L 2 AS 747/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 3470/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 747/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. November 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und deren Erstattung wegen Anrechnung von Einkommen für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.2005.

Die am 1943 geborene Klägerin ist seit 2.1.1996 geringfügig mit wechselndem Einkommen in einer Arztpraxis beschäftigt. Sie bezog bis 21.9.2003 Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe unter Anrechnung des genannten Einkommens. Am 7.9.2004 beantragte sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Alg II) bei der Beklagten. Im Antragsformular ist unter der Rubrik VI. - Einkommensverhältnisse - mit grüner Tinte angekreuzt, dass kein Einkommen erzielt wird und die Rubrik im Übrigen mit blauer Tinte durchgestrichen. Die Beklagte gewährte ihr daraufhin Alg II für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 in Höhe von 787,19 EUR (Regelleistung 345 EUR, befristeter Zuschlag Alg 29 EUR zuzüglich Bedarfsanteile des Kommunalen Trägers für Kosten der Unterkunft, Bescheid vom 8.12.2004, Bl. 120 Verwaltungsakte (VA)). Im Fortzahlungsantrag vom 6.6.2005 gab die Klä¬gerin an, dass keine Änderungen in den Einkommensverhältnissen eingetreten seien, auf dem Zusatzblatt 2.1. gab sie als Einkommen das gewährte Alg II an, die Spalte "Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung" und das Zusatzblatt 2.2 Einkommensbescheinigung strich sie durch. Die Beklagte gewährte ihr daraufhin Alg II bis 31.12.2005 - unter gestaffeltem Wegfall des Zuschlags und jetzt ohne die Bedarfsanteile des Kommunalen Trägers zuletzt in Höhe von 345 EUR für die Regelleistung - weiter (Bewilligungsbescheid vom 21.6.2005, Bl. 22 VA). Durch einen Datenabgleich erfuhr die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2005 von der geringfügigen Beschäftigung bei Dres. K., W. und S ... Sie ermittelte folgende Einkommen für 2005, die jeweils im Folgemonat zur Auszahlung gekommen waren: Januar 198,85 EUR Februar 207,05 EUR März 274,70 EUR April 223,45 EUR Mai 246 EUR Juni 284,95 EUR Juli 252,15 EUR August 246 EUR September 207,05 EUR Oktober 172,20 EUR November 334,15 EUR Dezember 258,30 EUR Mit Bescheid vom 12.5.2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg II wegen nachträglicher Anrechnung dieses Einkommens vom 1.2. bis 31.12.2005 teilweise, zunächst gestützt auf 48 SGB X, auf und verlangte die Erstattung (vgl. Bl. 106 VA). Dagegen legte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 26.5.2006 Widerspruch ein. Die Beklagte erläuterte der Klä¬gerin mit Schreiben vom 2.6.2006 die Zusammenhänge und die Rechtsgrundlage - jetzt gestützt auf § 45 SGB X -, schlüsselte die Rückforderungssumme auf und bezifferte sie mit 1.902,23 EUR. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass sie 221 EUR im Monat dazu verdienen dürfe und keine Meldung mehr machen müsse; sie berief sich insoweit auf einen Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom Januar 2005 (die Klägerin hatte vor dem SG unter dem Az S 14 AL 3987/04 im Hinblick auf die Zuordnung in eine Leistungsgruppe Klage wegen teilweiser Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld geführt, die sie im Termin am 10.2.2005 zurücknahm). Weiter bezog sie sich auf ein Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 7.5.2004, wonach der Freibetrag bezüglich der Anrechnung von Nebeneinkommen nach § 141 SGB III weiterhin 223,31 EUR monatlich betrage (Bl. 158 VA). Mit Änderungsbescheid vom 27.6.2006 reduzierte die Beklagte die Erstattungsforderung um 90 EUR auf 1.812.23 EUR, weil die Absetzung der Pauschale für die Monate Juli, November und Dezember 2005 vorher nicht beachtet worden war (Bl. 163 VA). Im Übrigen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5.7.2006 der Widerspruch zurückgewiesen, weil die Klägerin sich wegen der unrichtigen Angaben im Antrag nicht auf Vertrauen berufen könne. Darüber hinaus hätte sie aus dem Berechnungsbogen zu den Bewilligungsbescheiden die rechnerischen Einzelheiten zur Leistungsbewilligung ersehen und feststellen können, dass Einkommen nicht angerechnet worden sei. Dagegen hat die Klägerin am 24.7.2006 Klage zum SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass ausweislich des früheren Prozesses vor dem SG geklärt gewesen sei, dass ein Freibetrag für Einkommen in Höhe von monatlich 223,31 EUR bestanden habe. Nach dem letzten Gerichtstermin am 10.2.2005 habe es seitens der Beklagten keine Anfrage mehr - so wie früher - bei ihrem Arbeitgeber gegeben. Die Tätigkeit in der Arztpraxis sei der Beklagten schon mehr als 10 Jahre bekannt gewesen, was bei der Kontrolle des Formularantrags hätte auffallen oder zumindest Rückfragen veranlassen müssen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28.11.2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des Einkommens der Klägerin aus der Erwerbstätigkeit nach § 11 SGB II von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Bei der Höhe der Einkommensanrechnung habe die Beklagte zutreffend die vom Arbeitgeber bescheinigten Lohnzahlungen entsprechend dem Zuflussprinzip jeweils im Auszahlungsmonat in der richtigen Höhe zugrunde gelegt und die gesetzlich bestimmten Abzüge vom anzurechnenden Einkommen vorgenommen, insbesondere nach § 11 Abs. 12 (richtig 2) Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO eine Versicherungspauschale von 30 EUR und nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a Alg II-VO eine Werbungskostenpauschale abgesetzt sowie den Freibetrag nach § 30 SGB II berücksichtigt. Vertrauensschutz könne die Klägerin gegen die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung nicht mit Erfolg einwenden, weil die Bewilligung auf ihrer zumindest grob fahrlässigen unrichtigen Angabe beruhe, dass sie kein Einkommen habe. Die Klägerin hätte ohne weiteres erkennen können und auch müssen, dass sie ihr Einkommen aus der Erwerbstätigkeit bei Beantragung der Leistungen nach dem SGB II angeben musste. Aus dem ansonsten detailliert ausgefüllten Antrag schloss das SG, dass die Klägerin die sich auf das Einkommen beziehenden Fragen ausdrücklich offen gelassen habe. Hinzu komme, dass bei der Eintragung in grüner Farbe von einem Nachtrag des Mitarbeiters der Beklagten auszugehen sei. Dies lasse darauf schließen, dass die Klägerin bei der Abgabe des Antrags nach Einkommen gefragt worden sei. Im Übrigen war das SG davon überzeugt, dass die Klägerin wusste oder zumindest hätte wissen müssen, dass Einkommen rechtswidrig nicht auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet worden ist, was ausreichend deutlich aus den übersandten Bewilligungsbescheiden ersichtlich gewesen sei. Dies hätte der Klägerin deswegen auffallen müssen, weil ihr Einkommen bereits beim Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe angerechnet worden war. Mit ihrem Vortrag, sie habe von einer Anrechenbarkeit von Einkommen auf die Leistungen nach dem SGB II nichts gewusst, hätte sie sich überdies in Widerspruch gesetzt zu ihrer Angabe, darauf vertraut zu haben, es gelte auch für das Alg II der von der Agentur für Arbeit im Schreiben vom 7.4.2005 mitgeteilte Freibetrag in Höhe von 223,31 EUR. Denn ein solcher Freibetrag habe nur Sinn, wenn grundsätzlich Einkommen anzurechnen sei. Darüber hinaus habe sie sich die fehlende Einkommensanrechnung auch nicht aus dem Freibetrag erklären können, weil dieser bereits durch den Lohn für März in Höhe von 274,70 EUR anrechnungsfrei überschritten worden sei. Da der Lohn seit längerer Zeit monatlich schwankte, habe es klar gewesen sein müssen, dass das Einkommen für den jeweiligen Monat der Beklagten zu melden war. Damit könne sie sich auch nicht darauf berufen, dass die Nebentätigkeit der Beklagten seit Jahren bekannt gewesen sei. Denn dann hätte ihr erst recht auffallen müssen, dass sie seit Beginn des Bezugs von Alg II keine Lohnbescheinigungen mehr abgeben musste. Nach ihren eigenen Angaben - in der mündlichen Verhandlung - sei es der Klägerin bereits im Mai 2005 komisch vorgekommen, dass vom Arbeitgeber keine Nebenerwerbsbescheinigungen mehr ausgefüllt wurden. Hierzu hätte sie es nicht bei der ergebnislosen Nachfrage bei ihrem Arbeitgeber belassen dürfen, sondern eine endgültige Klärung bei der Beklagten herbeiführen müssen. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nach § 45 SGB X, insbesondere die Einhaltung der Fristen nach § 45 Abs. 3 Satz 3 und 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X seien gewahrt, da der Beklagten erst durch den Datenabgleich vom 12.12.2005 bekannt geworden sei, dass die Klägerin Einkommen bezogen habe.

Gegen das ihr am 25.1.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.2.2008 Berufung eingelegt. Sie hält den Vortrag der Beklagten für unschlüssig, da diese zur Zahlung hinsichtlich eines Bescheids vom 8.5.2006 auffordere, den es aber nicht gäbe. Rein rechnerisch sei die Klageforderung ohne Berechnungsgrundlage nicht nachvollziehbar, im Übrigen auch der Freibetrag von 221 EUR nicht berücksichtigt. Hinsichtlich des Ausfüllens des Fragebogens treffe die Klägerin kein Verschulden, da das Formular ausführlich mit dem Mitarbeiter der Beklagten durchgesprochen worden sei und dieser die Eintragung in Bezug auf das Einkommen vorgenommen habe, weshalb dann die Beklagte selbst das weitaus größere Verschulden habe. Nachdem die Beklagte durch die Arztpraxis vollkommen und umfassend über das Nebeneinkommen der Klägerin informiert gewesen sei, wäre ein Ausfüllen des Formulars überhaupt nicht notwendig gewesen, da die Informationen der Beklagten schon bekannt waren. Insofern habe die Klägerin nicht einmal eine Mitwirkungspflicht gehabt. Die Klägerin hat Unterlagen über die Mitteilung ihres Einkommens an die Arbeitsagentur Mühlacker bis einschließlich das Jahr 2004 betreffend vorgelegt. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2006 in Form des Änderungsbescheids vom 27. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2006 aufzuheben, ferner die Einholung eines Schriftgutachtens zum Beweis dafür, dass das Kreuz bei den Angaben zum Einkommen auf Blatt 3 Rückseite nicht mit demselben Schreibinstrument gemacht wurde wie die übrigen mit grüner Schrift gemachten Eintragungen des Zeugen Seibold. Der Gutachter wird auch bestätigen, dass dieses Kreuz wesentlich später auf dem Blatt aufgebracht wurde als die weiteren Eintragungen des Zeugen Seibold in grüner Farbe. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat ergänzend erläutert, wie sie das anzurechnende Einkommen ermittelt hat (Schriftsatz vom 28.11.2008, Bl. 104 LSG-Akte). In der mündlichen Verhandlung am 25.3.2009 ist der Mitarbeiter der Beklagten S. als Zeuge vernommen worden. Hinsichtlich des Inhalts seiner Aussage wird auf die Niederschrift vom 25.3.2009 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Prozessakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Akten des SG S 14 AL 3987/04, S 14 AL 3346/03 und S 14 AL 3122/99 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 12.5.2006 in der Form des Änderungsbescheids vom 27.6.2006, dieser wiederum in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.7.2006, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II teilweise aufgehoben und von der Klägerin die Erstattung von 1.812,23 EUR verlangt hat. Die von der Klägerin richtigerweise erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs.1 SGG) ist jedoch unbegründet. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung ist - wie das SG zutreffend benannt hat - § 45 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 SGB III. Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 SGB X. Diese gesetzlichen Voraussetzungen hat das SG in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, den Sachverhalt darunter zutreffend subsumiert und umfassend begründet, warum sich die Klägerin hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen nicht auf Vertrauen berufen kann. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an, sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Hierzu hat sich auch aus der Aussage des Zeugen S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nichts Anderes ergeben. Der Zeuge konnte sich auf Grund des Zeitablaufs an den Einzelfall der Klägerin nicht mehr erinnern, was für den Senat auch auf Grund der Vielzahl der zu bearbeitenden Anträge glaubhaft ist. Er hat die Eintragungen mit grüner Tinte als seine anerkannt, die er - entsprechend seiner Schulung - insbesondere in Rubrik VI. nach Befragung des Antragstellers vorgenommen hat. Daraus ergibt sich, dass die Einkommenssituation mit der Klägerin bei der Abgabe des Antrags besprochen worden sein muss und die Klägerin dieses nicht angegeben hat. Ihre Einlassung in der mündlichen Verhandlung, dass ihrer Erinnerung nach der Antrag von Herrn S. für in Ordnung befunden und nicht besprochen worden sei, ist nicht glaubhaft, weil mehrere grüne Eintragungen - wie z.B. die Bundespersonalausweisnummer auf Seite 1 des Antrags - nur nach Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen durch die Klägerin erklärbar zustande gekommen sein können. Im Übrigen hat die Klägerin die blauen Eintragungen als ihre anerkannt. Selbst wenn sie an dem Zustandekommen des og Kreuzes in grüner Tinte nicht mitgewirkt haben sollte, so hat sie die darunter liegenden Felder, wo konkret nach der Höhe der Einkünfte gefragt wird, jedenfalls quer durchgestrichen und damit die Frage im Erstantrag wahrheitswidrig verneint, ebenso wie auf dem Fortzahlungsantrag. Ergänzend zu den Darlegungen des SG ist noch auszuführen, dass der Vortrag der Klägerin nicht schlüssig ist. Danach ist erst durch den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 10.2.2005 die Höhe eines Freibetrags als geklärt anzusehen gewesen. Dieser Termin lag jedoch deutlich nach der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II am 7.9.2004, sodass die Klägerin zu dem früheren Zeitpunkt erst recht vollständige Angaben hätte machen müssen und nicht unter Berücksichtigung eines - noch nicht endgültig festgestellten - Freibetrags auf die Angabe von Nebeneinkünften hätte verzichten dürfen. Soweit sie sich auf die Auskunft der Beklagten zum Freibetrag vom 7.5.2004 beruft, hatte ihr Prozessbevollmächtigter eine Auskunft zur (damals) aktuellen Rechtslage erbeten. Rückschlüsse auf die neue Rechtslage nach der Systemumstellung von Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III und den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II konnte sie daraus nicht ziehen, zumal die Beklagte ausdrücklich auf das SGB III Bezug genommen hatte. Außerdem war der Klägerin aus dem Arbeitslosenhilfebezug bekannt, dass auch Einkommen unter der Freibetragsgrenze der Beklagten mitgeteilt wer¬den muss und eine Meldung deshalb nicht verzichtbar wird. Dies belegen auch ihre Zweifel daran, dass ihr Arbeitgeber 2005 an die Agentur für Arbeit keine Meldung mehr gemacht hat. Weiter konnte sie dem Berechnungsbogen der Beklagten unter der Rubrik "angerechnetes Einkommen - 0" ohne Weiteres entnehmen, dass die Beklagte Einkommen nicht berücksichtigt hat. Darauf, dass der Beklagten aus dem Arbeitslosenhilfebezug die langjährige Beschäftigung hätte bekannt sein und das Wegfallen der Einkünfte die Beklagte zu Nachforschungen hätte veranlassen müssen, kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen. Denn sie ist auf Grund ihrer Mitwirkungspflicht bei jeder erneuten Antragstellung zu vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben auf Fragen in Vordrucken verpflichtet. Es handelte sich hier nicht um einen Sachverhalt, der sich der Beklagten hätte aufdrängen und zur Nachfrage veranlassen müssen, zumal eine Beschäftigung zu jeder Zeit beendet werden kann und die Beklagte nach der Systemumstellung keinen automatischen Zugriff auf die Vorgänge die Arbeitslosenhilfe betreffend gehabt hat. Zweifel an der Berechnung bestehen für den Senat nach der Klarstellung durch die Beklagte nicht mehr. Der von der Klägerin geforderte Freibetrag ist gesetzlich für die Leistungen nach dem SGB II so nicht mehr vorgesehen. Die Beklagte hat die Einnahmen der Klägerin im Jahr 2005 unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften auf die SGB II-Leistungen angerechnet. Sie hat das Zuflussprinzip beachtet und dementsprechend ab Februar 2005 das jeweilige Einkommen des Vormonats berücksichtigt (§ 2 Abs. 2 der auf Grund des § 13 Abs. 1 SGB II ergangenen Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Verordnung - Alg II-V-); hierbei ist sie von dem Nettoeinkommen ausgegangen, das nach der Auskunft des Arbeitgebers dem Bruttoeinkommen entsprach, sodass auf das Einkommen anzurechnende Steuern nicht mehr abzusetzen waren (§ 11 Abs. Nr. 1 SGB II i.d.F des Art. 1 des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2954). Sie hat sodann den Pauschbetrag von 30 EUR für angemessene private Versicherungen nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V), 15,33 EUR pauschale Werbungskosten entsprechend monatlich ein Sechzigstel der steuerrechtlichen Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a Alg II-V) und von dem so ermittelten individuellen Nettoeinkommen 15 Prozent als Freibetrag abgesetzt, was § 30 SGB II i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2954 entspricht. Eine andere, für die Klägerin günstigere, Berechnung ist auch nicht für die Monate ab Oktober erforderlich gewesen. Es ist zwar richtig - worauf die Klägerin hingewiesen hat -, dass sich die Freibeträge erhöht haben (vgl. §§ 11 und 30 SGB II i.d.F. d. Art. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 4 Gesetz vom 14.8.2005 BGBl. I, S. 2407 m.W.v. 1.10.2005). Diese gesetzliche Erhöhung ab 1.10.2005 wirkt sich jedoch bei der Klägerin nicht aus, da nach § 67 SGB II (Freibetragsneuregelungsgesetz vom 14.8.2005, BGBl. I, S. 2407) für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1.10.2005 beginnen - bei der Klägerin durch Bescheid vom 21.6.2005 vom 1.7. bis 31.12.2005 -, die bis 30.9.2005 geltende Fassung weiterhin anzuwenden ist. Dem Beweisantrag der Klägerin auf Einholung eines graphologischen Gutachtens ist nicht stattzugeben. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass das Kreuz auf Seite 3 Rückseite nicht mit demselben Schreibinstrument gemacht wurde, wie die übrigen Eintragungen des Zeugen Seibold, ist für die Entscheidung des Rechtsstreites im Hinblick auf die entscheidungserhebliche Frage, ob die Klägerin zumindest grob fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat,ohne Bedeutung, weswegen der Beweisantrag nicht sachdienlich ist. Hinsichtlich der Hypothese, "der Gutachter wird auch bestätigen, dass dieses Kreuz wesentlich später auf dem Blatt aufgebracht wurde als die weiteren Eintragungen des Zeugen Seibold in grüner Farbe", zielt dieser Beweisantrag - sofern es sich insoweit überhaupt um einen solchen handelt und nicht nur um die Darstellung dessen, was die Klägerin sich (auch) als Ergebnis des graphologischen Gutachtens erhofft - auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis (BSG, Urteil vom 19. September 1979 - 11 RA 84/78 -; Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 284 Rz 3). Für die aufgestellte Behauptung hat die Klägerin keinerlei konkrete Anhaltspunkte angegeben, sie will vielmehr erst aus der Beweisaufnahme die Grundlage für die Behauptung gewinnen. Die Berufung der Klägerin hat damit insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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