Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 38/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3063/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bis zum 28. Februar 2008.
Der 1948 geborene Kläger erlernte in den Jahren 1962 bis 1965 den Beruf des Bäckers und wurde von 1969 bis 1971 auf Veranlassung der damaligen Bundesanstalt für Arbeit (heute: Bundesagentur für Arbeit) erfolgreich zum Industriekaufmann umgeschult. Seit 1. April 1979 war er als Bürokraft bei der Standortverwaltung des Lager H. der Bundeswehr in St. beschäftigt. Am 6. März 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit; er halte sich seit März 1996 für erwerbs- bzw. berufsunfähig. Nach Einholung eines Gutachtens von Internist Dr. E. (Bl. 18 bis 35 der Verwaltungsakte der Beklagten) lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 17. Juni 1996 ab. Im Verlauf des anschließenden Widerspruchsverfahrens ließ die Beklagte den Kläger von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Dipl.-Psych. R. begutachten. Dieser bejahte - ebenso wie zuvor Dr. E. - zwar ein vollschichtiges Leistungsvermögen im nach wie vor ausgeübten Beruf, hielt jedoch die Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation für erforderlich, um eine drohende Erwerbsunfähigkeit zu verhindern. Eine solche Maßnahme wurde in der Zeit vom 27. August bis 8. Oktober 1997 in der W-Klinik St. B. durchgeführt. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 8. Oktober 1997 kamen Dr. V. und Stationsärztin Z. zu dem Ergebnis, der arbeitsunfähig entlassene Kläger könne sowohl seinen Beruf als kaufmännischer Angestellter als auch sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig verrichten. Mit (bestandskräftig gewordenem) Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 2. Juli 2003 beantragte der Kläger, nachdem er zuvor bis 30. Juni 2003 weiter bei der Bundeswehr als Bürokraft gearbeitet hatte, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. In der Anlage zum Rentenantrag gab er an, er halte sich seit November 2002 für erwerbsgemindert. Die Beklagte zog zunächst den ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik T., B. M., vom 13. Januar 2003 bei. Der Kläger hatte in dieser Klinik in der Zeit vom 19. November bis 31. Dezember 2002 ein weiteres stationäres Heilverfahren absolviert und war von den dort behandelnden Ärzten (Dr. D., Dr. D. und Dr. W.) noch für fähig gehalten worden, mittelschwere Arbeiten ohne wesentliche Einschränkungen sechs Stunden täglich und länger zu verrichten. Das Gleiche gelte für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verwaltungsangestellter. In der Folge beauftragte die Beklagte den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger. Dieser vertrat die Auffassung, eine quantitative Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich liege nicht vor (Gutachten vom 18. August 2003; Bl. 138 bis 150 der Verwaltungsakte). Mit Bescheid vom 15. September 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2003 zurück.
Mit der am 9. Januar 2004 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei insbesondere wegen einer chronischen Darmerkrankung körperlich und psychisch nicht mehr belastbar und habe sich auf Anraten seiner Ärzte zur Rentenantragstellung entschlossen. Das SG hat zunächst eine schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Facharztes für Allgemeinmedizin V. eingeholt. Dieser hat in seiner Aussage vom 10. Mai 2004 mitgeteilt, das für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege eindeutig auf psychiatrischem Fachgebiet. Leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger nur noch unter sechsstündig verrichten; für den bisherigen Beruf als Verwaltungsangestellter bestehe nur noch ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. In der Folge hat das SG von Amts wegen die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Dipl.-Psych. K.-H. und den Nervenarzt Prof. Dr. St. sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. K.-H. (Gutachten vom 16. September 2004) und Prof. Dr. St. (Gutachten vom 8. August 2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 7. September 2005) haben den Kläger noch für fähig gehalten, sowohl im zuletzt ausgeübten Beruf als Zivilangestellter der Bundeswehr, als auch bezogen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Demgegenüber hat Dr. D. (Gutachten vom 16. Februar 2005) die Auffassung vertreten, der Kläger könne selbst leichte Arbeiten nur noch drei- bis unter sechsstündig verrichten. Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei zur Überzeugung des Gerichts noch in der Lage, in seinem bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Die Kammer stütze sich insoweit auf die überzeugenden Gutachten von Dr. K.-H. und Prof. Dr. St ... Der Kläger sei deshalb nicht erwerbsgemindert.
Gegen diesen ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 14. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juni 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Gutachten von Dr. K.-H. und Prof. Dr. St. überzeugten nicht. Jedenfalls sei der Sachverhalt weiter aufklärungsbedüftig; im Hinblick auf die trotz ähnlicher medizinischer Bewertung unterschiedlichen sozialmedizinischen Beurteilungen sei die Einholung eines Obergutachtens angezeigt. Der Kläger hat weiter mitgeteilt, er erhalte durch Bescheid vom 3. Juni 2008 rückwirkend ab dem 1. März 2008 Altersrente, die streitige Leistung werde auf den Zeitraum bis zum 28. Februar 2008 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2003 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum 28. Februar 2008, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 4 RA 38/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 3063/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 2. Juli 2003 ablehnende Bescheid vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2003. Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 hat der Kläger sein Rentenbegehren auf den Zeitraum bis zum 28. Februar 2008 begrenzt. Der angefochtene Bescheid erweist sich - diesen Zeitraum betreffend - als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.
Gemäß § 302b Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, so lange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Falle des Klägers richtet sich der Rentenanspruch nach neuem Recht. Da der vom Kläger am 6. März 1996 gestellte Rentenantrag mit Bescheid vom 17. Juni 1996 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 1997) bestandskräftig abgelehnt worden ist, kann sich aufgrund des Rentenantrags vom 2. Juli 2003 ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn nicht ergeben (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Das Gleiche würde selbst dann gelten, wenn der vom Kläger am 19. Juni 2002 gestellte Antrag auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI in einen Antrag auf Rente umzudeuten wäre.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit für die der Versicherte durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI).
Der Kläger hat zwar die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI) und - unter Zugrundelegung eines zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung eingetretenen Leistungsfalls - die erforderliche Drei-Fünftel-Belegung mit Pflichtbeiträgen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt; er war aber bis 28. Februar 2008 auch zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, sowohl leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als auch die zuletzt verrichtet Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter, für die er durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg umgeschult worden ist, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Damit ist er weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend insbesondere aus den Sachverständigengutachten von Dr. K.-H. und Prof. Dr. St. - maßgeblich für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens sind hier nur Leiden des nervenärztlichen Fachgebiets - geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 6. Juni 2006, insbesondere der dort vorgenommene Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Entgegen dem Vortrag des Klägers zur Begründung der Berufung ist eine weitere Sachverhaltsermittlung, insbesondere die Einholung eines sog. "Obergutachtens" nicht geboten. Nachdem der vom SG gemäß § 109 Abs. 1 SGG beauftragte Sachverständige Dr. D. in seinem Gutachten vom 16. Februar 2005 der sozialmedizinischen Einschätzung von Dr. P. und Dr. K.-H. widersprochen hatte, beauftragte das SG Prof. Dr. St. mit der Erstattung eines weiteren (nervenärztlichen) Gutachtens. Dieser hat überzeugend dargelegt, dass entgegen der Beurteilung von Dr. D. und der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Hausarztes V. eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens sozialmedizinisch nicht begründet werden kann. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. September 2005 hat Prof. Dr. St. insoweit nochmals klargestellt, dass trotz der durch eine Dissimulationstendenz verursachten Schwierigkeiten bei der gutachterlichen Beurteilung eine adäquate Bewertung der erhobenen Befunde möglich gewesen ist. Dass Prof. Dr. St. das Schmerzsyndrom für chronifiziert, die durchgeführte Behandlung gleichwohl aber als nicht durchgehend konsequent und optimal durchgeführt gewertet hat, steht der Schlüssigkeit dieser Bewertung nicht entgegen. Ergänzend hinzuweisen ist, dass gegen ein zeitlich reduziertes Leistungsvermögen auch der vom Kläger gegenüber Prof. Dr. St. beschriebene Tagesablauf steht. So ist er beispielsweise durchaus in der Lage, nachmittags "einige Stunden am PC" zu verbringen. Ansonsten sind Rückzugstendenzen nicht zu erkennen, so gibt er Interessen für Politik, Wirtschaft und Aktien an, ist Mitglied im Turnverein und im Sportverein.
Da somit der medizinische Sachverhalt bereits vom SG umfassend ermittelt worden ist und eine - bis 28. Februar 2008 eingetretene - relevante Änderung des Gesundheitszustands des Klägers weder nach Aktenlage ersichtlich noch vorgetragen ist, bestand auch für den Senat keine Veranlassung, von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Einen (weiteren) Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG hat der Kläger nicht gestellt, denn er hat keinen Arzt benannt, dessen Anhörung beantragt wird. Im übrigen wäre ein solcher Antrag abzulehnen, da das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 SGG bereits durch das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten von Dr. D. verbraucht ist.
Letztlich liegt auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bis zum 28. Februar 2008.
Der 1948 geborene Kläger erlernte in den Jahren 1962 bis 1965 den Beruf des Bäckers und wurde von 1969 bis 1971 auf Veranlassung der damaligen Bundesanstalt für Arbeit (heute: Bundesagentur für Arbeit) erfolgreich zum Industriekaufmann umgeschult. Seit 1. April 1979 war er als Bürokraft bei der Standortverwaltung des Lager H. der Bundeswehr in St. beschäftigt. Am 6. März 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit; er halte sich seit März 1996 für erwerbs- bzw. berufsunfähig. Nach Einholung eines Gutachtens von Internist Dr. E. (Bl. 18 bis 35 der Verwaltungsakte der Beklagten) lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 17. Juni 1996 ab. Im Verlauf des anschließenden Widerspruchsverfahrens ließ die Beklagte den Kläger von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Dipl.-Psych. R. begutachten. Dieser bejahte - ebenso wie zuvor Dr. E. - zwar ein vollschichtiges Leistungsvermögen im nach wie vor ausgeübten Beruf, hielt jedoch die Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation für erforderlich, um eine drohende Erwerbsunfähigkeit zu verhindern. Eine solche Maßnahme wurde in der Zeit vom 27. August bis 8. Oktober 1997 in der W-Klinik St. B. durchgeführt. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 8. Oktober 1997 kamen Dr. V. und Stationsärztin Z. zu dem Ergebnis, der arbeitsunfähig entlassene Kläger könne sowohl seinen Beruf als kaufmännischer Angestellter als auch sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig verrichten. Mit (bestandskräftig gewordenem) Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 2. Juli 2003 beantragte der Kläger, nachdem er zuvor bis 30. Juni 2003 weiter bei der Bundeswehr als Bürokraft gearbeitet hatte, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. In der Anlage zum Rentenantrag gab er an, er halte sich seit November 2002 für erwerbsgemindert. Die Beklagte zog zunächst den ärztlichen Entlassungsbericht der Reha-Klinik T., B. M., vom 13. Januar 2003 bei. Der Kläger hatte in dieser Klinik in der Zeit vom 19. November bis 31. Dezember 2002 ein weiteres stationäres Heilverfahren absolviert und war von den dort behandelnden Ärzten (Dr. D., Dr. D. und Dr. W.) noch für fähig gehalten worden, mittelschwere Arbeiten ohne wesentliche Einschränkungen sechs Stunden täglich und länger zu verrichten. Das Gleiche gelte für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verwaltungsangestellter. In der Folge beauftragte die Beklagte den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger. Dieser vertrat die Auffassung, eine quantitative Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich liege nicht vor (Gutachten vom 18. August 2003; Bl. 138 bis 150 der Verwaltungsakte). Mit Bescheid vom 15. September 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2003 zurück.
Mit der am 9. Januar 2004 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei insbesondere wegen einer chronischen Darmerkrankung körperlich und psychisch nicht mehr belastbar und habe sich auf Anraten seiner Ärzte zur Rentenantragstellung entschlossen. Das SG hat zunächst eine schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Facharztes für Allgemeinmedizin V. eingeholt. Dieser hat in seiner Aussage vom 10. Mai 2004 mitgeteilt, das für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege eindeutig auf psychiatrischem Fachgebiet. Leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger nur noch unter sechsstündig verrichten; für den bisherigen Beruf als Verwaltungsangestellter bestehe nur noch ein unter dreistündiges Leistungsvermögen. In der Folge hat das SG von Amts wegen die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Dipl.-Psych. K.-H. und den Nervenarzt Prof. Dr. St. sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. K.-H. (Gutachten vom 16. September 2004) und Prof. Dr. St. (Gutachten vom 8. August 2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 7. September 2005) haben den Kläger noch für fähig gehalten, sowohl im zuletzt ausgeübten Beruf als Zivilangestellter der Bundeswehr, als auch bezogen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Demgegenüber hat Dr. D. (Gutachten vom 16. Februar 2005) die Auffassung vertreten, der Kläger könne selbst leichte Arbeiten nur noch drei- bis unter sechsstündig verrichten. Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei zur Überzeugung des Gerichts noch in der Lage, in seinem bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Die Kammer stütze sich insoweit auf die überzeugenden Gutachten von Dr. K.-H. und Prof. Dr. St ... Der Kläger sei deshalb nicht erwerbsgemindert.
Gegen diesen ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 14. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juni 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Gutachten von Dr. K.-H. und Prof. Dr. St. überzeugten nicht. Jedenfalls sei der Sachverhalt weiter aufklärungsbedüftig; im Hinblick auf die trotz ähnlicher medizinischer Bewertung unterschiedlichen sozialmedizinischen Beurteilungen sei die Einholung eines Obergutachtens angezeigt. Der Kläger hat weiter mitgeteilt, er erhalte durch Bescheid vom 3. Juni 2008 rückwirkend ab dem 1. März 2008 Altersrente, die streitige Leistung werde auf den Zeitraum bis zum 28. Februar 2008 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 6. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2003 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum 28. Februar 2008, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 4 RA 38/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 3063/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 2. Juli 2003 ablehnende Bescheid vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2003. Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 hat der Kläger sein Rentenbegehren auf den Zeitraum bis zum 28. Februar 2008 begrenzt. Der angefochtene Bescheid erweist sich - diesen Zeitraum betreffend - als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.
Gemäß § 302b Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, so lange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Falle des Klägers richtet sich der Rentenanspruch nach neuem Recht. Da der vom Kläger am 6. März 1996 gestellte Rentenantrag mit Bescheid vom 17. Juni 1996 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 1997) bestandskräftig abgelehnt worden ist, kann sich aufgrund des Rentenantrags vom 2. Juli 2003 ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn nicht ergeben (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Das Gleiche würde selbst dann gelten, wenn der vom Kläger am 19. Juni 2002 gestellte Antrag auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI in einen Antrag auf Rente umzudeuten wäre.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit für die der Versicherte durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI).
Der Kläger hat zwar die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI) und - unter Zugrundelegung eines zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung eingetretenen Leistungsfalls - die erforderliche Drei-Fünftel-Belegung mit Pflichtbeiträgen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt; er war aber bis 28. Februar 2008 auch zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, sowohl leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als auch die zuletzt verrichtet Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter, für die er durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg umgeschult worden ist, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Damit ist er weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend insbesondere aus den Sachverständigengutachten von Dr. K.-H. und Prof. Dr. St. - maßgeblich für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens sind hier nur Leiden des nervenärztlichen Fachgebiets - geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 6. Juni 2006, insbesondere der dort vorgenommene Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Entgegen dem Vortrag des Klägers zur Begründung der Berufung ist eine weitere Sachverhaltsermittlung, insbesondere die Einholung eines sog. "Obergutachtens" nicht geboten. Nachdem der vom SG gemäß § 109 Abs. 1 SGG beauftragte Sachverständige Dr. D. in seinem Gutachten vom 16. Februar 2005 der sozialmedizinischen Einschätzung von Dr. P. und Dr. K.-H. widersprochen hatte, beauftragte das SG Prof. Dr. St. mit der Erstattung eines weiteren (nervenärztlichen) Gutachtens. Dieser hat überzeugend dargelegt, dass entgegen der Beurteilung von Dr. D. und der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Hausarztes V. eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens sozialmedizinisch nicht begründet werden kann. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. September 2005 hat Prof. Dr. St. insoweit nochmals klargestellt, dass trotz der durch eine Dissimulationstendenz verursachten Schwierigkeiten bei der gutachterlichen Beurteilung eine adäquate Bewertung der erhobenen Befunde möglich gewesen ist. Dass Prof. Dr. St. das Schmerzsyndrom für chronifiziert, die durchgeführte Behandlung gleichwohl aber als nicht durchgehend konsequent und optimal durchgeführt gewertet hat, steht der Schlüssigkeit dieser Bewertung nicht entgegen. Ergänzend hinzuweisen ist, dass gegen ein zeitlich reduziertes Leistungsvermögen auch der vom Kläger gegenüber Prof. Dr. St. beschriebene Tagesablauf steht. So ist er beispielsweise durchaus in der Lage, nachmittags "einige Stunden am PC" zu verbringen. Ansonsten sind Rückzugstendenzen nicht zu erkennen, so gibt er Interessen für Politik, Wirtschaft und Aktien an, ist Mitglied im Turnverein und im Sportverein.
Da somit der medizinische Sachverhalt bereits vom SG umfassend ermittelt worden ist und eine - bis 28. Februar 2008 eingetretene - relevante Änderung des Gesundheitszustands des Klägers weder nach Aktenlage ersichtlich noch vorgetragen ist, bestand auch für den Senat keine Veranlassung, von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Einen (weiteren) Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG hat der Kläger nicht gestellt, denn er hat keinen Arzt benannt, dessen Anhörung beantragt wird. Im übrigen wäre ein solcher Antrag abzulehnen, da das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 SGG bereits durch das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten von Dr. D. verbraucht ist.
Letztlich liegt auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved