L 13 AS 5539/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 4234/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5539/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2007 insoweit aufgehoben, als die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2006 und unter Änderung des Bewilligungsbescheids vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2006 verurteilt worden ist, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 25. April 2006 bis zum 30. April 2006 in Höhe von insgesamt 58,08 EUR sowie für Mai 2006 über die Höhe von 660,22 EUR hinaus und für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Oktober 2006 über die Höhe von monatlich 671,48 EUR hinaus zu gewähren. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet den Klägern ein 1/5 ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Kläger in der Zeit vom 25. bis 30. April 2006 Anspruch auf Leistungen nach den Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hatten und in welcher Höhe ihnen diese in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2006 zustanden.

Der Kläger zu 2 ist seit 1. April 2006 als Soft- und Hardwareberater selbständig tätig. Zur Aufnahme dieser selbständigen Tätigkeit bewilligte ihm die Agentur für Arbeit T. mit Bescheid vom 13. April 2006 einen Existenzgründungszuschuss von monatlich 600,00 EUR für den Zeitraum 1. April 2006 bis zum 31. März 2007.

Am 25. April 2006 beantragte die Klägerin zu 1 für sich und den Kläger zu 2 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1 bezog in der Zeit vom 1. Dezember 2004 bis zum 2. Mai 2006 Arbeitslosengeld I in Höhe von 923,40 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 5. Juli 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum 25. April 2006 bis 30. April 2006 mangels Hilfebedürftigkeit ab. Mit weiterem Bescheid vom 5. Juli 2006 bewilligte die Beklagte den Klägern monatliche Leistungen für den Zeitraum 1. Mai 2006 bis 31. Mai 2006 in Höhe von 480,79 EUR und für den Zeitraum 1. Juni 2006 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 542,35 EUR monatlich. Dabei rechnete die Beklagte den monatlichen Existenzgründungszuschuss des Klägers zu 2 nach Abzug der Versicherungspauschale von 30,00 EUR in Höhe von 570,00 EUR/Monat als Einkommen an. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin zu 1 am 13. Juli 2006 Widerspruch mit der Begründung ein, dass der Existenzgründungszuschuss nicht in voller Höhe als Einkommen berücksichtigt werden könne. Vielmehr seien die Beiträge zur Sozialversicherung vom Existenzgründungszuschuss abzuziehen.

Mit Änderungsbescheid vom 9. November 2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für Mai 2006 in Höhe von 535,27 EUR und für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 593,48 EUR monatlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, dass für den Zeitraum vom 25. April 2006 bis 30. April 2006 ein anteiliger Bedarf für sechs Tage in der Höhe von 124,40 EUR (6/30 von 2 x 311,00 EUR Regelleistung) einem anteiligen Einkommen für sechs Tage in Höhe von 288,62 EUR (6/30 von 1.443,10 EUR Alg I + Existenzgründungszuschuss) gegenüberstünde und somit Hilfebedürftigkeit für diesen Zeitraum nicht vorliege. Ein Bedarf bezüglich der Kosten der Unterkunft werde seitens der Beklagten verneint, da die Miete im Zeitpunkt der Antragstellung (25. April 2006) entsprechend dem Mietvertrag am Monatsanfang bereits gezahlt worden sei. Für Mai 2006 bestünde ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.163,48 EUR (2 x Regelleistung zu 311,00 EUR; Mehrbedarf Ernährung in Höhe von 51,13 EUR; Kosten der Unterkunft 490,35 EUR). Demgegenüber sei ein Gesamteinkommen in Höhe von 628,21 EUR (anteiliges Alg abzüglich anteiliger Versicherungspauschale und Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 58,21 EUR; Existenzgründungszuschuss in Höhe von 570,00 EUR) erzielt worden. Nach Wegfall des Alg-Anspruchs der Klägerin zu 1 zum 2. Mai 2006 ergebe die Berechnung bei gleichbleibendem Gesamtbedarf (1.163,48 EUR) ein Gesamteinkommen in Höhe von 570,00 EUR. Somit liege ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 593,48 EUR vor. Beiträge des Klägers zu 2 zur Kranken- und Rentenversicherung seien bei der Anrechnung des Existenzgründungszuschusses nicht zu berücksichtigen gewesen.

Die Kläger haben ihr Begehren weiterverfolgt und am 16. November 2006 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Zur Begründung der Klage haben sie Bezug auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren genommen und einen den Kläger zu 2 betreffenden Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 24. Oktober 2007 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2006 und Änderung des Bewilligungsbescheides vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2006 verurteilt, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum 25. April 2006 bis 30. April 2006 in Höhe von insgesamt 58,08 EUR, für Mai 2006 in Höhe von insgesamt 1.152,22 EUR und für den Zeitraum 1. Juni 2006 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von insgesamt 1.163,48 EUR monatlich zu gewähren. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der dem Kläger zu 2 gewährte Existenzgründungszuschuss sei nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen auf die Grundsicherungsleistung nach dem SGB II anzurechnen. Ohne Berücksichtigung des Existenzgründungszuschusses ergebe sich ein Leistungsanspruch der Kläger für den Zeitraum 1. Juni 2006 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 1.163,48 EUR monatlich. Bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Kläger sei im Mai 2006 zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Abzug der Versicherungspauschale (§ 4 Alg II-Verordnung) und der monatlichen Kfz-Haftpflichtversicherung (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II) nicht anteilig für zwei Tage, sondern in voller Höhe (Versicherungspauschale 30,00 EUR, Kfz-Haftpflicht monatlich 20,30 EUR) vom Einkommen der Klägerin zu 1 in Höhe von 61,56 EUR aus dem Bezug von Alg bis 2. Mai 2006 zu erfolgen habe. Ein lediglich anteiliger Abzug widerspreche dem Zuflussprinzip und der darauf aufbauenden Durchführungsverordnung der Beklagten zu § 11 Ziffer 2.3 (6). Somit ergebe sich unter Außerachtlassung des Existenzgründungszuschusses des Klägers zu 2 und des bereinigten Gesamteinkommens in Höhe von 11,26 EUR (61,56 EUR Alg I abzüglich Versicherungspauschale 30,00 EUR und Kfz-Haftpflichtversicherung 20,30 EUR) ein Leistungsanspruch in Höhe von 1.152,22 EUR. Für den Zeitraum vom 25. April 2006 bis zum 30. April 2006 seien entgegen der Auffassung der Beklagten auch die (unstreitigen) angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 490,35 EUR als Bedarf zu berücksichtigen. Des Weiteren sei der Mehrbedarf für Ernährung bezüglich des Klägers zu 2 zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs des Klägers zu 2 (51,13 EUR), der angemessenen Kosten der Unterkunft (490,35 EUR) und den Regelleistungen (2 x 311,00 EUR) ergebe dies ein Gesamtbedarf der Kläger auf den gesamten Monat April 2006 betrachtet in Höhe von 1.163,48 EUR. Dem stehe unter Außerachtlassung des Existenzgründungszuschusses des Klägers zu 2 ein bereinigtes Gesamteinkommen in Höhe von 873,10 EUR gegenüber. Der ungedeckte Bedarf für den gesamten Monat betrage insoweit 290,38 EUR und anteilig für sechs Tage aufgrund der Antragsstellung am 25. April 2006 gerundet 58,08 EUR.

Gegen diesen ihr am 31. Oktober 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 22. November 2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Oktober 2007 insoweit aufzuheben, als sie unter Aufhebung der Bescheide vom 5. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2006 und Änderung des Bescheids von 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2006 verurteilt wurde, den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 25. April 2006 bis zum 31. Oktober 2006 ohne Abzug des Existenzgründungszuschusses des Klägers zu 2 zu gewähren.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Berufungsakte, die Gerichtsakte des SG und die die Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Die Summe der Beschwer wird erreicht, da die Beklagte sich mit der Berufung gegen die angegriffene Entscheidung wendet, soweit sie verurteilt wurde für die Zeit vom 25. bis 30. April 2006 insgesamt 58,08 EUR und für Mai 2006 1.152,22 EUR statt 582,22 EUR sowie für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Oktober 2006 in Höhe von monatlich 1.163,48 EUR statt 593,48 EUR zu gewähren (vgl. unten). Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden ist.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 24. Oktober 2007, soweit sie unter Aufhebung des Versagungsbescheids vom 5. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2006 sowie unter Änderung des Bewilligungsbescheids vom 5. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2006 ohne Anrechnung des dem Kläger zu 2 seit dem 1. April 2006 gewährten Gründungszuschuss als Einkommen verurteilt wurde, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 25. April 2006 bis zum 30. April 2006 in Höhe von insgesamt 58,08 EUR, für Mai 2006 in Höhe von insgesamt 1.152,22 EUR und für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Oktober 2006 in Höhe von monatlich 1.163,48 EUR zu gewähren.

Soweit das SG festgestellt hat, dass die Kläger grundsätzlich leistungsberechtigt im Sinne des SGB II sind, wendet sich die Berufung hiergegen nicht. Sie greift auch die Höhe des zugrunde gelegten Bedarfs sowie das ermittelte sonstige Einkommen - mit Ausnahme des Existenzgründungszuschusses - sowie die hiervon gemachten Abzüge nicht an. Die Berufung macht auch nicht geltend, dass ein Gewinn aus selbständiger Tätigkeit oder Vermögen zu berücksichtigen gewesen wäre. Die Berufung der Beklagten wendet sich ausschließlich dagegen, dass das SG bei der Prüfung der Bedürftigkeit und der Ermittlung der Höhe des Leistungsanspruchs den dem Kläger zu 1 zufließenden Existenzgründungszuschuss nicht berücksichtigt hat. Sie macht unter Bezugnahme auf ihre Bescheide und ihr erstinstanzliches Vorbringen insoweit geltend, dass bei dem dem monatlichen Bedarf in Höhe von 1.163,48 EUR (Regelleistungen, Mehrbedarf Ernährung, Kosten für Unterkunft und Heizung) gegenüberzustellenden, zu berücksichtigenden Einkommen der dem Kläger zu 2 gewährte Existenzgründungszuschuss in Höhe von 570,00 EUR (600,00 EUR abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR) hinzuzurechnen sei. Hiervon ausgehend hätten die Kläger in der Zeit vom 25. April bis zum 30. April 2006 keinen Leistungsanspruch gehabt, da sie im April 2006 über ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen in Höhe von 1.443,10 EUR verfügten, so dass sich im Hinblick auf den Bedarf in Höhe von 1.163,48 EUR auch kein anteiliger Anspruch nach § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II für die Zeit vom 25. April bis zum 30. April 2006 ergibt. Bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Kläger für Mai 2006 wäre bei Berücksichtigung des Existenzgründungszuschusses des Klägers zu 2 in Höhe von 570,00 EUR dem vom SG zugrunde gelegten bereinigten Gesamteinkommens in Höhe von 11,26 EUR der Betrag in Höhe von 570,00 EUR hinzuzurechnen, so dass sich im Hinblick auf den Bedarf in Höhe von 1.163,48 EUR ein Leistungsanspruch in Höhe von 582,22 EUR ergebe. Für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Oktober 2006 ist das SG davon ausgegangen, dass außer dem Existenzgründungszuschuss kein Einkommen von den Klägern erzielt wurde. Berücksichtigt man diesen wiederum in Höhe von 570,00 EUR, ergebe sich insoweit ein monatlicher Leistungsanspruch der Kläger für den Zeitraum 1. Juni 2006 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 593,48 EUR monatlich.

Die hierauf beschränkte Berufung ist teilweise begründet. Die Beklagte hat zu Recht den vom Kläger zu 2 bezogenen Existenzgründungszuschuss als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bei der Berechnung der den Klägern zu gewährenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts berücksichtigt. Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II sowie von speziellen Renten- und Beihilfeleistungen, die hier nicht einschlägig sind. Einkommen im Sinne dieser Vorschrift ist auch der Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III. Er erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Einkommensberücksichtigung nach § 11 Abs. 3 SGB II.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat hierzu in seinem Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 16/06 R (veröffentlicht in Juris) ausgeführt: "Der Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III bleibt nicht als zweckbestimmte Einnahme gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II von der Berücksichtigung als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgenommen. Er dient demselben Zweck wie das Arbeitslosengeld II (Alg II), nämlich der Sicherstellung des Lebensunterhalts (im Ergebnis ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 26. April 2007 - L 26 B 550/07 AS ER; 16. Dezember 2005 L 25 B 1267/05 AS ER; 6. Dezember 2005 - L 10 B 1144/05 AS ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. November 2005, Breithaupt 2006, 591, 593; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. Juni 2005, FEVS 57, 184, 185 f.; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand November 2007, K § 11 RdNr. 266b; Schmidt in Oestreicher, SGB II, Stand September 2007, § 11 RdNr. 126; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 29 RdNr. 5, 11; aA LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. September 2007 - L 7 AS 880/06; Hessisches LSG, Beschluss vom 4. Dezember 2006, ZFSH/SGB 2007, 221, 223; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. Juni 2005, FEVS 57, 253; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. September 2006 - L 20 B 178/06 AS ER; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 RdNr. 52).

Eine Leistung ist dann zweckbestimmt i.S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II, wenn ihr vom Gesetzgeber erkennbar eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist, die im Fall der Anrechnung der Leistung auf das Alg II zu einer Zweckvereitelung führen würde (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 3 RdNr. 17 zum Erziehungsbeitrag nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch; vgl. auch zur Frage der Anrechnung einer zweckgebundenen Leistung auf die Arbeitslosenhilfe BSG SozR 4100 § 138 AFG Nr. 5 S. 21 f; BSG SozR 4100 § 138 AFG Nr. 13 S. 53; BSGE 66, 134, 137 = SozR 3-4100 § 138 Nr. 1 S. 4; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 2 S. 10). Die Vorschrift soll aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (vgl. BSG Urteil vom 5. September 2007 - B 11b AS 15/06 R; Urteile des Senats vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 62/06 R - und - B 14/7b AS 20/07 R - zur Berücksichtigung von Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung). Der Wortlaut des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II unterscheidet sich insofern von der entsprechenden Vorschrift im Sozialhilferecht, als § 83 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (vormals § 77 Bundessozialhilfegesetz (BSHG)) einen in öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausdrücklich genannten Zweck fordert. Eine solche explizite Zweckbestimmung findet sich, anders als beim Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III a.F. (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004), in § 421 l SGB III nicht. Sie ist nach der weiteren Formulierung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, der keine ausdrückliche Benennung eines Zwecks fordert, auch nicht notwendig. Die Gesetzesfassung erklärt sich aus dem Bestreben, zweckidentische Leistungen unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber will im Rahmen der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II grundsätzlich sämtliche Zahlungen mit Entgeltfunktion erfassen. Dies wird vor allem aus § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II deutlich. Für die dort aufgeführten Renten und Beihilfen gilt: Es werden nur die Grundrenten von einer Einkommensanrechnung ausgenommen, nicht aber die nach den genannten Gesetzen zu zahlenden weiteren Leistungen, also solche, die - abstellend auf die betreffende Einkommensminderung - ihrerseits erkennbar Entgeltersatzfunktion haben (vgl. BSG aaO).

Das Alg II dient der Sicherung des Lebensunterhalts von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann (BT-Drucks. 15/1516 S. 56; vgl. BSG Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 3 RdNr. 17). Auf diese Absicherung ist auch der Existenzgründungszuschusses ausgerichtet. Zwar ergibt sich dies anders als beim früheren Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III a.F. nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 421 l Abs. 1 SGB III. Danach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Dieser Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer (Nr. 1) in engem Zusammenhang mit der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden ist, (Nr. 2) nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch erzielen wird, das voraussichtlich 25.000,- Euro im Jahr nicht überschreiten wird und (Nr. 3) eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat. Der Zuschuss wird gemäß § 421 l Abs. 2 SGB III bis zu drei Jahren erbracht und jeweils längstens für ein Jahr bewilligt. Er beträgt im ersten Jahr nach Beendigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600,- Euro, im zweiten Jahr monatlich 360,- Euro und im dritten Jahr monatlich 240,- Euro. Dem Wortlaut des § 421 l Abs. 1 Satz 1 SGB III kann allenfalls insofern ein Hinweis entnommen werden, als der Begriff "Zuschuss" darauf hindeutet, dass es sich nur um eine zusätzliche Leistung handelt, mit der nicht der gesamte Bedarf für einen bestimmten Zweck gedeckt wird. Dem entspricht die Pauschalierung der Leistung, die nicht an die Höhe der zuvor bezogenen Entgeltersatzleistungen anknüpft und nicht nach dem konkreten individuellen Bedarf bemessen wird.

Die Zweckidentität von Existenzgründungszuschuss und Regelleistung ergibt sich aber aus der Intention des Gesetzgebers und der systematischen Stellung der Leistung nach § 421 l SGB III. Nach dem allgemeinen Teil der Begründung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. November 2002 (BT-Drucks 15/26 S. 19), mit dem der Existenzgründungszuschuss in das SGB III eingeführt wurde, war generelles politisches Ziel die Anregung der Gründung selbstständiger Existenzen ("Ich-AG"). Dieser Handlungsansatz, so heißt es in der Begründung weiter, sei zudem, wie auch die übrigen in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen, geeignet, die Schwarzarbeit im Dienstleistungssektor wirkungsvoll zurückzudrängen. Damit ist allerdings lediglich das übergeordnete politische Ziel benannt, jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, welchem konkreten Zweck die einzelnen Leistungen dienen sollen. Der aus dieser allgemeinen Zielsetzung gezogene Schluss, der Existenzgründungszuschuss diene anders als das Überbrückungsgeld nicht der Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 4. Dezember 2006, ZFSH/SGB 2007, 221, 226; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. Juni 2005, FEVS 57, 253, 254 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. September 2006 - L 20 B 178/06 AS ER; Sächsisches LSG, Beschlüsse vom 24. Juli 2006 - L 3 B 151/06 AS-ER und vom 10. Januar 2006 - L 3 B 233/05 AS-ER; Marschner in GK-SGB III, Stand November 2007, § 421 l RdNr. 4; Becker in PK-SGB III, 2. Aufl. 2004, § 421 l RdNr. 6), greift zu kurz und berücksichtigt nicht hinreichend die weiteren Begründungen des Gesetzgebers.

Zum Existenzgründungszuschuss heißt es im besonderen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 15/26 S. 22 zu § 421 m), durch ihn erfolge die Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Beschäftigung für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitslosigkeit beenden. Den Zuschuss könnten die Inhaber der Ich-AG für ihre Beitragszahlungen zur Sozialversicherung verwenden. Der Existenzgründungszuschuss sollte Arbeitsuchenden einen sozial abgesicherten Start in die Selbstständigkeit gewährleisten (vgl. Plenarprotokoll 15/8 S. 397). Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Zuschuss den Existenzgründer allein in die Lage versetzen sollte, die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Mit dem Hinweis auf die Beitragszahlung ist im Gesetzgebungsverfahren nur eine Verwendungsmöglichkeit unter anderen genannt worden.

Schon wegen seiner Höhe umfasst der Existenzgründungszuschuss mehr als die Beiträge zur Sozialversicherung. Sie ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 15/26 S. 23) in etwa nach der Hälfte der Summe aus dem durchschnittlichen monatlichen Arbeitslosengeld und den darauf entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen zur Jahresmitte 2002 bemessen. Es entspricht dem Förderziel der Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen, dass zunächst die wegfallenden staatlichen Leistungen, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, mit denen in aller Regel der Lebensunterhalt bestritten wurde, ersetzt werden sollten. Auch im Hinblick auf die Höhe der Leistungen nach dem SGB II mit einem Regelsatz in Höhe von damals 345,- Euro monatlich (§ 20 Abs. 2 SGB II) zuzüglich angemessener Kosten der Unterkunft (§ 22 SGB II) kann bei pauschalierender Betrachtung von einer Unterhaltssicherung des Leistungsempfängers ausgegangen werden. Als Versicherungsleistung nach dem SGB III knüpft der Existenzgründungszuschuss allein an die Person des Leistungsempfängers an, nicht an die Bedarfssituation einer Bedarfsgemeinschaft, sodass die fehlende Bedarfssicherung für eine Bedarfsgemeinschaft nicht gegen die grundsätzlich unterhaltssichernde Funktion der Leistung spricht.

Hinsichtlich der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge ist weiter zu berücksichtigen, dass für Existenzgründer mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I 2002, 4621) auch besondere Regelungen für die Beitragsbemessung in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung geschaffen wurden. Nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bemisst sich der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei selbstständig Tätigen bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Tag der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit grundsätzlich nach 50 v.H. der Bezugsgröße. § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet die Möglichkeit, die Bemessung nach einem tatsächlich geringeren Arbeitseinkommen vorzunehmen, mindestens sind monatlich 400,- Euro zu Grunde zu legen. Auf dieser Mindestbeitragsbemessungsgrundlage hat der Kläger zu 2) Beiträge in Höhe von 78,- Euro monatlich entrichtet, die die Beklagte auch zutreffend in Abzug gebracht hat. Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch gilt für Bezieher eines Existenzgründungszuschusses nach § 421 l SGB III der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag. Der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße betrug im Jahr 2002 39,09 Euro, was für den mit 30 Tagen anzusetzenden Kalendermonat bei einem Beitragssatz von 14 vom Hundert einen Monatsbeitrag von 164,10 Euro ergab (BT-Drucks 15/26 S. 26). Angesichts dieser besonderen Vorschriften für die Beitragsbemessung ist nicht davon auszugehen, dass im Regelfall die zu zahlenden Beiträge zur Sozialversicherung den Existenzgründungszuschuss gänzlich oder zum überwiegenden Teil aufzehren. Bestätigt wird die Einschätzung durch die Regelung der Leistungshöhe des ab dem 1. August 2006 an die Stelle des Überbrückungsgeldes und des Existenzgründungszuschusses getretenen Gründungszuschusses nach § 57 SGB III (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706) hierzu Link SGb 2007, 17; ders. in Link/Kranz, Der Gründungszuschuss für Existenzgründer, 2007, 1. Teil RdNr. 20). Dieser wird in den ersten neun Monaten in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zuzüglich weiterer 300,- Euro monatlich gewährt. Der Betrag von 300,- Euro soll dem Arbeitnehmer zur sozialen Sicherung dienen, mithin die Tragung der Versicherungsbeiträge ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/1696 S. 31 zu § 58).

Dass der Gesetzgeber dem Existenzgründungszuschuss einen unterhaltssichernden Zweck beigemessen hat, ist aber vor allem der Begründung zur Regelung des § 421 l Abs 4 SGB III (BT-Drucks 15/26 S. 23 zu Abs 4) zu entnehmen, wonach die Förderung mit einem Existenzgründungszuschuss ausgeschlossen ist, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III gefördert wird. Mit dem Überbrückungsgeld bestehe eine weitere, dem Zweck nach gleich gerichtete Leistung an Arbeitnehmer im Dritten Buch. Durch den Anspruchsausschluss bei Förderung nach § 57 SGB III werde eine Doppelförderung ausgeschlossen. In § 57 Abs. 1 SGB III heißt es ausdrücklich, dass Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld haben. Der Hinweis auf die Zweckidentität der Leistungen macht deutlich, dass auch der Existenzgründungszuschuss unterhaltssichernde Funktion haben soll, auch wenn dies, anders als in § 57 SGB III, nicht ausdrücklich im Gesetzestext des § 421 l SGB III festgelegt ist. Dass mit dem Zweck im Sinne dieser Begründung nicht die Unterhaltssicherung, sondern lediglich allgemein die Förderung der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gemeint sein soll (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. September 2006 - L 20 B 178/06 AS ER), lässt sich weder mit der Entstehungsgeschichte, noch mit dem Leistungsausschluss nach § 421 l Abs. 4 Nr. 1 SGB III vereinbaren. Würde der Existenzgründungszuschuss tatsächlich, wie das LSG Nordrhein-Westfalen aaO meint (so auch Sächsisches LSG im Beschluss vom 10. Januar 2006 - L 3 B 233/05 AS-ER sowie Hessisches LSG im Beschluss vom 24. April 2007 - L 9 AS 284/06 ER) und wofür es in den Gesetzesmaterialien keinerlei Anhaltspunkte gibt, der Anschaffung und dem Unterhalt von Betriebsmitteln dienen, gäbe es keinen Grund, den Zuschuss nicht neben dem der Unterhaltssicherung dienenden Überbrückungsgeld zu zahlen. Die gleichzeitige Gewährung von Überbrückungsgeld (§ 57 SGB III) und Existenzgründungszuschuss (§ 421 l SGB III) ist ausdrücklich ausgeschlossen, weil sich diese Leistungen hinsichtlich ihrer Zielrichtung überschneiden.

Die Zweckidentität von Existenzgründungszuschuss und Alg II hat der Gesetzgeber in der Begründung für die Herausnahme des Existenzgründungszuschusses aus dem Leistungskatalog des § 16 SGB II durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I 2014) bestätigt. In der Ursprungsfassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 schloss § 22 Abs. 4 SGB III die Erbringung von Leistungen ua nach § 421 l SGB III von der Agentur für Arbeit an solche erwerbsfähige Hilfebedürftige aus, für die entsprechende Leistungen in § 16 SGB II vorgesehen sind, damit dies nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehe (BT-Drucks. 15/1516 S. 69 zu Nr. 4). Diese Vorschrift korrespondierte mit der gleichzeitig eingeführten Fassung des § 16 Abs. 1 SGB II, damit für die Bezieher von Alg II als Eingliederungsleistung auch ein Existenzgründungszuschuss erbracht werden konnte (BT-Drucks 15/1749 S. 32 zu Art. 1 § 16 Abs. 1). Die Vorschriften sind noch vor ihrem Inkrafttreten durch das Kommunale Optionsgesetz wieder geändert worden; § 421 l SGB III ist sowohl aus der Ausschlussvorschrift des § 22 Abs. 4 SGB III als auch aus dem Leistungskatalog des § 16 Abs. 1 SGB II gestrichen worden. Damit sollte klargestellt werden, dass die Leistungen des Überbrückungsgeldes und des Existenzgründungszuschusses ausschließlich im Dritten Buch aufgeführt bleiben und insoweit auch grundsätzlich für Leistungsbezieher nach dem Zweiten Buch offen stehen sollen. Die Leistungen seien nicht auf die Systematik des Zweiten Buches übertragbar, weil sie trotz ihrer lebensunterhaltssichernden Funktion bei Verbleib im Leistungskatalog des § 16 Abs. 1 SGB II kumulativ zum Alg II zu zahlen wären (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom 28. April 2004, BT-Drucks. 15/2997, S. 24 zu Art. 1 Nr. 9a). Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II sind nämlich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ("mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch") bei Geldleistungen des Zweiten Buches nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Stattdessen wurde das Einstiegsgeld gemäß § 29 Abs. 1 SGB II ausdrücklich auf die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erstreckt, um Beziehern von Grundsicherungsleistungen ein vergleichbares Instrumentarium zur Verfügung zu stellen (BT-Drucks. 15/2997, S. 24 zu Art. 1 Nr. 9a). Damit wurde zugleich klargestellt, dass der Existenzgründungszuschuss als Einkommen im Rahmen des § 11 Abs. 1 SGB II Berücksichtigung finden soll. Dies führt entgegen der Auffassung des LSG nicht zu einem Wertungswiderspruch, sondern ist Ausdruck des in § 5 Abs. 1 SGB II normierten Nachrangs der SGB II-Leistungen gegenüber dem beitragsfinanzierten Existenzgründungszuschuss.

Auch der Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 31. Mai 2006 zur Neufassung des § 57 SGB III durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I 1706) unterstreicht die unterhaltssichernde Funktion des Existenzgründungszuschusses (BT-Drucks. 16/1696 S. 30). Dort wird darauf abgestellt, dass die Sicherung des Lebensunterhalts zu Beginn der selbstständigen Tätigkeit das größte Problem für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit darstelle. Das wegfallende Arbeitslosengeld müsse kompensiert werden. Erfahrungen mit dem Existenzgründungszuschuss zeigten darüber hinaus, dass die soziale Absicherung auch für Selbstständige bedeutsam werde. Der neue Gründungszuschuss trete an die Stelle von Überbrückungsgeld und Existenzgründungszuschuss, die für unterschiedliche Zielgruppen von Arbeitslosen attraktiv gewesen seien. Hieraus wird einmal mehr deutlich, dass sich beide Förderleistungen an denselben Personenkreis mit derselben Zwecksetzung richten. Welches der unterschiedlich ausgestalteten Förderinstrumente im konkreten Fall günstiger war, hing von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa von der Höhe der zuvor bezogenen Entgeltersatzleistungen.

Dass der Existenzgründungszuschuss wegfällt, wenn ein Einkommen von mehr als 25.000,- Euro erzielt wird, stützt ebenfalls die Annahme seiner unterhaltssichernden Funktion. Zwar handelt es sich um eine erhebliche Summe; dass der Zuschuss neben Einkommen bis zu 25.000,- Euro treten kann, folgt aber schon daraus, dass er nach seiner Höhe keine vollumfänglich bedarfsdeckende Funktion hat. Zu Recht weist die Beklagte außerdem darauf hin, dass die in § 421 l Abs. 1 Nr. 2 SGB III vorgesehene Obergrenze von 25.000,- Euro für das zu erwartende Jahreseinkommen den Zweck der Lebensunterhaltssicherung unterstreicht, weil oberhalb dieser Grenze der Lebensunterhalt als gedeckt angesehen werden muss. Dieser Gedanke wird beim Blick auf das kaum höhere vorläufige Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung im Jahr 2003 in Höhe von 29.230,- Euro bestätigt (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2003 vom 17. Dezember 2002, BGBl. I 4561).

Schließlich überzeugt auch der Hinweis der Beklagten auf den nach § 421 l Abs. 1 Nr. 3 SGB III erforderlichen Nachweis einer tragfähigen Existenz. Das Gesetz stellt insofern nicht darauf ab, ob prognostisch die Betriebsausgaben gedeckt werden, sondern ob mit dem Existenzgründungszuschuss nur eine vorübergehende soziale Abfederung in der Gründungsphase erfolgt. Für die Frage der Tragfähigkeit ist wie beim Überbrückungsgeld nach § 57 SGB III zu fragen, ob zu erwarten ist, dass die selbstständige Tätigkeit auf Dauer eine ausreichende Lebensgrundlage bilden wird (vgl. Götze in GK-SGB III, Stand November 2007, § 57 RdNr. 16; Winkler in Gagel, SGB III, Stand September 2007, § 421 l RdNr. 13 f.)."

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

Damit war der Existenzgründungszuschuss des Klägers zu 2 grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. Allerdings waren neben der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR (Werbungskosten scheiden im Übrigen bei einer selbständigen Tätigkeit aus, weil sie bereits bei der Gewinnermitteilung von den zu berücksichtigenden Einnahmen in Abzug gebracht werden, vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 19. März 2007 - L 13 AS 5728/06 ER-B -; auch können Verluste aus selbständiger Tätigkeit nicht mit dem Existenzgründungszuschuss, sondern nur mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit verrechnet werden, vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2008 - L 20 B 223/07 ER -veröffentlicht in Juris) die Mindestbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung in Abzug zu bringen, nachdem in den maßgeblichen Zeiträumen kein Gewinn als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt wurde. In Bezug auf die Krankenversicherung bestimmt § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, dass für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze gilt, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil, für freiwillige Mitglieder die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III haben, der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße betrug im Jahre 2006 40,83 EUR, was für den mit 30 Tagen anzusetzenden Kalendermonat bei einem ermäßigten Beitragssatz für Selbständige in der BKK Gesundheit von 13 v.H. einen Monatsbeitrag von 159,24 EUR. Für die Rentenversicherung bestimmt § 165 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), dass sich der Beitrag bei selbständig Tätigen bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Tag der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit grundsätzlich nach 50 v.H. der Bezugsgröße bemisst. § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet die Möglichkeit, die Bemessung nach einem tatsächlich geringeren Arbeitseinkommen vorzunehmen, mindestens sind monatlich 400,00 EUR zu Grunde zu legen. Von dieser Mindestbeitragsbemessungsgrundlage ist hier auszugehen, so dass für die Rentenversicherung des Klägers zu 2 bei einem Beitragssatz von 19,5 % Beiträge in Höhe von 78,00 EUR zu berücksichtigen waren. Im Ergebnis war der Existenzgründungszuschuss damit in Höhe von 332,76 EUR (600,00 EUR - 30,00 EUR - 159,24 EUR - 78,00 EUR) als Einkommen zu berücksichtigen.

Damit hatten die Kläger in der Zeit vom 25. April bis zum 30. April 2006 keinen Leistungsanspruch gehabt, da sie im April 2006 über ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen in Höhe von 1.205,86 EUR verfügten, so dass sich im Hinblick auf den Bedarf in Höhe von 1.163,48 EUR auch kein anteiliger Anspruch nach § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II für die Zeit vom 25. April bis zum 30. April 2006 ergibt. Bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Kläger für Mai 2006 ist bei Berücksichtigung des Existenzgründungszuschusses des Klägers zu 2 dem vom SG zugrunde gelegten bereinigten Gesamteinkommens in Höhe von 11,26 EUR der Betrag in Höhe von 492,00 EUR (600,00 EUR - 30,00 EUR - 78,00 EUR) hinzuzurechnen. Die Krankenversicherung bleibt für die Höhe der Leistungen außer Betracht, weil der Kläger zu 2 während des Leistungsbezugs durch die Beklagte gesetzlich versichert ist. Dagegen wurde die Rentenversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 10 SGB VI nicht durch die Rentenversicherungspflicht während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI in den hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassungen verdrängt. Nach der genannten, durch Artikel 4 Nr. 1 Buchstabe a bb des Gesetzes vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I 4621) mit Wirkung vom 1. Januar 2003 eingeführten Regelung unterliegen alle selbständig tätigen Personen für die Dauer des Bezugs eines Zuschusses nach § 421 l SGB III der Rentenversicherungspflicht. Diese Versicherungspflicht trat ab 1. August 2004 auch dann ein, wenn die selbständige Tätigkeit nur im geringfügigen Umfang ausgeübt wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 2004 – BGBl. I S. 1791 -, in Kraft getreten am 1. August 2004). Mit der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB VI hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er eine umfassende Einbeziehung aller Bezieher eines Existenzgründungszuschusses nach § 421 l SGB III in die gesetzliche Rentenversicherung anstrebt. Dies hat zur Folge, dass sich diese Personen, zu denen der Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum zählte, auch dann nicht auf eine sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ergebende Versicherungsfreiheit berufen konnten, wenn sie ohne den Bezug eines solchen Zuschusses in der jeweiligen Tätigkeit versicherungsfrei wären. Die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI entfiel hierdurch nicht. Erst mit Wirkung zum 1. Januar 2007 wurde die Regelung des § 3 Satz 1 Nr. 3a lit. e SGB VI zur Vermeidung einer Doppelversicherung eingeführt.

Hiervon ausgehend ergibt sich im Hinblick auf den Bedarf in Höhe von 1.163,48 EUR ein Leistungsanspruch in Höhe von 660,22 EUR. Auch für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Oktober 2006 ist die Beklagte und das SG davon ausgegangen, dass außer dem Existenzgründungszuschuss kein Einkommen von den Klägern erzielt wurde. Berücksichtigt man diesen, ergibt sich insoweit ein monatlicher Leistungsanspruch der Kläger für den Zeitraum 1. Juni 2006 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 671,48 EUR monatlich.

Damit war das Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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