Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SO 9200/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2156/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Heranziehung zum Aufwendungsersatzanspruch wegen überzahlter Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSGH) an ihn und seine Ehefrau.
Der am 1929 geborene Kläger und seine am 1936 geborene Ehefrau bezogen zwischen dem 14. Juli 1999 und dem 31. Dezember 2004 Sozialhilfe nach den Vorschriften des BSHG gegen Aufwendungsersatz nach § 11 Abs. 2 BSHG; dies erfolgte mit Blick darauf, dass der Kläger noch eine selbständige Tätigkeit - mit wechselndem Einkommen - ausübte und über Grund(mit)eigentum verfügte. Bei der Berechnung der Hilfegewährung wurde vom Beklagten (vorläufig) ein monatliches Einkommen des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit in Höhe von 315,42 DM bzw. 161,27 EUR monatlich berücksichtigt und in Ansatz gebracht.
Für das Jahr 2000 wies der Steuerberater des Klägers, Herr B., mit Schreiben vom 14. Juni 2001 einen Gewinn des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit für das Jahr 2000 in Höhe von 1896,- DM aus. Demgegenüber wies der Einkommenssteuerbescheid des Finanzamts Backnang vom 5. November 2002 für das Jahr 2000 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus. Der Beklagte gewährte den Klägern daraufhin durch Bescheid vom 10. August 2001 aufgrund der Angaben des Steuerberaters für das Jahr 2000 Sozialhilfe im Umfang von 2396,89 DM. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Steuerberaters B. für das Jahr 2001 erzielte der Kläger in diesem Zeitraum einen Gewinn in Höhe von 6599,10 DM.
Durch Bescheid vom 5. Februar 2003 forderte der Beklagte auf der Grundlage der Einnahmen-Überschuss-Rechnung Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 2379,18 DM (1216,46 EUR) zurück. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 2003 Widerspruch. Nach der Auskunft des Finanzamts Backnang betrugen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 10.035,- DM.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 beantragte der Kläger für die Jahre 2000 und 2001 eine Neuberechnung der Sozialhilfeleistungen, was der Beklagte durch Bescheid vom 29. Januar 2003 ablehnte mit der Begründung, durch den Bescheid vom 10. August 2001 sei rechtskräftig über den Anspruch auf Lebensunterhalt entschieden; außerdem sei von dem tatsächlich erzielten Gewinn und nicht vom steuerlichen Gewinn bzw. Verlust auszugehen. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 2003 wiederum Widerspruch.
Nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Steuerberaters B. hatte der Kläger im Jahr 2002 einen Verlust aus seiner selbständigen Tätigkeit in Höhe von 1067,71 EUR. Demgegenüber wies der Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes Backnang vom 23. August 2004 für das Jahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3908,- EUR aus. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Steuerberaters B. erzielte der Kläger im Jahr 2003 Einnahmen in Höhe von 19.220,79 EUR, denen Aufwendungen in Höhe von 26.574,87 EUR gegenübergestanden; daraus ergab sich für diesen Zeitraum ein Verlust von 7354,08 EUR. Demgegenüber ergaben sich nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Backnang vom 18. Januar 2006 für das Jahr 2003 negative Einkünfte des Klägers in Höhe von 4475,- EUR.
Mit Schreiben vom 4. März 2005 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Diskrepanz zwischen den in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften und den in den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen niedergelegten Zahlen, insbesondere den Verlusten, schlüssig zu erklären. Der Steuerberater B. teilte hierzu auf Anfrage mit Schreiben vom 19. April 2005 mit, die Einnahmen-Überschuss-Rechnungen seien anhand der tatsächlich gezahlten Beträge ermittelt worden. Für das Jahr 2000 seien nach den steuerrechtlichen Vorschriften verschiedene Zu- und Abschläge vorzunehmen gewesen, so dass sich ein Verlust ergeben habe. Außerdem seien nach den steuerrechtlichen Vorschriften Privatanteile für Kfz und Telefon in Höhe von 5640,- DM zuzurechnen gewesen. Im Jahr 2001 hätten die Privatanteile für Kfz- und Telefonnutzung 3435,70 DM betragen und in den Jahren 2002 und 2003 je 2880,- EUR.
Durch (allein) an den Kläger adressierten Bescheid vom 22. Juli 2005 hob das Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Bescheide vom 29. Januar 2003 und 25. Februar 2003 auf und forderte vom Kläger für die Jahre 2000 bis 2003 Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 3386,23 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Ermittlung der sozialhilferechtlich relevanten Einkünfte des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit sei auf die vom Finanzamt festgestellten Gewinne abzustellen. Verluste des einen Jahres könnten nicht mit Gewinnen eines anderen Jahres verrechnet werden. Hiervon ausgehend seien unter Berücksichtigung des monatlich abgesetzten Einkommens folgende Gewinne und Verluste anzusetzen: Für das Jahr 2000 ein Verlust von 18890,- DM (9622,- EUR), für das Jahr 2001 ein Gewinn von 10035,- DM (5130,- EUR), für das Jahr 2002 ein Gewinn von 3908,- EUR und für das Jahr 2003 ein Verlust von 4475,- EUR. Hieraus errechneten sich Nachzahlungs- bzw. Überzahlungsbeträge wie folgt: Für das Jahr 2000 eine Überzahlung von 1144,84 DM (= 585,35 EUR), für 2001 und 2002 Nachzahlungen von 6233,56 DM (3187,16 EUR) bzw. 1676,85 EUR und für 2003 wieder eine Überzahlung in Höhe von 891,42 EUR.
Dagegen erhob der Kläger durch Schreiben vom 1. August 2005 Widerspruch unter Hinweis darauf, dass nicht von dem steuerrechtlichen Gewinn ausgegangen werden könne. Dabei werde aus fiskalischen Gründen fiktiv eine Erhöhung über die private Kfz- Nutzung vorgenommen. Es müsse in Ansatz gebracht werden, was netto zur Verfügung gestanden habe. Der Widerspruch wurde durch - an den Kläger und dessen Ehefrau gerichteten - Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 30. Oktober 2006 zurückgewiesen mit der Begründung, Rechtsgrundlage für den geforderten Aufwendungsersatz sei § 11 Abs. 2 BSHG bzw. § 19 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Die Entscheidung über die Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruches stelle eine gebundene Entscheidung dar, wobei sich der Leistungsempfänger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Die Nachberechnung des anzurechnenden Einkommens des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit sei rechtmäßig auf Grundlage des in den jeweiligen Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinns bzw. Verlusts erfolgt. Ein Vertrauen des Klägers an der Zugrundelegung der Einnahmen-Überschuss-Rechnung habe nicht vorgelegen, da dieser gerade die auf dieser Basis erfolgte Nachberechnung seitens des Beklagten angefochten habe. Gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 der Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG (DV) könne der vom Finanzamt festgestellte Gewinn angesetzt werden. Diese Vorschrift lege zwar den Sozialhilfeträger nicht auf die Zugrundelegung des steuerrechtlichen Gewinns bzw. Verlusts fest, könne jedoch Anhaltspunkte für die Einkommensermittlung bei der Sozialhilfe liefern. Die privaten Nutzungen von Kfz und Telefon, welche nach Auskunft des Steuerberaters B. die Diskrepanz zwischen den in den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und den in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinnen bzw. Verlusten hervorgerufen hätten, könnten sozialhilferechtlich nicht außer Betracht bleiben. Denn ansonsten würde der Unterhalt eines Autos, welcher im Übrigen kein sozialhilferechtlicher Bedarf sei, sowie die private Nutzung eines Telefons über die Regelsätze hinaus finanziert.
Durch Bezugsschreiben vom 30. Oktober 2006 wies der Beklagte darauf hin, dass sich der geforderte Aufwendungsersatz im Hinblick auf den ab März 2003 bis Mai 2005 vorgenommenen Einbehalt von monatlich 50,- EUR auf insgesamt 1950,- EUR reduziere.
Am 30. November 2006 haben der Kläger und seine Ehefrau Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erheben und zur Begründung im Wesentlichen vortragen lassen, der Beklagte habe die Ermittlung eines etwaigen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit in den zurückliegenden Jahren auf Basis der vorgelegten Einnahmen-Überschuss-Rechnungen durchgeführt. Nunmehr werde auf die in den jeweiligen Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinne und Verluste abgestellt. Dies sei nicht sachgerecht, weil in die Gewinnberechnung des Finanzamts aus fiskalischen Gründen eine fiktive Anrechung der Kfz-Nutzung einfließe. Die vom Steuerberater erstellte Einnahmen-Überfluss-Rechnung spiegele demgegenüber den tatsächlichen Einkommenszufluss zutreffend wieder. Durch die vorangegangene Ermittlung des Einkommens durch den Beklagten sei eine Selbstbindung eingetreten mit der Folge, dass auch in der Folgezeit die Einnahmen-Überschuss-Rechnung anstatt des steuerlichen Gewinns bei der Berechnung des anrechenbares Einkommens zu berücksichtigen sei. Dem Beklagten stehe daher kein Aufwendungsersatz zu.
Mit Urteil vom 27. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei in Bezug auf die Ehefrau des Klägers unzulässig, da diese durch die angegriffenen Bescheide nicht beschwert sei und von dieser kein Aufwendungsersatz begehrt werde. In Bezug auf den Kläger sei die Klage demgegenüber zwar zulässig, aber unbegründet. Nach der Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG, die für das sozialhilferechtliche Verhältnis zwischen den Beteiligten bis zum 31. Dezember 2004 Anwendung finde, habe der Sozialhilfeträger von demjenigen Aufwendungsersatz zu verlangen, der Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten habe, obwohl aus dem nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen der notwendige Lebensunterhalt beschafft werden konnte. Vorliegend habe der Beklagte an den Kläger und dessen Ehefrau unter dem Vorbehalt der Geltendmachung von Aufwendungsersatz in den Jahren 2001 und 2002 Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet. Der Kläger habe während dieser Zeit Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt, welches er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhaltes sowie desjenigen seiner Ehefrau einzusetzen gehabt habe, so dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Kläger zu richten gewesen sei. Während der Beklagte zunächst in diesem Zeitraum monatlich ein voraussichtliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 161,27 EUR angerechnet habe, habe der Kläger im Jahr 2001 ein monatliches Einkommen von 427,56 EUR (10035,- DM = 5130,- EUR / 12 Monate = 427,56 EUR) erzielt und im Jahr 2002 ein solches in Höhe von 325,66 EUR (3908,- EUR / 12 Monate = 325,66 EUR), so dass sich für diesen Zeitraum ein Aufwendungsersatzanspruch ergebe. Dabei habe der Beklagte zutreffend das anzurechnende Einkommen des Klägers anhand der Einkommenssteuerbescheide bestimmt. Der Beklagte habe das ihm bei der Einkommensermittlung zustehende Ermessen nach den Bestimmungen des BSHG bzw. der zu § 76 BSHG ergangenen Verordnung hinreichend und rechtfehlerfrei ausgeübt. Auch sei keine Selbstbindung des Beklagten eingetreten.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 7. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. Mai 2008 beim Landessozialgericht (LSG) (nur) für den Kläger eingelegte Berufung, mit welcher das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft wird. Ergänzend wird ausgeführt, die Einnahmen-Überschuss-Rechnung stelle die sachgerechtere Bewertungsgrundlage für die tatsächlich verfügbare Einkommenssituation beim Kläger als die Übernahme der in den Steuerbescheiden zugrunde gelegten Einkünfte. In der Berechnung der Regelsätze der sozialen Grundversorgung sei für Verkehr ein Betrag von 26,07 EUR angesetzt, mithin ein auf den Regelsatz bezogener prozentualer Anteil von 7,455 %. Der Kläger sei der Auffassung, dass - soweit man einen privaten Nutzungsanteil für Kfz im vorliegenden Fall berechnen wolle - allenfalls ein dem Regelsatz-Anteil entsprechenden Betrag eingestellt werden dürfte, nicht aber die 1-Prozent-Regelung aus der privaten Nutzung des PKW, die in den Einkommensteuerbescheiden enthalten sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. März 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle des Senats ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung entscheiden (§ 155 Abs. 3 und Abs. 4, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Berichterstatter macht von der ihm durch die genannten Vorschriften eingeräumten Befugnis, als sog. konsentierter Einzelrichter und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens Gebrauch, da eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung oder eine Divergenz i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - nicht vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2007 - B 9/9a SB 3/06 R -, NZS 2008, 446).
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG). Hierbei kann dahinstehen, ob auf die vorliegende Berufung trotz der mit Wirkung zum 1. April 2008 (SGGArbGGÄndG vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444)) in Kraft getretenen Änderung des Beschwerdewertes nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG von EUR 500.- auf EUR 750.- noch § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG noch in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung Anwendung findet. Denn die Beschwer des Klägers liegt deutlich über beiden Beträgen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 SGG). Die Voraussetzungen für die Heranziehung zum Aufwendungsersatz des Klägers sind auch nach der Auffassung des erkennenden Gerichts erfüllt. Allerdings findet der angegriffene Bescheid vom 22. Juli 2005 über die Geltendmachung von Aufwendungsersatz seine Rechtsgrundlage nicht in § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG, sondern - wie im Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2006 (auch) erwähnt - in § 19 Abs. 5 SGB XII. Denn das BSHG ist zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten ohne umfassende Übergangsregelung, weshalb sich die Geltendmachung von Aufwendungsersatz auch für Bedarfszeiträume vor dem 1. Januar 2005 nach der - allerdings mit § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG im Wesentlichen inhaltsgleichen - Bestimmung des § 19 Abs. 5 SGB XII richtet.
Die Voraussetzungen der Bestimmung, wonach Leistungen erbracht wurden, obwohl dem Betreffenden die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen möglich und zumutbar war, sind vorliegend erfüllt. Denn der Kläger und seine Ehefrau haben in den Jahren 2001 und 2002 höhere Leistungen der Sozialhilfe bezogen als ihnen dies unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers, insbesondere dessen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, zugestanden hätte. Maßgeblich für die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit des Klägers (und der seiner Ehefrau) bzw. die Bemessung des Einkommens des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in den Jahren 2000 bis 2003 sind - nach wie vor - die in diesem Zeitraum maßgeblichen Bestimmungen des BSHG. Gem. § 76 Abs. 1 BSHG stellen alle Einkünfte in Geld oder Geldwert Einkommen dar. Die Berechnung der Einkünfte richtet sich nach der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 76 Abs. 3 BSHG ergangenen Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG (im Folgenden: VO). Deren § 4 regelt die - hier einschlägige - Berechnung der Einkünfte (u. a.) aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit und bestimmt in Abs. 4, dass nach Ablauf des Berechnungsjahres als Einkünfte ein Betrag angesetzt werden kann, der aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben zu errechnen ist (Satz 1). Satz 2 bestimmt, dass als Einkünfte im Sinne des Satzes 1 auch der vom Finanzamt für das Berechnungsjahr festgestellte Gewinn angesetzt werden kann.
Diese Vorschrift räumt dem Sozialhilfeträger Ermessen ein und zwar auch bei der Wahl, ob er der Berechnung der Einkünfte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder den vom Finanzamt festgestellten Gewinn zugrunde legt (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 6. Juli 1990 - 4 A 204/88 - (juris); Mergler/Zink, BSHG, § 76 Rdnr. 55; vgl. auch Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, § 76 Rdnr. 20). Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG unterliegt die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen der Ermessensbetätigungspflicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Hingegen sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bezüglich der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob die zuständige Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit ihrer Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, das heißt eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung), oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). Hiervon ausgehend ist die Ermessensausübung vorliegend nicht zu beanstanden.
Das erkennende Gericht teilt die Auffassung des SG, dass der Beklagte hinreichend erkennbar das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt hat und dass die Ausübung des Ermessens, die lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, nicht zu beanstanden ist. Insbesondere war der Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Verwaltung gehindert, der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung durch das Finanzamt den Vorzug zu geben gegenüber der sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Zutreffend ist zwar, dass der Beklagte nach Abschluss des Berechnungsjahres 2000 den Sozialhilfeanspruch des Klägers und seiner Ehefrau auf der Grundlage der Einnahmen-Überschuss-Rechnung bestimmt und auf den Überprüfungsantrag des Klägers ausdrücklich durch Bescheid vom 29. Januar 2003 daran festgehalten hat. Auf der anderen Seite beinhaltete die Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Jahr 2000 als Einnahmen auch den Privatanteil der Kfz- und Telefonkosten, was in den folgenden, hier relevanten Jahren 2001 bis 2003 nicht (mehr) der Fall war und dazu führte, dass in diesem Zeitraum erhebliche Diskrepanzen zwischen dem in den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und dem in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinnen bzw. Verlusten zu verzeichnen waren. Zudem ist - worauf das SG ebenfalls hingewiesen hat - das Auseinanderfallen zwischen den Beträgen aus den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und den Steuerbescheiden - auch im Hinblick auf das Jahr 2000 - erst durch die Vorlage der Einkommenssteuerbescheide, die zudem erst nach Abschluss des Berechnungsjahres 2000 sowie nach Erlass des Bescheides des Beklagten vom 10. August 2001 über die Neuberechnung des Sozialhilfeanspruchs 2000 erlassen wurden, erkennbar geworden. Schließlich zählen neben Geld auch Einkünfte in Geldeswert zu den Einkünften nach § 76 Abs. 1 BSHG, wie die Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeuges. Von daher kann es nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, wenn der Beklagte in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Ermittlungsmethode gewählt hat, die diesem Aspekt Rechnung trägt.
Dass die Kfz-Nutzung vorliegend nicht (nur) in der Höhe des auf die Bedarfsgruppe Verkehr entfallenden Anteils am Regelsatz nach dem BSHG in Ansatz gebracht worden ist, sondern entsprechend der steuerlichen Berücksichtigung, ist ebenfalls bedenkenfrei. Zwar kann im Rahmen des § 76 BSHG für eine PKW-Nutzung der Wert des Sachbezugs auch mit dem im Regelsatz enthaltenen Betrag für Fahrtkosten als Einkommen angesetzt werden (Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, a.a.O., Rdnr. 5). Auf der anderen Seite eröffnet die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 76 Abs. 3 BSHG erlassene Verordnung in ihrem § 4 ausdrücklich die Möglichkeit, bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit der sozialhilferechtlichen Einkommensermittlung die einkommenssteuerrechtliche Gewinnermittlung, wie sie durch das Finanzamt erfolgt ist und ihren Niederschlag im Einkommenssteuerbescheid für das betreffende Jahr gefunden hat, zugrunde zu legen. Diesen Kontext stellt auch § 4 Abs. 1 VO klar, indem für die Frage, welche Einkünfte zu denen (unter anderem) aus selbständiger Tätigkeit gehören, auf die entsprechenden Bestimmungen des Einkommenssteuergesetzes (EStG) Bezug genommen wird. Im Rahmen der als Spezialvorschrift zu § 76 BSHG anzusehenden Bestimmung des § 4 VO dürfen danach auch - wie geschehen - geldwerte Vorteile, wie sie sich aus der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs und des Telefons ergeben, entsprechend den steuerrechtlichen Vorschriften in Ansatz gebracht werden.
Damit unterliegt die Heranziehung der einkommenssteuerrechtlichen Gewinn- und Verlustbeträge aus den Einkommensteuerbescheiden 2000 bis 2003 für die Bestimmung der sozialhilferechtlichen Hilfebedürftigkeit im genannten Zeitraum keinen Bedenken. Was die konkrete Berechnung des Aufwendungsersatzanspruchs anbelangt, so dürfte diese zwar einen Rechenfehler enthalten, da sich aus den Überzahlungen in den Jahren 2000 (585,35 EUR) und 2003 (891,42 EUR) und den Nachforderungen für die Jahre 2001 (3187,16 EUR) und 2002 (1676,85 EUR) insgesamt ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Kläger in Höhe von 3387,24 EUR - und nicht in Höhe von 3386,24 EUR errechnet. Durch diesen Fehler wird der Kläger jedoch nicht beschwert (vgl. § 54 Abs. 1 SGG), weshalb er gesamtschuldnerisch (§ 19 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) für diesen Aufwendungsersatzanspruch einzustehen hat, abzüglich der Einbehalte zwischen März 2003 und Mai 2005 (vgl. Bezugsschreiben des Beklagten vom 30. Oktober 2006).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Heranziehung zum Aufwendungsersatzanspruch wegen überzahlter Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSGH) an ihn und seine Ehefrau.
Der am 1929 geborene Kläger und seine am 1936 geborene Ehefrau bezogen zwischen dem 14. Juli 1999 und dem 31. Dezember 2004 Sozialhilfe nach den Vorschriften des BSHG gegen Aufwendungsersatz nach § 11 Abs. 2 BSHG; dies erfolgte mit Blick darauf, dass der Kläger noch eine selbständige Tätigkeit - mit wechselndem Einkommen - ausübte und über Grund(mit)eigentum verfügte. Bei der Berechnung der Hilfegewährung wurde vom Beklagten (vorläufig) ein monatliches Einkommen des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit in Höhe von 315,42 DM bzw. 161,27 EUR monatlich berücksichtigt und in Ansatz gebracht.
Für das Jahr 2000 wies der Steuerberater des Klägers, Herr B., mit Schreiben vom 14. Juni 2001 einen Gewinn des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit für das Jahr 2000 in Höhe von 1896,- DM aus. Demgegenüber wies der Einkommenssteuerbescheid des Finanzamts Backnang vom 5. November 2002 für das Jahr 2000 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus. Der Beklagte gewährte den Klägern daraufhin durch Bescheid vom 10. August 2001 aufgrund der Angaben des Steuerberaters für das Jahr 2000 Sozialhilfe im Umfang von 2396,89 DM. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Steuerberaters B. für das Jahr 2001 erzielte der Kläger in diesem Zeitraum einen Gewinn in Höhe von 6599,10 DM.
Durch Bescheid vom 5. Februar 2003 forderte der Beklagte auf der Grundlage der Einnahmen-Überschuss-Rechnung Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 2379,18 DM (1216,46 EUR) zurück. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 2003 Widerspruch. Nach der Auskunft des Finanzamts Backnang betrugen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 10.035,- DM.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 beantragte der Kläger für die Jahre 2000 und 2001 eine Neuberechnung der Sozialhilfeleistungen, was der Beklagte durch Bescheid vom 29. Januar 2003 ablehnte mit der Begründung, durch den Bescheid vom 10. August 2001 sei rechtskräftig über den Anspruch auf Lebensunterhalt entschieden; außerdem sei von dem tatsächlich erzielten Gewinn und nicht vom steuerlichen Gewinn bzw. Verlust auszugehen. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 2003 wiederum Widerspruch.
Nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Steuerberaters B. hatte der Kläger im Jahr 2002 einen Verlust aus seiner selbständigen Tätigkeit in Höhe von 1067,71 EUR. Demgegenüber wies der Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes Backnang vom 23. August 2004 für das Jahr 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3908,- EUR aus. Ausweislich der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Steuerberaters B. erzielte der Kläger im Jahr 2003 Einnahmen in Höhe von 19.220,79 EUR, denen Aufwendungen in Höhe von 26.574,87 EUR gegenübergestanden; daraus ergab sich für diesen Zeitraum ein Verlust von 7354,08 EUR. Demgegenüber ergaben sich nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Backnang vom 18. Januar 2006 für das Jahr 2003 negative Einkünfte des Klägers in Höhe von 4475,- EUR.
Mit Schreiben vom 4. März 2005 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Diskrepanz zwischen den in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften und den in den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen niedergelegten Zahlen, insbesondere den Verlusten, schlüssig zu erklären. Der Steuerberater B. teilte hierzu auf Anfrage mit Schreiben vom 19. April 2005 mit, die Einnahmen-Überschuss-Rechnungen seien anhand der tatsächlich gezahlten Beträge ermittelt worden. Für das Jahr 2000 seien nach den steuerrechtlichen Vorschriften verschiedene Zu- und Abschläge vorzunehmen gewesen, so dass sich ein Verlust ergeben habe. Außerdem seien nach den steuerrechtlichen Vorschriften Privatanteile für Kfz und Telefon in Höhe von 5640,- DM zuzurechnen gewesen. Im Jahr 2001 hätten die Privatanteile für Kfz- und Telefonnutzung 3435,70 DM betragen und in den Jahren 2002 und 2003 je 2880,- EUR.
Durch (allein) an den Kläger adressierten Bescheid vom 22. Juli 2005 hob das Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Bescheide vom 29. Januar 2003 und 25. Februar 2003 auf und forderte vom Kläger für die Jahre 2000 bis 2003 Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 3386,23 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Ermittlung der sozialhilferechtlich relevanten Einkünfte des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit sei auf die vom Finanzamt festgestellten Gewinne abzustellen. Verluste des einen Jahres könnten nicht mit Gewinnen eines anderen Jahres verrechnet werden. Hiervon ausgehend seien unter Berücksichtigung des monatlich abgesetzten Einkommens folgende Gewinne und Verluste anzusetzen: Für das Jahr 2000 ein Verlust von 18890,- DM (9622,- EUR), für das Jahr 2001 ein Gewinn von 10035,- DM (5130,- EUR), für das Jahr 2002 ein Gewinn von 3908,- EUR und für das Jahr 2003 ein Verlust von 4475,- EUR. Hieraus errechneten sich Nachzahlungs- bzw. Überzahlungsbeträge wie folgt: Für das Jahr 2000 eine Überzahlung von 1144,84 DM (= 585,35 EUR), für 2001 und 2002 Nachzahlungen von 6233,56 DM (3187,16 EUR) bzw. 1676,85 EUR und für 2003 wieder eine Überzahlung in Höhe von 891,42 EUR.
Dagegen erhob der Kläger durch Schreiben vom 1. August 2005 Widerspruch unter Hinweis darauf, dass nicht von dem steuerrechtlichen Gewinn ausgegangen werden könne. Dabei werde aus fiskalischen Gründen fiktiv eine Erhöhung über die private Kfz- Nutzung vorgenommen. Es müsse in Ansatz gebracht werden, was netto zur Verfügung gestanden habe. Der Widerspruch wurde durch - an den Kläger und dessen Ehefrau gerichteten - Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 30. Oktober 2006 zurückgewiesen mit der Begründung, Rechtsgrundlage für den geforderten Aufwendungsersatz sei § 11 Abs. 2 BSHG bzw. § 19 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Die Entscheidung über die Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruches stelle eine gebundene Entscheidung dar, wobei sich der Leistungsempfänger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Die Nachberechnung des anzurechnenden Einkommens des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit sei rechtmäßig auf Grundlage des in den jeweiligen Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinns bzw. Verlusts erfolgt. Ein Vertrauen des Klägers an der Zugrundelegung der Einnahmen-Überschuss-Rechnung habe nicht vorgelegen, da dieser gerade die auf dieser Basis erfolgte Nachberechnung seitens des Beklagten angefochten habe. Gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 der Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG (DV) könne der vom Finanzamt festgestellte Gewinn angesetzt werden. Diese Vorschrift lege zwar den Sozialhilfeträger nicht auf die Zugrundelegung des steuerrechtlichen Gewinns bzw. Verlusts fest, könne jedoch Anhaltspunkte für die Einkommensermittlung bei der Sozialhilfe liefern. Die privaten Nutzungen von Kfz und Telefon, welche nach Auskunft des Steuerberaters B. die Diskrepanz zwischen den in den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und den in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinnen bzw. Verlusten hervorgerufen hätten, könnten sozialhilferechtlich nicht außer Betracht bleiben. Denn ansonsten würde der Unterhalt eines Autos, welcher im Übrigen kein sozialhilferechtlicher Bedarf sei, sowie die private Nutzung eines Telefons über die Regelsätze hinaus finanziert.
Durch Bezugsschreiben vom 30. Oktober 2006 wies der Beklagte darauf hin, dass sich der geforderte Aufwendungsersatz im Hinblick auf den ab März 2003 bis Mai 2005 vorgenommenen Einbehalt von monatlich 50,- EUR auf insgesamt 1950,- EUR reduziere.
Am 30. November 2006 haben der Kläger und seine Ehefrau Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erheben und zur Begründung im Wesentlichen vortragen lassen, der Beklagte habe die Ermittlung eines etwaigen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit in den zurückliegenden Jahren auf Basis der vorgelegten Einnahmen-Überschuss-Rechnungen durchgeführt. Nunmehr werde auf die in den jeweiligen Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinne und Verluste abgestellt. Dies sei nicht sachgerecht, weil in die Gewinnberechnung des Finanzamts aus fiskalischen Gründen eine fiktive Anrechung der Kfz-Nutzung einfließe. Die vom Steuerberater erstellte Einnahmen-Überfluss-Rechnung spiegele demgegenüber den tatsächlichen Einkommenszufluss zutreffend wieder. Durch die vorangegangene Ermittlung des Einkommens durch den Beklagten sei eine Selbstbindung eingetreten mit der Folge, dass auch in der Folgezeit die Einnahmen-Überschuss-Rechnung anstatt des steuerlichen Gewinns bei der Berechnung des anrechenbares Einkommens zu berücksichtigen sei. Dem Beklagten stehe daher kein Aufwendungsersatz zu.
Mit Urteil vom 27. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei in Bezug auf die Ehefrau des Klägers unzulässig, da diese durch die angegriffenen Bescheide nicht beschwert sei und von dieser kein Aufwendungsersatz begehrt werde. In Bezug auf den Kläger sei die Klage demgegenüber zwar zulässig, aber unbegründet. Nach der Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG, die für das sozialhilferechtliche Verhältnis zwischen den Beteiligten bis zum 31. Dezember 2004 Anwendung finde, habe der Sozialhilfeträger von demjenigen Aufwendungsersatz zu verlangen, der Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten habe, obwohl aus dem nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen der notwendige Lebensunterhalt beschafft werden konnte. Vorliegend habe der Beklagte an den Kläger und dessen Ehefrau unter dem Vorbehalt der Geltendmachung von Aufwendungsersatz in den Jahren 2001 und 2002 Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet. Der Kläger habe während dieser Zeit Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt, welches er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhaltes sowie desjenigen seiner Ehefrau einzusetzen gehabt habe, so dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Kläger zu richten gewesen sei. Während der Beklagte zunächst in diesem Zeitraum monatlich ein voraussichtliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 161,27 EUR angerechnet habe, habe der Kläger im Jahr 2001 ein monatliches Einkommen von 427,56 EUR (10035,- DM = 5130,- EUR / 12 Monate = 427,56 EUR) erzielt und im Jahr 2002 ein solches in Höhe von 325,66 EUR (3908,- EUR / 12 Monate = 325,66 EUR), so dass sich für diesen Zeitraum ein Aufwendungsersatzanspruch ergebe. Dabei habe der Beklagte zutreffend das anzurechnende Einkommen des Klägers anhand der Einkommenssteuerbescheide bestimmt. Der Beklagte habe das ihm bei der Einkommensermittlung zustehende Ermessen nach den Bestimmungen des BSHG bzw. der zu § 76 BSHG ergangenen Verordnung hinreichend und rechtfehlerfrei ausgeübt. Auch sei keine Selbstbindung des Beklagten eingetreten.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 7. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. Mai 2008 beim Landessozialgericht (LSG) (nur) für den Kläger eingelegte Berufung, mit welcher das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft wird. Ergänzend wird ausgeführt, die Einnahmen-Überschuss-Rechnung stelle die sachgerechtere Bewertungsgrundlage für die tatsächlich verfügbare Einkommenssituation beim Kläger als die Übernahme der in den Steuerbescheiden zugrunde gelegten Einkünfte. In der Berechnung der Regelsätze der sozialen Grundversorgung sei für Verkehr ein Betrag von 26,07 EUR angesetzt, mithin ein auf den Regelsatz bezogener prozentualer Anteil von 7,455 %. Der Kläger sei der Auffassung, dass - soweit man einen privaten Nutzungsanteil für Kfz im vorliegenden Fall berechnen wolle - allenfalls ein dem Regelsatz-Anteil entsprechenden Betrag eingestellt werden dürfte, nicht aber die 1-Prozent-Regelung aus der privaten Nutzung des PKW, die in den Einkommensteuerbescheiden enthalten sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. März 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle des Senats ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung entscheiden (§ 155 Abs. 3 und Abs. 4, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Berichterstatter macht von der ihm durch die genannten Vorschriften eingeräumten Befugnis, als sog. konsentierter Einzelrichter und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens Gebrauch, da eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung oder eine Divergenz i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG - als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - nicht vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2007 - B 9/9a SB 3/06 R -, NZS 2008, 446).
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG). Hierbei kann dahinstehen, ob auf die vorliegende Berufung trotz der mit Wirkung zum 1. April 2008 (SGGArbGGÄndG vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444)) in Kraft getretenen Änderung des Beschwerdewertes nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG von EUR 500.- auf EUR 750.- noch § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG noch in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung Anwendung findet. Denn die Beschwer des Klägers liegt deutlich über beiden Beträgen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 SGG). Die Voraussetzungen für die Heranziehung zum Aufwendungsersatz des Klägers sind auch nach der Auffassung des erkennenden Gerichts erfüllt. Allerdings findet der angegriffene Bescheid vom 22. Juli 2005 über die Geltendmachung von Aufwendungsersatz seine Rechtsgrundlage nicht in § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG, sondern - wie im Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2006 (auch) erwähnt - in § 19 Abs. 5 SGB XII. Denn das BSHG ist zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten ohne umfassende Übergangsregelung, weshalb sich die Geltendmachung von Aufwendungsersatz auch für Bedarfszeiträume vor dem 1. Januar 2005 nach der - allerdings mit § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG im Wesentlichen inhaltsgleichen - Bestimmung des § 19 Abs. 5 SGB XII richtet.
Die Voraussetzungen der Bestimmung, wonach Leistungen erbracht wurden, obwohl dem Betreffenden die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen möglich und zumutbar war, sind vorliegend erfüllt. Denn der Kläger und seine Ehefrau haben in den Jahren 2001 und 2002 höhere Leistungen der Sozialhilfe bezogen als ihnen dies unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers, insbesondere dessen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, zugestanden hätte. Maßgeblich für die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit des Klägers (und der seiner Ehefrau) bzw. die Bemessung des Einkommens des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in den Jahren 2000 bis 2003 sind - nach wie vor - die in diesem Zeitraum maßgeblichen Bestimmungen des BSHG. Gem. § 76 Abs. 1 BSHG stellen alle Einkünfte in Geld oder Geldwert Einkommen dar. Die Berechnung der Einkünfte richtet sich nach der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 76 Abs. 3 BSHG ergangenen Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG (im Folgenden: VO). Deren § 4 regelt die - hier einschlägige - Berechnung der Einkünfte (u. a.) aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit und bestimmt in Abs. 4, dass nach Ablauf des Berechnungsjahres als Einkünfte ein Betrag angesetzt werden kann, der aus der Gegenüberstellung der im Rahmen des Betriebes im Berechnungsjahr erzielten Einnahmen und geleisteten notwendigen Ausgaben zu errechnen ist (Satz 1). Satz 2 bestimmt, dass als Einkünfte im Sinne des Satzes 1 auch der vom Finanzamt für das Berechnungsjahr festgestellte Gewinn angesetzt werden kann.
Diese Vorschrift räumt dem Sozialhilfeträger Ermessen ein und zwar auch bei der Wahl, ob er der Berechnung der Einkünfte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder den vom Finanzamt festgestellten Gewinn zugrunde legt (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 6. Juli 1990 - 4 A 204/88 - (juris); Mergler/Zink, BSHG, § 76 Rdnr. 55; vgl. auch Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, § 76 Rdnr. 20). Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG unterliegt die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen der Ermessensbetätigungspflicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Hingegen sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bezüglich der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob die zuständige Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit ihrer Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, das heißt eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung), oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). Hiervon ausgehend ist die Ermessensausübung vorliegend nicht zu beanstanden.
Das erkennende Gericht teilt die Auffassung des SG, dass der Beklagte hinreichend erkennbar das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt hat und dass die Ausübung des Ermessens, die lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, nicht zu beanstanden ist. Insbesondere war der Beklagte nicht unter dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Verwaltung gehindert, der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung durch das Finanzamt den Vorzug zu geben gegenüber der sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Zutreffend ist zwar, dass der Beklagte nach Abschluss des Berechnungsjahres 2000 den Sozialhilfeanspruch des Klägers und seiner Ehefrau auf der Grundlage der Einnahmen-Überschuss-Rechnung bestimmt und auf den Überprüfungsantrag des Klägers ausdrücklich durch Bescheid vom 29. Januar 2003 daran festgehalten hat. Auf der anderen Seite beinhaltete die Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Jahr 2000 als Einnahmen auch den Privatanteil der Kfz- und Telefonkosten, was in den folgenden, hier relevanten Jahren 2001 bis 2003 nicht (mehr) der Fall war und dazu führte, dass in diesem Zeitraum erhebliche Diskrepanzen zwischen dem in den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und dem in den Einkommenssteuerbescheiden ausgewiesenen Gewinnen bzw. Verlusten zu verzeichnen waren. Zudem ist - worauf das SG ebenfalls hingewiesen hat - das Auseinanderfallen zwischen den Beträgen aus den Einnahmen-Überschuss-Rechnungen und den Steuerbescheiden - auch im Hinblick auf das Jahr 2000 - erst durch die Vorlage der Einkommenssteuerbescheide, die zudem erst nach Abschluss des Berechnungsjahres 2000 sowie nach Erlass des Bescheides des Beklagten vom 10. August 2001 über die Neuberechnung des Sozialhilfeanspruchs 2000 erlassen wurden, erkennbar geworden. Schließlich zählen neben Geld auch Einkünfte in Geldeswert zu den Einkünften nach § 76 Abs. 1 BSHG, wie die Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeuges. Von daher kann es nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, wenn der Beklagte in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Ermittlungsmethode gewählt hat, die diesem Aspekt Rechnung trägt.
Dass die Kfz-Nutzung vorliegend nicht (nur) in der Höhe des auf die Bedarfsgruppe Verkehr entfallenden Anteils am Regelsatz nach dem BSHG in Ansatz gebracht worden ist, sondern entsprechend der steuerlichen Berücksichtigung, ist ebenfalls bedenkenfrei. Zwar kann im Rahmen des § 76 BSHG für eine PKW-Nutzung der Wert des Sachbezugs auch mit dem im Regelsatz enthaltenen Betrag für Fahrtkosten als Einkommen angesetzt werden (Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, a.a.O., Rdnr. 5). Auf der anderen Seite eröffnet die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 76 Abs. 3 BSHG erlassene Verordnung in ihrem § 4 ausdrücklich die Möglichkeit, bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit der sozialhilferechtlichen Einkommensermittlung die einkommenssteuerrechtliche Gewinnermittlung, wie sie durch das Finanzamt erfolgt ist und ihren Niederschlag im Einkommenssteuerbescheid für das betreffende Jahr gefunden hat, zugrunde zu legen. Diesen Kontext stellt auch § 4 Abs. 1 VO klar, indem für die Frage, welche Einkünfte zu denen (unter anderem) aus selbständiger Tätigkeit gehören, auf die entsprechenden Bestimmungen des Einkommenssteuergesetzes (EStG) Bezug genommen wird. Im Rahmen der als Spezialvorschrift zu § 76 BSHG anzusehenden Bestimmung des § 4 VO dürfen danach auch - wie geschehen - geldwerte Vorteile, wie sie sich aus der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs und des Telefons ergeben, entsprechend den steuerrechtlichen Vorschriften in Ansatz gebracht werden.
Damit unterliegt die Heranziehung der einkommenssteuerrechtlichen Gewinn- und Verlustbeträge aus den Einkommensteuerbescheiden 2000 bis 2003 für die Bestimmung der sozialhilferechtlichen Hilfebedürftigkeit im genannten Zeitraum keinen Bedenken. Was die konkrete Berechnung des Aufwendungsersatzanspruchs anbelangt, so dürfte diese zwar einen Rechenfehler enthalten, da sich aus den Überzahlungen in den Jahren 2000 (585,35 EUR) und 2003 (891,42 EUR) und den Nachforderungen für die Jahre 2001 (3187,16 EUR) und 2002 (1676,85 EUR) insgesamt ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Kläger in Höhe von 3387,24 EUR - und nicht in Höhe von 3386,24 EUR errechnet. Durch diesen Fehler wird der Kläger jedoch nicht beschwert (vgl. § 54 Abs. 1 SGG), weshalb er gesamtschuldnerisch (§ 19 Abs. 5 Satz 2 SGB XII) für diesen Aufwendungsersatzanspruch einzustehen hat, abzüglich der Einbehalte zwischen März 2003 und Mai 2005 (vgl. Bezugsschreiben des Beklagten vom 30. Oktober 2006).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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