L 1 AS 5695/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3254/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 5695/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 20. November 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren L 1 AS 5695/08 ER-B wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im Streit steht die vom Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geforderte Zahlung von 180,- EUR an Nebenkosten für die Zeit von Juni bis November 2008.

Der Antragsteller, dessen Arbeitslosengeldbezug am 26. September 2005 geendet und der im Anschluss Arbeitslosengeld II bis 15. August 2007 bezogen hat, beantragte mit Schreiben vom 29. Mai 2008 gegenüber der Beklagten u.a. Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Leistungen werden dem Antragsteller bislang nicht gewährt, da der Antragsteller die von ihm geforderten Belege zum Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit bislang nicht vorgelegt hat. Seit 5. Dezember 2008 ist beim Sozialgericht Konstanz die Klage im Hauptsacheverfahren anhängig (S 4 AS 3562/08).

Mit Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Juli 2007 (S 4 AS 1977/07) hatte das SG zuvor wegen einer im damaligen Zeitpunkt bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft einen Leistungsanspruch des Antragstellers nach dem SGB II rechtskräftig abgelehnt.

Seit 4. Juni 2008 wohnt der Antragsteller in einer gemeindlichen Obdachlosenunterkunft, in die er mit Verfügung der Gemeinde O. vom 4. Juni 2008 eingewiesen wurde. Der Antragsteller bewohnt dort ein Zimmer mit Bad und WC. Strom und Heizung werden getrennt mit dem Energieversorgungsunternehmen abgerechnet.

Am 11. November 2008 wandte sich der Antragsteller an das SG und machte geltend, er habe am 29. Mai 2008 Leistungen nach dem SGB II beantragt, diese aber noch nicht bewilligt bekommen. Deshalb beantrage er jetzt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Übernahme von Nebenkosten in Höhe von 180,- EUR per Barscheck durch die Beklagte. Zugleich stelle er Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). Aktenkundig in den Verwaltungsakten ist ein Antrag des Antragstellers vom 17. Juli 2008, womit er beantragt, Kosten der Unterkunft und Nebenkosten (letztere in Höhe von 31,02 EUR) zu übernehmen. Diesen Antrag hat die Beklagte bislang nicht beschieden. Weiter ist aktenkundig das Schreiben des Energieversorgungsunternehmens vom 26. Juni 2008, worin der monatliche Abschlag für Haushalts- und Heizungsstrom mit insgesamt 116,- EUR veranschlagt wird.

Das SG hat dem Antragsteller mitgeteilt, dass zur Überprüfung der Hilfebedürftigkeit u.a. die Vorlage weiterer Kontoauszüge (bis einschließlich Januar 2004) erforderlich sei, da begründete Zweifel daran bestünden, dass der Antragsteller tatsächlich über kein Vermögen verfüge.

Mit Beschluss vom 20. November 2008 hat das SG den Antrag und die Gewährung von PKH abgelehnt. Der Antragsteller habe den Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da er der geforderten Vorlage von Kontoauszügen ab 2004 zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit wegen möglicherweise bestehendem Vermögen nicht nachgekommen sei.

Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 9. Dezember 2008 Beschwerde zum LSG eingelegt und zugleich die Gewährung von PKH beantragt. Er vertritt die Auffassung, nach der Entscheidung des BSG vom 19. September 2008 (Az: B 14 AS 45/07 R) müsse er keine Kontoauszüge vorlegen oder jedenfalls nur rückwirkend für 3 Monate ab Antragstellung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist jedenfalls unbegründet. Denn der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

Der Senat lässt offen, ob angesichts der vom Antragsteller bezifferten Summe von 180,- EUR, die er im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht hat, die im Übrigen zulässige Beschwerde mangels Erreichen des Beschwerdewerts von 750,- EUR überhaupt statthaft ist (§§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs.1 Nr. 1 SGG). Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

Gemäß § 86b Abs 2 Satz 2 SGG ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die einstweilige Anordnung dient lediglich der Sicherung von Rechten eines Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf deshalb grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung ein wirksamer Rechtsschutz nicht erreicht werden kann und dieser Zustand dem Antragsteller unzumutbar ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Auflage 2008, § 86b Rdnr. 28 f.). Sowohl die schützenswerte Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist, als auch die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 i.V.m § 920 Abs 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte an den Erfolgsaussichten nur dann orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (siehe auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05). Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz stellt nämlich insbesondere dann besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn das einstweilige Verfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht.

Auch unter Berücksichtigung dieser im Bereich der Grundsicherungsleistungen für Arbeitslose gestellten Anforderungen an die Möglichkeit der Rechtsverwirklichung des Einzelnen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind vorliegend sowohl Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller überhaupt hilfebedürftig im Sinne des § 7 SGB II ist und ihm deshalb Leistungen nach dem SGB II zustehen, hat er keine Nachweise für die von ihm behaupteten Nebenkosten (als Teil der Unterkunftskosten) in Höhe von 180,- EUR erbracht. Aktenkundig sind lediglich ein Überweisungsträger der Gemeinde O. in Höhe von 31,02 EUR sowie die Abschlagsrechnung des Energieversorgers in Höhe von 116,- EUR, ohne dass sich der Antragsteller gegenüber dem SG allerdings auf beide Belege berufen oder anders erläutert hätte, für welchen Zeitraum in welcher Höhe der behauptete Anspruch geltend gemacht wird. Darauf, ob und für welche Zeiträume der Antragsteller Kontoauszüge und andere Belege zum Nachweis der Vermögenslosigkeit vorzulegen hat, kommt es deshalb nicht an.

Darüber hinaus ist auch die für die Bejahung eines Anordnungsgrunds erforderliche Eilbedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der Antragsteller wohnt in einer gemeindlichen Obdachlosenunterkunft. Es steht daher nicht zu befürchten, dass er ohne eine gerichtliche Klärung seiner Ansprüche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes seine Wohnmöglichkeit verliert. Die Prüfung des Umfangs, der Höhe und der Angemessenheit der Nebenkosten hat deshalb im Hauptsachverfahren zu erfolgen.

Mangels Erfolgsaussichten im Beschwerdeverfahren war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen (§§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO).

Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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