L 10 LW 5225/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 LW 3780/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 5225/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG ist auf einen Bescheid über die Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht entsprechend anwendbar.
2. Die aufschiebende Wirkung des Widerpruchs ist auch dann anzuordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG), wenn der Widerspruchsbescheid bereits ergangen ist (Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B).
3. Zum Nachweis der Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG (Einkommensgrenzen) hat ein Selbstständiger auf Verlangen des Versicherungsträgers entsprechende Feststellungen der Finanzverwaltung vorzulegen (§ 73 Abs. 1 ALG i.V.m. § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI). Er kann diese Pflicht nicht durch Vorlage anderer, von ihm als ausreichend erklärter Unterlagen erfüllen.
4.Die Verletzung dieser Pflicht stellt indessen keine wesentliche Änderung i.S. des § 48 SGB X gegenüber einer zuvor erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht dar.
Zum Verfahren wird beigeladen: A. C.-G., H. , B ...

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 6.11.2008 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23.9.2008 wird angeordnet.

Außergerichtliche Kosten sind im Antrags- und Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht und gegen die Festsetzung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Alterssicherung nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Der Antragsteller ist selbstständiger Rechtsanwalt und Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B.(Versorgungswerk), zu dem er Beiträge entrichtet. Er bezog nach eigenen Angaben vor ungefähr zehn Jahren zusammen mit seiner Ehefrau, der Beigeladenen, ein landwirtschaftliches Anwesen. Neben der Beigeladenen, die - so die Angaben - als Gesellschafterin und Geschäftsführerin ein Unternehmen und als Hobby die Dressurreiterei betreibt, haben dort auch Freunde und Bekannte Pferde untergestellt.

Bereits mit Bescheid vom 11.12.2000 hatte die Antragsgegnerin die Versicherungspflicht des Antragstellers als Ehegatte eines Landwirts zur landwirtschaftlichen Alterskasse mit Wirkung ab dem 1.2.1997 festgestellt. Kurz darauf befreite die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Wirkung ab 1.11.1999 wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen von der Versicherungspflicht, zeitgleich hob sie den Bescheid vom 11.12.2000 über die Versicherungspflicht auf (Bescheide vom 15.1.2001).

Nachdem der Antragsteller von der Antragsgegnerin geforderte Nachweise über die Überschreitung der für die Befreiung maßgebenden Einkommensgrenzen nicht vorgelegt hatte, stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21.2.2005 erneut und mit Wirkung ab dem 1.11.1999 Versicherungspflicht fest und hob zugleich den Bescheid vom 15.1.2001 über die Befreiung von der Versicherungspflicht ab diesem Zeitpunkt wegen nicht nachgewiesener Voraussetzungen auf. Während des Widerspruchsverfahrens legte der Antragsteller - wie von der Antragsgegnerin gewünscht - eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Überschreitung der Einkommensgrenzen vor, worauf die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.4.2005 einerseits Versicherungspflicht feststellte und ihn andererseits - unter Aufhebung des Bescheides vom 21.2.2005 insoweit - von der Versicherungspflicht ab dem 1.11.1999 befreite.

Weil sich der Antragsteller im Rahmen der Überprüfung der Befreiungsvoraussetzungen durch die Antragsgegnerin erneut geweigert hatte, entsprechende Unterlagen über sein Einkommen vorzulegen, stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.3.2006 erneut Versicherungspflicht fest und hob den Bescheid vom 14.4.2005 über die Befreiung von der Versicherungspflicht mit Ablauf des 31.12.2001 auf. Nachdem der Antragsteller entsprechende Bestätigungen des Finanzamtes über seine Einkünfte vorgelegt hatte, erging der Bescheid vom 15.5.2006, mit dem die Antragsgegnerin unter gleichzeitiger Feststellung von Versicherungspflicht den Antragsteller für die Zeit ab 1.1.2002 von der Versicherungspflicht befreite und den Bescheid vom 14.3.2006 insoweit aufhob. Unter der Überschrift Hinweise und Meldepflichten führte die Antragsgegnerin aus, die Befreiung gelte nur, solange eine oder mehrere Befreiungsvoraussetzungen erfüllt seien und der Antragsteller sei verpflichtet jede Änderung der Verhältnisse unverzüglich zu melden. Der Bescheid über die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht endgültig. Die Versicherungspflicht trete wieder ein, wenn die Befreiungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen.

Weil der Antragsteller auf Aufforderungen der Antragsgegnerin im Jahr 2008, Einkommensteuerbescheide ab dem Jahr 2004 bzw. entsprechende Bestätigungen des Finanzamtes vorzulegen, nicht reagiert hatte, hob die Antragsgegnerin nach Anhörung des Antragstellers mit Bescheid vom 23.9.2008 den Bescheid vom 15.5.2006 über die Befreiung von der Versicherungspflicht mit Ablauf des 31.12.2003 auf und stellte fest, dass ab 1.1.2004 für ihn als Ehegatte eines Landwirts Beiträge zu entrichten seien. Die monatliche Beitragshöhe stellte sie gestaffelt für die entsprechenden Jahre fest und bezifferte den Rückstand des Beitragskontos zum 23.9.2008 auf 11.544,00 EUR. Das Widerspruchsverfahren während dessen der Antragsteller Aufrechnungsbescheinigungen seines Versorgungswerkes vorgelegt hatte, ist erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 28.11.2008), ebenso ein bei der Antragsgegnerin gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Bescheid vom 28.11.2008).

Das bereits am 27.10.2008 vom Antragsteller angerufene Sozialgericht Reutlingen hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23.9.2008 abgelehnt und zu Begründung ausgeführt, die Nichtvorlage der von der Antragsgegnerin geforderten Einkommensnachweise stelle eine wesentliche Änderung dar, die nach Erlass des Bescheides eingetreten sei und die Antragsgegnerin gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Aufhebung der Befreiung berechtige. Der Nachweis der tatbestandlichen Voraussetzung der Befreiung obliege dem Antragsteller. Angesichts der vollen Parallelität zwischen Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sei der Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen regelmäßig durch Vorlage des entsprechenden Einkommensteuerbescheides bzw. durch eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamtes möglich. Nicht ausreichend seien hingegen die vorgelegten Bescheinigungen über entrichtete Beiträge an das Versorgungswerk für Rechtsanwälte.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 13.11.2008 eingegangenen Beschwerde. Er meint, er sei nicht zur Vorlage von Einkommensteuerbescheiden verpflichtet, sondern müsse lediglich nachweisen, dass sein erzielter Gewinn über der Einkommensgrenze liege. Dies könne auch durch die Vorlage der Aufrechnungsbescheinigungen geschehen. Diese Bescheinigungen würden beweisen, dass er jährlich über 12.000 EUR an das Versorgungswerk bezahle, sodass auch bewiesen sei, dass er über ein entsprechendes Arbeitseinkommen verfüge, weil er andernfalls zur Leistung entsprechender Beiträge nicht in der Lage wäre.

Die Antragsgegnerin verweist durch Bezugnahme auf erstinstanzliche Ausführungen darauf, dass alleine die Entscheidungen der Finanzbehörden für die Frage des Arbeitseinkommens im Sinne des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) maßgebend seien. Insbesondere die vorgelegten Bescheinigungen reichten nicht aus, weil der Antragsteller wohl seit Jahren freiwillig den Höchstbetrag bezahle. Der Beitragszahlung zum Versorgungswerk liege also kein nachprüfbares Arbeitseinkommen zu Grunde.

Zu weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.9.2008.

Die Beiladung der Ehefrau des Antragstellers beruht auf § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und dem Umstand, dass ihr gegenüber als (Mit)Schuldnerin der Beiträge (§ 70 Abs. 1 Satz 2 ALG) die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (BSG, Urteil vom 16.10.2002, B 10 LW 5/01 R in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5). Eine Anhörung der Beigeladenen vor der Entscheidung in der Sache ist nicht erforderlich, weil die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für sie nur vorteilhafte Wirkung hat.

Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die Rechtsgrundlage (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG) für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung und die Maßstäbe hierfür entsprechend § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Der begehrten Anordnung steht nicht entgegen, dass der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch zwischenzeitlich beschieden worden ist (Widerspruchsbescheid vom 28.11.2008). Denn die Klagefrist des § 87 SGG ist noch offen, der Bescheid vom 23.9.2008 somit noch nicht bestandskräftig. Unabhängig von der Frage, ob zwischenzeitlich Klage erhoben ist, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, die auf den Erlass des Bescheides vom 23.9.2008 zurückwirkt und bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Klärung bestehen bleibt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.3.2006, L 8 AS 369/06 ER-B).

Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass der hier vom Antragsteller eingelegte Widerspruch (ebenso wie eine möglicherweise noch eingehende Klage) nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung hat. Zwar handelt es sich bei der Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht um eine Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten, wie § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG dies vorsieht. Indessen ist diese Regelung hier entsprechend anzuwenden, weil auch die Aufhebung einer Befreiung von der Versicherungspflicht keine andere Rechtswirkung hat als die Feststellung der Versicherungspflicht selbst, nämlich beitragsrechtliche Wirkung, und § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gerade im Hinblick auf Versicherungsbeiträge als Grundlage für die Tätigkeit der Versicherungsträger deren Funktionsfähigkeit sichern soll (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage, § 86a Rdnr. 13). Dies verdeutlicht der streitbefangene Bescheid, wenn dort in einem weiteren Verfügungssatz die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge einschließlich des Beitragsrückstandes festgestellt werden. Insoweit kommen die dargestellten Regelungen dann unmittelbar zur Anwendung.

Anders als das Sozialgericht und die Antragsgegnerin gelangt der Senat im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Bescheid vom 23.9.2008 rechtswidrig ist. Mit diesem Bescheid hob die Beklagte in erster Linie den früheren Bescheid vom 15.5.2006 hinsichtlich der dort erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht mit Wirkung ab dem 1.1.2004 auf. Der Vortrag des Antragstellers, er sei gar nicht versicherungspflichtig geht damit von vornherein ins Leere. Denn die Versicherungspflicht steht auf Grund der Feststellung in den insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 15.5.2006, 14.3.2006, 14.4.2005 und 21.2.2005 fest, wobei offen bleiben kann, inwieweit den nach dem Bescheid vom 21.2.2005 erfolgten "Feststellungen" Regelungsqualität zukommt und aus welchen Gründen sich die Antragsgegnerin veranlasst sah, inhaltsgleiche Sätze in die jeweiligen Bescheide aufzunehmen.

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht lassen sich indessen nicht feststellen. Die Beklagte beruft sich als Rechtsgrundlage für diesen Bescheid auf § 48 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - hierzu gehört auch eine Befreiung von der Versicherungspflicht (BSG, Urteil vom 16.10.2002, a.a.O.) - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 2). Nach Satz 2 der Regelung soll der Verwaltungsakt unter anderem im Falle der Verletzung von Mitteilungspflichten (Nr. 2) vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden.

Voraussetzung dieser Vorschrift ist also, dass eine wesentliche Änderung eintrat. Dies trifft hier nicht zu. Grundlage der ohne Befristung erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid vom 15.5.2006 waren die damals, für die Jahre 2002 und 2003, vom Antragsteller nachgewiesenen Einkommensverhältnisse und die damit nachgewiesene Überschreitung der für die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgegebenen Einkommensgrenzen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in Höhe von jährlich ein Siebtel der Bezugsgröße, seit 1.4.2003 jährlich 4.800,- EUR. Auf diesen Nachweisen und der darauf aufbauenden Prognose (zur Zulässigkeit einer vorausschauenden Betrachtung nach den regelmäßigen Einkünften s. BSG, Urteil vom 16.10.2002, a.a.O.) beruhte die in die Zukunft gerichtete Befreiung des Antragstellers von der Versicherungspflicht.

Aus den Akten ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass sich die Einkommensverhältnisse des Antragstellers wesentlich, nämlich i.S. einer Unterschreitung des Jahresbetrages von 4.800 EUR geändert hätten. Der Antragsteller bestreitet eine solche Änderung und die Antragsgegnerin führt keine Umstände an, die darauf hindeuten, dass die jährlichen Einkünfte des Antragstellers diesen Grenzbetrag unterschritten hätten. Grundsätzlich aber obliegt die objektive Beweislast für den Nachweis einer wesentlichen Änderung i. S. des § 48 SGB X der Behörde (BSG, Urteil vom 6.12.1989, 9 RVs 3/89 in SozR 3870 § 4 Nr. 3).

Der Auffassung des Sozialgerichts, eine wesentliche Änderung liege schon darin, dass der Antragsteller die erforderlichen Nachweise für das weitere Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nicht vorgelegt habe, folgt der Senat nicht. Es trifft zwar zu, dass die vom Antragsteller vorgelegten Aufrechnungsbescheinigungen des Versorgungswerkes nicht ausreichen, um das gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG i.V.m. § 15 SGB IV maßgebende Arbeitseinkommen nachzuweisen. Diese Aufrechnungsbescheinigungen des Versorgungswerkes enthalten weder konkrete Hinweise auf die Höhe des vom Antragstellers erzielten Arbeitseinkommens noch darauf, ob und inwieweit solches Arbeitseinkommen Grundlage der ausgewiesenen Beitragsschuld war. Die Behauptung des Antragstellers, die dort ausgewiesenen Zahlbeträge lägen oberhalb des hier in Frage stehenden Grenzbetrages, trifft zwar zu, führt aber nicht weiter. Weder die mit den Aufrechnungsbescheinigungen ausgewiesene Beitragsschuld für das jeweilige Jahr noch die dort bestätigten Zahlungen lassen zwingende Rückschlüsse darauf zu, wie die Beiträge berechnet und vom Antragsteller finanziert wurden.

Angesichts des auch zwischen den Beteiligten unstreitigen Umstandes, dass sich die Beurteilung des Arbeitseinkommens nach steuerrechtlichen Grundsätzen richtet (so genannte Parallelität zwischen Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht, vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV: Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit) kommt den Feststellungen der Finanzverwaltung im Einzelfall maßgebende Bedeutung zu. Dem entsprechend können die Sozialversicherungsträger, hier also die Antragsgegnerin, den Nachweis über die Höhe des Arbeitseinkommens von den Entscheidungen der Finanzverwaltung abhängig machen. Dies zeigt sich für den Bereich der Alterssicherung der Landwirte unter anderem auch an § 32 ALG, wo für die Feststellung des Einkommens ausdrücklich auf die Einkommenssteuerbescheide abgestellt wird. Im Ergebnis hat der Antragsteller somit die Überschreitung der Befreiungsgrenzen des § 3 ALG durch Vorlage der entsprechenden einkommenssteuerrechtlichen Belege nachzuweisen. Dabei geht die Antragsgegnerin zutreffend davon aus, dass für einen solchen Nachweis nicht zwingend die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides erforderlich ist, sondern Bescheinigungen der Finanzverwaltung ausreichen, wie sie bisher schon den dem Antragssteller erteilten Befreiungen zu Grunde lagen.

Dem Ansinnen des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe sich bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Versicherungspflicht vorliegen, mit anderen, von ihm auszuwählenden Nachweisen zufrieden zu geben, erteilt der Senat eine Absage. Grundsätzlich hat sich die Antragsgegnerin, im Klageverfahren das Gericht, von den maßgebenden Tatsachen - im Falle der Befreiung also der Höhe des Einkommens - zu überzeugen. Im Rahmen dieses Erkenntnisprozesses bestimmt nicht der Antragsteller, welche Angaben und Nachweise erforderlich sind, damit diese Überzeugung gebildet werden kann (BSG, Urteil vom 2.9.2004, B 7 AL 88/03 R in SozR 4-1500 § 128 Nr. 5). Andernfalls läge es in der Hand des Antragstellers, Verwaltung und Gericht zu zwingen, keine Zweifel zu haben. Dementsprechend ist das Verlangen der Antragsgegnerin nach Vorlage finanzbehördlicher Bestätigung oder Festsetzung sachgerecht und erforderlich. Gemäß § 73 Abs. 1 ALG i.V.m. § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist der Antragsteller somit zur Vorlage derartiger Unterlagen verpflichtet.

Damit steht zwar fest, dass der Antragsteller diese Auskunfts- und Vorlagepflichten verletzt. Dies begründet aber nicht das Vorliegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse i.S. des § 48 SGB X.

Nicht zu folgen vermag der Senat der Auslegung des Bescheides vom 15.5.2006 durch das Sozialgericht. Mit diesem Bescheid, der sich in Verfügungssatz, Begründung, Hinweise und Meldepflichten sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung gliedert, wurde der Antragsteller ohne wenn und aber für die Zeit ab 1.1.2002 von der Versicherungspflicht befreit. Weitere Zusätze enthält der entsprechende Verfügungssatz nicht. Lediglich unter der Rubrik Hinweis und Meldepflichten führte die Antragsgegnerin aus, dass das Bestehen der Befreiungsentscheidung von den zu Grunde liegenden Voraussetzungen abhängt. Dies stellt sich als - zutreffender - Hinweis auf § 48 SGG X dar, schränkt jedoch - schon angesichts der räumlichen und thematischen Trennung - den Verfügungssatz selbst inhaltlich nicht ein. Vielmehr befreite die Antragsgegnerin den Antragssteller mit diesem Bescheid mit Wirkung ab dem 1.1.2002 auf Dauer und ohne weitere Nebenbestimmungen. Somit kann keine Rede davon sein, der Bescheid enthalte eine auflösende Bedingung für den Fall der Nichtvorlage von Nachweisen über das Arbeitseinkommen oder gar eine vergleichbar wirkende Auflage.

Erweist sich damit die Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht als rechtswidrig, kann diese Aufhebung keinen Bestand haben. Mit deren zu erwartender Kassation fehlt es auch an einer Grundlage für die mit dem Bescheid vom 23.9.2008 festgesetzten Beiträge, nämlich am Bestehen von Beitragspflicht. Damit erweist sich der Bescheid vom 23.9.2008 insgesamt als rechtswidrig, sodass die beantragte Anordnung zu erlassen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Im Rahmen der hier geforderten Ermessensentscheidung gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass es nicht sachgerecht ist, wenn die Antragsgegnerin dem Antragssteller die außergerichtlichen Kosten erstattet. Zwar obsiegt der Antragssteller, was regelmäßig mit einer Erstattungspflicht der unterliegenden Behörde einhergeht. Im vorliegenden Fall indessen trägt der Senat dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung (§ 73 Abs. 1 ALG i.V.m. 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI) die Vorlage von Nachweisen über die Höhe seines einkommensteuerrechtlichen Arbeitseinkommens verweigert und damit Anlass zum vorliegenden Verfahren gegeben. Der Beigeladenen sind keine Kosten entstanden.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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