Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 V 5733/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 2709/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Auszahlung von Bestattungsgeld.
Die 1911 geborene Mutter der Klägerin bezog vom Beklagten nach dem Tod ihres am 1911 geborenen und 1978 verstorbenen Ehemanns eine Witwenrente im Rahmen der Teilversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Die Rente wurde erstmals mit dem Ausführungsbescheid vom 22. Januar 1990 vom damals zuständigen Versorgungsamt R. bewilligt. Ferner bezog die Mutter der Klägerin eine polnische Sozialversicherungsrente. Die Mutter verstarb am 20. August 2006.
Von der polnischen Sozialversicherung erhielt die Klägerin eine Bestattungsbeihilfe in Höhe von Z³oty 5.060,36 (EUR 1295,00). Mit Schreiben vom 9. September 2006, eingegangen beim Landratsamt R. (LRA) am 5. Oktober 2006, beantragte die Klägerin die Gewährung von Bestattungsgeld. Sie reichte hierzu Rechnungen über die Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Bestattung ihrer Mutter entstanden waren, ein.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2006 lehnte das LRA die Gewährung von Bestattungsgeld ab. Das Bestattungsgeld nach dem BVG betrage EUR 675,00. Hierauf sei die polnische Bestattungsbeihilfe in Höhe von EUR 1.295,00 anzurechnen, sodass kein Auszahlungsbetrag verbleibe. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 7. Dezember 2006, eingegangen beim LRA am 21. Dezember 2006. Im Rahmen eines Informationsgesprächs bei der Versicherungsanstalt in Warschau sei ihr mitgeteilt worden, dass das polnische Bestattungsgeld nur die polnische Rente betreffe. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die polnische Sozialversicherungsanstalt ZUS habe für die Kosten der Bestattung ein Sterbegeld gewährt. Dieses habe demselben Zweck gedient, wie das Bestattungsgeld nach dem BVG und sei daher anzurechnen. Da das polnische Sterbegeld in seiner Höhe den zustehenden Betrag nach dem BVG überschreite, bleibe für die Zahlung von Bestattungsgeld nach dem BVG kein Raum.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24. Juli 2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage. Sie wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und ergänzte, das von der polnischen Versicherung gewährte Bestattungsgeld habe die Bestattungsausgaben nicht gedeckt. Aufgrund der Rentengewährung nach dem deutschen Recht habe sie auch nach diesem Recht einen Anspruch auf Zahlung eines Bestattungsgelds. Dieser Anspruch beruhe letztlich auf der Beschädigtenversorgung, die ihr Vater vormals erhalten habe. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. März 2008 ab. Der Beklagte habe zutreffend ermittelt, dass dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin auf Bestattungsgeld in Höhe von EUR 675,00 bestehe. Das Gesetz sehe jedoch eine Anrechnung aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften für denselben Zweck gewährter Leistungen auf das Bestattungsgeld vor. Die Bestattungsbeihilfe in Höhe von umgerechnet EUR 1295,00, welche die Klägerin von der polnischen Rentenversicherung erhalten habe, erfülle diese Voraussetzungen. Sie habe demselben Zweck gedient, wie das Bestattungsgeld nach dem BVG, nämlich für die Kosten der Bestattung (teilweise) aufzukommen. Die Anrechnungsvorschrift solle dazu dienen, Doppelleistungen aus Anlass des Todes eines Beschädigten zu verhindern. Da die polnische Bestattungsbeihilfe den nach dem BVG zustehenden Betrag überstiegen habe, stehe der Klägerin kein Auszahlungsanspruch zu. Der Gerichtsbescheid wurde vom SG am 28. März 2008 zur Post gegeben und der Klägerin zwischen dem 1. und 9. April 2008 (unleserliches Datum auf dem Rückschein) zugestellt.
Am 9. Juni 2008 hat die Klägerin beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und dem erstinstanzlichen Gerichtsverfahren. Sie verstehe nicht, dass das SG auf Zahlungen eines anderen Staates und aufgrund anderer Vorschriften zurückgreife.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2008 sowie des Bescheids vom 16. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 zu verurteilen, ihr ein Bestattungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt zur Erwiderung vor, entgegen der dem Gerichtsbescheid beigegebenen Rechtsmittelbelehrung liege wegen der Höhe der streitbefangenen Leistung ein Berufungsausschluss vor. Ein Zulassungsgrund sei nicht erkennbar. Im Übrigen hält er die vom SG getroffene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass mit dem Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I, 444; nachfolgend: SGGÄndG), in Kraft getreten am 1. April 2008, die Berufung bei einem Beschwerdewert von bis zu EUR 750 anstelle bislang EUR 500 von einer Zulassung abhängig gemacht wurde (Änderung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unter Art. 1 Nr. 24 a SGGÄndG). Würde man entsprechend dem Vorbringen des Beklagten hinsichtlich der Anwendbarkeit der Neufassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung abstellen, wäre die Berufung als unzulässig zu verwerfen, da der Beschwerdewert in Höhe einer hier maximal möglichen Leistung von EUR 675,00 die eben genannte Berufungssumme von EUR 750,00 unterschreitet und ein Zulassungsgrund gem. § 144 Abs. 2 SGG (beispielsweise: grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) nicht ersichtlich ist. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhöhung der Berufungssumme bestehen nicht. Durch die Änderung wird weder das Recht auf den gesetzlichen Richter betroffen, noch verstößt die Einschränkung der Rechtsmittelmöglichkeit gegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG - Rechtsschutzgarantie) oder Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör (s. auch BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1992, 2 BvR 1307/91, zitiert nach Juris)). Eine Übergangsvorschrift enthält das SGGÄndG - im Unterschied zu der mit dem Rechtpflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847 - RpflVereinfG) vorgenommenen, ähnlich gelagerten Änderung der ZPO, über die das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 5. Juni 1992 entschieden hat (2 BvR 1307/91, s.o.) - nicht.
Nach Auffassung des Senats ist für die Anwendbarkeit der Neufassung des § 144 SGG auf den Zeitpunkt der Herausgabe des hier angefochtenen Gerichtsbescheids zur Post abzustellen. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dem SGGÄndG beabsichtigte, den Beteiligten ein Rechtsmittel abzuschneiden, das bei Erlass der angefochtenen Entscheidung noch gegeben war (hierzu: BSG, Urteil vom 30. März 1993, 3 RK 1/93, zitiert nach Juris, Rn. 11). Da die dem angefochtenen Gerichtsbescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung noch der alten Fassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG entsprach, kann davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten und auch das SG den Rechtsstreit unter der Annahme der uneingeschränkten Statthaftigkeit einer Berufung führten. Es mag sein, dass für den - informierten - Beteiligten erkennbar war, dass zum 1. April 2008 eine Erhöhung der Berufungssumme geplant war. Gleichwohl hält es der Senat nicht für gerechtfertigt, bei Entscheidungen, die im März erlassen wurden, von einer Verkürzung der Berufungsfrist zum Ablauf des 31. März 2008 auszugehen. Dagegen spricht, dass die Beteiligten dann zumindest in der Rechtsmittelbelehrung auf diesen Umstand hätten hingewiesen werden müssen - was jedenfalls vorliegend nicht geschehen war. Dabei ist auch zu bedenken, dass das SGGÄndG erst vom 26. März 2008 datiert. Die Rechtsmittelbelehrung des SG würde sich, wenn von einem Wegfall der Berufungsmöglichkeit zum 1. April 2008 ausgegangen werden würde, als unrichtig erweisen. Zwar führt die - unrichtige - Belehrung über ein tatsächlich nicht statthaftes Rechtsmittel nicht zu dessen Statthaftigkeit. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten, insbesondere der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1992, s.o.) wäre es jedoch nicht angemessen, dies auch anzunehmen, wenn die Belehrung nur hinsichtlich der Frist, bis zu der das Rechtsmittel noch statthaft ist, unrichtig ist. Denn im zuletzt genannten Fall, würde - im Unterschied zur ersten Konstellation - den Beteiligten etwas genommen, was sie bei rechtzeitiger Einlegung des Rechtsmittels noch hätten haben können. Hier muss eine Lösung gefunden werden, die nicht zu Lasten des Beteiligten wirkt (vgl. zur irrtümlichen Verwendung der üblichen Rechtsmittelbelehrung bei der zulassungsfreien Berufung: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 144 Rn. 45). Diese Lösung sieht der Senat, wie bereits ausgeführt, darin, dass hinsichtlich der Anwendung der Neufassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung abzustellen ist (so auch die im RpflVereinfG (s.o.) enthaltene Übergangsregelung).
Bei Entscheidungen, die ohne mündliche Verhandlung ergehen und die gemäß §§ 133, 132 Abs. 1, ggf. § 105 Abs. 1, Abs. 3 SGG an sich erst mit der Zustellung wirksam werden, darf, um zufällige, von der Dauer der Zustellung abhängige Ergebnisse zu vermeiden, nicht auf die Zustellung, sondern es muss auf die Verlautbarung der Entscheidung abgestellt werden. Dies ist hier der Zeitpunkt, zu dem die Geschäftsstelle das Urteil zum Zweck der Zustellung hinausgegeben hat. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt liegt eine Bindung des Gerichts an seine Entscheidung vor (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 125 Rn. 4 b). Ab diesem Zeitpunkt endet auch der Anspruch der Beteiligten auf die Gewährung von rechtlichem Gehör (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 62 Rn. 7 d). Dieser Zeitpunkt bedeutet einen Einschnitt, ab dem die Beteiligten oder das Gericht den Prozess nicht mehr aktiv beeinflussen können. Angesichts der oben erwähnten Gesichtspunkte, insbesondere des Vertrauensschutzes, ist hinsichtlich der Frage der Anwendung der Neufassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG auf diesen Zeitpunkt abzustellen.
Die mithin zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen ausführlich und zutreffend wiedergegeben. Ferner hat es zu Recht dargelegt, dass die von der Klägerin von der polnischen Rentenversicherung erhaltene Bestattungsbeihilfe in Höhe von umgerechnet EUR 1.295,00 auf das dem Grunde nach zustehende Bestattungsgeld nach dem BVG in Höhe von EUR 675,00 in vollem Umfang anzurechnen ist und somit kein Auszahlungsbetrag verbleibt. Das SG hat die Klägerin ferner ausreichend darauf hingewiesen, dass damit Doppelleistungen aus Anlass des Todes eines Beschädigten verhindert werden sollen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf den gesamten Inhalt der Entscheidungsgründe, denen er sich in vollem Umfang anschließt, gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Ergänzend wird im Hinblick auf das fehlende Verständnis der Klägerin dafür, dass die nach polnischem Recht gewährte Bestattungsbeihilfe auf das nach deutschem Recht in Betracht kommende Bestattungsgeld anzurechnen ist, noch einmal betont, dass § 36 BVG eine Anrechnung aller nach anderen gesetzlichen Vorschriften, ggf. auch gesetzlichen Vorschriften eines anderen Staates, für denselben Zweck - (anteilige) Deckung der Unkosten für die Bestattung - gewährter Leistungen auf das Bestattungsgeld vorsieht.
Sowohl die Bestattungsbeihilfe aus der polnischen Rentenversicherung als auch das Bestattungsgeld nach dem BVG werden nach Pauschalen gewährt. Daher kann nicht berücksichtigt werden, dass die ausgezahlte Bestattungsbeihilfe der polnischen Rentenversicherung nach dem Vorbringen der Klägerin die Bestattungsausgaben nicht voll gedeckt hat.
Soweit die Klägerin von Mitarbeitern der polnischen Versicherungsanstalt zur Frage der Anrechnung andere Informationen erhalten haben sollte, sind diese unzutreffend gewesen.
Die Berufung war mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Auszahlung von Bestattungsgeld.
Die 1911 geborene Mutter der Klägerin bezog vom Beklagten nach dem Tod ihres am 1911 geborenen und 1978 verstorbenen Ehemanns eine Witwenrente im Rahmen der Teilversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Die Rente wurde erstmals mit dem Ausführungsbescheid vom 22. Januar 1990 vom damals zuständigen Versorgungsamt R. bewilligt. Ferner bezog die Mutter der Klägerin eine polnische Sozialversicherungsrente. Die Mutter verstarb am 20. August 2006.
Von der polnischen Sozialversicherung erhielt die Klägerin eine Bestattungsbeihilfe in Höhe von Z³oty 5.060,36 (EUR 1295,00). Mit Schreiben vom 9. September 2006, eingegangen beim Landratsamt R. (LRA) am 5. Oktober 2006, beantragte die Klägerin die Gewährung von Bestattungsgeld. Sie reichte hierzu Rechnungen über die Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Bestattung ihrer Mutter entstanden waren, ein.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2006 lehnte das LRA die Gewährung von Bestattungsgeld ab. Das Bestattungsgeld nach dem BVG betrage EUR 675,00. Hierauf sei die polnische Bestattungsbeihilfe in Höhe von EUR 1.295,00 anzurechnen, sodass kein Auszahlungsbetrag verbleibe. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 7. Dezember 2006, eingegangen beim LRA am 21. Dezember 2006. Im Rahmen eines Informationsgesprächs bei der Versicherungsanstalt in Warschau sei ihr mitgeteilt worden, dass das polnische Bestattungsgeld nur die polnische Rente betreffe. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die polnische Sozialversicherungsanstalt ZUS habe für die Kosten der Bestattung ein Sterbegeld gewährt. Dieses habe demselben Zweck gedient, wie das Bestattungsgeld nach dem BVG und sei daher anzurechnen. Da das polnische Sterbegeld in seiner Höhe den zustehenden Betrag nach dem BVG überschreite, bleibe für die Zahlung von Bestattungsgeld nach dem BVG kein Raum.
Hiergegen erhob die Klägerin am 24. Juli 2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage. Sie wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und ergänzte, das von der polnischen Versicherung gewährte Bestattungsgeld habe die Bestattungsausgaben nicht gedeckt. Aufgrund der Rentengewährung nach dem deutschen Recht habe sie auch nach diesem Recht einen Anspruch auf Zahlung eines Bestattungsgelds. Dieser Anspruch beruhe letztlich auf der Beschädigtenversorgung, die ihr Vater vormals erhalten habe. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. März 2008 ab. Der Beklagte habe zutreffend ermittelt, dass dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin auf Bestattungsgeld in Höhe von EUR 675,00 bestehe. Das Gesetz sehe jedoch eine Anrechnung aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften für denselben Zweck gewährter Leistungen auf das Bestattungsgeld vor. Die Bestattungsbeihilfe in Höhe von umgerechnet EUR 1295,00, welche die Klägerin von der polnischen Rentenversicherung erhalten habe, erfülle diese Voraussetzungen. Sie habe demselben Zweck gedient, wie das Bestattungsgeld nach dem BVG, nämlich für die Kosten der Bestattung (teilweise) aufzukommen. Die Anrechnungsvorschrift solle dazu dienen, Doppelleistungen aus Anlass des Todes eines Beschädigten zu verhindern. Da die polnische Bestattungsbeihilfe den nach dem BVG zustehenden Betrag überstiegen habe, stehe der Klägerin kein Auszahlungsanspruch zu. Der Gerichtsbescheid wurde vom SG am 28. März 2008 zur Post gegeben und der Klägerin zwischen dem 1. und 9. April 2008 (unleserliches Datum auf dem Rückschein) zugestellt.
Am 9. Juni 2008 hat die Klägerin beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und dem erstinstanzlichen Gerichtsverfahren. Sie verstehe nicht, dass das SG auf Zahlungen eines anderen Staates und aufgrund anderer Vorschriften zurückgreife.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2008 sowie des Bescheids vom 16. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 zu verurteilen, ihr ein Bestattungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt zur Erwiderung vor, entgegen der dem Gerichtsbescheid beigegebenen Rechtsmittelbelehrung liege wegen der Höhe der streitbefangenen Leistung ein Berufungsausschluss vor. Ein Zulassungsgrund sei nicht erkennbar. Im Übrigen hält er die vom SG getroffene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass mit dem Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I, 444; nachfolgend: SGGÄndG), in Kraft getreten am 1. April 2008, die Berufung bei einem Beschwerdewert von bis zu EUR 750 anstelle bislang EUR 500 von einer Zulassung abhängig gemacht wurde (Änderung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unter Art. 1 Nr. 24 a SGGÄndG). Würde man entsprechend dem Vorbringen des Beklagten hinsichtlich der Anwendbarkeit der Neufassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung abstellen, wäre die Berufung als unzulässig zu verwerfen, da der Beschwerdewert in Höhe einer hier maximal möglichen Leistung von EUR 675,00 die eben genannte Berufungssumme von EUR 750,00 unterschreitet und ein Zulassungsgrund gem. § 144 Abs. 2 SGG (beispielsweise: grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) nicht ersichtlich ist. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhöhung der Berufungssumme bestehen nicht. Durch die Änderung wird weder das Recht auf den gesetzlichen Richter betroffen, noch verstößt die Einschränkung der Rechtsmittelmöglichkeit gegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG - Rechtsschutzgarantie) oder Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör (s. auch BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1992, 2 BvR 1307/91, zitiert nach Juris)). Eine Übergangsvorschrift enthält das SGGÄndG - im Unterschied zu der mit dem Rechtpflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847 - RpflVereinfG) vorgenommenen, ähnlich gelagerten Änderung der ZPO, über die das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 5. Juni 1992 entschieden hat (2 BvR 1307/91, s.o.) - nicht.
Nach Auffassung des Senats ist für die Anwendbarkeit der Neufassung des § 144 SGG auf den Zeitpunkt der Herausgabe des hier angefochtenen Gerichtsbescheids zur Post abzustellen. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dem SGGÄndG beabsichtigte, den Beteiligten ein Rechtsmittel abzuschneiden, das bei Erlass der angefochtenen Entscheidung noch gegeben war (hierzu: BSG, Urteil vom 30. März 1993, 3 RK 1/93, zitiert nach Juris, Rn. 11). Da die dem angefochtenen Gerichtsbescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung noch der alten Fassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG entsprach, kann davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten und auch das SG den Rechtsstreit unter der Annahme der uneingeschränkten Statthaftigkeit einer Berufung führten. Es mag sein, dass für den - informierten - Beteiligten erkennbar war, dass zum 1. April 2008 eine Erhöhung der Berufungssumme geplant war. Gleichwohl hält es der Senat nicht für gerechtfertigt, bei Entscheidungen, die im März erlassen wurden, von einer Verkürzung der Berufungsfrist zum Ablauf des 31. März 2008 auszugehen. Dagegen spricht, dass die Beteiligten dann zumindest in der Rechtsmittelbelehrung auf diesen Umstand hätten hingewiesen werden müssen - was jedenfalls vorliegend nicht geschehen war. Dabei ist auch zu bedenken, dass das SGGÄndG erst vom 26. März 2008 datiert. Die Rechtsmittelbelehrung des SG würde sich, wenn von einem Wegfall der Berufungsmöglichkeit zum 1. April 2008 ausgegangen werden würde, als unrichtig erweisen. Zwar führt die - unrichtige - Belehrung über ein tatsächlich nicht statthaftes Rechtsmittel nicht zu dessen Statthaftigkeit. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten, insbesondere der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1992, s.o.) wäre es jedoch nicht angemessen, dies auch anzunehmen, wenn die Belehrung nur hinsichtlich der Frist, bis zu der das Rechtsmittel noch statthaft ist, unrichtig ist. Denn im zuletzt genannten Fall, würde - im Unterschied zur ersten Konstellation - den Beteiligten etwas genommen, was sie bei rechtzeitiger Einlegung des Rechtsmittels noch hätten haben können. Hier muss eine Lösung gefunden werden, die nicht zu Lasten des Beteiligten wirkt (vgl. zur irrtümlichen Verwendung der üblichen Rechtsmittelbelehrung bei der zulassungsfreien Berufung: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 144 Rn. 45). Diese Lösung sieht der Senat, wie bereits ausgeführt, darin, dass hinsichtlich der Anwendung der Neufassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung abzustellen ist (so auch die im RpflVereinfG (s.o.) enthaltene Übergangsregelung).
Bei Entscheidungen, die ohne mündliche Verhandlung ergehen und die gemäß §§ 133, 132 Abs. 1, ggf. § 105 Abs. 1, Abs. 3 SGG an sich erst mit der Zustellung wirksam werden, darf, um zufällige, von der Dauer der Zustellung abhängige Ergebnisse zu vermeiden, nicht auf die Zustellung, sondern es muss auf die Verlautbarung der Entscheidung abgestellt werden. Dies ist hier der Zeitpunkt, zu dem die Geschäftsstelle das Urteil zum Zweck der Zustellung hinausgegeben hat. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt liegt eine Bindung des Gerichts an seine Entscheidung vor (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 125 Rn. 4 b). Ab diesem Zeitpunkt endet auch der Anspruch der Beteiligten auf die Gewährung von rechtlichem Gehör (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 62 Rn. 7 d). Dieser Zeitpunkt bedeutet einen Einschnitt, ab dem die Beteiligten oder das Gericht den Prozess nicht mehr aktiv beeinflussen können. Angesichts der oben erwähnten Gesichtspunkte, insbesondere des Vertrauensschutzes, ist hinsichtlich der Frage der Anwendung der Neufassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG auf diesen Zeitpunkt abzustellen.
Die mithin zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen ausführlich und zutreffend wiedergegeben. Ferner hat es zu Recht dargelegt, dass die von der Klägerin von der polnischen Rentenversicherung erhaltene Bestattungsbeihilfe in Höhe von umgerechnet EUR 1.295,00 auf das dem Grunde nach zustehende Bestattungsgeld nach dem BVG in Höhe von EUR 675,00 in vollem Umfang anzurechnen ist und somit kein Auszahlungsbetrag verbleibt. Das SG hat die Klägerin ferner ausreichend darauf hingewiesen, dass damit Doppelleistungen aus Anlass des Todes eines Beschädigten verhindert werden sollen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf den gesamten Inhalt der Entscheidungsgründe, denen er sich in vollem Umfang anschließt, gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Ergänzend wird im Hinblick auf das fehlende Verständnis der Klägerin dafür, dass die nach polnischem Recht gewährte Bestattungsbeihilfe auf das nach deutschem Recht in Betracht kommende Bestattungsgeld anzurechnen ist, noch einmal betont, dass § 36 BVG eine Anrechnung aller nach anderen gesetzlichen Vorschriften, ggf. auch gesetzlichen Vorschriften eines anderen Staates, für denselben Zweck - (anteilige) Deckung der Unkosten für die Bestattung - gewährter Leistungen auf das Bestattungsgeld vorsieht.
Sowohl die Bestattungsbeihilfe aus der polnischen Rentenversicherung als auch das Bestattungsgeld nach dem BVG werden nach Pauschalen gewährt. Daher kann nicht berücksichtigt werden, dass die ausgezahlte Bestattungsbeihilfe der polnischen Rentenversicherung nach dem Vorbringen der Klägerin die Bestattungsausgaben nicht voll gedeckt hat.
Soweit die Klägerin von Mitarbeitern der polnischen Versicherungsanstalt zur Frage der Anrechnung andere Informationen erhalten haben sollte, sind diese unzutreffend gewesen.
Die Berufung war mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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