Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 SB 6047/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 30/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.11.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin.
Die 1959 geborene Klägerin beantragte am 29.03.2005 bei dem Landratsamt (LRA) die Feststellung ihres Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Das LRA holte von dem behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. K. den Befundbericht vom 15.04.2005 ein, dem zahlreiche Arztbriefe von Fachärzten auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet beigefügt waren. In der versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme vom 21.06.2005 wurden die Funktionseinschränkungen "seelische Störung, Depression, funktionelle Organbeschwerden" mit einem GdB von 20, "Adipositas permagna, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulterarmsyndrom", "Herzrhythmusstörungen, funktionelle Kreislaufstörungen" und "Refluxkrankheit der Speiseröhre" jeweils mit einem Teil-GdB von 10 und der Gesamt-GdB mit 20 bewertet. Hierauf gestützt stellte das LRA mit Bescheid vom 07.07.2005 den GdB seit 29.03.2005 mit 20 fest. Gesundheitliche Merkmale als Voraussetzung für die Anspruchnahme von Nachteilsausgleichen könnten nicht festgestellt werden, da die Schwerbehinderteneigenschaft nicht vorliege.
Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, das LRA habe die bei ihr auftretenden Ohnmachtsanfälle nicht berücksichtigt. Neben einem GdB von 50 solle auch das Merkzeichen "B" festgestellt werden. Zu den Akten gelangten der Entlassungsbericht der Klinik A., Bad S., vom 27.07.2005 (Diagnosen: Sonstige depressive Episoden, dissoziativer Krampfanfall) und das Attest von Dr. K. vom 02.08.2005. In ihrer vä Stellungnahme vom 11.08.2005 hielt Dr. Kr. an der bisherigen Beurteilung fest. Die Ohnmachtsanfälle seien unter funktionellen Störungen bewertet. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 26.08.2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 21.09.2005 erhob die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug u. a. vor, der Einzel-GdB von 20 für "seelische Störung, Depression, funktionelle Organbeschwerden" sei zu niedrig angesetzt. Ihre unregelmäßig auftretenden Ohnmachtsanfälle bedingten regelmäßig eine hilflose Lage, weshalb die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung bestehe, um Gefahren zu vermeiden.
Mit Schriftsatz vom 09.03.2006 unterbreitete der Beklagte unter Vorlage der vä Stellungnahme von Dr. G. vom 24.02.2006 das Vergleichsangebot, den Gesamt-GdB mit 30 festzustellen. Unter dem 20.11.2006 bot er unter Hinweis auf die vä Stellungnahme von Dr. B. vom 17.11.2006 an, den GdB ab 29.03.2005 auf 40 festzusetzen. Die Klägerin nahm dieses Vergleichsangebot nicht an.
Das SG hörte unter dem 14.07.2006 den Orthopäden Dr. A., unter dem 18.07.2006 den Orthopäden Dr. S., unter dem 24.07.2006 den Internisten Dr. B., unter dem 25.07.2006 den Facharzt für Psychiatrie Dr. G. und unter dem 01.08.2006 den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. jeweils schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. A. beschrieb eine gering- bis mittelgradig ausgeprägte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS), eine geringfügige Einschränkung der Halswirbelsäule (HWS), eine Cervico-Cephalgie und Brachialgie rechts sowie einen Vertigo unklarer Genese. Der GdB von Seiten seines Fachgebiets betrage 40. Dr. A. beschrieb darüber hinaus eine retropatellare Chondromalazie beiderseits, schloss sich jedoch der Beurteilung des vä Dienstes des Beklagten an. Dr. B. berichtete von leicht- bis mittelgradigen supraventrikulären Extrasystolen/Arrhythmie. Dr. P. gab an, die Klägerin nur einmal im Januar 2004 gesehen zu haben.
Das SG holte sodann von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. das aufgrund der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung einschließlich elektrophysiologischer Zusatzuntersuchung vom 24.07.2007 erstattete Gutachten vom 25.07.2007 ein. Der Sachverständige beschrieb von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Gebiets Episoden mit depressiven Verstimmungszuständen mit hysterischer Ausgestaltung, rezidivierende Synkopen bei Hyperventilationstetanie sowie Somatisierungsstörungen mit Kopfschmerzen, Schwindel und weiteren funktionellen Beeinträchtigungen ohne wesentliche neurologische Ausfälle, die er mit einem Teil-GdB von 30 bewertete. Den Gesamt-GdB schätzte er mit 40 ein.
Mit dem dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 04.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid vom 09.11.2007 verurteilte das SG den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide, den GdB der Klägerin ab 29.03.2005 mit 40 festzusetzen. Im Übrigen wies es die Klage ab. In den Entscheidungsgründen stützte es sich auf das Gutachten von Dr. P. und auf die zuletzt vorgenommene Bewertung des vä Dienstes des Beklagten.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.01.2008 Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Die Klägerin trägt vor, bei Dr. P. handle es sich um einen fast ausschließlich auf dem Gebiet der Neurologie tätigen Arzt. Eine besondere Fachkenntnis auf psychiatrischem Gebiet habe er nicht nachgewiesen. Auch habe er es unterlassen, psychologische Zusatztests zur näheren Abklärung des Krankheitsbildes durchzuführen. Ohne überzeugende Begründung habe er das Vorhandensein einer somatoformen Schmerzstörung in Form von funktionellen Organbeschwerden (Kopfschmerzsyndrom) verneint. Mehr als seltsam mute die Abklärung eines evtl. vorhandenen Fibromyalgiesyndroms an. Das Gutachten lasse jede nachvollziehbare Feststellung zu der Frage vermissen, ob von 18 Druckpunkten mindestens 11 schmerzhaft auf Druck reagiert hätten. Da bei ihr neben Depressionen offensichtlich auch regelmäßige Migräneanfälle und Schwindelanfälle aufträten, dränge sich der Verdacht einer somatoformen Schmerzstörung förmlich auf. Insgesamt ergebe sich das Bild einer erheblichen psychischen Störung, das ohne weiteres einen Teil-GdB von 40 rechtfertige. Zu Unrecht sei das SG auch davon ausgegangen, dass die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule lediglich einen Einzel-GdB von 20 bedinge. Dr. S. habe in seiner Stellungnahme vom 18.07.2006 nicht nur über eine Verminderung der HWS-Beweglichkeit, sondern auch von einem radiologisch nachweisbaren Bandscheibenvorfall L5/S1 berichtet. Da ihre Wirbelsäulenerkrankung häufig rezidivierend und Tage andauernd sei und zwei Wirbelsäulenabschnitte betreffe, sei unter Berücksichtigung ihres Schulter-Arm-Syndroms ein Teil-GdB von 30 angemessen. Damit sei der Gesamt-GdB seit Antragstellung mit mindestens 50 festzustellen. Zuletzt hat die Klägerin den Arztbrief der Internistin und Diabetologin Dr. F. vom 19.06.2008 vorgelegt, wonach bei ihr ein Diabetes mellitus Typ II und eine grenzgradige Euthyreose unter Thyroxin-Therapie vorliegen. Bei einem aktuellen HbA1c-Wert von 6,5 % sei die Einstellung der diabetischen Stoffwechsellage sehr gut.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.11.2007 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 07.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2005 zu verurteilen, den bei ihr seit 29.03.2005 vorliegenden GdB mit mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, es bestehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Gutachtens von Dr. P. zu zweifeln, zumal die vä Stellungnahme vom 17.11.2006 zum selben Ergebnis gelangt sei. Der GdB für den neu aufgetretenen Diabetes mellitus Typ II sei mit 10 zu bewerten und bleibe damit ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des SG und die Akten des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das SG der Klage nur teilweise stattgegeben, indem es den GdB ab 29.03.2005 auf 40 erhöht und im Übrigen die Klage abgewiesen hat. Über die im erstinstanzlichen Verfahren noch strittige Frage der Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "B" hatte der Senat nicht zu entscheiden, weil die Klägerin dieses Ziel im Berufungsverfahren nicht mehr weiter verfolgt hat. Der Gerichtsbescheid ist insoweit in Rechtskraft erwachsen.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf einen höheren GdB sowie die Bedeutung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP in der vom SG berücksichtigten Fassung von 2004, die hinsichtlich der vom SG berücksichtigten Funktionseinschränkungen in der neuesten Fassung von 2008 jedoch keine Änderungen erfahren haben) im einzelnen dargelegt, hinsichtlich der verschiedenen zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen mit zutreffender Begründung jeweils einen angemessenen Teil-GdB angesetzt und die Gesamtheit der Einschränkungen mit dem Gesamt-GdB von 40 richtig bewertet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG auf den Inhalt von Seite 6 - 10 der angefochtenen Entscheidung, dem er sich nach eigener Prüfung anschließt.
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren lässt keine ihr günstigere Entscheidung zu. Insbesondere vermögen ihre Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. P. nicht zu überzeugen. Zu Unrecht hat die Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren behauptet, bei Dr. P. handle es sich um einen Facharzt lediglich für Neurologie, aber nicht für Psychiatrie. Aufgrund der von Dr. P. vorgelegten Erklärung vom 04.07.2007 hat sich der Senat vom Gegenteil überzeugt. Die Behauptung der Klägerin, Dr. P. sei fast ausschließlich auf dem Gebiet der Neurologie tätig und bisher von den Sozialgerichten auch nur mit der Erstattung von Gutachten auf neurologischem Fachgebiet beauftragt worden, ist aus der Luft gegriffen. Dr. P. wird im Gegenteil als Sachverständiger geschätzt und häufig herangezogen, weil er beide Gebiete abdeckt und für ausgewogene Beurteilungen bekannt ist. Soweit Dr. P. auf die Durchführung "psychologischer Zusatztests" verzichtet hat, erklärt sich dies zwanglos dadurch, dass sich die Klägerin bei ihrer Untersuchung durchaus "alert" zeigte, Zahlen gut memorieren konnte und keinerlei intellektuelle Leistungseinbußen zeigte. Nach Auffassung des Senats kann auch keine Rede davon sein, Dr. P. habe ohne überzeugende Begründung das Vorhandensein einer somatoformen Schmerzstörung in Form von funktionellen Organbeschwerden verneint. Unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung versteht man einen andauernden, schweren und quälenden Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht vollständig erklärt werden kann (Abschnitt F 45.4 der ICD 10). Bei ihrer Untersuchung zeigte die Klägerin jedoch keine Anzeichen eines schweren und quälenden Schmerzzustandes. Sie zeigte sich freundlich zugewandt, scherzhaft und nicht in einer Weise beeinträchtigt, wie dies bei einer erheblichen Kopfschmerzsymptomatik zu erwarten gewesen wäre. Dagegen spricht ferner, dass sie dem Untersuchungsgang mühelos folgen konnte und keinerlei intellektuelle Leistungseinbußen erkennen ließ. Unter diesen Umständen hält der Senat für nachvollziehbar, dass Dr. P. eine hysterische, demonstrative Komponente als vorherrschend angesehen und die Somatisierungsstörungen als zweckgerichtet eingesetzt behandelt hat. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass er unter den Diagnosen, die er von Seiten seines Fachgebiets gestellt hat, eine Fibromyalgie nicht aufgeführt hat. Wie die Klägerin auf Seite 3 ihrer Berufungsbegründung zutreffend ausgeführt hat, wird üblicherweise gefordert, dass sogenannte Tenderpoints in einer bestimmten Anzahl schmerzhaft auf Druck reagieren. Dies war jedoch bei der Klägerin gerade nicht der Fall, wie sich aus dem auch von der Klägerin zitierten Satz von Dr. Parth: "Unter Ablenkung keinerlei Anhalt für Beeinträchtigung der geforderten Tenderpoints" ergibt.
Ebenso wie das SG ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Funktionseinschränkung der Klägerin von Seiten der Wirbelsäule nicht höher als mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden kann. Zwar hat der Orthopäde Dr. Savas in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 18.07.2006 angegeben, die HWS-Beweglichkeit sei bei Vorbeugung und Rückwärtsneigung um 2/3 gemindert gewesen, ebenso die Seitneigung und die Drehbewegungen. Die von ihm veranlasste Magnetresonanztomographie der HWS hat jedoch keine Zeichen einer spinalen Einengung, Stenose, eines Bandscheibenvorfalls oder von Protrusionen ergeben. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Orthopäde Dr. Ahrendt am 20.09.2004 noch eine HWS-Beweglichkeit in der Links-Rechts-Rotation von 70-0-70 Grad und in der Seitneigung von 25-0-25 Grad erhoben hat. Die Drehbewegungen erwiesen sich damit als regelrecht (Normbereich 60 bis 80 Grad), die Seitneigung knapp hälftig eingeschränkt. Unter diesen Umständen konnte sich der Senat nicht von der Richtigkeit der Beurteilung von Dr. Savas überzeugen, nicht nur die Vorbeugung und Rückwärtsbeugung, sondern auch die Seitneigung und die Drehbewegungen der HWS seien jeweils um 2/3 vermindert. Im Übrigen hat Dr. Savas die Beweglichkeit der LWS bei der Seitneigung und Vorbeugung nur als endgradig schmerzhaft eingeschränkt beschrieben. Soweit er eine Schmerzausstrahlung in das rechte Bein mehr als links und am rechten Bein eine Sensibilitätsstörung entsprechend dem Dermatom S1, ferner ausgehend von der HWS eine Schmerzausstrahlung in den rechten Arm beschrieben hat, konnte der Neurologe Dr. Parth diese Befunde nicht bestätigen. Er hat den neurologischen Befund als völlig unauffällig beschrieben und keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer manifesten radikulären Läsion gesehen. Insgesamt spricht deshalb mehr dafür, die Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin, die sich unstreitig auf zwei Wirbelsäulenabschnitte erstreckt, als gering- bis mittelgradig einzustufen und mit einem GdB von 20 zu bewerten. Selbst wenn man jedoch insoweit einen Teil-GdB von 30 annehmen wollte, würde dies nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigen. Nach den im angefochtenen Gerichtsbescheid auf Seite 9 zutreffend wiedergegebenen Richtlinien der Nr. 19 der AHP dürfen die Einzel-GdB-Sätze bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Zu berücksichtigen ist insbesondere, ob sich die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen überschneiden. Dies ist hier in Bezug auf die somatischen Wirbelsäulenbeschwerden und die Neigung der Klägerin zu Somatisierungen in erheblichem Maße zu bejahen. Nach Nr. 19 Abs. 2 der AHP kann ferner ein Gesamt-GdB von 50 nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie bspw. bei dem Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel. Die Klägerin ist jedoch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß beeinträchtigt.
Wie schon das SG zutreffend dargelegt hat, wirken sich die bei der Klägerin auftretenden Herzrhythmusstörungen sowie die funktionellen Kreislaufstörungen und die Refluxkrankheit der Speiseröhre, die jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind, nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Das selbe gilt für den erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten Diabetes mellitus Typ II. Dieser bedingt ebenfalls nur einen GdB von 10, da die Einstellung der diabetischen Stoffwechsellage ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Arztbriefs der Internistin und Diabetologin Dr. Feldmann vom 19.06.2008 als sehr gut zu bezeichnen ist.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin.
Die 1959 geborene Klägerin beantragte am 29.03.2005 bei dem Landratsamt (LRA) die Feststellung ihres Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Das LRA holte von dem behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. K. den Befundbericht vom 15.04.2005 ein, dem zahlreiche Arztbriefe von Fachärzten auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet beigefügt waren. In der versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme vom 21.06.2005 wurden die Funktionseinschränkungen "seelische Störung, Depression, funktionelle Organbeschwerden" mit einem GdB von 20, "Adipositas permagna, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulterarmsyndrom", "Herzrhythmusstörungen, funktionelle Kreislaufstörungen" und "Refluxkrankheit der Speiseröhre" jeweils mit einem Teil-GdB von 10 und der Gesamt-GdB mit 20 bewertet. Hierauf gestützt stellte das LRA mit Bescheid vom 07.07.2005 den GdB seit 29.03.2005 mit 20 fest. Gesundheitliche Merkmale als Voraussetzung für die Anspruchnahme von Nachteilsausgleichen könnten nicht festgestellt werden, da die Schwerbehinderteneigenschaft nicht vorliege.
Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, das LRA habe die bei ihr auftretenden Ohnmachtsanfälle nicht berücksichtigt. Neben einem GdB von 50 solle auch das Merkzeichen "B" festgestellt werden. Zu den Akten gelangten der Entlassungsbericht der Klinik A., Bad S., vom 27.07.2005 (Diagnosen: Sonstige depressive Episoden, dissoziativer Krampfanfall) und das Attest von Dr. K. vom 02.08.2005. In ihrer vä Stellungnahme vom 11.08.2005 hielt Dr. Kr. an der bisherigen Beurteilung fest. Die Ohnmachtsanfälle seien unter funktionellen Störungen bewertet. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 26.08.2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 21.09.2005 erhob die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug u. a. vor, der Einzel-GdB von 20 für "seelische Störung, Depression, funktionelle Organbeschwerden" sei zu niedrig angesetzt. Ihre unregelmäßig auftretenden Ohnmachtsanfälle bedingten regelmäßig eine hilflose Lage, weshalb die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung bestehe, um Gefahren zu vermeiden.
Mit Schriftsatz vom 09.03.2006 unterbreitete der Beklagte unter Vorlage der vä Stellungnahme von Dr. G. vom 24.02.2006 das Vergleichsangebot, den Gesamt-GdB mit 30 festzustellen. Unter dem 20.11.2006 bot er unter Hinweis auf die vä Stellungnahme von Dr. B. vom 17.11.2006 an, den GdB ab 29.03.2005 auf 40 festzusetzen. Die Klägerin nahm dieses Vergleichsangebot nicht an.
Das SG hörte unter dem 14.07.2006 den Orthopäden Dr. A., unter dem 18.07.2006 den Orthopäden Dr. S., unter dem 24.07.2006 den Internisten Dr. B., unter dem 25.07.2006 den Facharzt für Psychiatrie Dr. G. und unter dem 01.08.2006 den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. jeweils schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. A. beschrieb eine gering- bis mittelgradig ausgeprägte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS), eine geringfügige Einschränkung der Halswirbelsäule (HWS), eine Cervico-Cephalgie und Brachialgie rechts sowie einen Vertigo unklarer Genese. Der GdB von Seiten seines Fachgebiets betrage 40. Dr. A. beschrieb darüber hinaus eine retropatellare Chondromalazie beiderseits, schloss sich jedoch der Beurteilung des vä Dienstes des Beklagten an. Dr. B. berichtete von leicht- bis mittelgradigen supraventrikulären Extrasystolen/Arrhythmie. Dr. P. gab an, die Klägerin nur einmal im Januar 2004 gesehen zu haben.
Das SG holte sodann von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. das aufgrund der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung einschließlich elektrophysiologischer Zusatzuntersuchung vom 24.07.2007 erstattete Gutachten vom 25.07.2007 ein. Der Sachverständige beschrieb von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Gebiets Episoden mit depressiven Verstimmungszuständen mit hysterischer Ausgestaltung, rezidivierende Synkopen bei Hyperventilationstetanie sowie Somatisierungsstörungen mit Kopfschmerzen, Schwindel und weiteren funktionellen Beeinträchtigungen ohne wesentliche neurologische Ausfälle, die er mit einem Teil-GdB von 30 bewertete. Den Gesamt-GdB schätzte er mit 40 ein.
Mit dem dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 04.12.2007 zugestellten Gerichtsbescheid vom 09.11.2007 verurteilte das SG den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide, den GdB der Klägerin ab 29.03.2005 mit 40 festzusetzen. Im Übrigen wies es die Klage ab. In den Entscheidungsgründen stützte es sich auf das Gutachten von Dr. P. und auf die zuletzt vorgenommene Bewertung des vä Dienstes des Beklagten.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.01.2008 Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Die Klägerin trägt vor, bei Dr. P. handle es sich um einen fast ausschließlich auf dem Gebiet der Neurologie tätigen Arzt. Eine besondere Fachkenntnis auf psychiatrischem Gebiet habe er nicht nachgewiesen. Auch habe er es unterlassen, psychologische Zusatztests zur näheren Abklärung des Krankheitsbildes durchzuführen. Ohne überzeugende Begründung habe er das Vorhandensein einer somatoformen Schmerzstörung in Form von funktionellen Organbeschwerden (Kopfschmerzsyndrom) verneint. Mehr als seltsam mute die Abklärung eines evtl. vorhandenen Fibromyalgiesyndroms an. Das Gutachten lasse jede nachvollziehbare Feststellung zu der Frage vermissen, ob von 18 Druckpunkten mindestens 11 schmerzhaft auf Druck reagiert hätten. Da bei ihr neben Depressionen offensichtlich auch regelmäßige Migräneanfälle und Schwindelanfälle aufträten, dränge sich der Verdacht einer somatoformen Schmerzstörung förmlich auf. Insgesamt ergebe sich das Bild einer erheblichen psychischen Störung, das ohne weiteres einen Teil-GdB von 40 rechtfertige. Zu Unrecht sei das SG auch davon ausgegangen, dass die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule lediglich einen Einzel-GdB von 20 bedinge. Dr. S. habe in seiner Stellungnahme vom 18.07.2006 nicht nur über eine Verminderung der HWS-Beweglichkeit, sondern auch von einem radiologisch nachweisbaren Bandscheibenvorfall L5/S1 berichtet. Da ihre Wirbelsäulenerkrankung häufig rezidivierend und Tage andauernd sei und zwei Wirbelsäulenabschnitte betreffe, sei unter Berücksichtigung ihres Schulter-Arm-Syndroms ein Teil-GdB von 30 angemessen. Damit sei der Gesamt-GdB seit Antragstellung mit mindestens 50 festzustellen. Zuletzt hat die Klägerin den Arztbrief der Internistin und Diabetologin Dr. F. vom 19.06.2008 vorgelegt, wonach bei ihr ein Diabetes mellitus Typ II und eine grenzgradige Euthyreose unter Thyroxin-Therapie vorliegen. Bei einem aktuellen HbA1c-Wert von 6,5 % sei die Einstellung der diabetischen Stoffwechsellage sehr gut.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.11.2007 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 07.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2005 zu verurteilen, den bei ihr seit 29.03.2005 vorliegenden GdB mit mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, es bestehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Gutachtens von Dr. P. zu zweifeln, zumal die vä Stellungnahme vom 17.11.2006 zum selben Ergebnis gelangt sei. Der GdB für den neu aufgetretenen Diabetes mellitus Typ II sei mit 10 zu bewerten und bleibe damit ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des SG und die Akten des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das SG der Klage nur teilweise stattgegeben, indem es den GdB ab 29.03.2005 auf 40 erhöht und im Übrigen die Klage abgewiesen hat. Über die im erstinstanzlichen Verfahren noch strittige Frage der Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "B" hatte der Senat nicht zu entscheiden, weil die Klägerin dieses Ziel im Berufungsverfahren nicht mehr weiter verfolgt hat. Der Gerichtsbescheid ist insoweit in Rechtskraft erwachsen.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf einen höheren GdB sowie die Bedeutung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP in der vom SG berücksichtigten Fassung von 2004, die hinsichtlich der vom SG berücksichtigten Funktionseinschränkungen in der neuesten Fassung von 2008 jedoch keine Änderungen erfahren haben) im einzelnen dargelegt, hinsichtlich der verschiedenen zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen mit zutreffender Begründung jeweils einen angemessenen Teil-GdB angesetzt und die Gesamtheit der Einschränkungen mit dem Gesamt-GdB von 40 richtig bewertet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG auf den Inhalt von Seite 6 - 10 der angefochtenen Entscheidung, dem er sich nach eigener Prüfung anschließt.
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren lässt keine ihr günstigere Entscheidung zu. Insbesondere vermögen ihre Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. P. nicht zu überzeugen. Zu Unrecht hat die Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren behauptet, bei Dr. P. handle es sich um einen Facharzt lediglich für Neurologie, aber nicht für Psychiatrie. Aufgrund der von Dr. P. vorgelegten Erklärung vom 04.07.2007 hat sich der Senat vom Gegenteil überzeugt. Die Behauptung der Klägerin, Dr. P. sei fast ausschließlich auf dem Gebiet der Neurologie tätig und bisher von den Sozialgerichten auch nur mit der Erstattung von Gutachten auf neurologischem Fachgebiet beauftragt worden, ist aus der Luft gegriffen. Dr. P. wird im Gegenteil als Sachverständiger geschätzt und häufig herangezogen, weil er beide Gebiete abdeckt und für ausgewogene Beurteilungen bekannt ist. Soweit Dr. P. auf die Durchführung "psychologischer Zusatztests" verzichtet hat, erklärt sich dies zwanglos dadurch, dass sich die Klägerin bei ihrer Untersuchung durchaus "alert" zeigte, Zahlen gut memorieren konnte und keinerlei intellektuelle Leistungseinbußen zeigte. Nach Auffassung des Senats kann auch keine Rede davon sein, Dr. P. habe ohne überzeugende Begründung das Vorhandensein einer somatoformen Schmerzstörung in Form von funktionellen Organbeschwerden verneint. Unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung versteht man einen andauernden, schweren und quälenden Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht vollständig erklärt werden kann (Abschnitt F 45.4 der ICD 10). Bei ihrer Untersuchung zeigte die Klägerin jedoch keine Anzeichen eines schweren und quälenden Schmerzzustandes. Sie zeigte sich freundlich zugewandt, scherzhaft und nicht in einer Weise beeinträchtigt, wie dies bei einer erheblichen Kopfschmerzsymptomatik zu erwarten gewesen wäre. Dagegen spricht ferner, dass sie dem Untersuchungsgang mühelos folgen konnte und keinerlei intellektuelle Leistungseinbußen erkennen ließ. Unter diesen Umständen hält der Senat für nachvollziehbar, dass Dr. P. eine hysterische, demonstrative Komponente als vorherrschend angesehen und die Somatisierungsstörungen als zweckgerichtet eingesetzt behandelt hat. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass er unter den Diagnosen, die er von Seiten seines Fachgebiets gestellt hat, eine Fibromyalgie nicht aufgeführt hat. Wie die Klägerin auf Seite 3 ihrer Berufungsbegründung zutreffend ausgeführt hat, wird üblicherweise gefordert, dass sogenannte Tenderpoints in einer bestimmten Anzahl schmerzhaft auf Druck reagieren. Dies war jedoch bei der Klägerin gerade nicht der Fall, wie sich aus dem auch von der Klägerin zitierten Satz von Dr. Parth: "Unter Ablenkung keinerlei Anhalt für Beeinträchtigung der geforderten Tenderpoints" ergibt.
Ebenso wie das SG ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Funktionseinschränkung der Klägerin von Seiten der Wirbelsäule nicht höher als mit einem Teil-GdB von 20 bewertet werden kann. Zwar hat der Orthopäde Dr. Savas in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 18.07.2006 angegeben, die HWS-Beweglichkeit sei bei Vorbeugung und Rückwärtsneigung um 2/3 gemindert gewesen, ebenso die Seitneigung und die Drehbewegungen. Die von ihm veranlasste Magnetresonanztomographie der HWS hat jedoch keine Zeichen einer spinalen Einengung, Stenose, eines Bandscheibenvorfalls oder von Protrusionen ergeben. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Orthopäde Dr. Ahrendt am 20.09.2004 noch eine HWS-Beweglichkeit in der Links-Rechts-Rotation von 70-0-70 Grad und in der Seitneigung von 25-0-25 Grad erhoben hat. Die Drehbewegungen erwiesen sich damit als regelrecht (Normbereich 60 bis 80 Grad), die Seitneigung knapp hälftig eingeschränkt. Unter diesen Umständen konnte sich der Senat nicht von der Richtigkeit der Beurteilung von Dr. Savas überzeugen, nicht nur die Vorbeugung und Rückwärtsbeugung, sondern auch die Seitneigung und die Drehbewegungen der HWS seien jeweils um 2/3 vermindert. Im Übrigen hat Dr. Savas die Beweglichkeit der LWS bei der Seitneigung und Vorbeugung nur als endgradig schmerzhaft eingeschränkt beschrieben. Soweit er eine Schmerzausstrahlung in das rechte Bein mehr als links und am rechten Bein eine Sensibilitätsstörung entsprechend dem Dermatom S1, ferner ausgehend von der HWS eine Schmerzausstrahlung in den rechten Arm beschrieben hat, konnte der Neurologe Dr. Parth diese Befunde nicht bestätigen. Er hat den neurologischen Befund als völlig unauffällig beschrieben und keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer manifesten radikulären Läsion gesehen. Insgesamt spricht deshalb mehr dafür, die Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin, die sich unstreitig auf zwei Wirbelsäulenabschnitte erstreckt, als gering- bis mittelgradig einzustufen und mit einem GdB von 20 zu bewerten. Selbst wenn man jedoch insoweit einen Teil-GdB von 30 annehmen wollte, würde dies nicht die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigen. Nach den im angefochtenen Gerichtsbescheid auf Seite 9 zutreffend wiedergegebenen Richtlinien der Nr. 19 der AHP dürfen die Einzel-GdB-Sätze bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Zu berücksichtigen ist insbesondere, ob sich die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen überschneiden. Dies ist hier in Bezug auf die somatischen Wirbelsäulenbeschwerden und die Neigung der Klägerin zu Somatisierungen in erheblichem Maße zu bejahen. Nach Nr. 19 Abs. 2 der AHP kann ferner ein Gesamt-GdB von 50 nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie bspw. bei dem Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel. Die Klägerin ist jedoch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß beeinträchtigt.
Wie schon das SG zutreffend dargelegt hat, wirken sich die bei der Klägerin auftretenden Herzrhythmusstörungen sowie die funktionellen Kreislaufstörungen und die Refluxkrankheit der Speiseröhre, die jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind, nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Das selbe gilt für den erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten Diabetes mellitus Typ II. Dieser bedingt ebenfalls nur einen GdB von 10, da die Einstellung der diabetischen Stoffwechsellage ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Arztbriefs der Internistin und Diabetologin Dr. Feldmann vom 19.06.2008 als sehr gut zu bezeichnen ist.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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