Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SB 4023/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 614/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Der am 1949 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger. Er ist im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung.
Mit Bescheid vom 07.05.1997 stellte das Versorgungsamt Karlsruhe beim Kläger wegen eines chronischen Lumbalsyndroms den GdB mit 20 fest. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 18.07.1997 erfolglos. Eine hiergegen erhobene Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 4 Vs 2998/97) nahm der Kläger zurück.
Einem am 08.03.2001 gestellten Antrag auf Erhöhung des GdB wurde unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Hypertonie (Teil-GdB 10) vom Versorgungsamt Karlsruhe mit Bescheid vom 24.07.2001 nicht entsprochen.
Am 07.02.2006 stellte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständigen Landratsamt Karlsruhe - Amt für Versorgung und Rehabilitation - (VA) einen weiteren Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung festgestellter und neu aufgetretener Gesundheitsstörungen (Wirbelsäulenschmerzen/Bandscheibenvorfall, Schulterschmerzen, Bluthochdruck und Cholesterin). Das VA zog den Reha-Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden, Badenweiler, vom 03.02.2006 über eine stationäre Reha-Maßnahme des Klägers vom 05.01.2006 bis 02.02.2006 bei und ließ den Bericht versorgungsärztlich auswerten (Dr. Sch. vom 04.03.2006). Entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung lehnte das VA den Verschlimmerungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 20.03.2006 ab.
Hiergegen legte der Kläger am 29.03.2006 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, die Auffassung des VA sei nicht zu akzeptieren. Die auf orthopädischem Gebiet liegenden Beeinträchtigungen, die mit erheblichen Schmerzsyndromen verbunden seien, seien nicht umfassend berücksichtigt. Das VA holte den ärztlichen Befundschein des Dr. Sch.-H. vom 19.06.2006 ein, der sich unter Vorlage medizinischer Befundberichte zu den Diagnosen und den erhobenen Befunden äußerte. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme der Ärztin Mackensen vom 17.07.2006, die weiterhin einen Gesamt-GdB von 20 empfahl) wurde der Widerspruch durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könnte, nicht feststellen lasse.
Hiergegen erhob der Kläger am 22.08.2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er führte zur Begründung aus, bei ihm lägen anhaltende mit dauerhaften Schmerzsyndromen verbundene Funktionsstörungen der Wirbelsäule vor, die mit einem höheren Teil-GdB zu berücksichtigen seien. Weiter laboriere er fortwährend an Schmerzzuständen in der rechten Schulter, die mit einem deutlichen Funktionsdefizit verbunden seien. Er könne auch nur annähernd schwere Gegenstände mit dem rechten Arm nicht mehr bewegen. Dr. Sch.-H. habe in seinem Bericht vom 19.06.2006 auf mit deutlichen Schmerzsyndromen verbundene Wirbelsäulenschäden hingewiesen und eine beginnende Kniegelenksarthrose mit schmerzhaften Schwellungen der Kniegelenke, eine Fingerpolyarthrose mit Bewegungseinschränkungen, anhaltende Schmerzen infolge einer Orchialgie und kleinen Nierenzysten beidseitig bestätigt, die ebenfalls entsprechend zu bewerten seien. Der GdB sei höher festzustellen.
Das SG hörte den Facharzt für Innere Medizin Dr. Sch.-H. und den Orthopäden Dr. F. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Sch.-H. teilte in seiner Stellungnahme vom 11.10.2006 unter Darlegung der Diagnosen und Befunde mit, Funktionseinschränkungen im Bereich der Schultergelenke und beider Hände sowie ein "Pelvic-pain-Syndrom" im Rahmen einer vermuteten chronischen Prostatitis seien vom VA nicht berücksichtigt und die Funktionsbehinderung im LWS-Bereich sei zu gering bewertet worden. Dr. F. teilte in seiner Stellungnahme vom 25.09.2006 unter Darlegung der Diagnosen und Befunde mit, er schätze auf orthopädischem Fachgebiet den GdB mit 20 ein (Wirbelgleiten Teil-GdB 20, Impingement-Syndrom Teil-GdB 10).
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG außerdem das orthopädische Gutachten des Dr. G. vom 30.05.2007 ein. Der Sachverständige diagnostizierte nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 07.05.2007 und Auswertung der vorgelegten Aktenunterlagen ein degeneratives LWS-Syndrom bei Spondylolisthese L5/S1, ein HWS-/BWS-Syndrom bei muskulärer Dysbalance, eine Coxarthrose beidseits, eine Heberden-Arthrose beidseits sowie eine initiale Gonarthrose beidseits. Bezüglich der LWS schätzte der Sachverständige den Teil-GdB auf 30, bezüglich der Coxarthrose den Teil-GdB auf 20 und den Gesamt-GdB auf 50 ein.
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger daraufhin unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 24.09.2007 ein Vergleichsangebot dahin, dass wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (Teil-GdB 20), einer Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (Teil-GdB 20) und Bluthochdruck (Teil-GdB 10) der GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab 07.05.2007 festgestellt wird. Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger unter Verweis auf das Gutachten des Dr. G. nicht an.
In der öffentlichen Sitzung des SG am 23.01.2008 hielt der Beklagte an seinem Vergleichsangebot in Form eines Teilanerkenntnisses fest.
Mit Urteil vom 23.01.2008 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Beklagte habe beim Kläger den GdB entsprechend dem Teilanerkenntnis in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 30 ab dem 07.05.2007 festgestellt. Ab diesem Zeitpunkt sei eine wesentliche Verschlimmerung der gesundheitlichen Verhältnisse anzunehmen. Zwar sei die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Wirbelgleiten weiterhin mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Verschlimmert habe sich allerdings das Beschwerdebild an den Hüftgelenken des Klägers, das vom Beklagten in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit einem Teil-GdB von 20 anerkannt worden sei. Die Blutdruckerkrankung des Klägers sei zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Schließlich habe der Beklagte zu Recht entschieden, dass eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit beim Kläger ab dem 07.05.2007 zu bejahen sei. Abweichend von den Mitteilungen des Dr. Sch.-H. habe Dr. G. in seinem Gutachten die Schulterbeweglichkeit beim Kläger als altersentsprechend bewertet und nach den von ihm erhobenen Hand-/Fingerbefunden sei eine Fingerpolyarthrose mit Bewegungseinschränkungen widerlegt. Der vom Kläger weitergehend geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 sei unbegründet.
Mit Bescheid vom 07.02.2008 stellte das VA beim Kläger in Ausführung des Teilanerkenntnisses den GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit 07.05.2007 fest.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 31.01.2008 zugestellte Urteil hat er am 07.02.2008 Berufung eingelegt. Er hat sich zur Begründung auf die vom SG eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Dr. Sch.-H. vom 11.10.2006 berufen und vorgetragen, nach den Ausführungen des Dr. Sch.-H. sei auch ein neurologisches Defizit der Lumboischialgie erkennbar. Nach den Ausführungen des Dr. Sch.-H. läge auch eine Funktionsminderung der Finger vor. Der Teil-GdB für die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule sei nicht ausreichend. Auf die Bewertung der Reha-Klinik Badenweiler vom 03.02.2006 werde hingewiesen. Entsprechend der tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnisse, insbesondere im Hinblick auf die Begutachtung durch Dr. G., sei die bisherige Bewertung weder vollständig noch ausreichend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. August 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Ausführungsbescheides vom 07. Februar 2008 zu verurteilen, bei ihm den Grad der Behinderung mit wenigstens 40 seit dem 07. Februar 2006 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Rechtstreit ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 07.11.2008 durch den Berichterstatter erörtert worden. Die Beteiligten haben sich im Termin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Auf die Niederschrift vom 07.11.2008 wird verwiesen.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten vom 20.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2006 und vom 07.02.2008 sind rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung des GdB von über 20 für die Zeit vom 07.02.2006 bis 06.05.2007 und von über 30 für die Zeit ab 07.05.2007 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 07.05.1997 mit einem GdB von 20 bewertete Behinderungszustand. Der nachfolgenden Ablehnungsbescheid 24.07.2001 ist kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. zum Vorstehenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2009 - L 6 SB 4693/08 -).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).
Hiervon ausgehend beträgt der Gesamt-GdB beim Kläger für die Zeit vom 07.02.2006 bis 06.05.2007 unverändert 20, danach ab 07.05.2007 30. Der Senat gelangt mit dem SG zu dem Ergebnis, dass beim Kläger bis 07.05.2007 eine wesentliche Änderung noch nicht belegt ist, die die Anhebung des Gesamt-GdB auf 30 rechtfertigt. Ein Gesamt-GdB von 40 oder höher liegt beim Kläger nicht vor.
Soweit Dr. G. in seinem Gutachten vom 30.05.2007 den Gesamt-GdB auf 50 eingeschätzt hat, kann dieser Einschätzung schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie bei angenommen Teil-GdB-Werten von 30 bezüglich der LWS und 20 bezüglich der Coxarthrose den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB widerspricht, da eine Addition der Teil-GdB-Werte nicht zulässig ist.
Auch der Ansicht von Dr. G., der Teil-GdB bezüglich der Lendenwirbelsäule des Klägers betrage 30, kann nicht gefolgt werden. Nach den von ihm in seinem Gutachten mitgeteilten Untersuchungsbefunden war die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Seitneigung rechts/links nach der Neutral-0-Methode 25-0-25° ca. ein Drittel der Norm und die gesamte Rotation 30-0-30° endgradig bewegungseingeschränkt. Weiter bestanden deutliche Schmerzen sowohl beim Vornübergehen als auch beim Wiederaufrichten. Der Finger-Boden-Abstand betrug 50 cm. Ein neurologisches Defizit im Bereich der oberen und unteren Extremitäten bestand nicht. Diese Funktionsbehinderungen der Lendenwirbelsäule rechtfertigen (allenfalls) die Annahme von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, die nach den VG (Teil B Nr. 18.9 Seite 90) mit einem GdB von 20 zu bewerten sind. Behinderungen in anderen Wirbelsäulenabschnitten, die nach den VG einen höheren GdB rechtfertigen, liegen nach den im Gutachten mitgeteilten Befunden beim Kläger nicht vor. Die Bewertung des Teil-GdB für das Lendenwirbelsäulenleiden des Klägers entspricht auch der Bewertung des den Kläger behandelnden Orthopäden Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 25.09.2006. Ein neurologisches Defizit hat auch er verneint. Selbst Dr. Sch.-H. hat in seiner Stellungnahme vom 11.10.2006 die Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule des Klägers als mittelschwer eingestuft. Eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X ist damit hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens des Klägers nicht eingetreten.
Beim Kläger ist jedoch eine wesentliche Änderung durch eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke eingetreten. Diese Funktionsbehinderung ist nach den von Dr. G. festgestellten und im Gutachten dargestellten Befunden (Beweglichkeit Extension/Flexion 0-0-100 beidseitig, Abduktion/Adduktion 20-0-20 rechts und 30-0-20 links, Innen-/Außenrotation 20-0-30 beidseitig mit Schmerzangabe bei endgradiger Rotation) mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend bewertet. Die Funktionsbehinderung liegt an der Grenze zu einer Bewegungseinschränkung geringen Grades (0-10-90), die nach den VG (Teil B Nr. 18.14, Seite 98f) beidseitig mit einem GdB von 20 bis 30 zu bewerten ist. Da die Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke nicht das in den VG genannte Maß erreicht, ist eine Ausschöpfung des GdB-Rahmens nach oben nicht gerechtfertigt. Diese Änderung kann jedoch erst ab dem Tag der Untersuchung des Klägers im Rahmen der Begutachtung durch Dr. G. am 07.05.2007 Berücksichtigung finden. Vor diesem Zeitpunkt ist eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, wie sie Dr. G. festgestellt hat, nicht erwiesen. Die vom SG als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte haben eine Funktionsbehinderung der Hüftgelenke des Klägers in ihren Stellungnahmen nicht genannt. Im Reha-Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden vom 03.02.2006 wird von einem freien Gelenkspiel der Hüftgelenke des Klägers berichtet. Der durch die Funktionsbehinderung der Hüftgelenke eingetretenen Änderung hat der Beklagte durch sein Teilanerkenntnis und den Ausführungsbescheid vom 07.02.2008 voll Rechnung getragen.
Sonstige Gesundheitsstörungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, liegen beim Kläger nicht vor. Dies gilt hinsichtlich der Schultergelenke und der Handgelenke/Finger, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat. So war beim Kläger bei der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. G. die Schulterbeweglichkeit beidseitig altersentsprechend. Hinsichtlich der Hände/Finger bestand lediglich eine endgradige Einschränkung des linken Zeigefingers beim Faustschluss. Auch im Reha-Entlassungsbericht der K. H. vom 03.02.2006 wird von altersentsprechenden Hand- und Fingergelenken des Kläger ohne Funktionseinschränkung berichtet. Dies gilt auch für das linke Schultergelenk des Klägers. Lediglich das rechte Schultergelenk war (aktiv) geringfügig bis 160 Grad in seiner Bewegung (im Vergleich zu links) mit endgradiger Beschwerdeaktivierung herabgesetzt. Damit sind die von Dr. Sch.-H. in seiner Stellungnahme vom 11.10.2006 (fachfremd) als nicht berücksichtigt genannten Funktionseinschränkungen im Bereich der Schultergelenke und der Hände nicht bestätigt. Jedenfalls kann im Hinblick auf die von Dr. G. festgestellten und die im Reha-Entlassungsbericht der K. H. vom 03.02.2006 genannten Befunde nicht von einer zu berücksichtigenden andauernden/dauerhaften Funktionsbehinderung des Klägers im Bereich der Schultern und der Hände/Finger ausgegangen werden.
Auch der vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 10 bewertete Bluthochdruck des Klägers ist bei der Bildung des Gesamt-GdB nach den dargestellten Kriterien nicht zu berücksichtigen. Eine höhere Bewertung des Teil-GdB wegen Bluthochdrucks ist nicht gerechtfertigt. Der nach der Stellungnahme des Dr. Sch.-H. nicht ganz ausreichend eingestellte Blutdruck des Klägers (RR-Werte von 140/90 und 165/90) hat bisher keine Folgeerscheinungen hervorgerufen. Damit ist von einer leichten Form des Bluthochdrucks auszugehen, der nach den VG (Teil B Nr. 9.3 Seite 51) mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Der am 1949 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger. Er ist im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung.
Mit Bescheid vom 07.05.1997 stellte das Versorgungsamt Karlsruhe beim Kläger wegen eines chronischen Lumbalsyndroms den GdB mit 20 fest. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 18.07.1997 erfolglos. Eine hiergegen erhobene Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 4 Vs 2998/97) nahm der Kläger zurück.
Einem am 08.03.2001 gestellten Antrag auf Erhöhung des GdB wurde unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Hypertonie (Teil-GdB 10) vom Versorgungsamt Karlsruhe mit Bescheid vom 24.07.2001 nicht entsprochen.
Am 07.02.2006 stellte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständigen Landratsamt Karlsruhe - Amt für Versorgung und Rehabilitation - (VA) einen weiteren Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung festgestellter und neu aufgetretener Gesundheitsstörungen (Wirbelsäulenschmerzen/Bandscheibenvorfall, Schulterschmerzen, Bluthochdruck und Cholesterin). Das VA zog den Reha-Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden, Badenweiler, vom 03.02.2006 über eine stationäre Reha-Maßnahme des Klägers vom 05.01.2006 bis 02.02.2006 bei und ließ den Bericht versorgungsärztlich auswerten (Dr. Sch. vom 04.03.2006). Entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung lehnte das VA den Verschlimmerungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 20.03.2006 ab.
Hiergegen legte der Kläger am 29.03.2006 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, die Auffassung des VA sei nicht zu akzeptieren. Die auf orthopädischem Gebiet liegenden Beeinträchtigungen, die mit erheblichen Schmerzsyndromen verbunden seien, seien nicht umfassend berücksichtigt. Das VA holte den ärztlichen Befundschein des Dr. Sch.-H. vom 19.06.2006 ein, der sich unter Vorlage medizinischer Befundberichte zu den Diagnosen und den erhobenen Befunden äußerte. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme der Ärztin Mackensen vom 17.07.2006, die weiterhin einen Gesamt-GdB von 20 empfahl) wurde der Widerspruch durch das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könnte, nicht feststellen lasse.
Hiergegen erhob der Kläger am 22.08.2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er führte zur Begründung aus, bei ihm lägen anhaltende mit dauerhaften Schmerzsyndromen verbundene Funktionsstörungen der Wirbelsäule vor, die mit einem höheren Teil-GdB zu berücksichtigen seien. Weiter laboriere er fortwährend an Schmerzzuständen in der rechten Schulter, die mit einem deutlichen Funktionsdefizit verbunden seien. Er könne auch nur annähernd schwere Gegenstände mit dem rechten Arm nicht mehr bewegen. Dr. Sch.-H. habe in seinem Bericht vom 19.06.2006 auf mit deutlichen Schmerzsyndromen verbundene Wirbelsäulenschäden hingewiesen und eine beginnende Kniegelenksarthrose mit schmerzhaften Schwellungen der Kniegelenke, eine Fingerpolyarthrose mit Bewegungseinschränkungen, anhaltende Schmerzen infolge einer Orchialgie und kleinen Nierenzysten beidseitig bestätigt, die ebenfalls entsprechend zu bewerten seien. Der GdB sei höher festzustellen.
Das SG hörte den Facharzt für Innere Medizin Dr. Sch.-H. und den Orthopäden Dr. F. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Sch.-H. teilte in seiner Stellungnahme vom 11.10.2006 unter Darlegung der Diagnosen und Befunde mit, Funktionseinschränkungen im Bereich der Schultergelenke und beider Hände sowie ein "Pelvic-pain-Syndrom" im Rahmen einer vermuteten chronischen Prostatitis seien vom VA nicht berücksichtigt und die Funktionsbehinderung im LWS-Bereich sei zu gering bewertet worden. Dr. F. teilte in seiner Stellungnahme vom 25.09.2006 unter Darlegung der Diagnosen und Befunde mit, er schätze auf orthopädischem Fachgebiet den GdB mit 20 ein (Wirbelgleiten Teil-GdB 20, Impingement-Syndrom Teil-GdB 10).
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG außerdem das orthopädische Gutachten des Dr. G. vom 30.05.2007 ein. Der Sachverständige diagnostizierte nach einer ambulanten klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers am 07.05.2007 und Auswertung der vorgelegten Aktenunterlagen ein degeneratives LWS-Syndrom bei Spondylolisthese L5/S1, ein HWS-/BWS-Syndrom bei muskulärer Dysbalance, eine Coxarthrose beidseits, eine Heberden-Arthrose beidseits sowie eine initiale Gonarthrose beidseits. Bezüglich der LWS schätzte der Sachverständige den Teil-GdB auf 30, bezüglich der Coxarthrose den Teil-GdB auf 20 und den Gesamt-GdB auf 50 ein.
Der Beklagte unterbreitete dem Kläger daraufhin unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 24.09.2007 ein Vergleichsangebot dahin, dass wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (Teil-GdB 20), einer Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke (Teil-GdB 20) und Bluthochdruck (Teil-GdB 10) der GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab 07.05.2007 festgestellt wird. Dieses Vergleichsangebot nahm der Kläger unter Verweis auf das Gutachten des Dr. G. nicht an.
In der öffentlichen Sitzung des SG am 23.01.2008 hielt der Beklagte an seinem Vergleichsangebot in Form eines Teilanerkenntnisses fest.
Mit Urteil vom 23.01.2008 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Beklagte habe beim Kläger den GdB entsprechend dem Teilanerkenntnis in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 30 ab dem 07.05.2007 festgestellt. Ab diesem Zeitpunkt sei eine wesentliche Verschlimmerung der gesundheitlichen Verhältnisse anzunehmen. Zwar sei die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Wirbelgleiten weiterhin mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Verschlimmert habe sich allerdings das Beschwerdebild an den Hüftgelenken des Klägers, das vom Beklagten in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit einem Teil-GdB von 20 anerkannt worden sei. Die Blutdruckerkrankung des Klägers sei zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Schließlich habe der Beklagte zu Recht entschieden, dass eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit beim Kläger ab dem 07.05.2007 zu bejahen sei. Abweichend von den Mitteilungen des Dr. Sch.-H. habe Dr. G. in seinem Gutachten die Schulterbeweglichkeit beim Kläger als altersentsprechend bewertet und nach den von ihm erhobenen Hand-/Fingerbefunden sei eine Fingerpolyarthrose mit Bewegungseinschränkungen widerlegt. Der vom Kläger weitergehend geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 sei unbegründet.
Mit Bescheid vom 07.02.2008 stellte das VA beim Kläger in Ausführung des Teilanerkenntnisses den GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit 07.05.2007 fest.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 31.01.2008 zugestellte Urteil hat er am 07.02.2008 Berufung eingelegt. Er hat sich zur Begründung auf die vom SG eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Dr. Sch.-H. vom 11.10.2006 berufen und vorgetragen, nach den Ausführungen des Dr. Sch.-H. sei auch ein neurologisches Defizit der Lumboischialgie erkennbar. Nach den Ausführungen des Dr. Sch.-H. läge auch eine Funktionsminderung der Finger vor. Der Teil-GdB für die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule sei nicht ausreichend. Auf die Bewertung der Reha-Klinik Badenweiler vom 03.02.2006 werde hingewiesen. Entsprechend der tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnisse, insbesondere im Hinblick auf die Begutachtung durch Dr. G., sei die bisherige Bewertung weder vollständig noch ausreichend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. August 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Ausführungsbescheides vom 07. Februar 2008 zu verurteilen, bei ihm den Grad der Behinderung mit wenigstens 40 seit dem 07. Februar 2006 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Rechtstreit ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 07.11.2008 durch den Berichterstatter erörtert worden. Die Beteiligten haben sich im Termin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Auf die Niederschrift vom 07.11.2008 wird verwiesen.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten vom 20.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2006 und vom 07.02.2008 sind rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung des GdB von über 20 für die Zeit vom 07.02.2006 bis 06.05.2007 und von über 30 für die Zeit ab 07.05.2007 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 07.05.1997 mit einem GdB von 20 bewertete Behinderungszustand. Der nachfolgenden Ablehnungsbescheid 24.07.2001 ist kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. zum Vorstehenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2009 - L 6 SB 4693/08 -).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).
Hiervon ausgehend beträgt der Gesamt-GdB beim Kläger für die Zeit vom 07.02.2006 bis 06.05.2007 unverändert 20, danach ab 07.05.2007 30. Der Senat gelangt mit dem SG zu dem Ergebnis, dass beim Kläger bis 07.05.2007 eine wesentliche Änderung noch nicht belegt ist, die die Anhebung des Gesamt-GdB auf 30 rechtfertigt. Ein Gesamt-GdB von 40 oder höher liegt beim Kläger nicht vor.
Soweit Dr. G. in seinem Gutachten vom 30.05.2007 den Gesamt-GdB auf 50 eingeschätzt hat, kann dieser Einschätzung schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie bei angenommen Teil-GdB-Werten von 30 bezüglich der LWS und 20 bezüglich der Coxarthrose den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB widerspricht, da eine Addition der Teil-GdB-Werte nicht zulässig ist.
Auch der Ansicht von Dr. G., der Teil-GdB bezüglich der Lendenwirbelsäule des Klägers betrage 30, kann nicht gefolgt werden. Nach den von ihm in seinem Gutachten mitgeteilten Untersuchungsbefunden war die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Seitneigung rechts/links nach der Neutral-0-Methode 25-0-25° ca. ein Drittel der Norm und die gesamte Rotation 30-0-30° endgradig bewegungseingeschränkt. Weiter bestanden deutliche Schmerzen sowohl beim Vornübergehen als auch beim Wiederaufrichten. Der Finger-Boden-Abstand betrug 50 cm. Ein neurologisches Defizit im Bereich der oberen und unteren Extremitäten bestand nicht. Diese Funktionsbehinderungen der Lendenwirbelsäule rechtfertigen (allenfalls) die Annahme von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, die nach den VG (Teil B Nr. 18.9 Seite 90) mit einem GdB von 20 zu bewerten sind. Behinderungen in anderen Wirbelsäulenabschnitten, die nach den VG einen höheren GdB rechtfertigen, liegen nach den im Gutachten mitgeteilten Befunden beim Kläger nicht vor. Die Bewertung des Teil-GdB für das Lendenwirbelsäulenleiden des Klägers entspricht auch der Bewertung des den Kläger behandelnden Orthopäden Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 25.09.2006. Ein neurologisches Defizit hat auch er verneint. Selbst Dr. Sch.-H. hat in seiner Stellungnahme vom 11.10.2006 die Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule des Klägers als mittelschwer eingestuft. Eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X ist damit hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens des Klägers nicht eingetreten.
Beim Kläger ist jedoch eine wesentliche Änderung durch eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke eingetreten. Diese Funktionsbehinderung ist nach den von Dr. G. festgestellten und im Gutachten dargestellten Befunden (Beweglichkeit Extension/Flexion 0-0-100 beidseitig, Abduktion/Adduktion 20-0-20 rechts und 30-0-20 links, Innen-/Außenrotation 20-0-30 beidseitig mit Schmerzangabe bei endgradiger Rotation) mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend bewertet. Die Funktionsbehinderung liegt an der Grenze zu einer Bewegungseinschränkung geringen Grades (0-10-90), die nach den VG (Teil B Nr. 18.14, Seite 98f) beidseitig mit einem GdB von 20 bis 30 zu bewerten ist. Da die Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke nicht das in den VG genannte Maß erreicht, ist eine Ausschöpfung des GdB-Rahmens nach oben nicht gerechtfertigt. Diese Änderung kann jedoch erst ab dem Tag der Untersuchung des Klägers im Rahmen der Begutachtung durch Dr. G. am 07.05.2007 Berücksichtigung finden. Vor diesem Zeitpunkt ist eine Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, wie sie Dr. G. festgestellt hat, nicht erwiesen. Die vom SG als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte haben eine Funktionsbehinderung der Hüftgelenke des Klägers in ihren Stellungnahmen nicht genannt. Im Reha-Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden vom 03.02.2006 wird von einem freien Gelenkspiel der Hüftgelenke des Klägers berichtet. Der durch die Funktionsbehinderung der Hüftgelenke eingetretenen Änderung hat der Beklagte durch sein Teilanerkenntnis und den Ausführungsbescheid vom 07.02.2008 voll Rechnung getragen.
Sonstige Gesundheitsstörungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, liegen beim Kläger nicht vor. Dies gilt hinsichtlich der Schultergelenke und der Handgelenke/Finger, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat. So war beim Kläger bei der Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. G. die Schulterbeweglichkeit beidseitig altersentsprechend. Hinsichtlich der Hände/Finger bestand lediglich eine endgradige Einschränkung des linken Zeigefingers beim Faustschluss. Auch im Reha-Entlassungsbericht der K. H. vom 03.02.2006 wird von altersentsprechenden Hand- und Fingergelenken des Kläger ohne Funktionseinschränkung berichtet. Dies gilt auch für das linke Schultergelenk des Klägers. Lediglich das rechte Schultergelenk war (aktiv) geringfügig bis 160 Grad in seiner Bewegung (im Vergleich zu links) mit endgradiger Beschwerdeaktivierung herabgesetzt. Damit sind die von Dr. Sch.-H. in seiner Stellungnahme vom 11.10.2006 (fachfremd) als nicht berücksichtigt genannten Funktionseinschränkungen im Bereich der Schultergelenke und der Hände nicht bestätigt. Jedenfalls kann im Hinblick auf die von Dr. G. festgestellten und die im Reha-Entlassungsbericht der K. H. vom 03.02.2006 genannten Befunde nicht von einer zu berücksichtigenden andauernden/dauerhaften Funktionsbehinderung des Klägers im Bereich der Schultern und der Hände/Finger ausgegangen werden.
Auch der vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 10 bewertete Bluthochdruck des Klägers ist bei der Bildung des Gesamt-GdB nach den dargestellten Kriterien nicht zu berücksichtigen. Eine höhere Bewertung des Teil-GdB wegen Bluthochdrucks ist nicht gerechtfertigt. Der nach der Stellungnahme des Dr. Sch.-H. nicht ganz ausreichend eingestellte Blutdruck des Klägers (RR-Werte von 140/90 und 165/90) hat bisher keine Folgeerscheinungen hervorgerufen. Damit ist von einer leichten Form des Bluthochdrucks auszugehen, der nach den VG (Teil B Nr. 9.3 Seite 51) mit einem Teil-GdB von 0 bis 10 zu bewerten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved