Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 2426/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5577/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger auch für die Zeit vom 14. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 Anspruch auf Krankengeld hat.
Der am 21. November 1958 geborene Kläger ist von Beruf Textiltechniker. Er war zuletzt arbeitslos und bezog vom 21. März 2004 bis 22. August 2004 Arbeitslosenhilfe. Aufgrund des Bezugs dieser Leistung war er bei der Beklagten krankenversichert. Die Beklagte ging davon aus, dass der Kläger ab dem 12. Juli 2004 arbeitsunfähig war und zahlte Krankengeld ab 23. August 2004.
Am 12. Juli 2004 hatte sich der Kläger auf Veranlassung seiner behandelnden Hausärztin in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Tübingen (nachfolgend UKT) vorgestellt. Die dort angefertigte Kernspintomographie zeigte in der regio 36, d. h. in dem Bereich, in dem beim Kläger im September 2003 der Zahn 36 operativ entfernt worden war, eine umschriebene Entzündungsreaktion im Sinne einer Osteomyelitis mit begleitenden Lymphknotenschwellungen. Da trotz oraler Antibiotika-Therapie keine Besserung erzielt werden konnte, erfolgte in der Zeit vom 13. bis 20 September 2004 eine stationäre Behandlung in der UKT mit dem Ziel, die Gabe von Antibiotika intravenös zu verabreichen. Unter laufender Antibiotika-Therapie traten jedoch auch während der stationären Behandlung keinerlei Änderungen der lokalen und paraklinischen Befunde, insbesondere der Entzündungsparameter ein. Die UKT kam daher zu dem Ergebnis, dass unter Zusammenschau der klinischen Befunde und des stationären Verlaufs die radiologische Diagnose einer lokalen Osteomyelitis nicht aufrechterhalten werden könne. Der radiologische Befund werde als Reaktion auf die mehrfach erfolgten oralchirurgischen Eingriffe gewertet und die vom Kläger geäußerten Schmerzen müssten bei fehlender Ursache als atypischer Gesichtsschmerz klassifiziert werden. Aus mund-, kiefer- und gesichtschirurgischer Sicht sei der Kläger nicht länger arbeitsunfähig (Arztbrief Prof. Dr. Reinert vom 20. September 2004).
Auf einem Vordruck der Beklagten vom 18. Oktober 2004 teilten die ambulant behandelnden Ärzte des Klägers Drs. Schmidt/Bartsch mit, der Kläger sei von ihnen nicht arbeitsunfähig geschrieben worden. Gleichwohl wurden Auszahlscheine für Krankengeld am 20. September 2004 (Bl. 16 der Verwaltungsakte) und 22. Oktober 2004 (Bl. 24 der Verwaltungsakte) von den genannten Ärzten ausgestellt. Auf weitere Nachfrage der Beklagten teilten die Ärzte mit Vordruck vom 6. November 2004 mit, es sei eine spezielle Schmerztherapie in Tübingen veranlasst worden. In einer Fallbesprechung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) wurde auf die Möglichkeit einer psychiatrischen Mitbehandlung hingewiesen. Nach mehreren Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Beklagten und dem Kläger empfahlen schließlich die behandelnden Ärzte eine Untersuchung beim MDK. Am 6. Dezember 2004 fand die Begutachtung beim MDK statt. Diagnostiziert wurde ein atypischer Gesichtsschmerz. Zunächst sei noch eine Arbeitsruhe bis 16. Januar 2005 einzuhalten. Vermutlich werde sich der Kläger dann nach über 7-monatiger Arbeitsunfähigkeit wieder bei der Arbeitsagentur melden können. Nachfolgend wurde ein weiterer Therapieversuch im Reutlinger Therapie- und Analysezentrum eingeleitet.
Am 1. Februar ging ein weiterer Vordruck der behandelnden Ärzte Dres. Schmidt/Bartsch ein. Darin wird als Diagnose ein atypischer Gesichtsschmerz und differentialdiagnostisch eine Neuralgie angegeben. Der Zeitpunkt des Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit sei nicht beurteilbar, ein Bericht des mitbehandelnden Arztes liege nicht vor. Die Frage, ob eine Erwerbsminderung vorliege oder drohe, wurde von den Ärzten verneint.
In einer weiteren sozialmedizinischen Beratung führte der MDK (Dr. Wagner) am 3. Februar 2005 aus, es sei weiter Arbeitsunfähigkeit anzunehmen. Eine adäquate Schmerztherapie werde durchgeführt. Deren Ergebnis müsse zunächst abgewartet werden. Eine Wiedervorlage sollte mit aktuellen Befunden frühestens Mitte März 2005 erfolgen. Frau Maute-Steinhilber berichtete am 7. Februar 2005 von der Behandlung durch das Reutlinger Therapie- und Analysezentrum. Als Diagnose wird eine cranio-cervikal-manibuläre Dysfunktion mit Gesichtsschmerz links angegeben. Trotz leichter Verbesserungen der BWS-Beweglichkeit nach sechs Behandlungen, einer abnehmenden Zahl der Blockierungen und leichter Detonisierung der kurzen Nackenstrecker sowie der klinischen Muskulatur habe der Kläger subjektiv keine Veränderung der Schmerzsymptomatik empfunden. Der Kläger sei in jeder Behandlung überaus ängstlich und skeptisch. Er sei der Ansieht, dass alle nur denkbaren Komplikationen und bleibenden Schäden sich bei ihm auch einstellen würden. Beruflich sehe er für sich als Textiltechniker keine Zukunft. Die Ursache der Schmerzen könne nicht beurteilt werden. Vorgeschlagen werde ein Therapiekonzept auf allen Ebenen, wobei sie allerdings nicht wisse, welche Therapien bereits vor der Behandlung durchgeführt worden seien.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Arbeitsunfähigkeit werde mit dem 13. Februar 2005 beendet. Ab dem 14. Februar 2005 könne der Kläger wieder leichte/mittelschwere Arbeiten ausüben. Die eingeleitete ambulante Therapie könne trotzdem zielgerichtet durchgeführt werden. Das bedeute, dass mit dem 13. Februar 2005 der Anspruch auf Krankengeld und somit auch die Mitgliedschaft in der bisherigen Form ende. Zur Vermeidung von Nachteilen solle sich der Kläger spätestens am 14. Februar 2005 bei der Agentur für Arbeit melden.
Hiergegen legte der Kläger am 23. Februar 2005 Widerspruch ein und machte geltend, seine gesundheitlichen Beschwerden (beträchtliche Schmerzen im linken Unterkieferbereich und im linken Ohr) hätten sich nicht gebessert.
Ein am 9. März 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) vom Kläger gestellter Antrag auf Gewährung von Krankengeld im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 27. April 2005 abgewiesen (S 3 KR 704/05 ER).
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 20. Juli 2005 hat der Kläger Klage beim SG erhoben. Er hat sich auf die Einschätzung des MDK vom 3. Februar 2005 berufen und dargelegt, dass er sich nach wie vor für arbeitsunfähig halte; sein Arzt habe ihn weiterhin krank geschrieben.
Die Beklagte hat zur Erwiderung auf ihre Stellungnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 3 KR 704/05 ER) Bezug genommen: Im Rahmen des Datenträgeraustausches sei bei der Meldung der Krankenhausentlassung zum 20. September 2004 auch die Fachabteilungsdiagnose "hypochondrische Störung" angegeben worden. Das Ergebnis des Berichts des Reutlinger Therapie- und Analysezentrums sei bei der MDK-Beratung vom 3. Februar 2005 noch nicht bekannt gewesen. Diesem MDK-Gutachten werde daher keine Bedeutung mehr beigemessen. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. Schmidt im gerichtlichen Verfahren. Die Beklagte sehe nach langjähriger Arbeitslosigkeit des Klägers keinen Grund, weshalb er nicht eine wie auch immer geartete Tätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt durchführen könne. Von einer unbegrenzt fortdauernden Arbeitsunfähigkeit könne nicht ausgegangen werden. Dr. Schmidt habe die weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen "vorbehaltlich" einer gerichtlichen Entscheidung ausgestellt.
Das SG hat den behandelnden Arzt Dr. Schmidt im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Wegen seines Antwortschreibens vom 5. April 2005 wird auf Bl. 27 der Akte S 3 KR 704/05 ER Bezug genommen.
Mit Urteil vom 8. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kammer habe sich keine Überzeugung vom Bestehen eines Krankengeldanspruchs über den 13. Februar 2005 hinaus verschaffen können. Bei Versicherten, die auf Grund des Bezugs von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit krankenversichert sind, sei jedenfalls bei der hier vorliegenden langjährigen Arbeitslosigkeit des Klägers Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die Frage, ob der Kläger noch irgend eine leichte Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt ausüben kann. Arbeitsunfähigkeit sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der zuvor arbeitslose Versicherte wieder für eine vollschichtige Arbeitsvermittlung in eine leichte Tätigkeit mit eventuellen qualitativen Einschränkungen zur Verfügung stehe. Ärztlicherseits sei lediglich vom MDK im letzten Gutachten, das ohne persönliche Untersuchung erstellt worden sei, die Meinung vertreten worden, dass bis Mitte März 2005 von weiterer Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei und dann eine erneute Beurteilung erfolgen müsse. Diese Einschätzung überzeuge nicht. Denn bereits im Entlassbericht des UKT über den stationären Aufenthalt des Klägers im Jahr 2004 sei aus fachärztlicher Sicht ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nicht angenommen worden. Im Gutachten des MDK vom 6. Dezember 2004 sei nur noch eine Arbeitsruhe bis Mitte Januar 2005 vorgesehen worden. Gerade diesem Gutachten habe sich der behandelnde Arzt Dr. Schmidt in seinem Antwortschreiben vom 5. April 2004 "formal und sachlich" angeschlossen. Aus der Zeugenaussage von Dr. Schmidt schließe die Kammer, dass dieser aus eigener Überzeugung nicht vom weiteren Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ausgehe. Die weitere Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen "unter Vorbehalt" sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Kläger laut Aussage von Dr. Schmidt eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit konsequent abgelehnt habe. Somit sei festzuhalten, dass die nach dem 13. Februar 2005 weiter ausgestellten Auszahlscheine und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht mehr auf der eigenen Überzeugung des Ausstellers, sondern auf dem Drängen des Klägers beruhten. Dabei werde nicht verkannt, dass ärztlicherseits sehr wohl die Erkrankung des Klägers anerkannt werde und insbesondere vom Reutlinger Therapie- und Analysezentrum verschiedene Therapievorschläge gemacht worden seien. Freilich sei dem Bericht des Zentrums zu entnehmen, dass der Kläger sich äußerst zurückhaltend gegenüber den vorgeschlagenen Therapien gezeigt habe. Die Einschätzung des Klägers, auf dem Arbeitsmarkt mit seiner ursprünglichen Tätigkeit als Textillehrer keine Chance mehr zu haben, begründe keine Arbeitsunfähigkeit, da nach langjähriger Arbeitslosigkeit die ursprünglich vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht mehr als Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen sei. Das Urteil ist dem Kläger am 20. Dezember 2005 zugestellt worden.
Am 29. Dezember 2005 hat der Kläger Berufung eingelegt.
In einem von der Berichterstatterin am 20. Dezember 2007 durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger u. a. angegeben, er habe sich in der Zeit vom 13. Februar 2005 bis heute nicht arbeitslos gemeldet. Er beziehe keine Leistungen, auch keine Sozialhilfe und lebe auf Pump. Beim Schmerztherapeuten Dr. Suchowerskyj in Tübingen sei er bis März 2005 in Behandlung gewesen. Seit Frühjahr 2006 sei er bei Dr. Malzacher in Behandlung. Zwischen März 2005 und Frühjahr 2006 sei er nur bei Dr. Schmidt in Behandlung gewesen.
Anschließend hat der Senat Dr. Schmidt und Dr. Suchowerskyj befragt. Dr. Schmidt hat mitgeteilt, die chronische Schmerzsymptomatik im linken Unterkiefer sei nicht durch Befunde objektivierbar. Sie bestehe unverändert fort und werde von allen bisherigen Therapieformen nicht erreicht. Unabhängig von der auslösenden Ursache sei längst eine Chronifizierung der Schmerzsymtomatik mit entsprechender Wesensänderung eingetreten, so dass der Kläger auf Dauer weder in seinem Beruf noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Arbeit herangezogen werden könne. Dr. Suchowerskyj hat als Diagnosen genannt: atypischer Gesichtsschmerz links nach Zahnextraktion, atypisches neuropathisches Schmerzempfinden des Körpers bei multiplen Allergien auf Antibiotika und reaktive Depression mit Somatisierungstendenz. Die Kombination der Medikamente Trevilor, Lyrica und Valoron in steigender Dosierung sei vom Kläger wegen der Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Obstipation nicht mit Freude genommen worden. Er habe sich mit dem Kläger auf den Verzicht des Opiats geeinigt und es durch Novalgin ersetzt. Mit Zögern habe der Kläger dieser Kombination eine geringe Befundverbesserung zugesprochen. Danach habe er ihn nicht mehr gesehen.
Der Senat hat ferner aus der Akte des 5. Senats (L 5 R 3187/07) ärztliche Unterlagen in Kopie zu den Akten des vorliegenden Berufungsverfahrens genommen (Bl. 76 bis 121), ebenso aus der SG-Akte S 10 R 4533/05 (Bl. 125/161). Der Rentenrechtsstreit vor dem 5. Senat des LSG Baden-Württemberg hat sich dadurch erledigt, dass der Kläger das Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers vom 30. Mai 2008 angenommen hat. Der Rentenversicherungsträger hat einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 11. Januar 2008 anerkannt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte dem MDK zwar nicht zwingend folgen müsse, gleichwohl sei eine Entscheidung ohne Befragung des MDK rechtswidrig. Dies gelte sogar dann, wenn sich keine Arbeitsunfähigkeit aus den vorliegenden Unterlagen ergäbe, was aber nicht der Fall sei. Er sei insbesondere im Zeitraum vom 14. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 arbeitsunfähig gewesen. Dies werde durch das Attest des Dr. Schmidt vom 21. September 2008 (Bl. 176 der LSG-Akte) bestätigt. Zwar sei der Leistungsfall der Erwerbsminderung nach dem Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers am 11. Januar 2008 eingetreten. Die Annahme dieses Anerkenntnisses sei jedoch nur aus prozessökonomischen Gründen erfolgt. Ihm sei es vor allem darum gegangen, eine künftige Rentengewährung durchzusetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 13. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 Krankengeld zu gewähren, hilfsweise DR. Malzacher nach § 109 SGG gutachtlich zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Akten des SG über das einstweilige Rechtsschutzverfahren S 3 KR 704/05 ER verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld über den 13. Februar 2005 hinaus.
Versicherte haben nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehen eines Krankengeldanspruches bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat (st. Rspr. des BSG, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 37/06 R, SozR 4-2500 § 46 Nr. 2 m.w.N.). Da der Kläger vor dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit (§ 46b Abs. 1 Satz 2 SGB V) im Juli 2004 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) krankenversichert war, ist Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit nicht die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung. Ein in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist arbeitsunfähig iS von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat: Das Krankengeld stellt sich in der KVdA nicht als Ersatz für Ausfall des früher auf Grund Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelts, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit dar. Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind. Die Zumutbarkeit ist insoweit auch krankenversicherungsrechtlich an § 121 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (SGB III) zu messen. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liegt deshalb im Regelfall vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten (zum Ganzen BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9 m.w.N.).
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger mindestens in der Zeit vom 14. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 wieder in der Lage war, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Damit besteht auch kein nachgehender Anspruch auf Krankengeld gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Im Übrigen ist unerheblich, ob der Kläger z. B. ab dem 1. April 2005 möglicherweise nicht mehr in der Lage war, vollschichtig zu arbeiten. Denn eine Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestand ab dem 14. Februar 2005 nicht mehr, da der Kläger nicht mehr arbeitslos gemeldet war und auch keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nachgegangen ist. Rentner und Rentenantragsteller sind nur dann mit Anspruch auf Krankengeld versichert, wenn sie aus einer neben dem Rentenbezug ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, das der Beitragsberechnung unterlag (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 2/07 R, juris).
Der Kläger leidet an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD 10 F45.4). Dies folgt aus dem Gutachten des Dr. Malzacher vom 21. Januar 2008, das dieser für den 5. Senat des LSG Baden-Württemberg (L 5 R 3187/07) erstattet hat und das auf einer körperlichen Untersuchung des Klägers am 11. Januar 2008 beruht. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Gutachters an. Dr. Malzacher, bei dem der Kläger seit Frühjahr 2006 auch in Behandlung ist, hat sich in seinem Gutachten eingehend mit den vom Kläger vorgetragenen Beschwerden befasst. Er hat dabei - wie die anderen Ärzte, die den Kläger untersucht und behandelt haben auch - keinen organischen Befund erheben können, der die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden hätte erklären können. Damit hat er die bereits vom UKT im Jahre 2004 getroffene Einschätzung bestätigt. Damals ist das UKT zu dem Ergebnis gelangt, dass die zunächst aufgrund einer radiologischen Untersuchung geäußerte Diagnose einer lokalen Osteomyelitis nicht aufrechterhalten werden kann. Allerdings hat Dr. Malzacher auch die früher gestellten Diagnosen eines atypischen Gesichtsschmerzes und die Verdachtsdiagnose einer Trigemusneuralgie nicht bestätigen können. Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend begründet, dass beim Kläger die diagnostischen Voraussetzungen einer somatoformen Schmerzstörung erfüllt sind. Daneben hat er auch eine deutliche Auffälligkeit im Persönlichkeitsbereich im Sinne einer schizoiden Persönlichkeitsstörung festgestellt. Durch das Gutachten des Dr. Malzacher ist auch die vom behandelnden Arzt Dr. Schmidt bis zuletzt (Attest vom 21. September 2008, Bl. 180 der LSG-Akte) gestellte Diagnose eines chronischen neuropathischen Schmerzsyndroms widerlegt.
Der Senat geht ferner davon aus, dass die vom Sachverständigen gestellte Diagnose Auswirkungen auf die Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit des Klägers haben kann, aber nicht zwingend haben muss. Allein das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung begründet noch nicht eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Der Senat ist - insoweit abweichend von Dr. Malzacher - der Auffassung, dass die somatoforme Schmerzstörung nicht dazu geführt hat, dass der Kläger bereits im Februar und März 2005 nicht mehr in der Lage gewesen ist, einer leichten körperlichen Arbeit vollschichtig nachzugehen. Hierfür sprechen mehrere Gründe: Dr. Malzacher hat darauf hingewiesen, dass der Kläger weder eine Dauermedikation mit Schmerzmedikamenten noch eine andere Behandlung benötigt und die Schmerzen vom Kläger nur außerhalb des geschützten Lebensraums wahrgenommen würden (Gutachten Seite 27). Damit korrespondieren die Angaben des Schmerztherapeuten Dr. Suchowerskyj, bei dem der Kläger nur bis März 2005 in Behandlung war. Dr. Suchowerskyj hat gegenüber dem Senat ausgeführt, die von ihm verordnete Kombination der Medikamente Trevilor, Lyrica und Valoron in steigender Dosierung sei vom Kläger wegen der Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Obstipation nicht mit Freude genommen worden. Er habe sich mit dem Kläger auf den Verzicht des Opiats geeinigt und es durch Novalgin ersetzt. Mit Zögern habe der Kläger dieser Kombination eine geringe Befundverbesserung zugesprochen. Danach habe er ihn nicht mehr gesehen. Eine Schmerzbehandlung ist also nur vorübergehend und nur bis März 2005 durchgeführt worden.
Ferner lag noch bei der Untersuchung des Klägers im Januar 2008 durch Dr. Malzacher eine derart ausgeprägte Diskrepanz zwischen den Angaben starker Schmerzen und dem Untersuchungsverhalten des Klägers vor, dass der Sachverständige den Kläger hierauf angesprochen hat. Die vom Kläger vorgebrachte Erklärung, er sei es schon gewohnt, dass niemand seine Beschwerden verstehe oder ernst nehme, begründen erhebliche Zweifel am Vorliegen starker Schmerzen. Zwar sind Schmerzen nicht objektivierbar, aber auch subjektiv empfundene, organisch nicht begründbare Schmerzen erzeugen einen Leidensdruck beim Betroffenen, der beim Kläger offensichtlich nicht ohne weiteres erkennbar war.
Hinzu kommt, dass Dr. Neher, der den Kläger im Auftrag des SG (S 10 R 4533/05) am 20. November 2006 untersucht und begutachtet hat, eine somatoforme Schmerzstörung zwar in Betracht gezogen hat, dafür zum damaligen Zeitpunkt aber keine ausreichenden Belege für eine solche Diagnose hat finden können. Folgerichtig ist er in seinem Gutachten vom 21. November 2006 zum dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch leichte Arbeiten ohne Kälte-, Nässe- und Zugluftexpositionen weiterhin vollschichtig verrichten kann. Der Senat hält diese Beurteilung für überzeugend und ist deshalb der Ansicht, dass der Kläger auch im November 2006 noch nicht arbeitsunfähig war. Dadurch ist auch die von Dr. Malzacher im vom Kläger vorgelegten Attest vom 20. November vertretene Ansicht, dass beim Kläger bezüglich der Beschwerden seit 12. Juli 2004 keine Befundänderung eingetreten sei, widerlegt. Dr. Neher besitzt als Nervenarzt und Facharzt für Psychotherapie die zur Feststellung einer somatoformen Schmerzstörung erforderliche Sachkunde. Die unterschiedliche Beurteilung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Dr. Malzacher einerseits und durch Dr. Neher andererseits lässt sich unschwer mit einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers erklären. Diesem Gesichtspunkt hat auch der Kläger im Rentenverfahren Rechnung getragen, indem er dem vom Rentenversicherungsträger gemachten Vorschlag, den Eintritt des Leistungsfall der Erwerbsminderung erst am 11. Januar 2008 anzunehmen, zugestimmt hat. Dem steht nicht entgegen, dass er dies nur aus prozessökonomischen Gründen getan haben will.
Die Auffassung des Klägers, die Beklagte (und damit auch das Gericht) sei an die vom MDK getroffene Beurteilung gebunden, teilt der Senat nicht. Zwar bestimmen § 62 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 19 Abs. 3 Bundesmantelvertrag -Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä), dass das Gutachten des MDK zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich verbindlich ist. Diese Bindungswirkung beschränkt sich aber, wie sich aus § 62 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 19 Abs. 4 EKV-Ä ergibt, auf das Verhältnis zwischen Vertragsarzt und MDK. Die Krankenkassen und die Gerichte sind hieran nicht gebunden. Gleiches gilt für § 7 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien; vgl. hierzu LSG für das Land Niedersachsen, Beschluss vom 21. Oktober 1999, L 4 Kr 23/99 NZB, Breithaupt 2000, 269). Eine Verbindlichkeit des MDK-Gutachtens ist auch in § 275 SGB V nicht bestimmt.
Der Sachverhalt ist ausreichend aufgeklärt; weitere Ermittlungen waren nicht mehr notwendig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nach der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung maßgeblich auf die Arbeitsfähigkeit des Klägers im Frühjahr 2005 ankommt. Da er bei Dr. Malzacher erst etwa ein Jahr später in Behandlung war, brauchte dieser nicht als sachverständiger Zeuge gehört werden. Die nach § 109 SGG im Schriftsatz vom 27. Oktober 2008 erstmals - und in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember wiederholt - beantragte gutachtliche Anhörung des Dr. Malzacher wird abgelehnt, weil die Zulassung dieses Antrages die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Antrag zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist (§ 109 Abs. 2 SGG). Da der Kläger die Anhörung des Dr. Malzacher bereits im Rentenverfahren vor dem 5. Senat des LSG beantragt hatte, hätte er denselben Antrag zum damaligen Zeitpunkt auch im vorliegenden Verfahren stellen können. Im Übrigen hat der Senat das im Rentenrechtsstreit eingeholte Gutachten des Dr. Malzacher bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger auch für die Zeit vom 14. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 Anspruch auf Krankengeld hat.
Der am 21. November 1958 geborene Kläger ist von Beruf Textiltechniker. Er war zuletzt arbeitslos und bezog vom 21. März 2004 bis 22. August 2004 Arbeitslosenhilfe. Aufgrund des Bezugs dieser Leistung war er bei der Beklagten krankenversichert. Die Beklagte ging davon aus, dass der Kläger ab dem 12. Juli 2004 arbeitsunfähig war und zahlte Krankengeld ab 23. August 2004.
Am 12. Juli 2004 hatte sich der Kläger auf Veranlassung seiner behandelnden Hausärztin in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Tübingen (nachfolgend UKT) vorgestellt. Die dort angefertigte Kernspintomographie zeigte in der regio 36, d. h. in dem Bereich, in dem beim Kläger im September 2003 der Zahn 36 operativ entfernt worden war, eine umschriebene Entzündungsreaktion im Sinne einer Osteomyelitis mit begleitenden Lymphknotenschwellungen. Da trotz oraler Antibiotika-Therapie keine Besserung erzielt werden konnte, erfolgte in der Zeit vom 13. bis 20 September 2004 eine stationäre Behandlung in der UKT mit dem Ziel, die Gabe von Antibiotika intravenös zu verabreichen. Unter laufender Antibiotika-Therapie traten jedoch auch während der stationären Behandlung keinerlei Änderungen der lokalen und paraklinischen Befunde, insbesondere der Entzündungsparameter ein. Die UKT kam daher zu dem Ergebnis, dass unter Zusammenschau der klinischen Befunde und des stationären Verlaufs die radiologische Diagnose einer lokalen Osteomyelitis nicht aufrechterhalten werden könne. Der radiologische Befund werde als Reaktion auf die mehrfach erfolgten oralchirurgischen Eingriffe gewertet und die vom Kläger geäußerten Schmerzen müssten bei fehlender Ursache als atypischer Gesichtsschmerz klassifiziert werden. Aus mund-, kiefer- und gesichtschirurgischer Sicht sei der Kläger nicht länger arbeitsunfähig (Arztbrief Prof. Dr. Reinert vom 20. September 2004).
Auf einem Vordruck der Beklagten vom 18. Oktober 2004 teilten die ambulant behandelnden Ärzte des Klägers Drs. Schmidt/Bartsch mit, der Kläger sei von ihnen nicht arbeitsunfähig geschrieben worden. Gleichwohl wurden Auszahlscheine für Krankengeld am 20. September 2004 (Bl. 16 der Verwaltungsakte) und 22. Oktober 2004 (Bl. 24 der Verwaltungsakte) von den genannten Ärzten ausgestellt. Auf weitere Nachfrage der Beklagten teilten die Ärzte mit Vordruck vom 6. November 2004 mit, es sei eine spezielle Schmerztherapie in Tübingen veranlasst worden. In einer Fallbesprechung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) wurde auf die Möglichkeit einer psychiatrischen Mitbehandlung hingewiesen. Nach mehreren Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Beklagten und dem Kläger empfahlen schließlich die behandelnden Ärzte eine Untersuchung beim MDK. Am 6. Dezember 2004 fand die Begutachtung beim MDK statt. Diagnostiziert wurde ein atypischer Gesichtsschmerz. Zunächst sei noch eine Arbeitsruhe bis 16. Januar 2005 einzuhalten. Vermutlich werde sich der Kläger dann nach über 7-monatiger Arbeitsunfähigkeit wieder bei der Arbeitsagentur melden können. Nachfolgend wurde ein weiterer Therapieversuch im Reutlinger Therapie- und Analysezentrum eingeleitet.
Am 1. Februar ging ein weiterer Vordruck der behandelnden Ärzte Dres. Schmidt/Bartsch ein. Darin wird als Diagnose ein atypischer Gesichtsschmerz und differentialdiagnostisch eine Neuralgie angegeben. Der Zeitpunkt des Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit sei nicht beurteilbar, ein Bericht des mitbehandelnden Arztes liege nicht vor. Die Frage, ob eine Erwerbsminderung vorliege oder drohe, wurde von den Ärzten verneint.
In einer weiteren sozialmedizinischen Beratung führte der MDK (Dr. Wagner) am 3. Februar 2005 aus, es sei weiter Arbeitsunfähigkeit anzunehmen. Eine adäquate Schmerztherapie werde durchgeführt. Deren Ergebnis müsse zunächst abgewartet werden. Eine Wiedervorlage sollte mit aktuellen Befunden frühestens Mitte März 2005 erfolgen. Frau Maute-Steinhilber berichtete am 7. Februar 2005 von der Behandlung durch das Reutlinger Therapie- und Analysezentrum. Als Diagnose wird eine cranio-cervikal-manibuläre Dysfunktion mit Gesichtsschmerz links angegeben. Trotz leichter Verbesserungen der BWS-Beweglichkeit nach sechs Behandlungen, einer abnehmenden Zahl der Blockierungen und leichter Detonisierung der kurzen Nackenstrecker sowie der klinischen Muskulatur habe der Kläger subjektiv keine Veränderung der Schmerzsymptomatik empfunden. Der Kläger sei in jeder Behandlung überaus ängstlich und skeptisch. Er sei der Ansieht, dass alle nur denkbaren Komplikationen und bleibenden Schäden sich bei ihm auch einstellen würden. Beruflich sehe er für sich als Textiltechniker keine Zukunft. Die Ursache der Schmerzen könne nicht beurteilt werden. Vorgeschlagen werde ein Therapiekonzept auf allen Ebenen, wobei sie allerdings nicht wisse, welche Therapien bereits vor der Behandlung durchgeführt worden seien.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Arbeitsunfähigkeit werde mit dem 13. Februar 2005 beendet. Ab dem 14. Februar 2005 könne der Kläger wieder leichte/mittelschwere Arbeiten ausüben. Die eingeleitete ambulante Therapie könne trotzdem zielgerichtet durchgeführt werden. Das bedeute, dass mit dem 13. Februar 2005 der Anspruch auf Krankengeld und somit auch die Mitgliedschaft in der bisherigen Form ende. Zur Vermeidung von Nachteilen solle sich der Kläger spätestens am 14. Februar 2005 bei der Agentur für Arbeit melden.
Hiergegen legte der Kläger am 23. Februar 2005 Widerspruch ein und machte geltend, seine gesundheitlichen Beschwerden (beträchtliche Schmerzen im linken Unterkieferbereich und im linken Ohr) hätten sich nicht gebessert.
Ein am 9. März 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) vom Kläger gestellter Antrag auf Gewährung von Krankengeld im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 27. April 2005 abgewiesen (S 3 KR 704/05 ER).
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 20. Juli 2005 hat der Kläger Klage beim SG erhoben. Er hat sich auf die Einschätzung des MDK vom 3. Februar 2005 berufen und dargelegt, dass er sich nach wie vor für arbeitsunfähig halte; sein Arzt habe ihn weiterhin krank geschrieben.
Die Beklagte hat zur Erwiderung auf ihre Stellungnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 3 KR 704/05 ER) Bezug genommen: Im Rahmen des Datenträgeraustausches sei bei der Meldung der Krankenhausentlassung zum 20. September 2004 auch die Fachabteilungsdiagnose "hypochondrische Störung" angegeben worden. Das Ergebnis des Berichts des Reutlinger Therapie- und Analysezentrums sei bei der MDK-Beratung vom 3. Februar 2005 noch nicht bekannt gewesen. Diesem MDK-Gutachten werde daher keine Bedeutung mehr beigemessen. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. Schmidt im gerichtlichen Verfahren. Die Beklagte sehe nach langjähriger Arbeitslosigkeit des Klägers keinen Grund, weshalb er nicht eine wie auch immer geartete Tätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt durchführen könne. Von einer unbegrenzt fortdauernden Arbeitsunfähigkeit könne nicht ausgegangen werden. Dr. Schmidt habe die weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen "vorbehaltlich" einer gerichtlichen Entscheidung ausgestellt.
Das SG hat den behandelnden Arzt Dr. Schmidt im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Wegen seines Antwortschreibens vom 5. April 2005 wird auf Bl. 27 der Akte S 3 KR 704/05 ER Bezug genommen.
Mit Urteil vom 8. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kammer habe sich keine Überzeugung vom Bestehen eines Krankengeldanspruchs über den 13. Februar 2005 hinaus verschaffen können. Bei Versicherten, die auf Grund des Bezugs von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit krankenversichert sind, sei jedenfalls bei der hier vorliegenden langjährigen Arbeitslosigkeit des Klägers Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit die Frage, ob der Kläger noch irgend eine leichte Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt ausüben kann. Arbeitsunfähigkeit sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der zuvor arbeitslose Versicherte wieder für eine vollschichtige Arbeitsvermittlung in eine leichte Tätigkeit mit eventuellen qualitativen Einschränkungen zur Verfügung stehe. Ärztlicherseits sei lediglich vom MDK im letzten Gutachten, das ohne persönliche Untersuchung erstellt worden sei, die Meinung vertreten worden, dass bis Mitte März 2005 von weiterer Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei und dann eine erneute Beurteilung erfolgen müsse. Diese Einschätzung überzeuge nicht. Denn bereits im Entlassbericht des UKT über den stationären Aufenthalt des Klägers im Jahr 2004 sei aus fachärztlicher Sicht ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nicht angenommen worden. Im Gutachten des MDK vom 6. Dezember 2004 sei nur noch eine Arbeitsruhe bis Mitte Januar 2005 vorgesehen worden. Gerade diesem Gutachten habe sich der behandelnde Arzt Dr. Schmidt in seinem Antwortschreiben vom 5. April 2004 "formal und sachlich" angeschlossen. Aus der Zeugenaussage von Dr. Schmidt schließe die Kammer, dass dieser aus eigener Überzeugung nicht vom weiteren Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ausgehe. Die weitere Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen "unter Vorbehalt" sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Kläger laut Aussage von Dr. Schmidt eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit konsequent abgelehnt habe. Somit sei festzuhalten, dass die nach dem 13. Februar 2005 weiter ausgestellten Auszahlscheine und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht mehr auf der eigenen Überzeugung des Ausstellers, sondern auf dem Drängen des Klägers beruhten. Dabei werde nicht verkannt, dass ärztlicherseits sehr wohl die Erkrankung des Klägers anerkannt werde und insbesondere vom Reutlinger Therapie- und Analysezentrum verschiedene Therapievorschläge gemacht worden seien. Freilich sei dem Bericht des Zentrums zu entnehmen, dass der Kläger sich äußerst zurückhaltend gegenüber den vorgeschlagenen Therapien gezeigt habe. Die Einschätzung des Klägers, auf dem Arbeitsmarkt mit seiner ursprünglichen Tätigkeit als Textillehrer keine Chance mehr zu haben, begründe keine Arbeitsunfähigkeit, da nach langjähriger Arbeitslosigkeit die ursprünglich vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht mehr als Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen sei. Das Urteil ist dem Kläger am 20. Dezember 2005 zugestellt worden.
Am 29. Dezember 2005 hat der Kläger Berufung eingelegt.
In einem von der Berichterstatterin am 20. Dezember 2007 durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger u. a. angegeben, er habe sich in der Zeit vom 13. Februar 2005 bis heute nicht arbeitslos gemeldet. Er beziehe keine Leistungen, auch keine Sozialhilfe und lebe auf Pump. Beim Schmerztherapeuten Dr. Suchowerskyj in Tübingen sei er bis März 2005 in Behandlung gewesen. Seit Frühjahr 2006 sei er bei Dr. Malzacher in Behandlung. Zwischen März 2005 und Frühjahr 2006 sei er nur bei Dr. Schmidt in Behandlung gewesen.
Anschließend hat der Senat Dr. Schmidt und Dr. Suchowerskyj befragt. Dr. Schmidt hat mitgeteilt, die chronische Schmerzsymptomatik im linken Unterkiefer sei nicht durch Befunde objektivierbar. Sie bestehe unverändert fort und werde von allen bisherigen Therapieformen nicht erreicht. Unabhängig von der auslösenden Ursache sei längst eine Chronifizierung der Schmerzsymtomatik mit entsprechender Wesensänderung eingetreten, so dass der Kläger auf Dauer weder in seinem Beruf noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Arbeit herangezogen werden könne. Dr. Suchowerskyj hat als Diagnosen genannt: atypischer Gesichtsschmerz links nach Zahnextraktion, atypisches neuropathisches Schmerzempfinden des Körpers bei multiplen Allergien auf Antibiotika und reaktive Depression mit Somatisierungstendenz. Die Kombination der Medikamente Trevilor, Lyrica und Valoron in steigender Dosierung sei vom Kläger wegen der Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Obstipation nicht mit Freude genommen worden. Er habe sich mit dem Kläger auf den Verzicht des Opiats geeinigt und es durch Novalgin ersetzt. Mit Zögern habe der Kläger dieser Kombination eine geringe Befundverbesserung zugesprochen. Danach habe er ihn nicht mehr gesehen.
Der Senat hat ferner aus der Akte des 5. Senats (L 5 R 3187/07) ärztliche Unterlagen in Kopie zu den Akten des vorliegenden Berufungsverfahrens genommen (Bl. 76 bis 121), ebenso aus der SG-Akte S 10 R 4533/05 (Bl. 125/161). Der Rentenrechtsstreit vor dem 5. Senat des LSG Baden-Württemberg hat sich dadurch erledigt, dass der Kläger das Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers vom 30. Mai 2008 angenommen hat. Der Rentenversicherungsträger hat einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 11. Januar 2008 anerkannt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte dem MDK zwar nicht zwingend folgen müsse, gleichwohl sei eine Entscheidung ohne Befragung des MDK rechtswidrig. Dies gelte sogar dann, wenn sich keine Arbeitsunfähigkeit aus den vorliegenden Unterlagen ergäbe, was aber nicht der Fall sei. Er sei insbesondere im Zeitraum vom 14. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 arbeitsunfähig gewesen. Dies werde durch das Attest des Dr. Schmidt vom 21. September 2008 (Bl. 176 der LSG-Akte) bestätigt. Zwar sei der Leistungsfall der Erwerbsminderung nach dem Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers am 11. Januar 2008 eingetreten. Die Annahme dieses Anerkenntnisses sei jedoch nur aus prozessökonomischen Gründen erfolgt. Ihm sei es vor allem darum gegangen, eine künftige Rentengewährung durchzusetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 13. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 Krankengeld zu gewähren, hilfsweise DR. Malzacher nach § 109 SGG gutachtlich zu hören.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Akten des SG über das einstweilige Rechtsschutzverfahren S 3 KR 704/05 ER verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld über den 13. Februar 2005 hinaus.
Versicherte haben nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehen eines Krankengeldanspruches bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat (st. Rspr. des BSG, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 37/06 R, SozR 4-2500 § 46 Nr. 2 m.w.N.). Da der Kläger vor dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit (§ 46b Abs. 1 Satz 2 SGB V) im Juli 2004 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) krankenversichert war, ist Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit nicht die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung. Ein in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist arbeitsunfähig iS von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat: Das Krankengeld stellt sich in der KVdA nicht als Ersatz für Ausfall des früher auf Grund Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelts, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit dar. Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind. Die Zumutbarkeit ist insoweit auch krankenversicherungsrechtlich an § 121 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (SGB III) zu messen. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit liegt deshalb im Regelfall vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten (zum Ganzen BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 21/05 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9 m.w.N.).
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger mindestens in der Zeit vom 14. Februar 2005 bis 8. Januar 2006 wieder in der Lage war, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Damit besteht auch kein nachgehender Anspruch auf Krankengeld gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Im Übrigen ist unerheblich, ob der Kläger z. B. ab dem 1. April 2005 möglicherweise nicht mehr in der Lage war, vollschichtig zu arbeiten. Denn eine Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld bestand ab dem 14. Februar 2005 nicht mehr, da der Kläger nicht mehr arbeitslos gemeldet war und auch keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nachgegangen ist. Rentner und Rentenantragsteller sind nur dann mit Anspruch auf Krankengeld versichert, wenn sie aus einer neben dem Rentenbezug ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, das der Beitragsberechnung unterlag (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 2/07 R, juris).
Der Kläger leidet an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD 10 F45.4). Dies folgt aus dem Gutachten des Dr. Malzacher vom 21. Januar 2008, das dieser für den 5. Senat des LSG Baden-Württemberg (L 5 R 3187/07) erstattet hat und das auf einer körperlichen Untersuchung des Klägers am 11. Januar 2008 beruht. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Gutachters an. Dr. Malzacher, bei dem der Kläger seit Frühjahr 2006 auch in Behandlung ist, hat sich in seinem Gutachten eingehend mit den vom Kläger vorgetragenen Beschwerden befasst. Er hat dabei - wie die anderen Ärzte, die den Kläger untersucht und behandelt haben auch - keinen organischen Befund erheben können, der die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden hätte erklären können. Damit hat er die bereits vom UKT im Jahre 2004 getroffene Einschätzung bestätigt. Damals ist das UKT zu dem Ergebnis gelangt, dass die zunächst aufgrund einer radiologischen Untersuchung geäußerte Diagnose einer lokalen Osteomyelitis nicht aufrechterhalten werden kann. Allerdings hat Dr. Malzacher auch die früher gestellten Diagnosen eines atypischen Gesichtsschmerzes und die Verdachtsdiagnose einer Trigemusneuralgie nicht bestätigen können. Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar und überzeugend begründet, dass beim Kläger die diagnostischen Voraussetzungen einer somatoformen Schmerzstörung erfüllt sind. Daneben hat er auch eine deutliche Auffälligkeit im Persönlichkeitsbereich im Sinne einer schizoiden Persönlichkeitsstörung festgestellt. Durch das Gutachten des Dr. Malzacher ist auch die vom behandelnden Arzt Dr. Schmidt bis zuletzt (Attest vom 21. September 2008, Bl. 180 der LSG-Akte) gestellte Diagnose eines chronischen neuropathischen Schmerzsyndroms widerlegt.
Der Senat geht ferner davon aus, dass die vom Sachverständigen gestellte Diagnose Auswirkungen auf die Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit des Klägers haben kann, aber nicht zwingend haben muss. Allein das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung begründet noch nicht eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Der Senat ist - insoweit abweichend von Dr. Malzacher - der Auffassung, dass die somatoforme Schmerzstörung nicht dazu geführt hat, dass der Kläger bereits im Februar und März 2005 nicht mehr in der Lage gewesen ist, einer leichten körperlichen Arbeit vollschichtig nachzugehen. Hierfür sprechen mehrere Gründe: Dr. Malzacher hat darauf hingewiesen, dass der Kläger weder eine Dauermedikation mit Schmerzmedikamenten noch eine andere Behandlung benötigt und die Schmerzen vom Kläger nur außerhalb des geschützten Lebensraums wahrgenommen würden (Gutachten Seite 27). Damit korrespondieren die Angaben des Schmerztherapeuten Dr. Suchowerskyj, bei dem der Kläger nur bis März 2005 in Behandlung war. Dr. Suchowerskyj hat gegenüber dem Senat ausgeführt, die von ihm verordnete Kombination der Medikamente Trevilor, Lyrica und Valoron in steigender Dosierung sei vom Kläger wegen der Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Obstipation nicht mit Freude genommen worden. Er habe sich mit dem Kläger auf den Verzicht des Opiats geeinigt und es durch Novalgin ersetzt. Mit Zögern habe der Kläger dieser Kombination eine geringe Befundverbesserung zugesprochen. Danach habe er ihn nicht mehr gesehen. Eine Schmerzbehandlung ist also nur vorübergehend und nur bis März 2005 durchgeführt worden.
Ferner lag noch bei der Untersuchung des Klägers im Januar 2008 durch Dr. Malzacher eine derart ausgeprägte Diskrepanz zwischen den Angaben starker Schmerzen und dem Untersuchungsverhalten des Klägers vor, dass der Sachverständige den Kläger hierauf angesprochen hat. Die vom Kläger vorgebrachte Erklärung, er sei es schon gewohnt, dass niemand seine Beschwerden verstehe oder ernst nehme, begründen erhebliche Zweifel am Vorliegen starker Schmerzen. Zwar sind Schmerzen nicht objektivierbar, aber auch subjektiv empfundene, organisch nicht begründbare Schmerzen erzeugen einen Leidensdruck beim Betroffenen, der beim Kläger offensichtlich nicht ohne weiteres erkennbar war.
Hinzu kommt, dass Dr. Neher, der den Kläger im Auftrag des SG (S 10 R 4533/05) am 20. November 2006 untersucht und begutachtet hat, eine somatoforme Schmerzstörung zwar in Betracht gezogen hat, dafür zum damaligen Zeitpunkt aber keine ausreichenden Belege für eine solche Diagnose hat finden können. Folgerichtig ist er in seinem Gutachten vom 21. November 2006 zum dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch leichte Arbeiten ohne Kälte-, Nässe- und Zugluftexpositionen weiterhin vollschichtig verrichten kann. Der Senat hält diese Beurteilung für überzeugend und ist deshalb der Ansicht, dass der Kläger auch im November 2006 noch nicht arbeitsunfähig war. Dadurch ist auch die von Dr. Malzacher im vom Kläger vorgelegten Attest vom 20. November vertretene Ansicht, dass beim Kläger bezüglich der Beschwerden seit 12. Juli 2004 keine Befundänderung eingetreten sei, widerlegt. Dr. Neher besitzt als Nervenarzt und Facharzt für Psychotherapie die zur Feststellung einer somatoformen Schmerzstörung erforderliche Sachkunde. Die unterschiedliche Beurteilung des zeitlichen Leistungsvermögens durch Dr. Malzacher einerseits und durch Dr. Neher andererseits lässt sich unschwer mit einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers erklären. Diesem Gesichtspunkt hat auch der Kläger im Rentenverfahren Rechnung getragen, indem er dem vom Rentenversicherungsträger gemachten Vorschlag, den Eintritt des Leistungsfall der Erwerbsminderung erst am 11. Januar 2008 anzunehmen, zugestimmt hat. Dem steht nicht entgegen, dass er dies nur aus prozessökonomischen Gründen getan haben will.
Die Auffassung des Klägers, die Beklagte (und damit auch das Gericht) sei an die vom MDK getroffene Beurteilung gebunden, teilt der Senat nicht. Zwar bestimmen § 62 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 19 Abs. 3 Bundesmantelvertrag -Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä), dass das Gutachten des MDK zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich verbindlich ist. Diese Bindungswirkung beschränkt sich aber, wie sich aus § 62 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 19 Abs. 4 EKV-Ä ergibt, auf das Verhältnis zwischen Vertragsarzt und MDK. Die Krankenkassen und die Gerichte sind hieran nicht gebunden. Gleiches gilt für § 7 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien; vgl. hierzu LSG für das Land Niedersachsen, Beschluss vom 21. Oktober 1999, L 4 Kr 23/99 NZB, Breithaupt 2000, 269). Eine Verbindlichkeit des MDK-Gutachtens ist auch in § 275 SGB V nicht bestimmt.
Der Sachverhalt ist ausreichend aufgeklärt; weitere Ermittlungen waren nicht mehr notwendig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nach der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung maßgeblich auf die Arbeitsfähigkeit des Klägers im Frühjahr 2005 ankommt. Da er bei Dr. Malzacher erst etwa ein Jahr später in Behandlung war, brauchte dieser nicht als sachverständiger Zeuge gehört werden. Die nach § 109 SGG im Schriftsatz vom 27. Oktober 2008 erstmals - und in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember wiederholt - beantragte gutachtliche Anhörung des Dr. Malzacher wird abgelehnt, weil die Zulassung dieses Antrages die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und der Antrag zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist (§ 109 Abs. 2 SGG). Da der Kläger die Anhörung des Dr. Malzacher bereits im Rentenverfahren vor dem 5. Senat des LSG beantragt hatte, hätte er denselben Antrag zum damaligen Zeitpunkt auch im vorliegenden Verfahren stellen können. Im Übrigen hat der Senat das im Rentenrechtsstreit eingeholte Gutachten des Dr. Malzacher bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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