L 10 U 2564/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5369/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2564/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Weitergewährung von Verletztengeld über den 29.07.2002 hinaus.

Der im Jahre 1959 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger, verheiratet und Vater von fünf Kindern. Er lebt mit seiner Familie seit den 80er Jahren im Bundesgebiet.

Am 13.02.2002 wurde der Kläger gegen 0:20 Uhr im Rahmen seiner bei der der Beklagten versicherten Tätigkeit von einem oder mehreren herabfallenden Metallteilen mit einem Gesamtgewicht von nach seinen späteren Angaben ca. 100 kg an Kopf und Nacken getroffen. Im Anschluss daran war der Kläger vorübergehend benommen; die Frage, ob er bewusstlos gewesen sei und erbrochen habe, wurde von ihm im Verlaufe des Verfahrens unterschiedlich beantwortet. Nach Abklingen der Benommenheit versuchte der Kläger, eigenen Angaben gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) am 05.09.2002 zufolge, zunächst weiterzuarbeiten, stellte die Arbeit dann aber gegen 0:45 Uhr ein.

Am Morgen desselben Tages suchte der Kläger den Unfallchirurgen und Durchgangsarzt Dr. M. auf, der eine Schädelkontusion sowie eine Kontusion/Distorsion der Halswirbelsäule diagnostizierte und Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Wegen schmerzhafter Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule sowie persistierende Kopfschmerzen, Taubheitsgefühlen im rechten Arm und der rechten Hand, Schwindelgefühl und intermittierender Übelkeit befand sich der Kläger in der Folgezeit bei Dr. M. , dem Allgemeinmediziner Dr. Ab. und dem Neurologen und Psychiater Dr. Z. in Behandlung. Letzterer diagnostizierte am 20.02.2002 vorläufig einen Zustand nach Commotio cerebri mit Commotio labyrinthii, eine HWS-Distorsion sowie eine reaktive Dysthymie. Am 21.02.2002 und 26.03.2002 mittels MRT vorgenommene radiologische Untersuchungen durch Dr. H. ergaben degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit Formamenstenosierungen insbesondere C6/C7 rechts ohne Anhalt für eine Fraktur, ein Hämatom oder eine cervikale Myelopathie sowie einen unauffälligen Befund des Gehirns.

Wegen anhaltender Beschwerden sowie angegebener Sehstörungen, Schlaflosigkeit und Gefühlsstörungen auch im rechten Bein befand sich der Kläger vom 12.04. bis zum 07.05.2002 in stationärer Behandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Unfallklinik). In deren Verlauf wurde die Diagnose eines Konversionssyndroms bei infantiler histrionischer Persönlichkeit gestellt und im Anschluss an eine Untersuchung in der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T. von einem schwer leidend wirkenden und seine Beschwerden aggravierenden Patienten berichtet.

Angesichts weiter zunehmender Beschwerdeangaben des Klägers (Denkstörungen, Sprachstörungen, Vergesslichkeit, Müdigkeit, teilweise Missempfindungen der rechten Körperhälfte [Zwischenbericht der BG-Unfallklinik vom 11.06.2002) und fachärztlich diagnostizierter Verschlimmerung seines psychischen Zustandes (erhebliche, später schwere reaktive Depression [Befundberichte von Dr. Z. vom 17.05.2002 und vom 15.07.2002]) holte die Beklagte ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Ku. ein. Darin heißt es, beim gut deutsch sprechenden Kläger lägen keine Verletzungsfolgen mehr vor; der Unfall habe allenfalls zu einer zeitlich begrenzten, zwischenzeitlich abgeschlossenen Verschlechterung des vorbestehenden Cervikalsyndroms geführt. Unfallunabhängig bestehe eine somatisierte depressive Stimmung mit ausgeprägter Ausgestaltungstendenz. Er empfehle, die BG-Arbeitsunfähigkeit abzuschließen.

Hierauf gestützt stellte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2002 die durch die AOK Z. in ihrem Auftrag in der Zeit vom 28.03. bis zum 29.07.2002 erfolgte Zahlung von Verletztengeld ein.

Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren legten der Kläger und die AOK Z. Schreiben des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. Ab. (Arbeitsunfähigkeit wegen vor dem Unfallereignis nicht bestehender neurologischer und psychischer Veränderungen) und von Dr. Z. (Mängel des Gutachtens von Dr. Ku. ) sowie auf Untersuchungen des Klägers am 05.09.2002 und am 16.12.2002 erstattete Gutachten des MDK (fortbestehende Arbeitsunfähigkeit wegen mittelschwerer Depression, als deren Auslöser der Arbeitsunfall gelten könne bzw. zu bejahen sei) vor.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Hals-, Nasen-, Ohrenarztes Dr. V. (keine Verletzungsfolgen, unfallunabhängige mäßige Septumdeviation nach rechts und Verschattung der rechten Kieferhöhle, nachgewiesene Aggravation bei den Hörprüfungen) sowie ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Leiters der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik T. , Prof. Dr. F. mit testpsychologischem Zusatzgutachten der Diplompsychologin P. und ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen (keine Verletzungsfolgen nach Ablauf von sechs Wochen ab dem Unfall, insbesondere keine Schädigung des Halsmarkes, keine psychische Reaktionsbildung, auch im Übrigen keine Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, eindeutige Begehrenshaltung mit sich ständig ausweitendem Beschwerdevortrag und eindeutigen Aggravationsversuchen, recht gutes Verständigungsvermögen auf Deutsch, auch nach eigenem Bekunden gute deutsche Sprachkenntnisse) ein.

Nach Eingang des Entlassungsberichts der P.-Klinik für psychosomatische Erkrankungen Bad W. über ein stationäres Heilverfahren in der Zeit vom 25.02. bis zum 15.04.2003 (rezidivierende depressive Störung mit anamnestisch angegebenen melancholischen Phasen vor dem Unfall, unfallbedingte posttraumatische Belastungsstörung, bekanntes Schädel-Hirn-Trauma mit HWS-Distorsion und bekanntes HWS-Syndrom mit Verdacht auf unfallbedingte Schädelfunktionsstörung, DD anhaltende somatoforme Schmerzstörung, vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten mit wechselnder Arbeitshaltung ohne Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten) erfolgte dann eine abschließende beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Priv.-Doz. Dr. R. (angesichts bereits vorbestehender depressive Episoden jedenfalls kein ursächlicher Zusammenhang einer depressiven Störung mit dem Unfall, Diagnosekriterien für das Vorliegen einer posttraumatische Belastungsstörung nicht erfüllt).

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 09.10.2003 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und die Gewährung von Verletztengeld über den 01.08.2002 hinaus begehrt. Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. Z. (auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet Übereinstimmung mit den Gutachten von Dr. Ku. , Dr. V. und Prof. Dr. F. , es scheine so, als ob der Kläger einen erheblichen primären und sekundären Krankheitsgewinn habe) und von Dr. Ab. (keine vorbestehenden neurologischen und psychiatrischen Symptome, ausschließlich unfallbedingte gesundheitliche Situation des Klägers) eingeholt. Darüber hinaus haben der Neurologe und Psychiater Dr. J. L. ein auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes schriftliches Sachverständigengutachten (chronische posttraumatische Belastungsstörung sowie zwischenzeitlich eingetretene dissoziative Identitätsstörung mit Zeichen der Depersonalisation und Derealisation, jeweils unfallbedingt) und der Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am W , Dr. He. , ein von Amts wegen eingeholtes nervenärztliches Gutachten (kein Nachweis einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung, ausgeprägte demonstrative Tendenzen bzw. ganz erhebliche Tendenz zur Aggravation mit für das gezielte Vortäuschen nicht existenter Symptome sprechendem Befund, auf dem Boden der erhobenen Befunde nicht nachvollziehbare Diagnosen von Dr. J. L. ) erstattet.

Mit Urteil vom 19.05.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld über den 01.08.2002 hinaus. Dabei folge die Kammer den Sachverständigengutachten von Dr. He. und Prof. Dr. F. , die Erkrankungen des Klägers auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet jeweils unter Hinweis auf eine ausgeprägte Aggravationstendenz überzeugend verneint hätten. Das gem. § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. J. L. sei nicht geeignet, eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Für die von ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung fehle es an einem besonders traumatischen Erlebnis sowie an die erforderlichen Symptome belegenden hinreichenden Befunden. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 25.05.2005 zugestellt worden.

Am 23.06 2005 hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, seine auf den Arbeitsunfall zurückzuführenden psychischen und physischen Gesundheitsstörungen hätten sich weiter verschlechtert. Hierzu hat er eine ärztliche Bescheinigung von Dr. Ab. vorgelegt.

Auf Bitte des Senats um Vorlage eines der Gewährung des Verletztengeldes zu Grunde liegenden, nicht bei den Verwaltungsakten befindlichen, Bewilligungsbescheides hat die Beklagte mitgeteilt, ein solcher liege ihr nicht vor. Die AOK Z. hat angegeben, zu Beginn einer Verletztengeldzahlung erhalte der Versicherte ein von der EDV erstelltes Informationsschreiben über Beginn und Höhe der Zahlung; Kopien dieser Schreiben würden nicht gefertigt. Der Kläger selbst hat eine nachträglich von der AOK erstellte Bescheinigung für das Finanzamt eingereicht.

Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. Ab. (bis zum 12.02.2002 keine dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnenden Beschwerdeangaben und Behandlungen des Klägers) sowie des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. A. (aus seiner früheren Behandlung und derjenigen seiner Praxisvorgängerin keine Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet dokumentiert) eingeholt. Darüber hinaus hat Dr. He. auf Grund einer weiteren Untersuchung des Klägers erneut ein von Amts wegen eingeholtes nervenärztliches Gutachten (wiederum kein Nachweis einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung, ausgeprägte demonstrative Tendenzen bzw. ganz erhebliche Tendenz zur Aggravation mit für das gezielte Vortäuschen nicht existenter Symptome sprechendem Befund, auf dem Boden der erhobenen Befunde nicht nachvollziehbare diagnostische Einschätzung durch Dr. J. L. ) und auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG der vom erstinstanzlichen Sachverständigen personenverschiedene Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Jü. L. ein psychiatrisches Gutachten (chronische posttraumatische Belastungsstörung nebst Mitte 2003 eingetretener dissoziativer Identitätsstörung mit Zeichen der Depersonalisation und Derealisation sowie diese Symptome zwischenzeitlich überlagernde erhebliche depressive Symptomatik, jeweils unfallbedingt) erstattet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 19.05.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld über den 29.07.2002 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Nachweis des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung lasse sich nicht führen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts vom 19.05.2005 gerichtete Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dem auf die Gewährung von Verletztengeld auch für die Zeit zwischen dem 29.07.2002 (dem letzten Tag der Verletztengeldzahlung) und dem 01.08.2002 (dem Datum des Erlasses der die Zahlung einstellenden Bescheides der Beklagten) erweiterten Begehren - das gem. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG keine Klageänderung beinhaltet - ist in der Sache kein Erfolg beschieden. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztengeld über den 29.07.2002 hinaus. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind darum rechtmäßig und verletzen den Kläger mithin auch nicht in seinen Rechten.

Zunächst kommt vorliegend eine Verurteilung der Beklagten auf der Grundlage eines in der Zeit zwischen der tatsächlich erfolgten Einstellung der Verletztengeldzahlung am 29.07.2002 und dem Zugang der Einstellungsentscheidung vom 01.08.2002 fortbestehenden Bewilligungsbescheides im Ergebnis nicht in Betracht. Denn das Ergehen eines solchen Bescheides und dessen Inhalt lassen sich nicht feststellen. Weder befindet sich nämlich eine der Verletztengeldzahlung zu Grunde liegende Bewilligungsentscheidung bei den Verwaltungsakten, noch haben die Beteiligten oder die von der Beklagten mit der Verletztengeldzahlung beauftragte AOK Z. eine solche auf entsprechende Anforderung des Gerichts vorzulegen vermocht. Im Übrigen spricht auch die von der AOK Z. angegebene Praxis, zu Beginn einer Verletztengeldzahlung lediglich ein von der EDV erstelltes Informationsschreiben über Beginn und Höhe der Zahlung zu versenden, nicht für einen von ihr im vorliegenden Fall erlassenen Verwaltungsakt.

Unabhängig von der Frage, ob eine Verwaltungsentscheidung der Beklagten über die Gewährung von Verletztengeld für die Zeit vom 30.07. bis zum 31.07.2002 vorliegt, also insoweit die Sachurteilsvoraussetzungen für eine Klage zu bejahen sind, steht dem Kläger jedenfalls materiell-rechtlich über den 29.07.2002 hinaus kein Anspruch auf Verletztengeld zur Seite.

Ein solcher Anspruch setzt gem. § 45 Abs. 1 SGB VII u. a. voraus, dass der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatte.

Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit erfordert zum einen das Vorliegen eines Gesundheitsschadens sowie eines hierfür ursächlichen Unfallereignisses (bzw. einer hierfür ursächlichen Berufskrankheit). Dabei setzt die Kausalität nach der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wie allgemein im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum nachfolgenden: BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15) zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis (bzw. der Berufskrankheit) und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis (bzw. die Berufskrankheit) eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis (bzw. die versicherte Berufskrankheit) für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinne), z. B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Zum anderen bedarf es für die Annahme einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Kausalzusammenhanges zwischen der entsprechend den oben gemachten Ausführungen durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörung und einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit.

Während die anspruchsbegründenden Tatsachen, u. a. die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein müssen, also bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen erforderlich ist, genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

In Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Verletztengeld hier (jedenfalls) seit dem 30.07.2002 nicht mehr erfüllt. Denn das Vorliegen eines mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 13.02.2002 zurückzuführenden Gesundheitsschadens lässt sich nicht erweisen.

So ergeben sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Anhaltspunkte für nach dem 29.07.2002 fortbestehende unfallbedingte Gesundheitsstörungen in Hals-, Nasen-, Ohren-fachärztlicher Hinsicht. Denn das von der Beklagten auf Empfehlung des Neurologen und Psychiaters Dr. Ku. eingeholte Gutachten des Hals-, Nasen-, Ohrenarztes Dr. V. hat keine Verletzungsfolgen, sondern lediglich eine unfallunabhängige mäßige Septumdeviation nach rechts und eine Verschattung der rechten Kieferhöhle ergeben. Hinweise auf Störungen des peripheren Gleichgewichtsystems oder pathologische Nystagmen fanden sich ebenso wenig, wie Störungen des Hörvermögens. Im Gegenteil ließ sich angesichts unterschiedlicher Angaben des Klägers im Rahmen der Hörprüfungen, insbesondere der Tonschwellenaudiometrie und einer positiven Simulationsprüfung eine Aggravation nachweisen.

Nichts anderes gilt im Ergebnis auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet. Soweit der Kläger über den 29.07.2002 hinaus Kopfschmerzen und Beschwerden im Bereich der HWS behauptete, steht schon nicht fest, dass derartige Beschwerden Arbeitsunfähigkeit begründet hätten. Denn in den Vordergrund der Beschwerdeschilderung rückte bereits damals die von den behandelnden Ärzten und dem MDK angenommene depressive Störung. In jedem Fall aber sieht der Senat derartige Beschwerden nicht als nachgewiesen an. Die Angaben des Klägers über Kopfschmerzen und HWS-Beschwerden als solche kann der Senat seiner Beurteilung nicht zu Grunde legen, weil diese Angaben angesichts einer Vielzahl dokumentierter aggravierender Verhaltensweisen des Klägers - wie sogleich im Rahmen der Beurteilung der angegebenen bzw. demonstrierten psychischen Beschwerden darzulegen ist - nicht glaubhaft sind.

Objektivierbare neurologische Folgen des Unfalles liegen ausweislich der übereinstimmenden fachärztlichen Ausführungen der Sachverständigen Dr. Ku. im Verwaltungsverfahren, Prof. Dr. F. im Widerspruchsverfahren - denen sich auch der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Z. in der vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen angeschlossen hat - und Dr. He. im Klage- und Berufungsverfahren nicht vor. Mit Blick auf den Ausschluss einer Schädigung des Halsmarkes hat Prof. Dr. F. überzeugend ausgeführt, dass eine solche Schädigung bereits vor der Erstuntersuchung zu einer schweren neurologischen Symptomatik hätte führen müssen, die den Erstuntersuchern nicht entgangenen wäre und dass derartige Verletzungen zudem angesichts der Ergebnisse der (am 21.02.2002 durch Dr. H.) mittels MRT vorgenommenen radiologischen Untersuchung (ohne Anhalt für eine Fraktur, ein Hämatom oder eine cervikale Myelopathie) sowie der von ihm selbst erhobenen regelrechten Befunde ausscheidet. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die am 26.03.2002 von Dr. H. wiederum mittels MRT vorgenommene Untersuchung des Gehirns einen unauffälligen Befund ergab, weshalb für den von der P.-Klinik im Entlassungsbericht vom April 2003 geäußerten Verdacht auf eine unfallbedingte Schädelfunktionsstörung keine hinreichende Grundlage besteht.

Schließlich lässt sich auch nicht feststellen, dass der Kläger an zwischenzeitlich in den Vordergrund gerückten psychischen Beeinträchtigungen als Folge des Arbeitsunfalles leidet. Zwar haben die Neurologen und Psychiater Dr. J. L. (erstinstanzlich) und Dr. Jü. L. (in der Berufungsinstanz) in den auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten jeweils eine chronische posttraumatische Belastungsstörung sowie eine zwischenzeitlich eingetretene dissoziative Identitätsstörung mit Zeichen der Depersonalisation und Derealisation und der letztgenannte Sachverständige darüber hinaus eine nunmehr eingetretene überlagernde erhebliche depressive Symptomatik diagnostiziert sowie als Unfallfolgen angesehen. Auch haben der MDK im September und Dezember 2002 eine mittelschwere Depression und die P.-Klinik im Entlassungsbericht vom April 2003 eine rezidivierende depressive Störung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung und als deren Auslöser den Arbeitsunfall angenommen. Indes vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die von der P.-Klinik im Entlassungsbericht vom April 2003 mitgeteilte Angabe des Klägers, er habe bereits vor dem Unfall melancholische Phasen gehabt, zutrifft und eine depressive Störung bereits aus diesem Grunde als unfallunabhängig anzusehen wäre. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob eine posttraumatische Belastungsstörung unter Zugrundelegung der Diagnosekriterien vorliegen kann, obschon der Unfall jedenfalls nicht ohne Weiteres als Situation außergewöhnlicher Bedrohung, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (vgl. zu den Kriterien der ICD-10 F43.1 das Gutachten von Dr. J. L. ), anzusehen ist. Denn der Senat vermag sich in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. F. und Dr. He. schon vom Vorliegen einer psychischen Erkrankung nicht zu überzeugen, da die vom Kläger angegebenen und demonstrierten Beschwerden nicht glaubhaft sind:

Dies zeigt sich schon an der vom Kläger im Verlaufe des Verfahrens stetig gesteigerten Schilderung von Beschwerden, deren Vorliegen zudem - wie oben ausgeführt - vor allem in neurologischer Hinsicht, aber auch auf Hals-, Nasen-, Ohren-ärztlichem Fachgebiet ausgeschlossen werden konnte. Während im Rahmen der Erstuntersuchung am 13.02.2002 durch den Chirurgen Dr. M. lediglich ein diffuser Kalottendruck- und Klopfschmerz sowie eine schmerzhafte Beweglichkeit der HWS mit Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der HWS zu erheben war, gab der Kläger am 20.02.2002 gegenüber dem Neurologen und Psychiater Dr. Z. an, er leide an persistierenden Kopfschmerzen, Pelzigkeitsgefühlen im rechten Arm und der Hand, einem Schwindelgefühl sowie intermittierender Übelkeit. Im Rahmen seiner stationären Behandlung in der BG-Unfallklinik vom 12.04. bis zum 07.05.2002 war dann zusätzlich von Sehstörungen, Schlaflosigkeit und Gefühlsstörungen auch im rechten Bein die Rede. Bei seiner Untersuchung durch Prof. Dr. F. hieß es schließlich weiter, er sei vergesslich und seine ganze rechte Körperhälfte sei seit dem Vorfall nicht in Ordnung.

Hinzu kommen die widersprüchlichen Angaben des Klägers zu den unmittelbaren Folgen des - unbeobachteten - Arbeitsunfalles. Während es im Februar 2002 bei der Untersuchung durch Dr. Z. noch hieß, er habe sich im Anschluss an den Unfall nicht erbrochen und darüber hinaus - ebenso wie in der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T. und gegenüber Dr. Ku. - nur von einer kurzfristigen Benommenheit, nicht aber von einer im Rahmen der Anamnese durch die Neurologische Klinik des Universitätsklinikums T. und Dr. Ku. nicht zu klärenden Bewusstlosigkeit die Rede war, gab er am 05.09.2002 gegenüber dem MDK an, er sei vorübergehend ohnmächtig gewesen, um dann am 14.01.2003 im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. F. wiederum zu erklären, er wisse nicht, ob er bewusstlos gewesen sei, habe sich aber im Anschluss an den Unfall erbrochen.

Es ergibt sich aber auch aus den im Rahmen der testpsychologischen Zusatzbegutachtung der Diplompsychologin P. (zum Gutachten von Prof. Dr. F. ) gezeigten schlechten Leistungen des Klägers, die auf dem Leistungsniveau eines sehr schwer Hirngeschädigten lagen, aber im Widerspruch zu seinem übrigen Verhalten im Rahmen der Exploration sowie außerhalb der Untersuchungssituation und seinem verbalen Ausdrucksvermögen standen.

Dementsprechend ist bereits im Befundbericht der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T. vom 29.04.2002 von einem schwer leidend wirkenden und seine Beschwerden aggravierenden Patienten die Rede und haben in der Folgezeit Dr. Ku. von einer ausgeprägten Ausgestaltungstendenz, Dr. V. - wie oben ausgeführt - von einer im Rahmen der Hörprüfungen nachgewiesen Aggravation und Prof. Dr. F. von einer eindeutigen Begehrenshaltung mit sich ständig ausweitendem Beschwerdevortrag und eindeutigen Aggravationsversuchen berichtet. Schließlich hat sich selbst der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Z. , der in der Vergangenheit von einer beim Kläger vorliegenden erheblichen, später sogar von einer schweren reaktiven Depression ausgegangen war (vgl. hierzu die Befundberichte vom 17.05.2002 und vom 15.07.2002), in der vom Sozialgericht eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet u. a. dem Gutachten von Prof. Dr. F. angeschlossen und mitgeteilt, es scheine so, als ob der Kläger einen erheblichen primären und sekundären Krankheitsgewinn habe.

In Ansehung all dessen lässt sich auch mit Blick auf die völlig inadäquaten - selbst vom Sachverständigen Dr. Jü. L. als schon fast grotesk bezeichneten - Einlassungen des Klägers auf die Fragen der Sachverständigen Dr. J. L. und Dr. He. eine psychische Erkrankung nicht überzeugend begründen.

Insoweit hat Dr. He. im vom Senat eingeholten Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger bei den erstinstanzlich und im Berufungsverfahren durchgeführten Untersuchungen jeweils im Rahmen einer laienhaften Vorstellung versucht hat, durch Nichtbeantwortung bzw. gezielt unpassende Beantwortung einfachster Fragen, das - unter Berücksichtigung seines Gesamtverhaltens sowie der wahrnehmbaren Sprachproduktion und Grammatik - nicht zutreffende Bild eines schwer dementen Menschen zu vermitteln.

Soweit die auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG mit der Erstattung von Sachverständigengutachten beauftragten Neurologen und Psychiater Dr. J. L. und Dr. Jü. L. eine chronische posttraumatische Belastungsstörung nebst dissoziativer Identitätsstörung mit Zeichen der Depersonalisation und Derealisation und der letztgenannte Sachverständige darüber hinaus eine diese Symptome zwischenzeitlich überlagernde erhebliche depressive Symptomatik diagnostiziert haben, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn die genannten Sachverständigen haben das Verhalten des Klägers auch nicht ansatzweise kritisch hinterfragt, sondern ihre Einschätzungen ohne weiteres auf dieses Verhalten gegründet. Das sich aus diesem Verhalten ergebende Beschwerdebild ist aber unter Berücksichtigung der oben gemachten Ausführungen nicht nur als aggraviert, sondern als simuliert anzusehen. Die Auffassung von Dr. Jü. L. , ein Verhalten, wie es der Kläger anlässlich der Untersuchung bei Dr. J. L. gezeigt habe, könne nicht ausgedacht oder geplant sein, da es so typisch für ein von Entfremdungerlebnissen überlagertes Verhalten sei, dass alleine schon hierdurch die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsreaktionen bewiesen sei, überzeugt nicht. Denn allein der Umstand, dass sich ein gezeigtes Verhalten einer Diagnose zuordnen lässt, belegt nicht, dass dieses Verhalten nur ungeplant gezeigt werden kann. Schließlich steht auch der Hinweis des genannten Arztes, der Kläger habe nach seinen - allerdings erst am 05.09.2002 gegenüber dem MDK gemachten - Angaben zunächst versucht, weiterzuarbeiten, der Annahme einer späteren und im Verlaufe der Zeit bis zur Simulationen gesteigerten Aggravation nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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