L 4 R 4738/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 529/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4738/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 04. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt Anspruch auf höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit der Ausbildung vom 26. Juli 1965 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis 10. Juni 1967.

Der Kläger ist am 1948 in O. in Jugoslawien, heute Republik Bosnien und Herzegowina geboren. Der Versicherungsverlauf in der deutschen Rentenversicherung der Arbeiter beginnt mit 15. April 1969. In einem durch Bescheid vom 21. Mai 1999 abgeschlossenen Kontenklärungsverfahren lehnte eine damalige Rechtsvorgängerin der Beklagten, Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz (im Folgenden einheitlich Beklagte), die Anerkennung einer geltend gemachten Zeit vom 01. September 1964 bis 10. Juni 1967 als Anrechnungszeit ab, weil es sich um eine im Ausland zurückgelegte Lehrzeit gehandelt habe.

Seit Januar 2002 bezog der Kläger Krankengeld. Er beantragte im April 2002, die Zeit vom 01. September 1964 bis 10. Juni 1967 als Anrechnungszeit der Fachschulausbildung anzuerkennen. Beigefügt waren (mit Übersetzung) die Zeugnisse der Berufsschule in O., nach welchen er seit 1964 die dreijährige Ausbildung zum gelernten Maschinenschlosser mit der Prüfung vom 06. bis 10. Juni 1967 erfolgreich abgeschlossen habe. Am 08. Oktober 2002 erklärte er unterschriftlich, für die schulische Ausbildung sei nicht mehr Zeit aufgewendet worden als für die gleichzeitige versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Im daraufhin ergangenen Vormerkungsbescheid vom 25. Oktober 2002 wurde die Anerkennung einer Anrechnungszeit vom 01. September 1964 bis 10. Juni 1967 wiederum abgelehnt, weil es sich nicht um eine überwiegend schulische Ausbildung im Sinne des Rechts der Anrechnungszeiten, sondern um eine Berufsausbildung gehandelt habe.

Zum Rentenantrag, in den der Rehabilitationsantrag vom Februar 2003 im April 2003 umgedeutet wurde, gab der Kläger unter Hinweis auf einen Lebenslauf vom 20. April 2002 an, er habe als Berufsausbildung zurückgelegt: "Drei Jahre Ausbildung für Maschinenbauschlosser bei S. O. und Industrieschule O.". Nach der Ausbildung sei er bis zur Übersiedlung nach Deutschland an seinem Heimatort als Maschinenführer und Maschinenbauschlosser beschäftigt gewesen. Durch Bescheid vom 23. Juni 2003 bewilligte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01. August 2002 befristet bis 31. Juli 2005 mit einem anfänglichen Brutto-Monatsbetrag von EUR 1.021,96. Die Beklagte berücksichtigte wiederum nur Versicherungszeiten ab dem 15. April 1969.

Im Rahmen des im Juli 2003 eingeleiteten Verfahrens auf Rente aus der Sozialversicherung des Herkunftslandes bemängelte der Kläger wieder, dass die "überwiegende Berufsschulausbildung täglich von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr oder 14.00 Uhr" mit anschließendem Praktikum von täglich zwei bis drei Stunden in der Zeit vom 01. September 1964 bis 23. Mai 1967 in O. nicht berücksichtigt sei. Den Lehrvertrag habe er verloren. Es erging "im Anschluss an unseren Bescheid vom 23.06.2003" der Bescheid vom 03. September 2003, dass weitere anrechenbare rentenrechtliche Zeiten nicht vorlägen und es deshalb bei den im Bescheid vom 23. Juni 2003 getroffenen Feststellungen verbleibe. Die Anerkennung einer Schulausbildungszeit sei nicht möglich, da die Lehrlingsausbildung im damaligen Jugoslawien zweigleisig (praxisbezogen im Betrieb und theoretisch im Schulzentrum) stattgefunden habe, während eine Anerkennung als Schulausbildung nur in Betracht komme, wenn die Ausbildung ausschließlich in einer Schule allenfalls mit praktischer Unterweisung in einem von der Schule unter Vertrag genommenen Betrieb durchlaufen und auch kein Lehrvertrag mit einem Betrieb geschlossen worden sei. Eine Lehrvertrag sei nach den Angaben des Klägers geschlossen worden.

Der Kläger erhob Widerspruch. Die Beklagte wies in einem eingehenden Schreiben vom 25. Februar 2004 auf die Rechtslage und auf die eigenen Angaben des Klägers hin, für die schulische Ausbildung sei weniger Zeit aufgewandt worden als für die Beschäftigung. Der Kläger legte die Stellungnahme des Generalkonsulats von Bosnien und Herzegowina in Stuttgart vom 11. Oktober 2004 vor, nach dortigen Erkenntnissen sei in solchen Schulen der praktische Unterricht innerhalb der Schule ausgeführt worden, der eine organisierte Form fachlicher Fortbildung dargestellt habe, der theoretische Unterrichtsteil sei in größerem Anteil vertreten gewesen als der praktische Teil des Unterrichts. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 07. Februar 2005. Bereits der Abschluss eines Lehrvertrags belege, dass es sich um eine betriebliche Ausbildung aufgrund eines herkömmlichen Lehrverhältnisses und nicht um eine Schulausbildung gehandelt habe. Dass an der Schule die theoretische Ausbildung gegenüber dem praktischen Unterricht mehr Zeit beansprucht habe, sei nicht maßgeblich. Auch im Inland werde durch den Pflichtberufsschulbesuch neben praktischen Kenntnissen berufsspezifisches theoretisches Wissen vermittelt. Im damaligen Jugoslawien habe es sich um eine betriebsbezogene Facharbeiterausbildung mit berufsbegleitendem Unterricht an so genannten Lehrlingsschulen gehandelt. Diese Erkenntnisse würden durch die eigenen Angaben des Klägers im Ergebnis bestätigt. Mithin komme eine Anrechnungszeit der Schulausbildung nicht in Betracht.

Mit der am 03. März 2005 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage legte der Kläger die Schreiben des Außenministeriums Bosnien und Herzegowina vom 19. Januar 2004 sowie des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport der Föderation Bosnien und Herzegowina vom 20. Januar und 22 Juli 2004 vor, wonach wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen die Berufsschule nicht mehr in der Lage sei, für das Schuljahr 1964/1965 die verlangten Informationen zu liefern. In den Grundbüchern für die Schuljahre 1965/1966 und 1966/1967 sei der Kläger eingetragen sowie weiter, dass er die Abschlussprüfung vom 06. bis 10. Juni 1967 mit ausreichendem Erfolg abgelegt habe. Über die Arbeitsweise der Berufsschule könnten keine Angaben gemacht werden. Der Kläger trug vor, die Berufsschule in O. habe neben der theoretischen Ausbildung auch den praktischen Unterricht vermittelt. Dies habe eine organisierte Form der Fachausbildung dargestellt. Der praktische Unterricht habe innerhalb der Schule stattgefunden. Die Bindung an einen Arbeitgeber vergleichbar mit den inländischen Berufsausbildungsverhältnissen gebe es dort nicht. Schließlich habe der theoretische Unterricht auch einen größeren Umfang als der praktische gehabt. Einen Lehrvertrag habe er seiner Erinnerung nach nicht abgeschlossen. Die weitere Auskunft des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport Bosnien und Herzegowina vom 22. Juli 2004 belege, dass die Schulen während der Ausbildung auch den praktischen Unterricht durchgeführt hätten. Zumindest in seinem - des Klägers - Fall habe es sich um eine vollzeitschulische Berufsausbildung gehandelt, bei welcher er an drei Wochentagen theoretischen Unterricht und an zwei Tagen praktischen Unterricht jeweils in der Schule gehabt habe. Eine praktische Ausbildung im Betrieb habe nicht stattgefunden und eine Entlohnung sei nicht gezahlt worden. Ein Mitschüler - I. D. - habe genau die gleiche Ausbildung problemlos angerechnet erhalten; dieser wolle jedoch nicht als Zeuge zur Verfügung stehen. Während der Ausbildung habe er - der Kläger - noch nebenbei gearbeitet, um Geld zu verdienen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies darauf hin, bei dem Ausbildungsberuf eines Maschinenschlossers habe es sich um einen typischen Handwerksberuf gehandelt, für welchen der Nachweis einer schulischen Ausbildung zumal bei den anfänglichen Angaben des Klägers nicht erbracht sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die Anerkennung beim zitierten Mitschüler rechtswidrig erfolgt sei. Sie legte die Sonderveröffentlichung von Joachim Köhler, "Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen - Berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien" von 1981 in Auszügen vor. Sie bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 15. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Juli 2005 hinaus auf Dauer und stellte mit Bescheid vom 03. April 2007 die Rente ab Rentenbeginn neu fest (Berücksichtigung eines höheren Entgelts für das Jahr 1999).

Das SG hörte den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 04. Juli 2007 an. In dieser mündlichen Verhandlung beantragte der Kläger, unter Abänderung des Bescheids vom 03. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Februar 2005 und in der Gestalt des Bescheids vom 03. April 2007 die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 26. Juli 1965 bis 10. Juni 1967 als Anrechnungszeit zu berücksichtigen und ihm höhere Rente zu gewähren.

Durch Urteil vom 04. Juli 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, eine schulische Ausbildung könne grundsätzlich nur vorliegen, wenn es sich um eine überwiegend theoretische Ausbildung handle. Der theoretische Unterricht müsse zeitlich die Gesamtausbildung prägen. Zwar habe es im damaligen Jugoslawien für entsprechende Berufe sowohl die Möglichkeit gegeben, eine Lehre zu durchlaufen, als auch den Beruf im Rahmen eines Fachschulbesuchs zu erlernen. Der Kläger habe im Schreiben vom 08. Oktober 2002 verneint, für die schulische Ausbildung mehr Zeit aufgewandt zu haben als für die Beschäftigung, sowie am 12. August 2003 gegenüber der Beklagten angegeben, ein Lehrvertrag habe vorgelegen, den er jedoch verloren habe. Die Ausführungen der Behörden von Bosnien und Herzegowina besagten über Form und Inhalt der Ausbildung wenig. Auch der Kläger habe zuletzt keine näheren Angaben machen können. Für das Vorliegen einer Lehre spreche schließlich, dass der praktische Teil der Ausbildung in einer Schlosserei stattgefunden habe. Jedenfalls könne eine Fachschulausbildung nicht als positiv bewiesen angesehen werden.

Gegen das am 04. September 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01. Oktober 2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er legt nunmehr die Auskunft des Ministeriums für Ausbildung, Wissenschaft, Kultur und Sport Bosnien und Herzegowina vom 23. August 2007 vor. Bis 1967 sei die Ausbildung für bestimmte Berufe ausschließlich in der Schule möglich gewesen unter der Bedingung, dass die Schüler den praktischen Teil aufgrund eines Vertrags zwischen der Schule und dem Unternehmen "S." zurücklegen würden. Entgelt sei weder für den theoretischen noch für den praktischen Teil der Ausbildung gezahlt worden. Auch seien die Schüler nicht sozialversichert gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 04. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 03. April 2007 zu verurteilen, ihm ab 01. August 2002 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeit vom 26. Juli 1965 bis 10. Juni 1967 als Anrechnungszeit der Ausbildung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie entgegnet, der Kläger habe nicht in Frage gestellt, dass zumindest ein Teil der praktischen Ausbildung im Betrieb durchgeführt worden sei. Fraglich bleibe, ob es sich um eine Vollzeit-Fachschulausbildung oder eine echte Berufsausbildung mit begleitendem Unterricht an der Schule handle. Ob ein Lehrvertrag vorgelegen habe, sei streitig. Es sei jedoch entweder ein Lehrvertrag abgeschlossen worden oder es habe eine Vereinbarung zwischen Schule und Betrieb, die den Lehrvertrag ersetzt habe, bestanden. Wenn letztere Form praktiziert worden sei, habe dies aber lediglich einen Wandel der rechtlichen Form und Gestalt anstatt des Inhalts dargestellt, denn nach wie vor sei die Berufsausbildung in Schule und Betrieb arbeitsplatzbezogen, praxisorientiert, produktionsnah und damit in der Arbeitswelt durchgeführt worden. Der Umfang der theoretischen und fachpraktischen Ausbildung habe bei weitem den allgemeinbildenden Unterricht überwogen. Durch die vorgelegten Bescheinigungen werde dies nicht entkräftet.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Gestritten wird über die Höhe einer wiederkehrenden Leistung - der Rente - für mehr als ein Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Das SG hat zutreffend erkannt, dass der Bescheid vom 03. April 2007, durch welchen die Rente wegen des Ansatzes eines höheren Entgelts für das Jahr 1999 von Anfang an (01. August 2002) neu berechnet worden ist, die zuvor ergangenen Bescheide in vollem Umfang ersetzt hat und demgemäß nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Die Berufung ist in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Rente wegen Erwerbsminderung unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit vom 26. Juli 1965 bis 10. Juni 1967.

Die Höhe einer Rente richtet sich zunächst nach der Höhe der während des Versicherungslebens versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (vgl. § 63 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI -; zur Ermittlung der "persönlichen Entgeltpunkte" im Einzelnen §§ 70 ff. SGB VI). Zu den in diesem Rahmen zu berücksichtigenden beitragsfreien Zeiten (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 2, § 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) zählen die Anrechnungszeiten gemäß § 58 SGB VI. Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 dieser Vorschrift (in der Fassung des Altersvermögens-Ergänzungsgesetzes vom 21. März 2001, BGBl. I S. 403) sind Anrechnungszeiten u.a. Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren. Abs. 4a der Vorschrift in der seit 01. Januar 1997 geltenden Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1983 bestimmt: Zeiten der schulischen Ausbildung neben einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind nur Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung, wenn der Zeitaufwand für die schulische Ausbildung unter Berücksichtigung des Zeitaufwands für die Beschäftigung oder Tätigkeit überwiegt.

Der Normzweck der Anrechnung von Ausbildungszeiten bei der Rente besteht darin, denjenigen Versicherten einen Ausgleich zu geben, die sich einer für den späteren Beruf notwendigen weiteren Ausbildung - nach Ende der allgemeinbildenden Schule - unterzogen haben und deshalb während dieser Zeit keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten konnten (vgl. Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 1259 Nr. 23; BSGE 52, 131 = SozR 2200 § 1259 Nr. 56). Der Anrechnungszeittatbestand einer Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung ist nach neuerer Auffassung nicht auf das Inland beschränkt; maßgeblich ist neben dem Status der Ausbildungseinrichtung Art und Inhalt der Ausbildung (BSGE 56, 36 = SozR 2200 § 1259 Nr. 80). Kennzeichnend für die Fachschulausbildung ist dabei eine berufsbezogene Bildung, während bei der Schulausbildung die Allgemeinbildung im Vordergrund steht (BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr. 6). Zur - hier erheblichen - Abgrenzung der Fachschulausbildung von nichtschulischen, insbesondere betrieblichen Ausbildungsformen ist auf das Erscheinungsbild der Fachschule als Schule zurückzugreifen, wenn der formale Status der Bildungseinrichtung keine abschließende Beurteilung erlaubt (BSG, Urteil vom 27. Februar 1990 - 1 BA 125/89 - veröffentlicht in juris; Hessisches LSG, Urteil vom 28. Juni 1996 - L 13 An 686/92). Umfasst die Ausbildung neben dem Unterricht auch praktische Elemente, ist für den Tatbestand einer Fachschule erforderlich, dass der schulmäßige Unterricht zeitlich überwiegt (BSG SozR 2200 § 1259 Nrn. 62, 63; jetzt gesetzlich niedergelegt in § 58 Abs. 4 a SGB VI).

Nach den eigenen Angaben des Klägers ist er zum 01. September 1964, also nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule und ohne zwischenzeitliche berufliche Praxis in die dreijährige Ausbildung zum gelernten Maschinenschlosser an der Berufsschule in O. eingetreten. Wie die Beklagte unter Hinweis auf die Sonderveröffentlichung von Joachim Köhler, "Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen - Berufliche Bildung und berufliche Qualifikation in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien" von 1981, in Auszügen dem Kläger übersandt mit Verfügung des SG vom 07. März 2006, dargelegt hat, fassten die seit 1958 eingeführten Facharbeiterschulen (Schulen für qualifizierte Arbeiter) die bisherigen Teilzeit-Lehrlingsschulen und die Vollzeit-Schulen mit praktischer Ausbildung zusammen, was freilich nichts an der Tatsache geändert hat, dass die Ausbildung zum qualifizierten Arbeiter wie bisher in Teilzeit- oder Vollzeitform erfolgen konnte; für die betriebliche Ausbildung wurde zunehmend als Rechtsgrundlage der Lehrvertrag durch eine Vereinbarung zwischen Schule und Betrieb ersetzt (Köhler, a.a.O. S. 17 f.). In welcher Form die Ausbildung des Klägers stattgefunden hat, lässt sich - soweit es überhaupt hierauf ankommt - nicht klären. Im Antragsverfahren hat der Kläger erklärt, es habe zwar ein Lehrvertrag bestanden, diesen habe er jedoch verloren (Vermerk über das Telefonat vom 12. August 2003, Blatt 50 der Verwaltungsakte); später hat er sich an die Existenz eines Lehrvertrags nicht mehr erinnern können, allerdings dies auch nicht ausschließen können (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten erster Instanz vom 25. September 2006, Blatt 64 der SG-Akte). Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport Bosnien und Herzegowina konnte in der Auskunft vom 20. Januar 2004 keine Angaben der Schule mehr übermitteln, ob die Schüler vertraglich an eine Firma gebunden gewesen und ob sie bezahlt worden seien. Letzteres hat das Ministerium in der im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung vom 23. August 2007 wiederum in Frage gestellt; eingeräumt worden ist jedoch, dass der praktische Teil der Ausbildung aufgrund eines Vertrags zwischen der Schule und dem Unternehmen "S." durchlaufen worden ist. Wie die Beklagte insoweit zutreffend eingewandt hat, stellte die weitgehende Ablösung des Systems der dualen Lehrlingsausbildung aufgrund eines Lehrvertrags durch eine vollzeitschulische Berufsausbildung nur einen Wandel der rechtlichen Form und Gestalt dar, nicht jedoch des Inhalts, der Intention und des Prinzips, da nach wie vor die Berufsausbildung theoretisch und praktisch, in Schule und Betrieb arbeitsplatzbezogen, praxisorientiert, produktionsnah und schwerpunktmäßig in der Arbeitswelt durchgeführt wurde (vgl. Köhler, a.a.O. S. 32 f.). Hierdurch wird bestätigt, dass ein Wandel von einer dualen Ausbildung, die offenkundig nicht den Tatbestand einer Fachschulausbildung erfüllt hat, zu letzterer inhaltlich nicht eingetreten sein kann (so im Ergebnis auch Bayerisches LSG, Urteil vom 18. November 2008 - L 6 R 936/07 - rechtskräftig, in www.sozialgerichtsbarkeit.de). In dem dem Rentenantrag beigefügten Lebenslauf vom 20. April 2002 hat der Kläger unter "Berufsausbildung" formuliert "Drei Jahre Ausbildung für Maschinenbauschlosser bei S. O. und Industrieschule O.". Dies weist darauf hin, dass er die praktische Ausbildung beim Unternehmen als dominierend empfunden hat. Dies steht auch in Einklang mit den Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten vom 08. Oktober 2002, nicht mehr Zeit für die schulische Ausbildung als für die gleichzeitige versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufgewendet zu haben. Die Feststellung einer überwiegenden Schulausbildung ist mithin nicht möglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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