Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3475/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 R 2057/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 4. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichte Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1947 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, besuchte in seinem Heimatland fünf Jahre die Schule, später fuhr er mehrere Jahre als Matrose zur See und war hiernach u.a. als Fahrer, Hafen- und Fabrikarbeiter beschäftigt. Eine Ausbildung hat er nicht absolviert. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im November 1972 war er von März 1973 bis August 2000 zunächst als Hilfsarbeiter, später in einer Metallfabrik und hiernach in einem Betonwerk versicherungspflichtig beschäftigt. Ende August 2000 trat beim Kläger Arbeitsunfähigkeit ein, worauf der seinerzeitige Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beendete. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Am 27. Dezember 2000 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit und machte als Gesundheitsstörungen Gleichgewichtsstörungen, Schmerzen in der linken Körperhälfte und Kopfschmerzen geltend. Diesen Antrag lehnte die seinerzeit noch zuständig gewesene Landesversicherungsanstalt (LVA) ab. Der dagegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. September 2001). Die hiergegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage (S 10 RJ 2601/01) wurde mit Urteil vom 13. Februar 2003 abgewiesen, die beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung (L 9 RJ 885/03) mit Urteil vom 16. Dezember 2003 zurückgewiesen.
Am 6. Oktober 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag begründete er mit Kopfschmerzen und machte geltend, keine beruflichen Tätigkeiten mehr verrichten zu können. Die Beklagte veranlasste eine gutachtliche Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Untersuchungsstelle der LVA in R.n, die am 15. März 2004 durch Dr. P., Facharzt für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin sowie Anästhesiologie/spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin, Naturheilverfahren, durchgeführt wurde. Ausweislich seines Gutachtens vom selben Tag diagnostizierte dieser beim Kläger Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, von denen zum Untersuchungszeitpunkt keine Bewegungseinschränkung und keine Wurzelreizsymptome ausgegangen seien, Verschleißerscheinungen des rechten Schultereckgelenks ohne Bewegungseinschränkung sowie eine chronische Bronchitis bei fortgesetztem Zigarettenrauchen mit geringgradigem Emphysem. Im Übrigen äußerte er angesichts der angegebenen verminderten Berührungsempfindlichkeit der gesamten linken Körperhälfte und der fraglichen Neuritis vestibularis bzw. des im August 2002 geäußerten Verdachts auf einen Schlaganfall, für den die durchgeführten Untersuchungen einen Nachweis nicht hätten erbringen können, den Verdacht auf ein chronisches somatoformes Schmerzsyndrom. Eine depressive Verstimmung sei zum Untersuchungszeitpunkt nicht erkennbar gewesen. Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers sah Dr. P. zwar dahingehend eingeschränkt, dass keine Tätigkeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, mit ständigen Überkopfarbeiten sowie mit inhalativen Belastungen ausgeübt werden sollten; bei Beachtung dieser Einschränkungen hielt er leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch weiterhin für vollschichtig möglich. Mit Bescheid vom 8. April 2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers daraufhin mit der Begründung ab, mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben, weshalb weder volle noch teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vorliege. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger unter Vorlage des Befundberichts des Dr. med. Dipl.-Psych. G., Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, vom 30. Juni 2005 geltend, im Vordergrund seiner Beeinträchtigungen stehe eine psychische Problematik, wobei ein chronifiziert agitiert-depressives Syndrom diagnostiziert worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2005 wurde der Widerspruch im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 17. Oktober 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie darauf, dass er sich weiterhin in Behandlung bei Dr. G. befinde, der von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgehe. Er legte die Bescheinigung des Dr. G. vom 5. Juni 2006 vor, in der über ein schwer ausgeprägtes agitiert-depressives Syndrom mit erhöhter Reizbarkeit, mangelnder Impulskontrolle und aggressiven Ausbrüchen berichtet wird. Hintergrund dessen sei einerseits ein im Jahr 1976 in der Türkei selbst verschuldeter Autounfall, bei dem zwei Kinder von Geschwistern getötet worden seien, weshalb er unter anhaltenden Schuldgefühlen leide, und bei dem er ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe sowie andererseits der Umstand, dass er nach 25 Jahren im Betrieb den Verlust seines Arbeitsplatzes nach längerer Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2000 als ungerecht erlebt habe, was er bis heute nicht verwunden habe. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Sie legte die sozialmedizinische Stellungnahme der Internistin/Sozialmedizin Dr. G.-S. vom 28. Juni 2006 vor. Das SG hörte den Hausarzt des Klägers, Dr. W., unter dem 15. März 2006 sowie Dr. G. unter dem 22. Juni 2006 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. nahm Bezug auf seine im Jahr 2002 im Rahmen des früheren Rentenrechtsstreits erteilte Auskunft und führte aus, im Beschwerdebild des Klägers habe sich seither nichts Wesentliches verändert. Im Vordergrund stehe ein depressives Syndrom mit multiplen psychosomatischen Beschwerden. Aufgrund eines langjährigen Nikotinabusus leide der Kläger des Weiteren an einer chronischen Bronchitis; ferner bestünden degenerative Wirbelsäulenveränderungen, wobei sich Hinweise auf höhergradige neurologische Ausfälle jedoch nicht gezeigt hätten. Dr. G. berichtete von insgesamt neun Vorstellungen des Klägers im Jahr 2005 und zwei Vorstellungen im Mai des Jahres 2006. Der Kläger sei angespannt, niedergedrückt und im Verhältnis zu seinen dolmetschenden Angehörigen gereizt gewesen. Er habe darüber geklagt, dass seine Nerven "kaputt" seien, er schnell böse und aggressiv werde, schnell aufgeregt sei und in Streit gerate, immer niedergedrückt sei und keine Lust mehr am Leben habe. Diagnostisch handle es sich um ein chronifiziertes agitiert-depressives Syndrom auch mit mangelnder Impulskontrolle auf dem Boden einer hirntraumatischen Veränderung (Schädel-Hirn-Trauma 1976 bei einem Autounfall in der Türkei). Seines Erachtens könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes keine sechs Stunden täglich verrichten. Er sei in Folge der ständigen Gereiztheit und untergründigen Aggressivität nicht in der Lage, sich genügend sozial zu integrieren. Er wittere überall Ungerechtigkeiten, seine Frustrationstoleranz sei minimal. Das SG erhob ferner das nervenärztliche Gutachten des Dr. St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, vom 12. Oktober 2006. Dieser beschrieb auf der Grundlage seiner gutachtlichen Untersuchung vom 2. Oktober 2006 eine missmutige Grundstimmung sowie das Empfinden von körperlichen Beschwerden und Schmerzen, so dass es gerade mal möglich sei, die Diagnose einer Somatisierungsstörung zu stellen. Von neurologischer Seite konnte der Sachverständige keinen krankhaften Befund erheben. Von psychiatrischer Seite verneinte er das Vorliegen einer Depression. Es sei zeitweilig lediglich eine missmutige Grundstimmung aufgefallen, ohne dass die Stimmung durchgängig missmutig oder abgesenkt gewesen sei. Für die Beurteilung des Leistungsvermögens sei von Bedeutung, dass der Kläger keine Antriebsminderung oder Antriebsarmut gezeigt habe, die Stimmung durchaus auflockerbar gewesen sei und der Kläger völlig normal und adäquat habe mitschwingen und scherzen können, besonders auf türkisch mit der Dolmetscherin. Sein Denken sei ferner ungestört, das Konzentrationsvermögen erhalten und eine Störung der sozialen Kommunikations- oder Interaktionsfähigkeit in relevantem Umfang nicht erkennbar gewesen. Aus nervenärztlicher Sicht sei daher keine Störung von erheblichem und damit leistungsrelevantem Krankheitswert feststellbar gewesen, weshalb der Kläger acht Sunden täglich an fünf Tagen in der Woche einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2007 wies das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. St. mit der Begründung ab, beim Kläger liege eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in einem rentenberechtigenden Ausmaß nicht vor. Die Einholung des gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beantragten Gutachtens bei Dr. B. lehnte das SG ab, weil der Kläger den vom Gericht angeforderten Kostenvorschuss nicht fristgerecht eingezahlt habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Bevollmächtigten des Klägers am 13. April 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheids verwiesen.
Am 23. April 2007 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, den Antrag gemäß § 109 SGG, bei Dr. B. ein nervenärztliches Gutachten einzuholen, wiederholt und geltend gemacht, er habe davon ausgehen dürfen, dass der Kostenvorschuss von seiner Rechtsschutzversicherung fristgerecht eingezahlt werde. Anstelle des ursprünglich benannten Sachverständigen, der sich aus zeitlichen Gründen zu einer Gutachtenerstattung nicht in der Lage sah, benannte der Kläger nunmehr den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 4. April 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 8. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. September 2005 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu dem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. P. hat sie die sozialmedizinische Stellungnahme des Leiters des Gutachterdienstes Dr. B., Internist/Kardiologie, Sozialmedizin, vom 28. November 2007 und des Nervenarztes Dr. G. vom 10. Dezember 2007 vorgelegt sowie zu dessen ergänzender Stellungnahme vom 13. Juni 2008 die weiteren Ausführungen des Dr. B. vom 8. Juli 2008 und des Dr. G. vom 4. August 2008.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat das Gutachten des Dr. P. vom 26. Oktober 2007 erhoben. Dieser diagnostizierte beim Kläger eine schwere depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine somatoforme Störung sowie einen Zustand nach transienter ischämischer Attacke entweder im Gleichgewichtsorgan und/oder Hirnstammbereich im September 2000 sowie einen Zustand nach Nikotinabusus und nach arterieller Hypertonie (gut eingestellt). Es sei eine deutliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit zu konstatieren. Entsprechend den neuropsychologischen Skalen sei eine Depression zu verifizieren, wobei insbesondere die zunehmende Gereiztheit, die auch von Familienangehörigen ohne Verdeutlichungstendenz beschrieben worden sei und während der Untersuchung mehrfach habe beobachtet werden können, zum Krankheitsbild gehöre. Die Familie leide darunter, zumal der Kläger auch inzwischen wohl handgreiflich und aggressiv geworden sei. Insofern sei davon auszugehen, dass sich der Kläger in komplexen sozialen Systemen gegenüber anderen, insbesondere deutschen Mitarbeitern auch aufgrund seiner Sprachbarriere als deutlich unterlegen erleben werde und demzufolge vermindert belastbar und leistungsfähig sei. Aufgrund der langen juristischen Auseinandersetzung und des Krankheitsprozesses sowie der fehlenden Compliance des Klägers habe sich eine Chronifizierungstendenz eingestellt, die nun zu der die Erwerbsfähigkeit einschränkenden Leistungseinbuße geführt habe. Der Leistungsfall sei für das Jahr 2004 festzulegen. Dr. P. hielt den Kläger für fähig, leichte Tätigkeiten ohne zeitlichen und personellen Stress vier bis sechs Stunden täglich auszuüben. Zu den von Dr. B. und Dr. G. gegen dieses Gutachten erhobenen Einwendungen erhob der Senat die ergänzende Stellungnahme des Dr. P. vom 13. Juni 2008.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 08. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Denn dieser ist im Sinne der hier maßgeblichen Regelungen des § 43 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) nicht voll und darüber hinaus auch nicht teilweise erwerbsgemindert.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Tätigkeiten jedenfalls noch sechs Stunden täglich auszuüben vermag und bei ihm daher keine Erwerbsminderung vorliegt, die ein rentenberechtigendes Ausmaß erreicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Ebenso wie das SG ist auch der Senat auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. St. zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger von nervenärztlicher Seite keine schwerwiegenden Erkrankungen vorliegen, die seine berufliche Leistungsfähigkeit so weit einschränken, dass ihm selbst leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich nicht mehr zugemutet werden können.
Soweit Dr. P. beim Kläger ausweislich seines Gutachtens vom 26. Oktober 2007 eine schwere depressive Episode mit somatischem Syndrom diagnostiziert hat, durch die sein berufliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten seit dem Jahr 2004 auf lediglich noch vier bis sechs Stunden täglich herabgesunken sei, vermochte sich der Senat von der Richtigkeit dieser Beurteilung nicht zu überzeugen. Der Senat teilt vielmehr die von dem von der Beklagten hinzugezogenen Nervenarzt Dr. G. insoweit vorgebrachten Einwände. Denn bei dem Vorliegen einer schwer ausgeprägten Depression seit dem Jahr 2004 läge eine zwingend behandlungsbedürftige Erkrankung vor. Eine konsequente nervenärztliche Behandlung hat bei dem vom Kläger in Anspruch genommenen Psychiater Dr. G. aber gerade nicht stattgefunden. Dort hat sich der Kläger zwar immer wieder vorgestellt, jedoch deuten die von Dr. G. im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 22. Juni 2006 dem SG mitgeteilten Behandlungsdaten mit insgesamt neun Vorstellungsterminen im Jahr 2005 und zwei Vorstellungsterminen im Mai 2006 nicht auf eine konsequente intensive Behandlung hin. Auch eine adäquate pharmakologische Behandlung fand nicht statt, nachdem der Kläger die von Dr. G. versuchsweise eingesetzten und niedrig dosierten Medikamente, wie er dem Sachverständigen Dr. St. gegenüber angegeben hat, nicht eingenommen hat. Angesichts dieses Umstandes vermag der Senat auch nicht von einem wesentlichen Leidensdruck beim Kläger auszugehen, was jedoch zu erwarten wäre, wenn der Kläger bereits seit dem Jahr 2004 unter einer schweren Depression leiden würde. Auch der Umstand, dass der Kläger noch am 2. Oktober 2006 durch den vom SG beauftragten Sachverständigen Dr. St. ausführlich begutachtet wurde, ohne dass dieser überhaupt eine Depressivität hat erkennen können, spricht gegen ein solch schweres Krankheitsbild, wie dies von Dr. P. angenommen wurde. Der Senat vermag nicht davon auszugehen, dass Dr. St. eine schwere Depressivität übersehen hat, obwohl er den Kläger doch gerade auch unter dem Gesichtspunkt einer Depression untersucht hat. So beschrieb er lediglich eine leichte Beeinträchtigung der Stimmung, die sich bei weitem unterhalb des Schweregrades auch noch einer leichten depressiven Episode bewegt hätte. Er sah vielmehr eher eine sich wohl über die meiste Zeit des Tages erstreckende missmutige Grundstimmung, die keinesfalls das Ausmaß einer relevanten Depressivität habe. In der Untersuchungssituation habe sich auch keine Antriebsminderung oder Antriebsarmut gezeigt; auch sei die Stimmung des Klägers durchaus auflockerbar gewesen, wobei er insbesondere in seiner Muttersprache mit der Dolmetscherin völlig normal und adäquat habe mitschwingen und scherzen können. Auch sein Denken habe sich bei seiner Untersuchung ungestört und sein Konzentrationsvermögen erhalten gezeigt, wonach eine Störung der sozialen Kommunikations- oder Interaktionsfähigkeit in relevantem Umfang nicht vorliegt. Von einer schweren psychischen Erkrankung zum Zeitpunkt der Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. St. vermochte der Senat daher nicht auszugehen.
Die gegenteilige Auffassung des Dr. P. lässt sich nach Auffassung des Senats überzeugend auch nicht aus den von diesem durchgeführten Testuntersuchungen herleiten, zu denen der Sachverständige seinen Ausführungen zufolge keinen vereidigten Dolmetscher hinzugezogen hat, sondern medizinisches Fachpersonal und den Sohn des Klägers. Gerade durch den zuletzt genannten Umstand lässt sich eine Beeinflussung des Ergebnisses nicht ausschließen, zumal selbst Dr. P. ebenso wie schon zuvor Dr. St. auf die fehlende Compliance des Klägers im Rahmen der Behandlung durch Dr. G. hingewiesen hat. Auch der weitere Gesichtspunkt, dass Dr. St. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung Simulations- und Aggravationstendenzen beim Kläger festgestellt und in seinem Gutachten diskutiert hat, hätte Anlass für den Sachverständigen Dr. P. sein müssen, die Ergebnisse seiner Testverfahren einer kritischen Würdigung zu unterziehen, was letztlich jedoch unterblieben ist.
Nicht recht verständlich ist im Übrigen die Einschätzung des Dr. P., wonach der Kläger Tätigkeiten im Umfang von vier bis (wohl unter) sechs Stunden verrichten könne, dieser jedoch nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen verfüge. Denn worauf die insoweit angenommene Minderbelastbarkeit des Klägers beruht, hat Dr. P. nicht hinreichend deutlich gemacht. Der Einschätzung des Dr. P. vermochte sich der Senat nach alledem nicht anzuschließen.
Somit konnte auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben; sie war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtlichte Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1947 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, besuchte in seinem Heimatland fünf Jahre die Schule, später fuhr er mehrere Jahre als Matrose zur See und war hiernach u.a. als Fahrer, Hafen- und Fabrikarbeiter beschäftigt. Eine Ausbildung hat er nicht absolviert. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im November 1972 war er von März 1973 bis August 2000 zunächst als Hilfsarbeiter, später in einer Metallfabrik und hiernach in einem Betonwerk versicherungspflichtig beschäftigt. Ende August 2000 trat beim Kläger Arbeitsunfähigkeit ein, worauf der seinerzeitige Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beendete. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Am 27. Dezember 2000 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit und machte als Gesundheitsstörungen Gleichgewichtsstörungen, Schmerzen in der linken Körperhälfte und Kopfschmerzen geltend. Diesen Antrag lehnte die seinerzeit noch zuständig gewesene Landesversicherungsanstalt (LVA) ab. Der dagegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11. September 2001). Die hiergegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage (S 10 RJ 2601/01) wurde mit Urteil vom 13. Februar 2003 abgewiesen, die beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung (L 9 RJ 885/03) mit Urteil vom 16. Dezember 2003 zurückgewiesen.
Am 6. Oktober 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag begründete er mit Kopfschmerzen und machte geltend, keine beruflichen Tätigkeiten mehr verrichten zu können. Die Beklagte veranlasste eine gutachtliche Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Untersuchungsstelle der LVA in R.n, die am 15. März 2004 durch Dr. P., Facharzt für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin sowie Anästhesiologie/spezielle Schmerztherapie, Sportmedizin, Naturheilverfahren, durchgeführt wurde. Ausweislich seines Gutachtens vom selben Tag diagnostizierte dieser beim Kläger Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, von denen zum Untersuchungszeitpunkt keine Bewegungseinschränkung und keine Wurzelreizsymptome ausgegangen seien, Verschleißerscheinungen des rechten Schultereckgelenks ohne Bewegungseinschränkung sowie eine chronische Bronchitis bei fortgesetztem Zigarettenrauchen mit geringgradigem Emphysem. Im Übrigen äußerte er angesichts der angegebenen verminderten Berührungsempfindlichkeit der gesamten linken Körperhälfte und der fraglichen Neuritis vestibularis bzw. des im August 2002 geäußerten Verdachts auf einen Schlaganfall, für den die durchgeführten Untersuchungen einen Nachweis nicht hätten erbringen können, den Verdacht auf ein chronisches somatoformes Schmerzsyndrom. Eine depressive Verstimmung sei zum Untersuchungszeitpunkt nicht erkennbar gewesen. Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers sah Dr. P. zwar dahingehend eingeschränkt, dass keine Tätigkeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, mit ständigen Überkopfarbeiten sowie mit inhalativen Belastungen ausgeübt werden sollten; bei Beachtung dieser Einschränkungen hielt er leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch weiterhin für vollschichtig möglich. Mit Bescheid vom 8. April 2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers daraufhin mit der Begründung ab, mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben, weshalb weder volle noch teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vorliege. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger unter Vorlage des Befundberichts des Dr. med. Dipl.-Psych. G., Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, vom 30. Juni 2005 geltend, im Vordergrund seiner Beeinträchtigungen stehe eine psychische Problematik, wobei ein chronifiziert agitiert-depressives Syndrom diagnostiziert worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2005 wurde der Widerspruch im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 17. Oktober 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie darauf, dass er sich weiterhin in Behandlung bei Dr. G. befinde, der von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgehe. Er legte die Bescheinigung des Dr. G. vom 5. Juni 2006 vor, in der über ein schwer ausgeprägtes agitiert-depressives Syndrom mit erhöhter Reizbarkeit, mangelnder Impulskontrolle und aggressiven Ausbrüchen berichtet wird. Hintergrund dessen sei einerseits ein im Jahr 1976 in der Türkei selbst verschuldeter Autounfall, bei dem zwei Kinder von Geschwistern getötet worden seien, weshalb er unter anhaltenden Schuldgefühlen leide, und bei dem er ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe sowie andererseits der Umstand, dass er nach 25 Jahren im Betrieb den Verlust seines Arbeitsplatzes nach längerer Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2000 als ungerecht erlebt habe, was er bis heute nicht verwunden habe. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Sie legte die sozialmedizinische Stellungnahme der Internistin/Sozialmedizin Dr. G.-S. vom 28. Juni 2006 vor. Das SG hörte den Hausarzt des Klägers, Dr. W., unter dem 15. März 2006 sowie Dr. G. unter dem 22. Juni 2006 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. nahm Bezug auf seine im Jahr 2002 im Rahmen des früheren Rentenrechtsstreits erteilte Auskunft und führte aus, im Beschwerdebild des Klägers habe sich seither nichts Wesentliches verändert. Im Vordergrund stehe ein depressives Syndrom mit multiplen psychosomatischen Beschwerden. Aufgrund eines langjährigen Nikotinabusus leide der Kläger des Weiteren an einer chronischen Bronchitis; ferner bestünden degenerative Wirbelsäulenveränderungen, wobei sich Hinweise auf höhergradige neurologische Ausfälle jedoch nicht gezeigt hätten. Dr. G. berichtete von insgesamt neun Vorstellungen des Klägers im Jahr 2005 und zwei Vorstellungen im Mai des Jahres 2006. Der Kläger sei angespannt, niedergedrückt und im Verhältnis zu seinen dolmetschenden Angehörigen gereizt gewesen. Er habe darüber geklagt, dass seine Nerven "kaputt" seien, er schnell böse und aggressiv werde, schnell aufgeregt sei und in Streit gerate, immer niedergedrückt sei und keine Lust mehr am Leben habe. Diagnostisch handle es sich um ein chronifiziertes agitiert-depressives Syndrom auch mit mangelnder Impulskontrolle auf dem Boden einer hirntraumatischen Veränderung (Schädel-Hirn-Trauma 1976 bei einem Autounfall in der Türkei). Seines Erachtens könne der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes keine sechs Stunden täglich verrichten. Er sei in Folge der ständigen Gereiztheit und untergründigen Aggressivität nicht in der Lage, sich genügend sozial zu integrieren. Er wittere überall Ungerechtigkeiten, seine Frustrationstoleranz sei minimal. Das SG erhob ferner das nervenärztliche Gutachten des Dr. St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, vom 12. Oktober 2006. Dieser beschrieb auf der Grundlage seiner gutachtlichen Untersuchung vom 2. Oktober 2006 eine missmutige Grundstimmung sowie das Empfinden von körperlichen Beschwerden und Schmerzen, so dass es gerade mal möglich sei, die Diagnose einer Somatisierungsstörung zu stellen. Von neurologischer Seite konnte der Sachverständige keinen krankhaften Befund erheben. Von psychiatrischer Seite verneinte er das Vorliegen einer Depression. Es sei zeitweilig lediglich eine missmutige Grundstimmung aufgefallen, ohne dass die Stimmung durchgängig missmutig oder abgesenkt gewesen sei. Für die Beurteilung des Leistungsvermögens sei von Bedeutung, dass der Kläger keine Antriebsminderung oder Antriebsarmut gezeigt habe, die Stimmung durchaus auflockerbar gewesen sei und der Kläger völlig normal und adäquat habe mitschwingen und scherzen können, besonders auf türkisch mit der Dolmetscherin. Sein Denken sei ferner ungestört, das Konzentrationsvermögen erhalten und eine Störung der sozialen Kommunikations- oder Interaktionsfähigkeit in relevantem Umfang nicht erkennbar gewesen. Aus nervenärztlicher Sicht sei daher keine Störung von erheblichem und damit leistungsrelevantem Krankheitswert feststellbar gewesen, weshalb der Kläger acht Sunden täglich an fünf Tagen in der Woche einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2007 wies das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. St. mit der Begründung ab, beim Kläger liege eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in einem rentenberechtigenden Ausmaß nicht vor. Die Einholung des gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beantragten Gutachtens bei Dr. B. lehnte das SG ab, weil der Kläger den vom Gericht angeforderten Kostenvorschuss nicht fristgerecht eingezahlt habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Bevollmächtigten des Klägers am 13. April 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheids verwiesen.
Am 23. April 2007 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, den Antrag gemäß § 109 SGG, bei Dr. B. ein nervenärztliches Gutachten einzuholen, wiederholt und geltend gemacht, er habe davon ausgehen dürfen, dass der Kostenvorschuss von seiner Rechtsschutzversicherung fristgerecht eingezahlt werde. Anstelle des ursprünglich benannten Sachverständigen, der sich aus zeitlichen Gründen zu einer Gutachtenerstattung nicht in der Lage sah, benannte der Kläger nunmehr den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 4. April 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 8. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 26. September 2005 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu dem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. P. hat sie die sozialmedizinische Stellungnahme des Leiters des Gutachterdienstes Dr. B., Internist/Kardiologie, Sozialmedizin, vom 28. November 2007 und des Nervenarztes Dr. G. vom 10. Dezember 2007 vorgelegt sowie zu dessen ergänzender Stellungnahme vom 13. Juni 2008 die weiteren Ausführungen des Dr. B. vom 8. Juli 2008 und des Dr. G. vom 4. August 2008.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat das Gutachten des Dr. P. vom 26. Oktober 2007 erhoben. Dieser diagnostizierte beim Kläger eine schwere depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine somatoforme Störung sowie einen Zustand nach transienter ischämischer Attacke entweder im Gleichgewichtsorgan und/oder Hirnstammbereich im September 2000 sowie einen Zustand nach Nikotinabusus und nach arterieller Hypertonie (gut eingestellt). Es sei eine deutliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit zu konstatieren. Entsprechend den neuropsychologischen Skalen sei eine Depression zu verifizieren, wobei insbesondere die zunehmende Gereiztheit, die auch von Familienangehörigen ohne Verdeutlichungstendenz beschrieben worden sei und während der Untersuchung mehrfach habe beobachtet werden können, zum Krankheitsbild gehöre. Die Familie leide darunter, zumal der Kläger auch inzwischen wohl handgreiflich und aggressiv geworden sei. Insofern sei davon auszugehen, dass sich der Kläger in komplexen sozialen Systemen gegenüber anderen, insbesondere deutschen Mitarbeitern auch aufgrund seiner Sprachbarriere als deutlich unterlegen erleben werde und demzufolge vermindert belastbar und leistungsfähig sei. Aufgrund der langen juristischen Auseinandersetzung und des Krankheitsprozesses sowie der fehlenden Compliance des Klägers habe sich eine Chronifizierungstendenz eingestellt, die nun zu der die Erwerbsfähigkeit einschränkenden Leistungseinbuße geführt habe. Der Leistungsfall sei für das Jahr 2004 festzulegen. Dr. P. hielt den Kläger für fähig, leichte Tätigkeiten ohne zeitlichen und personellen Stress vier bis sechs Stunden täglich auszuüben. Zu den von Dr. B. und Dr. G. gegen dieses Gutachten erhobenen Einwendungen erhob der Senat die ergänzende Stellungnahme des Dr. P. vom 13. Juni 2008.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 08. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Denn dieser ist im Sinne der hier maßgeblichen Regelungen des § 43 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) nicht voll und darüber hinaus auch nicht teilweise erwerbsgemindert.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Tätigkeiten jedenfalls noch sechs Stunden täglich auszuüben vermag und bei ihm daher keine Erwerbsminderung vorliegt, die ein rentenberechtigendes Ausmaß erreicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Ebenso wie das SG ist auch der Senat auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. St. zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger von nervenärztlicher Seite keine schwerwiegenden Erkrankungen vorliegen, die seine berufliche Leistungsfähigkeit so weit einschränken, dass ihm selbst leichte berufliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich nicht mehr zugemutet werden können.
Soweit Dr. P. beim Kläger ausweislich seines Gutachtens vom 26. Oktober 2007 eine schwere depressive Episode mit somatischem Syndrom diagnostiziert hat, durch die sein berufliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten seit dem Jahr 2004 auf lediglich noch vier bis sechs Stunden täglich herabgesunken sei, vermochte sich der Senat von der Richtigkeit dieser Beurteilung nicht zu überzeugen. Der Senat teilt vielmehr die von dem von der Beklagten hinzugezogenen Nervenarzt Dr. G. insoweit vorgebrachten Einwände. Denn bei dem Vorliegen einer schwer ausgeprägten Depression seit dem Jahr 2004 läge eine zwingend behandlungsbedürftige Erkrankung vor. Eine konsequente nervenärztliche Behandlung hat bei dem vom Kläger in Anspruch genommenen Psychiater Dr. G. aber gerade nicht stattgefunden. Dort hat sich der Kläger zwar immer wieder vorgestellt, jedoch deuten die von Dr. G. im Rahmen seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 22. Juni 2006 dem SG mitgeteilten Behandlungsdaten mit insgesamt neun Vorstellungsterminen im Jahr 2005 und zwei Vorstellungsterminen im Mai 2006 nicht auf eine konsequente intensive Behandlung hin. Auch eine adäquate pharmakologische Behandlung fand nicht statt, nachdem der Kläger die von Dr. G. versuchsweise eingesetzten und niedrig dosierten Medikamente, wie er dem Sachverständigen Dr. St. gegenüber angegeben hat, nicht eingenommen hat. Angesichts dieses Umstandes vermag der Senat auch nicht von einem wesentlichen Leidensdruck beim Kläger auszugehen, was jedoch zu erwarten wäre, wenn der Kläger bereits seit dem Jahr 2004 unter einer schweren Depression leiden würde. Auch der Umstand, dass der Kläger noch am 2. Oktober 2006 durch den vom SG beauftragten Sachverständigen Dr. St. ausführlich begutachtet wurde, ohne dass dieser überhaupt eine Depressivität hat erkennen können, spricht gegen ein solch schweres Krankheitsbild, wie dies von Dr. P. angenommen wurde. Der Senat vermag nicht davon auszugehen, dass Dr. St. eine schwere Depressivität übersehen hat, obwohl er den Kläger doch gerade auch unter dem Gesichtspunkt einer Depression untersucht hat. So beschrieb er lediglich eine leichte Beeinträchtigung der Stimmung, die sich bei weitem unterhalb des Schweregrades auch noch einer leichten depressiven Episode bewegt hätte. Er sah vielmehr eher eine sich wohl über die meiste Zeit des Tages erstreckende missmutige Grundstimmung, die keinesfalls das Ausmaß einer relevanten Depressivität habe. In der Untersuchungssituation habe sich auch keine Antriebsminderung oder Antriebsarmut gezeigt; auch sei die Stimmung des Klägers durchaus auflockerbar gewesen, wobei er insbesondere in seiner Muttersprache mit der Dolmetscherin völlig normal und adäquat habe mitschwingen und scherzen können. Auch sein Denken habe sich bei seiner Untersuchung ungestört und sein Konzentrationsvermögen erhalten gezeigt, wonach eine Störung der sozialen Kommunikations- oder Interaktionsfähigkeit in relevantem Umfang nicht vorliegt. Von einer schweren psychischen Erkrankung zum Zeitpunkt der Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. St. vermochte der Senat daher nicht auszugehen.
Die gegenteilige Auffassung des Dr. P. lässt sich nach Auffassung des Senats überzeugend auch nicht aus den von diesem durchgeführten Testuntersuchungen herleiten, zu denen der Sachverständige seinen Ausführungen zufolge keinen vereidigten Dolmetscher hinzugezogen hat, sondern medizinisches Fachpersonal und den Sohn des Klägers. Gerade durch den zuletzt genannten Umstand lässt sich eine Beeinflussung des Ergebnisses nicht ausschließen, zumal selbst Dr. P. ebenso wie schon zuvor Dr. St. auf die fehlende Compliance des Klägers im Rahmen der Behandlung durch Dr. G. hingewiesen hat. Auch der weitere Gesichtspunkt, dass Dr. St. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung Simulations- und Aggravationstendenzen beim Kläger festgestellt und in seinem Gutachten diskutiert hat, hätte Anlass für den Sachverständigen Dr. P. sein müssen, die Ergebnisse seiner Testverfahren einer kritischen Würdigung zu unterziehen, was letztlich jedoch unterblieben ist.
Nicht recht verständlich ist im Übrigen die Einschätzung des Dr. P., wonach der Kläger Tätigkeiten im Umfang von vier bis (wohl unter) sechs Stunden verrichten könne, dieser jedoch nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen verfüge. Denn worauf die insoweit angenommene Minderbelastbarkeit des Klägers beruht, hat Dr. P. nicht hinreichend deutlich gemacht. Der Einschätzung des Dr. P. vermochte sich der Senat nach alledem nicht anzuschließen.
Somit konnte auch die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben; sie war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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