Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 2702/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4635/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. August 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente streitig.
Der 1962 geborene Kläger zog sich als Tiefbauarbeiter bei einem Arbeitsunfall am 06.04.2005 am rechten Zeigefinger und der Hohlhand eine massive Quetschverletzung mit einer Grundgliedmehrfragmentfraktur und Ringbandverletzung zu. Nach stationärer Behandlung im M.hospital in S. vom 06.04. bis 14.04.2005 sowie vom 17.05. bis 14.06.2005 und in der B. Unfallklinik in T. vom 28.08. bis 13.09.2005 wurde der Kläger als arbeitsfähig ab 19.09.2005 entlassen. Nach Arbeitsaufnahme am 20.09.2005 brach der Kläger die Arbeit wegen Schmerzen in der rechten Hand ab. Nach Arbeitserprobung trat Arbeitsfähigkeit am 07.12.2005 ein. Im Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vom 17.03.2006 wurde die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 10 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 07.04.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Im Befundbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vom 06.04.2006 wurde die MdE mit weniger als 10 v.H. angegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger erhob am 19.07.2006 Klage beim Sozialgericht Ulm. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. L. das Gutachten vom 14.02.2007, in dem sie wegen des minderbeweglichen Zeigefingers der rechten Hand und fehlender ausreichender Sensibilität auf der Beugeseite die MdE mit 10 v.H. einschätzte. Mit Urteil vom 11.08.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab.
Gegen das dem Kläger am 25.09.2008 zugestellte Urteil hat er am 01.10.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er macht geltend, bei einer völligen Gebrauchsunfähigkeit des Zeigefingers und nachweisbaren Veränderungen am Mittelfinger der rechten Hand sei eine MdE um 10 v.H. nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.08.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H. zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass erst der vollständige Verlust eines Daumens eine MdE von 20 v.H. rechtfertige. Der Verlust eines Zeigefinger begründe lediglich eine MdE von 10 v.H. Der Unfallfolgezustand mit einem verbliebenen, schlecht beweglichen, minder sensiblen rechten Zeigefinger könne daher keine höhere MdE als 10 v.H. begründen.
Mit richterlicher Verfügung vom 16.02.2009 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ).
Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 23 und 27; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr 5; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; BSG Urteil vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente, denn seine unfallbedingte Gesundheitsstörung begründet keine MdE um mindestens 20 v.H. Keiner der begutachtenden Ärzte hat eine rentenrelevante MdE bejaht. Der Senat geht daher davon aus, dass die unfallbedingte MdE allenfalls 15 v.H. beträgt.
Beim Kläger ist die Handgelenksbeweglichkeit beidseits gleich, was im Befundbericht von Prof. Dr. S., Chefarzt der B. Unfallklinik T., vom 06.04.2006 und auch im Gutachten von Dr. L. vom 14.02.2007 beschrieben wird. Eine Bewegungsminderung weist nur der rechte Zeigefinger auf, die übrigen Langfinger sind beidseits gleich beweglich. Sowohl Dr. L. wie auch Prof. Dr. S. haben diesen Befund erhoben. Hinweise darauf, dass mittlerweile auch der Mittelfinger der rechten Hand Funktionseinschränkungen aufweise, wie der Kläger bereits in seiner Widerspruchsbegründung vom 22.05.2006 geltend gemacht hat, sind aus den von Prof. Dr. S. und Dr. L. erhobenen Befunden nicht abzuleiten.
Die von Prof. Dr. S. und Dr. L. als unfallbedingt beschriebene Einschränkung der Beugefähigkeit des rechten Zeigefingers, nach Dr. L. mit Fixierung des Endgelenkes in 70° Beugestellung, die Verminderung der Sensibilität am rechten Zeigefinger und ein Kraftverlust beim Faustschluss - wobei eine Kraftminderung von Prof. Dr. S., der eine ungestörte Durchblutung, Motorik und Sensibilität der rechten und linken Hand erhoben hat, nicht beschrieben wurde - sind mit einer MdE unter 20 v.H. zutreffend bewertet. Nach der unfallmedizinischen Literatur wird der vollständige Verlust des Zeigefingers mit einer MdE um 10 v.H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S. 165 und Anhang 1 S. 322) oder allenfalls um 15 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 641) bewertet. Die beim Kläger vorliegende Beugebehinderung des rechten Zeigefingers erreicht die mit dem Verlust des Zeigefingers einhergehende Funktionseinschränkung nicht, da mit dem verbliebenen Zeigefinger sämtliche Greiffunktionen ausführbar sind, wenn auch beeinträchtigt durch die Bewegungseinschränkung. Auch die vom Kläger beklagten Belastungsschmerzen rechtfertigen keine höhere MdE-Bewertung, denn in der MdE um 10 bzw. 15 v.H. ist die schmerzbedingte Funktionsbeeinträchtigung hinreichend berücksichtigt, kommt diese Bewertung letztlich dem völligen Funktionsverlust des Zeigefingers gleich.
Ein Stützrententatbestand, wonach aus einem anderen versicherten Ereignis eine Erwerbsminderung um mindestens 10 v.H. besteht, liegt nicht vor. Ein solcher Stützrententatbestand ist weder den vorgelegten Akten zu entnehmen noch hat der Kläger dies geltend gemacht. Sein Antrag beinhaltet außerdem ausdrücklich eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. Ein Anspruch auf Verletztenrente scheidet daher aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente streitig.
Der 1962 geborene Kläger zog sich als Tiefbauarbeiter bei einem Arbeitsunfall am 06.04.2005 am rechten Zeigefinger und der Hohlhand eine massive Quetschverletzung mit einer Grundgliedmehrfragmentfraktur und Ringbandverletzung zu. Nach stationärer Behandlung im M.hospital in S. vom 06.04. bis 14.04.2005 sowie vom 17.05. bis 14.06.2005 und in der B. Unfallklinik in T. vom 28.08. bis 13.09.2005 wurde der Kläger als arbeitsfähig ab 19.09.2005 entlassen. Nach Arbeitsaufnahme am 20.09.2005 brach der Kläger die Arbeit wegen Schmerzen in der rechten Hand ab. Nach Arbeitserprobung trat Arbeitsfähigkeit am 07.12.2005 ein. Im Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vom 17.03.2006 wurde die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 10 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 07.04.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Im Befundbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vom 06.04.2006 wurde die MdE mit weniger als 10 v.H. angegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger erhob am 19.07.2006 Klage beim Sozialgericht Ulm. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. L. das Gutachten vom 14.02.2007, in dem sie wegen des minderbeweglichen Zeigefingers der rechten Hand und fehlender ausreichender Sensibilität auf der Beugeseite die MdE mit 10 v.H. einschätzte. Mit Urteil vom 11.08.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab.
Gegen das dem Kläger am 25.09.2008 zugestellte Urteil hat er am 01.10.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er macht geltend, bei einer völligen Gebrauchsunfähigkeit des Zeigefingers und nachweisbaren Veränderungen am Mittelfinger der rechten Hand sei eine MdE um 10 v.H. nicht angemessen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.08.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H. zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass erst der vollständige Verlust eines Daumens eine MdE von 20 v.H. rechtfertige. Der Verlust eines Zeigefinger begründe lediglich eine MdE von 10 v.H. Der Unfallfolgezustand mit einem verbliebenen, schlecht beweglichen, minder sensiblen rechten Zeigefinger könne daher keine höhere MdE als 10 v.H. begründen.
Mit richterlicher Verfügung vom 16.02.2009 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Akte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ).
Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 23 und 27; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr 5; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; BSG Urteil vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente, denn seine unfallbedingte Gesundheitsstörung begründet keine MdE um mindestens 20 v.H. Keiner der begutachtenden Ärzte hat eine rentenrelevante MdE bejaht. Der Senat geht daher davon aus, dass die unfallbedingte MdE allenfalls 15 v.H. beträgt.
Beim Kläger ist die Handgelenksbeweglichkeit beidseits gleich, was im Befundbericht von Prof. Dr. S., Chefarzt der B. Unfallklinik T., vom 06.04.2006 und auch im Gutachten von Dr. L. vom 14.02.2007 beschrieben wird. Eine Bewegungsminderung weist nur der rechte Zeigefinger auf, die übrigen Langfinger sind beidseits gleich beweglich. Sowohl Dr. L. wie auch Prof. Dr. S. haben diesen Befund erhoben. Hinweise darauf, dass mittlerweile auch der Mittelfinger der rechten Hand Funktionseinschränkungen aufweise, wie der Kläger bereits in seiner Widerspruchsbegründung vom 22.05.2006 geltend gemacht hat, sind aus den von Prof. Dr. S. und Dr. L. erhobenen Befunden nicht abzuleiten.
Die von Prof. Dr. S. und Dr. L. als unfallbedingt beschriebene Einschränkung der Beugefähigkeit des rechten Zeigefingers, nach Dr. L. mit Fixierung des Endgelenkes in 70° Beugestellung, die Verminderung der Sensibilität am rechten Zeigefinger und ein Kraftverlust beim Faustschluss - wobei eine Kraftminderung von Prof. Dr. S., der eine ungestörte Durchblutung, Motorik und Sensibilität der rechten und linken Hand erhoben hat, nicht beschrieben wurde - sind mit einer MdE unter 20 v.H. zutreffend bewertet. Nach der unfallmedizinischen Literatur wird der vollständige Verlust des Zeigefingers mit einer MdE um 10 v.H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S. 165 und Anhang 1 S. 322) oder allenfalls um 15 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 641) bewertet. Die beim Kläger vorliegende Beugebehinderung des rechten Zeigefingers erreicht die mit dem Verlust des Zeigefingers einhergehende Funktionseinschränkung nicht, da mit dem verbliebenen Zeigefinger sämtliche Greiffunktionen ausführbar sind, wenn auch beeinträchtigt durch die Bewegungseinschränkung. Auch die vom Kläger beklagten Belastungsschmerzen rechtfertigen keine höhere MdE-Bewertung, denn in der MdE um 10 bzw. 15 v.H. ist die schmerzbedingte Funktionsbeeinträchtigung hinreichend berücksichtigt, kommt diese Bewertung letztlich dem völligen Funktionsverlust des Zeigefingers gleich.
Ein Stützrententatbestand, wonach aus einem anderen versicherten Ereignis eine Erwerbsminderung um mindestens 10 v.H. besteht, liegt nicht vor. Ein solcher Stützrententatbestand ist weder den vorgelegten Akten zu entnehmen noch hat der Kläger dies geltend gemacht. Sein Antrag beinhaltet außerdem ausdrücklich eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. Ein Anspruch auf Verletztenrente scheidet daher aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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