L 12 AS 4771/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 3178/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4771/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Mannheim vom 1.10.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller fordern von der Antragsgegnerin die Zusage zur Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung für eine neu zu beziehende Wohnung sowie die Übernahme der Kaution in Höhe von 1.600,00 Euro. Die Antragsteller sind verheiratet und leben nach dem Auszug ihrer Tochter zum 01.04.2008 derzeit mit ihrem Sohn (-19.03.1993) in einer 79 m2 großen 4- Zimmerwohnung in H ... Die Kaltmiete dieser Wohnung beträgt 390,00 Euro monatlich zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen. Die Antragsteller planen einen Umzug in eine 74,2 m2 große 3-Zimmerwohnung in H. Die Grundmiete für diese noch anzumietende Wohnung beträgt 417,00 Euro monatlich zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 99,00 Euro und Vorschuss für Heizkosten und Warmwasserkosten in Höhe von 56,00 Euro, mithin eine Gesamtwarmmiete in Höhe von 572,00 Euro. Ferner werden im Falle des Umzugs 1.600,00 Euro Kaution fällig. Ein Antrag auf Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin für die neue Wohnung wurde ablehnt, da die derzeitige Wohnung nicht unangemessen sei. Die Antragsteller erhoben am 25.09.2008 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht Mannheim (SG). Sie sind der Ansicht, dass die alte Wohnung nach Auszug der Tochter nunmehr zu groß und das vierte Zimmer für sie ohne Nutzen sei. Auch seien die Einkaufsmöglichkeiten im neuen Wohngebiet günstiger und sie würden die Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel einsparen. Eilbedürftigkeit sei gegeben, da die Antragsteller nicht in der Lage seien, ohne Zusicherung der Antragsgegnerin den alten Mietvertrag rechtzeitig zu kündigen und den neuen Mietvertrag Anfang Oktober 2008 zu unterschreiben. Die Antragsgegnerin trug vor, es bestehe keine Notwendigkeit zum Umzug in die neue Wohnung. Die vorgebrachten gesundheitlichen Gründe seien bislang nicht nachgewiesen. Auch sei nicht ersichtlich, weshalb die alte Wohnung zu groß sein sollte, denn die neue Wohnung sei gerade knapp 5 m2 kleiner. Auch sei die Gesamtmiete für die jetzige Wohnung ab dem 01.11.2008 in Höhe von 571,00 Euro Warmmiete geringer als die Gesamtmiete für die neue Wohnung. Bessere Einkaufsmöglichkeiten seien kein Grund für einen Umzug. Es bleibe den Antragstellern unbenommen, umzuziehen, wobei die Kosten für Unterkunft und Heizung sodann auch übernommen werden würden, jedoch müssten seitens der Antragsteller die Kosten für den Umzug, der nach Ansicht der Antragsgegnerin nicht erforderlich sei, selbst getragen werden. Mit Beschluss vom 1.10.2008 wies das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlange grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) seien gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 20 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Dabei seien die Anforderungen umso niedriger je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen, insbesondere im Hinblick auf ihre Grundrechtsbedeutung wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Es fehle bereits ein glaubhaft gemachter Anordnungsgrund. Denn es sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass Wohnungslosigkeit drohe, vielmehr bestehe ausweislich des Vortrages der Antragsteller der alte Mietvertrag für die Wohnung in H. nach wie vor ungekündigt und es sei nicht ersichtlich, warum es den Antragstellern nicht zumutbar sein sollte, bis zum Abschluss einer Entscheidung durch die Antragsgegnerin mit sich daran evtl. anschließendem Hauptsacheverfahren in dieser bislang bewohnten Wohnung zu verbleiben. Der Antragsgegnerin sei zuzustimmen, dass bessere Einkaufsmöglichkeiten und ein tatsächlich nicht genutztes viertes Zimmer eine Eilbedürftigkeit im Sinne einer einstweiligen Anordnung nicht zu begründen vermögen. Denn es sei nicht ersichtlich, welche schweren Nachteile die Antragsteller erleiden sollten, wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt in eine ihrer Ansicht nach von der Größe her angemessene und besser zugeschnittene Wohnung umziehen. Die Tatsache, dass das konkrete Wohnungsangebot für die Wohnung in H. zu diesem Zeitpunkt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr zur Verfügung stehen werde, vermöge die Eilbedürftigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Dies umso mehr als dass die aktuell von den Antragstellern bewohnte Wohnung, wie die Antragsgegnerin vorträgt, den Angemessenheitskriterien des § 22 SGB II entspreche und im Hinblick auf die Gesamtmiete - nach Auskunft des jetzigen Vermieters - sogar etwas günstiger sei als die neu zu beziehende Wohnung. Dessen ungeachtet fehle es im vorliegenden Fall auch am Bestehen eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs, mithin der sich aufgrund summarischer Überprüfung ergebenden Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs der Antragsteller auf eine Zusicherung zur Übernahme der Kautionskosten in Höhe von 1.600,00 Euro. Gemäß § 22 Abs. 3 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung solle erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller Beschwerde beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, der Umzug sei erforderlich, da die Antragstellerin Ziff. 1 auf Grund orthopädischer Leiden möglichst wenig Treppen steigen sollte. Auch seien in der Nähe der neuen Wohnung kostengünstigere Einkaufsmöglichkeiten mit weniger Aufwand zu erreichen.

Die Antragsgegnerin trägt dagegen vor, auch nach dem Umzug in die neue Wohnung müssten Treppen gestiegen werden, da diese im 1. OG liege. Auch müssten noch Fußwege zum Einkaufen zurückgelegt werden. Die gesundheitlich Begründung sei nicht nachvollziehbar. Die Notwendigkeit des Umzugs innerhalb kurzer Zeit, nämlich innerhalb von weniger als 2 Jahren sei nicht erkennbar.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und die beantragte einstweiligen Anordnung zu Recht nicht erlassen. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der sozialgerichtlichen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist noch auszuführen, dass ein Anordnungsgrund bereits daran scheitert, dass die Antragsteller in einem ungekündigten Mietverhältnis stehen, für welches die Antragsgegnerin die Kosten übernimmt. Den Antragstellern droht weder Wohnungslosigkeit noch werden ihre bezogenen Leistungen zur Grundsicherung durch die bisherige Wohnung zusätzlich belastet. Die vorgebrachten gesundheitlichen Gründe können einen Anordnungsgrund ebenfalls nicht glaubhaft machen. Die Antragstellerin Ziff. 1 muss auch in der in Aussicht genommenen Wohnung Treppen steigen. Die im ärztlichen Attest genannten degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind nicht so schwerwiegend, um damit eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit glaubhaft zu machen.

Auch ein Anordnungsanspruch ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gegeben. Die beantragten Kautionskosten können im Rahmen des § 22 SGB II nur dann übernommen werden, wenn der Umzug erforderlich ist. Eine Definition, wann ein Umzug "erforderlich" ist, enthält das Gesetz nicht. Derselbe Begriff wird jedoch in § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II im Rahmen der Regelung über die Zusicherung verwendet. Daher ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in beiden Fällen von den gleichen Grundsätzen ausgeht (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 47d). Maßgeblich ist danach, ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich auch Nichthilfeempfänger hätten leiten lassen. Dafür sprechen auch die in der amtlichen Begründung zur Neuregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (BT-Drucks. 16/1410 S. 23 zu Nummer 21) genannten Beispiele eines erforderlichen Umzugs: Umzug zur Eingliederung in Arbeit, aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen. Solche Gründe sind bei der Antragstellern wie bereits oben ausgeführt nicht glaubhaft gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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