L 5 KR 4777/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 5066/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4777/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob der Kläger im Zeitraum vom 19. Januar 1987 bis 31. Dezember 1998 versicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1963 geborene Kläger absolvierte die Ausbildung zum Raumausstattermeister. Seit dem 1. September 1980 war er im Raumausstatterbetrieb seiner Eltern beschäftigt, der 1934 geborene Vater des Klägers, R. Fr., ist Polsterermeister (siehe Handelsregisterauszug, Bl. 65 Verwaltungsakte - VA -). Der Betrieb der Eltern bestand bis zum 31. Dezember 1989 als Einzelfirma und ist seit 1. Januar 1990 aufgrund des zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages als GmbH (Eintragung ins Handelsregister am 9. März 1990) geführt. Gesellschafter der GmbH waren ausweislich des notariellen Gesellschaftsvertrages vom 4. Januar 1990 (Bl. 19 f. VA) die Eltern des Klägers, R. Fr. mit einer Stammeinlage von 45.000,- DM und Edeltraut Fr. mit einer Stammeinlage von 5.000,- DM. Als Geschäftsführer war der Vater des Klägers bestimmt (§ 6 des Gesellschaftsvertrags - Bl. 22 VA).

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 9. Dezember 1998 (Bl. 35 VA) verkaufte die Mutter des Klägers ihren Geschäftsanteil von 5.000,- DM an den Kläger und übertrug diesen an ihn. Gleichzeitig verkaufte der Vater des Klägers an den Kläger einen Gesellschaftsanteil in Höhe von 19.500,- DM und übertrug ihm ebenfalls diesen Anteil. Damit war der Kläger zu 49 % an der Gesellschaft beteiligt, daneben wurden auch Anteile an die Schwester des Klägers, Beate Fr.-Kumeth, übertragen, sodass diese 30 % der Anteile hielt und der Vater des Klägers behielt noch 21 % der Gesellschaftsanteile. Der Kaufpreis war seitens des Klägers an seine Eltern jeweils bis 31. Dezember 1998 zu zahlen. Seit 1. Januar 1999 ist er darüber hinaus Geschäftsführer der Firma Fr. Raumgestaltung GmbH. Seit diesem Zeitpunkt ist er nicht in der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungs- bzw. beitragspflichtig.

Mit am 4. November 2004 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben des Klägers vom 7. Oktober 2004 beantragte er die Feststellung, dass er im Zeitraum vom 19. Januar 1987 bis zum 31. Dezember 1998 nicht versicherungspflichtig beschäftigt, sondern selbständig tätig gewesen sei. Er sei weisungsfrei tätig gewesen. Er habe in diesem Zeitraum alle Vollmachten gehabt. Durch den Erwerb des Meisterbriefes als Raumausstatter habe er die entsprechenden Fachkenntnisse, die zur Leitung eines Raumausstatterunternehmens unabdingbar seien. Seit 1. Januar 1999 sei er Gesellschafter-Geschäftsführer und nicht sozialversicherungspflichtig, obwohl sich seine Tätigkeit in der Praxis nicht verändert habe.

Im Feststellungsbogen (Bl. 4 ff. VA) zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab der Kläger für den streitigen Zeitraum an, er sei zu dieser Zeit als Betriebsleiter beschäftigt gewesen, wobei sich seine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit nach dem jeweiligen Bedarf gerichtet habe. Zur Beschreibung der damaligen Tätigkeit gab er ferner an, es habe sich um eine unterstützende Leitung des Betriebes mit allen Vollmachten gehandelt. Er habe für seine Tätigkeit ein regelmäßiges monatliches Entgelt in Höhe von 2.000,- DM brutto erhalten. Ein Arbeitsvertrag habe nicht existiert. Ohne seine Mitarbeit hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt gewesen. Er habe seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten können. Ein Urlaubsanspruch oder eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart gewesen. Bei Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt mindestens sechs Wochen fortgezahlt worden. Das Arbeitsentgelt sei regelmäßig ausgezahlt worden. Sonstige Bezüge seien unregelmäßig, je nach der finanziellen Lage des Unternehmens gewährt worden. Er habe der GmbH ein Darlehen in Höhe von 15.000,- DM gewährt. Der entsprechende Darlehensvertrag vom 15. Januar 1993 wurde vorgelegt (Bl. 11 VA).

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 (Bl. 38 VA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, eine Umstellung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses sei nur für die Zukunft möglich. Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung würde von den jeweiligen Trägern selbständig geprüft. Dem widersprach die zum damaligen Zeitpunkt vom Kläger bevollmächtigte "pro votum Gesellschaft für Consulting bmH".

Mit Schreiben vom 5. April 2005 (Bl. 42 VA) wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Erstattungsforderungen ohnehin verjährt seien. Dem widersprach der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 3. Mai 2005 (Bl. 46 VA).

Mit Bescheid vom 2. Juni 2005 (Bl. 53 VA), ergänzt durch die Bescheide vom 27. September 2005 (Bl. 56 VA) und 11. Oktober 2005 (Bl. 58 VA), stellte die Beklagte fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 19. Januar 1987 bis 31. Dezember 1998 sozialversicherungspflichtig und versicherungspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung beschäftigt gewesen sei. So sei ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 2.000,- DM vereinbart gewesen, das Arbeitsentgelt sei auf ein privates Konto des Klägers überwiesen worden. Vom Arbeitsentgelt sei auch Lohnsteuer entrichtet und dieses sei als Betriebsausgabe gebucht worden. Der Kläger sei auch nicht Mitinhaber des Betriebes gewesen. Damit sei auch kein Unternehmerrisiko getragen worden. Eine familienhafte Mithilfe andererseits scheide aus, da der Kläger ein ortsübliches Gehalt bezogen habe und damit ein wesentliches Kriterium der Arbeitnehmereigenschaft erfüllt gewesen sei.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2005 (Bl. 67 VA) zurückwies.

Hiergegen hat der Kläger am 15. Dezember 2005 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigter geltend gemacht, zunächst fehle es nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Die unter Berufung auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24. August 2004 (L 11 KR 3165/03) vertretene Auffassung, dass es hier schon wegen der möglichen Einrede der Verjährung am Rechtsschutzbedürfnis fehle, greife nicht durch. Die Klage sei im Übrigen auch begründet, da es sich im streitigen Zeitraum bei der Tätigkeit des Klägers um eine selbständige Tätigkeit gehandelt habe. So sei der Kläger schon gar nicht in den Betrieb im Sinne des § 7 SGB IV eingegliedert gewesen. Denn die Ordnung im Betrieb hätten während der gemeinsamen Zeit mit dem Kläger nicht etwa der Vater oder die Mutter oder beide Eltern vorgegeben, sondern die im Betrieb anfallenden Tätigkeiten seien von den sämtlichen Familienmitgliedern gemeinsam oder in gegenseitiger Abstimmung erledigt worden. Es dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich vorliegend um einen Familienbetrieb gehandelt habe. Es sei auch nach der Rechtsprechung des BSG entscheidend, ob in der Praxis von einer Weisungsbefugnis auch Gebrauch gemacht worden sei. Dies sei hier gerade nicht der Fall. Außerdem habe der Kläger dem Familienunternehmen bereits im Jahre 1993 ein Darlehen über 15.000,- DM zur Verfügung gestellt. Dies sei gerade nicht arbeitnehmertypisch. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Beteiligten auch keinen schriftlichen Arbeitsvertrag abgefasst hätten.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass die Tätigkeit des Klägers in der streitigen Zeit versicherungspflichtig gewesen sei.

Mit Urteil vom 26. Juli 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei zum einen die Auffassung vertreten, dass die Klage schon mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig sei. Dieses fehle, da die begehrte Entscheidung weder die rechtliche noch die wirtschaftliche Situation des Klägers verbessern würde, da nämlich die hier begehrten Beitragserstattungen verjährt seien. Es lägen auch keine Umstände vor, weshalb die Versicherungsträger die Verjährungseinrede nicht geltend machen könnten. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet, da auch nach Auffassung des SG unter Berücksichtigung der maßgeblichen Rechtsprechung hierzu letztlich die Beschäftigung des Klägers in der streitigen Zeit als abhängige Beschäftigung einzustufen sei. Die Firma Fr. Raumgestaltung sei bis zum 31. Dezember 1989 als Einzelfirma vom Vater des Klägers geführt worden. Seit dem 1. Januar 1990 habe das Unternehmen als GmbH bestanden, wobei Gesellschafter die Eltern des Klägers und Geschäftsführer allein der Vater des Klägers gewesen sei. Dies habe sich erst durch den Kauf- und Abtretungsvertrag vom Dezember 1998 geändert. Seit dem 1. Januar 1999 sei der Kläger unstreitig selbständig tätig. Im Zeitraum bis 31. Dezember 1998 habe er jedoch für seine Tätigkeit einen zu versteuernden und als sozialversicherungspflichtig geführten Lohn erhalten, der über die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses als Betriebsausgabe verbucht worden sei. Dass das Arbeitsverhältnis im Innenbereich durch familienhafte Rücksichtsnahme gekennzeichnet gewesen sei und mithin das Weisungsrecht verfeinert ausgeübt worden sei, stehe dieser Feststellung ebenso wenig entgegen wie die Tatsache, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht existiert habe. Dies sei bei Beschäftigungsverhältnissen in einem Familienbetrieb geradezu typisch.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 25. August 2006 zugestellte Urteil am 19. September 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte geltend, das SG habe zum einen schon zu Unrecht die Klage als unzulässig abgewiesen aber im Übrigen auch in der Sache sich ausschließlich auf formale Aspekte zurückgezogen, ohne u. a. die Weisungsgebundenheit gegenüber einem Arbeitgeber hier konkret zu prüfen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2005, ergänzt durch die Bescheide vom 27. September 2005 und 11. Oktober 2005, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma Fr. Raumgestaltung bzw. der Firma Fr. Raumgestaltung GmbH in der Zeit vom 19. Januar 1987 bis 31. Dezember 1998 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlegen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Beigeladenen haben zur Sache nicht weiter vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Im Streit steht die Feststellung der Sozial- bzw. Beitragspflichtigkeit der Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1987 bis 1998.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, da es sich bei der hier streitigen Tätigkeit in der Zeit vom 19. Januar 1987 bis 31. Dezember 1998 um eine beitragspflichtige Beschäftigung gehandelt hat.

1. Die Beklagte hat in der Sache zu Recht festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit beim Beigeladenen Ziff. 1 während der streitigen Zeit vom 19. Januar 1987 bis zum 31. Dezember 1998 im Rahmen eines dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Ob die Klage im Hinblick auf die Verjährung etwaiger Ansprüche auf Beitragsrückerstattung (vgl. § 27 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Allgemeine Vorschriften - (SGB IV) mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits (teilweise) als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen und die Berufung (insoweit) auch aus diesem Grund unbegründet ist (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. März 2005 - L 11 KR 2015/04 -) kann daher dahinstehen (vgl. auch Senatsurteile vom 13. Juni 2007 - L 5 KR 2782/06 - und vom 7. Mai 2008 - L 5 KR 6015/06 -).

2. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19. Juni 2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19. Juni 2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13. Juni 2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25. April 2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14. Februar 2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1. Februar 2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11. Oktober 2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R -).

Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4. Juli 2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17. Mai 2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6. März 2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4. März 2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17. Dezember 2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5. April 1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).

Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR-2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23. Juni 1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17. Dezember 2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12. September 1996 - 7 RAr 120/95 - ).

Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die der Kläger in der Zeit vom 19. Januar 1987 bis 31. Dezember 1998 im Betrieb des Beigeladenen Ziff. 1 ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Der Senat teilt insoweit die Einschätzung des SG.

Gegen die Einstufung des Klägers letztlich als Mitunternehmer neben seinen Eltern spricht in unternehmerrechtlicher Hinsicht zunächst maßgeblich, dass er in der streitigen Zeit am Unternehmen nicht beteiligt ist und deshalb nicht über die Rechtsmacht verfügt, Unternehmensentscheidungen zu treffen oder Unternehmensentscheidungen seines Vaters zu verhindern. Ein Unternehmerrisiko trägt er demzufolge nicht, auch wenn der Betrieb der Eltern die wirtschaftliche Grundlage der Familie bildet und sein Arbeitsplatz von dessen Fortbestand abhängt. In diesem Zusammenhang führt auch der Umstand, dass der Kläger 1993 ein Darlehen von 15.000,- DM eben dem Unternehmen seiner Eltern gewährt hat, zu keiner anderen Beurteilung. Er trägt damit allenfalls im Falle der Insolvenz das Risiko des Verlustes dieser Darlehenssumme aber keine darüber hinausgehenden weiteren finanziellen Verluste betreffend sein sonstiges Privatvermögen.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht lag der Tätigkeit des Klägers zwar kein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde. Allerdings erhielt er ein festes Monatsgehalt in Höhe von 2.000,- DM brutto, das weder als Taschengeld noch als (bloße) Anerkennung für Gefälligkeiten abgetan werden kann und das ungeachtet dessen, ob es als ortsüblich anzusehen wäre oder dem einschlägigen Tariflohn entspräche (vgl. BSG Urteil vom 19. September 1996 - 7 RAr 120/95 -), als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit anzusehen ist. Vom Gehalt des Klägers wurde - wie bei Arbeitnehmern üblich - Lohnsteuer abgeführt und man hat das Gehalt als Betriebsausgabe verbucht. Der Kläger hatte im Übrigen nach seinen Angaben im Feststellungsbogen auch Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit für mindestens sechs Wochen.

Damit liegt das Gesamtbild einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vor.

Schließlich hat der Kläger mit der insoweit eigenverantwortlichen Erfüllung der ihm aufgetragenen Arbeiten als "unterstützende Leitung des Betriebes mit allen Vollmachten" allenfalls Aufgaben eines leitenden Angestellten wahrgenommen, die im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 Kr 10/01 R -) naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen des Unternehmers erfüllt werden. Hinzu kommt hier, dass der Kläger zwar als Raumausstattermeister über die entsprechenden Kenntnisse auch für ein solches Unternehmen verfügt, daneben aber sein Vater, der in der streitigen Zeit 90 % der Gesellschaftsanteile hielt und alleiniger Geschäftsführer war, als Polsterermeister ebenfalls über die entsprechende Fachkenntnisse verfügt.

Auch nicht unberücksichtigt bleiben kann in dem Fall, dass die Tätigkeit des Klägers gegenüber den Sozialversicherungsträgern durchweg über lange Jahre, nicht nur bezüglich der hier streitigen Zeit vom Januar 1987 bis Dezember 1998, sondern auch noch in der Folgezeit bis zum November 2004, obwohl der Kläger seit 1. Januar 1999 -unstreitig- selbständig tätig war, als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung behandelt worden war bzw. weiterhin offenkundig angesehen worden war. So wurde der Kläger von Anfang an als abhängig Beschäftigter angemeldet und man hat neben der Lohnsteuer regelmäßig den Gesamtversicherungsbeitrag abgeführt und außerdem arbeitnehmertypische Leistung in Anspruch genommen. Der Senat verkennt nicht, dass die tatsächliche Beitragsabführung Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht erlaubt (BSG Urteil vom 5. Juli 2007 - B 11 a AL 5/06 R -). Gleichwohl tritt in der langjährigen Bewertung der Tätigkeit, die der Kläger im Unternehmen seines Vaters (Beigeladene Ziff. 1) ausgeübt hat, eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status hervor, die das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls unterstreicht, mag es hierauf für das Gesamtbild der Arbeitsleistung auch nicht mehr ausschlaggebend ankommen. Das Unterfangen, nunmehr im Nachhinein die Sozialversicherungsbeiträge von der Solidargemeinschaft der Versicherten wieder "zurückzuholen", kann damit nicht gelingen.

Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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