Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 9283/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2259/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1953 geborene Kläger hat den Beruf des Schlossers erlernt, den er von 1994 bis 1999 ausübte. Seitdem war er nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Von Januar 2000 bis einschließlich November 2004 ist jeder Monat mit Pflichtbeiträgen aufgrund des Bezuges von Sozialleistungen belegt. Zuletzt erhielt der Kläger aufgrund einer am 14. Juni 2004 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld vom 26. Juli 2004 bis 1. Dezember 2004. Vom 2. bis 30. November 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik S. G. in H., aus der er arbeitsfähig entlassen wurde.
Am 16. September 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Internisten Dr. S., der 1. rezidivierende Infiltrate im Bereich der linken Lunge am ehesten unspezifisch entzündlicher Genese bei Zustand nach Operlappenektomie links 7/2004 bei abszedierender Pneumonie, 2. eine chronisch-obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus, 3. Nacken-Schulter-Arm-Beschwerden und wiederkehrende intermittierende Gefühlsstörungen der rechten Hand nach Spondylodese C 5/6 und C 6/7 mit Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS), 4. Alkoholabusus mit Hinweisen auf distal betonte sensible Polyneuropathie im Bereich der Beine, 5. angegebene Gonalgien links mehr als rechts bei Kniegelenksverschleiß mit Innenmeniskus-Resektion 1997, 6. ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Verschleiß L3/4 und Skoliose sowie 7. eine Schwerhörigkeit beidseits (ausreichende Verständigung für Umgangssprache) diagnostizierte. Der Kläger könne in seinem Beruf nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Für grundsätzlich mindestens sechs Stunden täglich zumutbare leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs- und Haltungsapparates sowie Gefährdungs- und Belastungsfaktoren zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger noch in der Lage sei, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens machte der Kläger nähere Angaben zu seiner letzten beruflichen Tätigkeit und legte seinen Facharbeiterbrief als Stahlbauschlosser vor.
Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S. G. in H. vom 10. bis 21. August 2006, aus der der Kläger als arbeitsunfähig für die gelernte Tätigkeit als Stahlbauschlosser entlassen wurde. Leichte Tätigkeiten ohne dauerndes Stehen und Gehen, ohne gehäuftes Bücken, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne Überkopfarbeiten sowie ohne Exposition gegenüber inhalativen Gefährdungs- und Belastungsfaktoren seien vollschichtig zumutbar.
Mit Bescheid vom 26. April 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2004 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Kläger legte noch weitere ärztliche Unterlagen vor, aus denen sich nach der Beurteilung des Prüfarztes der Beklagten kein wesentlich neuer Sachverhalt ergab. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2006 wies daher die Beklagte den Widerspruch, soweit er über den Teilabhilfebescheid vom 26. April 2006 hinausging, zurück.
Der Kläger hat 4. Dezember 2006 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und beantragt, seine behandelnden Ärzte zu befragen und ein Gutachten einzuholen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Orthopäde Dr. K. hat angegeben, eine Beantwortung der Beweisfragen sei nicht möglich, da er den Kläger zuletzt im September 2003 untersucht habe. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. hat den Kläger noch für vier Stunden täglich leistungsfähig erachtet. Der Orthopäde Dr. M. hat am 11. Januar 2007 mitgeteilt, den Kläger am 26. September 2006 zuletzt behandelt zu haben. Der Kläger könne sämtliche leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Einnehmen einer gleichförmigen Körperhaltung und von Zwangshaltungen sowie ohne häufiges Bücken vollschichtig durchführen. Nach Einschätzung der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. T. wirken sich die auf pulmologischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht aus. Der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde K. hat schließlich angegeben, die Gesundheitsstörungen seien ohne wesentliche Auswirkungen bei leichten körperlichen Tätigkeiten ohne stärkere aerogene Belastungen wie Dämpfe, Staub und starke Temperaturschwankungen. Der Kläger könne diese Tätigkeiten sechs bis acht Stunden arbeitstäglich ausüben.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. H., Sozialmedizinischer Dienst der Beklagten, vorgelegt, wonach die sachverständigen Zeugenaussagen die Leistungseinschätzung der Beklagten bestätigten. Die allein abweichende Ansicht von Dr. P. sei unter Berücksichtigung der aktuellen Untersuchungsergebnisse nicht schlüssig nachvollziehbar.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat der Kläger seine Beschwerden im Einzelnen geschildert. Hierzu wird auf AS 104 der Akte des SG Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, denn er sei nicht voll erwerbsgemindert. Er sei vielmehr noch in der Lage, zumindest leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen. Die Kammer schließe sich im Wesentlichen der Einschätzung der behandelnden Ärzte sowie der bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten an. Hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beweglichkeit im Wesentlichen nicht eingeschränkt sei. Zwar bestünden erhebliche, auch nachvollziehbare Schmerzen, denen aber durch qualitative Einschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden könne. Der Kläger könne nur noch körperlich leichte Arbeiten ausüben, ihm müsse es möglich sein, die Haltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen in regelmäßigen Abständen zu wechseln. Das Heben und Tragen schwerer Lasten, gehäuftes Bücken sowie Überkopfarbeiten seien nicht mehr zumutbar. Die Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet seien ohne wesentliche Auswirkungen bei leichten körperlichen Tätigkeiten ohne stärkere aerogene Belastungen wie Dämpfe, Staub und starke Temperaturschwankungen. Die auf die orthopädischen und die internistischen Beschwerden zurückzuführenden qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens seien damit noch durch das Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst. Auch lägen keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwere spezifische Leistungseinschränkung vor.
Der Kläger hat gegen das ihm am 15. April 2008 zugestellte Urteil am 8. Mai 2008 Berufung eingelegt und dabei die Frage aufgeworfen, wie jemand vier bis sechs Stunden arbeiten könne, wenn er 24 Stunden mit Schmerzen auskommen müsse.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. März 2008 sowie den Bescheid vom 20. Januar 2006 aufzuheben, den Bescheid vom 26. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Kläger durch Dr. H. auf orthopädischem und durch Dr. M. auf internistisch-pulmologischem Fachgebiet begutachten lassen.
Dr. H. hat 1. eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule (LWS) bei mäßiggradiger Bandscheibendegeneration L5/S1 mit kleinerem mittigem Bandscheibenvorfall ohne Anzeichen einer Nervenwurzelschädigung, 2. gelegentliche schmerzhafte Funktionsstörungen der HWS mit vorübergehenden Schmerzen und Missempfindungen im rechten Arm nach Versteifung der Halssegmente C5/C6 und C6/C7 und diskreter Bandscheibendegeneration C4/C5 ohne eindeutige Hinweise auf eine begleitende Nervenwurzelschädigung und 3. witterungsabhängige kurzfristige Knieschmerzen links nach mehrfachen Kniespiegelungen mit Meniskusteilentfernungen (derzeit ohne objektive Anzeichen einer relevanten Knieerkrankung) diagnostiziert. Körperlich überwiegend leichte Tätigkeit seien durchaus mindestens sechs Stunden täglich bei fünf Tagen in der Woche zumutbar. Ausgeschlossen sei schweres Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges mittelschweres Heben und Tragen von Lasten, das Besteigen von Leitern und Gerüsten. Zu vermeiden seien langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, kniebelastende Arbeiten und Arbeiten auf unebenem oder rutschigem Gelände. Die Körperhaltung solle zwischen Sitzen, Gehen und Stehen gewechselt werden können, wobei ein stündlicher Wechsel ausreichend erscheine. Im Hinblick auf die Angaben des Klägers zu häufigem Fieber und Gewichtsabnahme sei eine allgemein-medizinisch/internistische Untersuchung durch den Hausarzt zu Lasten der Krankenkasse "aus fürsorglichen Gründen" erforderlich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehe aber keine Veranlassung davon auszugehen, dass diese Untersuchung einen schwerwiegenden chronischen Gesundheitsschaden aufdecken könnte, der die berufliche Belastbarkeit des Klägers über das beschriebene Ausmaß hinaus dauerhaft einschränke. Diese Untersuchung ist nachfolgend durch Dr. P. veranlasst worden, der die Befunde mitgeteilt hat (AS 48 der Senatsakte).
Dr. M. hat 1. einen Zustand nach Oberlappenresektion links wegen abszedierender Pneumonie 7/2004 ohne wesentliche lungenfunktionsanalytische Folgen, 2. eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit leicht- bis mittelgradiger Obstruktion und Lungenblähung im Sinne einer kombinierten Ventilationsstörung als typische Folge des langjährigen Nikotinabusus und 3. degenerative Knochenskelettveränderungen im Bereich der Wirbelsäule diagnostiziert. Eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens sei aus internistischer Sicht nicht zu begründen. Die von Dr. H. festgestellten Einschränkungen seien selbstverständlich zu berücksichtigen. Eine Arbeitsumgebung mit mehr als nur leichten inhalativen Belastungen sei nicht zumutbar. Ansonsten seien keine besonderen Arbeitsbedingungen notwendig.
Die Beteiligten sind dazu gehört worden, dass beabsichtigt sei, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S. 554). Dies folgt aus § 300 Abs. 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs. 1 SGB VI).
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert. Er ist vielmehr noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen zu verrichten.
Der Schwerpunkt der Erkrankungen des Klägers liegt auf orthopädischem Fachgebiet. Nach dem Gutachten von Dr. H., dem der Senat folgt, weil es nachvollziehbar und schlüssig ist, leidet der Kläger an einer schmerzhafte Funktionsstörung der LWS, die ihre Ursache wesentlich in einer Bandscheibendegeneration L5/S1 mit kleinerem mittigem Bandscheibenvorfall hat. Anzeichen einer Nervenwurzelschädigung bestehen aber nicht. Im Bereich der HWS kommt es zu gelegentlichen schmerzhaften Funktionsstörungen mit vorübergehenden Schmerzen und Missempfindungen im rechten Arm. Beim Kläger sind die Segmente C5/C6 und C6/C7 versteift worden, außerdem besteht eine diskrete Bandscheibendegeneration C4/C5. Auch insoweit fehlt es an eindeutigen Hinweisen auf eine begleitende Nervenwurzelschädigung. An den Knien sind witterungsabhängige kurzfristige Schmerzen links nachvollziehbar. Objektive Anzeichen einer relevanten Knieerkrankung lassen sich aber derzeit nicht feststellen. Diese Diagnosen stehen nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen, die sich aus der Begutachtung im Verwaltungsverfahren und aus den Mitteilungen der gehörten sachverständigen Zeugen ableiten lassen.
Der Senat folgt auch der Leistungseinschätzung von Dr. H., der diese schlüssig und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden und gestellten Diagnosen abgeleitet hat. Danach sind schweres Heben und Tragen von Lasten oder häufiges mittelschweres Heben und Tragen von Lasten dem Kläger dauerhaft nicht mehr zumutbar. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. bis 8 kg in Rumpfvor- oder Seitneigung ist aber durchaus noch möglich. Zwar soll ein langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule vermieden werden; ein gelegentliches kurzfristiges Bücken ist aber zumutbar. Gleiches gilt, wie Dr. H. dargelegt hat, für gelegentliches kurzfristiges Überstrecken der gesamten Wirbelsäule (bei Überkopfarbeiten). Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sind danach möglich. Im Hinblick auf die angegebenen, gelegentlich auftretenden Knieschmerzen sollten kniebelastende Arbeiten vermieden werden. Dem Kläger ist es also nicht mehr möglich, langfristig zu knien oder lange Zeit in der Hockstellung zu verbringen. Kurzfristiges gelegentliches Knien oder kurzfristiges gelegentliches Arbeiten in der Hockstellung erscheint dagegen zumutbar. Weiterhin scheidet das Steigen auf Leitern und Gerüste wegen erhöhter Sturzgefahr aus. Dies folgt aus der von neurologischer Seite festgestellten Polyneuropathie der Füße, die Dr. H. bei seiner Bewertung mit berücksichtigt hat. Treppensteigen im üblichen Umfang ist dem Kläger dagegen zumutbar. Der Kläger steigt nach seinen Angaben bei Dr. H. privat zumindest gelegentlich bis zu drei Stockwerke hinaus, wenn auch mit Pausen. Arbeiten auf unebenem oder rutschigem Gelände sind zu vermeiden, da hier eine erhöhte Sturzgefahr besteht.
Die Erkrankungen auf internistisch-lungenärztlichem Fachgebiet treten zu denjenigen auf orthopädischem Fachgebiet hinzu, wenn auch ihre Auswirkungen geringer sind. Der Senat folgt hier den Feststellungen im Gutachten von Dr. M., der den Kläger ausführlich untersucht und seinen Gesundheitszustand unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen gewürdigt hat. Danach besteht bei Kläger ein Zustand nach Oberlappenresektion links wegen abszedierender Pneumonie 7/2004 ohne wesentliche lungenfunktionsanalytische Folgen und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit leicht- bis mittelgradiger Obstruktion und Lungenblähung im Sinne einer kombinierten Ventilationsstörung als typische Folge des langjährigen Nikotinabusus. Eine bronchiale Hyperreagibilität, die zu einer Verengung der Atemwege führen könnte, hat Dr. M. nicht festgestellt. Weiterhin hat Dr. M. auf degenerative Knochenskelettveränderungen im Bereich der Wirbelsäule hingewiesen, welche aber bereits im Gutachten von Dr. H. angemessen berücksichtigt und bewertet worden sind.
Maßgeblich für die Leistungseinschränkung ist von den internistischen Gesundheitsbeeinträchtigungen nach Dr. M. lediglich die Lungenfunktionseinschränkung. Bei der von Dr. M. durchgeführten Belastungsuntersuchung hat der Kläger 50 Watt bewältigen können; nach 1 Minute bei 75 Watt ist die Untersuchung abgebrochen worden, allerdings nicht wegen internistischer Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern wegen Schmerzen im Bereich der Knie und des Kopfes. Insgesamt haben sich keinerlei Hinweise für eine Gasaustauschstörung unter Belastung gezeigt. Auch von Seiten des Herz-Kreislauf-Systems ist bei einer Herzfrequenz von 127 pro Minute - so Dr. M. - eine "Ausbelastung" nicht erreicht worden. Der von Dr. H. geäußerte Verdacht auf eine schwerwiegendere internistische Erkrankung, die sich durch die vom Kläger vorgebrachten Fieberschübe und seine Gewichtsabnahme zeigen würde, hat sich letztlich nicht bestätigt. Die von Dr. M. genannten, eher geringfügigen Abweichungen im Blutbild weisen auf ein solches schwereres internistisches Krankheitsgeschehen nicht hin.
Dr. M. hat nachvollziehbar und für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass leistungsherabsetzend in erster Linie die Leiden auf orthopädischem Fachgebiet sind. Die im Gutachten von Dr. H. aufgeführten qualitativen Einschränkungen sind auch aus seiner Sicht zu berücksichtigen, zusätzliche Einschränkungen aus internistischer, insbesondere aus pneumologischer Sicht, hat er verneint. Lediglich erhebliche inhalative Belastungen jeglicher Natur sollten am Arbeitsplatz ausgeschlossen sein. Dem folgt der Senat. Dass die lungenärztlichen Gesundheitsbeeinträchtigungen neben den orthopädischen für die Frage der Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht die entscheidende Bedeutung zukommt, folgt auch aus dem Hinweis von Dr. M., dass der derzeitige Zigarettenkonsum von 10 Zigaretten pro Tag erheblich belastender für das Bronchialsystem und die Lunge sei als die üblichen Belastungen am Arbeitsplatz.
Die Leistungseinschätzung der gerichtlichen Gutachter entspricht derjenigen der Gutachten im Verwaltungsverfahren, der vorliegenden Reha-Entlassungsberichte und der vom SG gehörten Ärzte. Soweit allein Dr. P. hiervon abweicht, hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass die festgestellten Befunde seine Leistungseinschätzung nicht tragen.
Der Kläger ist damit in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, Urteil vom 14. September 1995, a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die übrigen Beeinträchtigungen führen nicht zu einer außergewöhnlichen Summierung der Leistungseinschränkungen, die eine Verweisung notwendig machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1953 geborene Kläger hat den Beruf des Schlossers erlernt, den er von 1994 bis 1999 ausübte. Seitdem war er nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Von Januar 2000 bis einschließlich November 2004 ist jeder Monat mit Pflichtbeiträgen aufgrund des Bezuges von Sozialleistungen belegt. Zuletzt erhielt der Kläger aufgrund einer am 14. Juni 2004 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld vom 26. Juli 2004 bis 1. Dezember 2004. Vom 2. bis 30. November 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik S. G. in H., aus der er arbeitsfähig entlassen wurde.
Am 16. September 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Internisten Dr. S., der 1. rezidivierende Infiltrate im Bereich der linken Lunge am ehesten unspezifisch entzündlicher Genese bei Zustand nach Operlappenektomie links 7/2004 bei abszedierender Pneumonie, 2. eine chronisch-obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus, 3. Nacken-Schulter-Arm-Beschwerden und wiederkehrende intermittierende Gefühlsstörungen der rechten Hand nach Spondylodese C 5/6 und C 6/7 mit Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS), 4. Alkoholabusus mit Hinweisen auf distal betonte sensible Polyneuropathie im Bereich der Beine, 5. angegebene Gonalgien links mehr als rechts bei Kniegelenksverschleiß mit Innenmeniskus-Resektion 1997, 6. ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Verschleiß L3/4 und Skoliose sowie 7. eine Schwerhörigkeit beidseits (ausreichende Verständigung für Umgangssprache) diagnostizierte. Der Kläger könne in seinem Beruf nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Für grundsätzlich mindestens sechs Stunden täglich zumutbare leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs- und Haltungsapparates sowie Gefährdungs- und Belastungsfaktoren zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger noch in der Lage sei, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens machte der Kläger nähere Angaben zu seiner letzten beruflichen Tätigkeit und legte seinen Facharbeiterbrief als Stahlbauschlosser vor.
Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S. G. in H. vom 10. bis 21. August 2006, aus der der Kläger als arbeitsunfähig für die gelernte Tätigkeit als Stahlbauschlosser entlassen wurde. Leichte Tätigkeiten ohne dauerndes Stehen und Gehen, ohne gehäuftes Bücken, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne Überkopfarbeiten sowie ohne Exposition gegenüber inhalativen Gefährdungs- und Belastungsfaktoren seien vollschichtig zumutbar.
Mit Bescheid vom 26. April 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2004 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Kläger legte noch weitere ärztliche Unterlagen vor, aus denen sich nach der Beurteilung des Prüfarztes der Beklagten kein wesentlich neuer Sachverhalt ergab. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2006 wies daher die Beklagte den Widerspruch, soweit er über den Teilabhilfebescheid vom 26. April 2006 hinausging, zurück.
Der Kläger hat 4. Dezember 2006 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und beantragt, seine behandelnden Ärzte zu befragen und ein Gutachten einzuholen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Orthopäde Dr. K. hat angegeben, eine Beantwortung der Beweisfragen sei nicht möglich, da er den Kläger zuletzt im September 2003 untersucht habe. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. hat den Kläger noch für vier Stunden täglich leistungsfähig erachtet. Der Orthopäde Dr. M. hat am 11. Januar 2007 mitgeteilt, den Kläger am 26. September 2006 zuletzt behandelt zu haben. Der Kläger könne sämtliche leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Einnehmen einer gleichförmigen Körperhaltung und von Zwangshaltungen sowie ohne häufiges Bücken vollschichtig durchführen. Nach Einschätzung der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. T. wirken sich die auf pulmologischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht aus. Der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde K. hat schließlich angegeben, die Gesundheitsstörungen seien ohne wesentliche Auswirkungen bei leichten körperlichen Tätigkeiten ohne stärkere aerogene Belastungen wie Dämpfe, Staub und starke Temperaturschwankungen. Der Kläger könne diese Tätigkeiten sechs bis acht Stunden arbeitstäglich ausüben.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. H., Sozialmedizinischer Dienst der Beklagten, vorgelegt, wonach die sachverständigen Zeugenaussagen die Leistungseinschätzung der Beklagten bestätigten. Die allein abweichende Ansicht von Dr. P. sei unter Berücksichtigung der aktuellen Untersuchungsergebnisse nicht schlüssig nachvollziehbar.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat der Kläger seine Beschwerden im Einzelnen geschildert. Hierzu wird auf AS 104 der Akte des SG Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, denn er sei nicht voll erwerbsgemindert. Er sei vielmehr noch in der Lage, zumindest leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nachzugehen. Die Kammer schließe sich im Wesentlichen der Einschätzung der behandelnden Ärzte sowie der bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten an. Hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beweglichkeit im Wesentlichen nicht eingeschränkt sei. Zwar bestünden erhebliche, auch nachvollziehbare Schmerzen, denen aber durch qualitative Einschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden könne. Der Kläger könne nur noch körperlich leichte Arbeiten ausüben, ihm müsse es möglich sein, die Haltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen in regelmäßigen Abständen zu wechseln. Das Heben und Tragen schwerer Lasten, gehäuftes Bücken sowie Überkopfarbeiten seien nicht mehr zumutbar. Die Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet seien ohne wesentliche Auswirkungen bei leichten körperlichen Tätigkeiten ohne stärkere aerogene Belastungen wie Dämpfe, Staub und starke Temperaturschwankungen. Die auf die orthopädischen und die internistischen Beschwerden zurückzuführenden qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens seien damit noch durch das Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst. Auch lägen keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwere spezifische Leistungseinschränkung vor.
Der Kläger hat gegen das ihm am 15. April 2008 zugestellte Urteil am 8. Mai 2008 Berufung eingelegt und dabei die Frage aufgeworfen, wie jemand vier bis sechs Stunden arbeiten könne, wenn er 24 Stunden mit Schmerzen auskommen müsse.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. März 2008 sowie den Bescheid vom 20. Januar 2006 aufzuheben, den Bescheid vom 26. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Kläger durch Dr. H. auf orthopädischem und durch Dr. M. auf internistisch-pulmologischem Fachgebiet begutachten lassen.
Dr. H. hat 1. eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule (LWS) bei mäßiggradiger Bandscheibendegeneration L5/S1 mit kleinerem mittigem Bandscheibenvorfall ohne Anzeichen einer Nervenwurzelschädigung, 2. gelegentliche schmerzhafte Funktionsstörungen der HWS mit vorübergehenden Schmerzen und Missempfindungen im rechten Arm nach Versteifung der Halssegmente C5/C6 und C6/C7 und diskreter Bandscheibendegeneration C4/C5 ohne eindeutige Hinweise auf eine begleitende Nervenwurzelschädigung und 3. witterungsabhängige kurzfristige Knieschmerzen links nach mehrfachen Kniespiegelungen mit Meniskusteilentfernungen (derzeit ohne objektive Anzeichen einer relevanten Knieerkrankung) diagnostiziert. Körperlich überwiegend leichte Tätigkeit seien durchaus mindestens sechs Stunden täglich bei fünf Tagen in der Woche zumutbar. Ausgeschlossen sei schweres Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges mittelschweres Heben und Tragen von Lasten, das Besteigen von Leitern und Gerüsten. Zu vermeiden seien langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, kniebelastende Arbeiten und Arbeiten auf unebenem oder rutschigem Gelände. Die Körperhaltung solle zwischen Sitzen, Gehen und Stehen gewechselt werden können, wobei ein stündlicher Wechsel ausreichend erscheine. Im Hinblick auf die Angaben des Klägers zu häufigem Fieber und Gewichtsabnahme sei eine allgemein-medizinisch/internistische Untersuchung durch den Hausarzt zu Lasten der Krankenkasse "aus fürsorglichen Gründen" erforderlich. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehe aber keine Veranlassung davon auszugehen, dass diese Untersuchung einen schwerwiegenden chronischen Gesundheitsschaden aufdecken könnte, der die berufliche Belastbarkeit des Klägers über das beschriebene Ausmaß hinaus dauerhaft einschränke. Diese Untersuchung ist nachfolgend durch Dr. P. veranlasst worden, der die Befunde mitgeteilt hat (AS 48 der Senatsakte).
Dr. M. hat 1. einen Zustand nach Oberlappenresektion links wegen abszedierender Pneumonie 7/2004 ohne wesentliche lungenfunktionsanalytische Folgen, 2. eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit leicht- bis mittelgradiger Obstruktion und Lungenblähung im Sinne einer kombinierten Ventilationsstörung als typische Folge des langjährigen Nikotinabusus und 3. degenerative Knochenskelettveränderungen im Bereich der Wirbelsäule diagnostiziert. Eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens sei aus internistischer Sicht nicht zu begründen. Die von Dr. H. festgestellten Einschränkungen seien selbstverständlich zu berücksichtigen. Eine Arbeitsumgebung mit mehr als nur leichten inhalativen Belastungen sei nicht zumutbar. Ansonsten seien keine besonderen Arbeitsbedingungen notwendig.
Die Beteiligten sind dazu gehört worden, dass beabsichtigt sei, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S. 554). Dies folgt aus § 300 Abs. 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs. 1 SGB VI).
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert. Er ist vielmehr noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen zu verrichten.
Der Schwerpunkt der Erkrankungen des Klägers liegt auf orthopädischem Fachgebiet. Nach dem Gutachten von Dr. H., dem der Senat folgt, weil es nachvollziehbar und schlüssig ist, leidet der Kläger an einer schmerzhafte Funktionsstörung der LWS, die ihre Ursache wesentlich in einer Bandscheibendegeneration L5/S1 mit kleinerem mittigem Bandscheibenvorfall hat. Anzeichen einer Nervenwurzelschädigung bestehen aber nicht. Im Bereich der HWS kommt es zu gelegentlichen schmerzhaften Funktionsstörungen mit vorübergehenden Schmerzen und Missempfindungen im rechten Arm. Beim Kläger sind die Segmente C5/C6 und C6/C7 versteift worden, außerdem besteht eine diskrete Bandscheibendegeneration C4/C5. Auch insoweit fehlt es an eindeutigen Hinweisen auf eine begleitende Nervenwurzelschädigung. An den Knien sind witterungsabhängige kurzfristige Schmerzen links nachvollziehbar. Objektive Anzeichen einer relevanten Knieerkrankung lassen sich aber derzeit nicht feststellen. Diese Diagnosen stehen nicht im Widerspruch zu den Erkenntnissen, die sich aus der Begutachtung im Verwaltungsverfahren und aus den Mitteilungen der gehörten sachverständigen Zeugen ableiten lassen.
Der Senat folgt auch der Leistungseinschätzung von Dr. H., der diese schlüssig und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden und gestellten Diagnosen abgeleitet hat. Danach sind schweres Heben und Tragen von Lasten oder häufiges mittelschweres Heben und Tragen von Lasten dem Kläger dauerhaft nicht mehr zumutbar. Gelegentliches Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung bzw. bis 8 kg in Rumpfvor- oder Seitneigung ist aber durchaus noch möglich. Zwar soll ein langes Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule vermieden werden; ein gelegentliches kurzfristiges Bücken ist aber zumutbar. Gleiches gilt, wie Dr. H. dargelegt hat, für gelegentliches kurzfristiges Überstrecken der gesamten Wirbelsäule (bei Überkopfarbeiten). Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sind danach möglich. Im Hinblick auf die angegebenen, gelegentlich auftretenden Knieschmerzen sollten kniebelastende Arbeiten vermieden werden. Dem Kläger ist es also nicht mehr möglich, langfristig zu knien oder lange Zeit in der Hockstellung zu verbringen. Kurzfristiges gelegentliches Knien oder kurzfristiges gelegentliches Arbeiten in der Hockstellung erscheint dagegen zumutbar. Weiterhin scheidet das Steigen auf Leitern und Gerüste wegen erhöhter Sturzgefahr aus. Dies folgt aus der von neurologischer Seite festgestellten Polyneuropathie der Füße, die Dr. H. bei seiner Bewertung mit berücksichtigt hat. Treppensteigen im üblichen Umfang ist dem Kläger dagegen zumutbar. Der Kläger steigt nach seinen Angaben bei Dr. H. privat zumindest gelegentlich bis zu drei Stockwerke hinaus, wenn auch mit Pausen. Arbeiten auf unebenem oder rutschigem Gelände sind zu vermeiden, da hier eine erhöhte Sturzgefahr besteht.
Die Erkrankungen auf internistisch-lungenärztlichem Fachgebiet treten zu denjenigen auf orthopädischem Fachgebiet hinzu, wenn auch ihre Auswirkungen geringer sind. Der Senat folgt hier den Feststellungen im Gutachten von Dr. M., der den Kläger ausführlich untersucht und seinen Gesundheitszustand unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen gewürdigt hat. Danach besteht bei Kläger ein Zustand nach Oberlappenresektion links wegen abszedierender Pneumonie 7/2004 ohne wesentliche lungenfunktionsanalytische Folgen und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit leicht- bis mittelgradiger Obstruktion und Lungenblähung im Sinne einer kombinierten Ventilationsstörung als typische Folge des langjährigen Nikotinabusus. Eine bronchiale Hyperreagibilität, die zu einer Verengung der Atemwege führen könnte, hat Dr. M. nicht festgestellt. Weiterhin hat Dr. M. auf degenerative Knochenskelettveränderungen im Bereich der Wirbelsäule hingewiesen, welche aber bereits im Gutachten von Dr. H. angemessen berücksichtigt und bewertet worden sind.
Maßgeblich für die Leistungseinschränkung ist von den internistischen Gesundheitsbeeinträchtigungen nach Dr. M. lediglich die Lungenfunktionseinschränkung. Bei der von Dr. M. durchgeführten Belastungsuntersuchung hat der Kläger 50 Watt bewältigen können; nach 1 Minute bei 75 Watt ist die Untersuchung abgebrochen worden, allerdings nicht wegen internistischer Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern wegen Schmerzen im Bereich der Knie und des Kopfes. Insgesamt haben sich keinerlei Hinweise für eine Gasaustauschstörung unter Belastung gezeigt. Auch von Seiten des Herz-Kreislauf-Systems ist bei einer Herzfrequenz von 127 pro Minute - so Dr. M. - eine "Ausbelastung" nicht erreicht worden. Der von Dr. H. geäußerte Verdacht auf eine schwerwiegendere internistische Erkrankung, die sich durch die vom Kläger vorgebrachten Fieberschübe und seine Gewichtsabnahme zeigen würde, hat sich letztlich nicht bestätigt. Die von Dr. M. genannten, eher geringfügigen Abweichungen im Blutbild weisen auf ein solches schwereres internistisches Krankheitsgeschehen nicht hin.
Dr. M. hat nachvollziehbar und für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass leistungsherabsetzend in erster Linie die Leiden auf orthopädischem Fachgebiet sind. Die im Gutachten von Dr. H. aufgeführten qualitativen Einschränkungen sind auch aus seiner Sicht zu berücksichtigen, zusätzliche Einschränkungen aus internistischer, insbesondere aus pneumologischer Sicht, hat er verneint. Lediglich erhebliche inhalative Belastungen jeglicher Natur sollten am Arbeitsplatz ausgeschlossen sein. Dem folgt der Senat. Dass die lungenärztlichen Gesundheitsbeeinträchtigungen neben den orthopädischen für die Frage der Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht die entscheidende Bedeutung zukommt, folgt auch aus dem Hinweis von Dr. M., dass der derzeitige Zigarettenkonsum von 10 Zigaretten pro Tag erheblich belastender für das Bronchialsystem und die Lunge sei als die üblichen Belastungen am Arbeitsplatz.
Die Leistungseinschätzung der gerichtlichen Gutachter entspricht derjenigen der Gutachten im Verwaltungsverfahren, der vorliegenden Reha-Entlassungsberichte und der vom SG gehörten Ärzte. Soweit allein Dr. P. hiervon abweicht, hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass die festgestellten Befunde seine Leistungseinschätzung nicht tragen.
Der Kläger ist damit in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, Urteil vom 14. September 1995, a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die übrigen Beeinträchtigungen führen nicht zu einer außergewöhnlichen Summierung der Leistungseinschränkungen, die eine Verweisung notwendig machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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