Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 5282/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1765/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Dauer des klägerischen Anspruchs auf Arbeitslosengeld streitig.
Der 1960 geborene Kläger war zunächst vom 01.08.1975 bis zum 31.12.2003 bei der M. C. GmbH in B. und daran anschließend in einem vom 01.01.2004 bis zum 28.02.2005 befristeten Arbeitsverhältnis bei der P. GmbH, einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, versicherungspflichtig beschäftigt. Am 29.12.2004 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 14.03.2005 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2005 mit einer Anspruchsdauer von 540 Tagen. Am 18.03.2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei ab 28.02.2005 weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Beigefügt war eine vom Orthopäden Dr. Bonner ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Folgebescheinigung - vom 14.03.2005 über eine Arbeitsunfähigkeit seit 28.02.2005 bestehend und voraussichtlich bis 31.03.2005 andauernd. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2005 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2005 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf mit der Begründung, dem Kläger sei Krankengeld zuerkannt worden, deshalb ruhe sein Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 142 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Der Aufhebungsbescheid ist bindend geworden.
In der Folgezeit war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt bis zum 20.03.2006; vom 01.03.2005 bis 20.03.2006 bezog er Krankengeld bzw. Übergangsgeld.
Am 20.03.2006 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 21.03.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 23.03.2006 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 21.03.2006 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, ihm stehe Anspruch auf Arbeitslosengeld für 540 Kalendertage zu. Durch die Gewährung von Krankengeld sei der Arbeitslosengeldbezug lediglich unterbrochen worden. Auch sei ihm von der Dienststelle B. der Beklagten Mitte Januar 2006 telefonisch mitgeteilt worden, ihm bleibe die volle Anspruchsdauer von 540 Kalendertagen erhalten, wenn ihm das Arbeitslosengeld nach Beendigung des Krankengeldes zuerkannt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erst am 21.03.2006 entstanden.
Hiergegen hat der Kläger am 19.06.2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Begründung im Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe wegen der Gewährung von Krankengeld, habe er so verstanden und so verstehen müssen, dass der Beginn der Zahlung des Arbeitslosengeldes zeitlich verschoben und entsprechend der Krankheitsdauer verlängert werde.
Mit Urteil vom 15.02.2007 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei erst am 21.03.2006 entstanden. Deshalb greife zu seinen Gunsten nicht die Übergangsregelung des § 434 l Abs. 1 SGB III ein, wonach bei Entstehung des Anspruchs bis zum 31.01.2006 weiterhin die bis zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 127 SGB III anzuwenden sei. Der Kläger könne eine längere Anspruchsdauer auch nicht aus dem Bescheid vom 15.03.2005 herleiten, da dieser mit Bescheid vom 24.03.2005 wieder aufgehoben worden sei. Ein vom Kläger behaupteter Widerspruch hiergegen sei bei der Beklagten nicht eingegangen. Auch aus einer vom Kläger vorgetragenen mündlichen Zusicherung eines Mitarbeiters der Beklagten über die Aufrechterhaltung der Anspruchsdauer von 540 Tagen könne der Kläger keine Rechte herleiten, da eine wirksame Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Schriftform bedürfe.
Gegen das am 01.03.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.03.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld sei am 01.03.2005 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt sei er nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Seine Erkrankung sei erst am 02.03.2005 festgestellt worden. Soweit eine Arbeitsunfähigkeit bereits ab dem 28.02.2005 mitgeteilt worden sei, handle es sich offensichtlich um einen Übermittlungsfehler von Seiten der Krankenkasse. Da somit die Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges von Arbeitslosengeld eingetreten sei, sei dieses gemäß § 126 SGB III fortzuzahlen. Er habe den Bescheid vom 24.03.2005 auch entsprechend verstehen müssen, in welchem ihm mitgeteilt worden sei, der Anspruch auf Arbeitslosengeld "ruhe". Der Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005 sei darüber hinaus nichtig, da er in wesentlichen Punkten unklar, widersprüchlich und unverständlich sei. Mit ihm werde die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben mit der Begründung, der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe wegen der Zuerkennung von Krankengeld. Ein Anspruch könne jedoch nicht ruhen und zugleich aufgehoben werden. Auch enthalte der Bescheid eine missverständliche, unvollständige und irreführende Rechtsbehelfsbelehrung, da er weder die Stelle genau benenne, bei der der Widerspruch einzulegen sei, noch die Form, in welcher der Widerspruch einzulegen sei, unmissverständlich bezeichne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 21. März 2006 mit einer Anspruchsdauer von 540 Kalendertagen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von lediglich 360 Kalendertagen bewilligt.
Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt und die maßgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargestellt. Hierzu sowie wegen der gesetzlichen Grundlagen der zu treffenden Entscheidung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Die Beklagte hat mit Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005 den Bewilligungsbescheid vom 14.03.2005 wirksam aufgehoben. Der Aufhebungsbescheid war materiell richtig. Der Kläger war bereits ab dem 28.02.2005 und damit bereits vor Leistungsbeginn arbeitsunfähig erkrankt. Bei dem Datum 28.02.2005 als Beginn der Arbeitsunfähigkeit des Klägers handelt es sich, entgegen dessen Vortrag, nicht um einen Übermittlungsfehler der Krankenkasse. Der Kläger hat in seiner am 18.03.2005 bei der Beklagten eingegangenen Veränderungsmitteilung selbst mitgeteilt, er sei ab dem 28.02.2005 arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Erklärung war eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Folgebescheinigung - des Orthopäden Dr. Bonner vom 14.03.2005 beigefügt, in welcher dieser gleichfalls Arbeitsunfähigkeit seit dem 28.02.2005 bescheinigt hat. Damit lag der Beginn der Arbeitsunfähigkeit vor dem Leistungsbeginn.
Der Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005 ist auch nicht nichtig. Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Nach der Sog. Evidenztheorie ist ein Verwaltungsakt bei besonders schwerwiegenden Form- oder Inhaltsfehlern nichtig, wenn er derart im Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen steht, dass es unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt Rechtswirkungen hätte (Roos in: von Wulffen, SGB X, § 40 Rn. 7).
An einem solchen besonders schwerwiegenden Fehler leidet der Aufhebungsbescheid nicht. Er enthält vielmehr in Satz 1 den Verfügungssatz (Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2005) und die Angabe der Rechtsgrundlage (§ 48 SGB X). Satz 2 des Bescheides enthält lediglich die Begründung der Entscheidung. Diese Begründung ist zwar - ebenso wie die genannte Rechtsgrundlage für die Aufhebung - nicht zutreffend. Die Aufhebung der Bewilligung beruht nämlich nicht auf der Zuerkennung von Krankengeld, sondern darauf, dass der Kläger am 01.03.2005 mangels Verfügbarkeit die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld nicht erfüllt hatte. Da somit die Leistungsvoraussetzungen bereits bei Erlass des Bescheides nicht vorgelegen haben, beruht die Aufhebung auch nicht auf § 48 SGB X, sondern auf § 45 SGB X. Eine unzutreffende Begründung führt jedoch ebenso wie die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage weder zur Rechtswidrigkeit der gebundenen Entscheidung noch vermag sie deren Nichtigkeit zu begründen (BSG Urteil vom 07.09.2006 - B 4 RA 43/05 R - SozR 4 2600 § 118 Nr. 4).
Der Aufhebungsbescheid enthält auch eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung. Erlässt die Behörde einen schriftlichen Verwaltungsakt, ist gemäß § 36 SGB X der durch ihn beschwerte Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, deren Sitz, die einzuhaltende Frist und die Form schriftlich zu belehren. Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Nach § 66 Abs. 1 SGG beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
Die Rechtsbehelfsbelehrung des Aufhebungsbescheides ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zum einen ist die Stelle unmissverständlich bezeichnet, bei der der Widerspruch einzulegen ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung enthält die Angabe, der Widerspruch sei bei der "oben bezeichneten Agentur für Arbeit einzureichen". Der Kopf des Bescheides enthält hierzu die Angabe "Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit B., Geschäftstelle der Agentur für Arbeit Waiblingen". Damit ist eindeutig angegeben, dass der Widerspruch bei der Agentur für Arbeit B., der Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit Waiblingen, einzulegen ist. Hierzu ist auch allein deren postalische Anschrift aufgeführt.
Auch die Belehrung über die Form, in welcher der Widerspruch einzulegen ist, ist weder unklar noch unvollständig. Der Bescheid enthält hierzu die zutreffende Belehrung, der Widerspruch sei schriftlich oder zur Niederschrift einzureichen. Eine Einreichung "zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei der Agentur für Arbeit", wie vom Kläger vorgetragen, sieht weder das Gesetz vor noch ist eine solche möglich, da bei den Agenturen für Arbeit, im Gegensatz zu den Gerichten, keine Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tätig sind.
Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob der Kläger ggf. telefonisch Widerspruch eingelegt hat, da hierdurch dem Formerfordernis nicht Rechnung getragen worden und damit keine wirksame Widerspruchseinlegung erfolgt ist.
Aus möglicherweise stattgehabten Gesprächen mit Mitarbeitern der Beklagten und hierbei erfolgten Auskünften kann der Kläger keine weitergehenden Rechte herleiten. Eine Zusicherung, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen, bedarf gemäß § 34 SGB X der Schriftform. Eine schriftliche Zusicherung hat der Kläger nicht erhalten.
Der Kläger kann auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, bei richtiger Beratung hätte er sich zur Wahrung einer längeren Anspruchsdauer früher wieder arbeitslos gemeldet. Er war durchgehend bis zum 20.03.2006 arbeitsunfähig und bezog vom 01.03.2005 bis 20.03.2006 Krankengeld, lediglich unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 29.11.2005 bis 20.12.2005. Deshalb hätte auch eine frühere Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld mangels Verfügbarkeit des Klägers nicht zu einer Bewilligung von Arbeitslosengeld ab einem früheren Zeitpunkt mit einer höheren Anspruchsdauer geführt.
Die Beklagte hat die Höhe des Anspruch auch zutreffend berechnet. Gegen die Anspruchshöhe hat der Kläger auch keine Einwendungen vorgebracht.
Eine höhere Anspruchsdauer ergibt sich schließlich nicht aus der zum 01.01.2008 durch das 7. SGB III-ÄndG vom 08.04.2008 (BGBl. I S. 681) erfolgten Änderung von § 127 Abs. 2 SGB III. Eine mehr als zwölfmonatige Anspruchsdauer besteht danach für Versicherte erst nach Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres und gilt deshalb nicht für den 1960 geborenen Kläger.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Dauer des klägerischen Anspruchs auf Arbeitslosengeld streitig.
Der 1960 geborene Kläger war zunächst vom 01.08.1975 bis zum 31.12.2003 bei der M. C. GmbH in B. und daran anschließend in einem vom 01.01.2004 bis zum 28.02.2005 befristeten Arbeitsverhältnis bei der P. GmbH, einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, versicherungspflichtig beschäftigt. Am 29.12.2004 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 14.03.2005 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2005 mit einer Anspruchsdauer von 540 Tagen. Am 18.03.2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei ab 28.02.2005 weiterhin arbeitsunfähig erkrankt. Beigefügt war eine vom Orthopäden Dr. Bonner ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Folgebescheinigung - vom 14.03.2005 über eine Arbeitsunfähigkeit seit 28.02.2005 bestehend und voraussichtlich bis 31.03.2005 andauernd. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2005 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2005 gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf mit der Begründung, dem Kläger sei Krankengeld zuerkannt worden, deshalb ruhe sein Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 142 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Der Aufhebungsbescheid ist bindend geworden.
In der Folgezeit war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt bis zum 20.03.2006; vom 01.03.2005 bis 20.03.2006 bezog er Krankengeld bzw. Übergangsgeld.
Am 20.03.2006 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 21.03.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 23.03.2006 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 21.03.2006 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, ihm stehe Anspruch auf Arbeitslosengeld für 540 Kalendertage zu. Durch die Gewährung von Krankengeld sei der Arbeitslosengeldbezug lediglich unterbrochen worden. Auch sei ihm von der Dienststelle B. der Beklagten Mitte Januar 2006 telefonisch mitgeteilt worden, ihm bleibe die volle Anspruchsdauer von 540 Kalendertagen erhalten, wenn ihm das Arbeitslosengeld nach Beendigung des Krankengeldes zuerkannt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erst am 21.03.2006 entstanden.
Hiergegen hat der Kläger am 19.06.2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Begründung im Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe wegen der Gewährung von Krankengeld, habe er so verstanden und so verstehen müssen, dass der Beginn der Zahlung des Arbeitslosengeldes zeitlich verschoben und entsprechend der Krankheitsdauer verlängert werde.
Mit Urteil vom 15.02.2007 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei erst am 21.03.2006 entstanden. Deshalb greife zu seinen Gunsten nicht die Übergangsregelung des § 434 l Abs. 1 SGB III ein, wonach bei Entstehung des Anspruchs bis zum 31.01.2006 weiterhin die bis zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 127 SGB III anzuwenden sei. Der Kläger könne eine längere Anspruchsdauer auch nicht aus dem Bescheid vom 15.03.2005 herleiten, da dieser mit Bescheid vom 24.03.2005 wieder aufgehoben worden sei. Ein vom Kläger behaupteter Widerspruch hiergegen sei bei der Beklagten nicht eingegangen. Auch aus einer vom Kläger vorgetragenen mündlichen Zusicherung eines Mitarbeiters der Beklagten über die Aufrechterhaltung der Anspruchsdauer von 540 Tagen könne der Kläger keine Rechte herleiten, da eine wirksame Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Schriftform bedürfe.
Gegen das am 01.03.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.03.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld sei am 01.03.2005 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt sei er nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Seine Erkrankung sei erst am 02.03.2005 festgestellt worden. Soweit eine Arbeitsunfähigkeit bereits ab dem 28.02.2005 mitgeteilt worden sei, handle es sich offensichtlich um einen Übermittlungsfehler von Seiten der Krankenkasse. Da somit die Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges von Arbeitslosengeld eingetreten sei, sei dieses gemäß § 126 SGB III fortzuzahlen. Er habe den Bescheid vom 24.03.2005 auch entsprechend verstehen müssen, in welchem ihm mitgeteilt worden sei, der Anspruch auf Arbeitslosengeld "ruhe". Der Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005 sei darüber hinaus nichtig, da er in wesentlichen Punkten unklar, widersprüchlich und unverständlich sei. Mit ihm werde die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben mit der Begründung, der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe wegen der Zuerkennung von Krankengeld. Ein Anspruch könne jedoch nicht ruhen und zugleich aufgehoben werden. Auch enthalte der Bescheid eine missverständliche, unvollständige und irreführende Rechtsbehelfsbelehrung, da er weder die Stelle genau benenne, bei der der Widerspruch einzulegen sei, noch die Form, in welcher der Widerspruch einzulegen sei, unmissverständlich bezeichne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 21. März 2006 mit einer Anspruchsdauer von 540 Kalendertagen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von lediglich 360 Kalendertagen bewilligt.
Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt und die maßgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend dargestellt. Hierzu sowie wegen der gesetzlichen Grundlagen der zu treffenden Entscheidung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Die Beklagte hat mit Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005 den Bewilligungsbescheid vom 14.03.2005 wirksam aufgehoben. Der Aufhebungsbescheid war materiell richtig. Der Kläger war bereits ab dem 28.02.2005 und damit bereits vor Leistungsbeginn arbeitsunfähig erkrankt. Bei dem Datum 28.02.2005 als Beginn der Arbeitsunfähigkeit des Klägers handelt es sich, entgegen dessen Vortrag, nicht um einen Übermittlungsfehler der Krankenkasse. Der Kläger hat in seiner am 18.03.2005 bei der Beklagten eingegangenen Veränderungsmitteilung selbst mitgeteilt, er sei ab dem 28.02.2005 arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Erklärung war eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Folgebescheinigung - des Orthopäden Dr. Bonner vom 14.03.2005 beigefügt, in welcher dieser gleichfalls Arbeitsunfähigkeit seit dem 28.02.2005 bescheinigt hat. Damit lag der Beginn der Arbeitsunfähigkeit vor dem Leistungsbeginn.
Der Aufhebungsbescheid vom 24.03.2005 ist auch nicht nichtig. Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Nach der Sog. Evidenztheorie ist ein Verwaltungsakt bei besonders schwerwiegenden Form- oder Inhaltsfehlern nichtig, wenn er derart im Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen steht, dass es unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt Rechtswirkungen hätte (Roos in: von Wulffen, SGB X, § 40 Rn. 7).
An einem solchen besonders schwerwiegenden Fehler leidet der Aufhebungsbescheid nicht. Er enthält vielmehr in Satz 1 den Verfügungssatz (Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2005) und die Angabe der Rechtsgrundlage (§ 48 SGB X). Satz 2 des Bescheides enthält lediglich die Begründung der Entscheidung. Diese Begründung ist zwar - ebenso wie die genannte Rechtsgrundlage für die Aufhebung - nicht zutreffend. Die Aufhebung der Bewilligung beruht nämlich nicht auf der Zuerkennung von Krankengeld, sondern darauf, dass der Kläger am 01.03.2005 mangels Verfügbarkeit die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld nicht erfüllt hatte. Da somit die Leistungsvoraussetzungen bereits bei Erlass des Bescheides nicht vorgelegen haben, beruht die Aufhebung auch nicht auf § 48 SGB X, sondern auf § 45 SGB X. Eine unzutreffende Begründung führt jedoch ebenso wie die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage weder zur Rechtswidrigkeit der gebundenen Entscheidung noch vermag sie deren Nichtigkeit zu begründen (BSG Urteil vom 07.09.2006 - B 4 RA 43/05 R - SozR 4 2600 § 118 Nr. 4).
Der Aufhebungsbescheid enthält auch eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung. Erlässt die Behörde einen schriftlichen Verwaltungsakt, ist gemäß § 36 SGB X der durch ihn beschwerte Beteiligte über den Rechtsbehelf und die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, deren Sitz, die einzuhaltende Frist und die Form schriftlich zu belehren. Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Nach § 66 Abs. 1 SGG beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
Die Rechtsbehelfsbelehrung des Aufhebungsbescheides ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zum einen ist die Stelle unmissverständlich bezeichnet, bei der der Widerspruch einzulegen ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung enthält die Angabe, der Widerspruch sei bei der "oben bezeichneten Agentur für Arbeit einzureichen". Der Kopf des Bescheides enthält hierzu die Angabe "Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit B., Geschäftstelle der Agentur für Arbeit Waiblingen". Damit ist eindeutig angegeben, dass der Widerspruch bei der Agentur für Arbeit B., der Geschäftsstelle der Agentur für Arbeit Waiblingen, einzulegen ist. Hierzu ist auch allein deren postalische Anschrift aufgeführt.
Auch die Belehrung über die Form, in welcher der Widerspruch einzulegen ist, ist weder unklar noch unvollständig. Der Bescheid enthält hierzu die zutreffende Belehrung, der Widerspruch sei schriftlich oder zur Niederschrift einzureichen. Eine Einreichung "zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei der Agentur für Arbeit", wie vom Kläger vorgetragen, sieht weder das Gesetz vor noch ist eine solche möglich, da bei den Agenturen für Arbeit, im Gegensatz zu den Gerichten, keine Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tätig sind.
Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob der Kläger ggf. telefonisch Widerspruch eingelegt hat, da hierdurch dem Formerfordernis nicht Rechnung getragen worden und damit keine wirksame Widerspruchseinlegung erfolgt ist.
Aus möglicherweise stattgehabten Gesprächen mit Mitarbeitern der Beklagten und hierbei erfolgten Auskünften kann der Kläger keine weitergehenden Rechte herleiten. Eine Zusicherung, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen, bedarf gemäß § 34 SGB X der Schriftform. Eine schriftliche Zusicherung hat der Kläger nicht erhalten.
Der Kläger kann auch nicht mit dem Vortrag durchdringen, bei richtiger Beratung hätte er sich zur Wahrung einer längeren Anspruchsdauer früher wieder arbeitslos gemeldet. Er war durchgehend bis zum 20.03.2006 arbeitsunfähig und bezog vom 01.03.2005 bis 20.03.2006 Krankengeld, lediglich unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 29.11.2005 bis 20.12.2005. Deshalb hätte auch eine frühere Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld mangels Verfügbarkeit des Klägers nicht zu einer Bewilligung von Arbeitslosengeld ab einem früheren Zeitpunkt mit einer höheren Anspruchsdauer geführt.
Die Beklagte hat die Höhe des Anspruch auch zutreffend berechnet. Gegen die Anspruchshöhe hat der Kläger auch keine Einwendungen vorgebracht.
Eine höhere Anspruchsdauer ergibt sich schließlich nicht aus der zum 01.01.2008 durch das 7. SGB III-ÄndG vom 08.04.2008 (BGBl. I S. 681) erfolgten Änderung von § 127 Abs. 2 SGB III. Eine mehr als zwölfmonatige Anspruchsdauer besteht danach für Versicherte erst nach Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres und gilt deshalb nicht für den 1960 geborenen Kläger.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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