L 5 R 5976/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 1196/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5976/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen Nr. 1 gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4.6.2007 werden zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen Nr. 1.

Die 1949 geborene Beigeladene Nr. 1 ist gelernte Verkäuferin und hat das Fachabitur absolviert; im Anschluss daran war sie kurze Zeit als Sekretärin und Disponentin tätig (SG-Akte S. 84). Am 16.7.1996 gab sie eine Gewerbeanmeldung für den Vertrieb von Erzgebirgischer Volkskunst, Kunstgewerbe und am 20.7.2001 zusätzlich für gastronomische Tätigkeiten ab (SG-Akte S. 35, 36).

Am 26.2.2002 stellte die Beigeladene Nr. 1 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie gab an, seit 1998 übe sie ein "Promotions- und Service Gewerbe" als Kleinunternehmen aus. Die Tätigkeit bestehe in "telefonischen Akquisen und Promotions", sowie in servicetechnischen Tätigkeiten auf Messen und sonstigen Veranstaltungen. Auftraggeber seien die Klägerin sowie die Firmen P. und Blumenteam-Lotos. Sie erhalte nicht mindestens 5/6 ihrer gesamten Einkünfte von einem ihrer Auftraggeber. Arbeitnehmer beschäftige sie nicht. Mit Ausnahme der Tätigkeit für die Fa. P. arbeite sie nicht am Betriebssitz des Auftraggebers. Regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten müsse sie nicht einhalten. Weisungen hinsichtlich der Ausführung ihrer Tätigkeit würden ihr nicht erteilt. Ohne ihre Zustimmung könne der Auftraggeber ihr Einsatzgebiet nicht verändern. Die Arbeitsleistung müsse sie persönlich erbringen, weshalb sich die Frage nach dem Einsatz von Vertretern oder Hilfskräften nicht stelle. Der Kapitaleinsatz sei naturgemäß gering. Die Preise gestalte sie selbst. Über die Auftragsannahme entscheide sie ebenfalls selbst; nicht akzeptable Aufträge würden abgelehnt.

Auf das (auch an die Klägerin gerichtete) Anhörungsschreiben der Beklagten vom 23.4.2002 (die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen) trug die Beigeladene Nr. 1 unter dem 7.5.2002 (Verwaltungsakte S. 10) ergänzend vor, sie habe mit der Klägerin einen Vertrag über eine freie Mitarbeit geschlossen. Bei der Wahl von Arbeitsort und Arbeitszeit sei sie absolut frei. Auch über die Annahme oder Ablehnung von Aufträgen könne sie frei entscheiden. Arbeitsmaterialien, wie etwa Kellnermesser oder Arbeitskleidung, würden nicht gestellt. Erfülle sie einen bestätigten Auftrag nicht, müsse sie mit Schadensersatzansprüchen rechnen. Für etwaige Schäden bei der Ausführung eines Auftrags hafte sie selbst. Feste Vorgaben für die monatlich auszuführenden Aufträge gebe es nicht; in manchen Monaten nehme sie keine Aufträge der Klägerin an. Außerdem sei sie, wie bereits angegeben, auch für andere Auftraggeber als die Klägerin tätig.

Mit an die Klägerin und die Beigeladene Nr. 1 gerichteten Bescheiden vom 7.6.2002 (Verwaltungsakte S. 12, 16) stellte die Beklagte fest, dass die von der Beigeladenen Nr. 1 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Servicekraft im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet werde. Die Beigeladene Nr. 1 sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden. Ihr würden einseitig im Wege des Direktionsrechts eines Arbeitgebers Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, und Ort der Tätigkeit sowie der Art und Weise ihrer Durchführung erteilt. Die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen. Im an die Klägerin gerichteten Bescheid ist ergänzend ausgeführt, die (außer der Beigeladenen Nr. 1) bei ihr als Servicekraft, Koch bzw. Teamleiter beschäftigten Personen unterlägen dem Grunde nach der Sozialversicherungspflicht. Nähere Feststellungen, etwa zum Vorliegen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, habe die Einzugsstelle zu treffen.

Am 19.6.2002 bzw. am 1.8.2002 legten die Klägerin und die Beigeladene Nr. 1 Widerspruch ein. Die Beigeladene Nr. 1 trug vor, sie sei über ihren Ehemann sozialversichert. Die Klägerin machte geltend (Verwaltungsakte S. 30), den Auftragnehmern (wie der Beigeladenen Nr. 1) werde der gewünschte Ablauf der jeweiligen Veranstaltung mitgeteilt, worauf sie den Beginn der Leistung anhand des detaillierten Programms selbst festlegten. Das Veranstaltungsende hänge, wie in der Gastronomie üblich, davon ab, wann die Gäste den Veranstaltungsort verließen. Die Auftragnehmer könnten Aufträge jederzeit ablehnen. Für die Arbeitskleidung sowie Küchenkleinmaterial müsse der Auftragnehmer selbst sorgen. Teilweise würden auch ihr, der Klägerin, Materialien (bspw. Gläser) von ihrem Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Die Auftragnehmer, wie die Beigeladene Nr. 1, setzten ausschließlich ihre Arbeitskraft ein und arbeiteten außerdem für mehrere Auftraggeber. Deshalb sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beigeladene Nr. 1 als Angestellte ihres, der Klägerin, Unternehmens eingestuft werde.

Nachdem die Beklagte der Beigeladenen Nr. 1 mit Schreiben vom 4.8.2003 (Verwaltungsakte S. 33) mitgeteilt hatte, der von ihr eingelegte Widerspruch sei verspätet, entschied sie mit an die Beigeladene Nr. 1 gerichtetem Bescheid vom 30.10.2003, dass der Statusfeststellungsbescheid vom 7.6.2002 nicht (gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X) zurückgenommen werde; er sei rechtmäßig (Verwaltungsakte S. 35). Am 14.12.2003 legte die Beigeladene Nr. 1 auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein (Verwaltungsakte S. 39).

Mit an die Klägerin und die Beigeladene Nr. 1 gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 31.3.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, es komme nicht darauf an, dass die Beigeladene Nr. 1 für mehrere Auftraggeber tätig sei; jedes Vertragsverhältnis sei für sich zu beurteilen. Die Beigeladene Nr. 1 setze ihre Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg ein, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit gezahlt werde. Die Bezahlung allein nach dem Arbeitserfolg schließe das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Ein mit einem entsprechenden Verlustrisiko verbundener Kapitaleinsatz finde nicht statt. Außerdem würden lediglich untergeordnete Arbeiten verrichtet, was eher für die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers (der Klägerin) spreche. Die Beigeladene Nr. 1 werde auch ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig. Sie trete nach außen als deren Mitarbeiterin auf und werde im allgemeinen Geschäftsverkehr nicht als Selbstständige wahrgenommen. Die Bereitstellung eigener Arbeitskleidung bzw. eines eigenen Pkws oder Telefons begründe kein Unternehmerrisiko. Die Widerspruchsbescheide wurden der Klägerin und der Beigeladenen Nr. 1 durch am 31.3.2004 zur Post gegebene Einschreiben zugestellt.

Am 3.5.2004 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim. Sie wiederholte ihr bisheriges Vorbringen. Die Beigeladene Nr. 1 sei in ihre Arbeitsorganisation nicht eingegliedert. Die Entwicklung der jeweiligen Veranstaltung (etwa hinsichtlich der Zahl der Gäste) sei nicht immer vorhersehbar, weshalb die Beigeladene Nr. 1 hierauf selbst zu reagieren habe. Sie trage auch ein eigenes Unternehmerrisiko, da sie sich um Aufträge kümmern müsse. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sei ebenso wenig vereinbart wie ein Urlaubsanspruch. Kündigungsschutz genieße die Beigeladene Nr. 1 nicht.

Im weiteren Verfahren legte die Klägerin einen mit der Beigeladenen Nr. 1 geschlossenen "Rahmenvertrag über eine freie Mitarbeit" vom 3.1.2002 (SG-Akte S. 29) vor. Darin ist u. a. vereinbart, dass der Auftragnehmer (Beigeladene Nr. 1) servicetechnische Durchführungen der Gästeverpflegung bei von dem Auftraggeber (Klägerin) übernommenen Veranstaltungen - ohne die Pflicht zur Übernahme des Auftrags und bei freier Gestaltung der Tätigkeit – übernimmt (Nr. 1 und 2 des Vertrags). Soweit ein Auftrag angenommen wird, ist der Auftragnehmer an Weisungen nur insoweit gebunden, als diese den unmittelbaren Gegenstand des Auftrags betreffen; auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit der Tätigkeit ist Rücksicht zu nehmen (Nr.2.2 des Vertrags). Projektbezogene Zielvorgaben sind ebenso wie zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderliche fachliche Vorgaben einzuhalten (Nr. 2.3. des Vertrags). Die Arbeitsleistung ist höchstpersönlich zu erbringen; die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen bedarf der Zustimmung der Klägerin (Nr. 3.1.1 des Vertrags). Die Vergütung erfolgt auf Basis eines Stundensatzes von 15,30 EUR nach Maßgabe monatlich erstellter Rechnungen (Nr. 5, 7, 8 des Vertrags). Die Beigeladene Nr. 1 haftet für schuldhaft verursachte Schäden (Nr. 11 des Vertrags; Gewährleistungsregelung Nr. 4 des Vertrags). Sie darf während der Vertragsdauer nicht auf eigene Rechnung und auf Rechnung Dritter bei Kunden der Klägerin tätig werden (Nr. 12.2 des Vertrags). Der Vertrag beginnt am 1.1.2002 und endet ohne automatische Verlängerung am 31.12.2002.

Die Klägerin machte ergänzend geltend, sie erlange mit ihrem Firmennamen die Aufträge zur Durchführung der Gästeverpflegung bei Veranstaltungen. Die Auftragnehmer (wie u. a. die Beigeladene Nr. 1) erbrächten sodann die jeweiligen Leistungen unter ihrem, der Klägerin "Deckmantel", jedoch auf eigene Verantwortung. Kennzeichen eines solchen im allgemeinen Wirtschaftsverkehr erfolgreichen Systems müsse gerade punktuelle Weisungsgebundenheit, Kontrolle und Eingliederung sein. Deshalb dürfe es auf das Merkmal der Weisungsgebundenheit für den sozialversicherungsrechtlichen Status hier nicht allein ausschlaggebend ankommen. Der Sachverhalt gleiche den Rechtsbeziehungen zwischen einem General- und einem Subunternehmer im Baugewerbe. Ihre, der Klägerin, Tätigkeit sei im weitergehenden Sinne als "Vermittlung" anzusehen. Die Gültigkeit des Rahmenvertrags hänge von einer Gewerbeanmeldung der Beigeladenen Nr. 1 ab. Die Abgabe einer Gewerbeanmeldung indiziere das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Beigeladene Nr. 1 müsse sich bei Krankheit oder Urlaub grundsätzlich nicht abmelden und hafte für Schäden uneingeschränkt; bei Arbeitnehmern sei dies nicht der Fall. Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit oder Arbeitsort würden nicht erteilt. Außerdem dürfe die Beigeladene Nr. 1 eigene Mitarbeiter einstellen oder einsetzen. Aus der Tätigkeit für ihr, der Klägerin, Unternehmen habe die Beigeladene Nr. 1 unter 50 Prozent ihres Umsatzes erzielt. Die Bezahlung erfolge auf der Grundlage von Rechnungen, die die Beigeladene Nr. 1 ausstelle. Diese müsse das Entgelt auch als Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit versteuern, was vorliegend geschehen sei (Steuerbescheid 2002: Einkünfte aus Gewerbebetrieb 11.666 EUR, SG-Akte S. 40). Das zuständige Finanzamt habe die Beigeladene Nr. 1 als Selbständige angesehen; das sei für die Beklagte verbindlich. Diese habe außerdem andere von ihr, der Klägerin, beschäftigte Servicekräfte ebenfalls als Selbstständige eingestuft und handele daher widersprüchlich (Statusbescheide vom 14.11.2003, 8.11.2002 bzw. 25.1.2005, SG-Akte S. 44, 45, 52; vgl. auch LVA Hessen vom 26.1.2000, SG-Akte S. 53; Stellungnahme vom 5.2.2000 zur Einstufung eines Mietkochs als Selbständigen, SG-Akte S. 48, sowie eine Stellungnahme vom 7.5.2002, SG-Akte S. 87); die Beklagte habe insoweit die Anmeldung eines Gewerbes (als Mietkoch), die Abführung von Umsatzsteuer und die Ausgestaltung von Veranstaltungen hinsichtlich der gastronomischen Betreuung sowie die organisatorische Betreuung von Restaurants und Großküchen für ausschlaggebend erachtet.

Die Beigeladene Nr. 1 gab unter dem 21.10.2004 (SG-Akte S. 37) an, von der Klägerin sei sie nicht abhängig; von ihr stammten etwa 30 Prozent ihrer Aufträge.

Die Beklagte trug vor, dass Aufträge nur kurzfristig und bei Bedarf vergeben würden, diene allein der Kostenminimierung für die Klägerin. Eine bedarfsgerechte Tätigkeit (bspw. von Saisonkräften oder Wochenend- und Aktionshelfern) schließe das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht aus. Die Klägerin erhalte von ihren Kunden Aufträge für die Durchführung von Veranstaltungen. Damit stünden Einsatzort und Einsatzzeitraum fest und würden der Beigeladenen Nr. 1 vorgegeben. Diese könne, anders als die Klägerin, die Modalitäten der Leistungserbringung nicht mitbestimmen. Vielmehr delegiere die Klägerin die von ihr begründeten Verpflichtungen lediglich an die Beigeladene Nr. 1. Bei der tatsächlichen Leistungserbringung könne die Beigeladene Nr. 1 ihre Service- und Kellnertätigkeit nicht mehr maßgeblich ausgestalten. Sie sei mit der Bedienung der Gäste betraut und nicht mit der Organisation der Veranstaltung, der Einstellung von Personal oder der Bestellung von Waren und Ausrüstung. Unter den gegebenen Umständen sei bedeutsam, dass zur Leistungserbringung Kapital in erheblichem Maße für eigene Betriebsmittel und eigene Mitarbeiter (der Beigeladenen Nr. 1) nicht erforderlich sei. Dadurch schieden größere Spielräume bei der Auftragserfüllung und der Preisgestaltung aus. Das mit der Durchführung der Veranstaltung verbundene Risiko (Mitarbeitereinsatz, Kostenkalkulation, Einkauf der Waren) trage die Klägerin und nicht die Beigeladene Nr. 1. Diese werde vielmehr nach festen Pauschalen vergütet und setze ihre Arbeitskraft somit nicht mit ungewissem Erfolg ein; sie trage das für Arbeitnehmer typische Entgeltrisiko, jedoch kein Unternehmerrisiko. Außerdem nehme nur die Klägerin Kontakt zu den Kunden auf und vereinbare mit diesen sämtliche Auftragsmodalitäten. Die Klägerin erhalte ihr Honorar von dem Auftraggeber und entlohne die Beigeladene Nr. 1 nach Rechnungslegung und Controlling. Im Rahmenvertrag vom 3.1.2002 sei der Beigeladenen Nr. 1 (unter Nr. 12.2) ausdrücklich untersagt, auf eigene Rechnung tätig zu werden. Damit würden letztendlich nur Pflichten der Klägerin gegenüber deren Kunden auf die Beigeladene Nr. 1 übertragen.

Bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der von der Klägerin eingesetzten Arbeitskräfte sei im Übrigen nicht widersprüchlich verfahren worden. Eine als Selbstständige eingestufte Servicekraft habe beim Arbeitsamt einen Catering-Service angemeldet und eigenes Personal angestellt; sie übernehme einen kompletten Auftrag der Klägerin und sei zuständig (u. a.) für den Auf- und Abbau von Tischen sowie den Einsatz ihrer (eigenen) Mitarbeiter. Gegenstand der anderen von der Klägerin angeführten Verwaltungsverfahren sei die Beurteilung der Versicherungspflicht Selbständiger gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) gewesen. Dabei finde eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit selbst nicht statt, wenn aus den Antragsunterlagen ersichtlich sei, dass die Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungspflicht - u. a. wegen des Tätigwerdens für mehrere Auftraggeber - nicht vorlägen; man habe alle Anträge abgelehnt, da die Antragsteller angegeben hätten, für mehrere Auftraggeber zu arbeiten. Die Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 1 sei mit der Tätigkeit eines Mietkochs nicht zu vergleichen; außerdem habe man hierzu nur eine unverbindliche Stellungnahme abgegeben und ein Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt.

Am 4.9.2006 fand eine nicht-öffentliche Erörterungsverhandlung vor dem Sozialgericht statt. Die Vertreterin der Klägerin und die Beigeladene Nr. 1 gaben übereinstimmend an, derzeit bestehe keine Geschäftsbeziehung mehr; den letzten Auftrag habe die Beigeladene Nr. 1 im Frühjahr 2005 erhalten. Die Beigeladene Nr. 1 habe keine Aufträge der Klägerin mehr annehmen wollen. Sie habe auch für die Firma P., eine Weinhandlung, sowie für ein Blumenteam auf Messen gearbeitet. Mittlerweile sei sie u. a. für ein Kommunikations- und Trainingscenter der Dresdner Bank in K. tätig; dabei handele es sich um eine Veranstaltungsbetreuungstätigkeit.

Weiter wurde angegeben, dass die Klägerin fest angestelltes Personal sowohl in Voll- wie in Teilzeit beschäftige. Bei ihr seien 25 bis 30 Mitarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Hinzukämen etwa 50 "Minijobber" und etwa bei 20 bis 30 freie Mitarbeiter. Die Klägerin übernehme bundesweit Aufträge. Dem Servicepersonal werde keine Kleidung gestellt. Man erwarte, dass es in schwarzem Rock bzw. schwarzer Hose und weißer Bluse arbeite. Die Beigeladene Nr. 1 verfüge über eigenes Kellnerbesteck, das sie bei der Abwicklung von Aufträgen benutze. Sie sei fast immer bei kleineren Veranstaltungen eingesetzt worden. Die Kunden der Klägerin stellten zu 99 Prozent eigenes Geschirr und eigene Gläser bereit. Die Klägerin selbst verfüge über entsprechendes Material für Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen.

Die Beigeladene Nr. 1 habe von der Klägerin ungefähr 50 Angebote pro Jahr erhalten. Es könne sein, dass sie durchschnittlich 3 Aufträge im Monat angenommen habe; genaueres lasse sich nicht mehr feststellen. Es sei ein Stundenlohn von 15,30 EUR zuzüglich Fahrkostenpauschale vereinbart gewesen. Die Beigeladene Nr. 1 habe immer mindestens vier Arbeitsstunden und die Fahrkostenpauschale abgerechnet. Ein in Vollzeit versicherungspflichtig beschäftigter Servicemitarbeiter erhalte einen Bruttolohn zwischen 1,600 EUR und 1.700 EUR. Ein freier Mitarbeiter, der einen Auftrag annehme und sodann nicht zum Termin erscheine, mache sich schadensersatzpflichtig. Dazu sei es - allerdings nicht bei der Beigeladenen Nr. 1 - in der Vergangenheit bereits gekommen.

Die Klägerin führe Veranstaltungen für mindestens 2 bis höchstens 3.000 Personen durch. Bei der Ausführung eines Auftrags finde im Regelfall vorab eine Abstimmung mit den Mitarbeitern statt. Vor Ort würden dann häufig fest angestellte Servicemitarbeiter sowie freie Mitarbeiter tätig. Letzteren werde regelmäßig ein bestimmter Bereich, etwa die Bar oder das Buffet, zugeordnet. Außenstehende könnten nicht erkennen, welche Tätigkeiten von fest angestellten und welche von freien Mitarbeitern ausgeführt würden; das Auftreten sei nach außen hin einheitlich. Es sei auch nicht erkennbar, ob Personal der Klägerin oder eigenes Personal des jeweiligen Kunden eingesetzt werde.

Die Klägerin trug hierzu abschließend vor, die in der nicht-öffentlichen Erörterungsverhandlung getroffenen Feststellungen bestätigten, dass die Beigeladene Nr. 1 nicht versicherungspflichtig beschäftigt (gewesen) sei. In diesem Sinne habe die Beklagte auch in anderen, völlig gleich gelagerten Fällen entschieden. Das Bundesarbeitsgericht habe beispielsweise einen Buffetier als Selbstständigen eingestuft (NJW 2002,2411). Die Beigeladene Nr. 1 habe keineswegs nur einfache Tätigkeiten verrichtet, sondern Dienste geleistet, die eine einschlägige Qualifikation und Erfahrung voraussetzten (Qualifikationsbeschreibung SG-Akte S. 97). Zwischen ihr und der Beigeladenen Nr. 1 sei (zur Abwicklung des jeweiligen Auftrags) jeweils ein Werkvertrag, nicht jedoch ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Die Beigeladene Nr. 1 habe eigenes Kellnerbesteck benutzt und für die Abwicklung von Büroarbeiten ihr eigenes Telefon bzw. einen eigenen Computer verwendet. In ihren, der Klägerin, Betrieb sei sie nicht eingegliedert gewesen. Eine laufende Überwachung ihrer Arbeit habe nicht stattgefunden; das sei auch praktisch nicht möglich. Die Beigeladene Nr. 1 hätte sich bei Erbringung ihrer Leistung durch Dritte vertreten lassen dürfen. Sie sei seinerzeit für bis zu 8 verschiedene Auftraggeber tätig gewesen. Die vorliegende Fallgestaltung sei mit dem Sachverhalt, der dem Urteil des BSG vom 28.1.1999 (- B 3 KR 2/98 R -: bei Fernsehproduktionen selbstständig tätiger Regieassistent) zu Grunde gelegen habe, vergleichbar.

Mit (ohne mündliche Verhandlung ergangenem) Urteil vom 4.6.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Im Urteilstatbestand ist festgestellt, dass sowohl die Klägerin wie die Beigeladene Nr. 1 die Aufhebung der im Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheide und die Feststellung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen Nr. 1 nicht vorgelegen habe, beantragt haben. Im Übrigen bezog sich das Sozialgericht auf die Gründe des Widerspruchsbescheids vom 31.3.2004 (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) und führte ergänzend aus, nicht maßgeblich sei, dass der Beigeladenen Nr. 1 weder Erholungsurlaub noch Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz zugestanden worden sei und dass sie - was im Gastronomiebereich häufig anzutreffen sei - eigenes Kellnerbesteck bzw. einen eigenen PKW und eigene Arbeitskleidung benutzt habe. Auch auf das Vorliegen einer Gewerbeanmeldung oder den abgeschlossenen Rahmenvertrag über eine freie Mitarbeit komme es ausschlaggebend nicht an. Im Rahmenvertrag getroffene Vereinbarungen hätten Rechtswirkung vielfach nur, wenn tatsächlich eine abhängige Beschäftigung nicht vorliege. Die Beigeladene Nr. 1 sei bei der Klägerin aber abhängig beschäftigt gewesen. Sie habe als Servicekraft Arbeiten verrichtet, die typischerweise von Arbeitnehmern geleistet würden. Die Tätigkeit der Beigeladenen Nr. 1 habe sich in nichts von der Arbeit der bei der Klägerin fest angestellten Mitarbeiter unterschieden. Nach außen sei sie nicht als Selbstständige in Erscheinung getreten, sei vielmehr als Mitarbeiterin der Klägerin wahrgenommen worden. Ein Unternehmerrisiko habe sie nicht getragen; auch am wirtschaftlichen Erfolg bzw. Misserfolg einer Veranstaltung sei sie nicht beteiligt gewesen. Das Risiko, dass ein Kunde (der Klägerin) eine durchgeführte Veranstaltung nicht bezahle, habe die Klägerin und nicht die Beigeladene Nr. 1 getragen. Ihr fest vereinbarter und nicht von Veranstaltung zu Veranstaltung neu auszuhandelnder Stundenlohn sowie die Fahrkostenpauschale wären davon nicht berührt worden. Das Recht der Beigeladenen Nr. 1, Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen, stelle das Direktionsrecht der Klägerin nach Annahme eines Auftrags nicht in Frage. Mit der Festlegung von Ort und Dauer der Veranstaltung seien weitere Weisungen hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit naturgemäß entbehrlich geworden. Die Beigeladene Nr. 1 habe auch nicht frei darüber entscheiden können, ob sie etwa an der Getränkeausgabe, an der Bier- oder Sektbar oder beim Reichen von Imbissen habe arbeiten wollen. Dies sei im Interesse eines reibungslosen Veranstaltungsablaufs vorher abgesprochen worden. Die von der Beigeladenen Nr. 1 verrichteten (untergeordneten) Tätigkeiten würden im Übrigen häufig von ungelernten Kräften nach kurzer Einarbeitungszeit (etwa von Studenten) ausgeführt; auch diese würden nicht als Selbstständige neben zahlreichen anderen Selbstständigen tätig. Unerheblich sei, dass die Beigeladene Nr. 1 nicht vollschichtig gearbeitet habe. Gerade in der Gastronomie würden Arbeitnehmer vielfach nur stunden- oder tageweise oder an Wochenenden bzw. saisonal beschäftigt. Sollte die Beklagte in vergleichbaren Fällen zu Unrecht eine selbstständige Erwerbstätigkeit angenommen haben, könnte die Klägerin daraus Rechte für sich nicht ableiten.

Auf das ihr am 20.11.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4.12.2007 Berufung eingelegt. Die Beigeladene Nr. 1, der das Urteil am 6.11.2007 zugestellt worden war, hat am 3.12.2007 ebenfalls Berufung eingelegt.

Die Klägerin wiederholt und bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Die Beigeladene Nr. 1 sei zur Übernahme von Aufträgen nicht verpflichtet gewesen und habe seit Frühjahr 2005 auch keine Aufträge (der Klägerin) mehr ausgeführt. Nach Annahme eines vermittelten Auftrags habe sie nicht weisungsgebunden gearbeitet, ihre Tätigkeit, etwa an der Bar oder am Buffet einer Veranstaltung, vielmehr völlig selbstständig nach einem eigenen Konzept ausgeübt. Daran ändere die naturgemäß notwendige Abstimmung im Vorfeld nichts. Hierfür seien Anweisungen nicht erteilt worden. Im Verlauf einer Veranstaltung auftretende Probleme - etwa im Zusammenhang mit einer geringeren oder zu großen Gästezahl - habe sie selbst bewältigen müssen. Allenfalls habe ein projektorientiertes und kein arbeitsvertragliches Weisungsrecht vorgelegen. Die Beigeladene Nr. 1 habe jeweils Werkverträge mit eigenen Arbeitsmitteln (Kellnerbesteck) erfüllt. Um Urlaub habe sie nicht nachsuchen müssen; auch Arbeitsunfähigkeit sei nicht anzuzeigen gewesen. Im Verhinderungsfall habe nach Absprache Ersatz angeboten oder der vermittelte Auftrag storniert werden können. Die Beigeladene Nr. 1 habe die Arbeitsleistung nicht in Person erbringen müssen, sei für mehrere Auftraggeber tätig gewesen und habe ein eigenes Haftungsrisiko getragen; außerdem habe sie sich selbst um Aufträge bemühen müssen. Beim Ausbleiben von Aufträgen oder zu geringem Gewinn wäre ihre Existenzgrundlage gefährdet gewesen. Falle eine geplante Veranstaltung aus, werde kein Honorar gezahlt. Daher habe die Beigeladene Nr. 1 auch ein Unternehmerrisiko getragen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim 4.6.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7.6.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.3.2004 zu verurteilen, festzustellen, dass die Beigeladene Nr. 1 bei ihr (der Klägerin) nicht in einem dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (als Servicekraft) gestanden hat.

Die Beigeladene Nr. 1 beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim 4.6.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids 30.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.3.2004 zu verurteilen, den Bescheid vom 7.6.2002 zurückzunehmen und festzustellen, dass sie bei der Klägerin nicht in einem dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (als Servicekraft) gestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; das gilt auch für die Berufung der Beigeladenen Nr. 1, die durch das angefochtene Urteil (materiell) beschwert ist und auch einen im ersten Rechtszug gestellten Antrag weiterverfolgt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG Vor § 143 Rdnr. 4a). Die Berufungen sind aber nicht begründet. Die Beklagte hat mit den Bescheiden vom 7.6.2002 rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beigeladene Nr. 1 im Unternehmen der Klägerin eine abhängige und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als gastronomische Servicekraft ausübt hat; sie hat es deswegen auch zu Recht abgelehnt, den an die Beigeladene Nr. 1 gerichteten Bescheid auf deren Antrag gem. § 44 SGB X zurückzunehmen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).

Davon ausgehend hat die Beklagte die Beigeladene Nr. 1 zutreffend als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte eingestuft. Der Senat nimmt hierfür zunächst auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§§ 153 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen Nr. 1 als gastronomische Servicekraft im Unternehmen der Klägerin.

Für die Beigeladene Nr. 1 ist - unbeschadet der Maßgeblichkeit der praktizierten Rechtsbeziehung - mit den im Rahmenvertrag über eine freie Mitarbeit vom 3.1.2002 getroffenen Vereinbarungen der Status einer selbständig Erwerbstätigen nicht zu begründen. So ist in diesem Vertrag (u.a.) festgelegt, dass die Beigeladene Nr. 1 Weisungen der Klägerin, die den jeweiligen Auftragsgegenstand unmittelbar betreffen, befolgen, auf die besonderen betrieblichen Belange der Klägerin Rücksicht nehmen sowie projektbezogene und fachliche Zielvorgaben einhalten muss. Bindungen dieser Art sind auch abhängig beschäftigte Arbeitnehmer bei der Erfüllung ihrer Pflichten aus einem Arbeitsvertrag unterworfen. Wie ein Arbeitnehmer muss die Klägerin die Arbeitsleistung nach Nr. 3.1.1 des Vertrags höchstpersönlich erbringen. Der Status eines selbständig tätigen (Sub-)Unternehmers ist demgegenüber regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass er zur Erfüllung eines übernommenen Auftrags – ohne besondere Erlaubnis des Auftraggebers - auch eigene Beschäftigte einsetzen darf; letzteres wäre beispielsweise bei einem Catering-Unternehmen mit eigenem Personal der Fall. Dass der Beigeladenen Nr. 1 bei der Arbeitsleistung vor Ort Freiräume eröffnet sind und sie im Ablauf einer Veranstaltung ggf. flexibel reagieren muss, ist durch die Eigenart der gastronomischen Servicetätigkeit bedingt und besagt für deren sozialversicherungsrechtliche Qualifikation wenig. Auch ansonsten werden Arbeitnehmern vielfach entsprechende, tätigkeits- und aufgabenbezogene Freiheiten eingeräumt, die das Weisungsrecht des Arbeitgebers etwa im Sinne eines "Auftragsprinzips" verfeinern, ohne dass die Arbeitnehmer deswegen selbst als Unternehmer einzustufen wären (vgl. etwa BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R – zu Diensten höherer Art). Die Vergütung der Beigeladenen Nr. 1 ist als von der jeweiligen Veranstaltung oder deren Umfang und Eigenart unabhängiger Stundenlohn (15,30 EUR/Stunde) und damit nicht als selbständig kalkulierter Preis einer Unternehmensleistung ausgestaltet. Sie unterscheidet sich damit der Sache nach nicht wesentlich von der Entlohnung abhängiger Servicekräfte in gastronomischen Betrieben; daran ändert der vereinbarte Abrechnungsmodus (Rechnungsstellung durch die Beigeladene Nr. 1) als vordergründig-formales Kriterium nichts. Schließlich ist die Unternehmerstellung der Beigeladenen Nr. 1 auch nicht mit dem im Vertrag vereinbarten Recht zur Ablehnung von Aufträgen zu begründen. Es steht dem Arbeitgeber frei, gerade bei anlass- oder saisonbedingten Einsätzen und bedarfsbezogenen Tätigkeiten im Bereich der Gastronomie auf Einsatzwünsche von Beschäftigten in größerem Maße Rücksicht zu nehmen, als das sonst üblich sein mag. Die Haftungsklausel in Nr. 11 des Vertrags qualifiziert die Beigeladene Nr. 1 ebenfalls nicht zur Unternehmerin. Mit der Abbedingung von Arbeitnehmerrechten (wie Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) bzw. der Verschärfung der Arbeitnehmerhaftung ist die Arbeitnehmereigenschaft selbst nicht zu beseitigen. Vielmehr steht – sollte in Wahrheit eine abhängige Beschäftigung vorliegen – die Gültigkeit solcher Abreden in Frage. Davon abgesehen setzt sich auch ein Arbeitnehmer, der die vereinbarte Arbeit verweigert, ggf. Haftungsansprüchen seines Arbeitgebers aus.

Die Anmeldung eines Gewebes oder die Versteuerung von Einkommen als Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit für sich allein stehen der Annahme eines dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Auch dabei handelt es sich lediglich um Indizien, die neben den übrigen, im jeweiligen Einzelfall maßgeblichen Abwägungsgesichtspunkten in die Gesamtwürdigung einfließen, deren Ergebnis aber nicht von vornherein festlegen können.

Gegen den Unternehmerstatus der Beigeladenen Nr. 1 spricht aus Sicht des Senats maßgeblich, dass sie ein eigenes Unternehmerrisiko während der Tätigkeit bei der Klägerin nicht getragen hat. Wagniskapital ist nicht eingesetzt worden. Die Verwendung eigener Arbeitskleidung oder eines eigenen PKW für Fahrten zur Arbeitsstätte ist insoweit ohne Belang und auch bei Arbeitnehmern vielfach üblich; nichts anderes gilt für die Verwendung eines privaten PC für etwaigen Schriftverkehr mit dem Arbeitgeber. Eigene Arbeitsmittel oder Ausrüstungsgegenstände, wie Geschirr oder Küchengerät, hat die Beigeladene Nr. 1 nicht in einem Maße eingebracht, das sie zur selbständigen Gastronomieunternehmerin bspw. nach Art der Inhaberin eines Catering-Betriebs qualifizieren könnte. Vielmehr ist das jeweils notwendige Material (wie Gläser) offenbar von den Auftraggebern der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Hierüber verfügte die Beigeladene Nr. 1, abgesehen von Küchenkleinmaterial oder Kellnerbesteck, auch gar nicht, während die Klägerin entsprechende Ausrüstungsgegenstände für Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen vorhält. Letztendlich bestand die Leistung der Beigeladenen Nr. 1 (eher arbeitnehmertypisch) allein im Einsatz der Arbeitskraft und nicht (eher unternehmertypisch) im (zusätzlichen) Einsatz von Kapital. Die Beigeladene Nr. 1 trug damit auch nur das für Arbeitnehmer typische Arbeitsplatz- und Lohnrisiko. Bei geschäftlichem Misserfolg oder Einnahmeausfällen der Klägerin drohte ihr nicht der Verlust eingesetzten Kapitals. Im Gegenzug waren ihr aber auch die Gewinnaussichten eines Unternehmers bei entsprechendem Erfolg am Markt, etwa infolge der Fähigkeit zu besonders kostengünstig kalkulierten und wettbewerbsfähigen Angeboten, nicht eröffnet.

Die Beigeladene Nr. 1 ist im Außenverhältnis gegenüber den Veranstaltungskunden auch nicht als selbständige (Sub-)Unternehmerin aufgetreten. Die Aufträge für gastronomische Leistungen (auf Veranstaltungen mit im Höchstfall bis zu 3000 Personen) werden allein der Klägerin erteilt. Nur diese tritt auf dem Markt als eigenständig agierende Unternehmerin in Erscheinung; sie kalkuliert die Preise der Unternehmensleistung nach Maßgabe (u.a.) ihrer Gestehungskosten und eines Unternehmensgewinns. Demgegenüber wird die Beigeladene Nr. 1 für die Klägerin (unter deren "Deckmantel" – so die Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren) tätig und von den Kunden auch als deren Mitarbeiterin wahrgenommen. Für ihre Arbeitsleistung wird ein Preis nicht kalkuliert. Statt dessen wird die Beigeladene Nr. 1 nach Maßgabe des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags im Rahmen eines Stundenlohns bezahlt. Die Tätigkeit der Klägerin erschöpft sich danach keineswegs in der Vermittlung von Aufträgen, da Auftragnehmer (für Aufträge der Veranstaltungskunden) jeweils die Klägerin selbst und nicht die Beigeladenen Nr. 1 ist.

Die Beigeladene Nr. 1 ist schließlich wie eine Arbeitnehmerin in den Betrieb der Klägerin tatsächlich eingegliedert. Die Klägerin hat im sozialgerichtlichen Verfahren auch ausdrücklich auf punktuelle Weisungsgebundenheit, Kontrolle und Eingliederung als Kennzeichen ihres im allgemeinen Wirtschaftsverkehr erfolgreichen Systems abgestellt. In diesem System setzt sie (u.a.) die Beigeladene Nr. 1 - zur Kostenminimierung möglichst eng bedarfsbezogenen – zur Abwicklung der Aufträge, die sie von den am Markt akquirierten Veranstaltungskunden erlangt, ein. Der Beigeladenen Nr. 1 sind Einsatzort und (naturgemäß abhängig vom Veranstaltungsverlauf) auch die Einsatzzeit sowie im Kern die Einsatzmodalitäten, regelmäßig im Rahmen einer Vorbesprechung vor der Veranstaltung, aufgetragen; dabei findet ggf. auch eine Einteilung für bestimmte Teile der jeweiligen Veranstaltung (Buffet- oder Barservice) statt. Mit der Organisation von Veranstaltungen oder der Bestellung der zu verkaufenden Waren (auf eigene Rechnung) und der Einsatzplanung (etwa des übrigen Personals) ist die Beigeladene Nr. 1 nicht betraut. Gemeinsam mit anderen Mitarbeitern der Klägerin erledigt sie lediglich die zur Erfüllung des übernommenen Auftrags erforderlichen Service- und Kellnerarbeiten bei der Bedienung der Veranstaltungsgäste. Größere Entscheidungsspielräume sind ihr bei dieser Tätigkeit nicht eröffnet, zumal sie ohnehin, wie eingangs dargelegt, an die unmittelbar den Gegenstand des Auftrags (der Tätigkeit) betreffenden Weisungen der Klägerin gebunden ist. Im Übrigen schließt die, je nach Fallgestaltung mehr oder weniger weitgehend eigenverantwortliche Erbringung der Arbeitsleistung das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses keineswegs aus. Viele Arbeitnehmer haben ihre Arbeit selbständig, flexibel und eigenverantwortlich und nicht unter laufender Überwachung und Anweisung zu leisten, ohne dass sie deshalb zum selbständig erwerbstätigen Unternehmer würden.

Abgesehen davon, dass die Klägerin (bzw. die Beigeladene Nr. 1) aus ggf. rechtswidrigen Statusentscheidungen in anderen Fällen für sich keine Rechte herleiten könnte, ist der Vorwurf, die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, ersichtlich nicht begründet. Die Beklagte hat bspw. eine offenbar für die Klägerin tätige Betreiberin eines eigenen Catering-Service, die auch eigenes Personal beschäftigt, als Selbständige eingestuft. Damit ist die Beigeladene Nr. 1 nicht zu vergleichen. Sie übernimmt für die Klägerin gerade nicht die komplette Abwicklung eines Auftrags nach Art eines im Gastronomiegewerbe tätigen Subunternehmers, sondern erbringt Arbeitsleistungen als abhängig beschäftigte gastronomische Servicekraft. Schließlich ist nicht ausschlaggebend, dass die Beigeladene Nr. 1 noch für andere Unternehmen gearbeitet hat; insoweit ist jede Tätigkeit für sich zu beurteilen.

Das Sozialgericht hat die Klage nach alledem zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin und der Beigeladenen Nr. 1 erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerin auf § 197a Abs. 1 SGG i.V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, da weder sie noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Beigeladenen Nr. 1 als Versicherter nach § 183 SGG sind Verfahrenskosten nicht aufzuerlegen, da die Voraussetzungen der §§ 197a Abs. 2 Satz 2, 192 SGG nicht erfüllt sind, insoweit hat die Beklagte bezüglich ihrer Berufung Pauschgebühren nach § 184 SGG zu entrichten. Die Beklagte trifft bezüglich der Gerichtskosten keine Kostenlast, sodass eine doppelte Heranziehung (zu Pauschgebühren und zu Gerichtskosten) nicht stattfindet. Die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen sind der Klägerin nicht aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Der Senat schließt sich (wie schon im Senatsurteil vom 11.10.2006 (- L 5 KR 3378/05 -) mit dieser kombinierten Kostenentscheidung der Rechtsauffassung des 3. Senats des BSG (Beschluss vom 26.07.2006, - B 3 KR 6/06 B -) an. Die Auffassung des 2. Senats (Beschluss vom 29.05.2006, - B 2 U 391/05 B -), wonach dann, wenn gegen ein Urteil mehrere Beteiligte Rechtsmittel einlegen, von denen einer zum kostenrechtlich begünstigten Personenkreis des § 183 SGG gehört und ein anderer nicht, sich die Kostenentscheidung in dem Rechtszug für alle Beteiligten einheitlich nach § 193 SGG richten soll, lehnt der Senat ab. Diese Auffassung führt dazu, dass die Frage, ob Gerichtskosten anfallen, von Beteiligten nicht im Voraus beantwortet werden kann. Es bliebe der Willkür eines Außenstehenden Dritten, etwa eines Beigeladenen, überlassen, durch Einlegung eines Rechtsmittels für den Wegfall der Gerichtskostenpflicht zu sorgen bzw. durch die Rücknahme einer Berufung wieder das Aufleben von Gerichtskosten zu bewirken. Die Auffassung des 2. Senats des BSG ermöglicht zudem in der Praxis Gestaltungsmöglichkeiten zu Lasten der Staatskasse, beispielsweise würden Streitigkeiten um Beitragsnachentrichtungen - wie hier - für den Arbeitgeber gerichtskostenfrei, wenn es ihm nur gelänge, einen seiner früheren oder derzeitigen Mitarbeiter zu bewegen, ein Rechtsmittel einzulegen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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