L 3 R 2647/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 84/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 2647/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.

Die 1972 geborene Klägerin hat vom 01.09.1988 bis 31.08.1990 eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau absolviert und war anschließend bis zum 04.06.1992 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach der Geburt ihrer 1992 und 1995 geborenen Kinder war sie zunächst wieder geringfügig beschäftigt. Ab 1998 war sie als "Promoterin" selbständig tätig. Vom 28.11.2000 bis 30.06.2001 und ab dem 01.04.2002 war sie versicherungspflichtig beschäftigt als Außendienstmitarbeiterin der Firma M ... Ab Oktober 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt und bezog vom 20.11.2002 bis 22.04.2003 und vom 23.05.2003 bis 07.04.2004 Krankengeld, während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 23.04.2003 bis 22.05.2003 Übergangsgeld und vom 08.04.2004 bis 02.02.2005 Arbeitslosengeld.

Am 12.07.2004 beantragte sie bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, welche den Antrag an die Beklage weiterleitete. Diese ließ die Klägerin durch Dr. Z. gutachterlich untersuchen. Diese stellte im Gutachten vom 08.12.2004 die Diagnose einer Somatisierungsstörung mit wechselnder schmerzbetonter Symptomatik bei flachem Bandscheibenvorfall. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit Bescheid vom 08.02.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, es seien nicht alle Erkrankungen berücksichtigt worden. Insbesondere seien eine Hüftdysplasie sowie eine Spondylolisthesis L 6/S 1 neu festgestellt worden. Hierzu legte sie den Arztbrief des behandelnden Orthopäden Dr. S. vom 03.02.2005 vor, in welchem die Diagnose einer Hyftdysplasie beidseits, gestützt auf eine Röntgenaufnahme, genannt wird. Der Klägerin seien die Bilder zur Vorstellung in der Orthopädischen Klinik München-Harlaching mit der Frage einer Tripleosteotomie mitgegeben worden. Weiter vorgelegt wurde der Arztbrief des Orthozentrums München - Orthopädische Klinik - über die Vorstellung der Klägerin in der orthopädischen Sprechstunde am 16.02.2005. Darin wird ausgeführt, bei der klinischen Untersuchung laufe die Klägerin unauffällig, die Beinachsen seien klinisch gerade. Es finde sich bei der Bewegungsprüfung eine besonders gute Beweglichkeit, die Abduktion sei völlig frei, die Innenrotation deutlich vermehrt, die Außenrotation dagegen leicht eingeschränkt. Extension und Flexion seien frei und nicht schmerzhaft. Auf den mitgebrachten Röntgenaufnahmen zeige sich beidseits eine gute Zentrierung, jedoch eine deutlich unvollständige Überdachung. Der ACE-Winkel betrage auf den auswärtigen Aufnahmen rechts 28 Grad und links 25 Grad, werde jedoch der Osteophyt, der bereits links vorhanden sei, mitgerechnet, betrage der ACE-Winkel sogar 30 Grad. Auf den aktuell angefertigten Vorprofilaufnahmen beidseits betrage der ACE-Winkel rechts 28 Grad und links 27 Grad. Beidseits liege die Überdachung damit leicht unterhalb der Norm, die zwischen 30 Grad und 35 Grad liege. Die Beschwerden seien deshalb nicht nur auf die bekannte Spondylolisthesis, sondern vor allen Dingen auch auf die Hüftdysplasie mit beginnender Coxarthrose zurückzuführen. Der Klägerin sei eine Triple-Osteotomie empfohlen worden.

Am 30.03.2005 wurde ein MRT der Hüftgelenke erstellt. Ausweislich des Arztbriefes des Radiologen Dr. P. ergab dieses bis auf eine mäßige Dysplasie beidseits keine Hinweise auf signifikante degenerative Veränderungen oder einen Gelenkerguss sowie keinen sicheren Anhalt für ein femoroacetabuläres Impingement.

Im nervenärztlichen Gutachten vom 01.09.2005 stellte Dr. L. die Diagnosen eines schmerzhaften Wirbelsäulensyndroms mit ausstrahlenden Beschwerden, Lumboischialgien, Cervikobrachialgien und Cervikocephalgien, eines Ulnarisrinnensyndroms sowie einer leichten Erschöpfung. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit resultiere hieraus nicht. Im orthopädischen Gutachten vom 01.09.2005 stellte Dr. G. die Diagnosen eines Cervikobrachialgiesyndroms, rezidivierender Lumboischialgien sowie einer beidseitigen Hüftgelenksdysplasie. Die seit 1992 arbeitsunfähige Klägerin könne nicht länger als drei bis fünf Minuten schmerzfrei sitzen. Auch sei ihr schmerzbedingt das Autofahren nicht mehr möglich. Sie sei als vollständig erwerbsunfähig anzusehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 09.01.2006 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Dr. S. hat unter dem 27.03.2006 mitgeteilt, der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich seit Januar 2006 deutlich gebessert. Der Neurologe Dr. L. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 10.04.2006 angegeben, die Klägerin leide an einer Depression und Angststörung sowie einem schmerzhaften Wirbelsäulensyndrom. Zu vermeiden seien Tätigkeiten im Kundenverkehr und mit besonderer emotionaler oder kognitiver Beanspruchung. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Die Hausärztin Dr. R. hat im ärztlichen Attest vom 17.02.2006 ausgeführt, die Klägerin habe bereits seit zwei Jahren eine Haushaltshilfe zwei Mal wöchentlich. Somit liege eine rentenrelevante Leistungsminderung vor. In ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 24.04.2006 hat sie die Auffassung vertreten, die Klägerin könne nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. J. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt worden. Im Gutachten vom 28.09.2006 hat er die Diagnosen einer degenerativen Bandscheibenschädigung L5/L6, einer chronischen Lumboischialgie beidseits, einer Spondylolisthesis L6/S1, einer Retrolisthesis C5/C6, eines degenerativen Bandscheibenschadens im Segment C5/C6 sowie einer beidseitigen Hüftdysplasie gestellt. Die Klägerin könne täglich weniger als drei Stunden arbeiten. Auch sei sie nicht in der Lage, vier Mal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen.

Das SG hat daraufhin Dr. H. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 20.01.2007 hat dieser folgende Diagnosen gestellt:

- Chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei fortgeschrittener Bandscheibendegeneration L4/L5 ohne eigentlichen Bandscheibenvorfall und ohne sichere neurologische Begleiterscheinungen. - Schmerzhafte Funktionsstörungen der Halswirbelsäule bei Bandscheibenvorfall C5/C6 mit Einengung des Wirbelkanals ohne Hinweise auf eine begleitende Rückenmarkschädigung (Myelopathie) bzw. ohne sichere Hinweise auf eine funktionell bedeutsame Nervenwurzelschädigung. - Funktionelle Hüftschmerzen bei Steilstellung der Schenkelhälse ohne sichere Hinweise auf eine Hüftdysplasie und ohne Hinweise auf eine Hüftarthrose.

Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Nachdem die behandelnde Neurologin Dr. B. mitgeteilt hatte, die Klägerin leide an einem cerebralen Anfallsleiden mit fokal eingeleiteten epileptischen Anfällen, zusätzlich lägen möglicherweise psychogene Anfälle vor, und nachdem im Arztbrief der Neurologischen Universitätsklinik Ulm, wo sich die Klägerin vom 24.01. bis 29.01.2007 in stationärer Behandlung befunden hatte, die Diagnose eines Verdachts auf Angststörung gestellt worden war, hat das SG Dr. A. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 31.10.2007 hat Dr. A. ausgeführt, es bestehe kein Hinweis auf pathologische Ängste der Klägerin. Im Vordergrund stünden die Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates, die weitgehend den Tagesablauf bestimmten und aus neurologischer Sicht organpathologisch noch erklärbar und nachvollziehbar seien. Die Stimmungslage sei ausgeglichen bis subdepressiv ohne Hinweise auf eine tiefere depressive Verstimmung; es bestehe kein Anhalt für Anhedonie, Antriebsminderung oder sozialen Rückzug. Die Schilderung der Anfälle mit Zittern wie Schüttelfrost, Verkrampfungen im Bauch und ohnmachtsähnlichen Zuständen ohne Bewusstseinsverlust und ohne Zungenbiss oder Enuresis legten eher die Verdachtsdiagnose einer psychogenen Störung als eines cerebralen Anfallsleidens nahe. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.

Mit Urteil vom 23.04.2008, auf das Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen das am 06.05.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.06.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das von Dr. L. erstattete Gutachten sei nicht verwertbar, da dieser weder ein gutachterliches Gespräch mit ihr geführt noch sie untersucht habe. Auch das von Dr. H. erstellte Gutachten sei nicht verwertbar. Dieser sei nämlich 13 Jahre Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Klinik Bad B. gewesen, deren Mehrheitsgesellschafterin die Beklagte sei. Zwar könne der Sachverständige nicht mehr wegen Befangenheit abgelehnt werden, dieser Umstand sei jedoch bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Da sich widerstreitende Gutachten vorlägen, sei der Sachverhalt nicht vollständig und abschließend aufgeklärt. Deshalb sei es erforderlich, ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 02.12.2008 hat Dr. H. ausgeführt, vor der körperlichen Untersuchung habe er ein ca. einstündiges Anamnesegespräch geführt. Zutreffend sei, dass er bis Oktober 2004 Chefarzt der orthopädischen Abteilung der Klinik Bad B. gewesen sei. Diese sei eine gemeinnützige GmbH mit den Gesellschaftern Stadt Bad B. und Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg. Er sei nie Mitarbeiter der Beklagten gewesen und für die Deutsche Rentenversicherung nicht gutachterlich tätig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 23. April 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Juli 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage zu Recht abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.

Nach § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Ihr Leistungsvermögen wird maßgeblich eingeschränkt durch Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Hier bestehen ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei fortgeschrittener Bandscheibendegeneration L4/L5 ohne eigentlichen Bandscheibenvorfall und ohne sichere neurologische Begleiterscheinungen, schmerzhafte Funktionsstörungen der Halswirbelsäule bei Bandscheibenvorfall C5/C6 mit Einengung des Wirbelkanals ohne Hinweise auf eine begleitende Rückenmarkschädigung (Myelopathie) bzw. ohne sichere Hinweise auf eine funktionell bedeutsame Nervenwurzelschädigung. Aufgrund dieser Wirbelsäulenschäden bestehen deutliche Einschränkungen der biomechanischen Belastbarkeit. Die Klägerin kann deshalb keine Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten über 15 kg mehr ausüben. Auch sind Tätigkeiten in länger anhaltenden Zwangshaltungen, Arbeiten im Akkord bzw. am Fließband, länger andauernde feinmechanische Arbeiten sowie Arbeiten mit häufigem Bücken nicht mehr zumutbar. Zu vermeiden sind auch Tätigkeiten überwiegend in Nässe, Kälte oder Zugluft.

Darüber hinaus bestehen funktionelle Hüftschmerzen bei Steilstellung der Schenkelhälse ohne sichere Hinweise auf eine Hüftdysplasie und ohne Hinweise auf eine Hüftarthrose. Weitere qualitative Einschränkungen, insbesondere eine Einschränkung der Wegefähigkeit, resultieren hieraus jedoch nicht.

Auf nervenärztlichem Gebiet besteht darüber hinaus der Verdacht auf psychogene Anfälle. Dem kann durch die Vermeidung von Tätigkeiten in Spätschicht oder Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen sowie dadurch, dass kein PKW geführt werden muss, ausreichend Rechnung getragen werden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist die Klägerin noch in der Lage, leichte sowie gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Normalschicht mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt sich hierbei auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. H. im orthopädischen Gutachten vom 20.01.2007 und der ergänzenden Stellungnahme vom 02.12.2008 sowie des Sachverständigen Dr. A. im Gutachten vom 31.10.2007. Beide Sachverständigen sind zu der von ihnen getroffenen Beurteilung aufgrund einer eingehenden Untersuchung der Klägerin und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen gelangt. Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob die von der Klägerin gerügten Mängel bei der Erstellung des Gutachtens durch Dr. L. vorlagen, da sich der Senat auf dessen Gutachten nicht stützt.

Nicht zutreffend ist die Vermutung der Klägerin, der Sachverständige Dr. H. sei 13 Jahre L. leitender Mitarbeiter einer Klinik gewesen, deren Mehrheitsgesellschafterin die Beklagte sei. Zutreffend ist zwar, dass Dr. H. Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Klinik Bad B. war. Mehrheitsgesellschafterin dieser Klinik ist jedoch nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg. Zur Überzeugung des Senats fand die gutachterliche Untersuchung durch Dr. H. auch nicht in der von der Klägerin dargestellten Weise statt, dass er diese zunächst gebeten hat, sich zu entkleiden und ihr dann mit der Hand kurz über den Rücken gefahren ist und einige Stellen betastet hat. Zur Überzeugung des Senats ist der körperlichen Untersuchung durch den Sachverständigen vielmehr ein ca. einstündiges Anamnesegespräch vorausgegangen. Für diesen Ablauf der gutachterlichen Untersuchung spricht insbesondere die sehr umfangreiche, achtseitige Darstellung der Anamnese im Gutachten, die ohne ein eingehendes Gespräch mit der Klägerin nicht möglich gewesen wäre. Demgegenüber beträgt z.B. die Anamnese im Gutachten von Dr. J. einen viertelseitigen Absatz.

Bedenken gegen die Heranziehung des von Dr. H. erstatteten Gutachtens bestehen auch nicht im Hinblick auf den weiteren Vortrag der Klägerin, dieser habe im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung geäußert, die Klägerin wolle ja etwas "von uns", dies koste ja sehr viel Geld, und "wir müssen ja auch sparen". Zum einen hat Dr. H. in der ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, entsprechende Äußerungen nicht gemacht zu haben. Zum anderen kommt es maßgeblich auf die erhobenen Untersuchungsbefunde und deren sachverständige medizinische Beurteilung an. Einwände gegen die Richtigkeit der vom Sachverständigen erhobenen Befunde und dessen Beurteilung lassen sich durch die angeblichen Äußerung nicht begründen. Im Gegenteil ist der Senat zur Auffassung gelangt, dass sich Dr. H. ausführlich und eingehend sowohl mit den Schilderungen der Klägerin als auch mit den vorliegenden medizinischen Unterlagen auseinandergesetzt hat und deshalb zu der Beurteilung gelangt ist, es lägen keine sicheren Hinweise auf eine Hüftdysplasie und keine Hinweise auf eine Hüftarthrose vor. Diese Beurteilung steht in Übereinstimmung mit den sonst vorliegenden medizinischen Unterlagen. Die Diagnose einer beidseitigen Hüftdysplasie wurde erstmals im Arztbrief des behandelnden Orthopäden Dr. S. vom 03.02.2005, gestützt auf eine Röntgenaufnahme, gestellt. Erst am 30.03.2005 wurde ein MRT der Hüftgelenke erstellt, das somit bei der Vorstellung der Klägerin im Orthozentrum München am 16.02.2005 noch nicht vorliegen konnte. Dr. P. hat in Auswertung des MRT ausgeführt, die Hüftgelenke seien bis auf eine mäßige Dysplasie beidseits unauffällig ohne Hinweise auf signifikante degenerative Veränderungen oder einen Gelenkerguss, auch bestehe kein sicherer Anhalt für ein femoroacetabuläres Impingement. Dr. J. hat dieses MRT in seinem Gutachten nicht berücksichtigt; er hat lediglich eine Beckenübersichtsaufnahme vom Januar 2005 angeführt. Demgegenüber hat der Sachverständige Dr. H. sowohl eine Beweglichkeitsprüfung der Hüftgelenke durchgeführt als auch in seine Beurteilung die Beckenübersichtsaufnahme vom 31.01.2005 und das MRT vom 30.03.2005 einbezogen und ist unter Auswertung aller Befunde zu der Beurteilung gelangt, eine Hüftdysplasie liege nicht vor, sondern allenfalls eine Steilstellung der Schenkelhälse; arthrotische Veränderungen im Bereich der Hüftgelenke seien sicher auszuschließen. Diese Beurteilung hält der Senat für zutreffend.

Der Sachverständige Dr. H. hat schließlich auch nicht das Vorliegen einer Spondylolisthesis übersehen. Er hat vielmehr ausgeführt, diese Diagnose sei im Arztbrief der Universitätsklinik Ulm vom 30.06.2003 gestellt worden. Dr. H. hat jedoch auch die Kernspintomographie der LWS vom 16.01.2006 herangezogen, die lediglich eine fortgeschrittene Osteochondrose L4/L5 mit begleitendem Knochenmarködem in den Nachbarwirbeln, jedoch unauffällige Befunde in den übrigen Segmenten ergeben hat. In Auswertung dieser Unterlagen hat er ausgeführt, weder in den Aufnahmen von 2003 noch in den Aufnahmen von 2006 zeige sich eine eindeutige Spondylosisthesis im lumbosakralen Übergang. Aufgrund dieser Auswertung der vorliegenden Befunde hat er die Diagnose einer Spondylolisthesis zutreffend nicht gestellt.

Hinsichtlich der Leistungseinschränkung durch die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet ist zudem zu berücksichtigen, dass der behandelnde Orthopäde Dr. S. mitgeteilt hat, die Beschwerden der Klägerin hätten sich seit dem 30.01.2006 deutlich gebessert.

Der Sachverhalt ist auch auf nervenärztlichem Fachgebiet ausreichend ermittelt. Dahingestellt bleiben kann insbesondere, ob es sich bei dem cerebralen Anfallsleiden der Klägerin, aufgrund dessen sie sich erstmals am 22.11.2006 in ärztlicher Behandlung befunden hat, um epileptisch bedingte Anfälle oder psychogene Anfälle handelt. Die Klägerin befand sich nämlich vom 24.01. bis 29.01.2007 zur stationären Untersuchung in der Neurologischen Universitätsklinik Ulm. Das dort erstellte Langzeit-EEG hat keinen Hinweis auf ein fokal-neurologisches Defizit oder sonstige pathologische Auffälligkeiten ergeben. Die Zusammenschau der Anamnese und der unauffälligen Befundlage hat keinen Hinweis auf epileptische Anfälle ergeben.

Schließlich ist auch die im klägerischen Schriftsatz vom 12.03.2009 angeregte neurologische Abklärung bereits durch Einholung des nervenärztlichen Gutachtens vom 31.10.2007 durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. erfolgt. Die Sachverständige hat darin zusammenfassend festgestellt, dass aufgrund der Erkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet lediglich Leistungseinschränkungen qualitativer Art bestehen und sich eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründen lässt. Dem schließt sich der Senat an.

Abschließend ist auszuführen, dass sich auch aus der Empfehlung im Entlassbericht der Klinik Bad B. vom 27.05.2003, wegen der vermuteten Schmerzstörung eine ambulante Psychotherapie durchzuführen, kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin unter sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Umstand, dass die Klägerin seither, d.h. seit nunmehr nahezu sechs Jahren, keine entsprechende Therapie begonnen hat, spricht zur Überzeugung des Senats vielmehr dafür, dass bei der Klägerin kein entsprechender Leidensdruck besteht, zumal die Durchführung dieser Therapie im Gegensatz zu den wegen der orthopädischen Leiden erwogenen Operationen mit keinen schwerwiegenden körperlichen Eingriffen verbunden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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