Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 3557/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2518/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2008 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Regelleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Auf seinen Antrag vom 6. September 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 5. November 2004 für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in monatlicher Höhe von EUR 508,02 (Regelleistung EUR 345.-, Kosten der Unterkunft und Heizung EUR 163,02). Zur Begründung des dagegen am 14. Januar 2005 eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, der Paritätische Wohlfahrtsverband habe errechnet, dass ein Regelsatz mindestens EUR 412.- betragen müsse. Unter Berücksichtigung bislang nicht anerkannter Kosten der Unterkunft und Heizung betrage sein Gesamtbedarf daher monatlich EUR 627,28. Mit Änderungsbescheiden vom 12. und 16. März 2005 erhöhte die Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 15. Juni 2005 regelte die Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Bewilligungszeitraum neu, ohne eine Änderung der Regelleistung vorzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Höhe der Regelleistung sei in § 20 SGB II gesetzlich geregelt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mittlerweile entschieden, dass die Bemessung der Höhe der Regelleistung verfassungskonform sei.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Oktober 2007 Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf seinen Widerspruch verwiesen, wonach die Regelleistung gemäß den Berechnungen des Wohlfahrtsverbandes EUR 412.- betragen müsse, obwohl eine Heraufsetzung auf EUR 500.- sinnvoller gewesen wäre. Entgegen der Rechtsprechung des BSG reiche die Regelleistung zur Sicherung des Existenzminimums nicht aus. Er beantrage daher die Beklagte im genannten Sinne zu verurteilen, eine höhere Regelleistung zu gewähren.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2008 hat das Sozialgericht (SG) Mannheim die Klage abgewiesen. Mit dieser begehre der Kläger die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bei einer monatlichen Regelleistung von mindestens EUR 412.-. Streitgegenständlich sei nur der Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005; später ergangene Bewilligungsbescheide für sich anschließende Bewilligungszeiträume seien nicht, auch nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Kläger wende sich allein gegen die Höhe der Regelleistung, nicht jedoch gegen die der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Höhe der Regelleistung sei gesetzlich geregelt und daher für das Gericht bindend, solange es nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung überzeugt sei. Zu einer solchen Überzeugung sei das Gericht jedoch nicht gelangt. Nach der Rechtsprechung des BSG sowie verschiedener Landessozialgerichte stelle der Betrag von EUR 345.- monatlich bei zulässiger Typisierung das Mindestmaß des soziokulturellen Existenzminimums sicher. Nach der beigefügten Rechtsmittelbelehrung sei gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Gegen diesen ihm am 25. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.Mai 2008 Berufung eingelegt. Diese richte sich gegen die unzureichende Höhe der Regelleistung. Er stütze sein Begehren auf die Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes vom 17. Dezember 2004, wonach die Regelleistung EUR 412.- monatlich betragen müsse (Schreiben vom 6. September 2008). Ersatzweise sei, entsprechend dem Vorgehen des Hessischen Landessozialgerichts im dortigen Verfahren L 6 AS 336/07, ein Gutachten zur Höhe eines für Baden-Württemberg geltenden Regelsatzes einzuholen. Auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat der Kläger im Schreiben vom 23. September 2008 ausgeführt, bei den Angaben zur begehrten Höhe der Regelleistung habe es sich durchweg seit Einlegung des Widerspruches um Mindestbeträge gehandelt. Dies ergebe sich auch aus seinem Widerspruch vom 27. Dezember 2007 i.V.m. dessen Begründung vom 13. Februar 2008, wo er – unter Berücksichtigung der Preisentwicklung – einen Regelsatz i.H.v. mindestens EUR 520.- geltend mache. Dieser Widerspruch zeige des Weiteren, dass die Regelleistung eine wiederkehrende laufende Leistung darstelle; es könne nicht angehen, dass er erst während des laufenden Verfahrens mitgeteilt bekomme, dass sich der Streitgegenstand nur auf den Bewilligungszeitraum von einem Jahr erstrecke und der genannte Widerspruch außen vor bleibe.
Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 5. November 2004, 12. und 16. März sowie vom 15. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 um mindestens EUR 67.- monatlich höhere Regelleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist des Weiteren darauf, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde bezüglich der Höhe der Regelleistung nicht zur Entscheidung angenommen habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. §§ 153, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht statthaft und somit nicht zulässig.
Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750 nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung). Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, war Gegenstand des Klageverfahrens allein der Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005. Nur diesen Zeitraum regelt der ursprünglich mit dem Widerspruch vom 14. Januar 2005 angefochtene Bewilligungsbescheid vom 5. November 2004. Die die Leistungshöhe in diesem Zeitraum abändernden Bescheide vom 12. und 16. März sowie 15. Juni 2005 sind gem. § 86 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden, haben den Bewilligungszeitraum jedoch nicht verlängert. Dementsprechend hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 ausdrücklich nur über diese Bescheide und den genannten Bewilligungszeitraum entschieden. Gegen diese Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides hat der Kläger ausdrücklich die Klage gerichtet. Während des Klageverfahrens hat er gegenüber dem SG nicht erklärt oder auf andere Weise deutlich gemacht, auch die folgenden Bewilligungszeiträume einbeziehen zu wollen. Eine gewillkürte Klageänderung i.S.d. § 99 SGG liegt somit nicht vor. Die Bewilligungsbescheide für die Folgezeiträume sind auch nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in direkter oder entsprechender Anwendung kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens geworden (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; SozR 4-4200 § 11 Nr. 2). Somit betrifft die Klage zwar, worauf der Kläger zutreffend hinweist, laufende Leistungen i.S.d. § 144 Abs. 1 S. 2 SGG, jedoch nicht für einen Zeitraum über einem Jahr.
Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulässig, da der Beschwerdewert die dort vorgegebene Grenze von EUR 750 nicht überschreitet, wie im Übrigen auch nicht die von EUR 500 nach § 144 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung. Der Beschwerdewert ist danach zu bestimmen, was das SG dem Kläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird. Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann also niedriger sein als die Beschwer, wenn nämlich der Berufungskläger in zweiter Instanz sein Begehren nicht in voller Höhe weiterverfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rdnr. 14 m.w.N.). Das SG hat das Begehren des Klägers ausweislich des im Tatbestand des angefochtenen Gerichtsbescheids formulierten Antrags dahingehend ausgelegt, dass der Kläger eine Regelleistung i.H.v. "mindestens" EUR 412.- monatlich erstrebe. Für diese Auslegung spricht insbesondere, dass der Kläger in der Klageschrift ausdrücklich herausgestellt hatte, dass sich die EUR 412.- auf die Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bezögen, er aber auch EUR 500.- für angemessen ansehe. Dies entsprach auch der Begründung des Widerspruches. Zutreffend hat das SG daher in der Rechtsmittelbelehrung die Berufung als statthaftes Rechtsmittel angegeben.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger hingegen auf die Aufforderung, sein Begehren zu beziffern, im Schreiben vom 6. September 2008 ausdrücklich beantragt, die Regelleistung "per Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg auf 412,00 Euro festzulegen". Eine Einschränkung, dass es sich dabei um einen Mindestbetrag handle, ist diesem Schreiben nicht zu entnehmen. Der Kläger macht zwar "ersatzweise" geltend, es solle ein Gutachten zur Frage eines für Baden-Württemberg maßgeblichen Regelsatzes eingeholt werden. Sein Begehren hat er aber ausdrücklich – unter Verweis auf die Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes – auf Gewährung einer Regelleistung i.H.v. EUR 412.- monatlich beziffert. Angesichts dieses konkreten und einschränkungslos angegebenen Wertes kann auch im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens außerhalb des Berufungsverfahrens gerade für dieses nicht von einem Mindestantrag ausgegangen werden. Der Beschwerdewert belief sich somit bei Einlegung der Berufung lediglich auf EUR 402.- (EUR 67.- x 6 Monate). Eine spätere Erhöhung des Beschwerdewertes führt nicht zur Zulässigkeit der Berufung. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ((BGH); NJW-RR 2005, 714) zu § 511 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach ein zunächst beschränkter Berufungsantrag, der die Berufungssumme unterschreitet, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erweitert werden könne, soweit die Erweiterung von der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung gedeckt sei. Zunächst ist im SGG im Gegensatz zur ZPO keine gesonderte Berufungsbegründungsfrist vorgesehen, sondern allein die Frist zur Einlegung der Berufung. Maßgeblich ist jedoch in erster Linie, dass jedenfalls in Fallgestaltungen der (kombinierten) Anfechtungsklage die ablehnende Regelung des Ausgangsbescheides insoweit bestandskräftig und damit in der Sache verbindlich wird (§ 77 SGG), wie eine Anfechtung durch die Beschränkung der Berufung nicht mehr erfolgt. Einer späteren Erweiterung der Berufung steht daher neben der Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung daher auch die (teilweise) Bestandskraft des Ausgangsbescheides entgegen (Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 20). Der Kläger hat vorliegend erst auf gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 23. September 2008 – und damit nach Ablauf der Berufungsfrist – erklärt, bei der erstrebten Regelleistung von EUR 412.- handle es sich um einen Mindestantrag. Soweit angenommen wird, die genannte Rechtsprechung des BGH könne jedenfalls auf solche Fallgestaltungen übertragen werden, in denen der gestellte Berufungsantrag auslegungs- oder ergänzungsfähig war (Leitherer, a.a.O.), kommt dies vorliegend schon wegen der eindeutigen und damit einer Auslegung nicht zugänglichen Erklärung des Klägers nicht in Betracht.
Das SG hat die Berufung im angefochtenen Gerichtsbescheid auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zugelassen. Vielmehr hat es zutreffend über das bei Erlass des Gerichtsbescheides statthafte Rechtsmittel belehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Regelleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Auf seinen Antrag vom 6. September 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 5. November 2004 für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in monatlicher Höhe von EUR 508,02 (Regelleistung EUR 345.-, Kosten der Unterkunft und Heizung EUR 163,02). Zur Begründung des dagegen am 14. Januar 2005 eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, der Paritätische Wohlfahrtsverband habe errechnet, dass ein Regelsatz mindestens EUR 412.- betragen müsse. Unter Berücksichtigung bislang nicht anerkannter Kosten der Unterkunft und Heizung betrage sein Gesamtbedarf daher monatlich EUR 627,28. Mit Änderungsbescheiden vom 12. und 16. März 2005 erhöhte die Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 15. Juni 2005 regelte die Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Bewilligungszeitraum neu, ohne eine Änderung der Regelleistung vorzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Höhe der Regelleistung sei in § 20 SGB II gesetzlich geregelt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mittlerweile entschieden, dass die Bemessung der Höhe der Regelleistung verfassungskonform sei.
Hiergegen hat der Kläger am 17. Oktober 2007 Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf seinen Widerspruch verwiesen, wonach die Regelleistung gemäß den Berechnungen des Wohlfahrtsverbandes EUR 412.- betragen müsse, obwohl eine Heraufsetzung auf EUR 500.- sinnvoller gewesen wäre. Entgegen der Rechtsprechung des BSG reiche die Regelleistung zur Sicherung des Existenzminimums nicht aus. Er beantrage daher die Beklagte im genannten Sinne zu verurteilen, eine höhere Regelleistung zu gewähren.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2008 hat das Sozialgericht (SG) Mannheim die Klage abgewiesen. Mit dieser begehre der Kläger die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bei einer monatlichen Regelleistung von mindestens EUR 412.-. Streitgegenständlich sei nur der Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005; später ergangene Bewilligungsbescheide für sich anschließende Bewilligungszeiträume seien nicht, auch nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Kläger wende sich allein gegen die Höhe der Regelleistung, nicht jedoch gegen die der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Höhe der Regelleistung sei gesetzlich geregelt und daher für das Gericht bindend, solange es nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung überzeugt sei. Zu einer solchen Überzeugung sei das Gericht jedoch nicht gelangt. Nach der Rechtsprechung des BSG sowie verschiedener Landessozialgerichte stelle der Betrag von EUR 345.- monatlich bei zulässiger Typisierung das Mindestmaß des soziokulturellen Existenzminimums sicher. Nach der beigefügten Rechtsmittelbelehrung sei gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Gegen diesen ihm am 25. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.Mai 2008 Berufung eingelegt. Diese richte sich gegen die unzureichende Höhe der Regelleistung. Er stütze sein Begehren auf die Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes vom 17. Dezember 2004, wonach die Regelleistung EUR 412.- monatlich betragen müsse (Schreiben vom 6. September 2008). Ersatzweise sei, entsprechend dem Vorgehen des Hessischen Landessozialgerichts im dortigen Verfahren L 6 AS 336/07, ein Gutachten zur Höhe eines für Baden-Württemberg geltenden Regelsatzes einzuholen. Auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat der Kläger im Schreiben vom 23. September 2008 ausgeführt, bei den Angaben zur begehrten Höhe der Regelleistung habe es sich durchweg seit Einlegung des Widerspruches um Mindestbeträge gehandelt. Dies ergebe sich auch aus seinem Widerspruch vom 27. Dezember 2007 i.V.m. dessen Begründung vom 13. Februar 2008, wo er – unter Berücksichtigung der Preisentwicklung – einen Regelsatz i.H.v. mindestens EUR 520.- geltend mache. Dieser Widerspruch zeige des Weiteren, dass die Regelleistung eine wiederkehrende laufende Leistung darstelle; es könne nicht angehen, dass er erst während des laufenden Verfahrens mitgeteilt bekomme, dass sich der Streitgegenstand nur auf den Bewilligungszeitraum von einem Jahr erstrecke und der genannte Widerspruch außen vor bleibe.
Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 5. November 2004, 12. und 16. März sowie vom 15. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 um mindestens EUR 67.- monatlich höhere Regelleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist des Weiteren darauf, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde bezüglich der Höhe der Regelleistung nicht zur Entscheidung angenommen habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. §§ 153, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht statthaft und somit nicht zulässig.
Nach § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750 nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung). Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, war Gegenstand des Klageverfahrens allein der Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2005. Nur diesen Zeitraum regelt der ursprünglich mit dem Widerspruch vom 14. Januar 2005 angefochtene Bewilligungsbescheid vom 5. November 2004. Die die Leistungshöhe in diesem Zeitraum abändernden Bescheide vom 12. und 16. März sowie 15. Juni 2005 sind gem. § 86 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens geworden, haben den Bewilligungszeitraum jedoch nicht verlängert. Dementsprechend hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 18. September 2007 ausdrücklich nur über diese Bescheide und den genannten Bewilligungszeitraum entschieden. Gegen diese Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides hat der Kläger ausdrücklich die Klage gerichtet. Während des Klageverfahrens hat er gegenüber dem SG nicht erklärt oder auf andere Weise deutlich gemacht, auch die folgenden Bewilligungszeiträume einbeziehen zu wollen. Eine gewillkürte Klageänderung i.S.d. § 99 SGG liegt somit nicht vor. Die Bewilligungsbescheide für die Folgezeiträume sind auch nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in direkter oder entsprechender Anwendung kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens geworden (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; SozR 4-4200 § 11 Nr. 2). Somit betrifft die Klage zwar, worauf der Kläger zutreffend hinweist, laufende Leistungen i.S.d. § 144 Abs. 1 S. 2 SGG, jedoch nicht für einen Zeitraum über einem Jahr.
Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulässig, da der Beschwerdewert die dort vorgegebene Grenze von EUR 750 nicht überschreitet, wie im Übrigen auch nicht die von EUR 500 nach § 144 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung. Der Beschwerdewert ist danach zu bestimmen, was das SG dem Kläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird. Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann also niedriger sein als die Beschwer, wenn nämlich der Berufungskläger in zweiter Instanz sein Begehren nicht in voller Höhe weiterverfolgt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rdnr. 14 m.w.N.). Das SG hat das Begehren des Klägers ausweislich des im Tatbestand des angefochtenen Gerichtsbescheids formulierten Antrags dahingehend ausgelegt, dass der Kläger eine Regelleistung i.H.v. "mindestens" EUR 412.- monatlich erstrebe. Für diese Auslegung spricht insbesondere, dass der Kläger in der Klageschrift ausdrücklich herausgestellt hatte, dass sich die EUR 412.- auf die Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bezögen, er aber auch EUR 500.- für angemessen ansehe. Dies entsprach auch der Begründung des Widerspruches. Zutreffend hat das SG daher in der Rechtsmittelbelehrung die Berufung als statthaftes Rechtsmittel angegeben.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger hingegen auf die Aufforderung, sein Begehren zu beziffern, im Schreiben vom 6. September 2008 ausdrücklich beantragt, die Regelleistung "per Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg auf 412,00 Euro festzulegen". Eine Einschränkung, dass es sich dabei um einen Mindestbetrag handle, ist diesem Schreiben nicht zu entnehmen. Der Kläger macht zwar "ersatzweise" geltend, es solle ein Gutachten zur Frage eines für Baden-Württemberg maßgeblichen Regelsatzes eingeholt werden. Sein Begehren hat er aber ausdrücklich – unter Verweis auf die Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes – auf Gewährung einer Regelleistung i.H.v. EUR 412.- monatlich beziffert. Angesichts dieses konkreten und einschränkungslos angegebenen Wertes kann auch im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens außerhalb des Berufungsverfahrens gerade für dieses nicht von einem Mindestantrag ausgegangen werden. Der Beschwerdewert belief sich somit bei Einlegung der Berufung lediglich auf EUR 402.- (EUR 67.- x 6 Monate). Eine spätere Erhöhung des Beschwerdewertes führt nicht zur Zulässigkeit der Berufung. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ((BGH); NJW-RR 2005, 714) zu § 511 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach ein zunächst beschränkter Berufungsantrag, der die Berufungssumme unterschreitet, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erweitert werden könne, soweit die Erweiterung von der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung gedeckt sei. Zunächst ist im SGG im Gegensatz zur ZPO keine gesonderte Berufungsbegründungsfrist vorgesehen, sondern allein die Frist zur Einlegung der Berufung. Maßgeblich ist jedoch in erster Linie, dass jedenfalls in Fallgestaltungen der (kombinierten) Anfechtungsklage die ablehnende Regelung des Ausgangsbescheides insoweit bestandskräftig und damit in der Sache verbindlich wird (§ 77 SGG), wie eine Anfechtung durch die Beschränkung der Berufung nicht mehr erfolgt. Einer späteren Erweiterung der Berufung steht daher neben der Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung daher auch die (teilweise) Bestandskraft des Ausgangsbescheides entgegen (Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 20). Der Kläger hat vorliegend erst auf gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 23. September 2008 – und damit nach Ablauf der Berufungsfrist – erklärt, bei der erstrebten Regelleistung von EUR 412.- handle es sich um einen Mindestantrag. Soweit angenommen wird, die genannte Rechtsprechung des BGH könne jedenfalls auf solche Fallgestaltungen übertragen werden, in denen der gestellte Berufungsantrag auslegungs- oder ergänzungsfähig war (Leitherer, a.a.O.), kommt dies vorliegend schon wegen der eindeutigen und damit einer Auslegung nicht zugänglichen Erklärung des Klägers nicht in Betracht.
Das SG hat die Berufung im angefochtenen Gerichtsbescheid auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zugelassen. Vielmehr hat es zutreffend über das bei Erlass des Gerichtsbescheides statthafte Rechtsmittel belehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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