Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1819/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 876/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 - Lärmschwerhörigkeit - der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Die im 1952 geborene Klägerin ist als Teamassistentin in der Telefonzentrale des Arbeitsamtes S. - Geschäftsstelle L. - beschäftigt. Ausweislich der Unfallanzeige des Arbeitgebers (ohne Datum, eingegangen bei der Beklagte am 5. April 2004) bemerkte die Klägerin nach der Neuinstallation der Telefonanlage in der Geschäftsstelle L. Anfang Juli 2003 bei eingehenden Telefongesprächen einen lauten Pfeifton, dem sie, da die Störung erst Ende September beseitigt wurde, acht Stunden täglich ausgesetzt war. Im September 2003 erkrankte sie an Tinnitus.
Die Beklagte leitete Ermittlungen ein. Auf Anfrage teilte der die Klägerin seit 1997 behandelnde Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. W. im März 2004 als Diagnose "Parakusis re., hochfrequenzbetonte Innenohrschwerhörigkeit beidseits, Vertigo bei HWS-Syndrom" mit; ein Hinweis auf eine lärminduzierte Schädigung liege nicht vor; der Auskunft beigefügt waren apparative Untersuchungsergebnisse. Gegenüber dem Hausarzt Dr. Ruppert hatte er im Oktober 2003 berichtet, die Klägerin habe ihn am 16. September 2003 wegen Parakusis und Tinnitus beidseits, verbunden mit Unsicherheiten beim Gehen, konsultiert; bei unauffälligen Trommelfell- und Mittelohrverhältnissen habe sich tonaudiometrisch eine minimale Absenkung der Tonschwelle re. um 10 dB im Frequenzbereich zwischen 2000 und 8000 Hz gefunden. Er gehe nicht von einem Hörsturz aus, habe jedoch eine Infusionsbehandlung durchgeführt. Der die Beklagte beratende Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. H. hielt nach Auswertung der übersandten Unterlagen eine beruflich bedingte Hörstörung nicht für wahrscheinlich, aber ein aktuelles Tonschwellenaudiogramm mit Tinnitus-Matching und Selbstauskunft nach Tinnitusfragebogen für "wünschenswert". Gleichwohl teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 24. Juni 2004 mit, sie beabsichtige im Hinblick auf die Stellungnahme von Dr. H., das weitere Feststellungsverfahren einzustellen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Vorlage der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. Ruppert vom 24. Juni 2004, in der für den Zeitraum vom 27. Oktober bis 17. Dezember 2003 über eine neuraltherapeutische Behandlung wegen eines einige Wochen zuvor aufgetretenen lauten Tinnitus mit insgesamt nur geringer Besserung berichtet wird. In der Folgezeit ermittelte der Präventionsdienst der Beklagten hinsichtlich Ursache und Lautstärke des angeschuldigten Geräuschs. Die Vorgesetzte der Klägerin teilte telefonisch mit, von der Störung sei nur der Apparat in der Zentrale, der ausschließlich von der Klägerin bedient werde, betroffen gewesen. Es sei ein hochfrequenter lauter Ton gewesen, wie er z.B. beim versehentlichen Anwählen eines Faxanschlusses zu hören sei. Die T. GmbH & Co. KG, die für die Neuinstallation und damit Beseitigung der Störung verantwortlich war, qualifizierte im Schreiben vom 15. November 2004 das Geräusch als sog. "Rollton"; dabei handele es sich um einen von der Frequenz und Lautstärke her klar definierten Ton, der signalisiere, dass bei einem laufenden Telefonat ein dritter Anrufer in der Leitung sei. Der Rollton weise einen Maximalpegel von 16,5 dBPa auf und liege damit deutlich unter dem zulässigen Grenzwert von 24 dBPa nach der ETSI (Europäisches Institut für Telekommunikationsstandards)-Norm TBR (Technical Basis for Regulation) Nr. 8 (Transmission). Der Präventionsdienst kam unter Berücksichtigung dieser Auskunft zu der Beurteilung, die Klägerin sei keiner Lärmgefährdung im Sinne von § 2 Abs. 1 der Vorschrift "Lärm" (GUV V B3/BGV Nr.B3) ausgesetzt gewesen. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2004 lehnte die Beklagte auf der Grundlage dieser Stellungnahme die Feststellung des beidseitigen Ohrgeräuschs als BK ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 2005).
Dagegen hat die Klägerin am 30. März 2005 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat zur Begründung ausgeführt, es sei fehlerhaft, die geltend gemachte Gesundheitsstörung Tinnitus nur im Rahmen einer BK zu prüfen, weil mehr für einen Unfall als eine BK spreche. Im Erörterungstermin am 23. Februar 2006 hat die Klägerin angegeben, sie habe von Anfang an einen Ton im Ohr gehabt, auch wenn sie nicht telefoniert habe und auch abends, der sich im Laufe der Zeit verstärkt habe. Auf Grund dieser Aussage hat das SG weitere Ermittlungen eingeleitet. Die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Stuttgart - hat das - bereits bekannte - Schreiben der T. GmbH vom 15. November 2004 übersandt. Die A. GmbH & Co. KG - Nachfolgerin der T. GmbH - hat mit Schreiben vom 19. April 2006 die Dokumentation über Störungsmeldungen des Arbeitsamtes Leonberg im Zeitraum vom 31. Juli bis 30. September 2003 übermittelt und mitgeteilt, der Kundendiensttechniker T. habe vor Ort festgestellt, dass es sich bei dem gemeldeten Pfeifton nicht um eine Störung, sondern um den Signalton, der auf einen Anruf von extern hinweise, gehandelt habe. Das SG hat des Weiteren schriftliche Zeugenaussagen der R. T., G. D. und M. L. eingeholt. Während die Zeuginnen T. und L. in ihren schriftlichen Aussagen den von der Klägerin geschilderten Pfeifton bestätigt haben, hat die Zeugin D. angegeben, von der Störung keine Kenntnis erhalten zu haben. Der zu einem weiteren Erörterungstermin als Zeuge geladene Kundendiensttechniker T. hat dem SG am 13. November 2007 telefonisch mitgeteilt, die Reproduktion des von ihm damals erkannten Rolltons mittels einer mitgebrachten Telefonanlage sei nicht möglich, allenfalls an der Originalanlage am Arbeitsplatz der Klägerin; andererseits sei die Störung damals beseitigt worden und deswegen fraglich, ob es sich bei einer Rekonstruktion um den Ton handle, der von der Klägerin als störend empfunden worden sei. Im Übrigen könne er sich an den damaligen Einsatz nicht erinnern, da er seit Jahren täglich mehrere Kundentermine wahrnehme. Daraufhin hat das SG den anberaumten Erörterungstermin aufgehoben. Mit Urteil vom 22. Januar 2008 hat das SG die Klage - mit Zustimmung der Beteiligten zum schriftlichen Verfahren - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, da die Beklagte nur über die Feststellung einer BK entschieden habe, sei der Kammer eine Entscheidung darüber, ob die Lärmeinwirkung unter dem Gesichtspunkt eines Arbeitsunfalls anzuerkennen sei, verwehrt. Die Anerkennung einer BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV scheitere bereits daran, dass bei der Klägerin keine lärmbedingte Innenohrschwerhörigkeit, sondern ein hiervon isolierter Tinnitus vorliege. Die Anerkennung eines isolierten Ohrgeräuschs ohne lärmbedingten Hörverlust im Rahmen einer BK 2301 sei nach der einschlägigen Fachliteratur (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S 442 ff) ausgeschlossen. Zudem stehe nach Ausschöpfung aller Sachverhaltermittlungsmöglichkeiten trotz Bestätigung des Pfeiftons durch die Zeuginnen Tittman und Lehmann der genaue Umfang der Lärmbelastung durch den Pfeifton nicht fest.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. Februar 2008 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Urteil des SG sei schon deshalb aufzuheben, weil es sich mit dem Antrag der Klage (Feststellung, dass der Tinnitus Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 sei), nicht näher befasst und nur den Hilfsantrag (Feststellung einer BK nach Nr. 2301) abgewiesen habe. Es hätte vielmehr klären müssen, ob von einem Arbeitsunfall oder einer BK auszugehen sei und dann zur Frage, ob ein andauernder Pfeifton innerhalb einer Arbeitsschicht einen Tinnitus auslösen könne, ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Es könne der Klägerin nicht angelastet werden, dass sich der Ton nicht mehr reproduzieren lasse. Die Beklagte hätte nachzuweisen, dass ein Pfeifton als akustisches Trauma ungeeignet und damit der Tinnitus der Klägerin nicht als ein Ereignis innerhalb der Arbeitsschicht am 16. September 2003 eingetreten sei; auf die Fragen des Hilfsantrags komme es nicht an.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 8. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Tinnitus der Klägerin die Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 ist, hilfsweise festzustellen, dass die bei der Klägerin "vorliegende Erkrankung" eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§ 144 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG), frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin kann weder die Feststellung verlangen, dass der Tinnitus Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 ist noch ist diese Erkrankung als BK nach 2301 der Anlage zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) festzustellen.
Streitgegenstand des Berufungs- ebenso wie des Klageverfahrens ist der Bescheid vom 8. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2005, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, die beidseitigen Ohrgeräusche der Klägerin als BK nach Nr. 2301 BKV festzustellen. Auf den im Wege der Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) geltend gemachten Anspruch finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) Anwendung.
Die Berufung ist hinsichtlich des Hauptantrags - Feststellung, dass der Tinnitus Folge des Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 ist - unbegründet, weil insoweit bereits die Klage mangels Vorliegen einer Prozessvoraussetzung unzulässig ist. Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG) setzt voraus, dass die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen hat, der den Betroffenen beschwert. Hieran fehlt es, soweit es um die Feststellung des Tinnitus als Folge eines Arbeitsunfalls vom 19. September 2003 geht. Denn die Beklagte hat hierüber im angefochtenen Bescheid gerade nicht entschieden, weswegen die Klägerin durch ihn insoweit nicht beschwert ist. Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) setzt ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung voraus. Ein solches besteht nicht, wenn ein Verwaltungsverfahren nicht stattgefunden hat, denn ein streitig gewordenes öffentlich rechtliches Verhältnis zwischen Versichertem und Sozialleistungsträger ist grundsätzlich zunächst in einem Verwaltungsverfahren durch Verwaltungsakt zu regeln (vgl. Castendiek in NomosKommentar, SGG, 3. Aufl., § 55 RdNr. 27; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 55 RdNr. 15; BSG, Beschluss vom 27. Juni 2006 -B 2 U 77/06 B = SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Das SG hat daher zu Recht nicht über die Feststellung des Tinnitus als Folge eines Arbeitsunfalls entschieden.
Die Berufung ist aber auch hinsichtlich des Hilfsantrag (Feststellung einer BK nach 2301) unbegründet. Insoweit ergeben sich gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung liegen jedoch nicht vor.
Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 9 SGB VII). Hierzu zählt nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV die durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheit "Lärmschwerhörigkeit". Die Erkrankung "Tinnitus" ist in der Anlage zur BKV nicht als BK erfasst, sodass sie keine eigenständige BK darstellt, sondern nur im Rahmen der "Lärmschwerhörigkeit" geprüft werden kann.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die Anspruchs begründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die gefährdende Einwirkung (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) und die Gesundheitsstörung, im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist; das bedeutet, das bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang herleitet (BSGE 43, 110, 112).
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin - das ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten - als Teamassistentin eine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Der geltend gemachte Anspruch scheitert jedoch daran, dass nicht (im Vollbeweis) erwiesen, dass die Klägerin während ihrer versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 2301 ausgesetzt war. Nach dem amtlichen Merkblatt - abgedr. in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), M 2301 S. 1 ff - besteht die Gefahr einer Gehörschädigung durch langjährigen Lärm, dessen Tages-Lärmexpositionspegel den Wert von 85 dB (A) erreicht oder überschreitet. Bei sehr hohen Lautstärken sind bleibende Gehörschäden auch schon nach wenigen Tagen oder Wochen möglich; darüber hinaus können auch sehr kurze Spitzenschalldruckpegel hoher Intensität von mehr als 137 dB (C) zu Gehörschäden führen. Vorliegen kann als schädigende Einwirkung nur der von der Klägerin beschriebene laut Pfeifton in Betracht kommen, weil die Bedienung einer störungsfrei funktionierenden Telefonanlage keine Lärm gefährdende Tätigkeit darstellt. Ob dieser Pfeifton - objektiv - von einer solchen Intensität gewesen ist, dass er geeignet war, bei der Klägerin eine Hörschädigung hervorzurufen, vermag der Senat nicht mit der für einen Nachweis erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Nach den Angaben des Präventionsdienstes in seiner Stellungnahme vom 23. November 2004 ist die Klägerin, da es sich bei dem Ton um einen Rollton mit einem Maximalpegel von 16,5 dBPa gehandelt hat, nicht Lärm gefährdend im Sinne der BK 2301 tätig gewesen. Nach der Auskunft der A. GmbH und den übersandten Störungsprotokollen hat der Kundendiensttechniker T. den Ton als Rollton qualifiziert. Zweifel hieran ergeben sich allerdings im Hinblick auf die Beschreibung des Tons durch die Klägerin (lauter hoher Pfeifton), die im Wesentlichen durch die Zeuginnen T. und L. bestätigt worden ist, wobei die Zeugin L. bei der Befragung durch den Präventionsdienst den Pfeifton als einen hochfrequenten lauten Ton, wie er z.B. bei versehentlichem Anwählen eines Faxanschlusses zu hören ist, beschrieben hat. Dennoch lässt sich weder mit der Beschreibung der Klägerin noch den Aussagen der zuvor genannten Zeuginnen die Intensität der Lärmexposition objektiv bestimmen. Eine zuverlässige Reproduktion des von der Klägerin als störend empfundenen Geräuschs ist nach dem Aktenvermerk über das Telefonat mit dem Kundendiensttechniker T. technisch nicht möglich. Da hinsichtlich dieser Tatsache die Klägerin die objektive Feststellungslast trägt, geht deren Unaufklärbarkeit zu ihren Lasten mit der Folge, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten BK nicht bejaht werden können.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt es keinen Anlass für eine "Beweislastumkehr". Die Beklagte hat von den Vorgängen erst im Februar 2004 und damit 5 Monate nachdem der beschriebene Pfeifton vom Techniker T. behoben worden war, erfahren. Eine Beweissicherung durch entsprechende Messungen war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr möglich, wäre aber bei rechtzeitiger Meldung - schon Ende Juli 2003, jedoch spätestens am 19. September 2003 (Unfallzeitpunkt lt. Unfallanzeige) - möglich gewesen, sodass ein Fehlverhalten der Beklagten, das eine Beweislastumkehr nahe legen könnte, nicht ersichtlich ist.
Der Prüfung der weiteren Voraussetzungen - Gesundheitsstörung und Kausalität - und der damit zusammenhängenden Fragen, welche bei der Klägerin "vorliegende Erkrankung" (Innenohrschwerhörigkeit und Tinnitus oder nur Tinnitus) als BK nach 2301 festgestellt werden soll, ggf. ob "isolierte" Ohrgeräusche ohne lärmbedingten Hörverlust im Rahmen der BK 2301 ausgeschlossen sind (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 443) und Prüfung der Kausalität unter dem Gesichtspunkt der Verschlimmerung bedarf es daher nicht mehr. Aus den dargelegten Gründen ist die Berufung unbegründet und zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2301 - Lärmschwerhörigkeit - der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Die im 1952 geborene Klägerin ist als Teamassistentin in der Telefonzentrale des Arbeitsamtes S. - Geschäftsstelle L. - beschäftigt. Ausweislich der Unfallanzeige des Arbeitgebers (ohne Datum, eingegangen bei der Beklagte am 5. April 2004) bemerkte die Klägerin nach der Neuinstallation der Telefonanlage in der Geschäftsstelle L. Anfang Juli 2003 bei eingehenden Telefongesprächen einen lauten Pfeifton, dem sie, da die Störung erst Ende September beseitigt wurde, acht Stunden täglich ausgesetzt war. Im September 2003 erkrankte sie an Tinnitus.
Die Beklagte leitete Ermittlungen ein. Auf Anfrage teilte der die Klägerin seit 1997 behandelnde Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. W. im März 2004 als Diagnose "Parakusis re., hochfrequenzbetonte Innenohrschwerhörigkeit beidseits, Vertigo bei HWS-Syndrom" mit; ein Hinweis auf eine lärminduzierte Schädigung liege nicht vor; der Auskunft beigefügt waren apparative Untersuchungsergebnisse. Gegenüber dem Hausarzt Dr. Ruppert hatte er im Oktober 2003 berichtet, die Klägerin habe ihn am 16. September 2003 wegen Parakusis und Tinnitus beidseits, verbunden mit Unsicherheiten beim Gehen, konsultiert; bei unauffälligen Trommelfell- und Mittelohrverhältnissen habe sich tonaudiometrisch eine minimale Absenkung der Tonschwelle re. um 10 dB im Frequenzbereich zwischen 2000 und 8000 Hz gefunden. Er gehe nicht von einem Hörsturz aus, habe jedoch eine Infusionsbehandlung durchgeführt. Der die Beklagte beratende Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. H. hielt nach Auswertung der übersandten Unterlagen eine beruflich bedingte Hörstörung nicht für wahrscheinlich, aber ein aktuelles Tonschwellenaudiogramm mit Tinnitus-Matching und Selbstauskunft nach Tinnitusfragebogen für "wünschenswert". Gleichwohl teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 24. Juni 2004 mit, sie beabsichtige im Hinblick auf die Stellungnahme von Dr. H., das weitere Feststellungsverfahren einzustellen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Vorlage der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. Ruppert vom 24. Juni 2004, in der für den Zeitraum vom 27. Oktober bis 17. Dezember 2003 über eine neuraltherapeutische Behandlung wegen eines einige Wochen zuvor aufgetretenen lauten Tinnitus mit insgesamt nur geringer Besserung berichtet wird. In der Folgezeit ermittelte der Präventionsdienst der Beklagten hinsichtlich Ursache und Lautstärke des angeschuldigten Geräuschs. Die Vorgesetzte der Klägerin teilte telefonisch mit, von der Störung sei nur der Apparat in der Zentrale, der ausschließlich von der Klägerin bedient werde, betroffen gewesen. Es sei ein hochfrequenter lauter Ton gewesen, wie er z.B. beim versehentlichen Anwählen eines Faxanschlusses zu hören sei. Die T. GmbH & Co. KG, die für die Neuinstallation und damit Beseitigung der Störung verantwortlich war, qualifizierte im Schreiben vom 15. November 2004 das Geräusch als sog. "Rollton"; dabei handele es sich um einen von der Frequenz und Lautstärke her klar definierten Ton, der signalisiere, dass bei einem laufenden Telefonat ein dritter Anrufer in der Leitung sei. Der Rollton weise einen Maximalpegel von 16,5 dBPa auf und liege damit deutlich unter dem zulässigen Grenzwert von 24 dBPa nach der ETSI (Europäisches Institut für Telekommunikationsstandards)-Norm TBR (Technical Basis for Regulation) Nr. 8 (Transmission). Der Präventionsdienst kam unter Berücksichtigung dieser Auskunft zu der Beurteilung, die Klägerin sei keiner Lärmgefährdung im Sinne von § 2 Abs. 1 der Vorschrift "Lärm" (GUV V B3/BGV Nr.B3) ausgesetzt gewesen. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2004 lehnte die Beklagte auf der Grundlage dieser Stellungnahme die Feststellung des beidseitigen Ohrgeräuschs als BK ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 2005).
Dagegen hat die Klägerin am 30. März 2005 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat zur Begründung ausgeführt, es sei fehlerhaft, die geltend gemachte Gesundheitsstörung Tinnitus nur im Rahmen einer BK zu prüfen, weil mehr für einen Unfall als eine BK spreche. Im Erörterungstermin am 23. Februar 2006 hat die Klägerin angegeben, sie habe von Anfang an einen Ton im Ohr gehabt, auch wenn sie nicht telefoniert habe und auch abends, der sich im Laufe der Zeit verstärkt habe. Auf Grund dieser Aussage hat das SG weitere Ermittlungen eingeleitet. Die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Stuttgart - hat das - bereits bekannte - Schreiben der T. GmbH vom 15. November 2004 übersandt. Die A. GmbH & Co. KG - Nachfolgerin der T. GmbH - hat mit Schreiben vom 19. April 2006 die Dokumentation über Störungsmeldungen des Arbeitsamtes Leonberg im Zeitraum vom 31. Juli bis 30. September 2003 übermittelt und mitgeteilt, der Kundendiensttechniker T. habe vor Ort festgestellt, dass es sich bei dem gemeldeten Pfeifton nicht um eine Störung, sondern um den Signalton, der auf einen Anruf von extern hinweise, gehandelt habe. Das SG hat des Weiteren schriftliche Zeugenaussagen der R. T., G. D. und M. L. eingeholt. Während die Zeuginnen T. und L. in ihren schriftlichen Aussagen den von der Klägerin geschilderten Pfeifton bestätigt haben, hat die Zeugin D. angegeben, von der Störung keine Kenntnis erhalten zu haben. Der zu einem weiteren Erörterungstermin als Zeuge geladene Kundendiensttechniker T. hat dem SG am 13. November 2007 telefonisch mitgeteilt, die Reproduktion des von ihm damals erkannten Rolltons mittels einer mitgebrachten Telefonanlage sei nicht möglich, allenfalls an der Originalanlage am Arbeitsplatz der Klägerin; andererseits sei die Störung damals beseitigt worden und deswegen fraglich, ob es sich bei einer Rekonstruktion um den Ton handle, der von der Klägerin als störend empfunden worden sei. Im Übrigen könne er sich an den damaligen Einsatz nicht erinnern, da er seit Jahren täglich mehrere Kundentermine wahrnehme. Daraufhin hat das SG den anberaumten Erörterungstermin aufgehoben. Mit Urteil vom 22. Januar 2008 hat das SG die Klage - mit Zustimmung der Beteiligten zum schriftlichen Verfahren - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, da die Beklagte nur über die Feststellung einer BK entschieden habe, sei der Kammer eine Entscheidung darüber, ob die Lärmeinwirkung unter dem Gesichtspunkt eines Arbeitsunfalls anzuerkennen sei, verwehrt. Die Anerkennung einer BK nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV scheitere bereits daran, dass bei der Klägerin keine lärmbedingte Innenohrschwerhörigkeit, sondern ein hiervon isolierter Tinnitus vorliege. Die Anerkennung eines isolierten Ohrgeräuschs ohne lärmbedingten Hörverlust im Rahmen einer BK 2301 sei nach der einschlägigen Fachliteratur (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S 442 ff) ausgeschlossen. Zudem stehe nach Ausschöpfung aller Sachverhaltermittlungsmöglichkeiten trotz Bestätigung des Pfeiftons durch die Zeuginnen Tittman und Lehmann der genaue Umfang der Lärmbelastung durch den Pfeifton nicht fest.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. Februar 2008 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Urteil des SG sei schon deshalb aufzuheben, weil es sich mit dem Antrag der Klage (Feststellung, dass der Tinnitus Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 sei), nicht näher befasst und nur den Hilfsantrag (Feststellung einer BK nach Nr. 2301) abgewiesen habe. Es hätte vielmehr klären müssen, ob von einem Arbeitsunfall oder einer BK auszugehen sei und dann zur Frage, ob ein andauernder Pfeifton innerhalb einer Arbeitsschicht einen Tinnitus auslösen könne, ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Es könne der Klägerin nicht angelastet werden, dass sich der Ton nicht mehr reproduzieren lasse. Die Beklagte hätte nachzuweisen, dass ein Pfeifton als akustisches Trauma ungeeignet und damit der Tinnitus der Klägerin nicht als ein Ereignis innerhalb der Arbeitsschicht am 16. September 2003 eingetreten sei; auf die Fragen des Hilfsantrags komme es nicht an.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 8. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Tinnitus der Klägerin die Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 ist, hilfsweise festzustellen, dass die bei der Klägerin "vorliegende Erkrankung" eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§ 144 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG), frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin kann weder die Feststellung verlangen, dass der Tinnitus Folge eines Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 ist noch ist diese Erkrankung als BK nach 2301 der Anlage zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) festzustellen.
Streitgegenstand des Berufungs- ebenso wie des Klageverfahrens ist der Bescheid vom 8. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2005, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, die beidseitigen Ohrgeräusche der Klägerin als BK nach Nr. 2301 BKV festzustellen. Auf den im Wege der Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) geltend gemachten Anspruch finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) Anwendung.
Die Berufung ist hinsichtlich des Hauptantrags - Feststellung, dass der Tinnitus Folge des Arbeitsunfalls vom 16. September 2003 ist - unbegründet, weil insoweit bereits die Klage mangels Vorliegen einer Prozessvoraussetzung unzulässig ist. Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 SGG) setzt voraus, dass die Behörde einen Verwaltungsakt erlassen hat, der den Betroffenen beschwert. Hieran fehlt es, soweit es um die Feststellung des Tinnitus als Folge eines Arbeitsunfalls vom 19. September 2003 geht. Denn die Beklagte hat hierüber im angefochtenen Bescheid gerade nicht entschieden, weswegen die Klägerin durch ihn insoweit nicht beschwert ist. Die Feststellungsklage (§ 55 SGG) setzt ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung voraus. Ein solches besteht nicht, wenn ein Verwaltungsverfahren nicht stattgefunden hat, denn ein streitig gewordenes öffentlich rechtliches Verhältnis zwischen Versichertem und Sozialleistungsträger ist grundsätzlich zunächst in einem Verwaltungsverfahren durch Verwaltungsakt zu regeln (vgl. Castendiek in NomosKommentar, SGG, 3. Aufl., § 55 RdNr. 27; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 55 RdNr. 15; BSG, Beschluss vom 27. Juni 2006 -B 2 U 77/06 B = SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Das SG hat daher zu Recht nicht über die Feststellung des Tinnitus als Folge eines Arbeitsunfalls entschieden.
Die Berufung ist aber auch hinsichtlich des Hilfsantrag (Feststellung einer BK nach 2301) unbegründet. Insoweit ergeben sich gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung liegen jedoch nicht vor.
Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 9 SGB VII). Hierzu zählt nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV die durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheit "Lärmschwerhörigkeit". Die Erkrankung "Tinnitus" ist in der Anlage zur BKV nicht als BK erfasst, sodass sie keine eigenständige BK darstellt, sondern nur im Rahmen der "Lärmschwerhörigkeit" geprüft werden kann.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die Anspruchs begründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die gefährdende Einwirkung (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) und die Gesundheitsstörung, im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist; das bedeutet, das bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang herleitet (BSGE 43, 110, 112).
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin - das ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten - als Teamassistentin eine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Der geltend gemachte Anspruch scheitert jedoch daran, dass nicht (im Vollbeweis) erwiesen, dass die Klägerin während ihrer versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 2301 ausgesetzt war. Nach dem amtlichen Merkblatt - abgedr. in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), M 2301 S. 1 ff - besteht die Gefahr einer Gehörschädigung durch langjährigen Lärm, dessen Tages-Lärmexpositionspegel den Wert von 85 dB (A) erreicht oder überschreitet. Bei sehr hohen Lautstärken sind bleibende Gehörschäden auch schon nach wenigen Tagen oder Wochen möglich; darüber hinaus können auch sehr kurze Spitzenschalldruckpegel hoher Intensität von mehr als 137 dB (C) zu Gehörschäden führen. Vorliegen kann als schädigende Einwirkung nur der von der Klägerin beschriebene laut Pfeifton in Betracht kommen, weil die Bedienung einer störungsfrei funktionierenden Telefonanlage keine Lärm gefährdende Tätigkeit darstellt. Ob dieser Pfeifton - objektiv - von einer solchen Intensität gewesen ist, dass er geeignet war, bei der Klägerin eine Hörschädigung hervorzurufen, vermag der Senat nicht mit der für einen Nachweis erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Nach den Angaben des Präventionsdienstes in seiner Stellungnahme vom 23. November 2004 ist die Klägerin, da es sich bei dem Ton um einen Rollton mit einem Maximalpegel von 16,5 dBPa gehandelt hat, nicht Lärm gefährdend im Sinne der BK 2301 tätig gewesen. Nach der Auskunft der A. GmbH und den übersandten Störungsprotokollen hat der Kundendiensttechniker T. den Ton als Rollton qualifiziert. Zweifel hieran ergeben sich allerdings im Hinblick auf die Beschreibung des Tons durch die Klägerin (lauter hoher Pfeifton), die im Wesentlichen durch die Zeuginnen T. und L. bestätigt worden ist, wobei die Zeugin L. bei der Befragung durch den Präventionsdienst den Pfeifton als einen hochfrequenten lauten Ton, wie er z.B. bei versehentlichem Anwählen eines Faxanschlusses zu hören ist, beschrieben hat. Dennoch lässt sich weder mit der Beschreibung der Klägerin noch den Aussagen der zuvor genannten Zeuginnen die Intensität der Lärmexposition objektiv bestimmen. Eine zuverlässige Reproduktion des von der Klägerin als störend empfundenen Geräuschs ist nach dem Aktenvermerk über das Telefonat mit dem Kundendiensttechniker T. technisch nicht möglich. Da hinsichtlich dieser Tatsache die Klägerin die objektive Feststellungslast trägt, geht deren Unaufklärbarkeit zu ihren Lasten mit der Folge, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten BK nicht bejaht werden können.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt es keinen Anlass für eine "Beweislastumkehr". Die Beklagte hat von den Vorgängen erst im Februar 2004 und damit 5 Monate nachdem der beschriebene Pfeifton vom Techniker T. behoben worden war, erfahren. Eine Beweissicherung durch entsprechende Messungen war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr möglich, wäre aber bei rechtzeitiger Meldung - schon Ende Juli 2003, jedoch spätestens am 19. September 2003 (Unfallzeitpunkt lt. Unfallanzeige) - möglich gewesen, sodass ein Fehlverhalten der Beklagten, das eine Beweislastumkehr nahe legen könnte, nicht ersichtlich ist.
Der Prüfung der weiteren Voraussetzungen - Gesundheitsstörung und Kausalität - und der damit zusammenhängenden Fragen, welche bei der Klägerin "vorliegende Erkrankung" (Innenohrschwerhörigkeit und Tinnitus oder nur Tinnitus) als BK nach 2301 festgestellt werden soll, ggf. ob "isolierte" Ohrgeräusche ohne lärmbedingten Hörverlust im Rahmen der BK 2301 ausgeschlossen sind (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 443) und Prüfung der Kausalität unter dem Gesichtspunkt der Verschlimmerung bedarf es daher nicht mehr. Aus den dargelegten Gründen ist die Berufung unbegründet und zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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