Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 2120/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3230/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Mai 2008 (S 11 AS 2120/07) wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 30. April 2007 bewilligte die Beklagte dem am 1963 geborenen Kläger, der von der Beklagten laufend Leistungen nach dem SGB II bezieht, für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 345,00 EUR. Durch Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 wurden die Leistungen für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober 2007 auf 347,00 EUR monatlich erhöht.
Am 5. Juni 2007 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 30. April 2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2007 zurückgewiesen wurde. Gegen den Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 legte der Kläger am 26. Juni 2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2007 zurückgewiesen wurde.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2007 hat der Kläger am 15. Juni 2007 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2007 am 2. Juli 2007 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben (S 11 AS 2120/07 und S 7 AS 2304/07). Die beiden Verfahren wurden dort durch Beschluss vom 29. August 2007 zum gemeinsamen Verfahren S 11 AS 2120/07 verbunden.
Zur Begründung beider Klagen hat der Kläger inhaltlich gleichlautend vorgetragen, die gewährten Leistungen reichten zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus. Die Höhe der Regelleistungen sei mit der Verfassung nicht vereinbar, da sie kein menschenwürdiges Leben erlaubten.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Verfassungsmäßigkeit der Regelleistungen dargelegt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass der Gerichtsbescheid mit der Berufung angefochten werden kann.
Am 30. Juni 2008 (Montag) hat der Kläger beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) gegen den ihm am 29. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt und die Verbindung dieses Verfahrens mit dem Verfahren L 7 AS 3231/08, in dem Berufung gegen einen weiteren Gerichtsbescheid des SG vom 28. Mai 2008 (S 8 AS 88/08) eingelegt worden war, sowie die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens beantragt. Auf Anfrage des Senats hat der Kläger die von ihm begehrten höheren Leistungen mit Schriftsätzen vom 26. August und 2. November 2008 mit insgesamt 307,67 EUR für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007 zuzüglich Zinsen aus den jeweiligen monatlichen Erhöhungsbeträgen in Höhe von 4 v. H. bis 1. November 2008 mit insgesamt 15,80 EUR beziffert. Mit weiterem Schreiben vom 25. September 2008 hat der Kläger u. a. angegeben, wie sich aus seiner Sicht die Preissteigerungen für verschiedene Lebensmittel seit 2005 darstellen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Mai 2008 (S 11 AS 2120/07) aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 30. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2007 und des Änderungsbescheids vom 2. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 höhere monatliche Regelleistungen in Höhe von insgesamt 307,67 EUR sowie Zinsen hieraus bis 1. November 2008 in Höhe von insgesamt 15,80 EUR, also insgesamt einen Betrag von 323,47 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 v. H. seit 1. November 2008 zu gewähren und ein konkretes Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG sowie ihren Vortrag in erster Instanz verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakten des SG (S 11 AS 2120/07 und S 7 AS 2304/07), die beigezogenen weiteren Gerichtsakten des SG (S 8 AS 88/08, S 8 AS 2201/08), die Berufungsakte des Senats sowie die weiteren Senatsakten (L 7 AS 3231/08 und L 7 AS 4780/08) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. §§ 151 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 2 und 3 Sozia1gerichtsgesetz (SGG)) ist nicht statthaft und somit gem. § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Berufung bedarf gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Die Berufung übersteigt nicht den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 29b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - BGB1 I S. 444 - (SGGArbGGÄndG)) maßgeblichen Beschwerdewert von 750,00 EUR. Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung, ob der bis zum 31. März 2008 nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geltende Beschwerdewert von 500,00 auch für nach dem 1. April 2008 einge1egte Berufungen weiter Anwendung findet, wenn die den Betroffenen beschwerende Entscheidung noch vor dem Inkrafttreten des SGGArbGGÄndG verkündet oder zugestellt wurde (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, vor § 143 Rdnr. 10e). Denn der hier angegriffene Gerichtsbescheid des SG wurde dem Kläger am 29. Mai 2008 zugestellt.
Die Höhe der Beschwer ergibt sich nicht aus dem Gegenstandswert des Verfahrens erster oder zweiter Instanz, sondern entspricht dem Unterschied der Werte zwischen dem Antrag des Klägers in der ersten Instanz und dem, was ihm ausweislich des Entscheidungstenors zugesprochen worden ist, d. h. sie entspricht im Ergebnis dem, was das Sozialgericht dem Kläger versagt hat. Im vorliegenden Fall erfassen die streitgegenständlichen Bescheide den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007. Für diesen Zeitraum hat der Kläger im Verfahren vor dem SG höhere Regelleistungen erstreiten wollen. Dass der Kläger die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung und damit des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II für die Zeit seit Anfang 2007 bestreitet, wirkt sich bei der Berechnung des Beschwerdewerts nicht aus. Es handelt sich insoweit nicht um einen eigenen Streitgegenstand, der im Wege der objektiven Klagehäufung dem übrigen Begehren des Klägers hinzuzurechnen wäre, sondern um eine abstrakte Rechtsfrage, die zwar für den geltend gemachten Anspruch rechtliche Bedeutung hat, jedoch nicht hiervon unabhängig isoliert einer Entscheidung zugänglich ist. Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm fällt gem. § 51 SGG nicht in den Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichtsbarkeit, sondern ist dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorbehalten.
Mit seinen Schreiben vom 26. August und 2. November 2008 hat der Kläger, allerdings erstmals im Berufungsverfahren, klar gestellt, in welcher Höhe er für den genannten Zeitraum höhere Regelleistungen begehrt. Da er durch die Abweisung der Klage nicht mit einem höheren Wert beschwert sein kann, als ihm im Erfolgsfall zugesprochen worden wäre (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), NVwZ 1987, 219; Bundesgerichtshof, NJW 2002, 2720), beträgt die Beschwer des Klägers insgesamt 323,47 EUR. Keiner Entscheidung bedarf es darüber, ob bei Zahlungsansprüchen auf den Geldbetrag abzustellen ist, um den unmittelbar gestritten wird, oder ob Zinsen und andere Nebenforderungen entgegen § 4 Zivilprozessordnung (ZPO) hinzuzurechnen sind (ablehnend: Leitherer, a.a.0., § 144 Rdnr. 15). Denn auch bei Hinzurechnung der geltend gemachten Zinsen von 4 v. H. aus 323,47 EUR seit 1. November 2008 wäre der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgebliche Beschwerdewert von 750,00 EUR nicht überschritten.
Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft. Danach ist unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands die Berufung zulässig, wenn sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Auch hier ist darauf abzustellen, für welche Leistungsdauer in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Leistungen beantragt worden waren und inwieweit dem durch die Entscheidung des Gerichts entsprochen wurde (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26. Januar 2006 - B 3 KR 4/05 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 7; BSGE 2, 135, 137). Werden durch den Urteilsausspruch des Sozialgerichts dem Betroffenen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr versagt, ist unabhängig vom Wert dieser Leistungen die Berufung zulässig, wenn und soweit im Berufungsverfahren der Zeitraum nicht weiter eingeschränkt wird.
Da vorliegend das SG lediglich über den Bewilligungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 zu entscheiden hatte, betrifft die Berufung des Klägers nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Der Senat hat von der Möglichkeit, dieses Verfahren mit dem Verfahren L 7 AS 3231/08 zu verbinden, entgegen dem Antrag des Klägers keinen Gebrauch gemacht, da dies weder zur Beschleunigung noch zur Vereinfachung des Verfahrens beigetragen hätte. Das Interesse eines Beteiligten an der Berufungsfähigkeit eines Urteils, bleibt bei der im Ermessen des Gerichts liegenden Entscheidung grundsätzlich außer Betracht (BSG, Beschluss vom 2. August 1973 - 6 RKa 15/73 - DÖV 1974, 319). Auch im Falle der Verbindung wäre der Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG allerdings nicht erreicht worden. Streitgegenstand des Verfahrens L 7 AS 3231/08 ist der Bescheid der Beklagten vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2007, aufgrund dessen dem Kläger für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 monatliche Regelleistungen in Höhe von 347,00 EUR bewilligt worden waren. Wie sich aus den o. g. Schreiben des Klägers errechnen lässt, begehrte er für diesen Zeitraum weitere Regelleistungen in Höhe von 365,77 EUR sowie Zinsen in Höhe von insgesamt 11,46 EUR. Würde dieser Anspruch gem. § 202 SGG i. V. m. § 5 ZPO entsprechend mit dem streitgegenständlichen Anspruch von 323,47 EUR zusammengerechnet, würde selbst bei Hinzurechnung des Zinsbetrages der Wert von 750,00 EUR nicht überschritten. Unabhängig davon, dass der Jahreszeitraum bei mehreren Streitgegenständen nicht durch Addition verschiedener Perioden erreicht werden kann (Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - L 7 SO 4936/08 -), würde auch bei Verbindung beider Verfahren der Jahreszeitraum nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht überschritten, sondern lediglich erreicht.
Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich auch nicht daraus, dass in der dem Gerichtsbescheid des SG vom 28. Mai 2008 angefügten Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen wird, der Gerichtsbescheid könne mit der Berufung angefochten werden. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung, wenn die Berufungssumme nicht erreicht ist und wiederkehrende oder laufende Leistungen für bis zu einem Jahr begehrt werden, der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts. Auch wenn die Zulassung nicht notwendigerweise im Tenor des Urteils auszusprechen ist, muss sich doch bei insoweit fehlender Tenorierung eindeutig aus den Entscheidungsgründen ergeben, dass das Gericht die Berufung für zulässig hält (Leitherer, a.a.0., § 144 Rdnrn. 39 ff. m.w.N.). Wird - wie hier - lediglich in der Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung die Berufung als das statthafte Rechtsmittel bezeichnet, genügt dies nach ständiger Rechtsprechung nicht für die Zulassung der Berufung (BSGE 5, 92, 95; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 B - (juris)). Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung eröffnet nach § 66 Abs. 2 SGG zwar die Möglichkeit, Rechtsmittel oder andere Rechtsbehelfe binnen Jahresfrist einzulegen, macht eine unstatthafte Berufung jedoch nicht zum zulässigen Rechtsmittel.
Soweit der Kläger beantragt, im Wege der Durchführung eines Normenkontrollverfahrens die Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II durch das BVerfG überprüfen zu lassen, hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass es insoweit an einem subjektiven öffentlichen Recht des Klägers fehlt. Denn nach § 80 Abs. 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz ist der Antrag des Gerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozessbeteiligten. Voraussetzung für die Einholung einer Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ist u. a., dass das vorlegende Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig hält. Dies setzt subjektiv die Überzeugung von der Ungültigkeit der Norm beim erkennenden Gericht voraus, Zweife1 oder bloße Bedenken im Sinne eines "Für-möglich-Haltens" reichen nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht aus (BVerfGE 1, 189; 2, 411; 4, 218; 7, 35). Erlangt das Gericht diese Überzeugung nicht, so hat es die Norm anzuwenden. Danach bestand auch für den Senat keine Veranlassung, dem BVerfG § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II zur Überprüfung auf seine Verfassungsmäßigkeit vorzulegen. Denn der Senat ist unter Bezugnahme auf die im Gerichtsbescheid des SG zitierte Rechtsprechung des BSG, die in dessen Vorlagebeschluss vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 5/08 R) hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung für alleinstehende Erwachsene ausdrücklich bestätigt wird, und keineswegs nur - wie vom Kläger angenommen - die konkrete Festsetzung der Regelleistung auf 345,00 EUR/Monat, sondern auch die Festlegung dieses Betrags als Basiswert für die Anpassung nach § 20 Abs. 4 SGB II betrifft, nicht von der Ungültigkeit dieser Rechtsnorm überzeugt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 30. April 2007 bewilligte die Beklagte dem am 1963 geborenen Kläger, der von der Beklagten laufend Leistungen nach dem SGB II bezieht, für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 345,00 EUR. Durch Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 wurden die Leistungen für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober 2007 auf 347,00 EUR monatlich erhöht.
Am 5. Juni 2007 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 30. April 2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2007 zurückgewiesen wurde. Gegen den Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 legte der Kläger am 26. Juni 2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2007 zurückgewiesen wurde.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2007 hat der Kläger am 15. Juni 2007 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2007 am 2. Juli 2007 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben (S 11 AS 2120/07 und S 7 AS 2304/07). Die beiden Verfahren wurden dort durch Beschluss vom 29. August 2007 zum gemeinsamen Verfahren S 11 AS 2120/07 verbunden.
Zur Begründung beider Klagen hat der Kläger inhaltlich gleichlautend vorgetragen, die gewährten Leistungen reichten zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus. Die Höhe der Regelleistungen sei mit der Verfassung nicht vereinbar, da sie kein menschenwürdiges Leben erlaubten.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Verfassungsmäßigkeit der Regelleistungen dargelegt. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass der Gerichtsbescheid mit der Berufung angefochten werden kann.
Am 30. Juni 2008 (Montag) hat der Kläger beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) gegen den ihm am 29. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt und die Verbindung dieses Verfahrens mit dem Verfahren L 7 AS 3231/08, in dem Berufung gegen einen weiteren Gerichtsbescheid des SG vom 28. Mai 2008 (S 8 AS 88/08) eingelegt worden war, sowie die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens beantragt. Auf Anfrage des Senats hat der Kläger die von ihm begehrten höheren Leistungen mit Schriftsätzen vom 26. August und 2. November 2008 mit insgesamt 307,67 EUR für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 31. Oktober 2007 zuzüglich Zinsen aus den jeweiligen monatlichen Erhöhungsbeträgen in Höhe von 4 v. H. bis 1. November 2008 mit insgesamt 15,80 EUR beziffert. Mit weiterem Schreiben vom 25. September 2008 hat der Kläger u. a. angegeben, wie sich aus seiner Sicht die Preissteigerungen für verschiedene Lebensmittel seit 2005 darstellen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Mai 2008 (S 11 AS 2120/07) aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 30. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2007 und des Änderungsbescheids vom 2. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 höhere monatliche Regelleistungen in Höhe von insgesamt 307,67 EUR sowie Zinsen hieraus bis 1. November 2008 in Höhe von insgesamt 15,80 EUR, also insgesamt einen Betrag von 323,47 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 v. H. seit 1. November 2008 zu gewähren und ein konkretes Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG sowie ihren Vortrag in erster Instanz verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakten des SG (S 11 AS 2120/07 und S 7 AS 2304/07), die beigezogenen weiteren Gerichtsakten des SG (S 8 AS 88/08, S 8 AS 2201/08), die Berufungsakte des Senats sowie die weiteren Senatsakten (L 7 AS 3231/08 und L 7 AS 4780/08) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. §§ 151 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 2 und 3 Sozia1gerichtsgesetz (SGG)) ist nicht statthaft und somit gem. § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Berufung bedarf gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Die Berufung übersteigt nicht den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 29b des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - BGB1 I S. 444 - (SGGArbGGÄndG)) maßgeblichen Beschwerdewert von 750,00 EUR. Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung, ob der bis zum 31. März 2008 nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geltende Beschwerdewert von 500,00 auch für nach dem 1. April 2008 einge1egte Berufungen weiter Anwendung findet, wenn die den Betroffenen beschwerende Entscheidung noch vor dem Inkrafttreten des SGGArbGGÄndG verkündet oder zugestellt wurde (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, vor § 143 Rdnr. 10e). Denn der hier angegriffene Gerichtsbescheid des SG wurde dem Kläger am 29. Mai 2008 zugestellt.
Die Höhe der Beschwer ergibt sich nicht aus dem Gegenstandswert des Verfahrens erster oder zweiter Instanz, sondern entspricht dem Unterschied der Werte zwischen dem Antrag des Klägers in der ersten Instanz und dem, was ihm ausweislich des Entscheidungstenors zugesprochen worden ist, d. h. sie entspricht im Ergebnis dem, was das Sozialgericht dem Kläger versagt hat. Im vorliegenden Fall erfassen die streitgegenständlichen Bescheide den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007. Für diesen Zeitraum hat der Kläger im Verfahren vor dem SG höhere Regelleistungen erstreiten wollen. Dass der Kläger die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung und damit des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II für die Zeit seit Anfang 2007 bestreitet, wirkt sich bei der Berechnung des Beschwerdewerts nicht aus. Es handelt sich insoweit nicht um einen eigenen Streitgegenstand, der im Wege der objektiven Klagehäufung dem übrigen Begehren des Klägers hinzuzurechnen wäre, sondern um eine abstrakte Rechtsfrage, die zwar für den geltend gemachten Anspruch rechtliche Bedeutung hat, jedoch nicht hiervon unabhängig isoliert einer Entscheidung zugänglich ist. Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm fällt gem. § 51 SGG nicht in den Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichtsbarkeit, sondern ist dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorbehalten.
Mit seinen Schreiben vom 26. August und 2. November 2008 hat der Kläger, allerdings erstmals im Berufungsverfahren, klar gestellt, in welcher Höhe er für den genannten Zeitraum höhere Regelleistungen begehrt. Da er durch die Abweisung der Klage nicht mit einem höheren Wert beschwert sein kann, als ihm im Erfolgsfall zugesprochen worden wäre (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), NVwZ 1987, 219; Bundesgerichtshof, NJW 2002, 2720), beträgt die Beschwer des Klägers insgesamt 323,47 EUR. Keiner Entscheidung bedarf es darüber, ob bei Zahlungsansprüchen auf den Geldbetrag abzustellen ist, um den unmittelbar gestritten wird, oder ob Zinsen und andere Nebenforderungen entgegen § 4 Zivilprozessordnung (ZPO) hinzuzurechnen sind (ablehnend: Leitherer, a.a.0., § 144 Rdnr. 15). Denn auch bei Hinzurechnung der geltend gemachten Zinsen von 4 v. H. aus 323,47 EUR seit 1. November 2008 wäre der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgebliche Beschwerdewert von 750,00 EUR nicht überschritten.
Die Berufung ist auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft. Danach ist unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands die Berufung zulässig, wenn sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Auch hier ist darauf abzustellen, für welche Leistungsdauer in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Leistungen beantragt worden waren und inwieweit dem durch die Entscheidung des Gerichts entsprochen wurde (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26. Januar 2006 - B 3 KR 4/05 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 7; BSGE 2, 135, 137). Werden durch den Urteilsausspruch des Sozialgerichts dem Betroffenen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr versagt, ist unabhängig vom Wert dieser Leistungen die Berufung zulässig, wenn und soweit im Berufungsverfahren der Zeitraum nicht weiter eingeschränkt wird.
Da vorliegend das SG lediglich über den Bewilligungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 zu entscheiden hatte, betrifft die Berufung des Klägers nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Der Senat hat von der Möglichkeit, dieses Verfahren mit dem Verfahren L 7 AS 3231/08 zu verbinden, entgegen dem Antrag des Klägers keinen Gebrauch gemacht, da dies weder zur Beschleunigung noch zur Vereinfachung des Verfahrens beigetragen hätte. Das Interesse eines Beteiligten an der Berufungsfähigkeit eines Urteils, bleibt bei der im Ermessen des Gerichts liegenden Entscheidung grundsätzlich außer Betracht (BSG, Beschluss vom 2. August 1973 - 6 RKa 15/73 - DÖV 1974, 319). Auch im Falle der Verbindung wäre der Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG allerdings nicht erreicht worden. Streitgegenstand des Verfahrens L 7 AS 3231/08 ist der Bescheid der Beklagten vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2007, aufgrund dessen dem Kläger für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 monatliche Regelleistungen in Höhe von 347,00 EUR bewilligt worden waren. Wie sich aus den o. g. Schreiben des Klägers errechnen lässt, begehrte er für diesen Zeitraum weitere Regelleistungen in Höhe von 365,77 EUR sowie Zinsen in Höhe von insgesamt 11,46 EUR. Würde dieser Anspruch gem. § 202 SGG i. V. m. § 5 ZPO entsprechend mit dem streitgegenständlichen Anspruch von 323,47 EUR zusammengerechnet, würde selbst bei Hinzurechnung des Zinsbetrages der Wert von 750,00 EUR nicht überschritten. Unabhängig davon, dass der Jahreszeitraum bei mehreren Streitgegenständen nicht durch Addition verschiedener Perioden erreicht werden kann (Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - L 7 SO 4936/08 -), würde auch bei Verbindung beider Verfahren der Jahreszeitraum nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht überschritten, sondern lediglich erreicht.
Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich auch nicht daraus, dass in der dem Gerichtsbescheid des SG vom 28. Mai 2008 angefügten Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen wird, der Gerichtsbescheid könne mit der Berufung angefochten werden. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung, wenn die Berufungssumme nicht erreicht ist und wiederkehrende oder laufende Leistungen für bis zu einem Jahr begehrt werden, der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts. Auch wenn die Zulassung nicht notwendigerweise im Tenor des Urteils auszusprechen ist, muss sich doch bei insoweit fehlender Tenorierung eindeutig aus den Entscheidungsgründen ergeben, dass das Gericht die Berufung für zulässig hält (Leitherer, a.a.0., § 144 Rdnrn. 39 ff. m.w.N.). Wird - wie hier - lediglich in der Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung die Berufung als das statthafte Rechtsmittel bezeichnet, genügt dies nach ständiger Rechtsprechung nicht für die Zulassung der Berufung (BSGE 5, 92, 95; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 B - (juris)). Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung eröffnet nach § 66 Abs. 2 SGG zwar die Möglichkeit, Rechtsmittel oder andere Rechtsbehelfe binnen Jahresfrist einzulegen, macht eine unstatthafte Berufung jedoch nicht zum zulässigen Rechtsmittel.
Soweit der Kläger beantragt, im Wege der Durchführung eines Normenkontrollverfahrens die Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II durch das BVerfG überprüfen zu lassen, hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass es insoweit an einem subjektiven öffentlichen Recht des Klägers fehlt. Denn nach § 80 Abs. 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz ist der Antrag des Gerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozessbeteiligten. Voraussetzung für die Einholung einer Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes ist u. a., dass das vorlegende Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig hält. Dies setzt subjektiv die Überzeugung von der Ungültigkeit der Norm beim erkennenden Gericht voraus, Zweife1 oder bloße Bedenken im Sinne eines "Für-möglich-Haltens" reichen nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht aus (BVerfGE 1, 189; 2, 411; 4, 218; 7, 35). Erlangt das Gericht diese Überzeugung nicht, so hat es die Norm anzuwenden. Danach bestand auch für den Senat keine Veranlassung, dem BVerfG § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II zur Überprüfung auf seine Verfassungsmäßigkeit vorzulegen. Denn der Senat ist unter Bezugnahme auf die im Gerichtsbescheid des SG zitierte Rechtsprechung des BSG, die in dessen Vorlagebeschluss vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 5/08 R) hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung für alleinstehende Erwachsene ausdrücklich bestätigt wird, und keineswegs nur - wie vom Kläger angenommen - die konkrete Festsetzung der Regelleistung auf 345,00 EUR/Monat, sondern auch die Festlegung dieses Betrags als Basiswert für die Anpassung nach § 20 Abs. 4 SGB II betrifft, nicht von der Ungültigkeit dieser Rechtsnorm überzeugt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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