L 7 AL 3378/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 101/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 3378/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Minderung des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Der am 1949 geborene Kläger bezog nach einer mehrjährigen Beschäftigung als kaufmännischer Angestellter ab dem 1. November 2001 Alg. Auf Vermittlungsvorschlag der Beklagten nahm der Kläger ab dem 1. November 2003 eine Beschäftigung als Hausmeister beim Versorgungsamt Rottweil, Land Baden-Württemberg, auf. Wegen der bevorstehenden Verwaltungsreform in Baden-Württemberg zum 1. Januar 2005, von der auch die Versorgungsverwaltung betroffen war, wurde der Arbeitsvertrag befristet auf den 31. Dezember 2004 geschlossen. In der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 bezog der Kläger aus dieser Beschäftigung ein beitragspflichtiges Bruttoentgelt i.H.v. EUR 22.668,48.

Nachdem das Versorgungsamt der Beklagten unter dem 29. August 2003 die Einstellung des Klägers zum 1. November 2003 mitgeteilt hatte, hob die Beklagte die Alg-Bewilligung ab 1. November 2003 auf. Der Aufhebungsbescheid vom 28. Oktober 2003 enthielt unter der Rubrik "Wichtige Hinweise" u.a. folgenden Passus:

"Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Versicherungspflichtverhältnis, müssen Sie sich 3 Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden. Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches führen kann."

Im September 2004 bewarb sich der Kläger auf zwei Stellen beim Landratsamt Rottweil als Leiter der Poststelle und als Hausmeister. Unter dem 28. September 2004 bestätigte das Landratsamt den Eingang der Bewerbung als Leiter der Poststelle; die eingegangenen Bewerbungen würden geprüft, der Kläger über das Ergebnis benachrichtigt. Mit Schreiben vom 10. November 2004 wurde dem Kläger auf seine Bewerbung als Hausmeister mitgeteilt, dass er in die engere Wahl genommen worden sei, weshalb er zum Vorstellungsgespräch am 16. November 2004 eingeladen werde. Unter dem 22. November 2004 erfolgte eine Absage, weil man sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.

Am 29. November 2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten persönlich arbeitslos und zugleich arbeitsuchend i.S.d. § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und beantragte die Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 2. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 1. Januar 2005 nach einem Bemessungsentgelt von täglich EUR 61,94, Steuerklasse IV, Kindermerkmal 0 bei einem täglichen Leistungssatz von EUR 24,66 mit einem täglichen Leistungsbetrag von EUR 12,33. Mit einem Schreiben vom 1. Februar 2005, auf das im Bescheid vom 2. Februar 2005 Bezug genommen wurde, teilte die Beklagte dem Kläger "ergänzend" zum gesondert zugehenden Bewilligungsbescheid mit, er hätte sich am 30. September 2004 arbeitsuchend melden müssen; die Meldung sei jedoch erst am 29. November 2004 und somit um 59 Tage zu spät erfolgt. Nach § 140 SGB III mindere sich der Anspruch auf Leistungen um EUR 35,00 für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30 Tage). Daraus errechne sich ein Minderungsbetrag in Höhe von EUR 1.050,00. Der Minderungsbetrag werde auf die halbe Leistung angerechnet, woraus sich ein Abzug von der täglichen Leistung in Höhe von EUR 12,33 ergebe. Die Anrechnung beginne am 1. Januar 2005 und ende voraussichtlich ab dem 26. März 2005.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches trug der Kläger vor, wegen der Verwaltungsreform nur befristet eingestellt worden zu sein. Sämtliche Mitarbeiter des Versorgungsamtes seien nach dessen Auflösung auf sieben Landratsämter verteilt und auch übernommen worden. Er selbst habe am 30. September 2004 absolut sicher davon ausgehen können, ab 1. Januar 2005 beim Landratsamt Rottweil weiterbeschäftigt zu werden. Er habe daher zu keinem Zeitpunkt Veranlassung gesehen, bei der Agentur für Arbeit wegen Arbeitsuche vorstellig zu werden. Nach Gesprächen mit dem Leiter des Hauptamtes des Landratsamtes sowie der Leiterin des dortigen Personalamtes habe er sogar zwei Stellen zur Auswahl gehabt, die er hätte antreten können. Außerdem hätten persönliche Gespräche mit und der persönliche Einsatz des damaligen Amtsleiters des Versorgungs- sowie des Kämmerers des Landratsamtes auf eine Weiterbeschäftigung hingedeutet. Nach Erhalt der Absage habe er sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit gemeldet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Mangels einer konkreten schriftlichen Weiterbeschäftigungszusage habe der Kläger auch unter Berücksichtigung der laufenden Stellungsbesetzungsvorgänge nicht von einer Meldung als arbeitsuchend absehen dürfen.

Hiergegen hat der Kläger am 11. März 2005 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, die er ausdrücklich auf die Anfechtung der Minderung beschränkt hat. Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens hat er vorgetragen, er sei vom damaligen Amtsleiter des Versorgungsamtes Rottweil auf Anfrage des Leiters des Hauptamtes des Landratsamtes nach einem geeigneten Bewerber für die dortigen Stellen empfohlen worden und daraufhin auch in die engere Wahl gekommen. Angesichts dieser konkreten Möglichkeit habe er daher davon ausgehen dürfen, sich nicht arbeitsuchend melden zu müssen. Des Weiteren sei der Beklagten, die die Beschäftigung beim Versorgungsamt vermittelt habe, deren Befristung bekannt gewesen; einer ausdrücklichen Meldung als arbeitsuchend habe es daher nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht bedurft.

Mit Urteil vom 11. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich spätestens am 30. September 2004 arbeitsuchend zu melden. Dem stehe nicht entgegen, dass die befristete Beschäftigung von der Beklagten vermittelt worden sei. Angesichts der Dauer der Beschäftigung stelle die Meldeobliegenheit keine bloße Förmelei dar, da nach Ablauf von 14 Monaten, wie vorliegend, nicht absehbar sei, ob tatsächlich wieder Vermittlungsbedarf entstehe. Durch den Hinweis im Aufhebungsbescheid vom 28. Oktober 2003, den er ohne Zweifel habe verstehen können, sei der Kläger über seine Obliegenheit zutreffend informiert worden. Somit habe er zumindest fahrlässig seine Meldeobliegenheit verletzt. Denn er habe mangels verbindlicher Stellenzusage nicht sicher davon ausgehen können, nach Ablauf der Befristung nahtlos eine neue Beschäftigung aufnehmen zu können. Zwar sei er in die engere Wahl für eine Stelle beim Landratsamt gekommen; damit habe er aber gewusst, dass andere Bewerber vorhanden seien, zumal es zu einem weiteren Vorstellungsgespräch gekommen sei.

Gegen dieses seinem Bevollmächtigten am 4. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Juli 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In Vertiefung seines bisherigen Vorbringens hat er ausgeführt, aus seiner subjektiven Sicht habe sich angesichts der beiden Stellenangebote und des Umstandes, in die engere Wahl gekommen zu sein, die konkrete Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung ab 1. Januar 2005 ergeben. Nachdem ihm zwei mögliche Stellen in Aussicht gestellt worden seien, sei aus seiner Sicht die Situation so zu beurteilen gewesen, als sei ihm konkret eine Stelle zugesagt worden. Durch die Eingliederung der Versorgungsverwaltung in die untere Verwaltungsbehörde sei er beim Landratsamt Rottweil beschäftigt gewesen und habe berechtigterweise die Möglichkeit gesehen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Wie aus dem Arbeitszeugnis ersichtlich sei, habe auch der damalige Amtsleiter des Versorgungsamtes gute Chancen für eine vergleichbare Beschäftigung bei den Landratsämtern in der Region gesehen. Die Dauer des befristeten Beschäftigungsverhältnisses schließe nicht aus, dass die Beklagte in Kenntnis der Befristung verpflichtet gewesen sei, ihn weiter als arbeitsuchend zu führen und ihm weiter Vermittlungsvorschläge für eine unbefristete Beschäftigung zu unterbreiten. Dies ergebe sich auch aus § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Juni 2008 sowie die Bescheide der Beklagten vom 1. und 2. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2005 hinsichtlich der Minderung des Arbeitslosengeldes aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf den Inhalt ihrer Bescheide. Ob sie tatsächlich Kenntnis von der Befristung der Beschäftigung des Klägers gehabt habe, könne wegen fehlender Vermittlungsunterlagen nicht mehr festgestellt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 750,00 übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Gemäß § 95 SGG ist Gegenstand des Verfahrens neben dem Bewilligungsbescheid vom 2. Februar 2005 und dem Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2005 auch das Erläuterungsschreiben vom 1. Februar 2005, da der Bewilligungsbescheid mit diesem Schreiben zusammen eine rechtliche Einheit über die (geminderte) Bewilligung von Alg enthält (BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a/7 AL 80/04 R - (juris)). Streitig ist im vorliegenden Verfahren lediglich die Minderung des Alg-Anspruches, da die Klage ausdrücklich hierauf beschränkt war (vgl. BSG a.a.O.).

Anspruch auf Alg haben nach §§ 117, 118 Abs. 1 SGB III (in der hier anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I 2848 - SGB III a.F.) Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 1 SGB III) und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben (§§ 123 Satz 1, 124 Abs. 1 SGB III a.F.). Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers in der streitbefangenen Zeit gegeben. Er hatte mithin ab dem 1. Januar 2005 Anspruch auf Alg. Die Beklagte hat jedoch zu Recht diesen Anspruch um den hier streitigen Gesamtminderungsbetrag von EUR 1.050,00 in der Form der Anrechnung auf das halbe Alg pro Tag gekürzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Alg in ungeminderter Höhe. Die Voraussetzungen für eine Minderung nach § 140 SGB III a.F. liegen vor.

Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37b SGB III a.F. nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. das Alg, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruches zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt nach Satz 2 bei einem Bemessungsentgelt bis zu EUR 100,00 EUR 35,00 für jeden Tag der verspäteten Meldung. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet (Satz 3). Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Alg angerechnet wird. Nach § 37b SGB III a.F. sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird.

Nach Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2008 - L 7 AL 5879/07 -), ist § 37b Satz 2 SGB III a.F. nicht so widersprüchlich und unbestimmt, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügen kann. Satz 2 der Vorschrift ist vielmehr als unselbstständige Begrenzung des § 37b Satz 1 SGB III a. F. anzusehen. Dies bedeutet, dass eigentlich auch der befristet Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss, auch wenn ihm der Beendigungszeitpunkt bereits früher bekannt ist. Nach Sinn und Zweck der Regelung ist die Norm bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von mehr als drei Monaten so auszulegen, dass "spätestens" drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen hat (BSG SozR 4-4300 § 37b Nr. 2).

Vorliegend war das Arbeitsverhältnis des Klägers auf den 31. Dezember 2004 befristet. Die Meldeobliegenheit bestand für den Kläger somit spätestens am 30. September 2004. Die erst am 29. November 2004 erfolgte Meldung war daher um 60 Tage verspätet.

Dass die befristete Beschäftigung auf Vermittlung der Beklagten zustande kam, lässt diese Meldeobliegenheit nicht entfallen. Zunächst kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte von der Befristung der auf ihre Vermittlung zustande gekommenen Beschäftigung tatsächlich Kenntnis hatte. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich solches nicht. Der in der Akte der Beklagten enthaltene Vermittlungsvorschlag (Bl. 20 der Verwaltungsakte) enthält keinerlei Hinweis auf eine Befristung. Auch der Kläger hat bislang nur vorgetragen, dass die Beschäftigung, die von der Beklagten vermittelt worden war, als befristete geschlossen wurde. Dem ist jedoch nicht zwingend zu entnehmen, dass die Befristung bereits bei der Vermittlung bekannt war. Vielmehr kann sie auch erst im Kontakt zwischen Arbeitgeber und Kläger zur Sprache gekommen sein. Auch die Mitteilung des Arbeitgebers über die Einstellung (Bl. 20 der Verwaltungsakte, Rückseite) enthält keinen Hinweis auf eine Befristung. Eine eigene Abmeldung des Klägers aus dem Alg-Bezug, die einen solchen enthalten könnte, ist nicht zu den Akten gelangt.

Selbst die Kenntnis der Beklagten von der Befristung hätte die Meldeobliegenheit des Klägers nicht entfallen lassen. Das Gesetz statuiert entgegen der Auffassung des Klägers keine Verpflichtung der Beklagten, den "Versicherungsfall" nach Beendigung der Arbeitslosigkeit unter Kontrolle zu halten. Nach der gesetzlichen Wertung endet die Vermittlungspflicht der Beklagten mit Aufnahme einer Beschäftigung. Der Gesetzgeber weist die Pflicht zur - neuerlichen - Ingangsetzung der Vermittlung durch § 37b SGB III gerade der Sphäre des Arbeitnehmers zu. Diesem obliegt es, bei Auslaufen der Beschäftigung die Vermittlung durch die Beklagte wieder in Gang zu setzen. Dies ist gerade Zweck und Inhalt der Pflicht zur frühzeitigen Meldung als arbeitsuchend nach § 37b SGB III. Dieser geht als speziellere Regelung auch der Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB I vor, so dass offenbleiben kann, ob diese Vorschrift überhaupt die vom Kläger angenommene Rechtsfolge auszulösen vermag. Des Weiteren ist die Beklagte nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur dazu verpflichtet, dem Arbeitsuchenden eine Arbeitsvermittlung anzubieten. Ein Arbeitnehmer muss daher selbst zu erkennen geben, dass er Arbeit sucht und dabei auch auf die Vermittlung der Beklagten zurückgreifen will. Von sich aus muss die Beklagte nicht tätig werden. Vielmehr ist die Arbeitsvermittlung grundsätzlich nur so lange weiterzuführen, bis sie erfolgreich beendet, also die Arbeitslosigkeit entfallen ist. Nach § 38 Abs. 4 SGB III ist die Beklagte bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis nur in Ausnahmefällen zur Arbeitsvermittlung verpflichtet: bei Vermittlung in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (Satz 1 Nr. 2), bei Aufnahme einer unzumutbaren Beschäftigung (Satz 1 Nr. 3) und bei Meldepflichtigen nach § 37b für die Zeit zwischen der Meldung bis zum Ablauf des Beschäftigungsverhältnisses (Satz 1 Nr. 4). In allen anderen Fällen ist sie nach drei Monaten einzustellen, wenn der Arbeitnehmer das Vermittlungsgesuch nicht erneuert (Sätze 2 und 3). Ein solches Ansinnen hat der Kläger aber nach Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages zunächst nicht erkennbar an die Beklagte herangetragen. Gerade § 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB III zeigt, dass die Initiative zur Auslösung der Vermittlungsbemühungen vom Arbeitnehmer auszugehen hat.

Angesichts dieser eindeutigen gesetzlichen Wertung kann die Pflicht zur frühzeitigen Meldung nur in Ausnahmefällen entfallen. Dies kann unter dem Gesichtspunkt des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht kommen, wenn die neuerliche Meldung angesichts der Kenntnis der Beklagten von der Befristung eine "bloße Förmelei" darstellte (BSG SozR 4-4300 § 37b Nr. 2). Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, kann dies auch nach Auffassung des Senats nur für Fälle kurzzeitiger Zwischenbeschäftigungen (in dem der Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Fall drei Monate) gelten. So hat auch das BSG (SozR 4-4300 § 37b Nr. 5) bei einer Zeitspanne von etwa einem Jahr zwischen der schriftlichen Abmeldung aus der Arbeitslosigkeit und dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses die Forderung nach einer persönlichen Meldung zu einem späteren Zeitpunkt für gerechtfertigt gehalten (vgl. a. BSG SozR 4-4300 § 37b Nr. 6: offen gelassen für eine siebenmonatige Beschäftigung). Denn bei einem längeren befristeten Arbeitsverhältnis erscheint es durchaus möglich, dass der Arbeitnehmer bereits frühzeitig eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit in Aussicht hat, so dass die Beklagte nicht ohne Weiteres davon ausgehen kann, dass der Arbeitnehmer wieder arbeitslos wird (ebenso LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 2. November 2007 - L 3 AL 106/06 - (juris)). Hierfür spricht auch die Wertung des § 38 Abs. 4 SGB III. Teilt der Arbeitslose die Aufnahme einer bis zu dreimonatigen Zwischenbeschäftigung mit, fällt diese Mitteilung mit dem Zeitpunkt der Meldeobliegenheit zusammen. Die Beklagte ist nach § 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB III auch während der Zeit der Zwischenbeschäftigung zur Arbeitsvermittlung verpflichtet, weiß daher nach Ende der Beschäftigung, ob weiterhin Vermittlungsbedarf besteht. Bei länger befristeten Arbeitsverhältnissen gilt dies hingegen nicht, wenn der Arbeitnehmer das Vermittlungsgesuch nicht erneuert. Des Weiteren zeigt die Wertung des § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III, dass auch der Gesetzgeber annimmt, dass nach Ablauf von drei Monaten grundsätzlich nicht mehr von einem fortbestehenden Vermittlungsbedarf auszugehen ist. Dies gilt in besonderem Maße im vorliegenden Fall. Denn Grund für die Befristung war die bei Vertragsschluss bevorstehende Verwaltungsreform und die damit verbundene Auflösung der Versorgungsämter und Übertragung der Aufgaben auf die unteren Verwaltungsbehörden. Es bestand daher, wie ja der Kläger gerade selbst vorträgt, durchaus die Möglichkeit, dass die dortigen Beschäftigten bei den neu zuständigen Dienststellen übernommen würden.

Eine Verletzung der Obliegenheit des § 37b SGB III a.F. verlangt nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4300 § 37b Nr. 2; BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 56/06 R - (juris)), der sich der Senat anschließt (vgl. schon Senatsurteile vom 12. Mai 2005 - L 7 AL 753/05 - und 19. April 2007 - L 7 AL 2996/06 -), auf Seiten des Versicherten ein Verschulden. Ein solches ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer unter Anwendung eines subjektiven Maßstabs zumindest fahrlässig in Unkenntnis seiner Verpflichtung zur Meldung als arbeitsuchend war. Eine solche Kenntnis oder zumindest fahrlässige Unkenntnis der Obliegenheit ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer zutreffend hierüber belehrt worden ist. Die Belehrung kann durch die Bundesagentur für Arbeit oder auch durch den Arbeitgeber auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III erfolgen. Eine zutreffende Belehrung beseitigt die unverschuldete Unkenntnis (BSGE 95, 8).

Zu Recht ist das SG im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Beklagte den Kläger durch ihren Aufhebungsbescheid vom 28. Oktober 2003 zutreffend über dessen Obliegenheit belehrt hatte. Dieser Bescheid ist zwar in der Verwaltungsakte nicht enthalten; der Kläger hat jedoch weder dessen Erhalt noch den von der Beklagten vorgetragenen Inhalt in Abrede gestellt. Nach dem in der Verwaltungsakte enthaltenen Vordruckmuster für Aufhebungsbescheide zum damaligen Zeitpunkt enthielt der Bescheid demnach den im Tatbestand dargestellten Hinweis. Hierbei handelt es sich um eine inhaltlich richtige und ausreichende Information des Klägers. Der Wortlaut lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass eine Meldung weniger als drei Monate vor Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend ist. Auch die drohende Rechtsfolge - die Minderung des Anspruchs - wird unmissverständlich dargestellt. Dass diese lediglich eintreten "könne", macht nur deutlich, dass die Minderung nicht nur vom Vorliegen des objektiven Verstoßes gegen die Obliegenheit abhängt, sondern berücksichtigt nur die Relevanz eines subjektiven Verschuldens, indiziert aber kein - tatsächlich nicht eingeräumtes - Ermessen der Beklagten (ebenso BSG, Urteil vom 28. August 2007, a.a.O.). Gerade weil dieser Hinweis nicht lediglich den unklaren Gesetzeswortlaut wiedergibt, sondern die - zutreffende - Auslegung der Beklagten einfach und verständlich darstellt, wurde der Kläger in die Lage versetzt, seine Meldeobliegenheit zu erfassen und ihr nachzukommen. Auf die unterschiedliche Auslegung, die diese Norm insbesondere durch verschiedene sozialgerichtliche Entscheidungen oder Literaturmeinungen erhalten hat, kommt es daher für die Frage eines zumindest fahrlässigen Obliegenheitsverstoßes nicht an. Lässt der Kläger deutliche und verständliche Hinweise der Bundesagentur für Arbeit außer Acht, trägt er das Risiko, dass diese sich als zutreffend herausstellen. Er verletzt hierdurch die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Im Hinblick auf seine bisherigen beruflichen Tätigkeiten vorwiegend als kaufmännischer Angestellter bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, die einfach formulierten Hinweise zu verstehen. Der Hinweis im Aufhebungsbescheid erfolgte unter der Überschrift "wichtige Hinweise", so dass er sich dem Kläger aufdrängen musste, auch wenn es sich um einen Bescheid handelte, der das konkrete Leistungsverhältnis beendete. In Aufhebungsbescheiden enthaltene Hinweise sind nicht ohne Relevanz (BSG SozR 4-4300 Nr. 2; BSG, Urteil vom 28. August 2007, a.a.O.). Es stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung dar, vom Inhalt ergangener Bescheide keine Kenntnis zu nehmen.

Wegen dieses konkreten Hinweises konnte der Kläger auch nicht ohne Verstoß gegen die erforderliche Sorgfaltspflicht davon ausgehen, dass es wegen der Befristung der Beschäftigung nach deren Ablauf keiner neuen Meldung bedarf. Wäre er davon ausgegangen, dass die Beklagte diese Befristung kannte, wäre ihm durch den Hinweis im Aufhebungsbescheid, der ja gerade im Hinblick auf die Aufnahme dieser Beschäftigung erging, deutlich vor Augen geführt worden, dass die Beklagte eine neuerliche Meldung spätestens am 30. September 2004 erwarte. Im Übrigen hat der Kläger selbst nicht konkret angeführt, die Meldung im Vertrauen auf die Kenntnis der Beklagten von der Befristung unterlassen zu haben. Vielmehr hat er zur Begründung seiner Rechtsbehelfe immer vorgetragen, wegen konkreter Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung keinen Anlass für eine Meldung gesehen zu haben.

Subjektiv kann es zwar am Verschulden des Arbeitnehmers fehlen, wenn er auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vertrauen durfte und daher die Meldung unterlässt (vgl. aber BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a/7 AL 80/04 R - (juris)). Dies kann auch für die Unterlassung im Vertrauen auf eine andere Anschlussbeschäftigung gelten, unabhängig, ob diese beim selben Arbeitgeber stattfinden soll oder bei einem anderen. Der Kläger hat ausgeführt, dass er in dieser Weise von einer Weiterbeschäftigung ausgegangen sei. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte er aber nicht hierauf vertrauen dürfen. Allein der Umstand, dass die Beschäftigten des Versorgungsamtes im Zuge der Verwaltungsreform überwiegend bei anderen Dienststellen oder bei Landratsämtern übernommen wurden, konnte beim Kläger kein begründetes Vertrauen auf eine entsprechende Übernahme entstehen lassen. Zum einen war er als Hausmeister nicht mit Tätigkeiten befasst, die nach der Verwaltungsreform im Rahmen der Zuständigkeitsverschiebung nunmehr bei den Landratsämtern anfielen und entsprechenden Personalbedarf auslösen konnten. Zum anderen war sein Arbeitsvertrag gerade wegen der anstehenden Verwaltungsreform nur befristet geschlossen worden. Der Kläger hat weiter vorgetragen, aufgrund des großen persönlichen Einsatzes seines damaligen Amtsleiters und des Umstandes, dass er auch nach Angaben der Leitung des Personal- wie auch des Hauptamtes des Landratsamtes in der engeren Wahl für gleich zwei Stellen gewesen sei, habe er von einer konkreten Möglichkeit der Anschlussbeschäftigung ausgehen dürfen. Dieser Vortrag macht jedoch bereits deutlich, dass der Kläger gerade nicht sicher davon ausgehen konnte, tatsächlich eine nahtlose Anschlussbeschäftigung zu erhalten. Auch eine konkrete Möglichkeit beinhaltet zwangsläufig auch einen negativen Ausgang. Dass ein Bewerber in die engere Auswahl kommt, besagt zugleich, dass es weitere Konkurrenten gibt, unter denen eine Auswahl zu treffen ist. Jeder dieser Bewerber hat zwar eine konkrete Möglichkeit und Aussicht, die Stelle zu erhalten; sicher ist dies wegen der Konkurrenz jedoch gerade nicht. Dementsprechend ist eine Aussicht auf zwei Stellen eben nicht gleichbedeutend mit der festen Zusage einer Stelle. Dies lässt sich bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt auch ohne Weiteres erkennen. Gleiches gilt für die vom Kläger angeführten "guten Chancen" für eine Beschäftigung bei anderen Landratsämtern in der Region. Die vorgetragenen Umstände ändern nichts daran, dass eine Anschlussbeschäftigung nicht sicher angenommen werden konnte. Nach dem erkennbaren Sinn und Zweck der frühzeitigen Meldung als arbeitsuchend soll in diesen Fällen die Arbeitsvermittlung durch die Beklagte eingeschaltet werden. Da der Vortrag des Klägers somit nicht geeignet ist, den Vorwurf der Fahrlässigkeit zu entkräften, war seinen diesbezüglichen Beweisangeboten nicht nachzugehen. Der Kläger konnte nicht ohne Sorgfaltsverstoß von einer Meldung bei der Beklagten absehen.

Der Zeitraum der verspäteten Meldung beträgt mehr als 30 Tage, so dass der Anspruch sich um den in § 140 Abs. 1 Satz 3 SGB III a.F. genannten Höchstbetrag von 30 Tagen mindert. Hieran ändert sich auch nichts bei Berücksichtigung der Tage fehlender Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit insbesondere an den Wochenenden; der Senat verweist insoweit nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Höhe der Minderung beträgt bei einem Bemessungsentgelt von EUR 61,94 täglich EUR 35.- (§ 140 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III a.F.), mithin EUR 1.050.-.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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