die Bronchitissymptomatik Folge der rezidivierenden Infekte und der Infektlabilität, aufgrund derer sich die Überempfindlichkeit der Atemwege manifestiert habe.
In der Stellungnahme vom 19. Juli 2001 lehnte der staatliche Gewerbearzt Dr. K. das Vorliegen einer BK nach Nr. 4301 oder 4302 ab und empfahl, die Exposition zu chemisch-irritativen Stoffen soweit wie möglich zu meiden und eine verbesserte Raumlüftung zu prüfen.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. August 2001 die Anerkennung der Atemwegserkrankung der Klägerin als BK nach Nr. 4301 bzw. 4302 und einen darauf beruhenden Leistungsanspruch der Klägerin ab. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin, die vortrug, ihre Beschwerden hätten sich insbesondere durch staub- und geruchsintensive Tätigkeiten im Friseursalon, insbesondere beim Haarefärben, Hantieren mit Blondiermitteln und bestimmten Haarwassern und Parfüms verstärkt. Auch das Aufstellen von Luft- und Reinigungsgeräten haben in keinster Weise zu einer Verbesserung geführt. Schon nach kürzestem Aufenthalt in ihrem Friseursalon komme es zu rezidivierenden Infekten, Atemnot, Schwindelzuständen, Kopfschmerzen, Asthmaanfällen, und Hustenreiz. Die Rhinopathie und die Bronchitissymptomatik seien gerade auf ihre Tätigkeit als Friseurin zurückzuführen, was sich auch daran zeige, dass unter Arbeitsruhe eine deutliche Besserung eintrete. Dies hätten auch Dr. S. und Dr. N. bestätigt. Fest stehe, dass Duftstoffe zu derartigen Erkrankungen führen könnten, was auch die Europäische Union veranlasse, eine ganze Anzahl von Duftstoffen in kosmetischen Mitteln zu verbieten.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 19. November 2001 führte Dr. S. hierzu aus, Dr. N. habe nur vermutet, dass das Krankheitsbild berufsvermittelt sein könnte. Die von Dr. S. gestellten Diagnosen seien durch keine Untersuchung bestätigt. Eine BK nach Nr. 4301 könne schon deshalb nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werden, da sich die Klägerin am Arbeitsplatz keinen Substanzen exponiert habe, die eine entsprechende Allergose zu induzieren in der Lage seien. Eine Anerkennung einer BK nach Nr. 4302 scheitere, da die festgestellte Form der Rhinopathie nicht Bestandteil dieser BK sei. Nachgewiesen sei eine Überempfindlichkeit der Atemwege, aufgrund derer die Klägerin auch auf Arbeitsplatzmaterialien reagiert habe. Diese Materialien seien jedoch austauschbar und entsprächen letztendlich einer Gelegenheitsursache. Zweifelsfrei sei die Annahme, dass sich die Überempfindlichkeit der Atemwege infolge der beruflichen Exposition möglicherweise verstärkt habe, korrekt. Die Überempfindlichkeit sei jedoch außerberuflich entstanden. Es bestünden keine Zweifel, dass die von der Klägerin beobachteten und mitgeteilten Symptome und Beschwerden im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stünden. Die Symptome und die erhobenen Befunde erfüllten jedoch nicht die inhaltlichen Voraussetzungen der einschlägigen BKen. Darauf gestützt wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2002 den Widerspruch der Klägerin zurück.
Deswegen erhob die Klägerin am 18. März 2002 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage. Sie berief sich erneut auf die Einschätzung von Dr. S. und Dr. N. und wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Die Diagnosen von Dr. S. seien unzutreffend. Seit Aufgabe ihres Berufes seien ihre Anfälle verschwunden.
Das SG holte das fachärztlich-internistische, pneumologische, allergologische Gutachten von Dr. R. (Reha-Klinik I., Fachklinik für Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung, Bad D.) vom 10. Oktober 2002 ein. Dieser diagnostizierte auf dem lungenfachärztlichen Gebiet ein durch chemisch-irritativ wirkende Stoffe des Friseurhandwerks im Sinne der BK Nr. 4302 ausgelöstes Asthma bronchiale, eine mittelgradige unspezifische bronchiale Hyperreagibilität und eine Rhinopathie auf chemisch-irritativ wirkende Stoffe. Vom Vorliegen einer BK sei seit dem Datum seiner Untersuchung im Oktober 2002 auszugehen. Es bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.). Das Asthma bronchiale sei auf die Einwirkungen durch eine Dauerwellen-Flüssigkeit zurückzuführen. Hinsichtlich des Gutachtens von Dr. S. bemängelte Dr. R., Dr. S. habe zu kurze Expositionszeiten gewählt.
Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich Dr. S. hierzu in der Stellungnahme vom 31. Januar 2003. Er wies darauf hin, er habe eine angemessene Expositionszeit von 30 Minuten eingehalten. Hingegen sei die Exposition, die Dr. R. durchgeführt habe, zu lang gewesen. Weiter bemängelte er, Dr. R. habe keine Messungen mit Kontrolllösungen vorgenommen. Seine Ergebnisse seien daher nicht verwertbar. Er wage die Behauptung, dass es einer Friseurin mit einem Friseurasthma nicht möglich sei, sich, wie von Dr. R. vorgenommen, vier Stunden einer Misch-Exposition auszusetzen, ohne einen Asthmaanfall zu erleiden.
Dr. R. nahm hierzu ergänzend am 2. Mai 2003 Stellung. Er habe die von ihm gestellte Diagnose in seinem Gutachten begründet. Eine große Bedeutung in der Beurteilung der Erkrankung habe seines Erachtens die Krankheitsvorgeschichte der Klägerin. Der Verlauf der Erkrankung weise auf eine durch berufsspezifische Substanzen ausgelöste Atemwegserkrankung hin. Die Klägerin habe keine saisonale Verstärkung der Symptomatik und keine Verschlimmerung außerhalb des Friseurgeschäftes beobachtet, sodass schon anamnestisch Allergene der normalen Umwelt oder nicht berufsspezifische Atemwegsirritanzien als Verursachung der Erkrankung nicht wahrscheinlich seien. Hinsichtlich der Provokationstests mit chemisch-irritativ wirkenden Substanzen gebe es keine einheitlichen Leitlinien. Eine Überprüfung mit Kontrolllösungen sei nicht zwingend nötig.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm Dr. S. am 12. August 2003 erneut Stellung. Er führte aus, Beurteilungskriterien bronchialer Provokationstests mit Allergenen, chemisch-irritativ wirkenden Substanzen und pharmakologischen Substanzen seien seit Jahren bekannt. Die Behauptung, bei der Provokation mit chemisch-irritativ wirkenden Substanzen sei eine vorherige Provokation mit einer Kontrollösung nicht erforderlich, sei abwegig. Da diese bei Dr. R. unterblieben sei, seien seine Ergebnisse nicht verwertbar.
In seiner weiteren Stellungnahme vom 27. Oktober 2003 schlug Dr. R. vor, ein unabhängiges Gutachten bei Prof. Dr. S. einzuholen, der seines Erachtens zum einen eine sehr große Erfahrung bezüglich berufsbedingter Atemwegserkrankungen durch Friseurstoffe habe und zum anderen in seinem Institut über arbeitsplatzimitierende Untersuchungsmethoden verfüge.
Daraufhin erstellte Prof. Dr. S. (Institut für Arbeits- und Sozialmedizin Allergiediagnostik Bad S.) aufgrund der stationären Untersuchung der Klägerin vom 1. bis 6. März 2004 das internistisch-allergologische Fachgutachten vom 25. März 2004. Er diagnostizierte ein allergisches Asthma bronchiale mit unspezifischer bronchialer Reizbarkeitssteigerung, eine allergische Rhinopathie bei Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen, eine Hyperventilationsneigung sowie eine Fettstoffwechselstörung. In seinem Gutachten wies er darauf hin, die Klägerin habe am 4. März 2004 einen Unfall mit einer Verletzung des Nasenbeins erlitten. Nach notfallmäßiger ambulanter Versorgung habe sie weitgehend wohlbefindlich aus dem Krankenhaus entlassen werden können, sodass die Untersuchungen fortgesetzt und beendet werden konnten. Lediglich Nasentests seien an den letzten beiden Untersuchungstagen wegen der Verletzung nicht mehr möglich gewesen. Die Hyperventilation sei als Auslöser für den Unfall der Klägerin in Betracht zu ziehen. Die Klägerin habe in ihrem Salon seit vielen Jahren täglich ein Brennnessel-Haarwasser benutzt. Bei Fehlen weiterer Ursachen sei darin die primäre Bedeutung für die Entwicklung der Beschwerden am Arbeitsplatz im Sinne einer allergischen Rhinopathie und eines allergischen Asthma bronchiale bei Brennnessel-Sensibilisierung zu sehen. Eine spezifische Überempfindlichkeit gegenüber Haarfarbe, Blondierung, Festiger und H2O2 seien im Rahmen mehrerer intensiver Expositionen nicht nachweisbar gewesen. Bei optimalen Belüftungsverhältnissen, wie sie im Salon der Klägerin herrschen dürften, könnte diese ihren Beruf weiter ausüben. Der Umgang mit brennnesselhaltigem Haarwasser sei dabei jedoch strikt zu meiden. Da dies unschwer möglich sei, könne keine Anerkennung einer BK empfohlen werden. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin seien mit Wahrscheinlichkeit durch Einwirkungen am früheren Arbeitsplatz verursacht. Ein objektiver Aufgabezwang habe jedoch nicht vorgelegen. Bei fiktiver Anerkennung einer BK liege eine MdE unter 20 v. H. vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. Dabei stützte es sich auf das Gutachten von Prof. Dr. S ... Auf den Inhalt des den Bevollmächtigten der Klägerin am 3. November 2004 zugestellten Gerichtsbescheids wird Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. November 2004 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ein selbst gefertigtes Protokoll über den Ablauf der Begutachtung bei Prof. Dr. S. vorgelegt. Darin hat sie insbesondere auf eine unangemessene Behandlung nach ihrem Anfall vom 4. März 2000 hingewiesen. Bei diesem Anfall habe es sich um einen anaphylaktischen Schock, der auf die durchgeführten Tests zurückzuführen sei, gehandelt. Die Klägerin hat hierzu auch den Arztbrief von Dr. S. (Klinikum L., Bad S.) vom 4. März 2004 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Oktober 2004 und des Bescheids der Beklagten vom 23. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2002 festzustellen, dass bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 4301 oder Nr. 4302 der Anlage zur BKV vorliegt und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Beklagte hat im Hinblick auf das Gutachten von Prof. Dr. P. ergänzende Stellungnahmen von Dr. H. (Fachbereich Gesundheitsschutz der Beklagten) vom 10. November 2006 und 30. März 2007 vorgelegt. Dieser hielt das Gutachten von Prof. Dr. P., der als einziger eine Hyperreagilibität gegenüber Persulfate beschrieben habe, für nicht nachvollziehbar.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Medizinischen Direktor und Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Sozialmedizin, Umweltmedizin, Physikalische Therapie der Klinik Bad R. Prof. Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem internistisch-pneumologischen Gutachten vom 20. Juli 2006 diagnostizierte er auf dem lungenfachärztlichem Gebiet eine allergische Rhinopathie und ein allergisches, berufsbedingtes Asthma bronchiale aufgrund einer Sensibilisierung gegen Persulfate, anerkennungsfähig als BK nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV. Die Sensibilisierung sei auf persulfathaltige Blondierungsmittel zurückzuführen. Bereits bei der nasalen Provokation sei es zu einer deutlichen bronchialen Mitreaktion, die zwar nicht eindeutig signifikant aber doch messbar gewesen sei, gekommen. In der Zusammenschau der Anamnese und der durchgeführten Untersuchung bestehe kein Zweifel daran, dass es sich um eine Rhinopathie und ein berufsbedingtes Asthma bronchiale aufgrund einer Reaktion der Atemwege gegenüber Persulfaten und speziell gegenüber dem von der Klägerin benutzten blauen Blondierungsmittel handle. Da eindeutige Ergebnisse über den Reaktionsmechanismus nicht vorlägen, könnte eventuell eine Anerkennung nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV erfolgen, was allerdings nicht für die Rhinopathie gelten würde, die nur nach Nr. 4301 anerkennungsfähig sei. Eine MdE im rentenberechtigtem Maße (20 v. H.) liege nicht vor. In ergänzenden Stellungnahmen vom 13. Dezember 2006 und 25. Juli 2007 führte Prof. Dr. P. u. a. aus, es sei nicht klar, ob bei den Vorbegutachtungen persulfathaltige Mittel getestet worden seien.
Auf Veranlassung des Senats hat Prof. Dr. S. am 18. März 2008 ergänzend Stellung genommen. Das bei seiner Testung eingesetzte, von der Klägerin mitgebrachte Blondierungsmittel habe, wie eine Nachfrage bei der FI. W. bestätigt habe, Persulfate enthalten. Es sei offensichtlich, dass die vorliegenden Befunde im Gutachten von Prof. Dr. P. dessen Schlussfolgerung widerlegten. Insbesondere sei der Pricktest mit Persulfaten negativ ausgefallen. Eine Hauttestung mit blauem Blondierungspulver sei, da es sich um ein Stoffgemisch handele, nicht aussagekräftig. Dr. P. habe sein methodisches Vorgehen bei den inhalativen Tests nicht näher beschrieben. Grundsätzliche Voraussetzung für die Vornahme arbeitsplatzbezogener inhalativer Tests sei ein Nachstellen der Arbeitsplatzverhältnisse. Sollte das Blondierungsmittel als solches in einen der beiden Nasengänge der Klägerin eingebracht worden sein, sei dies als realitätsfremd anzusehen. Es sei zu erwarten gewesen, dass es dann nicht nur zu einer lokalen Schleimhautreaktion komme, sondern auch auf dem Reflexwege zu der von Prof. Dr. P. beobachteten leichten bronchialen Mitreaktion. Ein anaphylaktischer Schock, wie von der Klägerin behauptet, lasse sich ausschließen. Es fehle am notwendigen zeitlichen Zusammenhang. Bei dem Sturzereignis müsse es sich um eine Kreislaufregulationsstörung gehandelt haben. Die Klägerin sei fachgerecht behandelt worden.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG wurde Dr. P. um eine weitere ergänzende Stellungnahme gebeten. In der Stellungnahme vom 13. Mai 2008 führte er aus, die anamnestischen Angaben der Klägerin stützten einen Zusammenhang der Gesundheitsbeschwerden mit einer beruflichen Exposition. Eine positive Reaktion gegenüber Brennnesselantigenen sei eindeutig nachgewiesen und als berufsverursacht interpretiert worden. Es sei davon auszugehen, dass die Brennnesselexposition im Rahmen der klassischen Antigen-Antikörperreaktion zu einer Inflammation der Bronchialschleimhaut geführt habe, die schließlich die chronifizierende Grundlage für ein Asthma bronchiale gelegt habe, das dann durch weitere Berufsstoffe stets getriggert worden sei. Auffällig sei, dass sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. S. ergebe, dass zum Teil gar keine Nasenexposition stattgefunden habe. Insbesondere nach dem Unfall der Klägerin. Die durch ihn selbst durchgeführten Expositionstests seien mittels Einwegspritze in das Nasenostium erfolgt. Ein arbeitsplatzbezogener Provokationstest oder ein arbeitsplatzimitierender Provokationstest sei von ihm weder angedacht, noch durchgeführt werden, da bereits einfache Testsettings genug Aussagekraft hätten. Die Nasenatmung sei während der durch ihn durchgeführten Untersuchungen frei gewesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig.
Die Klage war sinngemäß als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3, 56 SGG im weitest möglichen Sinn auszulegen. Einen ausdrücklichen Antrag hat die Klägerin lediglich bei Klageerhebung im Schriftsatz vom 15. März 2002 gestellt. Sie beantragte, die Beklagte zu verurteilen, ihr "Rente wegen Berufsunfähigkeit" zu gewähren. Das SG hat im Gerichtsbescheid vom 26. Oktober 2004 den Antrag dahingehend ausgelegt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, bei der Klägerin BKen anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen. Dieser Auslegung hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht widersprochen. Anzumerken ist hierzu allerdings, dass mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, eine Krankheit als BK "anzuerkennen" letztlich die gerichtliche Feststellung, dass die Krankheit eine BK ist, erstrebt wird. Richtige Klageart zur Erreichung dieses Zieles ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (zu einer entsprechenden Auslegung bei einem Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls: BSG, Urteil vom 15. Februar 2005, B 2 U 1/04 R, zitiert nach Juris). Der vom SG weiter vorgenommenen Auslegung des Antrags auf Verurteilung zu einer Entschädigung im gesetzlichen Umfang, steht entgegen, dass ein solches, auf keinen konkreten Anspruch gerichtetes Begehren, nicht als Leistungsklage angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 15. Februar 2005, B 2 U 1/04 R, siehe oben). Da die Klägerin - wie bereits ausgeführt - ausdrücklich einen Antrag auf Verurteilung zur Gewährung einer "Rente wegen Berufsunfähigkeit" schriftsätzlich gestellt hat, es eine solche im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung aber nicht gibt, war ihr Antrag, um zu einer statthaften Leistungsklage zu gelangen, dahingehend auszulegen, dass sie die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Die Klägerin hat die Rentenart offensichtlich lediglich falsch bezeichnet.
Die Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, eine BK kann nicht festgestellt werden (dazu 1.). Dementsprechend hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Verletztenrente (dazu 2.). Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und BKen. Dabei sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Satz 2 dieser Regelung ist die Bundesregierung ermächtigt, Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; dabei kann sie bestimmen, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung einer BK erfordert zum einen die Erfüllung der so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen, d.h. der Versicherte muss im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt gewesen sein, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität), zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Es muss demnach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Demnach führt auch der Umstand, dass ein Versicherter über lange Jahre hinweg Belastungen ausgesetzt war, die grundsätzlich geeignet sind, eine BK hervorzurufen, nicht automatisch zur Anerkennung und ggf. Entschädigung. Vielmehr ist beim Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der aufgetretenen Erkrankung besteht. Dabei sind neben den beruflichen Faktoren auch Schadensanlagen und außerberufliche Belastungen zu berücksichtigen.
Nach Nr. 4301 der Anlage zur BKV sind durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren, oder sein können, als BK anzuerkennen. Eine Anerkennung nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV ist bei durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sind, vorzunehmen.
Zwischen den Beteiligten wurde nicht darüber gestritten, ob die Klägerin im Rahmen ihrer Friseurtätigkeit in ausreichendem Umfang schädigenden Einwirkungen im Sinne der eben genannten BKen ausgesetzt war. Das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen wird auch vom Senat als gegeben unterstellt. In der unfallmedizinischen Literatur werden Friseure bei beiden BKen, als beruflich entsprechenden Stoffen exponiert, genannt (Mehrtens/Brandenburg, BKV Stand April 2008, M 4301, S. 20a; M 4302, S. 6a).
Die Feststellung einer BK scheitert daran, dass bei der Klägerin zwar ein der BK 4301 entsprechendes Krankheitsbild objektiviert werden konnte, dieses jedoch keinen Unterlassungszwang bedingte.
Der Senat stützt sich dabei im Wesentlichen auf das umfassende Gutachten von Prof. Dr. S. vom 25. März 2004 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 18. März 2008. Danach liegt bei der Klägerin ein allergisches Asthma bronchiale mit unspezifischer und bronchialer Reizbarkeitssteigerung, eine allergische Rhinopathie bei Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen und eine Hyperventilationsneigung vor. Diese Diagnosen haben im Wesentlichen übereinstimmend auch Dr. S. im Gutachten vom 21. April 2001, Dr. R. im Gutachten vom 10. Oktober 2002 und Prof. Dr. P. im Gutachten vom 20. Juli 2006 gestellt. Gegenüber den Vorgutachtern Dr. S. und Dr. R. konnte Prof. Dr. S. allerdings neu die Sensibilisierung gegenüber Brennessel-Antigenen objektivieren, die nachfolgend auch von Prof. Dr. P. nachgewiesen wurde.
Diese Gesundheitsstörungen sind durch die Einwirkungen am früheren Arbeitsplatz verursacht. Maßgeblich dafür war die intensive und regelmäßige Verwendung eines brennnesselhaltigen Haarwassers. Dies hat Prof. Dr. S. überzeugend dargelegt. Nicht überzeugend ist die Auffassung von Prof. Dr. P., der die Gesundheitsstörungen der Klägerin auch auf die Exposition gegenüber Persulfate zurückführt.
Prof. Dr. S. hat im Rahmen eines fünftägigen stationären Aufenthalts der Klägerin eine umfassende Begutachtung unter Simulation arbeitsplatzähnlicher Bedingungen durchgeführt. Die vorgenommenen Untersuchungen sind in seinem Gutachten sorgfältig und umfassend dokumentiert. Aufgrund der Äußerung von Dr. R. im Schreiben vom 27. Oktober 2003 sieht sich der Senat in der Annahme bekräftigt, dass Prof. Dr. S. über eine sehr große Erfahrung bzgl. berufsbedingter Atemwegserkrankungen durch Friseurstoffe verfügt.
Prof. Dr. S. hat im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung nasale und bronchiale Expositionstests mit den in Frage stehenden Berufssubstanzen, die die Klägerin selbst aus ihrem Friseursalon mitgebracht hatte, durchgeführt. Ergänzende Untersuchungen erfolgten mit ubiquitären Inhalationsallergenen. Dabei zeigte ein Pricktest mit Pollen-Extrakten von Krautgewächsen eine deutliche Sofortreaktion des Hautorgans auf einen Brennnessel-Pollen-Extrakt. Hingegen blieb eine Langzeit-Epikutantestung mit Substanzen der Standardreihe, der Salbengrundlagen und Emulgatoren, des Farbstoffblocks, des Parfümblocks sowie des Friseurblocks auch nach 72 Stunden ohne Reaktion. Verschiedene Expositionstests, die u. a. durch Simulation der Arbeitsplatzsituation und einstündige Exposition einer stark geruchsintensiven Dauerwelle und Fixierung, mit einer Blondierung und H2O2-Lösung, mit Farben und H2O2 der Firmen W. und L’Oreal sowie mit Brennnessel-Haarwasser durchgeführt wurden, führten zu dem Ergebnis, dass eindeutig lediglich eine Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen dokumentiert werden konnte. Die Klägerin gab dabei an, ein solches Haarwasser seit vielen Jahren täglich im Salon benutzt zu haben. Eine spezifische Überempfindlichkeit gegenüber Haarfarbe, Blondierung, Haarfestiger und H2O2 konnte bei den Expositionen nicht nachgewiesen werden. Zwar zeigte sich ein Hustenreiz und ein Naselaufen sowie Augentränen bei Einwirkung geruchsintensiver chemisch-irritativ wirkender Arbeitsstoffe. Diese führt Prof. Dr. S. jedoch nachvollziehbar auf eine durch die Brennnessel-Sensibilisierung entwickelte Reizbarkeitssteigerung der oberen und tiefen Atemwege zurück.
Wegen des Fehlens weiterer Ursachen gelangt Prof. Dr. S. nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Gesundheitsstörungen der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit durch Einwirkungen am früheren Arbeitsplatz durch Verwendung des brennneselhaltigen Haarwassers entstanden sind.
Die Feststellung einer BK nach Nr. 4301 kommt gleichwohl nicht in Betracht, da es insoweit an einem objektiven Aufgabezwang fehlte.
Auch insoweit überzeugt die Auffassung von Prof. Dr. S ... Die Klägerin hätte das die Beschwerden auslösende Allergen (brennnesselhaltiges Haarwasser) ohne Probleme aus ihrem Salon verbannen und durch ein anderes Präparat ersetzen können. Für die Feststellung einer BK fehlt es mithin an dem notwendigen Unterlassungszwang.
Die Einwendungen, die Prof. Dr. P. und die Klägerin gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. erhoben haben, sind nicht begründet. Soweit Prof. Dr. P. in Frage stellte, ob die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. getesteten Friseurprodukte Persulfate enthielten, hat dem Prof. Dr. S., gestützt auf eine Auskunft des Herstellers, widersprochen. Der Senat hat daher keine Zweifel daran, dass die von Prof. Dr. S. eingesetzten Friseurprodukte Persulfate beinhalteten.
Die von Prof. Dr. P. insoweit als einzigem Gutachter beschriebene Sensibilisierung gegenüber Persulfaten ist nicht hinreichend objektiviert. Prof. Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die von Prof. Dr. P. beschriebenen Befunde dessen eigene Schlussfolgerung widerlegen. Der von ihm durchgeführte Pricktest mit Persulfaten fiel negativ aus. Die Hauttestung mit "blauem Blondierungspulver", bei der die Klägerin positiv reagierte, ist nicht aussagekräftig, da es sich hierbei um ein Stoffgemisch handelte, das als chemischer Reizstoff Reaktionen auslösen konnte, deren Bild einer allergischen Hauttestreaktion ähnelte, mit ihr ursächlich aber nichts gemein hatte. Hinsichtlich des nasalen Provokationstests mit Persulfaten räumt Prof. Dr. P. bereits in seinem Gutachten ein, dass die gemessenen Werte eine bronchiale Reaktion nicht eindeutig bestätigten. Darüber hinaus spricht gegen eine Verwertbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse, dass diese nicht durch eine Versuchsanordnung in Annäherung die an die Arbeitsplatzverhältnisse der Klägerin gewonnen wurden. In seinem Ausgangsgutachten hat Prof. Dr. P. keine nähere Beschreibung der Versuchsanordnung gegeben, was Prof. Dr. S. zu Recht bemängelte. In der ergänzenden Stellungnahme vom 13. Mai 2008 gibt Prof. Dr. P. an, die Exposition durch Applikation der Substanz mit einer Fertigspritze in ein Nasenloch durchgeführt zu haben. Diese Vorgehensweise ist entsprechend den Ausführungen von Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2008 als nasales Schleimhauttestverfahren mit einem Friseurstoff als realitätsfremd anzusehen. Bei einer derartigen Testanordnung war zu erwarten, dass es nicht nur zu einer lokalen Schleimhautreaktion kam, sondern auch auf dem Reflexweg zu der von Prof. Dr. P. beobachteten leichten bronchialen Mitreaktion.
Soweit Prof. Dr. P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Mai 2008 das Schwergewicht seiner Einschätzung nunmehr auf anamnestische Angaben der Klägerin und ihre Sensibilisierung gegenüber Brennnessel-Antigenen verlagert und hierzu ausführt, es sei davon auszugehen, dass die Brennnesselexposition im Rahmen der klassischen Antigen-Antikörperreaktion zu einer Inflammation der Schleimhaut geführt habe, die schließlich die chronifizierende Grundlage für ein Asthma bronchiale gelegt habe und durch weitere Berufsstoffe weiter stets getriggert worden sei, überzeugt dies nicht. Denn eine spezifische Reaktion auf diese weiteren Berufsstoffe konnte von keinem Gutachter überzeugend objektiviert werden. Die anamnestischen Angaben, die im Wesentlichen darin bestehen, dass die Klägerin mitteilte, während ihrer Tätigkeit Gesundheitsprobleme gehabt zu haben, die sich in der Freizeit verbesserten, werden durch das Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. S. durchaus bestätigt. Freilich kommt er nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass dies durch den Austausch des brennnesselhaltigen Haarwassers durch ein anderes Produkt hätte vermieden werden können. Ergänzend ist anzumerken, dass bereits Dr. S. davon ausging, dass die Klägerin aufgrund der von ihm diagnostizierten unspezifischen bronchialen Hyperreagibilität und der Rhinopathie - die er allerdings im Unterschied zu Prof. Dr. S. schon im Ansatz nicht als BK bewertete - in ihrer beruflichen Tätigkeit erheblich beeinträchtigt war. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Senat nicht verkennt, dass die Klägerin gesundheitliche Beschwerden bei der Ausübung ihres Berufes hatte. Hinsichtlich der dafür ursächlichen Brennnesselsensibilisierung fehlt es jedoch an einem Unterlassungszwang, eine Ursächlichkeit anderer berufsspezifischer Stoffe konnte nicht objektiviert werden.
Die Überzeugungskraft des Gutachtens von Prof. Dr. S. wird nicht durch den Vorfall vom 4. März 2004, bei dem die Klägerin nach dem Arztbrief des Dr. S. vom gleichen Tag eine Synkope und dadurch bedingt eine diskret dislozierte Nasenbeinfraktur und eine Risswunde an der Nasenwurzel mit Perforation zum Nasengang links erlitt, beeinträchtigt. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich dabei nicht um eine Synkope, sondern um einen anaphylaktischen Schock gehandelt, wird durch keine ärztliche Äußerung belegt. Der Inhalt des eben genannten Arztbriefs spricht dagegen. Auch Prof. Dr. S. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. März 2008 nachvollziehbar dargelegt, dass es insoweit an einer im zeitlich ausreichenden Zusammenhang stehenden anaphylaktischen Reaktion fehlt. Schon im Hauptgutachten hatte Prof. Dr. S. ferner darauf hingewiesen, dass häufig dokumentierte niedrige Werte für das PCO2 als Ausdruck einer ständigen, klinisch latenten Hyperventilation zu sehen sind. Die Klägerin hatte ihm gegenüber zudem von zeitweisen Missempfindungen im Mundbereich, im Bereich der Hände und Füße im Sinne von Kribbelparästhesien und Taubheitsgefühl berichtet. Eine Behandlung wegen Schwindel im Jahr 1999 hat im Übrigen bereits Dr. E. in seinem Befundbericht vom 12. Juli 2000 erwähnt. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin nach diesem Vorfall in erheblicher Weise gesundheitlich beeinträchtigt war und sich diese Beeinträchtigung ausgerechnet auf ein Organ bezog, das im Rahmen der Begutachtung eine besondere Rolle spielte. Prof. Dr. S. hat diesen Umstand in seinem Gutachten aber keineswegs verschwiegen. Er wies darauf hin, dass Nasentests während der letzten beiden Untersuchungstage wegen der Verletzung nicht mehr möglich waren. Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass die Begutachtung nicht fortgesetzt worden wäre, wenn sie keinen Sinn mehr gehabt hätte. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin ausdrückliche Einwendungen deswegen erst über zwei Jahre nach der durchgeführten Begutachtung erhob. Die bei den Tests vorhandene eingeschränkte bzw. blockierte Nasenatmung ist im Gutachten von Prof. Dr. S. sorgfältig dokumentiert worden. Zu beachten ist, dass bei den Tests nicht nur die Nasenatmung von Bedeutung war, sondern u.a. auch Auswirkungen im Bronchialbereich zu testen waren. Nasentestungen konnten ordnungsgemäß vor dem Vorfall durchgeführt werden. Im Übrigen trug Prof. Dr. P. erst im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme vor, im Rahmen seiner Testung hätten ausreichende nasale Strömungsverhältnisse vorgelegen. Dies, nachdem Prof. Dr. S. ihm gegenüber bemängelt hatte, dass es in seinem Gutachten an entsprechenden Angaben fehle.
Auch die von Prof. Dr. S. abweichende Auffassung von Dr. R. überzeugt den Senat nicht. Hinsichtlich seiner Begutachtung hat Dr. S. auf Bedenken hinsichtlich der Versuchsanordnung, hier insbesondere wegen einer zu langen Expositionsdauer und dem fehlenden Einsatz von Kontrolllösungen hingewiesen. Eine eingehendere Erörterung des Inhalts des Gutachtens von Dr. R. hält der Senat jedoch nicht für erforderlich, da Dr. R. selbst auf Prof. Dr. S. als erfahreneren Gutachter, dem Arbeitsplatz imitierende Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen, hingewiesen hat.
Mithin kann keine BK festgestellt werden.
2. Dementsprechend kommt auch die Gewährung einer Verletztenrente nicht in Betracht. Anzumerken ist dabei, dass nach § 56 SGB VII die Gewährung einer Verletztenrente eine MdE um wenigstens 20 v. H. vorausgesetzt hätte. Von einer MdE von 20. v. H. ist lediglich Dr. R. ohne weitere Begründung ausgegangen. Hingegen hat Prof. Dr. P. unter Hinweis auf eine normale Basis-Lungenfunktion und eine nicht wesentlich eingeschränkte Belastbarkeit bis 100 Watt eine MdE in rentenberechtigendem Maß als nicht gegeben angesehen. Auch Prof. Dr. S. führte für den Fall einer fiktiven Anerkennung einer BK aus, die MdE läge unter 20 v. H. da die Lungenfunktion auch ohne bronchial wirksame Medikation uneingeschränkt sei. Damit könnte dem Begehren der Klägerin auf Gewährung einer Verletztenrente selbst bei Unterstellung einer BK nicht Rechnung getragen werden.
Die Berufung war in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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