Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 3292/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3072/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50, mithin die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft.
Die 1955 geborene Klägerin beantragte erstmals am 12.11.2003 die Feststellung von Behinderungen. Unter Berücksichtigung eines beigezogenen Berichtes des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K., eines Reha-Entlassungsberichtes der Psychosomatischen Klinik W., M., wo sich die Klägerin vom 08.01.2003 bis 05.02.2003 in stationärer Behandlung befunden hat, sowie eines Berichtes des Facharztes für Orthopädie Dr. D. und des Diplom-Psychologen M. stellte der Beklagte nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. J. den GdB mit 30 seit dem 12.11.2003 fest (Bescheid vom 23.02.2004). Er begründete seine Einschätzung mit dem Vorliegen einer seelischen Störung, mit funktionellen Organbeschwerden und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Die von der Klägerin geltend gemachten Wechseljahresbeschwerden bedingten keinen Einzel-GdB von wenigstens 10, die geltend gemachte Allergie habe nicht nachgewiesen werden können. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch hat die Klägerin den Bescheid der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft vom 25.07.1996 vorgelegt. Für die Zeit vom 09.06.1989 bis 11.06.1990 hatte die Berufsgenossenschaft ihr aufgrund einer beruflich bedingten Hauterkrankung eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. der Vollrente gewährt. Die Klägerin machte geltend, noch heute unter häufigen Hautreizungen und Blasen an Händen und Füßen zu leiden. Ihre psychische Erkrankung sowie die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule belaste sie mehr als 30 % und - bedingt durch ihren Zusammenbruch - könne sie seit eineinhalb Jahren ihrer Tätigkeit nicht mehr nachgehen. Der Beklagte befragte daraufhin erneut Dr. K. und wies dann den Widerspruch unter Berücksichtigung einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. I. mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2004 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.08.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat ihre massiven psychischen Leiden mit einem GdB von 30 als nicht ausreichend bewertet kritisiert. Gleiches gelte für den Wirbelsäulenschaden, für den ein weiterer Teil-GdB von 30 angemessen sei, und die Hauterscheinungen, die zu einem weiteren Teil-GdB von 20 führen müssten. Sie hat ein nervenfachärztliches Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dr. B. vom 05.08.2004, das dieser für das Versorgungsamt Karlsruhe erstellt hat, vorgelegt. Er hat als Diagnosen ein phobisch gefärbtes depressives Syndrom mit intermittierenden Panikattacken, soziophobische und klaustrophobische Einsprengungen, neuralgieforme Beschwerden von Seiten des N. occipitalis minor beiderseits, radikuläre Reizerscheinungen der hinteren Wurzeln S 2 bis S 5 beiderseits (links betont), eine rezidivierende Lumbago, eine radikuläre Ischiasneuritis links, eine Abduktionsschwäche des Fingers V links, eine Extensionsschwäche der Zehen II bis V links sowie leichtere Koordinationsstörungen festgestellt. Die Klägerin sei nur noch für leichteste Tätigkeiten von drei bis vier Stunden pro Tag leistungsfähig. Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme an seiner bisherigen Bewertung festgehalten.
Das SG hat hierauf den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 20.05.2005 eine gemischte Störung aus Angst- und Depression festgestellt, die eine leichtergradige Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bedinge. Sie sei deshalb mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Darin enthalten seien bereits die im Gesamtkontext nicht darüber hinausgehenden Auswirkungen der leichten undifferenzierten Somatisierungsstörung. Für die Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule ohne oder mit allenfalls geringen funktionellen Auswirkungen sei ein GdB von 10 angemessen, gleiches gelte für das Ekzem der Hände. Insgesamt sei der GdB mit 30 zutreffend bewertet.
Das SG hat sodann das für die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg erstellte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 14.10.2004 sowie das psychologische Gutachten des Diplompsychologen Gutfreund für die Agentur für Arbeit Rastatt vom 16.09.2004 beigezogen. Dr. G. hat eine gemischt ängstlich-depressive Störung von mittelgradiger Ausprägung auf dem Boden einer Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden Anteilen festgestellt. Im Gegensatz zu dem für die Agentur für Arbeit erstatteten psychologischen Gutachten, das davon ausging, dass die Klägerin den üblichen Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes an die psychische Belastbarkeit derzeit selbst im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung nicht mehr gewachsen sei, hat Dr. G. eine Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden in Tagesschicht für möglich gehalten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S., Baden-Baden, mit der Erstattung eines nervenärztlichen Fachgutachtens beauftragt. Er hat in seinem Gutachten vom 08.01.2006 als Diagnosen eine mittelgradige depressive Episode, eine Panikstörung, eine generalisierte Angststörung, einen Kontrollzwang, einen Spannungskopfschmerz, ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom sowie ein HWS-Syndrom und eine cervikale Spinalkanalstenose festgestellt. Die auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 zu bewerten, bezüglich des Kontrollzwanges, des Spannungskopfschmerzes, des beginnenden Karpaltunnelsyndroms sei ein GdB von wenigstens 10 nicht festzustellen. Das degenerative HWS-Syndrom und die cervikale Spinalkanalstenose seien mit einem GdB von 10 zu bewerten, ebenso das Ekzem der Hände. Insgesamt hat er einen GdB von 40 für gerechtfertigt gehalten. Dem ist der Beklagte unter Vorlage einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass selbst dann, wenn man der Beurteilung von Dr. S. folgen und den Teil-GdB für die psychiatrischen Einschränkungen mit 30 bewerten wollte, ein höherer GdB als 30 nicht zu rechtfertigen sei, weil sowohl der Befund im Bereich der Wirbelsäule als auch der im Bereich der Haut nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führe.
Gegen den ihr am 26.05.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19.06.2006 Berufung eingelegt. Mit ihr hält sie an ihrem bisherigen Vortrag fest.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachärztlich dermatologischen Gutachtens nach § 109 SGG bei Dr. E., Rastatt. Unter Berücksichtigung vom Senat beigezogener sachverständiger Zeugenaussagen des behandelnden Allgemeinarztes Dr. K. und des Hautarztes Dr. U. (Bl. 37 und 51 der Akten) sowie des ebenfalls beigezogenen, von Prof. Dr. L. am 24.10.1990 erstellten fachärztlichen dermatologischen Gutachtens, beschreibt Dr. E. in seinem Gutachten vom 02.08.2007 ein chronisches dyshydrotisches Handekzem sowie eine polyvalente Typ IV Allergie gegenüber Colophonium, Thiuram-Mix, Duftstoff-Mix und Perubalsam. Die festgestellte Typ IV Allergie überschneide sich mit dem dyshydrotischen Handekzem dahingehend, dass die Allergie zu einer Verstärkung des jeweiligen Hautekzems führe. Außerdem liege jedoch auch neben dem Handekzem dahingehend eine Beeinträchtigung vor, als die entsprechenden Allergien gemieden werden müssten und sich somit deutliche Behinderungen im täglichen Leben ergäben. Der Schweregrad der Allergien sei als mittelgradig anzusehen, das Handekzem würde er insgesamt trotzdem eher als geringgradig einschätzen. Dies ergebe sich daraus, dass keine besonderen fachärztlichen Behandlungen mehr in den letzten vier Jahren ergriffen worden seien und auf die ca. zwei Mal pro Jahr erfolgte Verschreibung von einer mittelstarken Kortisonsalbe keine weiteren Behandlungen mehr erforderlich gewesen seien. Aufgrund der mehrfachen Allergien gehe er über den von Dr. A. im Jahr 2005 festgestellten GdB von 10 hinaus und schlage auf dermatologischem Gebiet einen GdB von 20 vor.
Unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Ö. hält der Beklagte den GdB für die Hauterkrankung im Hinblick auf die beschriebenen, durch die Erkrankung bedingten funktionellen Auswirkungen mit 10 für ausreichend bewertet.
Auf einen weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat Dr. Z., H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Sie bewertet in ihrem Gutachten vom 31.03.2008 eine Angst und Depression gemischt sowie eine undifferenzierte Somatisierungsstörung mit einem Teil-GdB von 30 und ein HWS-Syndrom bei NPP HWK 4/5 und Spinalkanalstenose HWK 5/6 ohne neurologische Ausfälle mit einem Teil-GdB von 10.
Einem Vergleichsvorschlag der Klägerin, den GdB mit 40 festzustellen, ist der Beklagte nicht näher getreten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2004 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Sie verfolgt ihr auf Feststellung eines höheren GdB gerichtetes Begehren auch im Berufungsverfahren mit der - allein - statthaften kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 08.06.2005 - L 3 SB 13/05 - m.w.N.) weiter. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung bleibt aber ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB.
Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer Behinderung fest. Behindert sind Menschen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX dann, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Als schwerbehindert anzuerkennen ist, wer die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 erfüllt und seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX hat.
Der Senat wendet zur Beurteilung des Grades der Behinderung im Einzelfall die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP), derzeit in der Ausgabe 2008, an. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handelt es sich bei den AHP um antizipierte Sachverständigengutachten (vgl. Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R in SozR 4-3250 § 69 Nr. 2), deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur so gewährleistet werden kann und weil es sich um ein geeignetes, auf Erfahrungswerte der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung des GdB handelt. Den AHP kommt insoweit normähnliche Wirkung zu (vgl. BSG a.a.O.). Soweit für die Beurteilung des Beklagten noch die Anhaltspunkte 2004 maßgeblich waren ist durch die Neufassung der Anhaltspunkte mit Ausgabe 2008 in den hier zu beurteilenden Einschränkungen keine Änderung eingetreten, so dass im folgenden nur noch die AHP 2008 zitiert werden können.
Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die Bewertung des GdB mit insgesamt 30 den vorliegenden Einschränkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in vollem Umfang gerecht. Die Teilhabe ist dabei im Wesentlichen durch psychische Einschränkungen beeinträchtigt. Insoweit hat bereits die Psychosomatische Klinik W. im Entlassungsbericht vom 05.02.2003 als Diagnosen eine "Angst und depressive Störung, gemischt" sowie eine undifferenzierte Somatisierungsstörung gestellt, die von den nachfolgenden Sachverständigen im Wesentlichen geteilt und übernommen wurden. So ist auch der vom SG gehörte Sachverständige Dr. R. sowie auch das vom SG beigezogene Gutachten von Dr. G. von diesen Diagnosen ausgegangen. Bestätigt wurden diese Diagnosen zuletzt dann auch von dem nach § 109 SGG erhobenen Gutachten von Dr. Z., die den von Dr. S. genannten abweichenden Diagnosen, soweit sie auch eine Panikstörung und eine generalisierte Angststörung betroffen haben, mit guten Gründen widersprochen hat. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob insoweit Dr. S. zu folgen ist, denn auch dieser hat in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Beklagten die Auswirkungen der von ihm auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Einschränkungen als mittelgradig eingestuft und hierfür einen Teil-GdB von 30 in Ansatz gebracht. Gründe, hieran zu zweifeln, bestehen nicht. Die weitgehende Übereinstimmung in der Diagnose - auch und gerade in dem auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachten von Dr. Z. - und die von Dr. R. vorgenommene zurückhaltendere Bewertung des GdB hierfür bestätigt aber, dass der nach den AHP vorgegebene Rahmen im Bereich stärker behindernder Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (AHP 26.3) nicht voll auszuschöpfen, sondern im unteren Bereich einzuordnen ist. Eine darüber hinausgehende Einschätzung diesbezüglich liegt ohnehin nicht vor, sodass auch der Senat keine Zweifel an der Angemessenheit der Einschätzung hegt.
Die bei der Klägerin vorliegende Hauterkrankung rechtfertigt nicht die Annahme eines Teil-GdB von mehr als 10. Wie sich bereits dem Bescheid der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft entnehmen lässt, liegt nicht nur ein seinerzeit bereits abgeklungenes beruflich bedingtes Kontaktekzem der Hände "mit stark verminderter Barrierefunktion der Hornschicht und Sensibilisierung gegenüber den Allergenen Thiuram Mix und Tetramethyl-Thiurammonosulfid" vor, sondern auch eine außerberuflich erworbene atopische Konstitution sowie eine Sensibilisierung gegenüber weiteren Allergenen wie Nickelsulfat, Perubalsam, Duftstoffmix und (Chlor)Methylisothiazolon (vgl. Bescheid der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft vom 25.07.1996, Blatt 30 der Akten). Kontaktekzeme oder ein atopisches Ekzem werden bei einer geringen Ausdehnung und bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend mit einem GdB bis 10, sonst mit 20 bis 30 bewertet (AHP 26.17). Die Ausdehnung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Handinnenflächen und die Fußsohlen. Eine fachärztliche Behandlung wird hierfür seit 2004 nicht mehr in Anspruch genommen, vielmehr erfolgt die Behandlung mit einer vom Hausarzt verschriebenen cortisonhaltigen Salbe. Weder die Ausprägung der Erkrankung noch die Behandlungsbedürftigkeit sprechen nach Überzeugung des Senats für eine gravierende Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Entsprechend kann auch dem nach § 109 SGG gehörten Gutachter Dr. E. nicht gefolgt werden, der (nur) wegen der festgestellten mehrfachen Allergien einen GdB von 20 vorgeschlagen hat. Entscheidend für die Bewertung der Hauterkrankung ist jedoch nicht das Ausmaß vorliegender Sensibilisierungen, sondern deren klinische Relevanz. Den Schweregrad des Handekzems beschreibt der Sachverständige jedoch als "eher gering" und ist deshalb mit einem GdB von 10 angemessen berücksichtigt.
Die Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin ist mit einem GdB von 10 ebenfalls angemessen bewertet. Der Orthopäde Dr. D. hat in seinem Befundbericht für den Beklagten bereits darauf hingewiesen, dass degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule durch Retrospondylophyten vorliegen, die zu einer Einengung des Spinalkanals führen. Außerdem besteht in Höhe C4/5 ein dorsomedianer Bandscheibenvorfall mit leicht kompressiver Wirkung auf das Myelon. Bleibende Funktionsstörungen hätten in der Zeit der Behandlung von Mai bis Juli 2003 nicht festgestellt werden können. Diese degenerativen Veränderungen könnten jedoch immer wieder für Bewegungs- Belastungs- und z. T. auch Ruheschmerz verantwortlich sein. Bei den so geschilderten Beschwerden handelt es sich noch um keine wenigstens mittelgradige Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Denn solche gingen einher mit einer Verformung, mit häufig rezidivierenden oder anhaltenden Bewegungseinschränkungen, mit einer Instabilität mittleren Grades oder mit rezidivierenden und über Tage andauernden Wirbelsäulensyndromen (vgl. AHP 26.18). Ärztliche Befunde, die funktionelle Einschränkungen in genannter Ausprägung beschrieben, liegen dem Senat nicht vor. Eine Änderung des Zustandes im Vergleich zu den von Dr. D. im Jahr 2003 gemachten Angaben ist nicht nachgewiesen. Die Ausführungen in den neurologisch/psychiatrischen Gutachten von Dr. R. ("nachvollziehbare geringe degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule ohne funktionelle Beeinträchtigung"), von Dr. G. ("Wirbelsäule weitgehend lotrecht, Schulter- und Beckengeradstand, keine wesentlichen paravertebralen Muskelverspannungen, kein Klopf- und Stauchungsschmerz über der Wirbelsäule, insgesamt freie Entfaltung, FBA 15 cm möglich, Lasègue/Bragard bds. negativ"), von Dr. S. ("bezüglich des degenerativen HWS-Syndroms und der zervikalen Spinalkanalstenose beträgt der GdB 10") und Dr. Z. ("geringe bis allenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen") bestätigen die Angemessenheit dieser Einschätzung, zumal es aufgrund der fehlenden funktionellen Einschränkungen zu Überschneidungen der Auswirkungen mit der bereits berücksichtigten Somatisierungsstörung kommt. Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestand deswegen nicht und auch die Klägerin hat von dem ursprünglich gestellten Antrag, ein Gutachten nach § 109 SGG auch auf orthopädischem Fachgebiet zu erheben, mit dem im Schriftsatz vom 16.06.2008 gestellten Antrag auf eine Entscheidung durch den Senat Abstand genommen.
Soweit Dr. Dr. B. in seinem Gutachten Reflexabschwächungen, Sensibilitätsstörungen, eine Extensionsschwäche der Zehen sowie eine Abduktionsschwäche des 5. Fingers links beschrieben hat, ist darauf hinzuweisen, dass diese Einschränkungen weder in den vorliegenden Befundberichten vor der Untersuchung durch Dr. Dr. B. Erwähnung finden noch in den nachfolgenden Gutachten entsprechende Feststellungen enthalten sind. Behinderungen mit einem Grad von wenigstens 10 resultieren hieraus daher nicht.
Insgesamt betrachtet verbleibt es daher bei einem GdB von 30, da von Ausnahmefällen abgesehen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei gleichzeitig schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit), zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50, mithin die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft.
Die 1955 geborene Klägerin beantragte erstmals am 12.11.2003 die Feststellung von Behinderungen. Unter Berücksichtigung eines beigezogenen Berichtes des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K., eines Reha-Entlassungsberichtes der Psychosomatischen Klinik W., M., wo sich die Klägerin vom 08.01.2003 bis 05.02.2003 in stationärer Behandlung befunden hat, sowie eines Berichtes des Facharztes für Orthopädie Dr. D. und des Diplom-Psychologen M. stellte der Beklagte nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. J. den GdB mit 30 seit dem 12.11.2003 fest (Bescheid vom 23.02.2004). Er begründete seine Einschätzung mit dem Vorliegen einer seelischen Störung, mit funktionellen Organbeschwerden und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Die von der Klägerin geltend gemachten Wechseljahresbeschwerden bedingten keinen Einzel-GdB von wenigstens 10, die geltend gemachte Allergie habe nicht nachgewiesen werden können. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch hat die Klägerin den Bescheid der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft vom 25.07.1996 vorgelegt. Für die Zeit vom 09.06.1989 bis 11.06.1990 hatte die Berufsgenossenschaft ihr aufgrund einer beruflich bedingten Hauterkrankung eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. der Vollrente gewährt. Die Klägerin machte geltend, noch heute unter häufigen Hautreizungen und Blasen an Händen und Füßen zu leiden. Ihre psychische Erkrankung sowie die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule belaste sie mehr als 30 % und - bedingt durch ihren Zusammenbruch - könne sie seit eineinhalb Jahren ihrer Tätigkeit nicht mehr nachgehen. Der Beklagte befragte daraufhin erneut Dr. K. und wies dann den Widerspruch unter Berücksichtigung einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. I. mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2004 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.08.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat ihre massiven psychischen Leiden mit einem GdB von 30 als nicht ausreichend bewertet kritisiert. Gleiches gelte für den Wirbelsäulenschaden, für den ein weiterer Teil-GdB von 30 angemessen sei, und die Hauterscheinungen, die zu einem weiteren Teil-GdB von 20 führen müssten. Sie hat ein nervenfachärztliches Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dr. B. vom 05.08.2004, das dieser für das Versorgungsamt Karlsruhe erstellt hat, vorgelegt. Er hat als Diagnosen ein phobisch gefärbtes depressives Syndrom mit intermittierenden Panikattacken, soziophobische und klaustrophobische Einsprengungen, neuralgieforme Beschwerden von Seiten des N. occipitalis minor beiderseits, radikuläre Reizerscheinungen der hinteren Wurzeln S 2 bis S 5 beiderseits (links betont), eine rezidivierende Lumbago, eine radikuläre Ischiasneuritis links, eine Abduktionsschwäche des Fingers V links, eine Extensionsschwäche der Zehen II bis V links sowie leichtere Koordinationsstörungen festgestellt. Die Klägerin sei nur noch für leichteste Tätigkeiten von drei bis vier Stunden pro Tag leistungsfähig. Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme an seiner bisherigen Bewertung festgehalten.
Das SG hat hierauf den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 20.05.2005 eine gemischte Störung aus Angst- und Depression festgestellt, die eine leichtergradige Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bedinge. Sie sei deshalb mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Darin enthalten seien bereits die im Gesamtkontext nicht darüber hinausgehenden Auswirkungen der leichten undifferenzierten Somatisierungsstörung. Für die Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule ohne oder mit allenfalls geringen funktionellen Auswirkungen sei ein GdB von 10 angemessen, gleiches gelte für das Ekzem der Hände. Insgesamt sei der GdB mit 30 zutreffend bewertet.
Das SG hat sodann das für die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg erstellte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 14.10.2004 sowie das psychologische Gutachten des Diplompsychologen Gutfreund für die Agentur für Arbeit Rastatt vom 16.09.2004 beigezogen. Dr. G. hat eine gemischt ängstlich-depressive Störung von mittelgradiger Ausprägung auf dem Boden einer Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden Anteilen festgestellt. Im Gegensatz zu dem für die Agentur für Arbeit erstatteten psychologischen Gutachten, das davon ausging, dass die Klägerin den üblichen Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes an die psychische Belastbarkeit derzeit selbst im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung nicht mehr gewachsen sei, hat Dr. G. eine Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden in Tagesschicht für möglich gehalten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S., Baden-Baden, mit der Erstattung eines nervenärztlichen Fachgutachtens beauftragt. Er hat in seinem Gutachten vom 08.01.2006 als Diagnosen eine mittelgradige depressive Episode, eine Panikstörung, eine generalisierte Angststörung, einen Kontrollzwang, einen Spannungskopfschmerz, ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom sowie ein HWS-Syndrom und eine cervikale Spinalkanalstenose festgestellt. Die auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 zu bewerten, bezüglich des Kontrollzwanges, des Spannungskopfschmerzes, des beginnenden Karpaltunnelsyndroms sei ein GdB von wenigstens 10 nicht festzustellen. Das degenerative HWS-Syndrom und die cervikale Spinalkanalstenose seien mit einem GdB von 10 zu bewerten, ebenso das Ekzem der Hände. Insgesamt hat er einen GdB von 40 für gerechtfertigt gehalten. Dem ist der Beklagte unter Vorlage einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass selbst dann, wenn man der Beurteilung von Dr. S. folgen und den Teil-GdB für die psychiatrischen Einschränkungen mit 30 bewerten wollte, ein höherer GdB als 30 nicht zu rechtfertigen sei, weil sowohl der Befund im Bereich der Wirbelsäule als auch der im Bereich der Haut nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führe.
Gegen den ihr am 26.05.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19.06.2006 Berufung eingelegt. Mit ihr hält sie an ihrem bisherigen Vortrag fest.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachärztlich dermatologischen Gutachtens nach § 109 SGG bei Dr. E., Rastatt. Unter Berücksichtigung vom Senat beigezogener sachverständiger Zeugenaussagen des behandelnden Allgemeinarztes Dr. K. und des Hautarztes Dr. U. (Bl. 37 und 51 der Akten) sowie des ebenfalls beigezogenen, von Prof. Dr. L. am 24.10.1990 erstellten fachärztlichen dermatologischen Gutachtens, beschreibt Dr. E. in seinem Gutachten vom 02.08.2007 ein chronisches dyshydrotisches Handekzem sowie eine polyvalente Typ IV Allergie gegenüber Colophonium, Thiuram-Mix, Duftstoff-Mix und Perubalsam. Die festgestellte Typ IV Allergie überschneide sich mit dem dyshydrotischen Handekzem dahingehend, dass die Allergie zu einer Verstärkung des jeweiligen Hautekzems führe. Außerdem liege jedoch auch neben dem Handekzem dahingehend eine Beeinträchtigung vor, als die entsprechenden Allergien gemieden werden müssten und sich somit deutliche Behinderungen im täglichen Leben ergäben. Der Schweregrad der Allergien sei als mittelgradig anzusehen, das Handekzem würde er insgesamt trotzdem eher als geringgradig einschätzen. Dies ergebe sich daraus, dass keine besonderen fachärztlichen Behandlungen mehr in den letzten vier Jahren ergriffen worden seien und auf die ca. zwei Mal pro Jahr erfolgte Verschreibung von einer mittelstarken Kortisonsalbe keine weiteren Behandlungen mehr erforderlich gewesen seien. Aufgrund der mehrfachen Allergien gehe er über den von Dr. A. im Jahr 2005 festgestellten GdB von 10 hinaus und schlage auf dermatologischem Gebiet einen GdB von 20 vor.
Unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Ö. hält der Beklagte den GdB für die Hauterkrankung im Hinblick auf die beschriebenen, durch die Erkrankung bedingten funktionellen Auswirkungen mit 10 für ausreichend bewertet.
Auf einen weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat Dr. Z., H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Sie bewertet in ihrem Gutachten vom 31.03.2008 eine Angst und Depression gemischt sowie eine undifferenzierte Somatisierungsstörung mit einem Teil-GdB von 30 und ein HWS-Syndrom bei NPP HWK 4/5 und Spinalkanalstenose HWK 5/6 ohne neurologische Ausfälle mit einem Teil-GdB von 10.
Einem Vergleichsvorschlag der Klägerin, den GdB mit 40 festzustellen, ist der Beklagte nicht näher getreten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2004 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Sie verfolgt ihr auf Feststellung eines höheren GdB gerichtetes Begehren auch im Berufungsverfahren mit der - allein - statthaften kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 08.06.2005 - L 3 SB 13/05 - m.w.N.) weiter. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung bleibt aber ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB.
Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer Behinderung fest. Behindert sind Menschen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX dann, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Als schwerbehindert anzuerkennen ist, wer die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 erfüllt und seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX hat.
Der Senat wendet zur Beurteilung des Grades der Behinderung im Einzelfall die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP), derzeit in der Ausgabe 2008, an. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handelt es sich bei den AHP um antizipierte Sachverständigengutachten (vgl. Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R in SozR 4-3250 § 69 Nr. 2), deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur so gewährleistet werden kann und weil es sich um ein geeignetes, auf Erfahrungswerte der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung des GdB handelt. Den AHP kommt insoweit normähnliche Wirkung zu (vgl. BSG a.a.O.). Soweit für die Beurteilung des Beklagten noch die Anhaltspunkte 2004 maßgeblich waren ist durch die Neufassung der Anhaltspunkte mit Ausgabe 2008 in den hier zu beurteilenden Einschränkungen keine Änderung eingetreten, so dass im folgenden nur noch die AHP 2008 zitiert werden können.
Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die Bewertung des GdB mit insgesamt 30 den vorliegenden Einschränkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in vollem Umfang gerecht. Die Teilhabe ist dabei im Wesentlichen durch psychische Einschränkungen beeinträchtigt. Insoweit hat bereits die Psychosomatische Klinik W. im Entlassungsbericht vom 05.02.2003 als Diagnosen eine "Angst und depressive Störung, gemischt" sowie eine undifferenzierte Somatisierungsstörung gestellt, die von den nachfolgenden Sachverständigen im Wesentlichen geteilt und übernommen wurden. So ist auch der vom SG gehörte Sachverständige Dr. R. sowie auch das vom SG beigezogene Gutachten von Dr. G. von diesen Diagnosen ausgegangen. Bestätigt wurden diese Diagnosen zuletzt dann auch von dem nach § 109 SGG erhobenen Gutachten von Dr. Z., die den von Dr. S. genannten abweichenden Diagnosen, soweit sie auch eine Panikstörung und eine generalisierte Angststörung betroffen haben, mit guten Gründen widersprochen hat. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob insoweit Dr. S. zu folgen ist, denn auch dieser hat in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Beklagten die Auswirkungen der von ihm auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Einschränkungen als mittelgradig eingestuft und hierfür einen Teil-GdB von 30 in Ansatz gebracht. Gründe, hieran zu zweifeln, bestehen nicht. Die weitgehende Übereinstimmung in der Diagnose - auch und gerade in dem auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachten von Dr. Z. - und die von Dr. R. vorgenommene zurückhaltendere Bewertung des GdB hierfür bestätigt aber, dass der nach den AHP vorgegebene Rahmen im Bereich stärker behindernder Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (AHP 26.3) nicht voll auszuschöpfen, sondern im unteren Bereich einzuordnen ist. Eine darüber hinausgehende Einschätzung diesbezüglich liegt ohnehin nicht vor, sodass auch der Senat keine Zweifel an der Angemessenheit der Einschätzung hegt.
Die bei der Klägerin vorliegende Hauterkrankung rechtfertigt nicht die Annahme eines Teil-GdB von mehr als 10. Wie sich bereits dem Bescheid der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft entnehmen lässt, liegt nicht nur ein seinerzeit bereits abgeklungenes beruflich bedingtes Kontaktekzem der Hände "mit stark verminderter Barrierefunktion der Hornschicht und Sensibilisierung gegenüber den Allergenen Thiuram Mix und Tetramethyl-Thiurammonosulfid" vor, sondern auch eine außerberuflich erworbene atopische Konstitution sowie eine Sensibilisierung gegenüber weiteren Allergenen wie Nickelsulfat, Perubalsam, Duftstoffmix und (Chlor)Methylisothiazolon (vgl. Bescheid der Edel- und Unedelmetallberufsgenossenschaft vom 25.07.1996, Blatt 30 der Akten). Kontaktekzeme oder ein atopisches Ekzem werden bei einer geringen Ausdehnung und bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend mit einem GdB bis 10, sonst mit 20 bis 30 bewertet (AHP 26.17). Die Ausdehnung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Handinnenflächen und die Fußsohlen. Eine fachärztliche Behandlung wird hierfür seit 2004 nicht mehr in Anspruch genommen, vielmehr erfolgt die Behandlung mit einer vom Hausarzt verschriebenen cortisonhaltigen Salbe. Weder die Ausprägung der Erkrankung noch die Behandlungsbedürftigkeit sprechen nach Überzeugung des Senats für eine gravierende Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Entsprechend kann auch dem nach § 109 SGG gehörten Gutachter Dr. E. nicht gefolgt werden, der (nur) wegen der festgestellten mehrfachen Allergien einen GdB von 20 vorgeschlagen hat. Entscheidend für die Bewertung der Hauterkrankung ist jedoch nicht das Ausmaß vorliegender Sensibilisierungen, sondern deren klinische Relevanz. Den Schweregrad des Handekzems beschreibt der Sachverständige jedoch als "eher gering" und ist deshalb mit einem GdB von 10 angemessen berücksichtigt.
Die Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin ist mit einem GdB von 10 ebenfalls angemessen bewertet. Der Orthopäde Dr. D. hat in seinem Befundbericht für den Beklagten bereits darauf hingewiesen, dass degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule durch Retrospondylophyten vorliegen, die zu einer Einengung des Spinalkanals führen. Außerdem besteht in Höhe C4/5 ein dorsomedianer Bandscheibenvorfall mit leicht kompressiver Wirkung auf das Myelon. Bleibende Funktionsstörungen hätten in der Zeit der Behandlung von Mai bis Juli 2003 nicht festgestellt werden können. Diese degenerativen Veränderungen könnten jedoch immer wieder für Bewegungs- Belastungs- und z. T. auch Ruheschmerz verantwortlich sein. Bei den so geschilderten Beschwerden handelt es sich noch um keine wenigstens mittelgradige Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Denn solche gingen einher mit einer Verformung, mit häufig rezidivierenden oder anhaltenden Bewegungseinschränkungen, mit einer Instabilität mittleren Grades oder mit rezidivierenden und über Tage andauernden Wirbelsäulensyndromen (vgl. AHP 26.18). Ärztliche Befunde, die funktionelle Einschränkungen in genannter Ausprägung beschrieben, liegen dem Senat nicht vor. Eine Änderung des Zustandes im Vergleich zu den von Dr. D. im Jahr 2003 gemachten Angaben ist nicht nachgewiesen. Die Ausführungen in den neurologisch/psychiatrischen Gutachten von Dr. R. ("nachvollziehbare geringe degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule ohne funktionelle Beeinträchtigung"), von Dr. G. ("Wirbelsäule weitgehend lotrecht, Schulter- und Beckengeradstand, keine wesentlichen paravertebralen Muskelverspannungen, kein Klopf- und Stauchungsschmerz über der Wirbelsäule, insgesamt freie Entfaltung, FBA 15 cm möglich, Lasègue/Bragard bds. negativ"), von Dr. S. ("bezüglich des degenerativen HWS-Syndroms und der zervikalen Spinalkanalstenose beträgt der GdB 10") und Dr. Z. ("geringe bis allenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen") bestätigen die Angemessenheit dieser Einschätzung, zumal es aufgrund der fehlenden funktionellen Einschränkungen zu Überschneidungen der Auswirkungen mit der bereits berücksichtigten Somatisierungsstörung kommt. Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestand deswegen nicht und auch die Klägerin hat von dem ursprünglich gestellten Antrag, ein Gutachten nach § 109 SGG auch auf orthopädischem Fachgebiet zu erheben, mit dem im Schriftsatz vom 16.06.2008 gestellten Antrag auf eine Entscheidung durch den Senat Abstand genommen.
Soweit Dr. Dr. B. in seinem Gutachten Reflexabschwächungen, Sensibilitätsstörungen, eine Extensionsschwäche der Zehen sowie eine Abduktionsschwäche des 5. Fingers links beschrieben hat, ist darauf hinzuweisen, dass diese Einschränkungen weder in den vorliegenden Befundberichten vor der Untersuchung durch Dr. Dr. B. Erwähnung finden noch in den nachfolgenden Gutachten entsprechende Feststellungen enthalten sind. Behinderungen mit einem Grad von wenigstens 10 resultieren hieraus daher nicht.
Insgesamt betrachtet verbleibt es daher bei einem GdB von 30, da von Ausnahmefällen abgesehen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei gleichzeitig schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit), zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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