L 4 KR 387/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1485/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 387/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, er sei vom 16. Juli 1996 bis 12. Februar 2002 im Unternehmen der Beigeladenen zu 3) nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.

Der am 1949 geborene Kläger war seinen Angaben zufolge nach einem Studium Geographie/Sport/Politik (Abschluss als Magister 1974) bis 1989 als Projektleiter für Organisationen der Entwicklungshilfe der Vereinten Nationen in Asien und Afrika tätig. Sodann war er Koordinationsleiter in der Zentrale der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Seit 07. Juli 1996 ist er mit der Diplom-Agraringenieurin K. B. verheiratet. Ab 16. Juli 1996 war er für die Beigeladene zu 3) tätig.

Die Beigeladene zu 3) wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 18. März 1977 errichtet. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand des Unternehmens die Herstellung und der Vertrieb von Haftetiketten und ähnlichen Erzeugnissen sowie die Ausübung aller damit zusammenhängenden Geschäfte, ferner die Übernahme und Verwaltung von Beteiligungen sowie der Geschäftsführung an anderen Unternehmen. Gesellschafter der Beigeladenen zu 3) waren seit den 1980-Jahren die Ehefrau des Klägers sowie deren Eltern H. und M. B ... Die Ehefrau des Klägers verkaufte durch Gesellschafterbeschluss und Geschäftsanteils-Übertragungsvertrag vom 16. März 1993 ihre bis dahin bestehenden Anteile rückwirkend zum 01. April 1992 an die Eltern. Die Geschäftsanteile der M. B. gingen nach ihrem Tod am 08. März 1996 auf ihren Ehemann H. B. über, der ab diesem Zeitpunkt Alleingesellschafter war. Geschäftsführer blieb H. B ... Dieser schloss mit dem Kläger den Anstellungsvertrag vom 16. Juli 1996. Der Kläger wurde "ab 16. Juli 1996 als Prokurist bei der SKE eingestellt". Er übernehme die Position von Frau M. B. (Nr. 1). Er erhalte ein monatliches Bruttogehalt von DM 7.500,00 zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen von DM 26,00 (Nr. 2). Die regelmäßige Arbeitszeit betrage wöchentlich 40 Stunden, täglich acht Stunden bei einer Kernarbeitszeit von Montag bis Freitag 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr (Nr. 3). Für 30 Tage Urlaub im Jahr werde ein Urlaubsgeld von 50 Prozent des genommenen Urlaubs bezahlt (Nr. 4). Nebenbeschäftigungen - auch als tätige Beteiligung an anderen Unternehmen - seien unzulässig, sofern die Beigeladene zu 3) nicht zustimme (Nr. 5). Für die Kündigung gälten nach Ablauf einer Probezeit von drei Monaten die gesetzlichen Bestimmungen (Nr. 7). Änderungen oder Ergänzungen des Vertrags bedürften der Schriftform (Nr. 8). Durch Änderungsvertrag vom 31. Oktober 1997 wurde das Bruttomonatsgehalt ab diesem Monat auf DM 8.500,00 erhöht sowie die Geltung der gesetzlichen Bestimmungen der Kündigungsfristen vereinbart; durch Nachtrag vom 18. Februar 1999 wurde "aufgrund des besonderen Arbeitseinsatzes und zur Abgeltung aller Überstunden" eine jährliche Erfolgsbeteiligung (Tantieme) von zehn Prozent des steuerlichen Einkommens der Beigeladenen zu 3) vor Abzug aller Tantiemen, vor Abzug der Körperschaftssteuer und vor Hinzurechnung der durch alle Tantiemen bedingten Gewerbesteuerminderung zugesagt.

Durch Leasingvertrag vom 07./13. November 1997 erwarb die Beigeladene zu 3), unterschrieben von H. B. und dem Kläger, von der Commerzleasing Immobilien GmbH Düsseldorf eine Druck- und Stanzmaschine im Gesamtverkaufswert von DM 1,1 Millionen. Der Kläger und seine Ehefrau schlossen unter dem 05. September 2000 einen Mietvertrag mit der Beigeladenen zu 3), durch welche eine von ihnen als Vermieter erstellte Halle mit Produktions-, Büro-, Sanitär- und Lagerräumen nach Fertigstellung zur gewerblichen Nutzung als Etikettendruckerei vermietet wurde; der anfängliche monatliche Mietzins betrug DM 17.400,00 zuzüglich Nebenkosten. Im Geschäftsanteilsschenkungs- und -übertragungsvertrag vom 04. Januar 2002 verpflichtete sich H. B., den vereinigten Geschäftsanteil von nominal DM 50.000,00 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Tochter K. B. zu übertragen; die Übertragung wurde sofort vollzogen, während K. B. - mit der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) - und der Kläger mit sofortiger Wirkung zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt wurden. Während der Kläger nicht mehr Prokurist sein sollte, übernahm H. B. diese Position und legte sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder. Die Ehefrau des Klägers K. B. stimmte als künftige Alleingesellschafterin den Gesellschafterbeschlüssen zu. Die Eintragung dieser Änderungen ins Handelsregister erfolgte mit Wirkung vom 13. Februar 2002. Der Kläger schloss mit der Gesellschafterin/Geschäftsführerin K. B. den Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag vom 25. Februar 2002. Demnach enthielt er für seine Tätigkeit ab 01. März 2002 ein festes monatliches Bruttogehalt von EUR 3.000,00 (§ 2.1), jeweils ein halbes Bruttogehalt als Urlaubs- und Weihnachtsgeld (§ 2.2) sowie jetzt eine Tantieme von 20 Prozent des steuerlichen Einkommens der GmbH, höchstens jedoch ein Drittel des jährlichen Festgehalts (§ 2.4). Geregelt wurden ferner eine Regelarbeitszeit von täglich fünf, wöchentlich 25 Stunden (§ 6.1) und ein bezahlter Urlaub von jährlich 30 Arbeitstagen (§ 6.2). Ferner bestand Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 7.1) und es wurde eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats für jede Vertragspartei vereinbart (§ 8.5).

Am 21. Januar 2004 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers ein, das Fehlen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und damit der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung seit 16. Juli 1996 festzustellen. Durch Fachkenntnisse und einschlägige Branchenerfahrung habe er maßgeblich Einfluss auf die Gesellschaft ausgeübt. Im von ihm allein beeinflussbaren Verantwortungsbereich habe er maßgebliche Entscheidungen herbeigeführt. Seine eindeutige Sperrkompetenz habe ihn Beschlüsse verhindern lassen. Schon aus diesem Grund seien seine Eingaben in den Gesellschafterversammlungen stets berücksichtigt und meist ausnahmslos umgesetzt worden. Er habe die Geschicke der Gesellschaft gelenkt und geleitet. Ein wesentlicher Einschnitt hierfür sei das Ableben der Schwiegermutter und Gesellschafterin M. B. im März 1996 gewesen. Er habe daraufhin von Anfang an eine alleinverantwortliche Vertrauensstellung gehalten. Seit der Vertragsänderung vom 04. Januar 2002 habe er die verantwortliche Leitung des gesamten Geschäftsbetriebs inne. Er sei stets weisungsfrei gewesen und habe keinerlei Direktionsrecht unterlegen. Zeit und Ort der Tätigkeit habe er frei und selbstverantwortlich gestaltet. Die Erstellung des neuen Betriebsgebäudes sei durch ihn und seine Ehefrau zum Oktober 2000 finanziert worden. Er sei stets der einzige Beschäftigte im Unternehmen gewesen, der dieses in der jetzigen Größenordnung zu führen und zu leiten in der Lage gewesen sei. Mittels seines Engagements und unternehmerischen Geschicks habe die Firma zu ihrer jetzigen Form und Größe gefunden. In der früheren Tätigkeit für die GTZ sei er für einen Etat von zuletzt 400 Millionen DM und für rund 200 Mitarbeiter verantwortlich gewesen. All dies weiche offensichtlich von einer Rechtsstellung als Angestellter ab. Zu verweisen sei auch auf den Leasingvertrag vom 07. November 1997. Er allein sei für Einstellung und Kündigung von Personal zuständig gewesen. Im Übrigen habe er zum Grundgehalt eine gewinnabhängige Tantieme bezogen. Demgemäß sei er an Erfolg und Misserfolg des Unternehmens beteiligt gewesen. Ihm gehörten 50 Prozent des Betriebsgebäudes und die Beigeladene zu 3) zahle ihm Miete. Nach alledem könne von Anfang an (16. Juli 1996) kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden haben. Beigefügt war der Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers einer Familien-GmbH vom 18. Dezember 2003. Der Kläger habe ab 16. Juli 1996 als Prokurist für den Geschäftsbereich kaufmännische Leitung/Buchhaltung/Vertrieb die Gesellschaft nach außen vertreten. Aufgrund von familienhaften Rücksichtnahmen sei die Tätigkeit durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Ein Beitragsbescheid einer Krankenkasse sei bisher nicht ergangen. Im Übrigen wurden die Angaben im Antrag bestätigt. Der Kläger und seine Ehefrau als Geschäftsführerin unterzeichneten ferner das "Beiblatt" ebenfalls vom 18. Dezember 2003, in welchem die Angaben wiederholt wurden und zur Entrichtung von Lohnsteuer, der Verbuchung als Betriebsausgabe und der Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften geäußert wurde, dies sei so getätigt worden, weil es so verlangt werde. All dies sei letztlich in Unkenntnis der Rechtslage erfolgt. Sein Beschäftigungsverhältnis sei zu keiner Zeit Bestandteil einer Prüfung gewesen. Eine weitere vom Kläger und seiner Ehefrau unterzeichnete "Bestätigung" vom 18. Dezember 2003 enthielt ebenfalls die Angaben, der Kläger habe völlig weisungsfrei agieren können. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit habe bei 60 bis 65 Stunden gelegen; aufgrund gesundheitlicher Probleme sei sie erst seit März 2002 auf 25 Stunden reduziert worden bei Verminderung des Monatsgehalts auf EUR 3.000,00.

Die Beklagte erteilte den Bescheid vom 04. Februar 2004. Der Kläger sei in seiner Tätigkeit als Prokurist vom 16. Juli 1996 bis zum 12. Februar 2002 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Ab 13. Februar 2002 unterliege er nicht mehr der Sozialversicherungspflicht, da er Geschäftsführer sei. Auf Fachkenntnisse und alleinige Branchenkenntnisse komme es nicht an. Auch wenn letztendlich die Geschicke und Belange der Firma geleitet worden seien, könne nicht von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden, da H. B. letztendlich die Geschicke und Belange der Beigeladenen zu 3) geleitet habe. Eine Kapitalbeteiligung des Klägers habe vor dem 13. Februar 2002 nicht bestanden.

Der Kläger erhob Widerspruch. Er habe mit dem Eintritt als Prokurist eine nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, da er von Anfang an kein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer gewesen sei. Von Anfang an habe er die ausschließliche Zuständigkeit für die Produktion gehabt. Nach dem Tod der Schwiegermutter habe er sich sofort bereit erklärt, den gesamten kaufmännischen Bereich alleinverantwortlich zu übernehmen. Ein Außenstehender wäre nicht in den Betrieb eingegliedert worden. Lediglich formal aufgrund der familiären Umstände sei er neben dem Schwiegervater noch nicht als Geschäftsführer bestellt worden. Insbesondere werde nochmals auf die Haftungsübernahme in Form der Unterzeichnung des Leasingvertrags vom November 1997 verwiesen. Insoweit habe er als verantwortliche Person der Gesellschaft wegen deren nur beschränkten Haftung die zusätzliche Mithaftung übernommen. Durch sein unternehmerisches Geschick sei danach kontinuierlich der Umsatz gesteigert und die Expansion des Unternehmens gefördert worden. Auch die Übernahme des Neubaus des Betriebsgebäudes weise auf die typische unternehmerische Verpflichtung hin ... Der Schwiegervater H. B. bekräftigte diese Darlegungen in seiner "Bestätigung" vom 18. Februar 2004. Er sei ausschließlich für die Produktion zuständig gewesen, habe zu keiner Zeit Kenntnisse im kaufmännischen Bereich gehabt und sei in diesem Bereich nicht tätig gewesen.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 19. April 2004. Als Prokurist habe der Kläger zwar umfangreiche Befugnisse gehabt und zum Teil auch Arbeitgeberpflichten wahrgenommen, dennoch sei der Firmeninhaber weisungsbefugt gewesen. Dies gehe auch aus den typisch arbeitsrechtlichen Regelungen des Anstellungsvertrags vom 16. Juli 1996 deutlich hervor. Der Kläger besitze keine Geschäftsanteile. Erst ab 13. Februar 2002 könne er als Geschäftsführer nicht mehr als sozialversicherungspflichtig betrachtet werden.

Der Kläger erhob am 18. Mai 2004 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens verwies er wiederum darauf, er habe nach dem Tod der Schwiegermutter M. B., die allein im kaufmännischen Bereich ihre Tätigkeit ausgeübt habe, auf Wunsch des Schwiegervaters H. B. deren Tätigkeitsbereich übernommen. Er (der Kläger) habe keinerlei Weisung oder Direktionsrecht - auch nicht in abgeschwächter Form durch die Geschäftsführer - unterlegen, sondern alleinverantwortlich in seinem Verantwortungsbereich die Geschicke der Gesellschaft gelenkt und geleitet. Dies habe ihn befähigt, eine eindeutige Sperrkompetenz auszuüben, dass die seinen Verantwortungsbereich betreffenden Beschlüsse nur mit seiner Zustimmung erfolgt seien und von ihm jederzeit hätten verhindert werden können. Er habe begonnen, Betriebsabläufe in der Verwaltung umzuorganisieren. Der Anstellungsvertrag vom 16. Juli 1996 sei nur pro forma geschlossen worden und sei von der tatsächlichen Ausge¬staltung seines (des Klägers) Tätigkeitsfeld wesentlich auch im Hinblick auf die Vergütung abgewichen. Entsprechend der Planung der Familie sei es dann im Januar 2002 zu der bereits von Anfang an vollzogenen tatsächlichen Gestaltung der Firmenleitung gekommen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei das Gesamtbild der Abgrenzung von selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit maßgebend. Wichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, gäben diese den Ausschlag. Die tatsächlichen Verhältnisse, dass er wie ein neben H. B. gleichberechtigter Geschäftsführer aufgetreten sei und eigen- und mitverantwortlich die zukünftigen Geschicke des Unternehmens habe lenken und leiten sollen, überlagerten die aufgrund des geschlossenen Anstellungsvertrages erst einmal anzunehmende rechtlich bestehende Abhängigkeit. Bei der Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls komme hier dem Kriterium des Umfangs der tatsächlichen Einflussnahme auf die Gesellschaft besondere Bedeutung zu, weil ein außenstehender Dritter durch die Eingliederung im Betrieb seine (des Klägers) tatsächlich ausgeübte Tätigkeit niemals hätte ausüben können. Er habe sich wie ein selbstständiger Unternehmer verhalten und im Rahmen des geschlossenen Leasingvertrags auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Beigeladenen zu 3) gehabt. Er habe die Beigeladene zu 3) persönlich dominiert sowie maßgeblich und prägend mit seinem Tätigkeitsfeld das Unternehmen geführt und geleitet. Der Kläger legte wiederum die aus dem Antrags- und Widerspruchsverfahren bekannten Verträge und Vorgänge vor. Ergänzend wurde vorgetragen, die Schwiegermutter M. B. sei - offenbar aus Unkenntnis der Sachlage - als sozialversicherungspflichtig betrachtet worden.

Die Beklagte trat unter Bezugnahme auf ihre Bescheide der Klage entgegen.

Durch Beschluss vom 09. September 2004 lud das SG die Bundesagentur für Arbeit, die Pflegekasse der Beklagten sowie die S. H. GmbH als Beigeladene zu 1), zu 2) und zu 3) zum Verfahren bei.

Durch Urteil vom 26. September 2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, der Anstellungsvertrag vom 16. Juli 1996 spiegele den Willen der Vertragspartner wider, eine abhängige Beschäftigung zu begründen. Diese Regelungen deuteten auf Absicht und Willen des Schwiegervaters, zunächst - bis zur Übertragung der Geschäftsanteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge - Herr des Unternehmens zu bleiben. Als Prokurist habe der Kläger nur im Zusammenwirken mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer tätig werden können. Erwerb eines Grundstücks und damit verbundener Kredit zur Errichtung einer Produktionshalle seien nur aus steuerlichen Gründen seitens des Klägers übernommen worden. Ein wesentliches Risiko sei damit nicht verbunden gewesen, da der eingegangene Kredit durch Grundpfandrecht und Mieteinnahmen gedeckt gewesen sei.

Gegen das am 27. Dezember 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Januar 2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung legt er dar, sein Sachvortrag sei völlig verkannt worden. Zur völlig eigenverantwortlichen Gestaltung der Tätigkeit und dem nicht bestehenden Weisungsrecht könne der Schwiegervater H. B. als Zeuge aussagen. Das SG habe sich insoweit keinen Eindruck vom Gesamtbild der Arbeitsleistung verschafft. H. B. wäre gar nicht mehr in der Lage gewesen, die anfallenden Aufgaben zu übernehmen. Ohne ihn (den Kläger) hätte eine dritte Person den Aufgabenbereich wahrnehmen können und müssen. Dass H. B. zunächst das Unternehmen nicht ihm - dem Kläger - habe überantworten wollen, sei eine schlichte Mutmaßung. Denn mit seinem Eintritt in die Position der verstorbenen Schwiegermutter mit allen Kompetenzen habe er nicht die Stellung eines Angestellten übernommen. Das SG habe sich für seine Beurteilung allein von dem schriftlichen Arbeitsvertrag leiten lassen, was der Rechtsprechung des BSG widerspreche. Die Lebenserfahrung und Eigendynamik innerhalb einer Familie bei der tatsächlichen Ausgestaltung einer Tätigkeit sei verkannt worden. Von Anfang an sei die Tätigkeit völlig weisungsfrei gewesen. Dies habe der Schwiegervater in den Bestätigungen vom 18. Dezember 2003 und 18. Februar 2004 untermauert. Keinesfalls dürfe unterstellt werden, dass die Haftungsübernahme für das Grundstück zur Errichtung einer Produktionshalle nur aus steuerlichen Gründen erfolgt sei. Immerhin sei ein erhebliches wirtschaftliches Risiko eingegangen worden. Der Kläger hat die Lohn- und Gehaltsunterlagen für die Zeit von Juli 1996 bis Februar 2002 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. September 2006 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 04. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2004 festzustellen, dass er vom 16. Juli 1996 bis 12. Februar 2002 bei der Beigeladenen zu 3) nicht versicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die ablehnenden Entscheidungen weiterhin für zutreffend.

Die übrigen Beigeladenen (Deutsche Rentenversicherung Bund als Beigeladene zu 4) beigeladen durch Beschluss vom 27. Januar 2009) stellen keinen Antrag.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 16. September 2006 die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid der Beklagten vom 04. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2004 rechtmäßig ist. Der Kläger hat seine Tätigkeit im Unternehmen der Beigeladenen zu 3) vom 16. Juli 1996 bis 12. Februar 2002 als gesamtsozialversicherungspflichtig Beschäftigter ausgeübt. Ein Feststellungsinteresse hierfür wird vom Senat bejaht, jedenfalls solange - wie hier - die Durchsetzbarkeit von Erstattungsansprüchen gegen die Versicherungsträger nicht ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2006 - L 4 KR 702/03).

Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die nach § 28 i Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle war im streitigen Zeitraum vom 16. Juli 1996 bis 12. Februar 2002 die Beklagte, weil sie in diesem Zeitraum die Krankenversicherung durchführte. Da sie auf die entsprechende Anfrage des Klägers ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht einleitete, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7 a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 4) als Trägerin der Rentenversicherung zuständig wäre. Deren vorrangige Zuständigkeit ergibt sich hier auch nicht aus § 7 a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01. Januar 2005 durch Art. 4 Nr. 3 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954). Hiernach hat die Einzugsstelle einen Antrag bei der Beigeladenen zu 4) zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28 a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Die nach § 28 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d) SGB IV erforderliche zusätzliche Angabe in der Meldung erfasst nur Ehepartner, Lebenspartner und seit 01. Januar 2008 Abkömmlinge.

Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III, bis 31. Dezember 1997 § 168 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 16).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17).

Hierbei hat das BSG in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - und vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 -, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen abzugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39f.; 17, 1, 7f.; 74, 275, 278f.; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich untertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -, veröffentlicht in juris). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestimmen sich die für die hier streitigen Fragen erheblichen Beziehungen für die Zeit vom 16. Juli 1996 bis 12. Februar 2002 vorrangig nach dem aufgrund des unter dem 16. Juli 1996 geschlossenen Anstellungsvertrags praktizierten Regelwerk. Der Kläger wurde nicht etwa als Geschäftsführer, sondern als Prokurist (vgl. §§ 48 ff. des Handelsgesetzbuchs - HGB -) eingestellt. Er übernahm die Position der verstorbenen Schwiegermutter M. B., die - obgleich sie Gesellschafterin der Beigeladenen zu 3) war - nach eigenen Angaben des Klägers unwidersprochen als sozialversicherungspflichtig behandelt worden war. Vereinbart wurde ein monatliches Bruttogehalt von DM 7.500,00 zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen von DM 26,00. Ab Oktober 1997 erhöhte sich das Bruttomonatsgehalt auf DM 8.500,00 (Änderungsvertrag vom 31. Oktober 1997). Die regelmäßige Arbeitszeit betrug wöchentlich 40 Stunden, täglich acht Stunden bei einer "Kernarbeitszeit" an den fünf Wochentagen von 7:00 Uhr bis 17:00 Uhr. Für 30 Tage Urlaub im Jahr wurde ein Urlaubsgeld zugesagt. Nebenbeschäftigungen, auch als tätige Beteiligung an anderen Unternehmen, waren genehmigungspflichtig. Für die Kündigung galten nach Ablauf einer Probezeit von drei Monaten die gesetzlichen (also arbeitsrechtlichen) Bestimmungen Diese vertraglichen Formulierungen erlauben eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung.

Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Der Anstellungsvertrag mag aus steuerrechtlichen Gründen - Verbuchung als Betriebsausgabe und Unterwerfung unter das Lohnsteuerrecht - geschlossen worden sein. Dies kann aber bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nicht außer Betracht gelassen werden. Es unterliegt nicht der Disposition der Vertragsparteien, die Wirkungen eines Vertrags nach Maßgabe seiner Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 20; Senatsurteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - in juris veröffentlicht). Vielmehr gilt, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei der Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG a.a.O.). Aus diesem Grund vermag auch die Behauptung, der Vertrag sei nicht gelebt worden, nicht durchzugreifen.

Der Kläger übte im Unternehmen der Beigeladenen zu 3) typische Aufgaben eines (leitenden) Angestellten aus. Dies wurde im Feststellungsbogen vom 18. Dezember 2003 dargelegt. Es mag sein, dass der Kläger in dem von ihm übernommenen kaufmännischen Bereich durch Fachkenntnisse und einschlägige Branchenerfahrung maßgeblichen Einfluss ausgeübt hat und durch faktische "Sperrkompetenz" Weisungen verhindern konnte sowie an der Expansion des Unternehmens mitwirkte. Anfall und Durchführung der Aufgaben im Einzelnen waren freilich sachzwänglich abhängig von der unternehmerischen Betätigung der Beigeladenen zu 3). Diesbezüglich ist ein qualitativ über den Arbeitseinsatz eines leitenden Angestellten hinausgehendes Engagement aber nicht deutlich, mag auch ein fremder Mitarbeiter im Streitfall überobligatorischen Einsatz abzuwehren suchen.

Die Tätigkeit des Klägers wurde im streitigen Zeitraum vom 16. Juli 1996 bis 12. Februar 2002 auch wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach außen abgewickelt. Der Kläger hat durchgängig ein einvernehmlich vereinbartes monatliches Bruttoentgelt bezogen. Dieses hat sich gemäß dem Erfolg des Unternehmens und auch der allgemeinen Lohnentwicklung gesteigert, ohne dass die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder auch die Versicherungspflicht bestritten oder in Frage gestellt wurden. Das Entgelt wurde als Betriebsausgabe verbucht. Vom Arbeitsentgelt wurden - wie sich aus den vorgelegten Lohn- und Gehaltsunterlagen für die Zeit von Juli 1996 bis Februar 2002 ergibt - Lohnsteuer und Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt. All dies ist ein Hinweis auf eine - letztlich auch gewollte - abhängige Beschäftigung (vgl. schon BSG SozR Nr. 22 zu § 165 RVO). Insoweit hat die Entgeltform keine deutlichen Züge unternehmerischen Risikos getragen. Es hat kein Interesse bestanden, sich der Versicherungspflicht zu entledigen oder dies wenigstens seitens der Versicherungsträger prüfen zu lassen.

Das gezahlte Entgelt war unabhängig von der Ertragslage und dem Gewinn der Beigeladenen zu 3). Mithin war nicht beabsichtigt, abgesehen von den leistungsorientierten Tantiemen, den Kläger über das von ihm bezogene Entgelt wesentlich am Gewinn oder Verlust des Unternehmens zu beteiligen. Der Kläger sollte letztlich kein Unternehmerrisiko tragen. Dies wird insbesondere dadurch bekräftigt, dass er in die GmbH nicht als Gesellschafter eingetreten ist. Maßgebend für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also wesentlich ungewiss ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr. 26). Wenn aber in finanzieller Hinsicht eine formale Beteiligung fehlt, würde die Annahme eines Unternehmerrisikos jedenfalls voraussetzen, dass eine für eine abhängige Beschäftigung unübliche Vereinbarung oder tatsächliche Handhabung der Gestalt und Zahlung der Vergütung bestünde, die den Schluss zuließe, dass bei schlechter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens die Vergütungsforderung in der bisherigen Höhe nicht durchgesetzt werden könne. Dies ist bei einer gleichbleibenden und vom Ertrag des Unternehmens unabhängigen Vergütung nicht der Fall. Dass der längerfristige Erfolg des Unternehmens von den Fähigkeiten und dem Engagement des Klägers wesentlich abhing, unterscheidet dessen Position qualitativ nicht von derjenigen leitender Angestellter, die sich unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung auch der eigenen Bezüge für das Fortkommen des Unternehmens einsetzen.

Gegenüber diesen Entgeltbedingungen vermag für den Kläger der tatsächlich beherrschende Anteil an den unternehmerischen Entscheidungen nicht durchschlagend ins Feld geführt zu werden. Zwar mag das Gedeihen des Unternehmens tatsächlich wesentlich auf seinem Arbeitseinsatz beruht haben. All dies hat sich aber im Rahmen des von der Beigeladenen zu 3) verfolgten Unternehmenszwecks, den der Kläger nicht allein hätte ändern können, und der alleinigen Geschäftsführerschaft des H. B. vollzogen. Wenn dieser aufgrund der Fähigkeiten und Fertigkeiten des Klägers tatsächliche Einwirkungen weitgehend unterlassen hat, beseitigt die nicht ausgeübte Rechtsmacht und damit dem Kläger eröffnete Dispositionsfreiheit nicht die rechtlich bestehende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).

Ein sozialversicherungsrechtlich entscheidendes Unternehmerrisiko ergibt sich auch nicht aus der Haftung für den Erwerb einer Druck- und Stanzmaschine im Wert von DM 1,1 Millionen im November 1997 und der Vermietung der Halle aufgrund des unter dem 05. September 2000 geschlossenen Mietvertrags. Hinsichtlich des Erwerbs der Druck- und Stanzmaschine ergibt sich aus der vom Kläger sowohl der Beklagten (Blatt 4 der Verwaltungsakte) als auch dem SG (Blatt 39 der SG-Akte) allein vorgelegten Kopie der Seite 1 des Leasingvertrags schon nicht, dass der Kläger für Verpflichtungen aus diesem Leasingvertrag haftet. Aber selbst wenn durch diese Geschäfte eine mögliche Einstandspflicht und Haftung mit dem Privatvermögen begründet wurde, haben sie gleichwohl keinerlei förmliche und materielle Beteiligung am Unternehmen der Beigeladenen zu 3) herbeigeführt. Das Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen tritt im Hinblick auf die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in den Hintergrund. Mit dem Einstehen für derartige Geschäfte verfolgen Eheleute oder andere Angehörige lediglich das gesteigerte - private - Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des (Familien-)Unternehmens (vgl. nochmals Senatsurteil vom 15. August 2008 L 4 KR 4577/06 -). Insoweit stehen abtrennbare familiäre Interessen im Vordergrund, nicht jedoch eine (unmittelbare) Beteiligung am Unternehmenserfolg. Eine rechtsverbindlich gewollte Mitunternehmerschaft ist im streitigen Zeitraum nie begründet worden. Ein Gesellschaftsvertrag, an welchem der Kläger beteiligt gewesen wäre, wurde nicht geschlossen. Die alleinige Rechtsmacht verblieb bei H. B., der allein mit seinen Anteilen für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haftete. Er hatte auch die tatsächliche Rechtsmacht, unabhängig davon, ob er hiervon Gebrauch gemacht hat, andere unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Der Kläger konnte deshalb auch nicht wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führen, was er im Übrigen auch nicht behauptet hat. Denn er hat auf die gleichberechtigte Position neben dem Unternehmensinhaber H. B. abgestellt. Deshalb ist ein Ausnahmefall, dass trotz fehlender Kapitalbeteiligung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht anzunehmen sei, nicht gegeben. Die Situation des Klägers unterschied sich nicht wesentlich von derjenigen eines Minderheitsgesellschafters, dem von der Mehrheit trotz bestehender Rechtsmacht insoweit in einem Teilbereich freie Hand gelassen wird (vgl. hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).

Ob die Entscheidung der Beklagten, der Kläger sei ab 13. Februar 2002 nicht mehr sozialversicherungspflichtig gewesen, letztlich überhaupt zutreffend war, kann hier dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da der Senat der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt.
Rechtskraft
Aus
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