Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 48/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 48/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09.12.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Qualifikationsgruppeneinstufung bei der Erwerbsunfähigkeitsrente der am 30.10.2002 verstorbenen Ehefrau des Klägers.
Die 1944 in Oberschlesien geborene Ehefrau des Klägers (W. T.) lebte ab 1945 in Rumänien. Dort besuchte sie für 7 Jahre die Hauptschule und anschließend bis September 1962 die Mittelschule, die sie ausweislich ihres Arbeitsbuches und den Ausführungen des Klägers nach der 11. Klasse mit dem "Abiturdiplom" abschloss. Im Zeitraum 01.10.1962 bis 31.03.1964 war sie als Vertretungslehrerin, ferner laut Arbeitsbuch vom 01.04.1964 bis 20.04.1967 als Hauptbuchhalterin, vom 21.04.1967 bis 30.09.1969 als Buchhalterin der Kategorie I, vom 01.10. bis 31.10.1969 als Büroleiterin, vom 01.11.1969 bis 31.01.1971 als Chefbuchhalterin und vom 01.02.1971 bis 20.02.1984 wiederum als Hauptbuchhalterin beschäftigt.
Im April 1984 siedelten der Kläger und W. T. nach Deutschland über. Hier arbeitete sie als Kontrolleurin in einer Druckgießerei. Auf ihren am 09.02.1999 gestellten Antrag gewährte die damalige LVA Württemberg ihr mit Bescheid vom 29.03.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1999. Dabei stufte sie die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten vom 01.10.1962 bis 10.08.1963 und 15.09.1963 bis 31.03.1964 in Qualifikationsgruppe 5 des Bereichs 18 der Anlage 14 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) und die Zeiten vom 01.04. bis 21.12.1964, 14.04.1965 bis 21.04.1966, 13.08.1966 bis 01.04.1968, 24.07.1968 bis 20.02.1984 in Qualifikationsgruppe 5 des Bereichs 14 der Anlage 14 zum SGB VI ein. Für einen Teil der Zeiten ab 01.01.1967 nahm sie Teilzeitbeschäftigung zwischen 98 und 100 % der vollen Arbeitszeit an. Gegen den Bescheid legte W. T. mit der Begründung Widerspruch ein, für den Zeitraum 1962 bis 1984 sei die Qualifikationsgruppe 4 zugrunde zu legen, die Beklagte habe zu Unrecht teilweise eine Teilzeitbeschäftigung angenommen, der Rentenbescheid sei nach der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Faktor 0,6 zu überprüfen und es sei eine Zeit der Schulausbildung bis September 1962 anzuerkennen. Die Beklagte berücksichtigte im Neufeststellungsbescheid vom 22.11.1999 zusätzlich die Zeit vom 01.08.1962 bis 05.09.1962 als Zeit der Schulausbildung und legte durchgehend Vollzeitbeschäftigung zugrunde. Sie wies im Übrigen den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.03.1999 mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2000 zurück. Die Verwaltungsakten beinhalten den Vermerk über die Absendung des Widerspruchsbescheids am 04.04.2000 an W. T. und einer Kopie des Widerspruchsbescheides am 05.04.2000 an ihren bereits im Widerspruchsverfahren bestellten Bevollmächtigten.
Am Dienstag, dem 09.05.2000 erhob W. T. Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Sie machte einen Anspruch auf höhere Rente unter Zugrundelegung von Qualifikationsgruppe 2 ab 01.04.1964, hilfsweise ab 01.04.1974 geltend und legte eine Übersetzung ihres Arbeitsbuches vor. Wegen der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes (FRG) wurde auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 10.01.2001 das Ruhen des Verfahrens angeordnet (S 9 RJ 996/00).
Auf seinen Antrag gewährte die Beklagte dem Kläger nach dem Tod von W. T. große Witwerrente ab 01.11.2002.
Am 05.01.2004 rief der Kläger das Gerichtsverfahren wieder an (S 10 RJ 48/04). Die Beklagte erklärte sich mit Schriftsatz vom 23.03.2004 bereit, bei der Bewertung der FRG-Zeiten ab 01.04.1970 die Qualifikationsgruppe 4 zugrunde zu legen und die Erwerbsunfähigkeitsrente entsprechend neu zu berechnen. Sollte das Bundesverfassungsgericht zu einem späteren Zeitpunkt die Anwendung des Faktors 0,6 bei der Bewertung der FRG-Zeiten für verfassungswidrig erklären, werde die Rente neu berechnet werden. Mit Bescheid vom 26.04.2004 führte die Beklagte das Teilanerkenntnis aus. Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2005 an.
Der Kläger trug vor, zu den Tätigkeiten von W. T. hätten Buchführung und Buchprüfung im Ein- und Verkauf, das Erstellen von Lohn- und Gehaltsabrechnungen und die Prüfung der Jahresbilanz des Unternehmens gehört. Er könne Angaben über ihre Tätigkeiten machen, da er über 20 Jahre im gleichen Betrieb tätig gewesen sei. Die Tätigkeit seiner Ehefrau habe sich während der Zeit ihrer Beschäftigung in der Staatlichen Agrargenossenschaft in Rumänien nicht geändert. Soweit das Arbeitsbuch unterschiedliche Berufsbezeichnungen beinhalte, handele es sich lediglich um Umbenennungen derselben Tätigkeit. Die Beklagte trug vor, eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 würde voraussetzen, dass W. T. eine Berufsausbildung auf "mittlerer Ebene" zurückgelegt hätte. Im kaufmännischem Bereich erfolge eine derartige Berufsausbildung am 4-jährigen "Handels-Lyzeum". Ein Nachweis für den Besuch eines Handels-Lyzeums liege nicht vor. Die Beklagte legte Auszüge der Schrift "Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen" des Bundesministeriums für Wirtschaft vor.
Mit Urteil vom 9.12.2005 wies das SG die Klage ab.
Am 03.01.2006 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Zur Frage der Klagefrist hat er vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei bei seinem Prozessbevollmächtigten am 07.04.2000 eingegangen. Nach dessen Vermerk, den dieser "bestimmt dem Briefumschlag entnommen" habe, sei er am 06.04.2000 abgesandt worden. Den an W. T. gerichteten Widerspruchsbescheid habe er, der Kläger nicht gefunden. Möglicherweise habe sein Prozessbevollmächtigter W. T. im April 2000 mitgeteilt, sie müsse diesem den Widerspruchsbescheid nicht zusenden, weil er ja einen gleichen schon seit dem 07.04.2000 gehabt habe. Ferner trägt der Kläger vor, W. T. habe mit dem 1962 erworbenen sogenannten "Real-Abitur" nach dem seinerzeitigen rumänischen Recht zugleich eine Berufsausbildung erlernt. Im Hinblick auf ihre qualifizierte berufliche Tätigkeit, die sich in ihrem Verdienst und in der Vertretungsfunktion für ihren Abteilungsleiter widerspiegele, sei die Qualifikationsgruppe 2 für die Zeit ab 01.04.1964 zugrunde zu legen. Die Qualifikationsgruppe 4 zu einem früheren Zeitpunkt werde nicht mehr angestrebt, da hieraus aufgrund der bisherigen Berechnungen keine Nachzahlung erwartet werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09.12.2005 aufzuheben, die Bescheide vom 29.03. und 22.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2000, des von ihm angenommenen Teilanerkenntnisses vom 23.03.2004 und des Bescheids vom 07.12.2007 abzuändern und ihm als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1999 unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 2 für den Zeitraum 01.04.1964 bis 20.02.1984 zu gewähren.
Die Beklagte und die mit Beschluss vom 20.06.2007 zum Rechtsstreit beigeladene Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (Beigeladene) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei nach ihrem Aktenvermerk am 04.04.2000 an W. T. und am 05.04.2000 an den Bevollmächtigten des Klägers abgesandt worden. Praxis der Geschäftsstelle für Widerspruchsangelegenheiten in Stuttgart sei es, Widerspruchsbescheide, die auszufertigen seien, mit dem Tagesstempel zu versehen, wenn sie bis zur Mittagszeit ausgefertigt würden. Damit sei gewährleistet, dass sie das Haus am selben Tag über die Poststelle verlassen. Nach 12:00 Uhr würden die Widerspruchsbescheide mit dem Stempel für den nächsten Tag versehen, da sie dann mit Sicherheit erst am folgenden Tag das Haus verlassen würden. Ein postalischer Nachweis des Absendedatums sei jedoch nicht möglich.
Die Beigeladene hat mit Bescheid vom 07.12.2007 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 13.06.2006 - 1 BvL 9/00 u. a. - die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1999 neu berechnet. Sie vertritt die Auffassung, dass, da keine Ausbildung im Facharbeiterberuf des Buchhalters durchlaufen worden sei und auch keine Unterlagen über einen anderen Berufsabschluss oder darüber hinausgehende Qualifikationen im Bereich der Buchhaltung vorlägen, die Qualifikationsgruppe 4 lediglich auf der Basis der Berufserfahrung zu vergeben gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Qualifikationsgruppe 2 lägen nicht vor.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 29.03.1999 und 22.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 03.04.2000 und des vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses vom 23.03.2004 sowie der Bescheid der Beigeladenen vom 07.12.2007, mit dem diese die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen des nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu gewährenden Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten neu berechnete und der deshalb gemäß § 96 Abs. 1 SGG in der bis 31.03.2008 geltenden Fassung (a. F. - zum 01.04.2008 geändert durch Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, BGBl. I, S. 444) in das Verfahren einbezogen wurde. Nicht zu entscheiden hat der Senat über die Rechtmäßigkeit der Bescheide über die Gewährung von Witwerrente. Diese sind nicht entsprechend § 96 Abs. 1 SGG a. F. in das Verfahren einzubeziehen. Eine entsprechende Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG a. F. im Fall der Gewährung von Hinterbliebenenrente während der Rechtshängigkeit eines Rechtsstreits über die Versichertenrente kommt nur dann in Betracht, wenn die neue Bescheidregelung sich auf den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits auswirken kann. Dass der neue Bescheid zu einem bestimmten Punkt eine gleiche Beurteilung enthält wie der frühere Bescheid, ist nicht ausreichend (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1982 - 11 RA 74/81 = SozR 1500 § 96 SGG Nr. 27).
Die Berufung ist unbegründet. Allerdings wurde die Klage fristgerecht erhoben. Gemäß § 87 SGG ist die Klage innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Gemäß § 37 Abs. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Nach dem Vortrag der Beklagten unter Berufung auf den entsprechenden Vermerk in den Verwaltungsakten wurde der Widerspruchsbescheid vom 03.04.2000 am 05.04.2000 an den bereits damals bestellten Bevollmächtigten der Klägerin abgesandt. Dem widerspricht jedoch der Vermerk des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf dem Widerspruchsbescheid "Aufgabe 06.04. = Do". Der Senat glaubt dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass er das Datum dem Briefumschlag entnommen hat. Zwar werden nach der Praxis der Widerspruchsstelle der Beklagten grundsätzlich Widerspruchsbescheide, die erst ab der Mittagszeit ausgefertigt werden, mit dem Tagesstempel des folgenden Tages versehen, um zu gewährleisten, dass sie das Haus am selben Tag über die Poststelle verlassen. Der Senat hält es aber für möglich, dass in Einzelfällen versehentlich hiervon mit der Folge abgewichen wird, dass der Widerspruchsbescheid tatsächlich erst einen Tag später zur Post gegeben wird. Unter Zugrundelegung der Aufgabe zur Post am Donnerstag, dem 06.04.2000, galt der Widerspruchsbescheid ungeachtet des durch den Prozessbevollmächtigten mitgeteilten früheren tatsächlichen Zugangs nach § 37 Abs. 3 S. 1 SGB X am 09.04.2000 als zugegangen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut gilt die Fiktion des § 37 Abs. 3 S. 1 SGB X auch dann, wenn es sich bei dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post - wie hier - um einen Sonntag handelt (vgl. zu § 4 Abs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz [VwZG] BSG, Urteil vom 19.03.1957 - 10 RV 609/56 = BSGE 5, 53, 54). Die Klagefrist begann daher nach § 64 Abs. 1 SGG am 10.04.2000 zu laufen und endete gem. § 64 Abs. 2 SGG am 09.05.2000, dem Tag des Eingangs der Klage beim SG. Allerdings wurde der Widerspruchsbescheid auch an W. T. selbst übersandt. Gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten nicht zwingend und bei Bekanntgabe gegenüber beiden die frühere entscheidend (vgl. Krasney in Kasseler Kommentar, § 37 SGB X Rdnr. 5). Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Umstände hat der Senat jedoch Zweifel daran, dass W. T. der Widerspruchsbescheid am dritten Tag nach der laut dem Vermerk in den Verwaltungsakten am 04.04.2000 erfolgten Aufgabe zur Post, also am 07.04.2000, zugegangen ist. Dabei berücksichtigt das Gericht die bestehenden Unklarheiten bezüglich des Absendedatums gegenüber dem Prozessbevollmächtigten und den Hinweis des Prozessbevollmächtigten, er habe W. T. evtl. im April 2000 mitgeteilt, sie müsse ihm diesen Bescheid nicht zusenden, weil er ja einen gleichen "schon" seit dem 07.04.2000 habe. Daraus lässt sich folgern, dass der Prozessbevollmächtigte den Widerspruchsbescheid früher erhalten hatte als seine Mandantin. Etwas anderes kann auch die Beklagte nicht nachweisen, so dass die Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht gilt. Maßgebend für die Berechnung der Klagefrist ist demnach die Bekanntgabe gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Folge, dass die Klagefrist gewahrt ist.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, weil der Kläger als Rechtsnachfolger von W. T. gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) keinen Anspruch auf höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 2 ab 01.04.1964 hat.
Rechtsgrundlage für die Qualifikationsgruppeneinstufung bei der Rente von W. T. ist § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG i. V. m. § 256 b Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Nach der danach vorzunehmenden Einstufung in eine der in der Anlage 13 zum SGB VI genannten Qualifikationsgruppen sind in Qualifikationsgruppe 2 - Fachschulabsolventen - eingestuft, nämlich: 1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist. 2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist. 3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen. 4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z. B. Topograph, Grubensteiger) führten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.
Die Beklagte hat W. T. zu Recht ab 01.04.1964 in Qualifikationsgruppe 5 und ab 01.04.1970 in Qualifikationsgruppe 4 eingestuft. W. T. hat keine Berufsausbildung absolviert. Der Besuch der Mittelschule mit dem Abschluss des Abiturdiploms ist als Schulausbildung, nicht als Berufsausbildung anzusehen. Eine Fachschule oder ein Fachlyzeum, mit dem in Rumänien eine mittlere Berufsqualifikation erworben werden konnte (vgl. die Schrift "Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen" des Bundesministeriums für Wirtschaft, S. 33, Müller in "Die Qual mit den Qualifikationsgruppen", Die Angestelltenversicherung" 1995, S. 358 f.), hat W. T. nicht besucht. Allein der Vortrag des Klägers, seine Ehefrau habe eine qualifizierte Tätigkeit ausgeübt, was sich aus ihrem Verdienst und ihrer Funktion als Vertreterin des Abteilungsleiters ergebe, führt nicht zu einer höheren Einstufung. Maßgebend für die angestrebte Qualifikationsgruppe 2 ist der absolvierte Fachschulabschluss bzw. eine entsprechende Qualifikation, für die aufgrund der Berufserfahrung ab 01.04.1970 zuerkannte Qualifikationsgruppe 4 die bestandene Facharbeiterprüfung, das vorhandene Facharbeiterzeugnis bzw. die langjährige Berufserfahrung. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen im Urteil des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Entscheidungsgründe (Seite 6, vorletzter Absatz bis Seite 7, erster Absatz).
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Qualifikationsgruppeneinstufung bei der Erwerbsunfähigkeitsrente der am 30.10.2002 verstorbenen Ehefrau des Klägers.
Die 1944 in Oberschlesien geborene Ehefrau des Klägers (W. T.) lebte ab 1945 in Rumänien. Dort besuchte sie für 7 Jahre die Hauptschule und anschließend bis September 1962 die Mittelschule, die sie ausweislich ihres Arbeitsbuches und den Ausführungen des Klägers nach der 11. Klasse mit dem "Abiturdiplom" abschloss. Im Zeitraum 01.10.1962 bis 31.03.1964 war sie als Vertretungslehrerin, ferner laut Arbeitsbuch vom 01.04.1964 bis 20.04.1967 als Hauptbuchhalterin, vom 21.04.1967 bis 30.09.1969 als Buchhalterin der Kategorie I, vom 01.10. bis 31.10.1969 als Büroleiterin, vom 01.11.1969 bis 31.01.1971 als Chefbuchhalterin und vom 01.02.1971 bis 20.02.1984 wiederum als Hauptbuchhalterin beschäftigt.
Im April 1984 siedelten der Kläger und W. T. nach Deutschland über. Hier arbeitete sie als Kontrolleurin in einer Druckgießerei. Auf ihren am 09.02.1999 gestellten Antrag gewährte die damalige LVA Württemberg ihr mit Bescheid vom 29.03.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1999. Dabei stufte sie die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten vom 01.10.1962 bis 10.08.1963 und 15.09.1963 bis 31.03.1964 in Qualifikationsgruppe 5 des Bereichs 18 der Anlage 14 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) und die Zeiten vom 01.04. bis 21.12.1964, 14.04.1965 bis 21.04.1966, 13.08.1966 bis 01.04.1968, 24.07.1968 bis 20.02.1984 in Qualifikationsgruppe 5 des Bereichs 14 der Anlage 14 zum SGB VI ein. Für einen Teil der Zeiten ab 01.01.1967 nahm sie Teilzeitbeschäftigung zwischen 98 und 100 % der vollen Arbeitszeit an. Gegen den Bescheid legte W. T. mit der Begründung Widerspruch ein, für den Zeitraum 1962 bis 1984 sei die Qualifikationsgruppe 4 zugrunde zu legen, die Beklagte habe zu Unrecht teilweise eine Teilzeitbeschäftigung angenommen, der Rentenbescheid sei nach der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Faktor 0,6 zu überprüfen und es sei eine Zeit der Schulausbildung bis September 1962 anzuerkennen. Die Beklagte berücksichtigte im Neufeststellungsbescheid vom 22.11.1999 zusätzlich die Zeit vom 01.08.1962 bis 05.09.1962 als Zeit der Schulausbildung und legte durchgehend Vollzeitbeschäftigung zugrunde. Sie wies im Übrigen den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.03.1999 mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2000 zurück. Die Verwaltungsakten beinhalten den Vermerk über die Absendung des Widerspruchsbescheids am 04.04.2000 an W. T. und einer Kopie des Widerspruchsbescheides am 05.04.2000 an ihren bereits im Widerspruchsverfahren bestellten Bevollmächtigten.
Am Dienstag, dem 09.05.2000 erhob W. T. Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Sie machte einen Anspruch auf höhere Rente unter Zugrundelegung von Qualifikationsgruppe 2 ab 01.04.1964, hilfsweise ab 01.04.1974 geltend und legte eine Übersetzung ihres Arbeitsbuches vor. Wegen der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 22 Abs. 4 des Fremdrentengesetzes (FRG) wurde auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 10.01.2001 das Ruhen des Verfahrens angeordnet (S 9 RJ 996/00).
Auf seinen Antrag gewährte die Beklagte dem Kläger nach dem Tod von W. T. große Witwerrente ab 01.11.2002.
Am 05.01.2004 rief der Kläger das Gerichtsverfahren wieder an (S 10 RJ 48/04). Die Beklagte erklärte sich mit Schriftsatz vom 23.03.2004 bereit, bei der Bewertung der FRG-Zeiten ab 01.04.1970 die Qualifikationsgruppe 4 zugrunde zu legen und die Erwerbsunfähigkeitsrente entsprechend neu zu berechnen. Sollte das Bundesverfassungsgericht zu einem späteren Zeitpunkt die Anwendung des Faktors 0,6 bei der Bewertung der FRG-Zeiten für verfassungswidrig erklären, werde die Rente neu berechnet werden. Mit Bescheid vom 26.04.2004 führte die Beklagte das Teilanerkenntnis aus. Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2005 an.
Der Kläger trug vor, zu den Tätigkeiten von W. T. hätten Buchführung und Buchprüfung im Ein- und Verkauf, das Erstellen von Lohn- und Gehaltsabrechnungen und die Prüfung der Jahresbilanz des Unternehmens gehört. Er könne Angaben über ihre Tätigkeiten machen, da er über 20 Jahre im gleichen Betrieb tätig gewesen sei. Die Tätigkeit seiner Ehefrau habe sich während der Zeit ihrer Beschäftigung in der Staatlichen Agrargenossenschaft in Rumänien nicht geändert. Soweit das Arbeitsbuch unterschiedliche Berufsbezeichnungen beinhalte, handele es sich lediglich um Umbenennungen derselben Tätigkeit. Die Beklagte trug vor, eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 würde voraussetzen, dass W. T. eine Berufsausbildung auf "mittlerer Ebene" zurückgelegt hätte. Im kaufmännischem Bereich erfolge eine derartige Berufsausbildung am 4-jährigen "Handels-Lyzeum". Ein Nachweis für den Besuch eines Handels-Lyzeums liege nicht vor. Die Beklagte legte Auszüge der Schrift "Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen" des Bundesministeriums für Wirtschaft vor.
Mit Urteil vom 9.12.2005 wies das SG die Klage ab.
Am 03.01.2006 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Zur Frage der Klagefrist hat er vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei bei seinem Prozessbevollmächtigten am 07.04.2000 eingegangen. Nach dessen Vermerk, den dieser "bestimmt dem Briefumschlag entnommen" habe, sei er am 06.04.2000 abgesandt worden. Den an W. T. gerichteten Widerspruchsbescheid habe er, der Kläger nicht gefunden. Möglicherweise habe sein Prozessbevollmächtigter W. T. im April 2000 mitgeteilt, sie müsse diesem den Widerspruchsbescheid nicht zusenden, weil er ja einen gleichen schon seit dem 07.04.2000 gehabt habe. Ferner trägt der Kläger vor, W. T. habe mit dem 1962 erworbenen sogenannten "Real-Abitur" nach dem seinerzeitigen rumänischen Recht zugleich eine Berufsausbildung erlernt. Im Hinblick auf ihre qualifizierte berufliche Tätigkeit, die sich in ihrem Verdienst und in der Vertretungsfunktion für ihren Abteilungsleiter widerspiegele, sei die Qualifikationsgruppe 2 für die Zeit ab 01.04.1964 zugrunde zu legen. Die Qualifikationsgruppe 4 zu einem früheren Zeitpunkt werde nicht mehr angestrebt, da hieraus aufgrund der bisherigen Berechnungen keine Nachzahlung erwartet werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09.12.2005 aufzuheben, die Bescheide vom 29.03. und 22.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2000, des von ihm angenommenen Teilanerkenntnisses vom 23.03.2004 und des Bescheids vom 07.12.2007 abzuändern und ihm als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1999 unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 2 für den Zeitraum 01.04.1964 bis 20.02.1984 zu gewähren.
Die Beklagte und die mit Beschluss vom 20.06.2007 zum Rechtsstreit beigeladene Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (Beigeladene) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei nach ihrem Aktenvermerk am 04.04.2000 an W. T. und am 05.04.2000 an den Bevollmächtigten des Klägers abgesandt worden. Praxis der Geschäftsstelle für Widerspruchsangelegenheiten in Stuttgart sei es, Widerspruchsbescheide, die auszufertigen seien, mit dem Tagesstempel zu versehen, wenn sie bis zur Mittagszeit ausgefertigt würden. Damit sei gewährleistet, dass sie das Haus am selben Tag über die Poststelle verlassen. Nach 12:00 Uhr würden die Widerspruchsbescheide mit dem Stempel für den nächsten Tag versehen, da sie dann mit Sicherheit erst am folgenden Tag das Haus verlassen würden. Ein postalischer Nachweis des Absendedatums sei jedoch nicht möglich.
Die Beigeladene hat mit Bescheid vom 07.12.2007 unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 13.06.2006 - 1 BvL 9/00 u. a. - die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1999 neu berechnet. Sie vertritt die Auffassung, dass, da keine Ausbildung im Facharbeiterberuf des Buchhalters durchlaufen worden sei und auch keine Unterlagen über einen anderen Berufsabschluss oder darüber hinausgehende Qualifikationen im Bereich der Buchhaltung vorlägen, die Qualifikationsgruppe 4 lediglich auf der Basis der Berufserfahrung zu vergeben gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Qualifikationsgruppe 2 lägen nicht vor.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 29.03.1999 und 22.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 03.04.2000 und des vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses vom 23.03.2004 sowie der Bescheid der Beigeladenen vom 07.12.2007, mit dem diese die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen des nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu gewährenden Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten neu berechnete und der deshalb gemäß § 96 Abs. 1 SGG in der bis 31.03.2008 geltenden Fassung (a. F. - zum 01.04.2008 geändert durch Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, BGBl. I, S. 444) in das Verfahren einbezogen wurde. Nicht zu entscheiden hat der Senat über die Rechtmäßigkeit der Bescheide über die Gewährung von Witwerrente. Diese sind nicht entsprechend § 96 Abs. 1 SGG a. F. in das Verfahren einzubeziehen. Eine entsprechende Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG a. F. im Fall der Gewährung von Hinterbliebenenrente während der Rechtshängigkeit eines Rechtsstreits über die Versichertenrente kommt nur dann in Betracht, wenn die neue Bescheidregelung sich auf den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits auswirken kann. Dass der neue Bescheid zu einem bestimmten Punkt eine gleiche Beurteilung enthält wie der frühere Bescheid, ist nicht ausreichend (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1982 - 11 RA 74/81 = SozR 1500 § 96 SGG Nr. 27).
Die Berufung ist unbegründet. Allerdings wurde die Klage fristgerecht erhoben. Gemäß § 87 SGG ist die Klage innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Gemäß § 37 Abs. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Nach dem Vortrag der Beklagten unter Berufung auf den entsprechenden Vermerk in den Verwaltungsakten wurde der Widerspruchsbescheid vom 03.04.2000 am 05.04.2000 an den bereits damals bestellten Bevollmächtigten der Klägerin abgesandt. Dem widerspricht jedoch der Vermerk des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf dem Widerspruchsbescheid "Aufgabe 06.04. = Do". Der Senat glaubt dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass er das Datum dem Briefumschlag entnommen hat. Zwar werden nach der Praxis der Widerspruchsstelle der Beklagten grundsätzlich Widerspruchsbescheide, die erst ab der Mittagszeit ausgefertigt werden, mit dem Tagesstempel des folgenden Tages versehen, um zu gewährleisten, dass sie das Haus am selben Tag über die Poststelle verlassen. Der Senat hält es aber für möglich, dass in Einzelfällen versehentlich hiervon mit der Folge abgewichen wird, dass der Widerspruchsbescheid tatsächlich erst einen Tag später zur Post gegeben wird. Unter Zugrundelegung der Aufgabe zur Post am Donnerstag, dem 06.04.2000, galt der Widerspruchsbescheid ungeachtet des durch den Prozessbevollmächtigten mitgeteilten früheren tatsächlichen Zugangs nach § 37 Abs. 3 S. 1 SGB X am 09.04.2000 als zugegangen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut gilt die Fiktion des § 37 Abs. 3 S. 1 SGB X auch dann, wenn es sich bei dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post - wie hier - um einen Sonntag handelt (vgl. zu § 4 Abs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz [VwZG] BSG, Urteil vom 19.03.1957 - 10 RV 609/56 = BSGE 5, 53, 54). Die Klagefrist begann daher nach § 64 Abs. 1 SGG am 10.04.2000 zu laufen und endete gem. § 64 Abs. 2 SGG am 09.05.2000, dem Tag des Eingangs der Klage beim SG. Allerdings wurde der Widerspruchsbescheid auch an W. T. selbst übersandt. Gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist die Bekanntgabe gegenüber dem Bevollmächtigten nicht zwingend und bei Bekanntgabe gegenüber beiden die frühere entscheidend (vgl. Krasney in Kasseler Kommentar, § 37 SGB X Rdnr. 5). Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Umstände hat der Senat jedoch Zweifel daran, dass W. T. der Widerspruchsbescheid am dritten Tag nach der laut dem Vermerk in den Verwaltungsakten am 04.04.2000 erfolgten Aufgabe zur Post, also am 07.04.2000, zugegangen ist. Dabei berücksichtigt das Gericht die bestehenden Unklarheiten bezüglich des Absendedatums gegenüber dem Prozessbevollmächtigten und den Hinweis des Prozessbevollmächtigten, er habe W. T. evtl. im April 2000 mitgeteilt, sie müsse ihm diesen Bescheid nicht zusenden, weil er ja einen gleichen "schon" seit dem 07.04.2000 habe. Daraus lässt sich folgern, dass der Prozessbevollmächtigte den Widerspruchsbescheid früher erhalten hatte als seine Mandantin. Etwas anderes kann auch die Beklagte nicht nachweisen, so dass die Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht gilt. Maßgebend für die Berechnung der Klagefrist ist demnach die Bekanntgabe gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Folge, dass die Klagefrist gewahrt ist.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, weil der Kläger als Rechtsnachfolger von W. T. gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) keinen Anspruch auf höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 2 ab 01.04.1964 hat.
Rechtsgrundlage für die Qualifikationsgruppeneinstufung bei der Rente von W. T. ist § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG i. V. m. § 256 b Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Nach der danach vorzunehmenden Einstufung in eine der in der Anlage 13 zum SGB VI genannten Qualifikationsgruppen sind in Qualifikationsgruppe 2 - Fachschulabsolventen - eingestuft, nämlich: 1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist. 2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist. 3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen. 4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z. B. Topograph, Grubensteiger) führten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.
Die Beklagte hat W. T. zu Recht ab 01.04.1964 in Qualifikationsgruppe 5 und ab 01.04.1970 in Qualifikationsgruppe 4 eingestuft. W. T. hat keine Berufsausbildung absolviert. Der Besuch der Mittelschule mit dem Abschluss des Abiturdiploms ist als Schulausbildung, nicht als Berufsausbildung anzusehen. Eine Fachschule oder ein Fachlyzeum, mit dem in Rumänien eine mittlere Berufsqualifikation erworben werden konnte (vgl. die Schrift "Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen" des Bundesministeriums für Wirtschaft, S. 33, Müller in "Die Qual mit den Qualifikationsgruppen", Die Angestelltenversicherung" 1995, S. 358 f.), hat W. T. nicht besucht. Allein der Vortrag des Klägers, seine Ehefrau habe eine qualifizierte Tätigkeit ausgeübt, was sich aus ihrem Verdienst und ihrer Funktion als Vertreterin des Abteilungsleiters ergebe, führt nicht zu einer höheren Einstufung. Maßgebend für die angestrebte Qualifikationsgruppe 2 ist der absolvierte Fachschulabschluss bzw. eine entsprechende Qualifikation, für die aufgrund der Berufserfahrung ab 01.04.1970 zuerkannte Qualifikationsgruppe 4 die bestandene Facharbeiterprüfung, das vorhandene Facharbeiterzeugnis bzw. die langjährige Berufserfahrung. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen im Urteil des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Entscheidungsgründe (Seite 6, vorletzter Absatz bis Seite 7, erster Absatz).
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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