Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 1813/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1254/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Anrechnung von Einkommen des Klägers aus einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit bei Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung erbrachter Leistungen streitig.
Der am 1954 geborene Kläger stand seit Juli 1993 beim Arbeitsamts Tauberbischofsheim, jetzt Agentur für Arbeit (AA) - mit kurzzeitigen Unterbrechungen - im Leistungsbezug. Nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld bezog er ab 30.06.1994 Alhi.
Am 18.01.1999 teilte der Kläger dem AA telefonisch mit, er wolle als Immobilienmakler auf selbstständiger Basis tätig werden. Er wolle auf sein eigenes Haus ein Hypothekendarlehen aufnehmen und mit diesem Geld ein Haus erwerben, das er mit Gewinn weiterverkaufen wolle. Der Kläger wurde auf die 15-Stunden-Grenze sowie darauf hingewiesen, dass Gewinn angerechnet werde (Vermerk vom 18.01.1999, Blatt 81 der Verwaltungsakte). Der Kläger äußerte sich außerdem mit Schreiben vom 16.02.1999 zu der von ihm aufgenommenen Nebentätigkeit und teilte mit, dass noch keine Einnahmen entstanden seien.
Am 25.06.2001 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er gab im Antrag (u. a.) an, er übe eine Tätigkeit im Immobilienhandel mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 5 bis 10 aus; bisher seien von der Bank voll finanzierte Verluste entstanden. Mit Bewilligungsverfügung vom 27.06.2001 wurde dem Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 01.07.2001 bis 30.06.2002 Alhi weiterbewilligt. Der Bewilligungsbescheid enthielt die Hinweise, die Höhe der Leistung werde vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung werde mit Bescheid bekanntgegeben. Für die Zeit bis 31.12.2001 betrug der tägliche Leistungssatz 57,27 DM, ab 01.01.2002 29,29 EUR.
Am 21.06.2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er wiederholte im Antrag hinsichtlich seiner Tätigkeit die bisher gemachten Angaben. Mit Bewilligungsverfügung vom 26.07.2002 wurde dem Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 01.07.2002 bis 30.06.2003 Alhi weiterbewilligt. Der Bewilligungsbescheid enthielt wiederum die Hinweise, die Höhe der Leistung werde vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung werde mit Bescheid bekannt- gegeben. Für die Zeit bis 31.12.2002 betrug der tägliche Leistungssatz 28,99 EUR, ab 01.01.2003 28,76 EUR.
Am 10.06.2003 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Fortzahlung von Alhi. Er gab - wie in seinen vorherigen Anträgen - an, er übe eine Tätigkeit in Immobilienhandel mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 5 bis 10 aus; bisher seien Verluste entstanden. Ergänzend teilte er mit, durch den Verkauf einer Wohnung im Jahr 2003 seien frühere Verluste teilweise ausgeglichen worden. Es verbleibe jedoch ein Verlust von ca. 20.000 EUR. Daraufhin wurde dem Kläger für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis 30.06.2004 Alhi (ohne Vorbehalt) in Höhe von täglich 28,17 EUR weiterbewilligt. Im Zeitraum vom 03.11.2003 bis 17.12.2003 stand der Kläger wegen Arbeitsaufnahme nicht im Leistungsbezug des AA.
Am 18.12.2003 meldete sich der Kläger beim AA erneut arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alhi. Hinsichtlich seiner Tätigkeit im Immobilienhandel gab der Kläger an, die wöchentliche Stundenzahl betrage 8 bis 10 Stunden; bisher seien Verluste entstanden. Er habe am 11.12.2003 eine Eigentumswohnung zum Wiederverkauf erworben. Daraus resultierende Erträge würden bei Entstehung sofort mitgeteilt. Vor dem Verkauf sei damit jedoch nicht zu rechnen. Vorläufig resultierten aus diesem Kauf ausschließlich Kosten. Aufgrund seines bisherigen Verlustes von ca. 20.000 EUR könne er auch bei dem Verkauf dieser Wohnung noch nicht mit einem Gewinn rechnen. Die AA bewilligte dem Kläger Alhi ab 18.12.2003 in Höhe von täglich 28,17 EUR, ab 01.01.2004 28,82 EUR und ab 01.07.2004 bis 31.12.2004 von 28,20 EUR (jeweils ohne Vorbehalt) weiter.
Am 08.11.2006 wurde der AA vom Finanzamt Mosbach mit Schreiben vom 06.11.2006 mitgeteilt, dass der Kläger in den Kalenderjahren 2002 bis 2004 gewerbliche Gewinne in Höhe von 9.786 EUR, 4.094 EUR und 30.023 EUR erzielt habe. Der Kläger wurde daraufhin von der AA mit Schreiben vom 08.11.2006 aufgefordert, die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2002, 2003 und 2004 zur Prüfung vorzulegen, ob und in welchem Ausmaß sich erzieltes Einkommen auf den Bezug von Alhi auswirke. Dieser Aufforderung kam der Kläger am 15.11.2006 nach. Der Kläger teilte hierzu mit, das zu versteuernde Einkommen sei jeweils auf Null festgesetzt worden. Durch die vorausgegangenen Verluste habe auf keinem seiner Konten einen Plus-Saldo bestanden, aus dem er hätte seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Das Finanzamt habe durch Nichtmitteilung von Verlustvorträgen und des zu versteuernden Einkommens unvollständige Informationen erteilt.
In den vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheiden/-änderungsbescheiden des Finanzamtes Mosbach für 2002 vom 09.05.2005 waren Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.786 EUR festgesetzt und ein Verlustvortrag auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.786 EUR anerkannt und für 2003 vom 12.08.2005/23.11.2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.094 EUR (Verlustvortrag 6.452 EUR) und für 2004 vom 19.04.2006/27.11.2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 30.023 EUR (Verlustvortrag 10.509 EUR) festgesetzt.
Die AA berechnete für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 02.11.2003 und vom 18.12.2003 bis 31.12.2004 wegen anzurechnenden Einkommens des Klägers ein Überzahlungsbetrag von Alg in Höhe von 20.206,91 EUR (Blatt 191 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 28.11.2006 informierte die AA dem Kläger über den Überzahlungsbetrag und teilte ihm mit, dass beabsichtigt sei, die Leistungsbewilligung in Höhe des Überzahlungsbetrages aufzuheben. Hierzu äußerte sich der Kläger am 30.01.2007. Er wandte sich gegen die Ansicht der AA, dass die Verlustvorträge nicht berücksichtigt werden könnten und machte außerdem geltend, dass alle Arbeitsberater ihm zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gedrängt hätten, ohne darüber zu informieren, dass bestimmte Arten von Nebentätigkeiten zu Benachteiligungen durch Anrechnung auf den Leistungsbezug führen könnten. Im Gegenteil sei ihm gesagt worden, die AA werde sich der Betrachtungsweise des Finanzamtes voll anschliessen. Er halte es für ausgeschlossen, dass die Benachteiligungen bestimmter Nebentätigkeiten vom Gesetzgeber gewollte sei. Jede Beschränkung auf eine reine jährliche Betrachtung widerspreche dem Geist der Bestimmungen. Positiv sei zu berücksichtigen, dass er weder Überbrückungsgelder noch sonstige zur Aufnahme einer Selbstständigkeit angebotene Hilfe in Anspruch genommen habe. Ihm sei gesagt worden, dass er das Recht habe, mit den Verkaufserlösen zuerst seine vertraglichen Bankverpflichtungen abzulösen. Genau dies habe er getan und auch tun müssen. Er sei auf den Leistungsbezug angewiesen gewesen. Dies betreffe auch das Jahr 2004. Das im Jahr 2004 erzielte Einkommen habe aus vertraglichen und zweckgebundenen Gründen und weil zwangsgesteuert, zum Ausgleich seiner Bankverbindlichkeiten verwendet werden müssen. Steuerlich seien auch nicht alle der Immobilienhandelstätigkeit zuzurechnenden Kosten voll berücksichtigt, obwohl sie von ihm hätten getragen werden müssen.
Mit Bescheid vom 31.01.2007 hob die AA gestützt auf § 48 SGB X und § 328 SGB III die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi ab 01.01.2002 auf und forderte vom Kläger in der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2004 gezahlte Alhi in Höhe von 20.206,91 EUR zurück, da der Kläger in den Jahren 2002 bis 2004 Einkommen erzielt habe, dass zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt habe.
Hiergegen legte der Kläger am 26.02.2007 Widerspruch ein, der unter Bezug auf das bisherige Vorbringen im Wesentlichen damit begründet wurde, in seinem Falle beziehe sich der Verlustvortrag nicht auf die Einkommenserzielung in einem anderen Anrechnungszeitraum. Ihm hätten die angeblichen Gewinne nie als Einkommen auf seinem Geschäftskonto oder Privatkonto zur Verfügung gestanden, sondern von den Umsätzen seien seine Verbindlichkeiten aus seiner selbstständigen Tätigkeit gegenüber der Bank bedient worden. Es gehe also nicht um die Frage, wie der Verlustvortrag in § 141 SGB III zu bewerten sei. Zu beachten sei auch, dass er die Abwicklung und Verfahrensweise seines ersten Immobiliengeschäfts persönlich mit dem AA unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen besprochen habe. Ihm sei von Herr V. mitgeteilt worden, dass er vor Anrechnung von Gewinnen als Nebeneinkommen das Recht habe, die Bankverbindlichkeiten zu bedienen. Die Entscheidung der AA sei über den so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu korrigieren. Nach der Rechtsprechung des BSG könne es im Rahmen des § 141 SGB III nur darauf ankommen, was den Betroffenen tatsächlich als Einkommen zur Verfügung gestanden habe. Eine rein abstrakte Betrachtungsweise führe zu einer ungleichen Behandlung und einem sachfremden Ergebnis, das die Realität ignoriere.
Nach Einholung einer Stellungnahme des vom Kläger in Bezug genommenen Mitarbeiters der AA (Herr V. vom 27.04.2007, Blatt 244 der Verwaltungsakte der Beklagten) wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, klarstellend sei darauf hinzuweisen, dass die Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.06.2003 vorläufige Bewilligungen enthielten, wodurch keine gesicherte Rechtsposition entstanden sei und die sich nach § 39 Abs. 2 SGB X durch die Endentscheidung erledigt hätten. Insoweit sei eine gesonderte Aufhebung nicht erforderlich gewesen, insbesondere müssten die Voraussetzungen der §§ 45ff SGB X nicht erfüllt sein. Darüber hinaus sei zu präzisieren, dass die Bewilligungsentscheidungen für die Jahre 2002 und 2003 nur teilweise und lediglich für das Jahr 2004 ganz unzutreffend seien und aufgehoben - zurückgenommen -würden. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass nach Vorlage der Steuerbescheide eine Nachberechnung zu erfolgen habe. Ein Verlustvortrag sei nach der Rechtsprechung im Recht der Arbeitslosenhilfe ebenso wenig vorzunehmen wie zwischen verschiedenen Einkommensarten. Der Widerspruch könne deshalb keinen Erfolg haben.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2007 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte zur Begründung unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vorbringens geltend, es komme darauf an, dass ihm im streitigen Zeitraum keine positive Einkünfte zur Verfügung gestanden hätten. Für die streitige Frage einer einkommensmindernden Berücksichtigung eines Verlustvortrages komme es nach der Rechtsprechung des LSG Niedersachsen allein darauf an, welches Einkommen ein Arbeitsloser zur Bestreitung seines Lebensunterhalts während eines bestimmten Leistungsbezugs tatsächlich einsetzen könne. Dieser Sachverhalt werde von der Beklagten trotz mehrmaligem Hinweis überhaupt nicht berücksichtigt. Ihm sei im Gegenteil bei mehrmaligen Nachfragen durch die Beklagte mitgeteilt worden, dass er das Recht habe, seinen persönlichen Vertragsverpflichtungen nachzukommen, bevor Gewinne als Nebeneinkommen zur Anrechnung gelangten. Die seine Situation außer Acht lassende schematische Betrachtung der Beklagten führe zu ungerechtfertigten Ergebnissen. Es stelle sich die Frage, weswegen er nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Weil seine Aufwendungen für eine selbstständige Tätigkeit unberücksichtigt bleiben sollten, solle er über 20.000 EUR zurückführen, über die er nie habe verfügen können. Dies könne nicht dem Sinn und Zweck von § 141 SGB III entsprechen und stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG zur Nichtberücksichtigung von Verlustabzügen. Hilfsweise werde eine Korrektur über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend gemacht.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf ihre Durchführungsanweisung entgegen. Ein Schaden des Klägers aus einer Falschberatung sei nicht erkennbar. Für den Zeitraum vom 01.01 2002 bis 30.06.2003 seien die Bewilligungsbescheide als vorläufig gekennzeichnet gewesen, mit dem Hinweis, dass der entsprechende Einkommensteuerbescheid noch fehle.
Mit Urteil vom 15.01.2008 wurde die Klage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung führte das SG aus, soweit die Beklagte über die Bewilligung von Alhi bereits endgültig entschieden habe, sei die Bewilligung, wie geschehen, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3 SGB X und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III aufzuheben gewesen. Für die Zeit der vorläufigen Entscheidungen bis 30.06.2003 handele es sich nicht um eine Aufhebungsentscheidung, sondern um die endgültige Bewilligung in Abänderung der ursprünglich vorläufigen Bewilligung, ohne die Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X. Der vorliegend streitige Verlustabzug aus einem früheren Veranlagungszeitraum falle nicht unter die Werbungskosten gemäß § 9 Einkommensteuergesetz, sondern seien Sonderausgaben nach § 10b Einkommensteuergesetz, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht vom anrechnungsfähigen Einkommen abzuziehen seien. Abgesehen davon könnten nur solche Werbungskosten abgezogen werden, die dem Leistungszeitraum während des Leistungsbezuges zugeordnet werden könnten. Vorliegend begehre der Kläger aber gerade die Berücksichtigung von Verlusten, die einem anderen Leistungszeitraum zuzuordnen seien. Eine Abweichung von dieser generellen Rechtslage könne auch nicht unter Berücksichtigung der Besonderheiten der beruflichen Tätigkeit des Klägers erfolgen. Arbeitslosenhilfe diene nicht zur Schuldentilgung, sondern sei zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt. Einkommen sei aktuell für den Lebensunterhalt einzusetzen. Auf möglicherweise anderslautende Auskünfte der Beklagten komme es nicht an, da die Aufhebung verschuldensunabhängig erfolgen müsse. Der Kläger könne auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht beanspruchen, von der Rückforderung freigestellt zu werden.
Gegen das vom SG am 12.02.2008 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 12.03.2008 Berufung eingelegt. Er hat sich zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen berufen und dieses vertieft. Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass ihm seitens der Beklagten völlig unbenommen gewesen sei, zunächst Bankverbindlichkeiten aus seinen Gewinnen zu tilgen. Ihm habe aus seiner selbstständigen Tätigkeit nie Einkommen zur Verfügung gestanden, von dem er hätte leben können. Wenn es ihm verwehrt sei, einen Verlustabzug von den ausgewiesenen Einkünften in Abzug zu bringen, hätte ihm das mitgeteilt werden müssen. Dann hätte er seine Tätigkeit sofort beendet. Die Frage seiner Bedürftigkeit sei bei der Rückforderung nicht berücksichtigt worden. Als der Immobilienverkauf Gewinn abgeworfen habe, habe er sich unverzüglich aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Die Langfristigkeit seiner Immobiliengeschäfte mache es vorliegend notwendig, den Verlustabzug einkommensmindernd zu berücksichtigen. Ihm werde entgegen vorheriger anderer Auskünfte jetzt quasi vorgeworfen, er habe seine selbstständige Tätigkeit mit dem Bezug der Alhi finanziert. Dies werde dem Sachverhalt nicht gerecht, wie sich aus den Verwaltungsakten der Beklagten und seinen permanenten Bemühungen herauslesen lasse. Vertiefend machte er geltend, keinen Zugriff auf den Gewinn bei Treuhandabwicklungen gehabt zu haben, da die finanzierende Bank zuerst Kredite abgelöst habe. Auch habe der Gewinn erst ab Eingang des Kaufpreises zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG auch sonst zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 31.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das angefochtene Urteil des SG vom 15.01.2008 ist nicht zu beanstanden.
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Insbesondere wurde der Kläger im Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß angehört. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob die Beklagte vorliegend von einer Anhörung des Klägers hätte absehen können.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig. Er findet für die Zeit vom 01.01.2002 bis 02.11.2002 und 18.12.2002 bis 30.06.2003 in § 328 Abs. 2 SGB III eine Rechtsgrundlage. Für diese Zeit wurde dem Kläger Alhi nur auf Grund vorläufiger Entscheidungen gemäß § 328 Abs. 1 SGB III geleistet, wie sich aus der dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten ergibt. Dieser Sachverhalt wird vom Kläger im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt. Für die Zeit vom 01.07.2003 ließ 31.12.2004 ist Rechtsgrundlage § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 SGB X und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III, wovon das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgegangen ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger Alhi im Zeitraum vom 01.07.2003 bis 31.12.2004 nicht auf der Grundlage einer vorläufigen Entscheidung, sondern endgültig bewilligt hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen und zur Anwendbarkeit des § 45 SGB X. Nachdem der Kläger in seinen Weiterbewilligungsanträgen regelmäßig angegeben hat, keinen Gewinn erzielt zu haben und dies auch für die Zukunft prognostizierte, bestanden aufgrund dieser Angaben für die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Änderungen, weshalb es legitim erschien, für die Zeit ab 01.07.2003 die Leistungen nicht im Rahmen des § 328 SGB III zu gewähren (vgl. zur Problematik BSG, Urt. vom 02.06.2004 - B 7 AL 58/03 R -, juris).
Die Voraussetzungen des § 328 Abs. 2 SGB III und des § 48 Abs. 1 SGB X sind hier erfüllt.
Allerdings ergibt sich dies nicht deshalb, weil der Kläger eine selbstständige Tätigkeit im Immobilienhandel ausgeübt hat. Diese Tätigkeit war der Beklagten bekannt. Dadurch ist der Anspruch des Klägers auf Alhi auch nicht entfallen, denn nach seinen gleichbleibenden Angaben hat er diese Tätigkeit geringfügig (unter 15 Stunden/wöchentlich) ausgeübt, weshalb er weiterhin arbeitslos war. Dies wird von der Beklagten ebenso gesehen. Auch der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zu zweifeln, weshalb er sich auch nicht gedrängt sieht, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären.
Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften sind deswegen erfüllt, weil der Kläger im streitigen Zeitraum durch seine geringfügige selbstständige Tätigkeit Gewinne erzielt hat, die als Einkommen bei der Berechnung seines Alhi-Anspruches mindernd zu berücksichtigen sind. Damit war nach § 328 Abs. 2 SGB III über die vorläufige Leistungsgewährung endgültig zu entscheiden, da sie teilweise abzuändern war. Durch die erfolgte Entscheidung mit dem streitgegenständlichen Bescheid haben sich die vorläufigen Entscheidungen erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Einer gesonderten Aufhebung unter Berücksichtigung der Vorschriften der §§ 44 ff SGB X durch die Beklagte bedurfte es nicht (vgl. Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 328 RdNr. 18, 19). Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III war der Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, da nach der Antragstellung oder dem Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall (2004) bzw. zur Minderung des Anspruches (2002 und 2003) geführt hat.
Nach den vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheiden/-änderungsbescheiden des Finanzamtes Mosbach erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 2002 (Bescheid vom 09.05.2005) in Höhe von 9.786 EUR, im Jahr 2003 (Bescheide vom 12.08.2005/23.11.2006) in Höhe von 4.094 EUR und im Jahr 2004 (Bescheide vom 19.04.2006/27.11.2006) in Höhe von 30.023 EUR. Diese Gewinne waren im streitigen Zeitraum nach Maßgabe der Vorschriften des § 141 SGB III in Verbindung mit § 198 SGB III aF als Nebeneinkommen auf den Anspruch des Klägers auf Alhi anzurechnen, wie das SG im angefochtenen Urteil in den Entscheidungsgründen zutreffend ausgeführt hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen und zur Begründung seiner eigenen Entscheidung hierauf vollumfänglich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der davon abweichenden Ansicht des Klägers kann nicht gefolgt werden. Der in den vorgelegten Steuerbescheiden nach Berücksichtigung eines Verlustvortrages jeweils festgesetzte zu versteuernde Gewinn (2002: - 385 EUR; 2003: - 1.110 EUR; 2004: 18.280 EUR) ist bei der Anrechnung des Nebeneinkommens auf den Alhi-Anspruch des Klägers nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) deckt sich die sozialrechtliche Ermittlung des Einkommens nicht mit dem nach dem Einkommensteuerrecht ermittelten Gewinn. Die spezifische Ermittlung des anzurechnenden Arbeitsentgeltes bzw. Arbeitseinkommens ist vielmehr in § 141 Abs. 1 SGB III angelegt. Das Abstellen allein auf den Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinn, ohne zu berücksichtigen, wann der Gewinn tatsächlich erarbeitet wurde (sog. zeitliche Kongruenz), wird dem Sinn und Zweck des § 141 SGB III nicht gerecht. (vgl. BSG, Urt. vom 05.09.2006 - B 7a AL 38/05 R -, juris). Da sich ein steuerlich möglicher Verlustvortrag oder Verlustrücktrag nur auf das Einkommen zurückliegender oder künftiger Veranlagungszeiträume beziehen kann, kann er im Rahmen des § 141 SGB III wegen Unvereinbarkeit mit dem Erfordernis der zeitlichen Kongruenz keine Anerkennung finden (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. vom 25.01.2001 - L 8 AL 349/00 -). Dem entspricht auch die Kommentarliteratur (vgl. Hünecke in Gagel, SGB III, § 141 Rdnr. 68; Marscher in GK-SGB III, § 141 Rdnr. 38; Keller in Mutschler/Batz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Auflage, § 141 Rdnr. 52). Maßgeblich ist vielmehr, dass der Kläger in den streitigen Veranlagungszeiträumen 2002, 2003 und 2004 Gewinne aus Gewerbebetrieb während des Bezugs von Alhi erzielt hat. Das BSG hat lediglich einen (horizontalen) Verlustausgleich im Hinblick auf eine selbstständige Tätigkeit zwischen verschiedenen Einkommensarten unter Wahrung der zeitlichen Kongruenz zugelassen (vgl. BSG, Urt. vom 02.06.2004 - B 7 AL 58/03 R -, juris). Ein solcher Verlustausgleich liegt aber beim Kläger im streitigen Zeitraum nicht vor. Die vom Kläger für geboten erachtete ganzheitliche Betrachtungsweise lässt das SGB III nicht zu.
Der Umstand, dass die die Arbeitslosenhilfe regelnden Vorschriften der §§ 190 bis 206 SGB III zwischenzeitlich durch das Gesetz vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2848) mit Wirkung vom 01.01.2005 vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids aufgehoben wurden, ändert an deren Rechtmäßigkeit nichts. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG beurteilen sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtliche Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse und Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt, was vorliegend nicht der Fall ist (vgl. BSG, Urt. vom 27.08.2008 - B 11 AL 11/07 R -, juris).
Der Anrechenbarkeit der vom Kläger in den Veranlagungszeiträumen 2002, 2003 und 2004 erwirtschafteten Gewinne aus Gewerbebetrieb steht auch nicht entgegen, dass ihm diese Gewinne zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nicht zur Verfügung gestanden hätten, wie der Kläger geltend macht. Zwar muss erzieltes Einkommen (irgendwann) zugeflossen sein, damit es auf die Alhi als Nebeneinkommen angerechnet werden kann. Dafür reicht aber aus, dass Gewinn erzielt wurde und der Kläger über den Gewinn auch verfügt hat (vgl. auch Brand in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 141 Rdnr. 7). Dass der Kläger die erzielten Gewinne seiner Bank zum Ausgleich der Verluste hat überlassen müssen, wie er vorgetragen hat, lag in der Verfügungsmacht des Klägers.
Der Kläger kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches von der Erstattungspflicht freigestellt werden, wie das SG im angefochtenen Urteil weiter zutreffend entschieden hat. Eine Lösung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist nicht möglich, da der Betroffene im Wege des Herstellungsanspruches nur so gestellt werden kann, wie er bei rechtmäßigem Verwaltungshandeln stünde. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt nur in den Fällen zum Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Durch den Herstellungsanspruch kann aber eine Begebenheit tatsächlicher Art (hier: Gewinne aus Gewerbebetrieb) im Wege der Fiktion nicht ungeschehen gemacht werden (vgl. auch Hünecke in Gagel, SGB III, § 141 RdNr. 103).
Auch die vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten seiner selbstständigen Tätigkeit im Immobilienhandel rechtfertigen keine andere Entscheidung. Eine unterschiedliche Behandlung von Aufwendungen, die nicht zu den Werbungskosten zu zählen sind, je nachdem, ob das Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit oder aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt worden ist, lässt sich nicht rechtfertigen. Bei selbstständig Tätigen muss es dabei verbleiben, dass der Gewinn und nicht das steuerpflichtige Einkommen maßgebend ist (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. vom 25.01.2001, a.a.O.). Im Einzelfall auftretende Härten können nur durch die vorliegend nicht zu prüfenden Vorschriften über die Stundung und Niederschlagung von Rückforderungen sowie die Einstellung des Einziehungsverfahrens Berücksichtigung finden (vgl. Hünecke in Gagel, a.a.O.).
Die auf die Alhi anzurechnende Nebeneinkünfte des Klägers sowie die eingetretene Überzahlung von Alhi im streitigen Zeitraum hat die Beklagte rechnerisch richtig ermittelt. Für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 ergibt sich ein Anrechnungsbetrag (= Überzahlungsbetrag) in Höhe von 7.658,87 EUR, für die Zeit vom 01.01.2003 bis 02.11.2003 und 18.12.2003 bis 31.12.2003 in Höhe von 2.114,00 EUR und für die Zeit vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 in Höhe von 10.434,00 EUR, insgesamt 20.206,87 EUR. Einwendungen hat der Kläger hiergegen im Übrigen auch nicht erhoben. Die Überzahlungsbeträge hat der Kläger für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.06.2003 gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III und für die Zeit vom 01.07.2003 bis 31.12.2004 gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Anrechnung von Einkommen des Klägers aus einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit bei Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung erbrachter Leistungen streitig.
Der am 1954 geborene Kläger stand seit Juli 1993 beim Arbeitsamts Tauberbischofsheim, jetzt Agentur für Arbeit (AA) - mit kurzzeitigen Unterbrechungen - im Leistungsbezug. Nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld bezog er ab 30.06.1994 Alhi.
Am 18.01.1999 teilte der Kläger dem AA telefonisch mit, er wolle als Immobilienmakler auf selbstständiger Basis tätig werden. Er wolle auf sein eigenes Haus ein Hypothekendarlehen aufnehmen und mit diesem Geld ein Haus erwerben, das er mit Gewinn weiterverkaufen wolle. Der Kläger wurde auf die 15-Stunden-Grenze sowie darauf hingewiesen, dass Gewinn angerechnet werde (Vermerk vom 18.01.1999, Blatt 81 der Verwaltungsakte). Der Kläger äußerte sich außerdem mit Schreiben vom 16.02.1999 zu der von ihm aufgenommenen Nebentätigkeit und teilte mit, dass noch keine Einnahmen entstanden seien.
Am 25.06.2001 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er gab im Antrag (u. a.) an, er übe eine Tätigkeit im Immobilienhandel mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 5 bis 10 aus; bisher seien von der Bank voll finanzierte Verluste entstanden. Mit Bewilligungsverfügung vom 27.06.2001 wurde dem Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 01.07.2001 bis 30.06.2002 Alhi weiterbewilligt. Der Bewilligungsbescheid enthielt die Hinweise, die Höhe der Leistung werde vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung werde mit Bescheid bekanntgegeben. Für die Zeit bis 31.12.2001 betrug der tägliche Leistungssatz 57,27 DM, ab 01.01.2002 29,29 EUR.
Am 21.06.2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er wiederholte im Antrag hinsichtlich seiner Tätigkeit die bisher gemachten Angaben. Mit Bewilligungsverfügung vom 26.07.2002 wurde dem Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 01.07.2002 bis 30.06.2003 Alhi weiterbewilligt. Der Bewilligungsbescheid enthielt wiederum die Hinweise, die Höhe der Leistung werde vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung werde mit Bescheid bekannt- gegeben. Für die Zeit bis 31.12.2002 betrug der tägliche Leistungssatz 28,99 EUR, ab 01.01.2003 28,76 EUR.
Am 10.06.2003 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Fortzahlung von Alhi. Er gab - wie in seinen vorherigen Anträgen - an, er übe eine Tätigkeit in Immobilienhandel mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 5 bis 10 aus; bisher seien Verluste entstanden. Ergänzend teilte er mit, durch den Verkauf einer Wohnung im Jahr 2003 seien frühere Verluste teilweise ausgeglichen worden. Es verbleibe jedoch ein Verlust von ca. 20.000 EUR. Daraufhin wurde dem Kläger für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis 30.06.2004 Alhi (ohne Vorbehalt) in Höhe von täglich 28,17 EUR weiterbewilligt. Im Zeitraum vom 03.11.2003 bis 17.12.2003 stand der Kläger wegen Arbeitsaufnahme nicht im Leistungsbezug des AA.
Am 18.12.2003 meldete sich der Kläger beim AA erneut arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alhi. Hinsichtlich seiner Tätigkeit im Immobilienhandel gab der Kläger an, die wöchentliche Stundenzahl betrage 8 bis 10 Stunden; bisher seien Verluste entstanden. Er habe am 11.12.2003 eine Eigentumswohnung zum Wiederverkauf erworben. Daraus resultierende Erträge würden bei Entstehung sofort mitgeteilt. Vor dem Verkauf sei damit jedoch nicht zu rechnen. Vorläufig resultierten aus diesem Kauf ausschließlich Kosten. Aufgrund seines bisherigen Verlustes von ca. 20.000 EUR könne er auch bei dem Verkauf dieser Wohnung noch nicht mit einem Gewinn rechnen. Die AA bewilligte dem Kläger Alhi ab 18.12.2003 in Höhe von täglich 28,17 EUR, ab 01.01.2004 28,82 EUR und ab 01.07.2004 bis 31.12.2004 von 28,20 EUR (jeweils ohne Vorbehalt) weiter.
Am 08.11.2006 wurde der AA vom Finanzamt Mosbach mit Schreiben vom 06.11.2006 mitgeteilt, dass der Kläger in den Kalenderjahren 2002 bis 2004 gewerbliche Gewinne in Höhe von 9.786 EUR, 4.094 EUR und 30.023 EUR erzielt habe. Der Kläger wurde daraufhin von der AA mit Schreiben vom 08.11.2006 aufgefordert, die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2002, 2003 und 2004 zur Prüfung vorzulegen, ob und in welchem Ausmaß sich erzieltes Einkommen auf den Bezug von Alhi auswirke. Dieser Aufforderung kam der Kläger am 15.11.2006 nach. Der Kläger teilte hierzu mit, das zu versteuernde Einkommen sei jeweils auf Null festgesetzt worden. Durch die vorausgegangenen Verluste habe auf keinem seiner Konten einen Plus-Saldo bestanden, aus dem er hätte seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Das Finanzamt habe durch Nichtmitteilung von Verlustvorträgen und des zu versteuernden Einkommens unvollständige Informationen erteilt.
In den vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheiden/-änderungsbescheiden des Finanzamtes Mosbach für 2002 vom 09.05.2005 waren Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.786 EUR festgesetzt und ein Verlustvortrag auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.786 EUR anerkannt und für 2003 vom 12.08.2005/23.11.2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.094 EUR (Verlustvortrag 6.452 EUR) und für 2004 vom 19.04.2006/27.11.2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 30.023 EUR (Verlustvortrag 10.509 EUR) festgesetzt.
Die AA berechnete für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 02.11.2003 und vom 18.12.2003 bis 31.12.2004 wegen anzurechnenden Einkommens des Klägers ein Überzahlungsbetrag von Alg in Höhe von 20.206,91 EUR (Blatt 191 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 28.11.2006 informierte die AA dem Kläger über den Überzahlungsbetrag und teilte ihm mit, dass beabsichtigt sei, die Leistungsbewilligung in Höhe des Überzahlungsbetrages aufzuheben. Hierzu äußerte sich der Kläger am 30.01.2007. Er wandte sich gegen die Ansicht der AA, dass die Verlustvorträge nicht berücksichtigt werden könnten und machte außerdem geltend, dass alle Arbeitsberater ihm zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gedrängt hätten, ohne darüber zu informieren, dass bestimmte Arten von Nebentätigkeiten zu Benachteiligungen durch Anrechnung auf den Leistungsbezug führen könnten. Im Gegenteil sei ihm gesagt worden, die AA werde sich der Betrachtungsweise des Finanzamtes voll anschliessen. Er halte es für ausgeschlossen, dass die Benachteiligungen bestimmter Nebentätigkeiten vom Gesetzgeber gewollte sei. Jede Beschränkung auf eine reine jährliche Betrachtung widerspreche dem Geist der Bestimmungen. Positiv sei zu berücksichtigen, dass er weder Überbrückungsgelder noch sonstige zur Aufnahme einer Selbstständigkeit angebotene Hilfe in Anspruch genommen habe. Ihm sei gesagt worden, dass er das Recht habe, mit den Verkaufserlösen zuerst seine vertraglichen Bankverpflichtungen abzulösen. Genau dies habe er getan und auch tun müssen. Er sei auf den Leistungsbezug angewiesen gewesen. Dies betreffe auch das Jahr 2004. Das im Jahr 2004 erzielte Einkommen habe aus vertraglichen und zweckgebundenen Gründen und weil zwangsgesteuert, zum Ausgleich seiner Bankverbindlichkeiten verwendet werden müssen. Steuerlich seien auch nicht alle der Immobilienhandelstätigkeit zuzurechnenden Kosten voll berücksichtigt, obwohl sie von ihm hätten getragen werden müssen.
Mit Bescheid vom 31.01.2007 hob die AA gestützt auf § 48 SGB X und § 328 SGB III die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi ab 01.01.2002 auf und forderte vom Kläger in der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2004 gezahlte Alhi in Höhe von 20.206,91 EUR zurück, da der Kläger in den Jahren 2002 bis 2004 Einkommen erzielt habe, dass zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt habe.
Hiergegen legte der Kläger am 26.02.2007 Widerspruch ein, der unter Bezug auf das bisherige Vorbringen im Wesentlichen damit begründet wurde, in seinem Falle beziehe sich der Verlustvortrag nicht auf die Einkommenserzielung in einem anderen Anrechnungszeitraum. Ihm hätten die angeblichen Gewinne nie als Einkommen auf seinem Geschäftskonto oder Privatkonto zur Verfügung gestanden, sondern von den Umsätzen seien seine Verbindlichkeiten aus seiner selbstständigen Tätigkeit gegenüber der Bank bedient worden. Es gehe also nicht um die Frage, wie der Verlustvortrag in § 141 SGB III zu bewerten sei. Zu beachten sei auch, dass er die Abwicklung und Verfahrensweise seines ersten Immobiliengeschäfts persönlich mit dem AA unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen besprochen habe. Ihm sei von Herr V. mitgeteilt worden, dass er vor Anrechnung von Gewinnen als Nebeneinkommen das Recht habe, die Bankverbindlichkeiten zu bedienen. Die Entscheidung der AA sei über den so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu korrigieren. Nach der Rechtsprechung des BSG könne es im Rahmen des § 141 SGB III nur darauf ankommen, was den Betroffenen tatsächlich als Einkommen zur Verfügung gestanden habe. Eine rein abstrakte Betrachtungsweise führe zu einer ungleichen Behandlung und einem sachfremden Ergebnis, das die Realität ignoriere.
Nach Einholung einer Stellungnahme des vom Kläger in Bezug genommenen Mitarbeiters der AA (Herr V. vom 27.04.2007, Blatt 244 der Verwaltungsakte der Beklagten) wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, klarstellend sei darauf hinzuweisen, dass die Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.06.2003 vorläufige Bewilligungen enthielten, wodurch keine gesicherte Rechtsposition entstanden sei und die sich nach § 39 Abs. 2 SGB X durch die Endentscheidung erledigt hätten. Insoweit sei eine gesonderte Aufhebung nicht erforderlich gewesen, insbesondere müssten die Voraussetzungen der §§ 45ff SGB X nicht erfüllt sein. Darüber hinaus sei zu präzisieren, dass die Bewilligungsentscheidungen für die Jahre 2002 und 2003 nur teilweise und lediglich für das Jahr 2004 ganz unzutreffend seien und aufgehoben - zurückgenommen -würden. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass nach Vorlage der Steuerbescheide eine Nachberechnung zu erfolgen habe. Ein Verlustvortrag sei nach der Rechtsprechung im Recht der Arbeitslosenhilfe ebenso wenig vorzunehmen wie zwischen verschiedenen Einkommensarten. Der Widerspruch könne deshalb keinen Erfolg haben.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2007 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte zur Begründung unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vorbringens geltend, es komme darauf an, dass ihm im streitigen Zeitraum keine positive Einkünfte zur Verfügung gestanden hätten. Für die streitige Frage einer einkommensmindernden Berücksichtigung eines Verlustvortrages komme es nach der Rechtsprechung des LSG Niedersachsen allein darauf an, welches Einkommen ein Arbeitsloser zur Bestreitung seines Lebensunterhalts während eines bestimmten Leistungsbezugs tatsächlich einsetzen könne. Dieser Sachverhalt werde von der Beklagten trotz mehrmaligem Hinweis überhaupt nicht berücksichtigt. Ihm sei im Gegenteil bei mehrmaligen Nachfragen durch die Beklagte mitgeteilt worden, dass er das Recht habe, seinen persönlichen Vertragsverpflichtungen nachzukommen, bevor Gewinne als Nebeneinkommen zur Anrechnung gelangten. Die seine Situation außer Acht lassende schematische Betrachtung der Beklagten führe zu ungerechtfertigten Ergebnissen. Es stelle sich die Frage, weswegen er nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Weil seine Aufwendungen für eine selbstständige Tätigkeit unberücksichtigt bleiben sollten, solle er über 20.000 EUR zurückführen, über die er nie habe verfügen können. Dies könne nicht dem Sinn und Zweck von § 141 SGB III entsprechen und stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG zur Nichtberücksichtigung von Verlustabzügen. Hilfsweise werde eine Korrektur über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend gemacht.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezug auf ihre Durchführungsanweisung entgegen. Ein Schaden des Klägers aus einer Falschberatung sei nicht erkennbar. Für den Zeitraum vom 01.01 2002 bis 30.06.2003 seien die Bewilligungsbescheide als vorläufig gekennzeichnet gewesen, mit dem Hinweis, dass der entsprechende Einkommensteuerbescheid noch fehle.
Mit Urteil vom 15.01.2008 wurde die Klage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung führte das SG aus, soweit die Beklagte über die Bewilligung von Alhi bereits endgültig entschieden habe, sei die Bewilligung, wie geschehen, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3 SGB X und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III aufzuheben gewesen. Für die Zeit der vorläufigen Entscheidungen bis 30.06.2003 handele es sich nicht um eine Aufhebungsentscheidung, sondern um die endgültige Bewilligung in Abänderung der ursprünglich vorläufigen Bewilligung, ohne die Voraussetzungen der §§ 44 ff SGB X. Der vorliegend streitige Verlustabzug aus einem früheren Veranlagungszeitraum falle nicht unter die Werbungskosten gemäß § 9 Einkommensteuergesetz, sondern seien Sonderausgaben nach § 10b Einkommensteuergesetz, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht vom anrechnungsfähigen Einkommen abzuziehen seien. Abgesehen davon könnten nur solche Werbungskosten abgezogen werden, die dem Leistungszeitraum während des Leistungsbezuges zugeordnet werden könnten. Vorliegend begehre der Kläger aber gerade die Berücksichtigung von Verlusten, die einem anderen Leistungszeitraum zuzuordnen seien. Eine Abweichung von dieser generellen Rechtslage könne auch nicht unter Berücksichtigung der Besonderheiten der beruflichen Tätigkeit des Klägers erfolgen. Arbeitslosenhilfe diene nicht zur Schuldentilgung, sondern sei zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt. Einkommen sei aktuell für den Lebensunterhalt einzusetzen. Auf möglicherweise anderslautende Auskünfte der Beklagten komme es nicht an, da die Aufhebung verschuldensunabhängig erfolgen müsse. Der Kläger könne auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht beanspruchen, von der Rückforderung freigestellt zu werden.
Gegen das vom SG am 12.02.2008 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger am 12.03.2008 Berufung eingelegt. Er hat sich zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen berufen und dieses vertieft. Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass ihm seitens der Beklagten völlig unbenommen gewesen sei, zunächst Bankverbindlichkeiten aus seinen Gewinnen zu tilgen. Ihm habe aus seiner selbstständigen Tätigkeit nie Einkommen zur Verfügung gestanden, von dem er hätte leben können. Wenn es ihm verwehrt sei, einen Verlustabzug von den ausgewiesenen Einkünften in Abzug zu bringen, hätte ihm das mitgeteilt werden müssen. Dann hätte er seine Tätigkeit sofort beendet. Die Frage seiner Bedürftigkeit sei bei der Rückforderung nicht berücksichtigt worden. Als der Immobilienverkauf Gewinn abgeworfen habe, habe er sich unverzüglich aus dem Leistungsbezug abgemeldet. Die Langfristigkeit seiner Immobiliengeschäfte mache es vorliegend notwendig, den Verlustabzug einkommensmindernd zu berücksichtigen. Ihm werde entgegen vorheriger anderer Auskünfte jetzt quasi vorgeworfen, er habe seine selbstständige Tätigkeit mit dem Bezug der Alhi finanziert. Dies werde dem Sachverhalt nicht gerecht, wie sich aus den Verwaltungsakten der Beklagten und seinen permanenten Bemühungen herauslesen lasse. Vertiefend machte er geltend, keinen Zugriff auf den Gewinn bei Treuhandabwicklungen gehabt zu haben, da die finanzierende Bank zuerst Kredite abgelöst habe. Auch habe der Gewinn erst ab Eingang des Kaufpreises zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG auch sonst zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 31.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das angefochtene Urteil des SG vom 15.01.2008 ist nicht zu beanstanden.
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind nicht formell rechtswidrig. Insbesondere wurde der Kläger im Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß angehört. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob die Beklagte vorliegend von einer Anhörung des Klägers hätte absehen können.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig. Er findet für die Zeit vom 01.01.2002 bis 02.11.2002 und 18.12.2002 bis 30.06.2003 in § 328 Abs. 2 SGB III eine Rechtsgrundlage. Für diese Zeit wurde dem Kläger Alhi nur auf Grund vorläufiger Entscheidungen gemäß § 328 Abs. 1 SGB III geleistet, wie sich aus der dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten ergibt. Dieser Sachverhalt wird vom Kläger im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt. Für die Zeit vom 01.07.2003 ließ 31.12.2004 ist Rechtsgrundlage § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 SGB X und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III, wovon das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgegangen ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger Alhi im Zeitraum vom 01.07.2003 bis 31.12.2004 nicht auf der Grundlage einer vorläufigen Entscheidung, sondern endgültig bewilligt hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen und zur Anwendbarkeit des § 45 SGB X. Nachdem der Kläger in seinen Weiterbewilligungsanträgen regelmäßig angegeben hat, keinen Gewinn erzielt zu haben und dies auch für die Zukunft prognostizierte, bestanden aufgrund dieser Angaben für die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für eine mögliche Änderungen, weshalb es legitim erschien, für die Zeit ab 01.07.2003 die Leistungen nicht im Rahmen des § 328 SGB III zu gewähren (vgl. zur Problematik BSG, Urt. vom 02.06.2004 - B 7 AL 58/03 R -, juris).
Die Voraussetzungen des § 328 Abs. 2 SGB III und des § 48 Abs. 1 SGB X sind hier erfüllt.
Allerdings ergibt sich dies nicht deshalb, weil der Kläger eine selbstständige Tätigkeit im Immobilienhandel ausgeübt hat. Diese Tätigkeit war der Beklagten bekannt. Dadurch ist der Anspruch des Klägers auf Alhi auch nicht entfallen, denn nach seinen gleichbleibenden Angaben hat er diese Tätigkeit geringfügig (unter 15 Stunden/wöchentlich) ausgeübt, weshalb er weiterhin arbeitslos war. Dies wird von der Beklagten ebenso gesehen. Auch der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zu zweifeln, weshalb er sich auch nicht gedrängt sieht, den Sachverhalt hierzu weiter aufzuklären.
Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften sind deswegen erfüllt, weil der Kläger im streitigen Zeitraum durch seine geringfügige selbstständige Tätigkeit Gewinne erzielt hat, die als Einkommen bei der Berechnung seines Alhi-Anspruches mindernd zu berücksichtigen sind. Damit war nach § 328 Abs. 2 SGB III über die vorläufige Leistungsgewährung endgültig zu entscheiden, da sie teilweise abzuändern war. Durch die erfolgte Entscheidung mit dem streitgegenständlichen Bescheid haben sich die vorläufigen Entscheidungen erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X). Einer gesonderten Aufhebung unter Berücksichtigung der Vorschriften der §§ 44 ff SGB X durch die Beklagte bedurfte es nicht (vgl. Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 328 RdNr. 18, 19). Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III war der Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, da nach der Antragstellung oder dem Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall (2004) bzw. zur Minderung des Anspruches (2002 und 2003) geführt hat.
Nach den vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheiden/-änderungsbescheiden des Finanzamtes Mosbach erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 2002 (Bescheid vom 09.05.2005) in Höhe von 9.786 EUR, im Jahr 2003 (Bescheide vom 12.08.2005/23.11.2006) in Höhe von 4.094 EUR und im Jahr 2004 (Bescheide vom 19.04.2006/27.11.2006) in Höhe von 30.023 EUR. Diese Gewinne waren im streitigen Zeitraum nach Maßgabe der Vorschriften des § 141 SGB III in Verbindung mit § 198 SGB III aF als Nebeneinkommen auf den Anspruch des Klägers auf Alhi anzurechnen, wie das SG im angefochtenen Urteil in den Entscheidungsgründen zutreffend ausgeführt hat. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen und zur Begründung seiner eigenen Entscheidung hierauf vollumfänglich Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der davon abweichenden Ansicht des Klägers kann nicht gefolgt werden. Der in den vorgelegten Steuerbescheiden nach Berücksichtigung eines Verlustvortrages jeweils festgesetzte zu versteuernde Gewinn (2002: - 385 EUR; 2003: - 1.110 EUR; 2004: 18.280 EUR) ist bei der Anrechnung des Nebeneinkommens auf den Alhi-Anspruch des Klägers nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) deckt sich die sozialrechtliche Ermittlung des Einkommens nicht mit dem nach dem Einkommensteuerrecht ermittelten Gewinn. Die spezifische Ermittlung des anzurechnenden Arbeitsentgeltes bzw. Arbeitseinkommens ist vielmehr in § 141 Abs. 1 SGB III angelegt. Das Abstellen allein auf den Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Gewinn, ohne zu berücksichtigen, wann der Gewinn tatsächlich erarbeitet wurde (sog. zeitliche Kongruenz), wird dem Sinn und Zweck des § 141 SGB III nicht gerecht. (vgl. BSG, Urt. vom 05.09.2006 - B 7a AL 38/05 R -, juris). Da sich ein steuerlich möglicher Verlustvortrag oder Verlustrücktrag nur auf das Einkommen zurückliegender oder künftiger Veranlagungszeiträume beziehen kann, kann er im Rahmen des § 141 SGB III wegen Unvereinbarkeit mit dem Erfordernis der zeitlichen Kongruenz keine Anerkennung finden (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. vom 25.01.2001 - L 8 AL 349/00 -). Dem entspricht auch die Kommentarliteratur (vgl. Hünecke in Gagel, SGB III, § 141 Rdnr. 68; Marscher in GK-SGB III, § 141 Rdnr. 38; Keller in Mutschler/Batz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Auflage, § 141 Rdnr. 52). Maßgeblich ist vielmehr, dass der Kläger in den streitigen Veranlagungszeiträumen 2002, 2003 und 2004 Gewinne aus Gewerbebetrieb während des Bezugs von Alhi erzielt hat. Das BSG hat lediglich einen (horizontalen) Verlustausgleich im Hinblick auf eine selbstständige Tätigkeit zwischen verschiedenen Einkommensarten unter Wahrung der zeitlichen Kongruenz zugelassen (vgl. BSG, Urt. vom 02.06.2004 - B 7 AL 58/03 R -, juris). Ein solcher Verlustausgleich liegt aber beim Kläger im streitigen Zeitraum nicht vor. Die vom Kläger für geboten erachtete ganzheitliche Betrachtungsweise lässt das SGB III nicht zu.
Der Umstand, dass die die Arbeitslosenhilfe regelnden Vorschriften der §§ 190 bis 206 SGB III zwischenzeitlich durch das Gesetz vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2848) mit Wirkung vom 01.01.2005 vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids aufgehoben wurden, ändert an deren Rechtmäßigkeit nichts. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG beurteilen sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtliche Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse und Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt, was vorliegend nicht der Fall ist (vgl. BSG, Urt. vom 27.08.2008 - B 11 AL 11/07 R -, juris).
Der Anrechenbarkeit der vom Kläger in den Veranlagungszeiträumen 2002, 2003 und 2004 erwirtschafteten Gewinne aus Gewerbebetrieb steht auch nicht entgegen, dass ihm diese Gewinne zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nicht zur Verfügung gestanden hätten, wie der Kläger geltend macht. Zwar muss erzieltes Einkommen (irgendwann) zugeflossen sein, damit es auf die Alhi als Nebeneinkommen angerechnet werden kann. Dafür reicht aber aus, dass Gewinn erzielt wurde und der Kläger über den Gewinn auch verfügt hat (vgl. auch Brand in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 141 Rdnr. 7). Dass der Kläger die erzielten Gewinne seiner Bank zum Ausgleich der Verluste hat überlassen müssen, wie er vorgetragen hat, lag in der Verfügungsmacht des Klägers.
Der Kläger kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches von der Erstattungspflicht freigestellt werden, wie das SG im angefochtenen Urteil weiter zutreffend entschieden hat. Eine Lösung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist nicht möglich, da der Betroffene im Wege des Herstellungsanspruches nur so gestellt werden kann, wie er bei rechtmäßigem Verwaltungshandeln stünde. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt nur in den Fällen zum Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Durch den Herstellungsanspruch kann aber eine Begebenheit tatsächlicher Art (hier: Gewinne aus Gewerbebetrieb) im Wege der Fiktion nicht ungeschehen gemacht werden (vgl. auch Hünecke in Gagel, SGB III, § 141 RdNr. 103).
Auch die vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten seiner selbstständigen Tätigkeit im Immobilienhandel rechtfertigen keine andere Entscheidung. Eine unterschiedliche Behandlung von Aufwendungen, die nicht zu den Werbungskosten zu zählen sind, je nachdem, ob das Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit oder aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt worden ist, lässt sich nicht rechtfertigen. Bei selbstständig Tätigen muss es dabei verbleiben, dass der Gewinn und nicht das steuerpflichtige Einkommen maßgebend ist (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. vom 25.01.2001, a.a.O.). Im Einzelfall auftretende Härten können nur durch die vorliegend nicht zu prüfenden Vorschriften über die Stundung und Niederschlagung von Rückforderungen sowie die Einstellung des Einziehungsverfahrens Berücksichtigung finden (vgl. Hünecke in Gagel, a.a.O.).
Die auf die Alhi anzurechnende Nebeneinkünfte des Klägers sowie die eingetretene Überzahlung von Alhi im streitigen Zeitraum hat die Beklagte rechnerisch richtig ermittelt. Für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 ergibt sich ein Anrechnungsbetrag (= Überzahlungsbetrag) in Höhe von 7.658,87 EUR, für die Zeit vom 01.01.2003 bis 02.11.2003 und 18.12.2003 bis 31.12.2003 in Höhe von 2.114,00 EUR und für die Zeit vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 in Höhe von 10.434,00 EUR, insgesamt 20.206,87 EUR. Einwendungen hat der Kläger hiergegen im Übrigen auch nicht erhoben. Die Überzahlungsbeträge hat der Kläger für die Zeit vom 01.01.2002 bis 30.06.2003 gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III und für die Zeit vom 01.07.2003 bis 31.12.2004 gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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