L 12 AS 5658/08 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 5945/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5658/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. September 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Betriebskostennachforderungen.

Die 1972 geborene Klägerin, ihr Ehemann und der 1994 geborene Sohn erhielten im Jahr 2004 Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt F ... Vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 bezogen sie von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Zum 1. Mai 2005 zog die Familie nach K. um und erhielt vom dortigen Jobcenter Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis 30. August 2006.

Im August 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme einer Betriebskostennachforderung für das Jahr 2004 in Höhe von 952,17 EUR und legte hierzu die Abrechnung vom 4. August 2005 vor. Mit Bescheid vom 2. März 2006 nahm die Beklagte eine Überprüfung ihrer Leistungsbewilligung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vor und bewilligte einen Nachzahlungsbetrag von 200,32 EUR, welcher sich aus den Richtlinien des Landkreises M.-S. im Hinblick auf die bereits für den Zeitraum Januar bis April 2005 ausgezahlten Kosten ergebe. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Beklagte als Nachfolgebehörde des Sozialamtes der Stadt F. zur Nachzahlung der tatsächlichen Unterkunftskosten für 2004 verpflichtet sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe monatlich 406,42 EUR, insgesamt für den Zeitraum Januar bis April 2005 1.617,68 EUR an Kosten der Unterkunft und Heizung erhalten. Ein Ausgleich von Nachforderungen sei nur möglich, wenn die übernommenen Unterkunftskosten unter den als angemessen zu bewertenden Kosten lägen. Nach den Richtlinien des Landkreises M.-S. betrage die angemessene Miete inklusive Nebenkosten und Heizung insgesamt 438,48 EUR, so dass die Klägerin maximal nach der Richtlinie 1.959,84 EUR hätte erhalten dürfen. Zwar lägen die gezahlten Kosten darunter, die Klägerin habe jedoch auch die 200,32 EUR nicht erhalten dürfen, da die Beklagte für die Nachforderung zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht mehr zuständig gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die am 18. Dezember 2006 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 13 AS 5945/06).

Am 2. September 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Nebenkostenabrechnung für 2005, welche sich gemäß der Abrechnung vom 31. August 2006 auf 614,34 EUR belief. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13. November 2006 unter Hinweis auf ihre fehlende Zuständigkeit ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2007 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 2.Februar 2007 zum SG erhobene Klage (S 13 AS 573/07). Das SG hat mit Beschluss vom 12. Juli 2007 die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 24. September 2008 die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 2. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2006 verurteilt, der Klägerin noch 141,84 EUR an Kosten für Unterkunft und Heizung zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, hinsichtlich der Abrechnung vom 4. August 2005 scheitere ein Anspruch gegen die Beklagte schon deshalb, weil die Klägerin im Jahr 2004 Leistungen nach dem BSHG von der Stadt F. erhalten habe. Ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X müsse daher dort gestellt werden. Hinsichtlich der Abrechnung vom 31. August 2006 könne die Klägerin ebenfalls keine Nachzahlung beanspruchen. Zwar habe sie im Zeitraum Januar bis April 2005, auf welchen sich die Abrechnung beziehe, im Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden. Zum Fälligkeitszeitpunkt (4. Oktober 2006) habe aufgrund des Aufhebungsbescheids mit Wirkung zum 1. September 2006 des Jobcenters Stadt K. ein Leistungsanspruch nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit dem Grunde nach nicht bestanden. Allerdings sei die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 17. November 2006 insoweit begründet, als die Beklagte dort selbst festgestellt habe, dass der Klägerin 1.959,84 EUR an Kosten für Unterkunft zugestanden hätten statt der bewilligten 1.617,68 EUR. Hiervon seien bereits 200,32 EUR zur Auszahlung gekommen, so dass ein Restbetrag von 141,84 EUR noch offen sei. Insoweit sei der Bewilligungsbescheid rechtswidrig gewesen, wobei die Rechtswidrigkeit nicht im Zusammenhang mit der Nebenkostenabrechnung stehe.

Gegen das ihr am 30. September 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Dezember 2008 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Wegen der falschen Rechtsmittelbelehrung des Urteils könne die Nichtzulassungsbeschwerde noch eingelegt werden. Die Annahme des SG, dass noch Unterkunftskosten nachzuzahlen seien, sei fehlerhaft. Nach § 22 SGB II bestehe lediglich Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, welche monatlich 406,42 EUR, insgesamt somit 1.617,68 EUR betragen hätten. Der vom SG angenommene Wert von 1.959,84 EUR sei der maximal angemessene Wert nach der Richtlinie des Landkreises M.-S. über die angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten. Aus diesem Grund sei das Urteil des SG offensichtlich fehlerhaft, so dass die Berufung zuzulassen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beschwerdegegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist zulässig (§ 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Zwar hat die Beklagte die Monatsfrist des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht eingehalten, aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des SG über die Berufung gilt indes die hier eingehaltene Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben; weder stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit, noch ist die erforderliche Berufungssumme in Anbetracht des Beschwerdewerts von 141,84 EUR erreicht. Das SG hat die Berufung im angefochtenen Urteil auch nicht zugelassen. Eine Erwähnung der Berufung allein in der Rechtsmittelbelehrung stellt keine Berufungszulassung dar (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), BSGE 5,92,95; SozR 3-1500 § 158 Nr. 3). Eine daher erforderliche Zulassung durch das LSG kommt vorliegend nicht in Betracht.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1.) Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (so die ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 129, 132; BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60; SozR 3-1500 § 160a Nr. 16; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 144 Rdnrn. 28 f.; § 160 Rdnrn. 6 ff. (jeweils m.w.N.)). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 7).

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich hier nicht. Die Entscheidung des SG stellt eine schlichte Anwendung des Gesetzes im Einzelfall dar, die über diesen hinaus keine Bedeutung hat.

(2.) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte liegt nicht vor. Eine solche setzt die Aufstellung eines Rechtssatzes voraus, der von einem von den genannten Gerichten aufgestellten objektiv abweicht. Dies ist hier nicht ersichtlich.

(3.) Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann, ist weder dargetan noch erkennbar.

Die Geltendmachung einer sachlichen Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, mag sie auch offensichtlich sein, stellt nach § 144 Abs. 2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG). Das angefochtene Urteil vom 24. September 2008 wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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