Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 1088/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5215/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund von Kindererziehungszeiten.
Die 1939 geborene Klägerin war ausweislich der vorliegenden Versicherungskarten Nr. 1 bis 3 bzw. des Kontenspiegels vom 4.2.1964 bis 4.2.1966 in der Porzellanfabrik S. in K., vom 8.2.1966 bis 9.3.1967 bei mehreren Arbeitgebern bei und in Hannover und wiederum vom 24.7.1970 bis 7.4.1972 bei der Porzellanfabrik S. in K. und vom 3.5.1972 bis 5.2.1974 in Hannover beschäftigt. Die Arbeitnehmerbeiträge wurden ihr erstattet.
Sie ist seit dem 25.8.1963 mit T. verheiratet und Mutter von drei Kindern: E.(Beba), geboren am 28.6.1965 A., geboren am 30.3.1968 und J., geboren am 6.8.1973.
Am 25.4.2000 beantragte die Klägerin die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten, wobei sie einen Auszug des Bürgerregisters vom 19.11.1995 vorlegte, wonach E. und J. in Deutschland geboren sind. Als Geburtsorte nannte die Klägerin für E. R. bei E. und für J. B./S ... Die Beklagte holte Auskünfte beim Einwohnermeldeamt Breite/Stadt Kempten (Auskunft vom 29.5.2000: die drei Kinder seien im Melderegister sowie in der Altkartei meldeamtlich nicht zu ermitteln) sowie Erbendorf/Verwaltungsgemeinschaft K. ein (Auskunft vom 28.6.2000: Ehepaar A. u. T. P. meldete sich am 12.2.1964 mit Wirkung zum 2.2.1964 in R. bei E. an, verzog am 17.5.1965 nach K., am 4.2.1966 erfolgte Abmeldung zum 5.2.1966 nach E. - Kinder waren nicht gemeldet. Die Gemeinde S. habe mit Schreiben vom 17.5.1966 mitgeteilt, dass sich das Ehepaar P. mit Wirkung vom 2.5.1966 - auch dort ohne Kinder - angemeldet habe).
Mit Bescheid vom 24.7.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 7.7. bis 29.10.1973 als Anrechnungszeit ab, weil eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tä¬tigkeit nicht unterbrochen worden sei. Ferner lehnte die Beklagte die Anerkennung von Kinder¬erziehungs- und Berücksichtigungszeiten für die drei Kinder der Klägerin ab, weil diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 1.8.2000 Widerspruch ein und trug vor, E. sei in E. und J. in S. bei Hannover geboren und dort auch erzogen worden. Sie legte einen Geburtsnachweis für J. von der Henriettenstiftung H. Kirchrode mit Eintragungen über Schwangerschaftsuntersuchungen vom 9.4. bis 3.8.1973 vor. Die Beklagte holte eine weitere Auskunft bei der Verwaltungsgemeinschaft K. vom 18.3.2002 ein, die ihrer Auskunft vom 28.6.2000 nichts hinzuzufügen vermochte und Nachweise über die An- und Abmeldungen des Ehepaares P. vorlegte, in der Kinder nicht erwähnt sind. Die Klägerin legte eine Geburtsurkunde, ausgestellt von der Gemeinde Erbendorf für Beba, geboren am 28.6.1965, vor. Die Stadt E. erklärte am 19.8.2004, die Klägerin sei im Zeitpunkt der Geburt der Tochter in E. weder wohnhaft noch gemeldet gewesen; sie habe in K. gewohnt. Die Stadt H. vermochte Anmeldungen der Klägerin und ihrer Familie nicht zu bestätigen (Auskunft vom 13.10.2004). Die Verwaltungsgemeinschaft K. erklärte unter dem 17.11.2004, aus einer alten Karteikarte der Familie ergebe sich, dass das Kind Beba, geboren am 28.6.1965 in Erbendorf, am 10.8.1965 nach Meliana/Griechenland weggezogen sei.
Im Versicherungsverlauf vom 3.12.2004 berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 1.7.1965 bis 31.8.1965 als Kindererziehungszeit und merkte die Zeit vom 7.7. bis 29.10.1973 als Schwangerschaft/Mutterschutz vor. Im Bescheid vom 3.12.2004 anerkannte die Beklagte die Zeit vom 28.6. bis 10.8.1965 als Berücksichtigungszeit für E., während sie die Anerkennung der Zeit vom 11.8.1965 bis 27.6.1975 als Berücksichtigungszeit ablehnte, da diese weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht sei.
Hiergegen wandte die Klägerin ein, sie habe E. bis Januar 1966 in R. und dann weiter in S. bei H. bis Mai 1967 erzogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1.2.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit er über den Teilabhilfebescheid vom 3.12.2004 hinausging. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin zusammen mit E. in der Zeit vom 11.8.1965 bis 27.6.1975 in der Bundesrepublik gewöhnlich aufgehalten und das Kind erzogen habe. Die Zeit vom 11.8.1965 bis 30.6.1966 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 11.8.1965 bis 27.6.1975 nicht als Berücksichtigungszeit für E. anerkannt werden, da die Zeiten melderechtlich nicht nachgewiesen werden konnten. Nach den vorliegenden Unterlagen sei auch nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin zusammen mit dem Kind J., geboren am 6.8.1973, in der Zeit vom 6.8.1973 bis 5.8.1983 in der Bundesrepublik gewöhnlich aufgehalten und das Kind erzogen habe. Die Zeit vom 1.9.1973 bis 31.8.1974 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 6.8.1973 bis 5.8.1983 nicht als Berücksichtigungszeit für J. anerkannt werden, da die Zeiten melderechtlich nicht nachgewiesen seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.2.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, die Gewährung von Altersrente auf Grund von Kindererziehungszeiten beantragt und vorgetragen, ihre Kinder seien in Deutschland geboren und erzogen worden.
Die Stadt S. erklärte unter dem 10.8.2007, die Klägerin, ihr Ehemann und die Kinder E. und J. seien dort nicht gemeldet und auch nicht gemeldet gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 4.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 23.10.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2.11.2007 Berufung eingelegt, mit der sie die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund von Kindererziehungszeiten begehrt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Oktober 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund von Kindererziehungszeiten zu gewähren, hilfsweise weitere Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid und im Gerichtsbescheid des SG und erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Der Senat hat die Stadt S. unter Hinweis auf den Mutterpass (J. am 6.8.1973 in H./Kirchrode, Frauenklinik Neu-Bethesda, Henriettenstiftung geboren) und der Anmeldung des Vaters T. P. am 2.5.1966 erneut angeschrieben und von der Beklagten die Versicherungskarten der Klägerin und ihres Ehemannes sowie einen Kontoauszug der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, den Ehemann betreffend, beigezogen.
Die Stadt S. hat am 4.7.2008 erneut mitgeteilt, die Klägerin, ihr Ehemann und die Kinder seien dort nicht gemeldet gewesen. Auch nach erneuter Suche im Archiv hätten sie keinerlei Unterlagen finden können. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hat einen Kontoauszug vorgelegt, wonach die vom 5.6.1970 bis 17.10.1975 entrichteten Beiträge dem Ehemann auf den Antrag vom 29.9.1977 mit Bescheid vom 20.6.1978 erstattet worden sind.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschlie¬ßungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Soweit die Klägerin die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres begehrt, ist die Klage bereits unzulässig, weil eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten insoweit nicht vorliegt. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger/Klägerin behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung von Altersrente nicht erfüllt. Bei der von der Klägerin begehrten Rente handelt es sich um eine Leistung, die auf Grund eines Verwaltungsaktes zu erbringen ist. Ein solcher ist hier nicht ergangen.
Die Voraussetzungen für eine weitergehende Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten liegen nicht vor.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet die Kindererziehungszeit gem. § 249 Abs. 1 SGB VI zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI wird für einen Elternteil (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Erstes Buch) eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Eine Erziehung ist im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat. Dies gilt beim gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch, wenn der Ehegatten oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht hat, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war (Abs. 3). Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten (Abs. 5 Satz 1).
Nach § 57 Satz 1 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen.
Die Anerkennung einer über die anerkannte Kindererziehungszeit vom 1.7.1965 bis 31.8.1965 hinausgehende Kindererziehungszeit für die am 28.6.1965 geborene E. ist nicht möglich, da sich die Klägerin zumindest ab 24.8.1965 nicht zusammen mit E. in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Die Klägerin war nämlich nach Ablauf der Mutterschutzzeit weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland berufstätig, während E. am 10.8.1965 nach Meliana/Griechenland abgemeldet worden war. Für den Aufenthalt von E. in Griechenland spricht ferner, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann am 4.2.1966 zum 5.2.1966 von K. nach E. abgemeldet haben und dass am 17.5.1966 die Gemeinde S. der Gemeinde K. mitgeteilt hat, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann (also: ohne Kinder) mit Wirkung zum 2.5.1966 in S. V ...-R.-Str. 12 angemeldet haben.
Da bei der Klägerin die Zeit vom 1.7. bis 31.8.1965 als Kindererziehungszeit anerkannt ist, ist es auch unerheblich, ob die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vom 28.6.1965 bis 10.8.1965 (Wegzug von E. nach Meliana/Griechenland) oder bis 23.8.1965 (Ende der Mutterschutzfrist, während der sich die Klägerin vermutlich vom 10.8. bis 23.8.1965 oder kurz zuvor zusammen mit E. in Griechenland aufgehalten hat) gedauert hat.
Für J. können keine Kindererziehungszeiten festgestellt werden. Zwar ist auf Grund des Mutterpasses nachgewiesen, dass die Klägerin ihren Sohn J. am 6.8.1973 in der Frauenklinik Neu-Bethesda in H./Kirchrode geboren hat. Nicht feststellbar ist dagegen, wie lange sich die Klägerin zusammen mit J. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewöhnlich aufgehalten hat. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist anzunehmen, wenn Elternteil und Kind bei Beginn und während der Dauer der Erziehungszeit faktisch den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland haben und sich hier materiell-rechtlich erlaubt und rechtlich beständig aufhalten dürfen. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (Gürtner im Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Oktober 2008 § 56 SGB VI Rdnr. 45). Vorliegend ist jedoch nicht feststellbar, dass sich J. (zusammen mit der Klägerin) länger in der Bundesrepublik aufgehalten hat, da die Stadt S. keinerlei Unterlagen über eine An- und Abmeldung von J. hat. Ausweislich des Kontenspiegels war die Klägerin vom 30.10.1973 bis 5.2.1974 (nach Ablauf der Mutterschutzfrist vom 7.7. bis 29.10.1973) wieder versicherungspflichtig beschäftigt (wie auch der Ehemann der Klägerin), sodass dies dafür spricht, dass J. - ebenso wie die 1965 geborene Tochter E. - nach Griechenland gebracht worden ist. Da jedenfalls ein gewöhnlicher, d. h. rechtlich beständiger und dauerhafter Aufenthalt von J. im Deutschland nicht feststellbar ist, kommt die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten nicht in Betracht. Auch der Umstand, dass die Klägerin lediglich einen Nachweis über Schwangerschaftsuntersuchungen bis 3.8.1973 und keinen Nachweis über ärztliche Untersuchungen von J. nach der Geburt vorgelegt hat, spricht gegen einen Aufenthalt von J. in Deutschland.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund von Kindererziehungszeiten.
Die 1939 geborene Klägerin war ausweislich der vorliegenden Versicherungskarten Nr. 1 bis 3 bzw. des Kontenspiegels vom 4.2.1964 bis 4.2.1966 in der Porzellanfabrik S. in K., vom 8.2.1966 bis 9.3.1967 bei mehreren Arbeitgebern bei und in Hannover und wiederum vom 24.7.1970 bis 7.4.1972 bei der Porzellanfabrik S. in K. und vom 3.5.1972 bis 5.2.1974 in Hannover beschäftigt. Die Arbeitnehmerbeiträge wurden ihr erstattet.
Sie ist seit dem 25.8.1963 mit T. verheiratet und Mutter von drei Kindern: E.(Beba), geboren am 28.6.1965 A., geboren am 30.3.1968 und J., geboren am 6.8.1973.
Am 25.4.2000 beantragte die Klägerin die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten, wobei sie einen Auszug des Bürgerregisters vom 19.11.1995 vorlegte, wonach E. und J. in Deutschland geboren sind. Als Geburtsorte nannte die Klägerin für E. R. bei E. und für J. B./S ... Die Beklagte holte Auskünfte beim Einwohnermeldeamt Breite/Stadt Kempten (Auskunft vom 29.5.2000: die drei Kinder seien im Melderegister sowie in der Altkartei meldeamtlich nicht zu ermitteln) sowie Erbendorf/Verwaltungsgemeinschaft K. ein (Auskunft vom 28.6.2000: Ehepaar A. u. T. P. meldete sich am 12.2.1964 mit Wirkung zum 2.2.1964 in R. bei E. an, verzog am 17.5.1965 nach K., am 4.2.1966 erfolgte Abmeldung zum 5.2.1966 nach E. - Kinder waren nicht gemeldet. Die Gemeinde S. habe mit Schreiben vom 17.5.1966 mitgeteilt, dass sich das Ehepaar P. mit Wirkung vom 2.5.1966 - auch dort ohne Kinder - angemeldet habe).
Mit Bescheid vom 24.7.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 7.7. bis 29.10.1973 als Anrechnungszeit ab, weil eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tä¬tigkeit nicht unterbrochen worden sei. Ferner lehnte die Beklagte die Anerkennung von Kinder¬erziehungs- und Berücksichtigungszeiten für die drei Kinder der Klägerin ab, weil diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien.
Hiergegen legte die Klägerin am 1.8.2000 Widerspruch ein und trug vor, E. sei in E. und J. in S. bei Hannover geboren und dort auch erzogen worden. Sie legte einen Geburtsnachweis für J. von der Henriettenstiftung H. Kirchrode mit Eintragungen über Schwangerschaftsuntersuchungen vom 9.4. bis 3.8.1973 vor. Die Beklagte holte eine weitere Auskunft bei der Verwaltungsgemeinschaft K. vom 18.3.2002 ein, die ihrer Auskunft vom 28.6.2000 nichts hinzuzufügen vermochte und Nachweise über die An- und Abmeldungen des Ehepaares P. vorlegte, in der Kinder nicht erwähnt sind. Die Klägerin legte eine Geburtsurkunde, ausgestellt von der Gemeinde Erbendorf für Beba, geboren am 28.6.1965, vor. Die Stadt E. erklärte am 19.8.2004, die Klägerin sei im Zeitpunkt der Geburt der Tochter in E. weder wohnhaft noch gemeldet gewesen; sie habe in K. gewohnt. Die Stadt H. vermochte Anmeldungen der Klägerin und ihrer Familie nicht zu bestätigen (Auskunft vom 13.10.2004). Die Verwaltungsgemeinschaft K. erklärte unter dem 17.11.2004, aus einer alten Karteikarte der Familie ergebe sich, dass das Kind Beba, geboren am 28.6.1965 in Erbendorf, am 10.8.1965 nach Meliana/Griechenland weggezogen sei.
Im Versicherungsverlauf vom 3.12.2004 berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 1.7.1965 bis 31.8.1965 als Kindererziehungszeit und merkte die Zeit vom 7.7. bis 29.10.1973 als Schwangerschaft/Mutterschutz vor. Im Bescheid vom 3.12.2004 anerkannte die Beklagte die Zeit vom 28.6. bis 10.8.1965 als Berücksichtigungszeit für E., während sie die Anerkennung der Zeit vom 11.8.1965 bis 27.6.1975 als Berücksichtigungszeit ablehnte, da diese weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht sei.
Hiergegen wandte die Klägerin ein, sie habe E. bis Januar 1966 in R. und dann weiter in S. bei H. bis Mai 1967 erzogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1.2.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit er über den Teilabhilfebescheid vom 3.12.2004 hinausging. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin zusammen mit E. in der Zeit vom 11.8.1965 bis 27.6.1975 in der Bundesrepublik gewöhnlich aufgehalten und das Kind erzogen habe. Die Zeit vom 11.8.1965 bis 30.6.1966 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 11.8.1965 bis 27.6.1975 nicht als Berücksichtigungszeit für E. anerkannt werden, da die Zeiten melderechtlich nicht nachgewiesen werden konnten. Nach den vorliegenden Unterlagen sei auch nicht nachgewiesen, dass sich die Klägerin zusammen mit dem Kind J., geboren am 6.8.1973, in der Zeit vom 6.8.1973 bis 5.8.1983 in der Bundesrepublik gewöhnlich aufgehalten und das Kind erzogen habe. Die Zeit vom 1.9.1973 bis 31.8.1974 könne nicht als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 6.8.1973 bis 5.8.1983 nicht als Berücksichtigungszeit für J. anerkannt werden, da die Zeiten melderechtlich nicht nachgewiesen seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.2.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, die Gewährung von Altersrente auf Grund von Kindererziehungszeiten beantragt und vorgetragen, ihre Kinder seien in Deutschland geboren und erzogen worden.
Die Stadt S. erklärte unter dem 10.8.2007, die Klägerin, ihr Ehemann und die Kinder E. und J. seien dort nicht gemeldet und auch nicht gemeldet gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 4.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 23.10.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2.11.2007 Berufung eingelegt, mit der sie die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund von Kindererziehungszeiten begehrt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Oktober 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund von Kindererziehungszeiten zu gewähren, hilfsweise weitere Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid und im Gerichtsbescheid des SG und erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.
Der Senat hat die Stadt S. unter Hinweis auf den Mutterpass (J. am 6.8.1973 in H./Kirchrode, Frauenklinik Neu-Bethesda, Henriettenstiftung geboren) und der Anmeldung des Vaters T. P. am 2.5.1966 erneut angeschrieben und von der Beklagten die Versicherungskarten der Klägerin und ihres Ehemannes sowie einen Kontoauszug der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, den Ehemann betreffend, beigezogen.
Die Stadt S. hat am 4.7.2008 erneut mitgeteilt, die Klägerin, ihr Ehemann und die Kinder seien dort nicht gemeldet gewesen. Auch nach erneuter Suche im Archiv hätten sie keinerlei Unterlagen finden können. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hat einen Kontoauszug vorgelegt, wonach die vom 5.6.1970 bis 17.10.1975 entrichteten Beiträge dem Ehemann auf den Antrag vom 29.9.1977 mit Bescheid vom 20.6.1978 erstattet worden sind.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschlie¬ßungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Soweit die Klägerin die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres begehrt, ist die Klage bereits unzulässig, weil eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten insoweit nicht vorliegt. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger/Klägerin behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Begehrens auf Gewährung von Altersrente nicht erfüllt. Bei der von der Klägerin begehrten Rente handelt es sich um eine Leistung, die auf Grund eines Verwaltungsaktes zu erbringen ist. Ein solcher ist hier nicht ergangen.
Die Voraussetzungen für eine weitergehende Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten liegen nicht vor.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet die Kindererziehungszeit gem. § 249 Abs. 1 SGB VI zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI wird für einen Elternteil (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Erstes Buch) eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Eine Erziehung ist im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat. Dies gilt beim gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch, wenn der Ehegatten oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht hat, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war (Abs. 3). Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten (Abs. 5 Satz 1).
Nach § 57 Satz 1 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendeten zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen.
Die Anerkennung einer über die anerkannte Kindererziehungszeit vom 1.7.1965 bis 31.8.1965 hinausgehende Kindererziehungszeit für die am 28.6.1965 geborene E. ist nicht möglich, da sich die Klägerin zumindest ab 24.8.1965 nicht zusammen mit E. in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Die Klägerin war nämlich nach Ablauf der Mutterschutzzeit weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland berufstätig, während E. am 10.8.1965 nach Meliana/Griechenland abgemeldet worden war. Für den Aufenthalt von E. in Griechenland spricht ferner, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann am 4.2.1966 zum 5.2.1966 von K. nach E. abgemeldet haben und dass am 17.5.1966 die Gemeinde S. der Gemeinde K. mitgeteilt hat, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann (also: ohne Kinder) mit Wirkung zum 2.5.1966 in S. V ...-R.-Str. 12 angemeldet haben.
Da bei der Klägerin die Zeit vom 1.7. bis 31.8.1965 als Kindererziehungszeit anerkannt ist, ist es auch unerheblich, ob die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vom 28.6.1965 bis 10.8.1965 (Wegzug von E. nach Meliana/Griechenland) oder bis 23.8.1965 (Ende der Mutterschutzfrist, während der sich die Klägerin vermutlich vom 10.8. bis 23.8.1965 oder kurz zuvor zusammen mit E. in Griechenland aufgehalten hat) gedauert hat.
Für J. können keine Kindererziehungszeiten festgestellt werden. Zwar ist auf Grund des Mutterpasses nachgewiesen, dass die Klägerin ihren Sohn J. am 6.8.1973 in der Frauenklinik Neu-Bethesda in H./Kirchrode geboren hat. Nicht feststellbar ist dagegen, wie lange sich die Klägerin zusammen mit J. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewöhnlich aufgehalten hat. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist anzunehmen, wenn Elternteil und Kind bei Beginn und während der Dauer der Erziehungszeit faktisch den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland haben und sich hier materiell-rechtlich erlaubt und rechtlich beständig aufhalten dürfen. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (Gürtner im Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Oktober 2008 § 56 SGB VI Rdnr. 45). Vorliegend ist jedoch nicht feststellbar, dass sich J. (zusammen mit der Klägerin) länger in der Bundesrepublik aufgehalten hat, da die Stadt S. keinerlei Unterlagen über eine An- und Abmeldung von J. hat. Ausweislich des Kontenspiegels war die Klägerin vom 30.10.1973 bis 5.2.1974 (nach Ablauf der Mutterschutzfrist vom 7.7. bis 29.10.1973) wieder versicherungspflichtig beschäftigt (wie auch der Ehemann der Klägerin), sodass dies dafür spricht, dass J. - ebenso wie die 1965 geborene Tochter E. - nach Griechenland gebracht worden ist. Da jedenfalls ein gewöhnlicher, d. h. rechtlich beständiger und dauerhafter Aufenthalt von J. im Deutschland nicht feststellbar ist, kommt die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten nicht in Betracht. Auch der Umstand, dass die Klägerin lediglich einen Nachweis über Schwangerschaftsuntersuchungen bis 3.8.1973 und keinen Nachweis über ärztliche Untersuchungen von J. nach der Geburt vorgelegt hat, spricht gegen einen Aufenthalt von J. in Deutschland.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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