Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2622/05 AK-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 5579/05 AK-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. November 2005 abgeändert. Die Beklagte hat der Klägerin nur die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten war im Hauptsacheverfahren die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Bei der 1962 geborenen Klägerin erfolgte im Juli 2002 eine komplette Dickdarmrestentfernung. Im September 2002 wurde der vorübergehend angelegte künstliche Darmausgang wieder zurückverlegt und ein Pouch angelegt. Dabei handelt es sich um ein aus einer Dünndarmschlinge geformtes Reservoir, das den Dünndarmstuhl sammelt und so den Mastdarm ersetzen kann. Seit der Operation im September bestehen nach Angaben der Klägerin erhebliche Beschwerden.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 08.10.2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2002 und Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 ab. Dagegen erhob die Klägerin am 09.10.2003 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Nach Befragung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen holte das Gericht zunächst ein nervenärztliches und anschließend noch ein internistisches Gutachten ein. Nach den Ausführungen des nervenärztlichen Sachverständigen (Gutachten vom 15.10.2004) konnten bei der Klägerin auf neurologischem Gebiet gar keine und auf psychiatrischem Gebiet nur leichte Auffälligkeiten festgestellt werden. Demzufolge kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht noch acht Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann. Dagegen vertrat der internistische Sachverständige in seinem Gutachten vom 07.03.2005 die Auffassung, dass die Klägerin seit September 2002 nicht mehr arbeitsfähig ist. Er zeigte aber auch Therapiemöglichkeiten auf, die aus seiner Sicht zur Anwendung kommen sollten.
Nach Auswertung des internistischen Gutachtens anerkannte die Beklagte mit einem am 02.06.2005 beim SG eingegangenen Schriftsatz, dass die Klägerin seit 25.09.2002 voll erwerbsgemindert ist. Sie erklärte sich bereit, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet ab 01.4.2003 bis 31.03.2006 und erneut vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Auch erklärte sie sich bereit, die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zur Hälfte zu übernehmen. Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2005 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte, die Beklagte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu verpflichten. Diesem Antrag trat die Beklagte entgegen mit dem Hinweis, der Klageantrag sei nicht auf eine zeitlich befristete Rente beschränkt gewesen. Wäre eine Dauerrente bewilligt worden, hätte dies bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu einer nahezu 20jährigen Rentenbezugsdauer geführt. Dieses Ziel habe die Klägerin nicht erreicht. Eine mehr als hälftige Übernahme der Kosten sei daher nicht gerechtfertigt.
Mit Beschluss vom 07.11.2005 hat das SG entschieden, dass die Beklagte zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten hat. Der Beschluss ist der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 17.11.2005 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 16.12.2005 beim SG eingelegte Beschwerde der Beklagten. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß den §§ 173ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Sie ist nur verpflichtet, von dem im Klageverfahren vor dem SG (S 12 RJ 2981/03) angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Hälfte zu übernehmen.
Rechtliche Grundlage für die Kostenentscheidung ist § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG. Danach hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das gerichtliche Verfahren anders als durch Urteil endet. Die Entscheidung ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen. Hierbei sind neben den Erfolgsaussichten der Klage auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung zu prüfen. In der Regel entspricht es jedoch der Billigkeit, dass der die Kosten trägt, der unterliegt. Wird gegen eine Kostenentscheidung des SG Beschwerde eingelegt, hat das Landessozialgericht nicht nur die Kostenentscheidung des SG auf Ermessensfehler hin zu überprüfen, sondern eine eigene Entscheidung zu treffen (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. auch HessLSG, Breith. 1993, 606, 607; a.A. LSG Niedersachsen SGb 1997, 642).
Erledigt sich der Rechtsstreit nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch (angenommenes) Anerkenntnis oder erlässt die Behörde einen den Kläger klaglos stellenden Bescheid, ist zu unterscheiden: War die Klage von Anfang an begründet, trägt die Behörde die Kosten, und zwar auch dann, wenn sie sofort nach Vorlage des Beweisergebnisses ein Anerkenntnis oder ein entsprechendes Vergleichsangebot abgibt. Sie trägt das Risiko, dass sich die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns erst nachträglich herausstellt. Beruht der Erfolg der Klage dagegen auf dem Umstand, dass sich die Sachlage erst nach Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts geändert hat und trägt die Behörde dem unverzüglich Rechnung (sofortiges Anerkenntnis), braucht sie die Kosten nicht zu tragen (HessLSG 30. 3. 1994 Breith 1995, 166; LSG Hamburg 15. 3. 1978 Breith 1979, 936, 937f; aA BayLSG 10. 10. 1996 SGb 1997, 269: keine Freistellung, aber Minderung der Kostenlast; LSG Nds 17. 1. 1984 Breith 1984, 634, 636; vgl auch BayLSG 9. 8. 1985 Breith 1986, 365 und 2.6.1998 Breith 1998, 948).
Im vorliegenden Fall war der mit der Klage angefochtene Bescheid von Anfang an rechtswidrig, weil die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zu Unrecht abgelehnt worden ist. Allein dieser Umstand rechtfertigt es aber noch nicht, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Soweit in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten wird, dass sich die Kostenentscheidung nach dem Veranlassungs- oder Verursacherprinzip richten soll und deshalb die Frage der Erfolgsaussicht nur die Frage danach sei, wer die Aufwendungen des Anderen zu Unrecht verursacht habe (so u.a. LSG Schleswig-Holstein Breithaupt 1997, 576), vermag sich der Senat dem in dieser Allgemeinheit nicht anzuschließen. Auch bei der nach § 193 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung muss beachtet werden, dass das Gesetz in der Zivilprozessordnung (vgl. §§ 91, 92 ZPO) ebenso wie in der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. § 154 VwGO) und jetzt auch im sozialgerichtlichen Verfahren für die nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtigen Verfahren (§197a SGG iVm § 154 VwGO) eine Gewichtung vorgenommen hat. Danach bleibt der tatsächliche oder vermutliche Verfahrensausgang der wichtigste Maßstab für die Kostentragung (Grundsatz). Die Berücksichtigung des Verhaltens der Beteiligten vor oder während des Prozesses hat demgegenüber nur die Bedeutung eines Korrektivs (Ausnahme). Es ist daher auch bei einer auf § 193 beruhenden Kostenentscheidung grundsätzlich als sachgerecht anzusehen, dass der die Kosten trägt, der unterliegt (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 2). Bei teilweisem Obsiegen ist eine Aufteilung der Kosten vorzunehmen. Ob eine Klage danach ganz oder nur teilweise Erfolg hat hängt, vom Klageantrag ab.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nur teilweise obsiegt. Dies wird von ihr auch nicht in Abrede gestellt. Nach dem Klageantrag war die Klage darauf gerichtet, "Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung" (Klageschrift vom 09.10.2003) zu erhalten, und zwar auf Dauer. Gemessen daran hat die Klägerin damit, dass sie die begehrte Rente für die Zeit vom 01.4.2003 bis 31.03.2006 und erneut vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 (durch Teilanerkenntnis) zuerkannt bekommen hat, nur zur Hälfte obsiegt. Dies gilt auch, obwohl Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI grundsätzlich nur auf Zeit geleistet werden. Diesem Gesichtspunkt muss im Klageantrag Rechnung getragen werden. Wer der Ansicht ist, dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI für eine unbefristete Rente vorliegen, trägt das Risiko, dass sich diese Voraussetzungen im Prozess nicht nachweisen lassen. Dies wirkt sich für die Kostenentscheidung dadurch aus, dass in einem solchen Fall nur die Hälfte der außergerichtlichen Kosten erstattet werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der ab 01.07.2004 geltenden Fassung des Art 4 Abs. 25 Nr. 2 des KostRMoG vom 05.05.2004 (BGBl I S. 718). Das Beschwerdeverfahren nach § 172 SGG, in dem die nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG ergangene Kostengrundentscheidung des SG angefochten wird, stellt kostenrechtlich ein eigenständiges Verfahren dar, für das der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Vergütung hat (§ 18 Nr. 5 RVG). Eine Unterscheidung danach, ob sich die Vergütung des Rechtsanwalts nach dem Streitwert bestimmt oder ob der Anwalt für seine Tätigkeit Beitragsrahmengebühren (§ 3 RVG) erhält, findet unter der Geltung des RVG nicht mehr statt. Auch für Beschwerdeverfahren dieser Art ist daher eine Kostenentscheidung zu treffen. Der Senat sieht es als sachgerecht an, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren nicht zu tragen hat, da die Beschwerde der Beklagten erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten war im Hauptsacheverfahren die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Bei der 1962 geborenen Klägerin erfolgte im Juli 2002 eine komplette Dickdarmrestentfernung. Im September 2002 wurde der vorübergehend angelegte künstliche Darmausgang wieder zurückverlegt und ein Pouch angelegt. Dabei handelt es sich um ein aus einer Dünndarmschlinge geformtes Reservoir, das den Dünndarmstuhl sammelt und so den Mastdarm ersetzen kann. Seit der Operation im September bestehen nach Angaben der Klägerin erhebliche Beschwerden.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 08.10.2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.12.2002 und Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 ab. Dagegen erhob die Klägerin am 09.10.2003 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Nach Befragung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen holte das Gericht zunächst ein nervenärztliches und anschließend noch ein internistisches Gutachten ein. Nach den Ausführungen des nervenärztlichen Sachverständigen (Gutachten vom 15.10.2004) konnten bei der Klägerin auf neurologischem Gebiet gar keine und auf psychiatrischem Gebiet nur leichte Auffälligkeiten festgestellt werden. Demzufolge kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht noch acht Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann. Dagegen vertrat der internistische Sachverständige in seinem Gutachten vom 07.03.2005 die Auffassung, dass die Klägerin seit September 2002 nicht mehr arbeitsfähig ist. Er zeigte aber auch Therapiemöglichkeiten auf, die aus seiner Sicht zur Anwendung kommen sollten.
Nach Auswertung des internistischen Gutachtens anerkannte die Beklagte mit einem am 02.06.2005 beim SG eingegangenen Schriftsatz, dass die Klägerin seit 25.09.2002 voll erwerbsgemindert ist. Sie erklärte sich bereit, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet ab 01.4.2003 bis 31.03.2006 und erneut vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Auch erklärte sie sich bereit, die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zur Hälfte zu übernehmen. Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.06.2005 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte, die Beklagte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu verpflichten. Diesem Antrag trat die Beklagte entgegen mit dem Hinweis, der Klageantrag sei nicht auf eine zeitlich befristete Rente beschränkt gewesen. Wäre eine Dauerrente bewilligt worden, hätte dies bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu einer nahezu 20jährigen Rentenbezugsdauer geführt. Dieses Ziel habe die Klägerin nicht erreicht. Eine mehr als hälftige Übernahme der Kosten sei daher nicht gerechtfertigt.
Mit Beschluss vom 07.11.2005 hat das SG entschieden, dass die Beklagte zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten hat. Der Beschluss ist der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 17.11.2005 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 16.12.2005 beim SG eingelegte Beschwerde der Beklagten. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß den §§ 173ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Sie ist nur verpflichtet, von dem im Klageverfahren vor dem SG (S 12 RJ 2981/03) angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Hälfte zu übernehmen.
Rechtliche Grundlage für die Kostenentscheidung ist § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG. Danach hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das gerichtliche Verfahren anders als durch Urteil endet. Die Entscheidung ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen. Hierbei sind neben den Erfolgsaussichten der Klage auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung zu prüfen. In der Regel entspricht es jedoch der Billigkeit, dass der die Kosten trägt, der unterliegt. Wird gegen eine Kostenentscheidung des SG Beschwerde eingelegt, hat das Landessozialgericht nicht nur die Kostenentscheidung des SG auf Ermessensfehler hin zu überprüfen, sondern eine eigene Entscheidung zu treffen (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. auch HessLSG, Breith. 1993, 606, 607; a.A. LSG Niedersachsen SGb 1997, 642).
Erledigt sich der Rechtsstreit nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch (angenommenes) Anerkenntnis oder erlässt die Behörde einen den Kläger klaglos stellenden Bescheid, ist zu unterscheiden: War die Klage von Anfang an begründet, trägt die Behörde die Kosten, und zwar auch dann, wenn sie sofort nach Vorlage des Beweisergebnisses ein Anerkenntnis oder ein entsprechendes Vergleichsangebot abgibt. Sie trägt das Risiko, dass sich die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns erst nachträglich herausstellt. Beruht der Erfolg der Klage dagegen auf dem Umstand, dass sich die Sachlage erst nach Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts geändert hat und trägt die Behörde dem unverzüglich Rechnung (sofortiges Anerkenntnis), braucht sie die Kosten nicht zu tragen (HessLSG 30. 3. 1994 Breith 1995, 166; LSG Hamburg 15. 3. 1978 Breith 1979, 936, 937f; aA BayLSG 10. 10. 1996 SGb 1997, 269: keine Freistellung, aber Minderung der Kostenlast; LSG Nds 17. 1. 1984 Breith 1984, 634, 636; vgl auch BayLSG 9. 8. 1985 Breith 1986, 365 und 2.6.1998 Breith 1998, 948).
Im vorliegenden Fall war der mit der Klage angefochtene Bescheid von Anfang an rechtswidrig, weil die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zu Unrecht abgelehnt worden ist. Allein dieser Umstand rechtfertigt es aber noch nicht, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Soweit in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten wird, dass sich die Kostenentscheidung nach dem Veranlassungs- oder Verursacherprinzip richten soll und deshalb die Frage der Erfolgsaussicht nur die Frage danach sei, wer die Aufwendungen des Anderen zu Unrecht verursacht habe (so u.a. LSG Schleswig-Holstein Breithaupt 1997, 576), vermag sich der Senat dem in dieser Allgemeinheit nicht anzuschließen. Auch bei der nach § 193 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung muss beachtet werden, dass das Gesetz in der Zivilprozessordnung (vgl. §§ 91, 92 ZPO) ebenso wie in der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. § 154 VwGO) und jetzt auch im sozialgerichtlichen Verfahren für die nach § 197a SGG gerichtskostenpflichtigen Verfahren (§197a SGG iVm § 154 VwGO) eine Gewichtung vorgenommen hat. Danach bleibt der tatsächliche oder vermutliche Verfahrensausgang der wichtigste Maßstab für die Kostentragung (Grundsatz). Die Berücksichtigung des Verhaltens der Beteiligten vor oder während des Prozesses hat demgegenüber nur die Bedeutung eines Korrektivs (Ausnahme). Es ist daher auch bei einer auf § 193 beruhenden Kostenentscheidung grundsätzlich als sachgerecht anzusehen, dass der die Kosten trägt, der unterliegt (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 2). Bei teilweisem Obsiegen ist eine Aufteilung der Kosten vorzunehmen. Ob eine Klage danach ganz oder nur teilweise Erfolg hat hängt, vom Klageantrag ab.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nur teilweise obsiegt. Dies wird von ihr auch nicht in Abrede gestellt. Nach dem Klageantrag war die Klage darauf gerichtet, "Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung" (Klageschrift vom 09.10.2003) zu erhalten, und zwar auf Dauer. Gemessen daran hat die Klägerin damit, dass sie die begehrte Rente für die Zeit vom 01.4.2003 bis 31.03.2006 und erneut vom 01.04.2006 bis zum 30.06.2006 (durch Teilanerkenntnis) zuerkannt bekommen hat, nur zur Hälfte obsiegt. Dies gilt auch, obwohl Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI grundsätzlich nur auf Zeit geleistet werden. Diesem Gesichtspunkt muss im Klageantrag Rechnung getragen werden. Wer der Ansicht ist, dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI für eine unbefristete Rente vorliegen, trägt das Risiko, dass sich diese Voraussetzungen im Prozess nicht nachweisen lassen. Dies wirkt sich für die Kostenentscheidung dadurch aus, dass in einem solchen Fall nur die Hälfte der außergerichtlichen Kosten erstattet werden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der ab 01.07.2004 geltenden Fassung des Art 4 Abs. 25 Nr. 2 des KostRMoG vom 05.05.2004 (BGBl I S. 718). Das Beschwerdeverfahren nach § 172 SGG, in dem die nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG ergangene Kostengrundentscheidung des SG angefochten wird, stellt kostenrechtlich ein eigenständiges Verfahren dar, für das der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Vergütung hat (§ 18 Nr. 5 RVG). Eine Unterscheidung danach, ob sich die Vergütung des Rechtsanwalts nach dem Streitwert bestimmt oder ob der Anwalt für seine Tätigkeit Beitragsrahmengebühren (§ 3 RVG) erhält, findet unter der Geltung des RVG nicht mehr statt. Auch für Beschwerdeverfahren dieser Art ist daher eine Kostenentscheidung zu treffen. Der Senat sieht es als sachgerecht an, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren nicht zu tragen hat, da die Beschwerde der Beklagten erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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