L 9 R 5869/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 6553/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5869/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Geschiedenenwitwenrente.

Die 1932 geborene Klägerin war seit dem 16.8.1957 mit dem 1931 geborenen und 1999 verstorbenen W. S. (W. S.) verheiratet. Durch Urteil des Landgerichts (LG) Stuttgart vom 14.7.1976 wurde die Ehe gem. §§ 43, 52 Ehegesetz aus Verschulden von W. S. geschieden. Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen; Unterhalt wurde nicht geleistet.

W. S. erzielte ausweislich seines Versicherungsverlaufs folgendes Arbeitsentgelt: 1973 DM 22.645,- 1974 DM 23.056,- 1975 DM 9.702,- (zwischenzeitlich arbeitslos) 1976 DM 5.460,- (zwischenzeitlich arbeitslos) 1977 DM 15.288,- 1978 DM 22.925,-. Seit 1.7.1996 bezog er eine Regelaltersrente, zuletzt seit 1.7.1998, in Höhe von DM 822,54 monatlich.

Die Klägerin erzielte folgende Arbeitsentgelte: 1973 DM 15.062,- 1974 DM 18.190,- 1975 DM 19.700,- 1976 DM 21.293,- 1977 DM 23.013,- 1978 DM 24.296,-. Seit 1.4.1993 erhielt die Klägerin eine Rente, zuletzt seit 1.7.1998, in Höhe von DM 1353,68 monatlich.

Am 6.12.2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Geschiedenenwitwenrente.

Mit Bescheid vom 7.3.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Geschiedenenwitwenrente ab, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Scheidung das 45. Lebensjahr nicht vollendet gehabt habe. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 2.8.2006 zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 31.8.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart und trug vor, ihr geschiedener Ehemann sei ihr gegenüber unterhaltspflichtig gewesen. Er sei seiner Unterhaltspflicht jedoch nicht nachgekommen. Immer wenn sie ihren geschiedenen Ehemann wegen der Unterhaltspflicht habe anschreiben lassen, habe dieser sie angerufen und aufs Übelste beschimpft. Ihre Ehe sei vor dem Trennungsjahr geschieden worden, nachdem sie Morddrohungen von ihrem Ehemann erhalten habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.11.2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente gem. § 243 Abs. 1 SGB VI, weil sie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode von W. S. keinen Unterhaltsanspruch gegen diesen gehabt habe. Mangels Anspruchs auf Unterhalt im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand lägen die Voraussetzungen für die Gewährung einer großen Witwenrente gem. § 243 Abs. 2 SGB VI nicht vor. Von dieser Anspruchsvoraussetzung könne auch nicht nach § 243 Abs. 3 SGB VI abgewichen werden, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Scheidung kein eigenes Kind und kein Kind ihres verstorbenen Ehemannes erzogen habe (Nr. 2a) und auch nicht das 45. Lebensjahr vollendet gehabt habe (Nr. 2b). Dass die genannte Altersgrenze unter Umständen zu Härten führe, lasse sich nicht vermeiden und sei vom Gesetzgeber akzeptiert. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 30.11.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6.12.2007 Berufung eingelegt, um erneute Überprüfung gebeten und ausgeführt, im Gerichtsbescheid werde nicht auf die Beschimpfung durch ihren geschiedenen Ehemannes eingegangen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Geschiedenenwitwenrente aus der Versicherung von Werner Stoll zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten (Geschiedenenwitwenrente) hat.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin begehrte Geschiedenenwitwenrente - § 243 SGB VI - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt. Der Senat sieht deshalb nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass allein maßgebend ist, dass die Klägerin im letzten Jahr vor dem Tod von W. S. von diesem keinen Unterhalt erhalten hat und auch keinen Anspruch auf Unterhalt gegen diesen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dessen Tod hatte. Der letzte wirtschaftliche Dauerzustand ist die Zeitspanne der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse mit Dauerwirkung bei einem der geschiedenen Ehegatten bis zum Tod des Versicherten, hier ab dem Rentenbezug von W. S. ab Juli 1996 bis zu dessen Tod am 27.5.1999. In jener Zeit bezog W. S. eine Nettorente von DM 804,86 ab 1.7.1996, DM 817,77 ab 1.7.1997 und DM 822,54 ab 1.7.1998, während die Rente der Klägerin in jener Zeit DM 1330,15, DM 1354,29 und DM 1353,68 betrug. Da die Klägerin eine höhere Rente als ihr geschiedener Ehemann und damit mehr als die Hälfte des Gesamteinkommens bezog, hatte sie im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand, der allein maßgeblich ist, keinen Anspruch auf Unterhalt, unabhängig davon, welche der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretenen Berechnungsmethoden zur Ermittlung des relevanten Unterhaltsanspruchs angewendet wird und ob der Klägerin nur 3/7 - wie von SG angenommen - oder aber die Hälfte des Gesamteinkommens als Unterhaltsanspruch zugerechnet wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr. 16). Angesichts dessen ist es auch rechtlich unerheblich, dass W. S. die Klägerin beschimpft hat, als sie in der Zeit nach der Scheidung von ihm Unterhalt verlangte. Entscheidend ist allein, ob angesichts der finanziellen Verhältnisse von W. S. und der Klägerin im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand ein Unterhaltsanspruch der Klägerin bestanden hätte, auch wenn sie keinen Unterhalt erhalten hat. Dies war jedoch nicht der Fall.

Zu Recht hat das SG auch ausgeführt, dass ein Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente gem. § 243 Abs. 3 SGB VI - der keinen Bezug von Unterhalt und auch keinen Unterhaltsanspruch voraussetzt - deswegen nicht besteht, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Scheidung weder ein eigenes Kind noch ein Kind von W. S. erzogen hat und auch nicht das 45. Lebensjahr vollendet hatte. Zum Zeitpunkt der Scheidung (16.7.1976) war die Klägerin nämlich 44 Jahre (und 3 ½ Monate) alt. Unerheblich hierfür ist, aus welchen Gründen die Scheidung vor Vollendung des 45. Lebensjahres erfolgte und ob das Trennungsjahr eingehalten wurde oder nicht. Maßgeblich war vielmehr allein das Alter zum Zeitpunkt der Scheidung.

Nach alledem war die angefochtene Entscheidung des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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