L 10 R 1384/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 4944/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1384/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.02.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger erstrebt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im Jahre 1953 geborene Kläger ist ursprünglich Linkshänder. Eigenen Angaben zufolge hat er den Beruf des Landwirts gelernt, war aber ab 1986 als Gabelstaplerfahrer und ab dem Jahre 2000 als Verpacker tätig. Er leidet im Wesentlichen an Schulterbeschwerden, Wirbelsäulenbeschwerden, einem Reizzustand des linken Kniegelenkes sowie einer Funktionsminderung der linken Hand nach einem im August 2001 erlittenen Arbeitsunfall.

Nach bestandskräftiger Ablehnung seiner am 10.12.2002, 15.04.2004 und 02.06.2005 gestellten vorangegangenen Rentenanträge beantragte der Kläger am 17.08.2006 erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beiziehung des Entlassungsberichts der R klinik Bad W. vom August 2006 (Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen ohne häufige Überkopfarbeiten, häufige einseitige Wirbelsäulenzwangshaltungen und überwiegende Belastung der linken Hand sechs Stunden und mehr) sowie einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. Z.-R. (zusätzlich Ausschluss von Tätigkeiten mit häufigem Klettern und Steigen, häufigem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, mit besonderen Belastungen durch Kälte und Nässe sowie mit besonderen Anforderungen an die Fein- und Grobmotorik der linken Hand; Leistungsvermögen sechs Stunden und mehr) mit Bescheid vom 11.09.2006 und Widerspruchsbescheid vom 05.12.2006 ab.

Am 19.12.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Das Sozialgericht hat daraufhin schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden K. (Leistungsvermögen unter sechs Stunden vornehmlich wegen einer beiderseits vorliegenden partiellen Schultersteife nach operativ versorgter Rotatorenmanschettenruptur rechts und links) und des Internisten Dr. Bl. (Leistungsvermögen sechs Stunden und mehr für allenfalls leichte Tätigkeiten mit qualitativer Einschränkungen wegen der Gesundheitsstörungen an der linken Hand, den Schultern und der Wirbelsäule) eingeholt. Darüber hinaus haben der Oberarzt der Abteilungsorthopädie/Sporttraumatologie des B krankenhauses U. Dr. F. (Leistungsvermögen sechs Stunden und mehr für leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten mit den bereits von Dr. Z.-R. angeführten qualitativen Einschränkungen sowie ohne Zeitdruck und taktgebundene Arbeiten, ohne Gefährdung an laufenden Maschinen, ohne Einwirkung von Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder überwiegend im Freien, ohne besondere Anforderungen an den Gleichgewichtssinn, die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit) und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. J. (Leistungsvermögen sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten mit den bereits von Dr. F. beschriebenen qualitativen Einschränkungen) schriftliche Sachverständigengutachten erstattet.

Mit Urteil vom 29.02.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger, zu dessen Gunsten kein Berufsschutz im Sinne des § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erkennbar sei, sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert i. S. des § 43 Abs. 2, Abs. 1 SGB VI. Denn er sei noch in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten.

Am 19.03.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29.02.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2006 aufzuheben und ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Ulm sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 05.12.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Ein solcher Anspruch des Klägers, der sich von dem nach eigenen Angaben erlernten Beruf des Landwirts bereits 1986 gelöst hat und angesichts der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Verpacker keinen Berufsschutz im Sinne des § 240 SGB VI genießt, ergibt sich auch nicht aus § 43 SGB VI. Denn der Kläger ist, was einen Anspruch nach § 43 Abs. 3 SGB VI ausschließt, noch in der Lage, jedenfalls leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Hinsichtlich der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers für zumindest leichte berufliche Tätigkeiten verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die Funktionsbeeinträchtigungen der im Jahre 2001 unfallverletzten linken Gebrauchshand führen lediglich zu einem Ausschluss von Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Fein- und Grobmotorik (vgl. hierzu die schlüssigen und im Übrigen auch übereinstimmenden Beurteilungen von Dr. Z.-R. , Dr. F. und Dr. J.) und sind daher unter Berücksichtigung der Vielfältigkeit auch körperlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebenfalls nicht geeignet, eine Verweisungspflicht zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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