Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 5169/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1059/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung und Entschädigung gesundheitlicher Folgen des Wegeunfalls der Klägerin vom 16. März 2004 im Streit.
Die 1970 geborene Klägerin erlitt am 16. März 2004 mit ihrem Pkw auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall, als ihr ein anderer Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt nahm und das Kfz der Klägerin durch den Aufprall mit der Frontseite gegen eine gegenüber liegende Gartenmauer geschleudert wurde. Im Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr. V. vom 16. März 2004 ist angegeben, dass die Klägerin bei dem Unfall angegurtet gewesen sei und der Airbag ihres Kfz ausgelöst worden sei. Die Klägerin sei beim Eintreffen mit dem Rettungshubschrauber bei Bewusstsein gewesen, die Röntgenaufnahmen hätten keinen Hinweis auf eine knöcherne Verletzung erbracht. Als Erstdiagnosen gab der Durchgangsarzt Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Knies der Klägerin an.
Die bei der A. versicherte Klägerin war seit dem Unfall bis zum 07.05.2004 und dann erneut am 01. Juni 2004 und am 08. Juni 2004 arbeitsunfähig. Auf Anfrage der Beklagten teilte der behandelnde Chirurg Dr. G. am 29. Juli 2004 mit, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Klägerin vom 01. und 08. Juni 2004 jeweils auf den Unfall vom 16. März 2004 zurückzuführen gewesen seien. Die Klägerin sei am 28.07.2004 bei erneuter Untersuchung arbeitsfähig gewesen; es habe noch eine erhebliche infrapatellare Druckschmerzhaftigkeit bestanden. In einer Stellungnahme vom 12. Juli 2004 hatte Dr. G. zuvor mitgeteilt, dass bei der Klägerin noch eine Prellung am rechten Oberschenkelgelenk sowie eine HWS-Distorsion festgestellt worden seien.
In einem Zwischenbericht vom 18. April 2005 teilte Dr. G. mit, dass die Klägerin bei der letzten Kontrolle am 03. März 2005 noch über rezidivierenden Schwindelzustände geklagt habe, welche sich jeweils nach Krankengymnastik gebessert hätten. Dr. G. legte einen Arztbericht des HNO-Arztes Dr. H. vom 25. Januar 2005 vor, wonach die Klägerin angegeben habe, seit vier Wochen immer wieder Drehschwindelanfälle (drei Mal pro Woche) zu erleiden, welche ca. 30 Minuten anhielten, wobei es auch zu einer Hörminderung im Kopf sowie einem Druckgefühl und Augendruck komme. Insoweit sei vor drei Tagen bei einem stärkeren Anfall eine Krankenhausbehandlung notwendig geworden. Ein bei ihr bereits vor sechs Jahren aufgetretener Schwindel sei nach Angaben der Klägerin ganz anders gewesen als der jetzt bei ihr vorliegende Schwindel. Die HWS der Klägerin sei links verspannt und schmerzhaft im Nackenbereich gewesen, rechts jedoch unauffällig. Aufgrund des wiederholten Anfallsleidens mit typischen Symptomen bestehe ein Verdacht auf einen Morbus Menière.
Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. H. am 05. Juni 2005 mit, dass bei der Klägerin ein dringender Verdacht auf Schwindel infolge eines posttraumatischen HWS-Syndroms bestehe. Die Klägerin habe beim Blick nach unten weiterhin über Schwindel geklagt. Eine videonystagmografische Untersuchung vom 30. Mai 2005 habe die geklagten Beschwerden objektivieren können. Es habe sich gezeigt, dass die Schwindelbeschwerden durch eine Halsdrehung ausgelöst würden, womit der Nachweis eines Halswirbelsäulen-Schwindels erbracht sei. Der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den geklagten Schwindelbeschwerden erscheine als sehr wahrscheinlich. In dem von der A. R. angeforderten Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin sind im Zeitraum von 1993 bis 2000 mehrfach Kreislaufbeschwerden mit Kollapsneigung, Ohraffektionen, ein Hörsturz und eine Hypertonie sowie Herzbeschwerden angegeben.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Juni 2005 gab Dr. R. an, dass nach dem Unfallgeschehen ein Schleudertrauma mit Schwindelbeschwerden denkbar sei, dieses jedoch in der Regel sofort oder in kurzer zeitlicher Distanz zum Unfallgeschehen zu verzeichnen sei. Bei der Klägerin seien die Schwindelbeschwerden jedoch erstmals fast ein Jahr nach dem Ereignis angegeben worden, weswegen sie nicht zwingend auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könnten. Es sei daher zunächst erforderlich, eine orthopädische Untersuchung der Halswirbelsäule vorzunehmen.
Die Klägerin wies anschließend das Ansinnen der Beklagten, eine orthopädische Untersuchung durchzuführen, zurück, da bereits eine Untersuchung durch Prof. Dr. B. in T. für ihre private Versicherung erfolgt sei und sie sich nicht in der Lage sehe, als arbeitende Alleinstehende mit Kind einen weiteren Untersuchungstermin zu organisieren. Die Klägerin veranlasste daraufhin, dass das Gutachten und die Röntgenaufnahmen aus dem Verfahren ihrer privaten Unfallversicherung der Beklagten zugesandt wurden. In dem Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. B. vom 08. August 2005 für die G. Versicherung wird ausgeführt, dass die Klägerin als Folgen des Unfalles vom 16. März 2004 ständige Kopfschmerzen und seit Oktober 2004 auch auftretende Schwindelanfälle sowie ein schmerzempfindliches rechtes Knie angegeben habe. Die subjektiven Beschwerden ließen sich mit den objektiven Befunden nicht in Einklang bringen und seien darum auch nicht als Folgen des Unfalles anzuerkennen. Da nach Beschleunigungseinwirkungen auf Fahrzeuginsassen überwiegend eindeutig objektivierbare Verletzungsmerkmale fehlten, könnten Mitteilungen über Schmerzzustände nicht kritiklos übernommen werden, was auch für die Ausführungen von Dr. H. gelte. Vorliegend spreche gegen einen Ursachenzusammenhang, dass die Schwindelerscheinungen erst im Oktober 2004 aufgetreten seien und unter diesen Umständen keinesfalls als Unfallfolge anerkannt werden könnten. Außerdem sei das rasche Erreichen eines Beschwerdemaximums in zeitlicher Nähe zum Unfallgeschehen, nicht jedoch erst nach mehreren Tagen oder gar Wochen bzw. Monaten, ein weiteres Indiz für die Unfallursächlichkeit. Typischerweise trete bei einer nachgewiesenen Verletzung auch eine langsam abklingende Symptomatik und nicht eine langsam zunehmende Beschwerdesymptomatik auf. Es bestehe keine funktionelle Behinderung mehr, und es sei auch weder an der Halswirbelsäule noch am rechten Kniegelenk eine Invalidität festzustellen. Der ablehnenden Stellungnahme des Prof. Dr. B. zum Ursachenzusammenhang schloss sich der Beratungsarzt der Beklagten Dr. B. am 12. Oktober 2005 an.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 ohne Rechtsbehelfsbelehrung wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die fortbestehenden Beschwerden nicht auf den Unfall vom 16. März 2004 zurückzuführen seien und daher Leistungen von der Beklagten insofern nicht mehr zu erbringen seien. Die bei dem Unfall aufgetretene Verdrehung der Halswirbelsäule sei folgenlos ausgeheilt, ebenso wie die Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Kniegelenkes.
Mit Bescheid vom 10. November 2005 stellte die Beklagte daraufhin auf Wunsch der Klägerin ausdrücklich fest, dass die bestehenden Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenkes, die Kopfschmerzen sowie die Schwindelanfälle nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 16. März 2004 stünden und deswegen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (insbesondere medizinische Heilbehandlungsmaßnahmen) nicht zu erbringen seien. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung mit dem Gutachten von Prof. Dr. B ...
Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sie bereits bei der Vorlage des Gutachtens darauf hingewiesen habe, dass sie dessen Schlussfolgerungen nicht akzeptiere. Es gebe derzeit kein ärztliches Attest, nach welchem ihre Beschwerden vollständig ausgeheilt seien. Zwar treffe zu, dass sie schon öfters Schwindel gehabt habe, doch sei sie bei drei der von der A. insoweit aufgelisteten Diagnosen schwanger gewesen. Ihre Schwindelbeschwerden seien auch nicht erst im Dezember 2004 aufgetreten, sondern hätten direkt nach dem Unfall begonnen. Durch regelmäßige Gymnastik könne sie die Auswirkungen des Schwindels eingrenzen, jedoch würde dieser beim Auslassen der Gymnastik sofort wieder überhand nehmen. Dies sei auch durch Dr. G., der ihr mehrfach Krankengymnastik verschrieben habe, bestätigt worden. Da sie drei Monate nach dem Unfall wieder schwanger geworden sei, habe sie zu Anfang den Schwindel wieder auf die Schwangerschaft und den Hormonwechsel geschoben. Da die Schwangerschaft leider nur 2,5 Monate angedauert habe, habe sie Grund zu der Annahme gehabt, der Schwindel käme von der Hormonumstellung. Erst allmählich sei ihr klar geworden, dass der Schwindel von dem Unfall herrühren müsse, da dieser immer heftiger geworden sei. Die Klägerin legte ein Attest von Dr. G. vom 21. September 2005 vor, wonach die Röntgenbilder vom 17. März 2004 eine Steilstellung der HWS als Zeichen der HWS-Distorsion zeigten, wobei weiterführende Veränderungen nicht zu erwarten seien. Die verschriebene Krankengymnastik sei insbesondere wegen des Morbus Menière fortzuführen. Eine Kernspintomographie der HWS vom 10. Februar 2006 durch Dr. V. zeigte eine deutliche Fehlhaltung der HWS mit Streckstellung im Seitenbild und sogar diskreter Kyphosierung ohne Wirbelverschiebungen oder auffällige segmentale Gefügelockerungen bei unauffälliger Darstellung der Bandscheiben. Die HWS zeige eine diskrete Retrospondylophoytenbildung und Uncarthrose bei HWK 3 bis HWK 7 links mit minimaler Einengung der zugehörigen Neuroforamina. Ferner hätten sich Zeichen einer Spondylarthrose bei HWK 6/7 gezeigt.
Nach einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 06. März 2006 lägen insoweit jedoch an der HWS degenerative Veränderungen vor, welche auch verantwortlich für die geschilderten Schwindelattacken seien. Maßgeblich für diese Beurteilung sei der zeitliche Ablauf sowie die Tatsache, dass es bei dem Verkehrsunfall zu keinen knöchernen Verletzungen der HWS gekommen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2006 wies die Beklagte darauf hin den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück, wozu die Beklagte sich auf das Gutachten von Prof. B. bezog, welches durch die Kernspintomographie der HWS bestätigt worden sei.
Am 07. Juli 2006 hat die Klägerin bei der Beklagten Widerspruch eingelegt, den diese am 14. Juli 2006 beim Sozialgericht Stuttgart mit dem Antrag vorlegte, die Klage abzuweisen. Die Beklagte verwies auf das sog. Konsenspapier für die Begutachtung von HWS-Verletzungen aus dem Jahre 2004, wonach es sich bei Kopf- und Schwindelbeschwerden um ein multifaktorielles Geschehen handele, bei dem davon auszugehen sei, dass leichtgradige Verletzungen der HWS innerhalb von wenigen Tagen, längstens nach etwa sechs Wochen ausheilten. Im Falle der Klägerin seien seit dem Unfall jedoch bereits zweieinviertel Jahre vergangen. Selbst bei Außerachtlassen des bereits sechs Jahre vor dem Unfall aufgetretenen Schwindels bei der Klägerin sowie bei Unterstellung eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und dem ersten Schwindel könnten die nach zweieinviertel Jahren noch fortbestehenden Beschwerden nicht mehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden. Die Kausalitätsbeurteilung von Prof. Dr. B. stimme insoweit mit dem Konsenspapier überein.
Die Klägerin berief sich demgegenüber auf die Ausführungen des Dr. H. vom 25. Januar und 05. Juni 2005, wonach der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den geklagten Schwindelbeschwerden als sehr wahrscheinlich erscheine. Die Bevollmächtigten der Klägerin legten ein Attest des Hausarztes R. H. vom 22. Juni 2007 vor, wonach die Klägerin im April 2004 wegen einem deutlichen Vertigo bei ihm in ambulanter Behandlung gewesen sei. Die Halswirbelsäule sei endgradig eingeschränkt beweglich gewesen, bei Reklination sei ein verstärkter Vertigo aufgetreten.
Außerdem legten die Bevollmächtigten das Gutachten des HNO-Arztes Prof. Dr. Z. vom 11. Juli 2007 für die G. Versicherung vor, wonach die aktuellen vestibulometrischen Untersuchungen unabhängig vom erstmaligen Auftreten des Schwindels keine pathologischen Untersuchungsbefunde ergeben hätten, welche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem Unfallereignis in Verbindung gebracht werden könnten. Es habe sich lediglich ein Hinweis auf Vorliegen eines dezenten Lagerungs- und Lageschwindels ergeben. Im Gegensatz zu den Angaben in dem Befundbericht des Dr. H. vom 05. Juni 2005 hätten im Rahmen der videonystagmografischen Prüfungen der peripher-vestibulären Gleichgewichtsorgane die geklagten Beschwerden nicht objektiviert werden können. Zwar sei der Unfallhergang, den die Klägerin geschildert habe, prinzipiell geeignet, die Pathologien und geschilderten Beschwerden hervorzurufen. Speziell im vorliegenden Falle könne aber aufgrund des unklaren zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis und den Angaben in dem unfallchirurgischen Fachgutachten (wonach eine HWS-Distorsion nicht ausgeschlossen werden könne, jedoch auch ein Erstkörperschaden im Bereich der HWS nicht nachweisbar sei) das Unfallereignis nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit den geschilderten Beschwerden in Zusammenhang gebracht werden.
Mit Urteil vom 23. Januar 2008 hat das SG die Klage daraufhin als unbegründet abgewiesen. Der Durchgangsarzt Dr. V. habe noch am Unfalltag knöcherne Verletzungen verneint und lediglich Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Knies festgestellt. Auch der behandelnde Chirurg Dr. G. habe mitgeteilt, dass die Klägerin zuletzt noch am 03. März 2005 über rezidivierende Schwindelzustände geklagt habe, welche sich unter krankengymnastischer Behandlung gebessert hätten. Sowohl die Gutachten von Prof. Dr. B., der Kernspinbefund vom Februar 2006, die Stellungnahmen des Dr. B. sowie das zuletzt vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. Z. hätten festgestellt, dass pathologische Untersuchungsbefunde, welche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem Unfallereignis in Verbindung stünden, nicht feststellbar seien. Die bloße Feststellung der Möglichkeit einer Verursachung oder objektivierbaren Beweise sei nicht ausreichend. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 18. Februar 2008 zugestellt.
Am 03. März 2008 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Klägerin habe aufgrund des Unfalls weiterhin Anspruch auf Leistungen der medizinischen Heilbehandlung sowie auf Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen. Entgegen den Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z. sei nach den vom SG nicht ausreichend berücksichtigten Stellungnahmen von Dr. H. und Dr. G. davon auszugehen, dass ein Ursachenzusammenhang der noch vorliegenden Beschwerden mit dem Arbeitsunfall bestehe. Der Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. B. sei von der Klägerin von Anfang an zurückgewiesen worden; das Gutachten des Prof. Dr. Z. sei insofern nicht so nachteilig, da es auch Passagen enthalte, welche auf die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs hinwiesen. Für die Aussagen von Dr. H. spreche, dass diese zeitlich wesentlich näher am Unfallgeschehen lägen als die Aussagen der beiden Gutachter. Der Hausarzt der Klägerin R. H. könne außerdem bestätigen, dass die Klägerin vor dem Unfallereignis nie unter Schwindelattacken gelitten habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 16. März 2004 Leistungen der medizinischen Heilbehandlung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch dem Gutachten des Prof. Dr. Z. zu entnehmen, dass wegen des bloßen Verdachts auf einen dezenten Schwindel ein Ursachenzusammenhang von noch vorliegenden Beschwerden mit dem Unfallereignis nicht angenommen werden könne. Dieses werde durch das Gutachten von Prof. Dr. B. bestätigt. Auch wenn von der Beklagen mit dem angefochtenen Bescheid eine Verdrehung der HWS als Unfallfolge anerkannt worden sei, sei dennoch ein Kausalzusammenhang des Schwindels mit dem Unfall nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erwiesen. In dem Attest des Hausarztes H. vom 22. Juni 2007 sei im Gegensatz zu seinem Bericht auf Bl. 14 f. der Akte ein Beginn der Schwindelbeschwerden bereits für April 2004 angegeben. Dieses Attest habe Prof. Dr. Z. bei der Begutachtung vorgelegen. Dennoch habe der Gutachter einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis für unklar gehalten. Dafür spreche auch, dass die Klägerin selbst gegenüber Prof. Dr. B. erst von einem Beginn der Beschwerden im Oktober 2004 gesprochen habe. Selbst bei Zugrundelegung eines Beginns der Schwindelbeschwerden bereits am 08. April 2004 sei nach den Ausführungen von Prof. Dr. Z. davon auszugehen, dass der erforderliche zeitliche Zusammenhang zu verneinen sei.
Die Beklagte hat auf Anfrage des Berichterstatters mitgeteilt, dass Verletztengeld bis zum 07. Mai 2004 und für den 01. und 08. Juni 2004, nicht jedoch für weitere Zeiträume gezahlt worden sei. Die Beteiligten sind mit Verfügungen vom 09. Mai 2008, 31. Juli 2008 und 05. September 2008 darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beabsichtigt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 SGG statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Senat hat über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweise vom 09. Mai 2008, 31. Juli 2008 und 05. September 2008) haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).
Unstreitig ist das Geschehen vom 16. März 2004 als bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall in diesem Sinne anzusehen, bei dem die Klägerin sich - neben den inzwischen ausgeheilten Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Kniegelenkes - auch eine Verdrehung der Halswirbelsäule zugezogen hat.
Nach den übereinstimmenden Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z., welche dem aktuellen Stand der unfallmedizinischen Begutachtunspraxis entsprechen, können indes die von der Klägerin weiterhin beklagten Schwindelanfälle im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität nicht als Folgeerscheinungen des Unfallgeschehens anerkannt werden. Die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und diesen geltend gemachten Gesundheitsstörungen ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v § 249 RdNr. 58 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Schwindelanfälle nicht vor, wozu auf die beiden Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z., welche als von der Klägerin vorgelegte Urkundsbeweise verwertbar sind, verwiesen wird. Nach der unfallmedizinischen Literatur (etwa Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 7. Aufl. 2003, S. 550 ff.) ist bei Distorsionen der Halswirbelsäule durch Verkehrsunfälle ("Schleudertrauma") in Anlehnung an die Untersuchungen von E. eine Einteilung in drei Schweregrade sinnvoll, wobei in allen Verletzungskategorien davon auszugehen ist, dass nach der Verletzung durch den Unfall eine beschwerdefreie Zeit allenfalls für die Dauer von maximal 24 Stunden anzunehmen ist, wobei die Länge des beschwerdefreien Intervalls ein Indiz für die Geringfügigkeit der erlittenen Verletzungen ist.
Vorliegend ist zunächst ein wesentlich längeres zeitliches Intervall bis zur ersten Beschwerdesymptomatik aufgetreten, nämlich eine Zeitspanne von mindestens zwei Wochen (Attest des Hausarztes H. vom 22. Juni 2007 mit erstmaliger Angabe des Schwindels bereits im April 2004), was bereits erheblich gegen eine Verursachung des Schwindels durch den Verkehrsunfall spricht. Entgegen den in der Literatur (a.a.O.) geschilderten Verläufen hat danach eine stetige Zunahme der Beschwerden stattgefunden, was zusätzlich gegen die Kausalität spricht.
Nach dem Durchgangsarztbericht vom 16. März 2004 war die Klägerin im Bereich der Wirbelsäule sowohl beschwerdefrei als auch ohne knöcherne Verletzung, was allenfalls für eine dem Grad I entsprechende HWS-Distorsion spricht, welche allenfalls geeignet ist, eine MdE für die Dauer von maximal drei Monaten zu verursachen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 562).
Sofern Dr. H. in seinem Bericht an die Beklagte vom 05. Juni 2005 mitgeteilt hat, dass der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und dem Schwindel sehr wahrscheinlich sei, kann dem nach der oben zitierten unfallmedizinischen Literatur nicht gefolgt werden. Auch Dr. H. ist insoweit nicht in der Lage, den großen zeitlichen Abstand zwischen dem Unfallereignis und dem Auftreten der Beschwerden befriedigend zu erklären, worauf Prof. Dr. Z. in seinem Gutachten vom 11. Juli 2007 überzeugend hinweist. Zwar räumt der Gutachter auch ein, dass der Unfall an sich geeignet wäre, die von der Klägerin geklagten Beschwerden auszulösen, jedoch mit Bestimmtheit nicht in dem vorliegend objektivierten zeitlichen Zusammenhang. Ein Anspruch auf Heilbehandlung nach § 26 SGB VII ist daher nicht gegeben.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei einem zeitnahen Auftreten des Schwindels nach dem Unfallereignis in dem oben genannten Zeitrahmen von weniger als 24 Stunden bei einer Verdrehung der Halswirbelsäule wie im Falle der Klägerin eine zum Bezug einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII berechtigende MdE nicht erreicht wird, weil maximal von einer drei Monate andauernden MdE ausgegangen werden kann. Sofern die Klägerin aufgrund des von ihr angeschuldigten Schleudertraumas auch noch mehr als vier Jahre nach dem Verkehrsunfall Schwindelbeschwerden empfindet, spricht dies nach der unfallmedizinischen Literatur ebenfalls gegen den Ursachenzusammenhang, weil insofern nach einem so langen Zeitraum ein Abklingen der Beschwerden, wären sie durch den Unfall verursacht worden, zu erwarten gewesen wäre.
Auch das von der Klägerin vorgelegte Attest von Dr. G. vom 21. September 2005 spricht gegen eine Verursachung der Schwindelbeschwerden durch den Verkehrsunfall, da Dr. G. einen Morbus Menière als Krankheitsursache benennt, welcher eine unfallunabhängige Erkrankung darstellt. An unfallunabhängigen Krankheitsbildern, die ebenso geeignet wären, die Beschwerden der Klägerin hervorzurufen, liegen außerdem die in dem Befundbericht nach MRT vom 13. Februar 2006 genannten degenerativen Erkrankungen an der Wirbelsäule der Klägerin vor.
Insofern folgt der Senat im Ergebnis neben den Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z. auch den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B., wonach auch aufgrund der alternativen Erklärungsmöglichkeiten für die Schwindelbeschwerden der Klägerin ein Nachweis für eine unfallabhängige Erkrankung insoweit nicht erbracht werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung und Entschädigung gesundheitlicher Folgen des Wegeunfalls der Klägerin vom 16. März 2004 im Streit.
Die 1970 geborene Klägerin erlitt am 16. März 2004 mit ihrem Pkw auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall, als ihr ein anderer Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt nahm und das Kfz der Klägerin durch den Aufprall mit der Frontseite gegen eine gegenüber liegende Gartenmauer geschleudert wurde. Im Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr. V. vom 16. März 2004 ist angegeben, dass die Klägerin bei dem Unfall angegurtet gewesen sei und der Airbag ihres Kfz ausgelöst worden sei. Die Klägerin sei beim Eintreffen mit dem Rettungshubschrauber bei Bewusstsein gewesen, die Röntgenaufnahmen hätten keinen Hinweis auf eine knöcherne Verletzung erbracht. Als Erstdiagnosen gab der Durchgangsarzt Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Knies der Klägerin an.
Die bei der A. versicherte Klägerin war seit dem Unfall bis zum 07.05.2004 und dann erneut am 01. Juni 2004 und am 08. Juni 2004 arbeitsunfähig. Auf Anfrage der Beklagten teilte der behandelnde Chirurg Dr. G. am 29. Juli 2004 mit, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Klägerin vom 01. und 08. Juni 2004 jeweils auf den Unfall vom 16. März 2004 zurückzuführen gewesen seien. Die Klägerin sei am 28.07.2004 bei erneuter Untersuchung arbeitsfähig gewesen; es habe noch eine erhebliche infrapatellare Druckschmerzhaftigkeit bestanden. In einer Stellungnahme vom 12. Juli 2004 hatte Dr. G. zuvor mitgeteilt, dass bei der Klägerin noch eine Prellung am rechten Oberschenkelgelenk sowie eine HWS-Distorsion festgestellt worden seien.
In einem Zwischenbericht vom 18. April 2005 teilte Dr. G. mit, dass die Klägerin bei der letzten Kontrolle am 03. März 2005 noch über rezidivierenden Schwindelzustände geklagt habe, welche sich jeweils nach Krankengymnastik gebessert hätten. Dr. G. legte einen Arztbericht des HNO-Arztes Dr. H. vom 25. Januar 2005 vor, wonach die Klägerin angegeben habe, seit vier Wochen immer wieder Drehschwindelanfälle (drei Mal pro Woche) zu erleiden, welche ca. 30 Minuten anhielten, wobei es auch zu einer Hörminderung im Kopf sowie einem Druckgefühl und Augendruck komme. Insoweit sei vor drei Tagen bei einem stärkeren Anfall eine Krankenhausbehandlung notwendig geworden. Ein bei ihr bereits vor sechs Jahren aufgetretener Schwindel sei nach Angaben der Klägerin ganz anders gewesen als der jetzt bei ihr vorliegende Schwindel. Die HWS der Klägerin sei links verspannt und schmerzhaft im Nackenbereich gewesen, rechts jedoch unauffällig. Aufgrund des wiederholten Anfallsleidens mit typischen Symptomen bestehe ein Verdacht auf einen Morbus Menière.
Auf Anfrage der Beklagten teilte Dr. H. am 05. Juni 2005 mit, dass bei der Klägerin ein dringender Verdacht auf Schwindel infolge eines posttraumatischen HWS-Syndroms bestehe. Die Klägerin habe beim Blick nach unten weiterhin über Schwindel geklagt. Eine videonystagmografische Untersuchung vom 30. Mai 2005 habe die geklagten Beschwerden objektivieren können. Es habe sich gezeigt, dass die Schwindelbeschwerden durch eine Halsdrehung ausgelöst würden, womit der Nachweis eines Halswirbelsäulen-Schwindels erbracht sei. Der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den geklagten Schwindelbeschwerden erscheine als sehr wahrscheinlich. In dem von der A. R. angeforderten Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin sind im Zeitraum von 1993 bis 2000 mehrfach Kreislaufbeschwerden mit Kollapsneigung, Ohraffektionen, ein Hörsturz und eine Hypertonie sowie Herzbeschwerden angegeben.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Juni 2005 gab Dr. R. an, dass nach dem Unfallgeschehen ein Schleudertrauma mit Schwindelbeschwerden denkbar sei, dieses jedoch in der Regel sofort oder in kurzer zeitlicher Distanz zum Unfallgeschehen zu verzeichnen sei. Bei der Klägerin seien die Schwindelbeschwerden jedoch erstmals fast ein Jahr nach dem Ereignis angegeben worden, weswegen sie nicht zwingend auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könnten. Es sei daher zunächst erforderlich, eine orthopädische Untersuchung der Halswirbelsäule vorzunehmen.
Die Klägerin wies anschließend das Ansinnen der Beklagten, eine orthopädische Untersuchung durchzuführen, zurück, da bereits eine Untersuchung durch Prof. Dr. B. in T. für ihre private Versicherung erfolgt sei und sie sich nicht in der Lage sehe, als arbeitende Alleinstehende mit Kind einen weiteren Untersuchungstermin zu organisieren. Die Klägerin veranlasste daraufhin, dass das Gutachten und die Röntgenaufnahmen aus dem Verfahren ihrer privaten Unfallversicherung der Beklagten zugesandt wurden. In dem Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. B. vom 08. August 2005 für die G. Versicherung wird ausgeführt, dass die Klägerin als Folgen des Unfalles vom 16. März 2004 ständige Kopfschmerzen und seit Oktober 2004 auch auftretende Schwindelanfälle sowie ein schmerzempfindliches rechtes Knie angegeben habe. Die subjektiven Beschwerden ließen sich mit den objektiven Befunden nicht in Einklang bringen und seien darum auch nicht als Folgen des Unfalles anzuerkennen. Da nach Beschleunigungseinwirkungen auf Fahrzeuginsassen überwiegend eindeutig objektivierbare Verletzungsmerkmale fehlten, könnten Mitteilungen über Schmerzzustände nicht kritiklos übernommen werden, was auch für die Ausführungen von Dr. H. gelte. Vorliegend spreche gegen einen Ursachenzusammenhang, dass die Schwindelerscheinungen erst im Oktober 2004 aufgetreten seien und unter diesen Umständen keinesfalls als Unfallfolge anerkannt werden könnten. Außerdem sei das rasche Erreichen eines Beschwerdemaximums in zeitlicher Nähe zum Unfallgeschehen, nicht jedoch erst nach mehreren Tagen oder gar Wochen bzw. Monaten, ein weiteres Indiz für die Unfallursächlichkeit. Typischerweise trete bei einer nachgewiesenen Verletzung auch eine langsam abklingende Symptomatik und nicht eine langsam zunehmende Beschwerdesymptomatik auf. Es bestehe keine funktionelle Behinderung mehr, und es sei auch weder an der Halswirbelsäule noch am rechten Kniegelenk eine Invalidität festzustellen. Der ablehnenden Stellungnahme des Prof. Dr. B. zum Ursachenzusammenhang schloss sich der Beratungsarzt der Beklagten Dr. B. am 12. Oktober 2005 an.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 ohne Rechtsbehelfsbelehrung wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die fortbestehenden Beschwerden nicht auf den Unfall vom 16. März 2004 zurückzuführen seien und daher Leistungen von der Beklagten insofern nicht mehr zu erbringen seien. Die bei dem Unfall aufgetretene Verdrehung der Halswirbelsäule sei folgenlos ausgeheilt, ebenso wie die Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Kniegelenkes.
Mit Bescheid vom 10. November 2005 stellte die Beklagte daraufhin auf Wunsch der Klägerin ausdrücklich fest, dass die bestehenden Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenkes, die Kopfschmerzen sowie die Schwindelanfälle nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 16. März 2004 stünden und deswegen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (insbesondere medizinische Heilbehandlungsmaßnahmen) nicht zu erbringen seien. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung mit dem Gutachten von Prof. Dr. B ...
Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sie bereits bei der Vorlage des Gutachtens darauf hingewiesen habe, dass sie dessen Schlussfolgerungen nicht akzeptiere. Es gebe derzeit kein ärztliches Attest, nach welchem ihre Beschwerden vollständig ausgeheilt seien. Zwar treffe zu, dass sie schon öfters Schwindel gehabt habe, doch sei sie bei drei der von der A. insoweit aufgelisteten Diagnosen schwanger gewesen. Ihre Schwindelbeschwerden seien auch nicht erst im Dezember 2004 aufgetreten, sondern hätten direkt nach dem Unfall begonnen. Durch regelmäßige Gymnastik könne sie die Auswirkungen des Schwindels eingrenzen, jedoch würde dieser beim Auslassen der Gymnastik sofort wieder überhand nehmen. Dies sei auch durch Dr. G., der ihr mehrfach Krankengymnastik verschrieben habe, bestätigt worden. Da sie drei Monate nach dem Unfall wieder schwanger geworden sei, habe sie zu Anfang den Schwindel wieder auf die Schwangerschaft und den Hormonwechsel geschoben. Da die Schwangerschaft leider nur 2,5 Monate angedauert habe, habe sie Grund zu der Annahme gehabt, der Schwindel käme von der Hormonumstellung. Erst allmählich sei ihr klar geworden, dass der Schwindel von dem Unfall herrühren müsse, da dieser immer heftiger geworden sei. Die Klägerin legte ein Attest von Dr. G. vom 21. September 2005 vor, wonach die Röntgenbilder vom 17. März 2004 eine Steilstellung der HWS als Zeichen der HWS-Distorsion zeigten, wobei weiterführende Veränderungen nicht zu erwarten seien. Die verschriebene Krankengymnastik sei insbesondere wegen des Morbus Menière fortzuführen. Eine Kernspintomographie der HWS vom 10. Februar 2006 durch Dr. V. zeigte eine deutliche Fehlhaltung der HWS mit Streckstellung im Seitenbild und sogar diskreter Kyphosierung ohne Wirbelverschiebungen oder auffällige segmentale Gefügelockerungen bei unauffälliger Darstellung der Bandscheiben. Die HWS zeige eine diskrete Retrospondylophoytenbildung und Uncarthrose bei HWK 3 bis HWK 7 links mit minimaler Einengung der zugehörigen Neuroforamina. Ferner hätten sich Zeichen einer Spondylarthrose bei HWK 6/7 gezeigt.
Nach einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 06. März 2006 lägen insoweit jedoch an der HWS degenerative Veränderungen vor, welche auch verantwortlich für die geschilderten Schwindelattacken seien. Maßgeblich für diese Beurteilung sei der zeitliche Ablauf sowie die Tatsache, dass es bei dem Verkehrsunfall zu keinen knöchernen Verletzungen der HWS gekommen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2006 wies die Beklagte darauf hin den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück, wozu die Beklagte sich auf das Gutachten von Prof. B. bezog, welches durch die Kernspintomographie der HWS bestätigt worden sei.
Am 07. Juli 2006 hat die Klägerin bei der Beklagten Widerspruch eingelegt, den diese am 14. Juli 2006 beim Sozialgericht Stuttgart mit dem Antrag vorlegte, die Klage abzuweisen. Die Beklagte verwies auf das sog. Konsenspapier für die Begutachtung von HWS-Verletzungen aus dem Jahre 2004, wonach es sich bei Kopf- und Schwindelbeschwerden um ein multifaktorielles Geschehen handele, bei dem davon auszugehen sei, dass leichtgradige Verletzungen der HWS innerhalb von wenigen Tagen, längstens nach etwa sechs Wochen ausheilten. Im Falle der Klägerin seien seit dem Unfall jedoch bereits zweieinviertel Jahre vergangen. Selbst bei Außerachtlassen des bereits sechs Jahre vor dem Unfall aufgetretenen Schwindels bei der Klägerin sowie bei Unterstellung eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und dem ersten Schwindel könnten die nach zweieinviertel Jahren noch fortbestehenden Beschwerden nicht mehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden. Die Kausalitätsbeurteilung von Prof. Dr. B. stimme insoweit mit dem Konsenspapier überein.
Die Klägerin berief sich demgegenüber auf die Ausführungen des Dr. H. vom 25. Januar und 05. Juni 2005, wonach der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und den geklagten Schwindelbeschwerden als sehr wahrscheinlich erscheine. Die Bevollmächtigten der Klägerin legten ein Attest des Hausarztes R. H. vom 22. Juni 2007 vor, wonach die Klägerin im April 2004 wegen einem deutlichen Vertigo bei ihm in ambulanter Behandlung gewesen sei. Die Halswirbelsäule sei endgradig eingeschränkt beweglich gewesen, bei Reklination sei ein verstärkter Vertigo aufgetreten.
Außerdem legten die Bevollmächtigten das Gutachten des HNO-Arztes Prof. Dr. Z. vom 11. Juli 2007 für die G. Versicherung vor, wonach die aktuellen vestibulometrischen Untersuchungen unabhängig vom erstmaligen Auftreten des Schwindels keine pathologischen Untersuchungsbefunde ergeben hätten, welche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem Unfallereignis in Verbindung gebracht werden könnten. Es habe sich lediglich ein Hinweis auf Vorliegen eines dezenten Lagerungs- und Lageschwindels ergeben. Im Gegensatz zu den Angaben in dem Befundbericht des Dr. H. vom 05. Juni 2005 hätten im Rahmen der videonystagmografischen Prüfungen der peripher-vestibulären Gleichgewichtsorgane die geklagten Beschwerden nicht objektiviert werden können. Zwar sei der Unfallhergang, den die Klägerin geschildert habe, prinzipiell geeignet, die Pathologien und geschilderten Beschwerden hervorzurufen. Speziell im vorliegenden Falle könne aber aufgrund des unklaren zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfallereignis und den Angaben in dem unfallchirurgischen Fachgutachten (wonach eine HWS-Distorsion nicht ausgeschlossen werden könne, jedoch auch ein Erstkörperschaden im Bereich der HWS nicht nachweisbar sei) das Unfallereignis nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit den geschilderten Beschwerden in Zusammenhang gebracht werden.
Mit Urteil vom 23. Januar 2008 hat das SG die Klage daraufhin als unbegründet abgewiesen. Der Durchgangsarzt Dr. V. habe noch am Unfalltag knöcherne Verletzungen verneint und lediglich Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Knies festgestellt. Auch der behandelnde Chirurg Dr. G. habe mitgeteilt, dass die Klägerin zuletzt noch am 03. März 2005 über rezidivierende Schwindelzustände geklagt habe, welche sich unter krankengymnastischer Behandlung gebessert hätten. Sowohl die Gutachten von Prof. Dr. B., der Kernspinbefund vom Februar 2006, die Stellungnahmen des Dr. B. sowie das zuletzt vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. Z. hätten festgestellt, dass pathologische Untersuchungsbefunde, welche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit mit dem Unfallereignis in Verbindung stünden, nicht feststellbar seien. Die bloße Feststellung der Möglichkeit einer Verursachung oder objektivierbaren Beweise sei nicht ausreichend. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 18. Februar 2008 zugestellt.
Am 03. März 2008 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Klägerin habe aufgrund des Unfalls weiterhin Anspruch auf Leistungen der medizinischen Heilbehandlung sowie auf Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen. Entgegen den Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z. sei nach den vom SG nicht ausreichend berücksichtigten Stellungnahmen von Dr. H. und Dr. G. davon auszugehen, dass ein Ursachenzusammenhang der noch vorliegenden Beschwerden mit dem Arbeitsunfall bestehe. Der Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. B. sei von der Klägerin von Anfang an zurückgewiesen worden; das Gutachten des Prof. Dr. Z. sei insofern nicht so nachteilig, da es auch Passagen enthalte, welche auf die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs hinwiesen. Für die Aussagen von Dr. H. spreche, dass diese zeitlich wesentlich näher am Unfallgeschehen lägen als die Aussagen der beiden Gutachter. Der Hausarzt der Klägerin R. H. könne außerdem bestätigen, dass die Klägerin vor dem Unfallereignis nie unter Schwindelattacken gelitten habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 16. März 2004 Leistungen der medizinischen Heilbehandlung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch dem Gutachten des Prof. Dr. Z. zu entnehmen, dass wegen des bloßen Verdachts auf einen dezenten Schwindel ein Ursachenzusammenhang von noch vorliegenden Beschwerden mit dem Unfallereignis nicht angenommen werden könne. Dieses werde durch das Gutachten von Prof. Dr. B. bestätigt. Auch wenn von der Beklagen mit dem angefochtenen Bescheid eine Verdrehung der HWS als Unfallfolge anerkannt worden sei, sei dennoch ein Kausalzusammenhang des Schwindels mit dem Unfall nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit erwiesen. In dem Attest des Hausarztes H. vom 22. Juni 2007 sei im Gegensatz zu seinem Bericht auf Bl. 14 f. der Akte ein Beginn der Schwindelbeschwerden bereits für April 2004 angegeben. Dieses Attest habe Prof. Dr. Z. bei der Begutachtung vorgelegen. Dennoch habe der Gutachter einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis für unklar gehalten. Dafür spreche auch, dass die Klägerin selbst gegenüber Prof. Dr. B. erst von einem Beginn der Beschwerden im Oktober 2004 gesprochen habe. Selbst bei Zugrundelegung eines Beginns der Schwindelbeschwerden bereits am 08. April 2004 sei nach den Ausführungen von Prof. Dr. Z. davon auszugehen, dass der erforderliche zeitliche Zusammenhang zu verneinen sei.
Die Beklagte hat auf Anfrage des Berichterstatters mitgeteilt, dass Verletztengeld bis zum 07. Mai 2004 und für den 01. und 08. Juni 2004, nicht jedoch für weitere Zeiträume gezahlt worden sei. Die Beteiligten sind mit Verfügungen vom 09. Mai 2008, 31. Juli 2008 und 05. September 2008 darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beabsichtigt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 SGG statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Senat hat über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweise vom 09. Mai 2008, 31. Juli 2008 und 05. September 2008) haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).
Unstreitig ist das Geschehen vom 16. März 2004 als bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall in diesem Sinne anzusehen, bei dem die Klägerin sich - neben den inzwischen ausgeheilten Prellungen der Nase, der rechten Schulter und des rechten Kniegelenkes - auch eine Verdrehung der Halswirbelsäule zugezogen hat.
Nach den übereinstimmenden Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z., welche dem aktuellen Stand der unfallmedizinischen Begutachtunspraxis entsprechen, können indes die von der Klägerin weiterhin beklagten Schwindelanfälle im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität nicht als Folgeerscheinungen des Unfallgeschehens anerkannt werden. Die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem angeschuldigten Geschehen und diesen geltend gemachten Gesundheitsstörungen ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu bejahen.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v § 249 RdNr. 58 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Schwindelanfälle nicht vor, wozu auf die beiden Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z., welche als von der Klägerin vorgelegte Urkundsbeweise verwertbar sind, verwiesen wird. Nach der unfallmedizinischen Literatur (etwa Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 7. Aufl. 2003, S. 550 ff.) ist bei Distorsionen der Halswirbelsäule durch Verkehrsunfälle ("Schleudertrauma") in Anlehnung an die Untersuchungen von E. eine Einteilung in drei Schweregrade sinnvoll, wobei in allen Verletzungskategorien davon auszugehen ist, dass nach der Verletzung durch den Unfall eine beschwerdefreie Zeit allenfalls für die Dauer von maximal 24 Stunden anzunehmen ist, wobei die Länge des beschwerdefreien Intervalls ein Indiz für die Geringfügigkeit der erlittenen Verletzungen ist.
Vorliegend ist zunächst ein wesentlich längeres zeitliches Intervall bis zur ersten Beschwerdesymptomatik aufgetreten, nämlich eine Zeitspanne von mindestens zwei Wochen (Attest des Hausarztes H. vom 22. Juni 2007 mit erstmaliger Angabe des Schwindels bereits im April 2004), was bereits erheblich gegen eine Verursachung des Schwindels durch den Verkehrsunfall spricht. Entgegen den in der Literatur (a.a.O.) geschilderten Verläufen hat danach eine stetige Zunahme der Beschwerden stattgefunden, was zusätzlich gegen die Kausalität spricht.
Nach dem Durchgangsarztbericht vom 16. März 2004 war die Klägerin im Bereich der Wirbelsäule sowohl beschwerdefrei als auch ohne knöcherne Verletzung, was allenfalls für eine dem Grad I entsprechende HWS-Distorsion spricht, welche allenfalls geeignet ist, eine MdE für die Dauer von maximal drei Monaten zu verursachen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 562).
Sofern Dr. H. in seinem Bericht an die Beklagte vom 05. Juni 2005 mitgeteilt hat, dass der Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und dem Schwindel sehr wahrscheinlich sei, kann dem nach der oben zitierten unfallmedizinischen Literatur nicht gefolgt werden. Auch Dr. H. ist insoweit nicht in der Lage, den großen zeitlichen Abstand zwischen dem Unfallereignis und dem Auftreten der Beschwerden befriedigend zu erklären, worauf Prof. Dr. Z. in seinem Gutachten vom 11. Juli 2007 überzeugend hinweist. Zwar räumt der Gutachter auch ein, dass der Unfall an sich geeignet wäre, die von der Klägerin geklagten Beschwerden auszulösen, jedoch mit Bestimmtheit nicht in dem vorliegend objektivierten zeitlichen Zusammenhang. Ein Anspruch auf Heilbehandlung nach § 26 SGB VII ist daher nicht gegeben.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei einem zeitnahen Auftreten des Schwindels nach dem Unfallereignis in dem oben genannten Zeitrahmen von weniger als 24 Stunden bei einer Verdrehung der Halswirbelsäule wie im Falle der Klägerin eine zum Bezug einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII berechtigende MdE nicht erreicht wird, weil maximal von einer drei Monate andauernden MdE ausgegangen werden kann. Sofern die Klägerin aufgrund des von ihr angeschuldigten Schleudertraumas auch noch mehr als vier Jahre nach dem Verkehrsunfall Schwindelbeschwerden empfindet, spricht dies nach der unfallmedizinischen Literatur ebenfalls gegen den Ursachenzusammenhang, weil insofern nach einem so langen Zeitraum ein Abklingen der Beschwerden, wären sie durch den Unfall verursacht worden, zu erwarten gewesen wäre.
Auch das von der Klägerin vorgelegte Attest von Dr. G. vom 21. September 2005 spricht gegen eine Verursachung der Schwindelbeschwerden durch den Verkehrsunfall, da Dr. G. einen Morbus Menière als Krankheitsursache benennt, welcher eine unfallunabhängige Erkrankung darstellt. An unfallunabhängigen Krankheitsbildern, die ebenso geeignet wären, die Beschwerden der Klägerin hervorzurufen, liegen außerdem die in dem Befundbericht nach MRT vom 13. Februar 2006 genannten degenerativen Erkrankungen an der Wirbelsäule der Klägerin vor.
Insofern folgt der Senat im Ergebnis neben den Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. Z. auch den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B., wonach auch aufgrund der alternativen Erklärungsmöglichkeiten für die Schwindelbeschwerden der Klägerin ein Nachweis für eine unfallabhängige Erkrankung insoweit nicht erbracht werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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