Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2143/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4745/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.9.2007 aufgehoben, soweit darin der Bescheid der Beklagten vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006 aufgehoben wurde. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen auf die Kapitalleistung einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung (Kapitallebensversicherung).
Der 1940 geborene Kläger ist als Rentner bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert; er bezieht seit Oktober 2004 Altersrente in Höhe von 1.221,56 EUR monatlich. Unter dem 9.12.2005 teilte die Allianz Lebensversicherungs-AG der Beklagten mit, an den Kläger sei am 1.11.2005 ein Betrag von 38.039,05 EUR als Kapitalleistung der betrieblichen Altersversorgung ausgezahlt worden. In Wahrheit hatte der Kläger eine Kapitalleistung von 39.248,21 EUR erhalten; hierüber hatte die Allianz Lebensversicherungs-AG im September 2005 eine an den Kläger gerichtete Mitteilung ausgestellt (Verwaltungsakte S. 15). Der niedrigere Betrag entspricht dem von der Allianz- Lebensversicherungs-AG dem Beschäftigungsverhältnis zugerechneten Teil der Kapitalleistung.
Unter dem 22.12.2005 gab der Kläger eine Erklärung ab, in der er die erhaltene Kapitalleistung mit 38.039,05 EUR bezifferte. Offenbar hatte er auf dem Erklärungsformular zunächst den ihm in Wahrheit tatsächlich zugeflossenen Betrag von 39.248,21 EUR eingetragen; diese Eintragung überschrieb er mit dem genannten geringeren Betrag.
Mit Bescheid vom 22.12.2005 setzte die Beklagte den vom Kläger ab 1.12.2005 auf die Kapitalleistung der Allianz Lebensversicherungs-AG zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag auf 46,60 EUR monatlich fest. Die Kapitalleistung gelte als Versorgungsbezug und sei damit beitragspflichtig. Sie werde für die Beitragsberechnung auf 10 Jahre umgelegt. In diesem Zeitraum gelte jeweils 1/120 des Gesamtbetrags als Ausgangswert für die Beitragsberechnung. Aus einem monatlichen beitragspflichtigen Versorgungsbezug von 316,99 EUR - errechnet auf der Grundlage einer Kapitalleistung von (nur) 38.039,05 EUR - ergebe sich bei Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes von 13,8 % zzgl des zusätzlichen Beitragssatzes von 0,9 % ein Krankenversicherungsbeitrag von 46,60 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 22.12.2005 (SG-Akte S. 7) wurde der Pflegeversicherungsbeitrag auf 6,18 EUR festgesetzt. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er mache Vertrauensschutz geltend, da bei Abschluss der Direktversicherung noch eine andere gesetzliche Regelung gegolten habe.
Da sich der Kläger und die Allianz Lebensversicherungs-AG (zunächst) weigerten, den wahren Zahlbetrag der Kapitalleistung anzugeben, ordnete die Beklagte unter dem 21.2.2006 an, dass die Beitragsbescheide vom 22.12.2005 (Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag) unter Vorbehalt gestellt würden. Es sei davon auszugehen, dass der tatsächliche (höhere) Auszahlungsbetrag verschwiegen werde. Man habe den Bescheiden vom 22.12.2005 daher vorsätzlich unvollständige Angaben zugrunde legen müssen und beabsichtige, diese Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, wenn die Rechtsauffassung der Krankenkassen höchstrichterlich bestätigt werde. Der Kläger müsse dann mit einer Nachforderung von Beiträgen ab Beginn des 10-Jahres-Zeitraums rechnen.
Der Kläger legte daraufhin am 24.2.2006 die Mitteilung der Allianz Lebensversicherungs-AG vom September 2005 vor, in dem der Zahlbetrag der Kapitalleistung mit 39.248,21 EUR angegeben worden war.
Mit Bescheiden vom 3.3.2006 setzte die Beklagte den ab 1.12.2005 aus der Kapitalleistung der Lebensversicherung zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag auf 48,08 EUR und den Pflegversicherungsbeitrag auf 6,38 EUR monatlich fest (monatlicher beitragspflichtiger Versorgungsbezug 327,07 EUR, errechnet auf der Grundlage einer Kapitalleistung von 39.248,21 EUR). Zu wenig gezahlte Beiträge (4,44 EUR Krankenversicherungsbeitrag) forderte sie unter Hinweis auf Auszüge aus dem Beitragskonto des Klägers nach. Den Bescheiden vom 3.3.2006 war außerdem ein Begleitschreiben vom gleichen Tag beigefügt. Darin ist ausgeführt, nachdem nachträglich die Bestätigung über die Auszahlung der Kapitalleistung vorgelegt worden sei, habe man eine endgültige Bescheiderteilung vornehmen können. Die Bescheide vom 3.3.2006 ersetzten die Bescheide vom 22.12.2005 sowie das Schreiben vom 21.2.2006. Die Nachforderung sei nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) rechtmäßig.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 12.4.2006 (Widerspruchsbescheid hinsichtlich des Pflegeversicherungsbeitrags SG-Akte S. 12) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, gem. § 237 i. V. m. § 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern neben der Rente auch rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) beitragspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung. Das gelte auch für kapitalisierte Leistungen. Diese seien Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V) gleichgestellt, wenn sie aufgrund eines Arbeitsverhältnisses entstanden seien; die (Renten-)Zahlung müsse im Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit stehen. Bei der dem Kläger ausgezahlten Kapitalleistung handele es sich um eine der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnende Direktversicherung. Deren Zahlbetrag sei der Beitragspflicht unterworfen, wobei nicht danach unterschieden werde, inwieweit die Versicherungsprämien während oder nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt worden seien. Auch der Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses sei unerheblich. Für die Festsetzung des Pflegeversicherungsbeitrags gälten die genannten Bestimmungen entsprechend (§§ 54 ff. Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI).
Am 2.5.2006 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg; das Sozialgericht möge die Bescheide vom 22.12.2005 bzw. 3.3.2006 (Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag, Verfahren S 11 KR 2143/06 bzw. S 5 P 2142/06) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.4.2006 aufheben und feststellen, dass auf die Kapitalleistung aus der Direktversicherung weder Kranken- noch Pflegversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Zur Begründung trug er vor, die einschlägige Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V sei wegen Verletzung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 14 GG verfassungswidrig.
Mit Beschluss vom 4.7.2006 ordnete das Sozialgericht das Ruhen des die Erhebung von Pflegeversicherungsbeiträgen betreffenden Klageverfahrens S 5 P 2142/06 an.
Nachdem die Beklagte den auf die Kapitalleistung zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag mit Bescheid vom 22.3.2007 (SG-Akte S. 17) infolge einer Beitragssatzänderung ab 1.4.2007 auf 50,37 EUR monatlich festgesetzt hatte, hob das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 18.9.2007 den (den Krankenversicherungsbeitrag betreffenden) Bescheid der Beklagten vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006 auf. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, eine Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses (§ 55 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig. Die Berechtigung der Klägerin zur Beitragserhebung werde im Zuge der gegen die Beitragsbescheide erhobenen Anfechtungsklage geklärt. Der Beitragsbescheid vom 3.3.3006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006) sei rechtswidrig. Mit diesem Bescheid sei der Bescheid vom 22.12.2005 abgeändert worden. Letzterer sei insoweit als begünstigender Verwaltungsakt i. S. d. § 45 Abs. 1 SGB X einzustufen, als darin der (Krankenversicherungs-)Beitrag zu niedrig festgesetzt worden sei. In dem Bescheid vom 3.3.2006 habe die Beklagte eine Ermessensentscheidung gem. § 45 SGB X zu Unrecht nicht getroffen; weder dieser Bescheid noch der Widerspruchsbescheid vom 12.4.2006 ließen Ermessenserwägungen erkennen. Im Übrigen sie die Klage aber unbegründet. Der Bescheid vom 22.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 12.5.2006) sei rechtmäßig. Nach Maßgabe des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V unterlägen nämlich auch Renten der betrieblichen Altersversorgung bzw. Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung der hier in Rede stehenden Art der Beitragspflicht (zur gesetzlichen Krankenversicherung). Bei der Direktversicherung handele es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer in Form einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitallebensversicherung, bei der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt seien. Die Versicherungsprämien würden pauschal versteuert und seien (im Rahmen eines jährlichen Höchstbetrags) in der Sozialversicherung beitragsfrei, wenn sie zum Arbeitsentgelt hinzuträten. Die Leistung aus der Direktversicherung sei Versorgungsbezug nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, auch wenn sie zum Teil oder auch ganz auf Beitragszahlungen des Arbeitnehmers beruhe (BSG, Urt. v. 13.9.2006, - B 12 KR 5/06 R -). Ein Verfassungsverstoß liege nach der Rechtsprechung des BSG nicht vor; das gelte auch, soweit die Beitragspflicht vor dem 1.1.2004 abgeschlossene Versicherungsverträge betreffe.
Gegen den ihr am 24.9.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 1.10.2007 Berufung eingelegt. Der Kläger, dem der Gerichtsbescheid am 21.9.2007 zugestellt worden war, hat am 11.10.2007 ebenfalls Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, sie habe Ermessen ausgeübt, dies für den Kläger allerdings nicht nachvollziehbar dokumentiert. Man hole dies nunmehr nach. Vor Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vom 22.12.2005 seien die widerstreitenden Interessen abzuwägen. Dem Interesse des Klägers, nicht rückwirkend mit höheren Beiträgen belastet zu werden, stehe das öffentliche Interesse an der Herstellung eines gesetzmäßigen Zustands und am Einzug der (geschuldeten) Beiträge gegenüber; letzteres gehe auch im Interesse der Gleichbehandlung aller Versicherten vor. Die Allianz Lebensversicherungs-AG komme ihrer Meldepflicht aus § 202 SGB V nicht in vollem Umfang nach und gebe die ausgezahlten Kapitalleistungen nur zum Teil an; deswegen habe man beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben (Verfahren S 4 KR 3579/05). Insoweit habe der vorliegende Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung, weshalb die Berufung zuzulassen sei.
Der Kläger bekräftigt sein bisheriges Vorbringen; die Festsetzung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf die Kapitalleistung sei verfassungswidrig. Zusätzliche Leistungsrechte erwüchsen ihm aus den Beiträgen nicht. Die möglicherweise stärkere Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen im Alter habe er durch hohe Versicherungsbeiträge während des Berufslebens abgegolten. Ergänzende Vorsorge zur Sicherung des Lebensstandards im Alter sei nicht mehr möglich. Infolge der Beiträge müsse er zusätzlich 6.535,20 EUR aufbringen (etwa 17 % der Kapitalleistung). Hätte er seinerzeit mit einer Beitragsbelastung gerechnet, hätte er auf andere – und dann beitragsfreie –Weise, etwa durch den Erwerb von Aktien oder Wohneigentum, Altersvorsorge betrieben. Die Kapitalleistung habe er vollständig verplant. Insgesamt seien die Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG bzw. der Vertrauensschutzgrundsatz verletzt. Damit habe sich das Sozialgericht nicht auseinandergesetzt.
Die Beklagte hat abschließend auf die Urteile des BSG vom 13.9.2006 (- B12 KR 1/06 R – und – B 12 KR 17/06 R -) und die Entscheidung des BVerfG vom 7.4.2008 (- 1 BvR 1924/07 -) hingewiesen, wonach die in Rede stehenden Bestimmungen verfassungsgemäß seien.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.9.2007 insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006 (über die Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen) aufgehoben wurde, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hat, nachdem ihn der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die verfassungsrechtlichen Probleme durch die Entscheidung des BVerfG vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 geklärt sind und der Senat gemäß § 31 BVerfGG an diese Entscheidung gebunden ist, seine Berufung zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Nach Rücknahme der Berufung des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats war nur noch über die Berufung der Beklagten zu entscheiden.
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Sie betrifft wiederkehrende Leistungen (ab 1.12.2005 zu zahlende Krankenversicherungsbeiträge) für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 3.3.2006 über die Neufestsetzung der ab 1.12.2005 geschuldeten Beiträge insgesamt, und nicht nur für die Zeit bis 28.2.2006 aufgehoben. Dass auf den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 28.2.2006 nur ein geringer, den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreichender Nachforderungsbetrag von 4,44 EUR entfällt, ist daher nicht maßgeblich. Die Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Der während des sozialgerichtlichen Verfahrens für die Zeit ab 1.4.2007 ergangene Beitragsbescheid vom 22.3.2007 ist gem. § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Verfahrens.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte den Bescheid vom 3.3.2006 nicht aufheben dürfen; er ist rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 3.3.2006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006) zu Unrecht aufgehoben. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Bei der rückwirkenden Neufestsetzung des zunächst mit Bescheid vom 22.12.2005 rechtswidrig zu niedrig festgesetzten Krankenversicherungsbeitrags muss die Beklagte zwar grundsätzlich den Vertrauensschutz des Versicherten nach näherer Maßgabe des § 45 SGB X wahren; dies ist hier aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise geschehen.
Der Bescheid vom 22.12.2005 über die Festsetzung des monatlichen Krankenversicherungsbeitrags, den der Kläger ab 1.12.2005 auf die Ablaufleistung der zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Kapitallebensversicherung zu zahlen hat, stellt als Verwaltungsakt mit Mischwirkung einen – auch – begünstigenden Verwaltungsakt i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar (zum Begriff des Verwaltungsakts mit Mischwirkung näher etwa VG Osnabrück, - 6 A 162/03 - (jugendhilferechtlicher Kostenbeitragsbescheid); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. II § 46 VII Rdnr. 24). Er spricht ausdrücklich zwar (nur) eine belastende Regelung aus, indem der zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag festgesetzt wird. Der Bescheid begründet daneben aber gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Recht des Beitragspflichtigen und enthält damit eine begünstigende Regelung insoweit, als er zugleich schlüssig festlegt, dass der Beitragspflichtige nicht nachträglich (bei gleichem Leistungsspektrum) zu einem höheren Beitrag herangezogen werden soll. Dies ergibt die Auslegung des Beitragsbescheids nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB (in entsprechender Anwendung). Aus Sicht des Klägers als Beitragspflichtigem soll mit dem nach Mitteilung der Ablaufleistung seiner Kapitallebensversicherung ergangenen Beitragsbescheid vom 22.12.2005 – vorbehaltlich etwaiger Anpassungen an veränderte Verhältnisse in der Zukunft (vgl. § 48 SGB X), wie geänderte Beitragssätze – nämlich abschließend über die an diesen Sachverhalt anknüpfende Beitragspflicht bzw. die Bemessung der aus der Kapitalzahlung geschuldeten Beiträge entschieden werden (vgl. Schütze in v. Wulffen, SGB X, § 45 Rn 24 m.w.N.; auch etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.3.2003, - L 16 KR 263/02 -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 19.10.2006, - L 5 ER 189/06 KR -; auch BVerwG, Urt. v. 2.9.1999, - 2 C 22/98 –, und Urt. v. 15.4.1983, - C 170/81 -; einschränkend OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.3.2001, - 16 A 4212/00 – (Elternbeiträge für Kindertagesstätte) unter Hinweis auf Rechtsgrundsätze des allgemeinen Abgabenrechts). Einen dem entgegenstehenden Vorbehalt enthält der Bescheid nicht. Einen solchen Vorbehalt hat die Beklagte erst nach Erlass des Bescheids vom 22.12.2005 durch gesonderten Bescheid vom 21.2.2006 ausgesprochen. Die Beiträge sind auch nicht nur vorläufig festgesetzt worden, wie dies bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V) in Betracht kommt (vgl. dazu Senatsurteil vom 30.7.2008, - L 5 KR 4645/07 - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG, etwa BSG, Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -).
Soweit der Bescheid vom 22.12.2005 danach (auch) eine begünstigende Regelung enthält, ist er rechtswidrig. Wie vom SG zutreffend entschieden wurde, ist die - gesamte, dem Kläger tatsächlich zugeflossene - Ablaufleistung der Kapitallebensversicherung zur Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags heranzuziehen (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V). Das ist mit dem Bescheid vom 22.12.2005 zu Unrecht nicht geschehen, weil der Zahlbetrag der Ablaufleistung zunächst wahrheitswidrig mit nur 38.039,05 EUR angegeben worden war, während der Kläger tatsächlich einen Betrag von 39.248,21 EUR erhalten hatte.
Die dem Kläger aus der Begünstigungswirkung des insoweit rechtswidrigen Bescheids vom 22.12.2005 erwachsene Rechtsstellung kann ihm nur unter Wahrung der Anforderungen des § 45 SGB X entzogen werden, wobei vor allem die Einschränkungen des § 45 Abs. 2 SGB X zu beachten sind. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauensschutz kann sich der Begünstigte (u.a.) nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X). Hier kommt Vertrauensschutz danach schon deshalb von vornherein nicht in Betracht, weil der Kläger die wahre Höhe der ihm zugeflossenen Kapitalleistung vorsätzlich verschwiegen und insoweit vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat und damit auch wusste, dass der Krankenversicherungsbeitrag im Bescheid vom 22.12.2005 nicht in zutreffender Höhe festgesetzt werden konnte.
Über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts entscheidet die Behörde gem. § 45 SGB X – auch bei Ausschluss von Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X - nach pflichtgemäßem Ermessen. Das gilt auch für die Rücknahme der in einem Verwaltungsakt mit Mischwirkung (schlüssig) ausgesprochenen Begünstigung. Die Behörde muss das ihr eröffnete Ermessen ausüben, der Entscheidung einen vollständigen und zutreffenden Sachverhalt zugrunde legen und die rechtlichen Grenzen des Ermessensspielraums wahren (näher etwa Meyer-Ladewig, SGG § 54 Rdnr. 29 ff.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss die dem schriftlichen Verwaltungsakt beizufügende Begründung auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 39 Abs. 1 SGB X). Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 SGB X bedarf es einer Begründung indessen nicht, soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne Weiteres erkennbar ist. Gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X kann eine erforderliche Begründung schließlich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
Hier liegt ein rechtlich beachtlicher Ermessensfehler nach Auffassung des Senats nicht vor. Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht ist der Bescheid vom 3.3.2006 nicht zu beanstanden. Offen bleiben mag, ob bei gegebener Sachlage eine andere Entscheidung als diejenige, die geschuldeten Beiträge nachträglich in gesetzlicher Höhe festzusetzen, rechtmäßig überhaupt hätte getroffen werden können; für eine anderweitige, dem Kläger günstige Ermessensausübung sind keinerlei Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, so dass eine Reduzierung des Ermessens "auf Null" nahe liegt. Der Beklagten kann jedenfalls nicht vorgeworfen werden, sie habe verkannt, dass ihr bei der nachträglichen Neufestsetzung des auf die Kapitalzahlung zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrags im Hinblick auf die Anwendung des § 45 SGB X grundsätzlich ein Ermessensspielraum eröffnet ist. Sie hat die genannte Bestimmung nämlich ausdrücklich in dem dem Bescheid vom 3.3.2006 beigefügten Begleitschreiben vom gleichen Tag angeführt und sich für die Rechtfertigung der Beitragsnachforderung auch hierauf berufen. Ihr war daher bewusst, dass sie mit dem Bescheid vom 3.3.2006 nicht nur eine gebundene Entscheidung über die Festsetzung bzw. Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags gem. §§ 232 Abs. 2 Satz 1, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V, sondern im Hinblick auf die nachträgliche Neufestsetzung des Beitrags und die Nachforderung von Beiträgen außerdem eine Ermessensentscheidung gem. § 45 SGB X getroffen hat. Diese konnte nach Lage der Dinge nur so ausfallen, dass der Gesetzmäßigkeit der Beitragsfestsetzung Vorrang vor den Interessen des Klägers einzuräumen war, nachdem dieser die ihm günstigere Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 22.12.2005 durch vorsätzlich falsche Angaben zur Höhe der ausgezahlten Lebensversicherungssumme erwirkt hat und – auch im Hinblick auf die marginale Beitragsdifferenz von 1,48 EUR monatlich – für die Aufrechterhaltung der Begünstigungswirkung des genannten Bescheids nichts angeführt werden kann.
Die Beklagte hatte das im Übrigen bereits im Bescheid vom 21.2.2006, in dem sie den Beitragsbescheid vom 22.12.2005 wegen der vorsätzlich unvollständigen Angaben des Klägers unter Widerrufsvorbehalt gestellt hat, unmissverständlich klar gemacht. Mag darin auch keine vorgezogene Ausübung des Rücknahmeermessens (§ 45 SGB X) liegen, so ist - in verfahrensrechtlicher Hinsicht - (auch) deswegen eine weitere schriftliche Darlegung von Ermessensgesichtspunkten im Bescheid vom 3.3.2006 gem. § 35 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 2 SGB X entbehrlich, da diese dem Kläger ohne Weiteres erkennbar waren.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtswirkungen Ermessensentscheidungen bzw. deren Begründung im Gerichtsverfahren nachgeholt oder Ermessensgründe ergänzt werden können, stellt sich vorliegend daher nicht (dazu etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.2.2008, - L 2 U 221/06 - und Urt. v. 20.3.2007, - L 2 U 46/03 - sowie Senatsurteil vom 10.12.2008, - L 5 KR 6060/07 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen auf die Kapitalleistung einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung (Kapitallebensversicherung).
Der 1940 geborene Kläger ist als Rentner bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert; er bezieht seit Oktober 2004 Altersrente in Höhe von 1.221,56 EUR monatlich. Unter dem 9.12.2005 teilte die Allianz Lebensversicherungs-AG der Beklagten mit, an den Kläger sei am 1.11.2005 ein Betrag von 38.039,05 EUR als Kapitalleistung der betrieblichen Altersversorgung ausgezahlt worden. In Wahrheit hatte der Kläger eine Kapitalleistung von 39.248,21 EUR erhalten; hierüber hatte die Allianz Lebensversicherungs-AG im September 2005 eine an den Kläger gerichtete Mitteilung ausgestellt (Verwaltungsakte S. 15). Der niedrigere Betrag entspricht dem von der Allianz- Lebensversicherungs-AG dem Beschäftigungsverhältnis zugerechneten Teil der Kapitalleistung.
Unter dem 22.12.2005 gab der Kläger eine Erklärung ab, in der er die erhaltene Kapitalleistung mit 38.039,05 EUR bezifferte. Offenbar hatte er auf dem Erklärungsformular zunächst den ihm in Wahrheit tatsächlich zugeflossenen Betrag von 39.248,21 EUR eingetragen; diese Eintragung überschrieb er mit dem genannten geringeren Betrag.
Mit Bescheid vom 22.12.2005 setzte die Beklagte den vom Kläger ab 1.12.2005 auf die Kapitalleistung der Allianz Lebensversicherungs-AG zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag auf 46,60 EUR monatlich fest. Die Kapitalleistung gelte als Versorgungsbezug und sei damit beitragspflichtig. Sie werde für die Beitragsberechnung auf 10 Jahre umgelegt. In diesem Zeitraum gelte jeweils 1/120 des Gesamtbetrags als Ausgangswert für die Beitragsberechnung. Aus einem monatlichen beitragspflichtigen Versorgungsbezug von 316,99 EUR - errechnet auf der Grundlage einer Kapitalleistung von (nur) 38.039,05 EUR - ergebe sich bei Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes von 13,8 % zzgl des zusätzlichen Beitragssatzes von 0,9 % ein Krankenversicherungsbeitrag von 46,60 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 22.12.2005 (SG-Akte S. 7) wurde der Pflegeversicherungsbeitrag auf 6,18 EUR festgesetzt. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er mache Vertrauensschutz geltend, da bei Abschluss der Direktversicherung noch eine andere gesetzliche Regelung gegolten habe.
Da sich der Kläger und die Allianz Lebensversicherungs-AG (zunächst) weigerten, den wahren Zahlbetrag der Kapitalleistung anzugeben, ordnete die Beklagte unter dem 21.2.2006 an, dass die Beitragsbescheide vom 22.12.2005 (Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag) unter Vorbehalt gestellt würden. Es sei davon auszugehen, dass der tatsächliche (höhere) Auszahlungsbetrag verschwiegen werde. Man habe den Bescheiden vom 22.12.2005 daher vorsätzlich unvollständige Angaben zugrunde legen müssen und beabsichtige, diese Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, wenn die Rechtsauffassung der Krankenkassen höchstrichterlich bestätigt werde. Der Kläger müsse dann mit einer Nachforderung von Beiträgen ab Beginn des 10-Jahres-Zeitraums rechnen.
Der Kläger legte daraufhin am 24.2.2006 die Mitteilung der Allianz Lebensversicherungs-AG vom September 2005 vor, in dem der Zahlbetrag der Kapitalleistung mit 39.248,21 EUR angegeben worden war.
Mit Bescheiden vom 3.3.2006 setzte die Beklagte den ab 1.12.2005 aus der Kapitalleistung der Lebensversicherung zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag auf 48,08 EUR und den Pflegversicherungsbeitrag auf 6,38 EUR monatlich fest (monatlicher beitragspflichtiger Versorgungsbezug 327,07 EUR, errechnet auf der Grundlage einer Kapitalleistung von 39.248,21 EUR). Zu wenig gezahlte Beiträge (4,44 EUR Krankenversicherungsbeitrag) forderte sie unter Hinweis auf Auszüge aus dem Beitragskonto des Klägers nach. Den Bescheiden vom 3.3.2006 war außerdem ein Begleitschreiben vom gleichen Tag beigefügt. Darin ist ausgeführt, nachdem nachträglich die Bestätigung über die Auszahlung der Kapitalleistung vorgelegt worden sei, habe man eine endgültige Bescheiderteilung vornehmen können. Die Bescheide vom 3.3.2006 ersetzten die Bescheide vom 22.12.2005 sowie das Schreiben vom 21.2.2006. Die Nachforderung sei nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) rechtmäßig.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 12.4.2006 (Widerspruchsbescheid hinsichtlich des Pflegeversicherungsbeitrags SG-Akte S. 12) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, gem. § 237 i. V. m. § 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern neben der Rente auch rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) beitragspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung. Das gelte auch für kapitalisierte Leistungen. Diese seien Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V) gleichgestellt, wenn sie aufgrund eines Arbeitsverhältnisses entstanden seien; die (Renten-)Zahlung müsse im Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit stehen. Bei der dem Kläger ausgezahlten Kapitalleistung handele es sich um eine der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnende Direktversicherung. Deren Zahlbetrag sei der Beitragspflicht unterworfen, wobei nicht danach unterschieden werde, inwieweit die Versicherungsprämien während oder nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt worden seien. Auch der Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses sei unerheblich. Für die Festsetzung des Pflegeversicherungsbeitrags gälten die genannten Bestimmungen entsprechend (§§ 54 ff. Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI).
Am 2.5.2006 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg; das Sozialgericht möge die Bescheide vom 22.12.2005 bzw. 3.3.2006 (Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag, Verfahren S 11 KR 2143/06 bzw. S 5 P 2142/06) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.4.2006 aufheben und feststellen, dass auf die Kapitalleistung aus der Direktversicherung weder Kranken- noch Pflegversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Zur Begründung trug er vor, die einschlägige Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V sei wegen Verletzung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 14 GG verfassungswidrig.
Mit Beschluss vom 4.7.2006 ordnete das Sozialgericht das Ruhen des die Erhebung von Pflegeversicherungsbeiträgen betreffenden Klageverfahrens S 5 P 2142/06 an.
Nachdem die Beklagte den auf die Kapitalleistung zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag mit Bescheid vom 22.3.2007 (SG-Akte S. 17) infolge einer Beitragssatzänderung ab 1.4.2007 auf 50,37 EUR monatlich festgesetzt hatte, hob das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 18.9.2007 den (den Krankenversicherungsbeitrag betreffenden) Bescheid der Beklagten vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006 auf. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, eine Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses (§ 55 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig. Die Berechtigung der Klägerin zur Beitragserhebung werde im Zuge der gegen die Beitragsbescheide erhobenen Anfechtungsklage geklärt. Der Beitragsbescheid vom 3.3.3006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006) sei rechtswidrig. Mit diesem Bescheid sei der Bescheid vom 22.12.2005 abgeändert worden. Letzterer sei insoweit als begünstigender Verwaltungsakt i. S. d. § 45 Abs. 1 SGB X einzustufen, als darin der (Krankenversicherungs-)Beitrag zu niedrig festgesetzt worden sei. In dem Bescheid vom 3.3.2006 habe die Beklagte eine Ermessensentscheidung gem. § 45 SGB X zu Unrecht nicht getroffen; weder dieser Bescheid noch der Widerspruchsbescheid vom 12.4.2006 ließen Ermessenserwägungen erkennen. Im Übrigen sie die Klage aber unbegründet. Der Bescheid vom 22.12.2005 (Widerspruchsbescheid vom 12.5.2006) sei rechtmäßig. Nach Maßgabe des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V unterlägen nämlich auch Renten der betrieblichen Altersversorgung bzw. Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung der hier in Rede stehenden Art der Beitragspflicht (zur gesetzlichen Krankenversicherung). Bei der Direktversicherung handele es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer in Form einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitallebensversicherung, bei der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt seien. Die Versicherungsprämien würden pauschal versteuert und seien (im Rahmen eines jährlichen Höchstbetrags) in der Sozialversicherung beitragsfrei, wenn sie zum Arbeitsentgelt hinzuträten. Die Leistung aus der Direktversicherung sei Versorgungsbezug nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, auch wenn sie zum Teil oder auch ganz auf Beitragszahlungen des Arbeitnehmers beruhe (BSG, Urt. v. 13.9.2006, - B 12 KR 5/06 R -). Ein Verfassungsverstoß liege nach der Rechtsprechung des BSG nicht vor; das gelte auch, soweit die Beitragspflicht vor dem 1.1.2004 abgeschlossene Versicherungsverträge betreffe.
Gegen den ihr am 24.9.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 1.10.2007 Berufung eingelegt. Der Kläger, dem der Gerichtsbescheid am 21.9.2007 zugestellt worden war, hat am 11.10.2007 ebenfalls Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, sie habe Ermessen ausgeübt, dies für den Kläger allerdings nicht nachvollziehbar dokumentiert. Man hole dies nunmehr nach. Vor Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vom 22.12.2005 seien die widerstreitenden Interessen abzuwägen. Dem Interesse des Klägers, nicht rückwirkend mit höheren Beiträgen belastet zu werden, stehe das öffentliche Interesse an der Herstellung eines gesetzmäßigen Zustands und am Einzug der (geschuldeten) Beiträge gegenüber; letzteres gehe auch im Interesse der Gleichbehandlung aller Versicherten vor. Die Allianz Lebensversicherungs-AG komme ihrer Meldepflicht aus § 202 SGB V nicht in vollem Umfang nach und gebe die ausgezahlten Kapitalleistungen nur zum Teil an; deswegen habe man beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben (Verfahren S 4 KR 3579/05). Insoweit habe der vorliegende Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung, weshalb die Berufung zuzulassen sei.
Der Kläger bekräftigt sein bisheriges Vorbringen; die Festsetzung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf die Kapitalleistung sei verfassungswidrig. Zusätzliche Leistungsrechte erwüchsen ihm aus den Beiträgen nicht. Die möglicherweise stärkere Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen im Alter habe er durch hohe Versicherungsbeiträge während des Berufslebens abgegolten. Ergänzende Vorsorge zur Sicherung des Lebensstandards im Alter sei nicht mehr möglich. Infolge der Beiträge müsse er zusätzlich 6.535,20 EUR aufbringen (etwa 17 % der Kapitalleistung). Hätte er seinerzeit mit einer Beitragsbelastung gerechnet, hätte er auf andere – und dann beitragsfreie –Weise, etwa durch den Erwerb von Aktien oder Wohneigentum, Altersvorsorge betrieben. Die Kapitalleistung habe er vollständig verplant. Insgesamt seien die Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG bzw. der Vertrauensschutzgrundsatz verletzt. Damit habe sich das Sozialgericht nicht auseinandergesetzt.
Die Beklagte hat abschließend auf die Urteile des BSG vom 13.9.2006 (- B12 KR 1/06 R – und – B 12 KR 17/06 R -) und die Entscheidung des BVerfG vom 7.4.2008 (- 1 BvR 1924/07 -) hingewiesen, wonach die in Rede stehenden Bestimmungen verfassungsgemäß seien.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.9.2007 insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 3.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006 (über die Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen) aufgehoben wurde, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hat, nachdem ihn der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die verfassungsrechtlichen Probleme durch die Entscheidung des BVerfG vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 geklärt sind und der Senat gemäß § 31 BVerfGG an diese Entscheidung gebunden ist, seine Berufung zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Nach Rücknahme der Berufung des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats war nur noch über die Berufung der Beklagten zu entscheiden.
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Sie betrifft wiederkehrende Leistungen (ab 1.12.2005 zu zahlende Krankenversicherungsbeiträge) für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 3.3.2006 über die Neufestsetzung der ab 1.12.2005 geschuldeten Beiträge insgesamt, und nicht nur für die Zeit bis 28.2.2006 aufgehoben. Dass auf den Zeitraum vom 1.12.2005 bis 28.2.2006 nur ein geringer, den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreichender Nachforderungsbetrag von 4,44 EUR entfällt, ist daher nicht maßgeblich. Die Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Der während des sozialgerichtlichen Verfahrens für die Zeit ab 1.4.2007 ergangene Beitragsbescheid vom 22.3.2007 ist gem. § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Verfahrens.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte den Bescheid vom 3.3.2006 nicht aufheben dürfen; er ist rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 3.3.2006 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2006) zu Unrecht aufgehoben. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Bei der rückwirkenden Neufestsetzung des zunächst mit Bescheid vom 22.12.2005 rechtswidrig zu niedrig festgesetzten Krankenversicherungsbeitrags muss die Beklagte zwar grundsätzlich den Vertrauensschutz des Versicherten nach näherer Maßgabe des § 45 SGB X wahren; dies ist hier aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise geschehen.
Der Bescheid vom 22.12.2005 über die Festsetzung des monatlichen Krankenversicherungsbeitrags, den der Kläger ab 1.12.2005 auf die Ablaufleistung der zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Kapitallebensversicherung zu zahlen hat, stellt als Verwaltungsakt mit Mischwirkung einen – auch – begünstigenden Verwaltungsakt i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar (zum Begriff des Verwaltungsakts mit Mischwirkung näher etwa VG Osnabrück, - 6 A 162/03 - (jugendhilferechtlicher Kostenbeitragsbescheid); Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. II § 46 VII Rdnr. 24). Er spricht ausdrücklich zwar (nur) eine belastende Regelung aus, indem der zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag festgesetzt wird. Der Bescheid begründet daneben aber gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Recht des Beitragspflichtigen und enthält damit eine begünstigende Regelung insoweit, als er zugleich schlüssig festlegt, dass der Beitragspflichtige nicht nachträglich (bei gleichem Leistungsspektrum) zu einem höheren Beitrag herangezogen werden soll. Dies ergibt die Auslegung des Beitragsbescheids nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB (in entsprechender Anwendung). Aus Sicht des Klägers als Beitragspflichtigem soll mit dem nach Mitteilung der Ablaufleistung seiner Kapitallebensversicherung ergangenen Beitragsbescheid vom 22.12.2005 – vorbehaltlich etwaiger Anpassungen an veränderte Verhältnisse in der Zukunft (vgl. § 48 SGB X), wie geänderte Beitragssätze – nämlich abschließend über die an diesen Sachverhalt anknüpfende Beitragspflicht bzw. die Bemessung der aus der Kapitalzahlung geschuldeten Beiträge entschieden werden (vgl. Schütze in v. Wulffen, SGB X, § 45 Rn 24 m.w.N.; auch etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.3.2003, - L 16 KR 263/02 -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 19.10.2006, - L 5 ER 189/06 KR -; auch BVerwG, Urt. v. 2.9.1999, - 2 C 22/98 –, und Urt. v. 15.4.1983, - C 170/81 -; einschränkend OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.3.2001, - 16 A 4212/00 – (Elternbeiträge für Kindertagesstätte) unter Hinweis auf Rechtsgrundsätze des allgemeinen Abgabenrechts). Einen dem entgegenstehenden Vorbehalt enthält der Bescheid nicht. Einen solchen Vorbehalt hat die Beklagte erst nach Erlass des Bescheids vom 22.12.2005 durch gesonderten Bescheid vom 21.2.2006 ausgesprochen. Die Beiträge sind auch nicht nur vorläufig festgesetzt worden, wie dies bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V) in Betracht kommt (vgl. dazu Senatsurteil vom 30.7.2008, - L 5 KR 4645/07 - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG, etwa BSG, Urt. v. 22.3.2006, - B 12 KR 14/05 R -).
Soweit der Bescheid vom 22.12.2005 danach (auch) eine begünstigende Regelung enthält, ist er rechtswidrig. Wie vom SG zutreffend entschieden wurde, ist die - gesamte, dem Kläger tatsächlich zugeflossene - Ablaufleistung der Kapitallebensversicherung zur Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags heranzuziehen (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V). Das ist mit dem Bescheid vom 22.12.2005 zu Unrecht nicht geschehen, weil der Zahlbetrag der Ablaufleistung zunächst wahrheitswidrig mit nur 38.039,05 EUR angegeben worden war, während der Kläger tatsächlich einen Betrag von 39.248,21 EUR erhalten hatte.
Die dem Kläger aus der Begünstigungswirkung des insoweit rechtswidrigen Bescheids vom 22.12.2005 erwachsene Rechtsstellung kann ihm nur unter Wahrung der Anforderungen des § 45 SGB X entzogen werden, wobei vor allem die Einschränkungen des § 45 Abs. 2 SGB X zu beachten sind. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauensschutz kann sich der Begünstigte (u.a.) nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X). Hier kommt Vertrauensschutz danach schon deshalb von vornherein nicht in Betracht, weil der Kläger die wahre Höhe der ihm zugeflossenen Kapitalleistung vorsätzlich verschwiegen und insoweit vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat und damit auch wusste, dass der Krankenversicherungsbeitrag im Bescheid vom 22.12.2005 nicht in zutreffender Höhe festgesetzt werden konnte.
Über die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts entscheidet die Behörde gem. § 45 SGB X – auch bei Ausschluss von Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X - nach pflichtgemäßem Ermessen. Das gilt auch für die Rücknahme der in einem Verwaltungsakt mit Mischwirkung (schlüssig) ausgesprochenen Begünstigung. Die Behörde muss das ihr eröffnete Ermessen ausüben, der Entscheidung einen vollständigen und zutreffenden Sachverhalt zugrunde legen und die rechtlichen Grenzen des Ermessensspielraums wahren (näher etwa Meyer-Ladewig, SGG § 54 Rdnr. 29 ff.). In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss die dem schriftlichen Verwaltungsakt beizufügende Begründung auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 39 Abs. 1 SGB X). Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 SGB X bedarf es einer Begründung indessen nicht, soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne Weiteres erkennbar ist. Gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X kann eine erforderliche Begründung schließlich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
Hier liegt ein rechtlich beachtlicher Ermessensfehler nach Auffassung des Senats nicht vor. Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht ist der Bescheid vom 3.3.2006 nicht zu beanstanden. Offen bleiben mag, ob bei gegebener Sachlage eine andere Entscheidung als diejenige, die geschuldeten Beiträge nachträglich in gesetzlicher Höhe festzusetzen, rechtmäßig überhaupt hätte getroffen werden können; für eine anderweitige, dem Kläger günstige Ermessensausübung sind keinerlei Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, so dass eine Reduzierung des Ermessens "auf Null" nahe liegt. Der Beklagten kann jedenfalls nicht vorgeworfen werden, sie habe verkannt, dass ihr bei der nachträglichen Neufestsetzung des auf die Kapitalzahlung zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrags im Hinblick auf die Anwendung des § 45 SGB X grundsätzlich ein Ermessensspielraum eröffnet ist. Sie hat die genannte Bestimmung nämlich ausdrücklich in dem dem Bescheid vom 3.3.2006 beigefügten Begleitschreiben vom gleichen Tag angeführt und sich für die Rechtfertigung der Beitragsnachforderung auch hierauf berufen. Ihr war daher bewusst, dass sie mit dem Bescheid vom 3.3.2006 nicht nur eine gebundene Entscheidung über die Festsetzung bzw. Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags gem. §§ 232 Abs. 2 Satz 1, 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V, sondern im Hinblick auf die nachträgliche Neufestsetzung des Beitrags und die Nachforderung von Beiträgen außerdem eine Ermessensentscheidung gem. § 45 SGB X getroffen hat. Diese konnte nach Lage der Dinge nur so ausfallen, dass der Gesetzmäßigkeit der Beitragsfestsetzung Vorrang vor den Interessen des Klägers einzuräumen war, nachdem dieser die ihm günstigere Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 22.12.2005 durch vorsätzlich falsche Angaben zur Höhe der ausgezahlten Lebensversicherungssumme erwirkt hat und – auch im Hinblick auf die marginale Beitragsdifferenz von 1,48 EUR monatlich – für die Aufrechterhaltung der Begünstigungswirkung des genannten Bescheids nichts angeführt werden kann.
Die Beklagte hatte das im Übrigen bereits im Bescheid vom 21.2.2006, in dem sie den Beitragsbescheid vom 22.12.2005 wegen der vorsätzlich unvollständigen Angaben des Klägers unter Widerrufsvorbehalt gestellt hat, unmissverständlich klar gemacht. Mag darin auch keine vorgezogene Ausübung des Rücknahmeermessens (§ 45 SGB X) liegen, so ist - in verfahrensrechtlicher Hinsicht - (auch) deswegen eine weitere schriftliche Darlegung von Ermessensgesichtspunkten im Bescheid vom 3.3.2006 gem. § 35 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 2 SGB X entbehrlich, da diese dem Kläger ohne Weiteres erkennbar waren.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechtswirkungen Ermessensentscheidungen bzw. deren Begründung im Gerichtsverfahren nachgeholt oder Ermessensgründe ergänzt werden können, stellt sich vorliegend daher nicht (dazu etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.2.2008, - L 2 U 221/06 - und Urt. v. 20.3.2007, - L 2 U 46/03 - sowie Senatsurteil vom 10.12.2008, - L 5 KR 6060/07 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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