L 13 R 3236/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 171/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3236/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2004 - statt der aufgrund des am 23. Mai 2007 angenommenen Teilanerkenntnisses mit Rentenbescheid vom 14. Juni 2007 vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2009 gewährten Rente wegen teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - sowie im Berufungsverfahren noch zusätzlich hilfsweise die Zahlung der ab 1. August 2006 gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0.

Der 1955 geborene Kläger absolvierte von September 1970 bis November 1974 eine Ausbildung zum Elektriker. Mit Unterbrechungen war er zuletzt bis Ende 2003 als Elektriker beschäftigt. Seitdem ist der Kläger arbeitslos gemeldet.

Am 19. März 2004 beantragte der Kläger die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Nach Beiziehung ärztlicher Berichte aus der Rehabilitationsakte gelangte Dr. Pf. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 4. Juni 2004 zu der Auffassung, dass der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Alkoholgefährdung, längere Wirbelsäulen- Zwangshaltungen, häufigem Bücken und Heben, Tragen von Lasten über 15 kg, 6 Stunden und mehr verrichten könne. Als Elektroinstallateur sei er unter 3 Stunden leistungsfähig. Mit Bescheid vom 14. Juni 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zwar könne der Kläger nicht mehr als Elektriker arbeiten, er sei jedoch auf eine Tätigkeit als Kundenberater oder Elektrogeräte-Elektroteilemontierer zumutbar zu verweisen, welche er mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne. Hiergegen hat der Kläger am 24. Juni 2004 Widerspruch eingelegt. Die von der Beklagten nicht befragten behandelnden Ärzte seien ganz anderer Auffassung. Er müsse sich wegen starken Schmerzen in der Schmerzklinik in H. ambulant behandeln lassen; ohne Morphium sei er kaum mehr bewegungsfähig. Die Beklagte veranlasste nach Beiziehung weiterer ärztlicher Berichte der behandelnden Ärzte das fachorthopädische Gutachten des Dr. R. vom 4. Oktober 2004. Dieser diagnostizierte: Wiederkehrende lumboischialgieforme Beschwerden nach Bandscheiben-OP in Höhe L 3/4 und L 4/5 re. im Sinne eines Postnukleotomiesyndromes, wiederkehrendes Schulter- Armsyndrom bei multisegmentaler Bandscheibendegeneration, beginnend in Höhe C 3/4 bis C 5/6, initiale Coxarthrose ohne Funktionseinschränkung, Senk/Spreizfuß bds. mit linksseitiger Metatarsalgie, Epicondylitis humeri radialis re. und einen Zustand nach Alkoholabusus. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Elektrikers sei dem Kläger nur unter 3 Stunden möglich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergebe sich ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten mit gelegentlich mittelschweren Belastungsspitzen; zu vermeiden seien wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Tätigkeiten in Rumpfvorneige, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel, Überkopfarbeiten, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, das Führen und Bedienen von Maschinen sowie das Führen von öffentlichen Verkehrsmitteln. Die genannten Verweisungstätigkeiten seien letztlich nur unter einer ausreichend adäquaten Schmerztherapie zumutbar; derzeit werde mit einem morphinhaltigen Pflaster therapiert. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18. Oktober 2004 gelangte Dr. G. zu der Auffassung, dass die genannten Verweisungstätigkeiten vollschichtig zumutbar seien. Hiernach wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2004 den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 18. Januar 2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, dass auch der Gutachter darauf hingewiesen habe, dass die Verweisungstätigkeiten nur unter einer ausreichend adäquaten Schmerztherapie zumutbar seien. Damit handele es sich um eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung, die dazu führe, dass eine Verweisungstätigkeit zu benennen sei. Das SG hat die behandelnden Ärzte Dres. Z. (Arzt für Orthopädie), P. (Facharzt für Neurochirurgie - spezielle Schmerztherapie), J. (Arzt für Neurologie und Psychiatrie), R. (Arzt für Allgemeinmedizin) schriftlich als sachverständige Zeugen befragt und Gutachten von Prof. Dr. Sch. (Leiter der orthopädischen Schmerztherapie der orthopädischen Universitätsklinik H.) und Dr. B. (Arzt für Neurologie und Psychiatrie) eingeholt. Dr. Z. hat unter dem 30. März 2005 mitgeteilt, er habe den Kläger bis Juli 2004 nur sporadisch behandelt. Dem Gutachten von Dr. R. stimme er hinsichtlich Befunde, Diagnosen und Beurteilung der Leistungsfähigkeit zu. Dr. P. gab unter dem 6. April 2005 an, er halte den Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten noch für 3 bis 6 Stunden einsetzbar. Unter dem 7. Juni 2005 hat er eine Änderung im Gesundheitszustand verneint. Während Dr. J. unter dem 11. April 2005 nur über neurologische Befunde berichtet und ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers vertreten hat, hat er mit Schreiben vom 26. Juli 2006 über eine Behandlung einer Anpassungsstörung ab 24. Januar 2006 berichtet, weshalb der Kläger für leichte bis mittelschwere Arbeiten bis unter 6 stündig leistungsfähig sei. Dr. R. hat unter dem 14. April 2005 mitgeteilt, auch leichte körperliche Tätigkeiten könne der Kläger nicht von wirtschaftlichem Wert ausführen. Seit Monaten leide der Kläger an einer reaktiven Depression; der maßgebende Befund liege aber auf orthopädischem und schmerztherapeutischem Fachgebiet. Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungsnahme des Dr. L. vom 10. August 2005 vorgelegt, nach der dem Kläger leichte bis nur gelegentlich mittelschwere Arbeiten 6-stündig zumutbar seien unter Beachtung qualitativer Einschränkungen.

Prof. Dr. Sch. hat im Gutachten vom 3. März 2006 unter Mitarbeit der Psychologin Sch. Nackenschmerzen bei Bandscheibenverschleiß C 4/5, C 5/6, C 6/7, Rückenschmerzen bei Bandscheibendegeneration und Anpassungsreaktion der Wirbel des Segmentes L 4/5 nach zweimaliger Bandscheibenoperation, eine Großzehengrundgelenksarthrose rechts ohne Funktionsstörung, eine depressive Störung, eine spezifische Phobie (Höhenangst), anhaltend somatoforme Schmerzstörung, Alkoholabhängigkeit, anhaltend voll remittiert und mit gegenwärtiger Abstinenz, diagnostiziert. Der Kläger könne damit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Die Gesundheitsstörungen bedeuteten insbesondere Einschränkungen für mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten mit der Notwendigkeit von Heben und Tragen sowie Bewegen von Lasten über 5 kg, für Arbeiten in Körperzwangshaltungen (z. B. in gebückter oder seitgeneigter Rumpfhaltung, Überkopf), ohne die Möglichkeit regelmäßiger Körperhaltungsänderungen, unter erhöhter geistiger Beanspruchung und unter Zeitdruck (an schnell laufenden Maschinen, unter Akkord- oder Fliesbandbedingungen). Unter dem 1. September 2006 hat Prof. Dr. Sch. eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme abgegeben, nach der eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht vorliege, ein psychiatrisches Gutachten hilfreich sei. Der Kläger hat noch Atteste seiner behandelnden Ärzte vorgelegt, worauf Dr. B. in dem Gutachten vom 21. Februar 2007 eine leicht- bis mittelausgeprägte, mehrdimensionale (ängstlich - dysthym - somatoforme) psychosomatische (neurotische) Störung, Alkoholabhängigkeit, derzeit nicht akut sowie eine sehr diskrete Beeinträchtigung der allgemeinen Motorik (Ataxie) diagnostiziert hat. Aus den Erkrankungen ergebe sich eine leicht bis deutlich reduzierte Stress-Belastbarkeit, weshalb Tätigkeiten zu vermeiden seien, die nach allgemeiner Erfahrung mit erhöhtem Stress verbunden seien (z. B. Wechselschicht, Nachtschicht, besonderer Zeitdruck einschließlich Akkord und Fließband, vermehrter Publikumsverkehr etc.). Des Weiteren könne eine Tätigkeit mit besonderen, überdurchschnittlichen Anforderungen an die Feinmotorik der Hände und Tätigkeiten, in absturzgefährdeten Situationen oder bei denen Alkohol verkauft oder konsumiert werde, nicht verrichtet werden. Auch Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an das Hörvermögen und überdurchschnittlicher Lärmbelastung seien zu vermeiden, was im Streitensfalle durch ein Gutachten abgeklärt werden sollte. Unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen könne der Kläger weiterhin vollschichtig (ca. 8 Stunden pro Arbeitstag an 5 Tagen pro Woche) tätig sein. Die genannten Verweisungstätigkeiten seien dem Kläger derzeit nicht möglich. Er besitze aber weiterhin die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, sich innerhalb von 3 Monaten in eine neue Berufsfähigkeit einzuarbeiten, die seinem Ausbildungsstand und seiner Primärbegabung entspreche und bei der die genannten Einschränkungen beachtet würden. Die genannten Beeinträchtigungen bestünden seit Anfang 2006.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2007 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben, nachdem sie dem Kläger- ausgehend von einem am 24. Januar 2006 eingetretenen Leistungsfall- Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2009 nach den gesetzlichen Vorschriften gewährt. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen und nur noch beantragt, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat die Klage auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Urteil vom 23. Mai 2007 abgewiesen und hat sich hierbei auf die Gutachten der Dres. R., Prof. Sch. und B. sowie auf die Zeugenaussagen der Dres. Z. und P. gestützt.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2007 hat die Beklagte entsprechend dem Teilanerkenntnis dem Kläger vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Laut Anlage 6 des Bescheides wurde der Zugangsfaktor von 1,0 um 0,108 auf 0,892 vermindert; der Rentenberechnung wurden dementsprechend anstelle von 41,6987 Persönlichen Entgeltpunkten (EP), nur 37,1952 EP zugrunde gelegt. Dies hat eine Absenkung der Rentenhöhe von 544,79 EUR auf 485,96 EUR zur Folge, was ab Rentenbeginn ein Zahlbetrag von 439,56 EUR ergeben hat. Im Versicherungsverlauf (Anlage 2 des Bescheides) wurde eine Zurechnungszeit vom 24. Januar 2006 bis 27. November 2015 berücksichtigt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde über das Rechtmittel des Widerspruchs belehrt.

Gegen das dem Kläger am 11. Juni 2007 zugestellte Urteil des SG hat dieser am 30. Juni 2007 Berufung eingelegt und hierzu vorgetragen, er sei voll erwerbsgemindert; dies sei durch die Auskünfte seiner behandelnden Ärzte Dres. R., Z. und J. belegt. Der Rentenbescheid vom 14. Juni 2007 sei nach §§ 153 Abs. 1, 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Dieser Bescheid sei deshalb zu beanstanden, weil ihm eine höhere Rente unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2004 zu gewähren,

hilfsweise ihm unter Änderung des Bescheides vom 14. Juni 2007 höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors 1,0 ab 1. August 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Beweiswürdigung des SG sei in jeder Hinsicht überzeugend. Das in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 - B 4 RA 22/05 R - könne nicht befolgt werden. Zwischenzeitlich seien weitere Verfahren beim BSG anhängig.

Der Senat hat vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. das Gutachten vom 4. März 2008 eingeholt. Dr. H. hat die geklagte Hypästhesie und Hypalgesie im Bereich des Oberschenkels rechts nicht auf eine umschriebene Störung des zentralen oder peripheren Nervensystems beziehen können und eine funktionelle Bedeutung nicht beigemessen. Die geklagten Kopf- und Gesichtsschmerzen seien einer klaren klassifikatorischen Zuordnung entzogen. Neurologische Ausfallerscheinungen wie Muskelatrophien, Paresen, oder auf eine umschriebene Nervenwurzel beziehbare Sensibilitätsstörungen hätten sich nicht nachweisen lassen. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor; eine depressive Symptomatik sei nicht nachweisbar gewesen. Die Stimmungslage sei im wesentlichen euthym, lediglich themenabhängig kurzfristig etwas bedrückt gewesen, was sich aber wieder verloren habe. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei gut erhalten gewesen; auch eine Störung des Antriebs habe sich nicht gezeigt. Die gegen Ende der Untersuchung geklagten unspezifischen Angstzustände erfüllten keine eigenständige Angsterkrankung im Sinne des psychiatrischen Klassifikationssystems ICD-10. Auch die Kriterien für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung in diesem Sinne sei nicht erfüllt. Im Rahmen der Untersuchung habe sich keine Störung der Auffassung, der Konzentration, des Durchhaltevermögens, der Merkfähigkeit oder des Gedächtnisses gezeigt. Aufgrund der bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, die vorwiegend das orthopädische Fachgebiet beträfen, die jedoch im weiteren Sinne auch den neurologischen Fachgebiet zugerechnet werden könnten, sollten schwere Lasten (über 10 kg) nicht gehoben oder getragen werden; auch seien gleichförmige Körperhaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien, zu vermeiden. Günstig sei ein Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen. Überforderung durch Akkord, Wechselschicht- oder Nachtarbeit sowie durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sowie Arbeiten, die besondere Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie eine erhöhte Verantwortung und eine besondere (hohe) geistige Beanspruchung mit sich brächten seien wegen der Schmerzstörung unzumutbar. Bei Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkung sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr an 5 Tagen in der Woche zu verrichten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtmäßig und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Hinsichtlich der Rechtsgrundlage für den zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch nimmt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das angefochtene Urteil Bezug, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Rente zutreffend zitiert sind. Auch hinsichtlich der Beweiswürdigung sieht der Senat von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich anzufügen, dass auch die Begutachtung durch Neurologen und Psychiater Dr. H. ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen - kein Heben oder Tragen von schweren Lasten über 10 kg, keine gleichförmige Körperhaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken, häufiges Treppensteigen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss, oder im Freien, Akkordarbeit, Wechsel- oder Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck oder mit besonderen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration oder mit einer erhöhten Verantwortung und einer besonders hohen geistigen Beanspruchung - ergeben hat. Dr. H. hat im Wesentlichen die selben Befunde erhoben (s. Seiten 61-63 des Gutachtens) wie Dr. B. ( s. Seite 20-25 des Gutachtens), diese aber für den Senat schlüssig anhand des Klassifikationssystems ICD-10 einer somatoformen Schmerzstörung ( F45.4) zugeordnet. Überzeugend hat er insbesondere wegen ungestörter Auffassung, Konzentration, Durchhaltevermögens, Merkfähigkeit und Gedächtnisses unter Beachtung qualitativer Einschränkungen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers angenommen. Das im Anschluss hieran vorgelegte Attest des Dr. J. vom 20. März 2008 steht dem nicht entgegen, da eine Einschätzung des Leistungsvermögens nicht vorgenommen und neue wesentliche Befund/Diagnosen nicht mitgeteilt werden. Im Übrigen hat Dr. H. gerade keine - leichtgradige- Polyneuropathie diagnostizieren und die geklagten Beschwerden im Bereich des Oberschenkels und des Kopfes keiner Störung i.S. der ICD-10 zuordnen können. Welche Persönlichkeitsstörung beim Kläger vorliegen soll, lässt Dr. J. offen, so dass dem nicht weiter nachgegangen werden musste.

Zwar hat der Kläger hilfsweise den Antrag gestellt, ihm unter Änderung des Bescheids vom 14. Juni 2007 höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren, doch hat er hiermit keine Klage als gewillkürte Prozesshandlung vor dem instanziell unzuständigen Gericht erheben wollen, sondern lediglich im Rahmen der nach § 96 SGG möglichen fiktiven- und dann zulässigen - Klage sein Begehren konkretisieren wollen. Der Bescheid vom 14. Juni 2007 ist jedoch nicht gem. § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Nach § 96 Abs. 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (zum Übergangsrecht s. hierzu Binder in Lüdtke, SGG, 3. Auflage, § 96 SGG Rdnr. 15) wird auch ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn nach Klageerhebung ein Verwaltungsakt hierdurch abgeändert oder ersetzt wird. Zwar scheitert die Anwendung des § 96 SGG nicht daran, dass der Ausführungsbescheid nach Urteilsverkündung und vor Berufungseinlegung erlassen worden ist (s. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 96 SGG Rdnr. 7 a mit weiteren Nachweisen), sodass gegebenenfalls der Senat auf Klage hin entscheiden müsste (Meyer-Ladewig a.a.O., Rdnr. 7 mit weiteren Nachweisen). Doch hat der Rentenbescheid vom 14. Juni 2007 keinen rechtshängigen Streitgegenstand abgeändert oder ersetzt. Der Rechtsstreit über die mit Rentenbescheid vom 14. Juni 2007 gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wurde noch vor Erlass des Urteils des SG durch angenommenes Teilanerkenntnis (für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2009) und im Übrigen durch Rücknahme des geltend gemachten Anspruches auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (vom 1. März 2004 bis 31. Juli 2006) beendet; der Kläger hat nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt (s. Protokoll des SG vom 23. Mai 2007). Nur die geltend gemachte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Gegenstand des Klage- bzw. Berufungsverfahren geblieben. Dem entsprechend ändert oder ersetzt der Rentenbescheid vom 14. Juni 2007 auch nicht den angefochtenen Bescheid in dem noch anhängigen Streitgegenstand; es ist dem Kläger deshalb auch nicht gelungen, sein Begehren hinsichtlich des Rentenbescheides in den Berufungsantrag zu integrieren. Eine Einbeziehung scheidet aus, wenn von einem teilbaren Verwaltungsakt nur der nicht streitbefangene Teil geändert wird (s. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Auflage, S. 258; BSG SozR 3 - 1500 § 96 Nr. 9; Meyer-Ladewig a.a.O. Rdnr. 3). Etwas Anderes ergibt sich nicht aus dem Urteil des BSG vom 29. Mai 1979, 4 RJ 125/78. Zwar war auch dort ein Teilanerkenntnis abgegeben und angenommen worden hinsichtlich einer Rente (dort wegen Erwerbsunfähigkeit). Doch blieb diese Rentenart darüber hinaus noch streitbefangen, da die Klägerin diese Rente auch für die Zeit vor dem anerkannten Zeitraum weiterverfolgt hat, weshalb der Ausführungsbescheid gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens wurde. Der Kläger hat aber hier bereits die durch den Rentenbescheid vom 14. Juni 2007 geregelte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit seinem Klageantrag am 23. Mai 2007 nicht mehr weiterverfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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