L 6 U 6302/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1311/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 6302/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.08.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Entschädigung von Berufskrankheiten (BKen) nach den Nrn. 1302 und 1317 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Der am 03.05.1957 geborene Kläger machte nach dem Besuch der Volksschule von 1972 bis 1975 eine Lehre als Koch (ohne Abschluss). Anschließend war er bis 1978 als angelernter Dreher und von 1978 bis 1980 als Lagerist versicherungspflichtig beschäftigt. Von 1980 bis 1985 betrieb er als Selbstständiger einen Handel mit Waschmaschinen. Von 1985 bis 1990 war er bei der Firma L. als Fotodrucker beschäftigt, von 1990 bis 1995 bei derselben Firma als Leiter der Fotoabteilung. Von 1996 bis 1998 war er selbstständig im Bootshandel tätig, von Januar bis März 1998 war er als Fachhelfer im Bereich Maschinenbau bei der Firma T. und danach bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Juni 2000 bei der Firma K. (im folgenden: K.), die Folien für die Möbelherstellung fertigt, als Produktionsleiter beschäftigt.

Mit Schreiben vom 05.09.1991 meldete die B. Ersatzkasse bei der Beklagten im Hinblick auf mehrere Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers, als deren Ursache sie eine berufsbedingte chronische Intoxikation vermutete, Erstattungsansprüche an. Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Feststellungsverfahrens zog die Beklagte von der B. Ersatzkasse ein Vorerkrankungsverzeichnis bei und holte von den behandelnden Ärzten des Klägers Befundberichte ein. Der Hausarzt Dr. F. überwies den Kläger zur Untersuchung an das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin und Poliklinik für Berufskrankheiten der Universität E ... Aufgrund einer Untersuchung in der Firma L., an welcher auch eine Sicherheitsfachkraft des Betriebs, der Betriebsarzt Dr. Sch. und der Kläger teilgenommen hatten, erstattete der Dipl. Chemiker Dr. C. den Bericht vom 24.03.1992. Aufgrund der stationären Untersuchung vom 12. bis 14.10.1992 auf der Beobachtungsabteilung des erwähnten Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin erstattete Prof. Dr. L. das arbeitsmedizinische Gutachten vom 14.12.1992. Unter Mitberücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. G. vom 19.10.1992 diagnostizierte Prof. Dr. L. eine durch Halogenkohlenwasserstoffe induzierte toxische Enzephalopathie, welche die Voraussetzungen nach der Nr. 1302 der BK-Liste erfülle. Als uncharakteristisch müssten lediglich die ausschließlich linksseitig auftretenden Sensibilitätsstörungen und Kopfschmerzen angesehen werden. Hier liege wahrscheinlich eine Überlagerung mit einer BK-unabhängigen Migräne vor, wobei der Lösemitteleinwirkung die Rolle des Auslösers zukomme. Während seiner einjährigen Tätigkeit in der Siebdruckabteilung der Firma L. sei der Kläger in einem nicht exakt zu quantifizierenden, aber arbeitsmedizinisch signifikanten Ausmaß gegenüber Trichlorethylen exponiert gewesen. Während der anschließenden Tätigkeit in der Fotoabteilung sei der Kläger bei der Entwicklung belichteter Leiterplatten durch 1.1.1 Trichlorethan sowie durch Dichlormethan belastet worden. Gestützt auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. G. vom 19.10.1992, der aufgrund seiner Untersuchung nur noch leichtgradige Einschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit beschrieben hatte, schätzte Prof. Dr. L. die durch die BK bedingte MdE für die Zeit vom 04.01.1989 bis 31.03.1992 mit 20 vom Hundert (v. H.) ein. Ab dem 01.04.1992 bestehe aufgrund der Erkrankung keine messbare MdE mehr. Dank der zwischenzeitlich erfolgten Produktionsumstellung mit Verzicht auf halogenkohlenwasserstoffhaltige Lösungsmittel bestehe auch keine Notwendigkeit für arbeitsplatzbezogene Maßnahmen.

Nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. med. Dipl. Chemiker M. vom 24.03.1993 anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 26.11.1993 bei dem Kläger als Folgen einer Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe nach der Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKVO psychovegetative Beschwerden im Rahmen eines leichten, lösemittelbedingten, organischen Psychosyndroms. Nicht als Folgen der BK wurden anerkannt linksseitige Kopfschmerzen, linksseitige Parästhesien, leichter Leberschaden. Für die Zeit vom 07.05.1989 bis 31.03.1992 wurde dem Kläger Rente in Höhe von 20 v. H. der Vollrente bewilligt und zugleich eine Rentengewährung für die Zeit ab 01.04.1992 abgelehnt.

Nachdem der Kläger am 09.03.1998 seine Beschäftigung bei der K. aufgenommen hatte, teilte diese mit Schreiben vom 26.07.1999 der H.-Berufsgenossenschaft (in Folgenden: Beigeladene) als dem für sie zuständigen Unfallversicherungsträger mit, der Kläger habe vor ca. 3 Wochen über starke Nervenschmerzen geklagt und befinde sich seitdem im Krankenstand. Die Beigeladene bat die Beklagte mit Schreiben vom 03.08.1999, die Angelegenheit zuständigkeitshalber weiter zu bearbeiten, da der Versicherte seine Erkrankung auf eine von der Beklagten bereits anerkannte BK zurückführe. Am jetzigen Arbeitsplatz des Klägers bestehe kein Kontakt zu chlorierten Kohlenwasserstoffen, Lösemitteln oder sonstigen Chemikalien. Die Beklagte holte die Auskunft der K. vom 17.09.1999 ein. Der Kläger gab gegenüber der Beklagten unter dem 23.08.2000 an, bei seiner Tätigkeit als Produktionsleiter bei der K. habe er durch den Kontakt mit bestimmten PVC-Folien starke Beschwerden, nämlich Taubheit der linken Kopfseite, einen stechenden linksseitigen Kopfschmerz, Sprachstörungen, Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Übelkeit, Nervosität. Im Verlauf der Erkrankung seien noch starke Depressionen hinzugekommen.

Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte des Orthopäden Dr. L. vom 18.09.2000, des Allgemeinarztes L. vom 28.09.2000, des Neurologen und Psychiaters H. vom 03.10.2000, der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. vom 16.10.2000, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. F. vom 30.10.2000 und des Internisten Dipl. med. H. vom 02.11.2000 ein. Die Präventionsabteilung der Beigeladenen übersandte den Bericht vom 12.10.2000, in dem Dr. H. zu dem Ergebnis kam, der Kläger habe an seinem Arbeitsplatz keinerlei Kontakt mit Lacken, Klebern oder Lösungsmitteln auf der Basis chlorierter Kohlenwasserstoffe. PVC bestehe zwar aus Vinylchlorid, eine Exposition gegenüber dem monomeren Vinylchlorid sei jedoch ebenfalls zu verneinen. Nach der Beschwerdeschilderung des Klägers könne nicht von einer Verursachung der Beschwerden, sondern nur von einer Auslösung der Beschwerden bei vorbestehender Schädigung oder anlagebedingter Erkrankung ausgegangen werden.

Gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Prof. Dr. K. vom 03.12.2000 und die gewerbeärztliche Feststellung von Prof. T. vom 23.11.2000 stellte die Beigeladene mit Bescheid vom 22.12.2000 fest, die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers seien keine BK nach Nr. 1302 der Anlage zur BKV, sodass keine Leistungsansprüche bestünden. Dieser Bescheid wurde bindend.

Unter dem 28.09.2001 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen eine Neufeststellung gemäß § 44 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X), nahm diesen Antrag jedoch am 14.12.2001 wieder zurück, nachdem ihm die Beigeladene zugesagt hatte, ein gesondertes Feststellungsverfahren zur Prüfung einer BK nach Nr. 1317 der Anlage zur BKV einzuleiten. Wegen der "untrennbaren Problematik" einer Verschlimmerung der anerkannten BK Nr. 1302 und der beantragten Anerkennung einer BK nach Nr. 1317 der Anlage zur BKV wurde das weitere Verwaltungsverfahren jedoch in vollem Umfang durch die Beklagte weitergeführt (Schreiben der Beigeladenen vom 29.01.2002 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers und die Beklagte). Die Präventionsabteilung der Beigeladenen gab unter dem 04.02.2002 eine weitere Stellungnahme ab.

Die Beklagte holte von dem Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen Nürnberg, Prof. Dr. D., das aufgrund der stationären Untersuchung vom 05. bis 06.03.2001 erstattete arbeitsmedizinische Gutachten vom 12.08.2001 mit dem neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. G. vom 09.03.2001 ein. Prof. Dr. G. hielt eine eindeutige diagnostische Zuordnung der vom Kläger geschilderten Beschwerden, die jeweils nach Belastung vor allem durch Lösungsmittel aufträten, nicht für möglich. Diskutierbar sei eine sehr leichte trichlorethylenbedingte Schädigung des Nervus trigeminus links mit Auslösung migräneartiger Kopfschmerzen sowie begleitenden neurologischen Störungen der linken oberen Körperhälfte durch aktuelle Lösungsmittelbelastungen. Prof. Dr. D. kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, aus arbeitsmedizinischer Sicht sei eine durch Geruchswahrnehmungen ausgelöste, psychisch bedingte multiple chemische Überempfindlichkeit die wahrscheinlichste Ursache der vom Kläger geklagten Symptome. Eine Exposition gegenüber Trichlorethylen habe nur zu Anfang der Tätigkeit bei der Firma L. Mitte der 80-er Jahre bestanden. Darüber hinaus hätten weder 1992 noch bei der aktuellen neurologischen Begutachtung Sensibilitätsstörungen des Gesichts vorgelegen. Damit sei eine lösemitteltoxische Trigeminusschädigung nicht wahrscheinlich zu machen. Insgesamt bestehe damit kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer BK, insbesondere auch nicht für ein Rezidiv der 1992 anerkannten BK durch Halogenkohlenwasserstoffe in Folge der früheren Tätigkeit bei der Firma L ...

Hierauf gestützt lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 18.09.2001 ab, die bei dem Kläger bestehenden Beschwerden als Folgen der anerkannten BK nach Nr. 1302 der Anlage zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen.

Hiergegen erhob der Kläger mit der Begründung Widerspruch, seine jetzigen Beschwerden seien weitgehend identisch mit denjenigen, die zum Anerkenntnis der BK Nr. 1302 geführt hätten. Verschlimmert werde die Situation dadurch, dass sich bei ihm jetzt die Gesundheitsstörung einer "Multiple Chemical Sensitivity" (MCS) aufgepfropft habe. Zu Unrecht sei Prof. Dr. D. in seinem Gutachten davon ausgegangen, dass eine Exposition gegenüber Trichlorethylen nur Mitte der 80-er Jahre bestanden habe. Eine entsprechende Exposition habe vielmehr permanent von 1985 bis 1991 bestanden, bei einer Arbeitszeit von in der Regel zehn bis zwölf Stunden. Ebenfalls habe er mit Methylenchlorid zu tun gehabt. In seinem Schreiben vom 28.09.2001 führte der Kläger ferner aus, sein Antrag vom 23.08.2000 sei sowohl als Verschlimmerungsantrag im Hinblick auf die anerkannte BK Nr. 1302 als auch als Neuantrag im Zusammenhang mit der mittlerweile neu geschaffenen BK Nr. 1317 auszulegen. Der Kläger legte ferner den Arztbrief des Nervenarztes Dr. B. vom 21.11.2001 mit dessen Bericht vom 22.10.2001 über die testpsychologische Untersuchung vom 28.09.2001 und den Arztbrief des Radiologen Dr. H. vom 16.10.2001 vor, ferner den Arztbrief des Fachkrankenhauses N. vom 07.04.2001 (MCS auf dem Hintergrund einer anamnestischen beruflichen Chemikalienexposition und Verdacht auf beginnende distal-symmetrische Polyneuropathie) und den Entlassungsbericht der Psychosomatischen Fachklinik St. F. in Bad K. über das Heilverfahren vom 31.10. bis 11.11.2000 (dissoziative Störung der Sinnesempfindung, dissoziative Bewegungsstörung, Somatisierungsstörung, Neurasthenie, MCS-Syndrom).

Nachdem die Beklagte noch die Auskünfte der Firma L. vom 04.03.2002 und der H. F. vom 08.03.2002 eingeholt und der Kläger unter dem 11.04.2002 seine Krankheitsentwicklung ausführlich geschildert hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2002 die Anerkennung einer BK nach der Nr. 1317 der Anlage zur BKV ab. Zur Begründung führte sie aus, eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie sei bei dem Kläger nicht nachgewiesen. Außerdem sei der Kläger nach den Ermittlungen des T. (T.) der Beigeladenen während seiner Arbeit bei der K. auch keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen wären, eine solche Krankheit zu verursachen.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 22.05.2002 wies die Beklagte den Widerspruch gegen ihren Bescheid vom 18.09.2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei seit 1992 keiner Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen ausgesetzt gewesen, so dass es bereits an der haftungsbegründenden Kausalität fehle. Darüber hinaus seien auch die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer BK nicht erfüllt. Das in der Widerspruchsbegründung angeführte MCS-Syndrom sei keine auf Arbeitsplätze fixierte Erkrankung, sondern stelle eine diffuse Reaktion auf generell vorhandene Umweltgifte dar.

Nachdem die B. Ersatzkasse der Beklagten das Gutachten von Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 27.06.2002 übersandt hatte, wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 24.07.2002 auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.04.2002 zurück.

Am 06.06.2002 erhob der Kläger bezüglich der BK Nr. 1302 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) und am 14.08.2002 bezüglich der BK Nr. 1317 bei dem Sozialgericht W., das sich mit Beschluss vom 25.11.2002 für örtlich unzuständig erklärte und den Rechtsstreit an das SG verwies. Mit Beschluss vom 25.04.2003 verband das SG die beiden Verfahren sowie das Verfahren S 11 U 630/03 bezüglich einer BK nach der Nr. 1304 der Anlage zur BKV, das sich später durch Rücknahme erledigte, zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung.

Hinsichtlich der BK Nr. 1302 trug der Kläger vor, trotz des von ihm erklärten Einverständnisses sei bei der Begutachtung im Jahr 2001 kein Provokationstest mit Lösemitteln durchgeführt worden. Durch die Ersetzung der Stoffe Trichlorethan bzw. Methylenchlorid durch Ersatzstoffe sei die Schädigung keineswegs beseitigt worden. Es müsse festgestellt werden, welche Ersatzstoffe Verwendung gefunden hätten. In "umfänglichster Weise" sei noch mehr als ein Jahr bis deutlich ins Jahr 1993 hinein mit dem Ersatzstoff Isopropanol gearbeitet worden, der in etwa gleicher Weise auf das Zentralnervensystem einwirke wie Ethanol und depressive Wirkung habe. Hinsichtlich der BK Nr. 1317 wies der Kläger auf den Entlassungsbericht des Fachkrankenhauses N. vom 07.04.2001 hin, in dem der Verdacht auf eine beginnende distal-symmetrische Polyneuropathie geäußert worden sei. Die durch eine PET-Untersuchung durch Dr. H. (Arztbrief vom 16.10.2001) nachgewiesene Glukose-Utilisationsstörung des Gehirns beweise ebenfalls eine Lösungsmittelexposition. Der beim Kläger gemessene überschrittene Grenzwert für den C1-Inaktivator spreche für einen erworbenen C1-Inhibitor-Mangel, durch den es zu einem Angioödem gekommen sei. Es erscheine angezeigt, an dem konkreten Erscheinungsbild gerade des Angioödems anzusetzen und nicht an der Diagnose Multiple-Chemical-Sensivity, vor allem dann nicht, wenn versucht werde, die MCS auch noch aus der psychiatrischen Ecke heraus zu interpretieren.

Die Beklagte trat den Klagen entgegen.

Das SG forderte Prof. Dr. D. auf, sein Gutachten vom 12.08.2001 durch Beantwortung bestimmter Fragen zu ergänzen. Unter dem 13.03.2003 hat sich Prof. Dr. D. dahingehend geäußert, die bloße Beantwortung der ihm gestellten Fragen wäre für die Entscheidungsfindung wenig hilfreich. Statt dessen schlage er einen Expositionsversuch mit Lösemitteln an seinem Institut im Beisein von Prof. Dr. G. vor. Das SG ernannte stattdessen Prof. Dr. M. von der Neurologischen Universitätsklinik H. zum Sachverständigen und stellte ihm anheim, einen Expositionsversuch zur Abklärung einer Schädigung des Nervus trigeminus durchzuführen. Nach Auswertung des neuropsychologischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. H. vom 11.07.2003 und gestützt auf sein eigenes klinisch-neurophysiologisches Zusatzgutachten vom 10.07.2003 gelangte Prof. Dr. M. in seinem neurologischen Gutachten vom 08.08.2003 zu dem Ergebnis, bei dem Kläger liege ein chronischer Clusterkopfschmerz vor, der nach gegenwärtigem wissenschaftlichem Kenntnisstand keine BK im Sinne der Nrn. 1302, 1304 oder 1317 der Anlage zur BKV sei. Die Diagnose ergebe sich zum Einen aus der für diese Erkrankung typischen Beschwerdeschilderung, zum Anderen aus dem für den Clusterkopfschmerz typischen Ansprechen auf Sauerstoffinhalation. Die Chemikalienexposition sei bei dem Kläger zwar als Attackenauslöser hinreichend wahrscheinlich, dabei dürfte es sich aber um eine Gelegenheitsauslösung im rechtlichen Sinne gehandelt haben. Eine klinisch relevante Polyneuropathie habe sich weder im körperlichen Untersuchungsbefund noch in der neurophysiologischen Zusatzdiagnostik erkennen lassen, ebenso wenig eine Schädigung des Nervus trigeminus. Lediglich die Hyposensibilität im Mundinnenraum und an der Rachenhinterwand legten eine leichte, aber klinisch nicht relevante Beeinträchtigung von Teilen des Nervus trigeminus und des Nervus glossopharyngeus links nahe. Die durch Dr. B. erhobenen Veränderungen bei der PET-Untersuchung seien keineswegs spezifischer Natur und für eine MCS nicht richtungweisend. Die bei dem Kläger auf seine Kopfschmerzattacken folgenden Befindlichkeitsstörungen ließen sich zwanglos dem Clusterkopfschmerz zuordnen und seien nicht etwa Teil einer sogenannten MCS. Die neuropsychologisch festgestellten leichten Defizite mit verminderter Aufmerksamkeitsleistung bei komplexen Aufgaben, verlängerter Reaktionszeit und verminderter Merkfähigkeit seien ätiologisch zum Einen als Folge der rezidivierenden, heftigsten Kopfschmerzen und zum Anderen durch den Konsum von Tramal zu erklären, das in dieser Dosierung als starkes Opioid-Schmerzmittel kognitive Einschränkungen verursache. Dagegen sei eine toxische Enzephalopathie ausgeschlossen, weil das Expositionsende mehrere Jahre zurückliege und somit eine Rückbildung der Defizite zu erwarten gewesen wäre. Insoweit habe die neuropsychologische Untersuchung von 2001 einen unauffälligen Befund und die Kernspintomographie des Gehirns vom April 2003 offenbar einen altersentsprechenden Befund gezeigt. Die Durchführung eines Expositionsversuchs im Hinblick auf eine trichlorethylenbedingte Schädigung des Nervus trigeminus sei verzichtbar, weil die Angaben des Klägers bezüglich seiner Kopfschmerzattacken glaubhaft seien und stimmig in Bezug auf die Diagnose des Clusterkopfschmerzes.

Zu Einwendungen, die der Kläger in seinem Schriftsatz vom 10.09.2003 hiergegen erhoben hatte, nahm Prof. Dr. M. in seiner ergänzenden gutachtlichen Äußerung vom 06.11.2003 Stellung. Er legte dar, eine toxische Neuropathie sei im Gegensatz zu den streng einseitigen Beschwerden des Klägers ein in der Regel symmetrisch auftretendes Krankheitsbild. Durch einen Expositionsversuch ließe sich lediglich das Auftreten vegetativer Begleitsymptome während einer Kopfschmerzattacke belegen, aber kein Beweis für eine toxische Verursachung des Leidens erbringen. Prof. Dr. H. äußerte sich ergänzend unter dem 24.11.2003.

Auf den Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) holte das SG von dem Dipl. Psychologen Dr. B. das neuropsychologische Zusatzgutachten vom 27.10.2004 und von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. das Gutachten vom 15.12.2004 ein. In Übereinstimmung mit Prof. Dr. M. stellte Dr. K. die Diagnose eines chronifizierten Clusterkopfschmerzes mit vegetativen Begleiterscheinungen. Eine Schädigung des Nervus trigeminus lasse sich nicht objektivieren. Ferner sei es zu einer iatrogenen Fixierung mit unzutreffendem Krankheitskonzept (Lösungsmittelintoxikation) gekommen. Das vorliegende Beschwerdebild sei mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine nicht berufliche Ursache zurückzuführen. Die angeschuldigte Lösungsmittelintoxikation sei nicht zu belegen.

Der Kläger nahm hierzu kritisch Stellung und legte die "Zeugenerklärung" seiner Ehefrau H. A. vom 03.01.2005 zum Ablauf der Untersuchung bei Dr. B. sowie die "Epikrise" des Neurologen Dr. P. vom 25.01.2005 vor.

Auf den weiteren Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG zuL.t von Prof. Dr. F. das arbeitsmedizinische Gutachten vom 13.07.2005 ein, das dieser aufgrund ambulanter Untersuchung vom 26.06.2005 in der häuslichen Umgebung des Klägers erstattete. In seiner Beurteilung führte er aus, aus mehreren neuropsychologischen Untersuchungen ergäben sich konsistente Hinweise auf zentralnervöse Schädigungen mit toxischer Enzephalopathie und aus neurologischen Symptomen sowie subjektiven Beschwerden der Nachweis einer Neuropathie sowohl des autonomen Nervensystems als auch sensorischer und motorischer Anteile peripherer Nerven (Polyneuropathie). Hier kämen BKen nach den Nrn. 1302, 1303 und 1317 in Frage, wobei aufgrund der Tatsache, dass sich ein Gemisch von unabhängig voneinander neurotoxisch wirkenden chlorierten Kohlenwasserstoffen als Ursache der Spätfolgen mit Sensitivierung ergebe und in keinem der Vorgutachten eine psychiatrische Komponente erkannt worden sei, eine BK nach der Nr. 1317 zu bejahen sei. Die hierdurch bedingte MdE betrage 80 v. H.

Die Beklagte legte hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin, Allergologie und Umweltmedizin Dr. H. vom 09.11.2005 vor.

Der Kläger trug hierzu vor, das Gutachten sei nicht verwertbar, da es unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) erstattet worden sei. Mit Schriftsatz vom 18.08.2006 nahm er seinen Antrag, das Gutachten aus der Akte zu entfernen, zurück und nahm hierzu inhaltlich Stellung.

Das SG vernahm R. H. unter dem 01.08.2006 schriftlich als Zeugen zur Frage des Bootshandels bzw. Bootsbaus in den Jahren 1996 und 1997 und in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2006 den Zeugen L. zur Schadstoffexposition des Klägers während seiner Tätigkeit bei der Firma L ... Mit Urteil vom 29.08.2006 - den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20.11.2006 - wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 19.12.2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, durch die Beobachtungen von Dr. L. und Dr. K. sei nachgewiesen, dass bei ihm kein Clusterkopfschmerz vorliegen könne. Beide Ärzte hätten ihn nämlich im Rahmen eines Anfalls mit Lidocain gespritzt und daraufhin seien seine Beschwerden schlagartig zurückgegangen. Auch Dr. B. habe bemerkt, dass sein Auge während der Besprechung in einem Raum, in dem sich ein neuer Ledersessel befunden habe, halb zugeschwollen sei und dass gleichzeitig unterhalb des Auges der Trigeminus regelrecht gezuckt habe. Eine entsprechende Beobachtung habe auch Frau Prof. Dr. S. von der Abteilung Neurologie der Universitätsklinik W. gemacht, bei welcher er in jüngster Zeit in Behandlung sei. Diese habe ihm das Medikament Trileptal verordnet, das nicht nur als Antiepileptikum, sondern in besonderem Maße auch im Fall der Trigeminusneuralgie Wirkung entfalte. Daraufhin habe sich sowohl die Anfallshäufigkeit als auch die Intensität des Schmerzes verringert. Seine Magenkrämpfe, Müdigkeit, Heiserkeit, Gelenkschmerzen und Kribbelmissempfindungen der Hände und Füße hätten sich jeweils gebessert. Daraus ergebe sich, dass mit dem Argument, seine Beschwerden seien völlig unspezifisch, nicht gearbeitet werden könne. Wäre der von Prof. Dr. G. empfohlene Provokationstest durchgeführt worden, so wäre die Verschlimmerung seiner Erkrankung durch Halogenwasserstoffe objektiviert worden. Prof. Dr. M. verfüge über keine besonderen Erfahrungen in dem ihn betreffenden Bereich. Auch die Ausführungen von Dr. K. vermittelten den Eindruck, dass er mit dieser Problematik keine besonderen Erfahrungen habe und sich deshalb eng an Prof. Dr. M. "angeklammert" habe, wobei er leider die Beobachtungen von Dr. B., welche dieser sicher an Dr. K. "weitergereicht" habe, außer Acht gelassen habe. Von seiner fachlichen Qualifikation her stehe Prof. Dr. F. der hier maßgeblichen Problematik mindestens so nahe wie Prof. Dr. M ... Das Vorliegen eines Clusterkopfschmerzes halte er für absolut ausgeschlossen. Auch Prof. Dr. M. hätte seine Auffassung vermutlich nicht aufrecht erhalten, wenn ihm die Feststellungen von Dr. L. und Dr. K. vorgelegen hätten und wenn er die Möglichkeit der Beobachtung eines Anfalls gehabt hätte. Ausweislich der vorgelegten Bescheinigung von Dr. L. vom 26.04.2004 sei der bei ihm zum Ausschluss eines Clusterkopfschmerzes durchgeführte Test mit Nitratpflastern negativ verlaufen. Zu Unrecht habe Pof. Dr. M. die Tatsache, dass er ein Sauerstoffgerät benutze, dahin ausgelegt, dies geschehe zur Kupierung von Anfällen. Hiergegen helfe es jedoch absolut nichts, da ein laufender Anfall durch Sauerstoff nicht zu beeinflussen sei. Sauerstoff helfe vielmehr nur dann, wenn er eingesetzt werde, um überhaupt die schädlichen Einflüsse auszuschließen. Ferner habe er gegenüber Prof. Dr. M. nicht angegeben, dass sein Kopfschmerz auf die Inhalation reinen Sauerstoffs anspreche, sodass dieser bei seiner Beurteilung von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Im Übrigen hätten die von Prof. Dr. M. empfohlenen Medikamente, abgesehen davon, dass sie wegen gravierender Nebenwirkungen hätten abgesetzt werden müssen, keinerlei positiven Effekt auf seine Gesichtsschmerzproblematik gehabt. Da Prof. Dr. M. ausführlich dargelegt habe, dass eine leichte Enzephalopathie vaskulärer oder toxischer Ursache zu diskutieren sei, sei die Darlegung des SG, dass insbesondere der Schmerzmittelkonsum wie überhaupt die psychisch belastende Schmerzsituation des Klägers hierfür die Ursache sein solle, nicht vertretbar. Die Schmerzmitteleinnahme sei nämlich Folge der beruflichen Schädigung. Ein Gesundheitsschaden, der durch die medizinische Behandlung von beruflichen Beeinträchtigungen hervorgerufen werde, sei selbst als Unfallfolgeschaden anzuerkennen. Da Prof. Dr. M. eine toxische Ursache als möglich angesehen habe, eine entsprechende Exposition nachgewiesen sei und eine BK nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV anerkannt worden sei, stehe außer Frage, dass diese toxische Ursache hier ganz im Vordergrund stehe. Sowohl die Ärzte des Fachkrankenhauses N. im Bericht vom 16.08.2002 als auch die behandelnde Neurologin Dr. K. - im vorgelegten Arztbrief vom 05.05.2004 - hätten eine Polyneuropathie diagnostiziert. Prof. Dr. F. habe sowohl eine Polyneuropathie als auch eine toxische Enzephalopathie nachgewiesen. Soweit Prof. Dr. H. in seinem Gutachten vom 11.07.2003 ausgeführt habe, die für eine toxische Enzephalopathie typische verminderte Aufmerksamkeitsleistung, verlängerte Reaktionszeit und geistige Minderleistungen klängen typischerweise nach Expositionsende wieder ab, widerspreche dies der Neufassung des Merkblatts zur BK Nr. 1317 von Anfang 2005. Die Feststellungen des T. zu den schädigenden Einwirkungen seiner Tätigkeit bei der K. seien nach wie vor in extremer Weise lückenhaft und nähmen lediglich einen winzigen Teilbereich heraus, nämlich das Reinigungsmittel Exsol-dsp-100/140, und auch dieser Teilbereich werde nicht sachgerecht abgehandelt. Der Kläger hat ferner unter anderem das Attest seines behandelnden Hausarztes und Internisten Dr. E. vom 29.06.2007 vorgelegt, der darin berichtet, am 02.04.2007 sei der Kläger bei ihm in der Praxis mit den typischen Anzeichen und Merkmalen einer Trigeminusneuralgie links im Ast I (Augenbraue) gewesen. Nachdem lange Zeit unklar gewesen sei, um welche Erkrankung es sich bei den heftigen linksseitigen Gesichtsschmerzen handle, sei jetzt an der Diagnose einer Trigeminusneuralgie überhaupt nicht mehr zu zweifeln. Ein Zusammenhang mit der jahrelangen beruflichen Trichlor¬äthylen¬exposition sei höchst wahrscheinlich. Entgegen der von der Beigeladenen vertretenen Meinung sei die Verwertung der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. nicht zulässig. ZuL.t hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04.08.2008 weitere Einwendungen gegen das Gutachten von Prof. Dr. H. erhoben. Soweit dieser in seinem Gutachten ausgeführt habe, andere Begleitsymptome wie etwa Tremor, Farbsinnstörungen oder -verminderungen ließen sich nicht feststellen, sei diese Behauptung aus der Luft gegriffen. Er leide durchaus nicht selten unter einem Tremor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29.08.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22.05.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 25.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24.07.2002 und den Bescheid der Beigeladenen vom 22.12.2000 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 26.11.1993 hinsichtlich der Ablehnung der linksseitigen Sensibilitäts- und Schmerzsymptomatik als BK-Folge abzuändern, festzustellen, dass beim ihm eine Verschlimmerung der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt sowie eine Berufskrankheit nach der Nr. 1317 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, ihm ab September 2001 Rente in Höhe von 80 vom Hundert der Vollrente zu gewähren,

hilfsweise weiteren Beweis zu erheben durch a) Vernehmung der Zeuginnen N. K., G. M. und T. Sch. zu den Umständen der Folienbeklebung der Holzspanplatten für die Möbelproduktion,

b) durch Vernehmung des Zeugen Dieter G. zu der Tatsache, dass bei dem Kläger praktisch regelmäßig bei Reinigungs- und Reparaturarbeiten ein Zucken am linken Auge auftrat,

c) Durchführung einer technischen Überprüfung zur Einwirkung von Toluol und zur Überprüfung der verwendeten Sekundenkleber

d) Durchführung des von Prof. Dr. G. vorgeschlagenen Provokationstests,

e) ergänzende Anhörung von Prof. Dr. F. zu den Fragen, ob die Aussparung des dritten Astes des Trigeminus als Bestätigung der toxischen Verursachung der bestehenden Trigeminusneuralgie und -neuropathie anzusehen ist sowie zur Frage, ob er sich durch die Aussage des Zeugen L. und dessen schriftliche Erklärung in seiner Begutachtung bestätigt sieht bzw. inwiefern sich hierdurch etwas an seinem Gutachten ändert sowie zu der Frage, bei welchen Temperaturen die im Arbeitsraum des Klägers bei der Firma L. vorhandenen Gefahrstoffe Trichlorethan, Trichloretylen und Meythlenchlorid reagieren,

f) Vernehmung des Zeugen P. B., dass bis zur Beendigung der Tätigkeit des Klägers bei der Firma KLR das Lösungsmittel Exxol verwendet worden ist,

g) von Prof. Dr. W. oder Prof. H. ein arbeitsmedizinisches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob die Persistenz oder gar Verschlimmerung von Beschwerden nach Ende der Exposition gegenüber Lösungsmitteln nach überwiegender medizinischer Meinung ein Argument gegen eine berufliche Verursachung darstellt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt ferner,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte und die - im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Exposition während seiner Beschäftigung bei der K. von 1998 bis 2000 - mit Beschluss des Senats vom 22.09.2007 beigeladene H.-Berufsgenossenschaft beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene trägt vor, der Kläger mache die Identität seiner jetzigen Beschwerden mit den von der Berufungsbeklagten mit ihrem Bescheid vom 26.11.1993 anerkannten BK-Folgen und insoweit nur eine Verschlimmerung geltend. Ausgehend von diesem Vorbringen komme jedoch eine BK nach der Nr. 1317 der Anlage zur BKV bereits wegen der Übergangsvorschrift des § 6 Abs. 2 BKV nicht in Betracht. Davon abgesehen sei der Vollbeweis für die arbeitstechnischen Voraussetzungen nach den Nrn. 1317 und 1302 der Anlage zur BKV weiterhin zu verneinen. Die Beigeladene hat insoweit zwei nach Aktenlage abgegebene Stellungnahmen von Dr. H. von ihrer Präventionsabteilung vom 12.06.2007 vorgelegt. Ferner sei der Vollbeweis für das Vorliegen einer Enzephalopathie oder Polyneuropathie nach wie vor zu verneinen.

Der Senat hat die über den Kläger geführten Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRVB) und des Landratsamts des Neckar-Odenwaldkreises (LRA) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) zum Rechtsstreit beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese und auf die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie auf die Akten des Senats und des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 18.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2002 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenstand ist die Frage, ob die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden (Taubheit der linken Kopfseite, stechender linksseitiger Kopfschmerz, Sprachstörung, Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Übelkeit und Nervosität) Folgen der mit Bescheid vom 26.11.1993 anerkannten BK nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV und/oder Folgen einer BK nach der Nr. 1317 der Anlage zur BKV sind und ob die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene, dem Kläger Rente nach einer MdE um 80 v. H. zu zahlen hat.

In formeller Hinsicht ist in Bezug auf die BK Nr. 1302 von § 48 SGB X auszugehen, soweit der Kläger eine Verschlimmerung der mit dem Bescheid vom 26.11.1993 anerkannten BK-Folgen geltend macht. Da mit diesem Bescheid die Anerkennung der linksseitigen Taubheitsgefühle und der linksseitigen Kopfschmerzen als BK-Folgen abgelehnt worden ist, die nach dem Vortrag des Klägers seit 1987 durchgehend vorhanden sind, geht der Senat davon aus, dass die Beklagte im Bescheid vom 18.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2002 hinsichtlich der linksseitigen Taubheitsgefühle und Kopfschmerzen auch eine teilweise Rücknahme des Bescheids vom 26.11.1993 im Überprüfungsverfahren gem. § 44 SGB X abgelehnt hat. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Außerdem hat die Beklagte im Bescheid vom 18.09.2001 konkludent die Rücknahme des Bescheids der Beigeladenen vom 22.12.2000 nach § 44 SGB X abgelehnt, mit dem diese entschieden hatte, die Erkrankung des Klägers sei keine BK nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV. Gemäß § 44 Abs. 3 SGB X entscheidet nämlich über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Insoweit hatte der Senat nicht zu prüfen, ob die Beigeladene zum Erlass des Bescheids vom 22.12.2000 berechtigt war, oder ob gemäß § 134 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) i. V. m. der hierzu abgeschlossenen Vereinbarung auch insoweit die Beklagte als zuständiger Versicherungsträger hätte entscheiden müssen. § 44 Abs. 1 SGB X dient nämlich nicht zur Korrektur von reinen Formverstößen (KassKomm-Steinwedel Rz. 32 zu § 44 SGB X m. N.). Ein solcher liegt nach Auffassung des Senats hier vor.

Für die von ihr erteilten Bescheide war die Beklagte gemäß § 134 SGB VII i. V. m. § 3 der hierzu abgeschlossenen Vereinbarung über die Zuständigkeit bei BKen vom 01.04.1994 in der ab 01.01.1997 geltenden Fassung mit den hierzu gegebenen Arbeitshinweisen zuständig. Nach Nr. 5 der Arbeitshinweise zu § 3 der Vereinbarung schreibt nämlich die Anerkennung eines Versicherungsfalles durch den nach § 3 zuständigen Unfallversicherungsträger die Zuständigkeit für diese BK endgültig fest. Dies gilt auch bei Hinzutritt einer weiteren Krankheit, durch die die Voraussetzungen einer eigenständigen BK erfüllt werden und in der die bereits anerkannte BK aufgeht. Diese Regelung ist im hier gegebenen Fall der teilweisen Überschneidung der BKen nach den Nrn. 1302 und 1317 zumindest entsprechend anzuwenden.

Hinsichtlich der streitgegenständlichen BK nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV sind noch die Vorschriften des bis zum 31.12.1996 gültig gewesenen Dritten Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO) und der BKVO vom 20.06.1968 (BGBl I, S. 721) anzuwenden. Dies folgt aus dem in § 212 SGB VII normierten Versicherungsfallprinzip. Hinsichtlich der geltend gemachten BK Nr. 1317 sind dagegen die Vorschriften des am 01.01.1997 in Kraft getretenen SGB VII und der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623 - BKV) anzuwenden. Die BK nach der Nr. 1317 der Anlage zur BKV wurde nämlich erst durch die BKV vom 31.10.1997, die am 01.12.1997 in Kraft trat, in die Liste der BKen eingefügt, weshalb eine Entscheidung hierüber zuvor nicht erfolgen konnte.

Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für die in § 539 RVO aufgeführten Personenkreise. Nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO sind versichert insbesondere Beschäftigte bei einem Arbeitsunfall. Nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO galt als Arbeitsunfall auch eine BK. Dabei sind BKen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Nach Satz 3 der Regelung ist die Bundesregierung ermächtigt, Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.

Entsprechende Regelungen finden sich seit 01.01.1997 in § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII. Ergänzend bestimmt § 9 Abs. 3 SGB VII: Erkranken Versicherte, die in Folge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Abs. 1 genannten BK ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese in Folge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass beim Versicherten zum Einen die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind. Das heißt, er muss im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKVO ausgesetzt gewesen sein, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität). Zum Anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20.01.1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27.06.2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28.06.1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30.06.1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 01.12.1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29.03.1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31.10.1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKVO sind Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe als BK anzuerkennen, nach der Nr. 1317 der Anlage zur BKV eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische. In Bezug auf die BK Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKVO steht aufgrund des bindenden Bescheids vom 26.11.1993 fest, dass der Kläger zuvor im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität gegenüber Halogenkohlenwasserstoffen exponiert war. Ob dies auch (noch) bis zur Beendigung seiner Beschäftigung bei der Firma L. im Jahr 1995, während der selbstständigen Tätigkeit im Bootshandel und während der Beschäftigungen bei der Firma T. und insbesondere bei der K. der Fall war, lässt der Senat offen.

Hinsichtlich der BK Nr. 1317 der Anlage zur BKV hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Anerkennung bereits aufgrund der Übergangsvorschrift des § 6 Abs. 2 BKV ausgeschlossen wäre, falls der Versicherungsfall vor dem 01.01.1993 eingetreten wäre. Hieran ändert auch die Entscheidung des BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 5/05 R (SozR 4 - 5671 § 6 Nr. 2) nichts, wonach die genannte Rückwirkungsregelung im Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens anhängige Verfahren auf Feststellung einer Quasi-BK nach § 551 Abs. 2 RVO nicht erfasst. Denn am 01.12.1997 war weder bei der Beklagten noch bei der Beigeladenen ein entsprechendes Verwaltungsverfahren anhängig. Ob die haftungsbegründende Kausalität hinsichtlich der BK Nr. 1317 der Anlage zur BKV zu bejahen ist, kann ebenfalls dahingestellt bleiben. In Bezug auf diese BK ist nämlich nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass bei dem Kläger eine Polyneuropathie oder eine Enzephalopathie vorliegt. Hinsichtlich beider BK-Tatbestände ist ferner nicht wahrscheinlich, dass die vom Kläger geklagten regelwidrigen Zustände auf schädigende Einwirkungen im Sinne der beiden BKen zurückgeführt werden können.

Im Vordergrund des vom Kläger geschilderten Beschwerdebildes stehen seine heftigen Kopfschmerzattacken. In der arbeitsmedizinischen Wissenschaft ist anerkannt, dass eine Exposition gegenüber Trichlorethen zu einer Polyneuropathie mit Schädigung des Nervus trigeminus führen kann, die durch einen Sensibilitäts- und Reflexverlust oder sensomotorische Ausfälle im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus gekennzeichnet ist (vgl. Mehrtens-Brandenburg, Die BKV, M 1317, Seite 3 sowie den vom Kläger mit Schriftsatz vom 03.05.2004 vorgelegten Aufsatz "Die Erkrankung des Trigeminus durch Trichlorethen" von Plessner). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht nur nicht nachgewiesen, sondern vielmehr unwahrscheinlich, dass bei dem Kläger eine Schädigung des Nervus trigeminus vorliegt. Prof. Dr. M. konnte nämlich weder in dem von ihm erhobenen körperlichen Untersuchungsbefund noch in der neurophysiologischen Zusatzdiagnostik eine klinisch relevante Polyneuropathie in diesem Sinne erkennen. Lediglich im Mundinnenraum und an der Rachenhinterwand lag eine leichte, aber klinisch nicht relevante Beeinträchtigung von Teilen des Nervus trigeminus und des Nervus glossopharyngeus links vor. Ebenso wenig konnte Dr. K. bei seiner Untersuchung des Klägers vom 08.07.2004 eine Schädigung des Nervus trigeminus links objektivieren. Zwar gab der Kläger eine Gefühlsstörung im Stirn- und Mittelgesichtsbereich links an. Die Berührungsempfindung an den genannten Gesichtsarealen war jedoch nicht aufgehoben, nur abgeschwächt. Eine andere, dem Nervus trigeminus zuzuordnende Auffälligkeit ließ sich nicht erheben, insbesondere bestanden keine Paresen der Kaumuskulatur, der Kornealreflex war voll erhalten und die definierten Nervenaustrittspunkte waren nicht druckschmerzhaft. Die vom Kläger vorgebrachten Gefühlsstörungen sind, so überzeugend Dr. K., nicht spezifisch für eine stattgehabte Schädigung des Nervus trigeminus, sondern kommen viel häufiger auch bei neurologisch Gesunden, etwa im Rahmen einer vegetativen Labilität vor. Hierzu passt, dass Dr. K. bei dem Kläger eine mäßige vegetative Labilität mit vermehrter Schweißneigung, vermehrter Hautschrift und kalten Händen und Füßen erhoben hat. Der übrige neurologische, insbesondere elektrophysiologische Befund (Elektroenzephalogramm, akustisch evozierte Potentiale, visuell evozierte Potenziale) und der allgemein körperliche Befund waren völlig regelrecht. Hiermit steht auch der von dem Neurologen Dr. E. in seinem im Auftrag der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstatteten Gutachten vom 11.02.2005 geschilderte Befund im Einklang. Auch dieser Arzt fand keine Hinweise für eine deutliche Polyneuropathie oder eine Kleinhirnfunktionsstörung, ebenso wenig Schädigungszeichen für den Nervus trigeminus auf der linken Seite. Auch die Hirnstammmuntersuchung durch die akustisch evozierten Potentiale und die Ableitungen des EEG ergaben unauffällige Verhältnisse. Ebenso wenig fanden sich Hinweise auf eine allgemeine oder umschriebene Enzephalopathie.

Soweit sich der Kläger demgegenüber auf die Bekundungen von Dr. B. und Prof. Dr. F. sowie auf seine behandelnden Ärzte Prof. Dr. S., Dr. K., Dr. L. und Dr. E. berufen hat, kommt diesen nach Auffassung des Senats kein erheblicher Beweiswert zu. Prof. Dr. F. und Dr. B. lassen eine ausreichende, insbesondere neurophysiologische Diagnostik vermissen. Die Ausführungen von Dr. B. zur Verursachung von Nervenschäden durch Chemikalien entbehren zudem einer wissenschaftlichen Grundlage, wie Dr. K. schlüssig dargelegt hat. Auch sind die von Dr. B. zitierten Befunde der Positronen-Emissions-Tomographie als unspezifisch und unzuverlässig anzusehen, weshalb diese diagnostische Methode bislang auch keinen festen Platz in der neurologischen Diagnostik eingenommen hat. Das Gutachten von Dr. F. krankt, wie schon das SG richtig erkannt hat, daran, dass es bestimmte Ursachenzusammenhänge epidemiologisch begründet, jedoch den Nachweis des Gesundheitsschadens im Einzelfall des Klägers nicht erbringt. Soweit der Internist Dr. E. die Diagnose einer Trigeminusneuralgie gestellt hat, fehlte ihm die hierfür erforderliche Fachkompetenz. Die für den Nachweis einer Trigeminusneuralgie erforderlichen neurologischen Untersuchungen konnte er deshalb nicht durchführen. In seiner im Rentenrechtsstreit S 6 RA 2776/02 abgegebenen sachverständigen Zeugenaussage vom 17.03.2003 hat Dr. E. ferner ausgeführt, es handle sich hier sicherlich auch um ein psychosomatisches Krankheitsbild, da es vor allem psychiatrisch-neurologisch zu beurteilen sei (Blatt 576 BfA-Akte). Soweit Dr. E. in seinem Befundbericht für die BfA vom 16.11.2004 die Diagnose einer toxischen Trigeminusneuropathie gestellt hat, hat er sich hierbei ersichtlich auf die Diagnosen der Schmerztherapeuten Dr. L. und Dr. K. gestützt. Da diese Ärzte Schmerztherapeuten sind, kommt ihrer Diagnostik ein geringerer Beweiswert zu als den Neurologen Prof. Dr. M., Dr. K. und Dr. E ... Die Neurologin Dr. K. hat in ihrem an Dr. E. gerichteten Arztbrief vom 08.07.2002 (Bl. 178 LRA-Akte) als Hauptdiagnose eine MCS gestellt und lediglich den Verdacht auf eine beginnende distal-symmetrische Polyneuropathie geäußert. Soweit Prof. Dr. S. in ihren Arztbriefen vom 28.11.2006 und vom 09.02.2007 (Bl. 999 und 1003 DRVB-Akte) die Diagnose einer Trigeminusneuralgie/neuropathie V1/V2 links gestellt hat, ist nicht ersichtlich, dass sie sich hierfür auf die insoweit notwendigen, auch elektrophysiologischen, Untersuchungsverfahren stützen konnte. Wie Prof. Dr. M. in seinem Gutachten für den Senat überzeugend dargelegt hat, setzt nämlich der Nachweis einer toxischen Schädigung des Nervus trigeminus das entsprechende elektrophysiologische Korrelat einer substanziellen Nervenschädigung voraus. Soweit Prof. Dr. S. zu Kausalfragen Stellung nimmt, geht sie im Übrigen überhaupt nicht auf die strenge Einseitigkeit der Beschwerden des Klägers ein. Der Neurologe Dr. P. hat in seiner "Epikrise" vom 25.01.2005, wonach es sich bei dem Kläger diagnostisch "am ehesten um eine Trigeminusneuralgie V1/V2 links" handle, lediglich eine Verdachtsdiagnose gestellt, ohne sich auf hierfür maßgebliche, gesicherte Befunde stützen zu können. Elektrophysiologische Untersuchungen wurden ausweislich des Entlassungsberichts vom 16.08.2002 auch in dem - psychosomatisch ausgerichteten - Fachkrankhaus N. nicht durchgeführt, sodass auch die in diesem Bericht gestellte Diagnose einer Polyneuropathie nicht ausreichend abgesichert ist.

Der Senat lässt offen, ob die linksseitige Kopfschmerzsymptomatik des Klägers differenzialdiagnostisch als Cluster-Kopfschmerz einzuordnen ist, wie dies Prof. Dr. M. und Dr. K. mit beachtlichen Argumenten vertreten haben, ob es sich insoweit um eine Migraine Accompagnée handelt, wie dies Prof. Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 28.08.1991 bejaht hat, ob eine rein psychogene Reaktion vorliegt, wie dies Prof. Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 03.12.2000 bejaht hat, oder ob diese Symptomatik als Ausdruck einer durch Geruchswahrnehmungen ausgelösten, psychisch bedingten multiplen chemischen Überempfindlichkeit zu werten ist, wie dies Prof. Dr. D. im Gutachten vom 12.08.2001, Dr. E. im MDK-Gutachten vom 27.06.2002 und ähnlich Prof. Dr. N. in seinem an Dr. E. gerichteten Arztbrief vom 14.02.2003 (Bl. 578 f. DRVB-Akte) angenommen haben. Keine dieser aufgeführten Diagnosen kann nämlich in einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang mit einer BK nach den Nrn. 1302 sowie 1317 der Anlage zur BKV gebracht werden. Aus welchen Gründen eine MCS nicht als Folge einer BK festgestellt werden kann, hat bereits das SG im angefochtenen Urteil überzeugend dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen auf Seite 13, 2. Absatz und Seite 14, 1. Absatz des angefochtenen Urteils. Hierauf hebt der Kläger die im Übrigen im Berufungsverfahren auch nicht mehr ab.

Selbst wenn man im Übrigen eine Neuropathie als nachgewiesen ansehen wollte, so wäre ein ursächlicher Zusammenhang mit schädigenden beruflichen Einwirkungen deshalb unwahrscheinlich, weil es sich bei einer toxischen Neuropathie um ein in aller Regel symmetrisch auftretendes Krankheitsbild handelt, die Beschwerden des Klägers aber streng einseitig auf die linke Körperseite beschränkt sind. Die vom Kläger im Schriftsatz vom 20.07.2007 hierfür gegebene Erklärung (Reinigung der Siebe von Druckmaschinen von unten in gebückter Haltung) überzeugt den Senat nicht, weil es sich hierbei zum einen nur um einen speziellen Arbeitsvorgang während seiner Beschäftigung bei der Firma L. handelt und es zum anderen auch ausgehend von der Schilderung des Klägers nicht einleuchtet, dass er hierbei nur links exponiert gewesen sein soll.

Letztlich könnte die Berufung auch dann nicht zum Erfolg führen, wenn bei dem Kläger das Vorliegen einer Trigeminusschädigung mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen wäre und kein einseitiges Krankheitsbild vorliegen würde.

Gegen einen ursächlichen Zusammenhang sowohl der fraglichen Trigeminusneuralgie als auch einer etwaigen Polyneuropathie im Bereich der Extremitäten mit dem Einfluss von Lösungsmitteln spricht nämlich, dass die vom Kläger hiermit in Zusammenhang gebrachten Beschwerden auch nach dem Ende seiner Exposition gegenüber Lösungsmitteln nicht wesentlich nachgelassen haben. Soweit in der erwähnten Neufassung des Merkblatts zur BK 1317 von 2005 ausgeführt wird, eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit schließe eine Verursachung durch Lösungsmittel nicht aus, überzeugt dies den Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht. Hieran ist er auch nicht aus Rechtsgründen gebunden. Die Merkblätter zu den einzelnen BKen sind keine Gesetzes- oder Verordnungsmaterialien und haben von daher keinerlei Verbindlichkeit, weder für den im Einzelfall gehörten Sachverständigen und den Unfallversicherungsträger, noch für die Gerichte (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2401 Nr. 1). Aufgrund seiner im Rechtsstreit L 6 U 2016/03 durchgeführten Ermittlungen ist der Senat, wie er den Beteiligten bereits in seinem Beschluss vom 03.06.2008 dargelegt hat, mit dem er dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt hat, zu der Überzeugung gekommen, dass es sich bei der toxischen Polyneuropathie grundsätzlich um ein selbstbegrenzendes Krankheitsbild handelt. Dies bedeutet, dass nach Beendigung der Exposition - abhängig vom Schweregrad der initialen Läsion - nach einem mehr oder minder langen Intervall mit einer Remission bzw. einer vollständigen Ausheilung zu rechnen ist. Diese Abfolge ist in der Regel nach zwei bis drei Jahren abgeschlossen. Eine Persistenz oder gar Verschlechterung des Krankheitsbildes nach Expositionsende über Monate und Jahre stellt deshalb ein wichtiges Kriterium gegen die Annahme einer schadstoffbedingten Verursachung dar. Hier war der Kläger jedenfalls seit seiner Krankschreibung im Juni 2000 keinen Einflüssen von Lösungsmitteln mehr ausgesetzt. Trotzdem ist er durch seine linksseitige Kopfschmerzsymptomatik nach wie vor in extremer Weise beeinträchtigt, was auch zu seiner Berentung durch die DRVB geführt hat (Ausführungsbescheid vom 24.02.2004 über die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.2001, Verlängerung aufgrund der Stellungnahme der beratenden Ärztin H. vom 28.02.2008 im März 2008). Ausweislich seiner Angaben gegenüber Dr. L. am 18.01.2005 (Bericht vom 19.01.2005) traten bei dem Kläger auch damals noch mehrmals täglich Schmerzanfälle mit heftigsten Schmerzen in der linken Wange auf, wobei er die Stärke der Schmerzanfälle auf der nummerischen Skala von 0 bis 10 mit 10 bewertet hat. Dr. L. hat deshalb auch den Verdacht auf ein algogenes Psychosyndrom geäußert. Dr. E. hat zwar in seinem Gutachten vom 11.02.2005 angenommen, die Schmerzsymptomatik sei in den letzten zwei Jahren zurückgegangen, weil der Kläger nur noch täglich viermal Schmerzanfälle habe, gegenüber früher 30. Die Angaben des Klägers über die Häufigkeit seiner Schmerzanfälle schwanken jedoch stark. So hat er bei seiner Behandlung in der psychosomatischen Fachklinik St. Franziska-Stift Bad K. vom 31.10. bis 11.11.2000 angegeben, seit Anfang der 90er Jahre fast täglich Anfälle gehabt zu haben. Gegenüber Prof. Dr. M. hat der Kläger bei der Untersuchung am 08.07.2003 angegeben, die Anfälle träten etwa zweimal pro Woche auf, gegenüber Dr. K.: etwa dreimal wöchentlich. Unter diesen Umständen kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Schmerzsymptomatik des Klägers seit Wegfall der Lösemittelbelastung in einem bei beruflicher Verursachung zu erwartenden Ausmaß zurückgegangen ist.

Der Senat hält ebenfalls nicht für wahrscheinlich, dass die von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 11.07.2003 beschriebenen Regelwidrigkeiten einer verminderten Aufmerksamkeitsleistung bei komplexen Aufgaben, die verlängerte Reaktionszeit und verminderte Merkfähigkeit bei sprachlichem Material auf toxische Einwirkungen im Sinne der BK Nr. 1317 zurückgeführt werden können. Zwar ist es richtig, dass die vom Kläger gezeigten Minderleistungen häufig bei toxischen Enzephalopathien vorkommen. Da die neuropsychologische Aktenlage jedoch unzureichend und zum Teil schlecht vergleichbar ist, lässt sich schwer beurteilen, ob es sich bei den dargelegten kognitiven Defiziten um Residuen handelt oder ob sie erst später entstanden und somit anderer Genese sind. Gegen eine toxische Enzephalopathie spricht hier, worauf Prof. Dr. M. zutreffend hingewiesen hat, dass bei der neuropsychologischen Untersuchung im Jahr 2001 ein unauffälliger Befund vorlag. Außerdem zeigte die Kernspintomographie des Gehirns vom April 2001 einen altersentsprechenden Befund. Atrophien wie bei toxischen Enzephalopathien zu erwarten, wurden dagegen nicht beschrieben. Dies spricht - so überzeugend Prof. Dr. M. - gegen die Diagnose einer toxischen Enzephalopathie. Die neuropsychologisch erhobenen leichten Defizite mit verminderter Aufmerksamkeitsleistung bei komplexen Aufgaben, verlängerter Reaktionszeit und verminderter Merkfähigkeit lassen sich ätiologisch zum einen als Folge der rezidivierenden, heftigsten Kopfschmerzen und zum anderen durch den Konsum von Tramal erklären, das in der vom Kläger gewählten Dosierung als starkes Opioid-Schmerzmittel kognitive Einschränkungen verursacht.

Lässt sich bei dem Kläger keine lösungsmittelbedingte Polyneuropathie oder Enzephalopathie im Sinne der Nr. 1317 der Anlage zur BKV wahrscheinlich machen, so folgt daraus zugleich, dass insoweit keine Verschlimmerung der mit Bescheid vom 26.11.1993 anerkannten BK nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV vorliegt. Denn die beiden Tatbestände überschneiden sich insofern, als Polyneuropathien und Enzephalopathien betroffen sind, die durch Halogenkohlenwasserstoffe (Verbindungen von Kohlenwasserstoffen mit Flur, Chlor, Brom oder Jod) hervorgerufen worden sind. Soweit der Kläger Übelkeit, Magenkrämpfe, Heiserkeit und Gelenkschmerzen als Folgen toxischer Einwirkungen geltend macht, fällt es schon an einem Krankheitsbild, das durch Halogenkohlenwasserstoffe hervorgerufen werden kann. Typisch hierfür sind lokale Infektionen und Ekzeme der Haut sowie Symptome von Seiten des zentralen Nervensystems. Ferner können Leber- und Nierenschäden auftreten. Soweit der Kläger Herzschmerzen geltend macht, handelt es sich um unspezifische Beschwerden, die nicht auf eine Vergiftung mit Trichlorethen oder anderen chlorierten Lösemitteln in Verbindung gebracht werden können. Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen des Herzens, die als Folge entsprechender Vergiftungen in Betracht kommen, hat keiner der gehörten Ärzte beschrieben. Weitere Folgen der anerkannten BK nach der Nr. 1302 der Anlage zur BKV können daher nicht festgestellt werden.

Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen des Klägers war nicht stattzugeben. Soweit er die Vernehmung der Zeuginnen N. K., G. M. und T. Sch. und des Zeugen P. B. beantragt hat, sollten diese jeweils zur Frage schädigender Einwirkungen während der Beschäftigungszeit des Klägers bei der Firma L. und bei der K. vernommen werden. Da der Senat, wie oben dargelegt, jedoch dahingestellt sein lässt, ob die haftungsbegründende Kausalität hinsichtlich der BKen 1302 sowie 1317 der Anlage zur BKV gegeben ist, kam es auf die entsprechenden Beweisthemen nicht mehr an. Aus dem selben Grund erübrigte sich die vom Kläger beantragte "technische Überprüfung" zur Einwirkung von Toluol und zu den verwendeten Sekundenklebern. Der Senat hatte auch keinen Anlass, die von Prof. Dr. G. vorgeschlagenen Provokationstests durchführen zu lassen. Wie bereits das SG im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt hat, reagiert der Kläger heute auf eine Vielzahl von Stoffen, die bis zur Abluft des Wäschetrockners der Nachbarin reichen und auch Ausdünstungen fabrikneuer Produkte aus Kunststoff, jegliche Duftstoffe, die Ausdünstungen einer Ledercouch wie bei dem Sachverständigen Dr. K. sowie auch Naturstoffe wie Holz und Pilze umfassen. Schon Prof. Dr. L. ist im Übrigen in seinem Gutachten vom 14.12.1992 davon ausgegangen, Lösemitteleinwirkungen könne die Rolle eines Auslösers zukommen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine wesentliche Bedingung im Sinne der im Unfallversicherungsrecht maßgeblichen Kausallehre. Dies wird bestätigt durch das Gutachten von Prof. Dr. M. vom 10.07.2003, in welchem dieser ausgeführt hat, die Chemikalienexposition sei bei dem Kläger zwar als Attackenauslöser hinreichend wahrscheinlich, dabei dürfte es sich aber um eine Gelegenheitsauslösung im richtigen Sinne gehandelt haben. Er hat deshalb mit zutreffender Begründung die Durchführung eines Expositionsversuchs für verzichtbar gehalten. Aus diesem Grund kann als wahr unterstellt werden, dass bei dem Kläger regelmäßig bei Reinigungs- und Reparaturarbeiten ein Zucken am linken Auge auftrat, weshalb auch die beantragte Vernehmung des Zeugen G. nicht erforderlich war. Ebenso wenig sah sich der Senat veranlasst, Prof. Dr. F. nochmals - dieses Mal von Amts wegen - gutachtlich zu den vom Kläger unter e) gestellten Fragen zu hören. Die bisher durchgeführten Ermittlungen reichen aus, um eine Trigeminusneuralgie und -neuropathie als nicht nur im Sinne des Vollbeweis nicht nachgewiesen, sondern im Gegenteil als unwahrscheinlich zu betrachten. Schließlich hatte der Senat auch keinen Anlass, von Amts wegen von Prof. Dr. W. oder Prof. Dr. H. ein arbeitsmedizinisches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob die Persistenz oder gar Verschlimmerung von Beschwerden nach Ende der Exposition gegenüber Lösungsmitteln nach überwiegender medizinischer Meinung ein Argument gegen eine berufliche Verursachung darstellt. Diese Frage bejaht der Senat aufgrund seiner im Rechtsstreit L 6 U 2016/03 durchgeführten Ermittlungen. Dies hat er in seinem Urteil vom 13.12.2007 ausführlich dargelegt, worauf die Beteiligten hingewiesen worden sind. Im Übrigen wäre die Berufung des Klägers auch dann unbegründet, wenn man insoweit der in der Neufassung des Merkblatts zur Nr. BK Nr. 1317 vertretenen Auffassung folgen wollte, eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit schließe eine Verursachung durch Lösungsmittel generell nicht aus. Denn wie oben dargelegt ist bei dem Kläger das Vorliegen einer Trigeminusschädigung oder einer Enzephalopathie nicht nachgewiesen. Hinsichtlich der linksseitigen Kopfschmerzsymptomatik spricht ferner schon die Einseitigkeit ihres Auftretens gegen einen ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKen der Nrn. 1302 und 1317 der Anlage zur BKV.

Ob der Auffassung der Beigeladenen zu folgen ist, die Verwertung der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme von Dr. H. sei zulässig, lässt der Senat - insbesondere im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 05.02.2008 - B 2 U 8/07 R - offen. Das SG hat sich hierauf im angefochtenen Urteil nicht gestützt. Auch der Senat hat diese Stellungnahme nicht berücksichtigt.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere nicht die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr.1 SGG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Zwar hat der Senat im angesprochenen Urteil vom 13.12.2007 - L 6 U 2016/03 - die Revision mit der Begründung zugelassen, er messe den Fragen, ob lösungsmittelbedingte Polyneuropathien nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit nicht selten konstant bleiben oder sich verschlechtern und ob eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit eine Verursachung durch Lösungsmittel nicht ausschließen, grundsätzliche Bedeutung bei. Im vorliegenden Fall handelt es sich hierbei aber nur um eines von drei Argumenten, die gegen das Vorligen einer BK nach den Nrn. 1302 oder 1317 der Anlage zur BKV sprechen.
Rechtskraft
Aus
Saved