Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 855/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2204/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03.04.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.06.2000 Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente hat.
Der am 1948 in Serbien geborene Kläger reiste 1969 in die Bundesrepublik Deutschland ein und arbeitete seit 1984 bei der Firma A.S. GmbH. Am 21.06.2000 stürzte er auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte vom Fahrrad. Er erlitt vor allem eine Orbitabodenfraktur links sowie Schürfwunden an Stirn, Wange, Händen und Ellenbogen. Nach dem Sturz fuhr der Kläger mit dem Fahrrad weiter zu seiner Arbeitsstelle, von wo er sich, nachdem er Blutungen im Gesicht festgestellt hatte, bis 30.06.2000 in stationäre Behandlung in die Chirurgische Klinik am H.-Klinikum in S. begab.
Bei der Aufnahme waren die Extremitäten unauffällig (Bericht des Prof. Dr. V. , Chefarzt der Klinik). Ab dem 23.06.2000 traten Bewegungseinschränkungen an der linken Schulter auf, später (erstmals dokumentiert für den 27.06.2000 durch Dr. N. , Chefarzt der Neurologischen Klinik des H.-Klinkums, im Bericht vom 28.06.2000) und dauerhaft gab der Kläger auch Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen an. Eine Ursache konnte während des Krankenhausaufenthaltes nicht festgestellt werden, der Verdacht einer Rotatorenmanschettenruptur bestätigte sich nicht: röntgenologisch zeigten sich an der linken Schulter keine Verletzungszeichen (Bericht des Prof. Dr. V. vom 25.07.2000), die sonographische Untersuchung der Schulter zeigte zwar zuletzt eine Aufquellung im Bereich der Rotatorenmanschette, jedoch keine Kontinuitätsunterbrechnung (Bericht des Prof. Dr. V. vom 31.07.2000), die neurologische Untersuchung einschließlich Elektromyelographie blieb ohne Befund (Bericht des Dr. N. vom 01.08.2000). Eine am 22.02.2001 in der Praxis der Neurologen und Psychiater Dres. E. , M. , S. , A. (EMSA) durchgeführte kernspintomographische Untersuchung des linken Schultergelenks ergab keine alters- oder pathologierelevanten Veränderungen, auch kein Impingementsyndrom (Bericht des Dr. M. vom 27.02.2001).
Die Orbitabodenfraktur links wurde am 06.07.2000 durch Reposition und Orbitabodenplastik durch den Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg Dr. Sch. operiert. Verblieben ist eine Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus und eine Reduzierung der Sehschärfe und visuellen Belastbarkeit. Ab dem 28.08.2000 war der Kläger wieder arbeitsfähig (Mitteilung des Prof. Dr. V. ).
Nach einer Untersuchung am 25.09.2000 in der Praxis EMSA wurden eine mittelschwere depressive Episode als Reaktion auf den Unfall sowie eine vegetative Dysregulation als Folge einer Commotio cerebri diagnostiziert (Bericht der Ärztin für Neurologie Dr. F.-F. vom 26.09.2000), eine am 26.10.2000 dort durchgeführte Kernspintomographie des Gehirns ergab keine Hinweise auf Narbenbildung nach Commotio cerebri. In der Folgezeit diagnostizierte Dr. F.-F. eine chronisch depressive Entwicklung sowie einen Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung bei im Vordergrund stehender Frage der Berentung (Bericht vom 11.12.2001).
Am 14.09.2001 erstattete Prof. Dr. H. im Auftrag der Beklagten ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten. Die objektivierbaren klinischen, sonographischen und neurologischen Befunde an der Schulter seien völlig unauffällig und die Beschaffenheit der Muskulatur des linken Schultergürtels und Armes sei normal und seitengleich, was gegen das Vorliegen der demonstrierten Bewegungseinschränkungen (insbes. Vorhebung bis 140° und Einschränkungen der Drehung) spreche; passiv sei das linke Schultergelenk frei beweglich. Der Unfall habe möglicherweise eine Distorsion oder eine Kontusion der linken Schulter verursacht. Diese sei längst folgenlos ausgeheilt und zwar bevor die wegen der Orbitabodenfraktur bestehende Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen gewesen sei. Seit Wiederaufnahme der Arbeit bestehe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Am 07.05.2002 erstattete der Augenarzt Dr. H. im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Er hat als Folge der Orbitabodenfaktur eine anhaltende Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus links, eine erheblich reduzierte visuelle Belastbarkeit und eine etwas reduzierte zentrale Sehschärfe des linken Auges diagnostiziert. Die MdE schätzte er ab 21.06.2000 auf 10 v.H.
Am 19.08.2002 erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. aus der Praxis EMSA im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. In Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Dr. H. fand er auf neurologischem Fachgebiet keinerlei Auffälligkeiten, weder im zentralen noch im peripheren Neurostatus. Ob eine Commotio cerebri vorgelegen habe, lasse sich rückwirkend nicht behaupten. Zentralnervöse Strukturen seien früher und jetzt nicht verletzt. Schwerer falle die Bewertung des psychiatrischen Status. Der Kläger habe beginnend mit dem Unfall eine depressiv hypochondrische Psychopathologie mit polymorphen Beschwerden entwickelt, wobei durchgehend festzustellen sei, dass der Rentenwunsch größer als der Behandlungswunsch gewesen sei. Die Kriterien einer abnormen Erlebnisreaktion lägen nicht vor. Es handle sich vielmehr um eine - so die Diagnose - unspezifische unfallneurotische Entwicklung ohne wesentliche Funktionsrelevanz. Eine MdE auf seinem Fachgebiet liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 26.09.2002 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 21.06.2000 als Arbeitsunfall und als Unfallfolgen einen Bruch der linken Augenhöhle mit Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus und dadurch bedingter verminderter visuellen Belastbarkeit mit reduzierter zentraler Sehschärfe. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht, ein Anspruch auf Verletztengeld bis 27.08.2000. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003).
Am 05.05.2003 hat der Kläger zur Erlangung von Verletztenrente Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben, unter anderem mit der Begründung, Dr. F.-F. sei vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen. Unabhängig davon leide er noch unter dauerhaften Kopfschmerzen infolge der erlittenen Commotio cerebri mit Orbitafraktur sowie unter Sehstörungen und der erlittenen Schulterdistorsion mit Teilruptur der Rotatorenmanschette.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört, u.a. den Orthopäden Dr. E. (MdE auf Grund der im Januar 2002 auf orthopädischem Fachgebiet gestellten Diagnosen 40 v.H.), Dr. F.-F. (MdE auf Grund der unfallbedingten psychoreaktiven Störung mit doch deutlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit 10 bis maximal 20 v.H.) und den Arzt für Neurochirurgie M. , wonach der Unfall im Juni 2000 eine einschneidende Veränderung im Bereich des Schädels und der Halswirbelsäule (HWS) zur Folge gehabt habe.
Mit Schriftsatz vom 27.02.2004 hat die Beklagte unter Vorlage eines in einer BK-Sache des Klägers eingeholten Gutachtens des HNO-Arztes Dr. D. die dort als Unfallfolge angesehene Innenohrhochtonschwerhörigkeit links, soweit sie die gleiche Störung rechts in der Ausprägung übersteige (keine messbare MdE für das gesamte Fachgebiet) als zusätzliche Folge des Unfalls vom 21.06.2000 anerkannt.
Das Sozialgericht hat weiter ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.-H. mit ergänzender Stellungnahme eingeholt. Sie hat ausgeführt, die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung lägen nicht vor. Weder seien vegetative Symptome, noch Alpträume, Intrusionen oder Vermeidungsverhalten feststellbar. Eine mittelgradige depressive Episode sei derzeit nicht zu erkennen. Im Vordergrund der Beurteilung stehe eine neurotische Fehlverarbeitung der organischen Unfallfolgen in Form einer chronischen depressiv-somatisierenden Grundhaltung. Die inadäquate Verarbeitung der Unfallfolgen sei mit getragen von primär persönlichen Eigenschaften und von dem Wunsch des Klägers, sein "Recht" zu erlangen und Entschädigung geltend zu machen. Da nur eine leichtere psychische Störung vorliege, schätze sie die MdE auf 10 v.H. ein, die Gesamt-MdE auf 10 v.H.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet, beim Kläger eine Innenohrschwerhörigkeit links als weitere Unfallfolge festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die MdE für die unfallbedingte geringgradige Innenohrschwerhörigkeit links liege unter 10 v.H. Relevanz für die unfallbedingte Gesamt-MdE des Klägers erlange diese Unfallschädigung daher nicht. Weitere Unfallfolgen seien nicht anzuerkennen. Das Gutachten von Dr. K.-H. nehme zwar eine MdE von 10 v.H. an wegen einer leichteren psychischen Störung. Begründet werde dies mit einer mittlerweile chronisch depressiven Entwicklung mit Somatisierung auf Grund der Beschwerden nach Fraktur der linken Orbita. Die von der Sachverständigen beschriebene Kausalitätskette sei zwar möglich, im vorliegenden Fall habe Dr. K.-H. aber die primär persönlichen Anlagen des Klägers nicht ausreichend bewertet. Das Gericht sehe anders als die Gutachterin in dieser Primärpersönlichkeit die entscheidenden Faktoren. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass auch die Gutachterin diese Unfallfolgen allenfalls mit 10 v.H. bewerte.
Gegen den am 04.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.04.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, die Beeinträchtigungen auf psychischem Gebiet seien Unfallfolgen. Er leide seit dem Unfallgeschehen an Ein- und Durchschlafstörungen bzw. bei Wetterwechsel an Schwindelgefühlen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03.04.2006 sowie den Bescheid vom 29.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 28.08.2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat ab 28.08.2000 keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Die verbliebenen Unfallfolgen führen zu keiner rentenberechtigenden MdE.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente verneint.
Beim Kläger liegen als Unfallfolgen - so die Feststellung im Bescheid vom 26.09.2002 - ein Bruch der linken Augenhöhle mit Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus und eine dadurch bedingte verminderte visuelle Belastbarkeit mit reduzierter zentraler Sehschärfe sowie - wie von der Beklagten im Klageverfahren anerkannt und entsprechend dem insoweit rechtskräftig gewordenem Urteil des Sozialgerichts - eine Innenohrschwerhörigkeit links vor. Eine rentenberechtigende MdE wird durch diese Unfallfolgen nicht verursacht. Dies ergibt sich für den Senat überzeugend aus dem von der Beklagten bei dem Augenarzt Dr. H. eingeholten Gutachten vom 07.05.2002 (MdE 10 v.H.) und dem von der Beklagten in das Verfahren eingeführten Gutachten von Dr. D. vom 18.12.2003, der auf seinem Fachgebiet insgesamt, also nicht nur bezogen auf die als Unfallfolgen angenommene geringfügige Hochtonminderung links, keine MdE messbaren Grades angenommen hat. Hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht.
Unfallfolgen im Bereich der linken Schulter liegen nicht vor. Dies ergibt sich für den Senat in Bezug auf das orthopädisch-chirurgische Fachgebiet überzeugend aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Prof. Dr. H. vom 14.09.2001. Danach war eine - allerdings nur möglicherweise stattgefundene - Distorsion oder Kontusion der linken Schulter bis zum 28.08.2000 (Ende der Arbeitsunfähigkeit) folgenlos ausgeheilt. Insbesondere bestätigte die Kernspintomografie des linken Schultergelenks vom 22.02.2001 den ursprünglich geäußerten Verdacht auf Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur nicht. Vielmehr wurden kernspintomographisch keine alters- oder pathologierelevanten Veränderungen im Bereich der dargestellten Schulterstrukturen gefunden, ebenso wenig ein Impingementsyndrom. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. waren die objektivierbaren klinischen, sonographischen und neurologischen Befunde an der Schulter ebenso unauffällig wie die sonstigen weichteilmäßigen Befunde, sodass sich die vom Kläger demonstrierten Bewegungseinschränkungen im Bereich des linken Schulter-Arm-Bereiches nicht objektiv erklären lassen. Vielmehr spricht die von Prof. Dr. H. vorgefundene normale Beschaffenheit der Muskulatur des linken Schultergelenkes und Armes in seitengleicher Ausprägung gegenüber rechts gegen das Vorliegen von tatsächlichen Funktionseinschränkungen.
Ähnliche Ungereimtheiten hat Dr. M. in seinem nervenärztlichen Gutachten aufgeführt. Auf neurologischem Fachgebiet liegen - weder peripher noch zentral - pathologische Befunde vor, die die behaupteten Beschwerden erklären würden. Statt dessen fand Dr. M. eine seitengleiche Verschwielung der Hände, was auf einen seitengleichen und damit nicht beeinträchtigten Gebrauch beider Gliedmaßen hindeutet. Da der Kläger darüber hinaus - neurologisch durch nichts erklärbar - eine global reduzierte grobe Kraft und Motorik nicht nur des linken Armes, sondern auch des linken Beines demonstrierte, ging Dr. M. nachvollziehbar von einem voluntativ gesteuerten Geschehen aus. Dem schließt sich der Senat an.
Sonstige Unfallfolgen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet liegen nicht vor. Soweit der behandelnde Neurochirurg M. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht "eine einschneidende Veränderung im Bereich des Schädels und der HWS" in Form von Cephalgien und Cervicobrachialgien auf den Arbeitsunfall zurückführt, folgt ihm der Senat nicht. Verletzungen des Gehirns sind durch das Kernspintomogramm vom 26.10.2000 ausgeschlossen worden, knöcherne Verletzungen des Schädels wurden röntgenologisch auf die Orbitafraktur beschränkt diagnostiziert. Eine Verletzung der HWS stand zu keinem Zeitpunkt im Raum. Auch den vom Neurochirurgen M. diagnostizierten Cephalgien und Cervicobrachialgien vergleichbare Beschwerden sind zeitnah nach dem Unfall nicht dokumentiert. Selbst der Kläger macht solche Beschwerden nicht als Unfallfolgen geltend. Soweit der behandelnde Orthopäde Dr. E. gegenüber dem Sozialgericht auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE um 40 v.H. annimmt, bezieht sich dies auf alle von ihm auf seinem Fachgebiet gestellten Diagnosen; eine Kausalitätsbeurteilung hinsichtlich des Bestehens von Unfallfolgen hat Dr. E. nicht vorgenommen.
Unfallbedingte psychiatrische Gesundheitsstörungen liegen jedenfalls nicht in einem rentenrelevanten Ausmaß vor.
Für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 nach ICD 10 = 10. Revision der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation), ergeben sich keinerlei Hinweise. Weder sind vegetative Symptome, noch Alpträume, Intrusionen oder Vermeidungsverhalten feststellbar. So ist der Kläger direkt nach dem Unfall und auch nach dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weiter mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren und der Unfall war bei Weitem nicht von einer Ausprägung und Eindrücklichkeit, dass er zu einer größeren seelischen Erschütterung hätte führen können. Dies ergibt sich übereinstimmend aus dem Gutachten der Dr. K.-H. und dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. M ... Auch Dr. F.-F. hat die von ihr ursprünglich gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung in ihrer sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht nicht mehr aufgeführt.
Eine reaktive Depression, wie sie von Dr. F.-F. diagnostiziert worden ist oder eine mittelgradige depressive Episode, von der die M.-B.-Klinik, wo der Kläger im November/Dezember 2002 eine stationäre medizinische Rehabilitation durchlief, ausging, vermag der Senat nicht anzunehmen. Sowohl Dr. M. wie Dr. K.-H. haben keine hinreichenden diesbezüglichen Kriterien gefunden. Insbesondere die vom Kläger geschilderte gut strukturierte Tagesstruktur steht einer solchen Diagnose entgegen. So hat der Kläger nach dem Unfall bzw. nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit wieder zu Arbeiten begonnen, er fährt weiterhin mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz, erledigt seinen Haushalt (lediglich für die gröberen Tätigkeiten kommt ein bis zwei Mal pro Monat eine Putzfrau), er hat - so seine Angaben - viele Freunde und Kollegen und trägt sich mit der Absicht, eine feste Beziehung zu einer Frau einzugehen. In der Freizeit sieht er häufig fern, speziell Sendungen aus seiner früheren Heimat, und er fährt häufig mit dem Fahrrad. Außerdem hat er im Jahr der Untersuchung durch Dr. K.-H. seinen Garten "fertig gemacht" und eine Solaranlage aufs Dach gekauft. Auch sein Erscheinungsbild und Verhalten bei der gerichtlichen Sachverständigen - im bunten Hawai-Hemd und mit dem Jeep, äußerst freundliche Kontaktaufnahme und lebhaftes Verhalten - sprechen gegen eine schwer wiegende psychische Erkrankung in Form einer Depression. Insbesondere lässt sich eine solche Diagnose nicht mit dem sowohl von Dr. M. wie Dr. K.-H. dokumentierten Ausbrechen in Tränen rechtfertigen. Vor allem Dr. K.-H. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger trotz trauriger Beschwerdeschilderung und Weinen wieder auflockerbar, geradezu fröhlich gewesen ist und Scherze gemacht hat. Insgesamt hat sie dem Kläger ausdrücklich gewisse darstellerische Elemente bescheinigt. Vergleichbares gilt für die Beurteilung von Dr. M ... Auch er stellte eine Erzählfreude des Klägers fest und er ging - angesichts des vom Kläger bei ihm in der Begutachtung nachdrücklich und zuvor schon mehrmals im Rahmen der Behandlung formulierten Wunsches nach Rente - von einer unfallneurotischen Fehlentwicklung und gerade nicht von depressiven Zuständen aus. In seinem Gutachten hat Dr. M. ausgeführt, der Kläger gebe spontan über die Schmerzen und die daraus abgeleiteten Funktionsbeeinträchtigungen hinaus keine typisch dysthymen Basisstörungen an. Erst auf Befragen habe er über Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Kopfdruck und Schwindel berichtet, allerdings bei der Befragung durch Dr. M. - so der Gutachter - fast jede von diesem ihm angebotene Körperstörung als für sich zutreffend bestätigt bzw. bejaht.
Vor diesem Hintergrund bestehen auch Zweifel, ob die von Dr. K.-H. diagnostizierte chronifizierte Fehlentwicklung mit depressiven Elementen und Somatisierung in Form einer Dysthymia (ICD F 34.1) vorliegt. Immerhin ist durch Dr. M. ein über längere Zeit bestehendes und massiv verfolgtes Rentenbegehren des Klägers ebenso dokumentiert wie - hinsichtlich der behaupteten Funktionsstörungen der linken Schulter schon dargelegt - aggravatives Verhalten und - was Auswirkungen der Schmerzsstörung anbelangt - beliebige Beschwerdeangaben. Dies und der Umstand, dass der Kläger - so seine Angaben gegenüber der gerichtlichen Sachverständigen - auch nach einer Operation seiner Handsehnen ca. 1989 ähnlich, nämlich mit "Weinen" und Geltendmachung von Ansprüchen auf gerichtlichem Weg, reagierte, ließe auch den Schluss auf ein gesteuertes, berechnendes Verhalten zu.
Aber selbst wenn eine derartige Dysthymia vorläge und - was offen bleibt - wesentlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen wäre, bliebe der Berufung des Klägers der Erfolg versagt. Denn Dr. K.-H. hat die von ihr angenommene Störung ausdrücklich als leicht umschrieben und mit einer MdE von lediglich 10 v. H. bewertet. Angesichts der bereits beschriebenen Tagesstruktur, den - so Dr. K.-H. im Gutachten ausdrücklich - nicht beeinträchtigten mnestischen Funktionen, voll erhaltener Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Umstellungsfähigkeit ist eine höhere MdE nicht gerechtfertigt. Einschränkungen ergeben sich - so die Sachverständige in ihrer ergänzenden Stellungnahme - lediglich hinsichtlich des Ausmaßes der psychischen Belastbarkeit und damit im Hinblick auf Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Nachschicht oder mit hoher Konzentrationsfähigkeit bzw. vermehrter Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Noch ungünstiger wäre das Ergebnis für den Kläger, wenn die von Dr. M. vorgenommene Bewertung (unfallneurotische Entwicklung) zu Grunde gelegt würde, da der Gutachter dieser Störung keine wesentliche Funktionsrelevanz zumisst und damit auch keine MdE annimmt.
Eine rentenberechtigende Gesamt-MdE wird damit jedenfalls nicht erreicht. Hat - wie hier - ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, ist die MdE im Ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (BSG, Beschluss vom 24.11.1988, 2 BU 139/88 unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht). Dementsprechend sind mathematische Formeln kein rechtlich zulässiges oder gar gebotenes Beurteilungsmittel zur Feststellung der Gesamt-MdE (BSG, Urteil vom 15.03.1979, 9 RVs 6/77 in SozR 3870 § 3 Nr. 4), vielmehr muss bei der Gesamtbeurteilung bemessen werden, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle, teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSG, a.a.O.).
Ausgehend von einer MdE um 10 v.H. auf augenärztlichem Gebiet führt die von Dr. K.-H. auf psychiatrischem Fachgebiet angenommene - und allenfalls bestehende - MdE um 10 v.H. nicht zu einer MdE um 20 v.H. Dies schon deshalb nicht, weil die von der gerichtlichen Sachverständigen aufgeführten Funktionseinschränkungen zumindest teilweise identisch sind (insbesondere hinsichtlich Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit und bei Stressbelastung) mit den Auswirkungen der dem augenärztlichen Fachgebiet zugewiesenen Schmerzsymptomatik. Dem entsprechend gelangt auch die Sachverständige im Ergebnis lediglich zu einer Gesamt-MdE um 10 v.H. Soweit der Kläger in die Beurteilung auch Unfallfolgen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet mit einer MdE um 10 v.H. einbeziehen möchte, übersieht er, dass - wie oben dargelegt - auf diesem Fachgebiet keine messbare MdE vorliegt, also schon gar nicht hinsichtlich der als Unfallfolge anzusehenden (lediglich geringen) Innenohrschwerhörigkeit links.
Da ein Stützrententatbestand nicht vorliegt, besteht kein Anspruch auf Verletztenrente. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21.06.2000 Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente hat.
Der am 1948 in Serbien geborene Kläger reiste 1969 in die Bundesrepublik Deutschland ein und arbeitete seit 1984 bei der Firma A.S. GmbH. Am 21.06.2000 stürzte er auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte vom Fahrrad. Er erlitt vor allem eine Orbitabodenfraktur links sowie Schürfwunden an Stirn, Wange, Händen und Ellenbogen. Nach dem Sturz fuhr der Kläger mit dem Fahrrad weiter zu seiner Arbeitsstelle, von wo er sich, nachdem er Blutungen im Gesicht festgestellt hatte, bis 30.06.2000 in stationäre Behandlung in die Chirurgische Klinik am H.-Klinikum in S. begab.
Bei der Aufnahme waren die Extremitäten unauffällig (Bericht des Prof. Dr. V. , Chefarzt der Klinik). Ab dem 23.06.2000 traten Bewegungseinschränkungen an der linken Schulter auf, später (erstmals dokumentiert für den 27.06.2000 durch Dr. N. , Chefarzt der Neurologischen Klinik des H.-Klinkums, im Bericht vom 28.06.2000) und dauerhaft gab der Kläger auch Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen an. Eine Ursache konnte während des Krankenhausaufenthaltes nicht festgestellt werden, der Verdacht einer Rotatorenmanschettenruptur bestätigte sich nicht: röntgenologisch zeigten sich an der linken Schulter keine Verletzungszeichen (Bericht des Prof. Dr. V. vom 25.07.2000), die sonographische Untersuchung der Schulter zeigte zwar zuletzt eine Aufquellung im Bereich der Rotatorenmanschette, jedoch keine Kontinuitätsunterbrechnung (Bericht des Prof. Dr. V. vom 31.07.2000), die neurologische Untersuchung einschließlich Elektromyelographie blieb ohne Befund (Bericht des Dr. N. vom 01.08.2000). Eine am 22.02.2001 in der Praxis der Neurologen und Psychiater Dres. E. , M. , S. , A. (EMSA) durchgeführte kernspintomographische Untersuchung des linken Schultergelenks ergab keine alters- oder pathologierelevanten Veränderungen, auch kein Impingementsyndrom (Bericht des Dr. M. vom 27.02.2001).
Die Orbitabodenfraktur links wurde am 06.07.2000 durch Reposition und Orbitabodenplastik durch den Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg Dr. Sch. operiert. Verblieben ist eine Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus und eine Reduzierung der Sehschärfe und visuellen Belastbarkeit. Ab dem 28.08.2000 war der Kläger wieder arbeitsfähig (Mitteilung des Prof. Dr. V. ).
Nach einer Untersuchung am 25.09.2000 in der Praxis EMSA wurden eine mittelschwere depressive Episode als Reaktion auf den Unfall sowie eine vegetative Dysregulation als Folge einer Commotio cerebri diagnostiziert (Bericht der Ärztin für Neurologie Dr. F.-F. vom 26.09.2000), eine am 26.10.2000 dort durchgeführte Kernspintomographie des Gehirns ergab keine Hinweise auf Narbenbildung nach Commotio cerebri. In der Folgezeit diagnostizierte Dr. F.-F. eine chronisch depressive Entwicklung sowie einen Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung bei im Vordergrund stehender Frage der Berentung (Bericht vom 11.12.2001).
Am 14.09.2001 erstattete Prof. Dr. H. im Auftrag der Beklagten ein orthopädisch-chirurgisches Gutachten. Die objektivierbaren klinischen, sonographischen und neurologischen Befunde an der Schulter seien völlig unauffällig und die Beschaffenheit der Muskulatur des linken Schultergürtels und Armes sei normal und seitengleich, was gegen das Vorliegen der demonstrierten Bewegungseinschränkungen (insbes. Vorhebung bis 140° und Einschränkungen der Drehung) spreche; passiv sei das linke Schultergelenk frei beweglich. Der Unfall habe möglicherweise eine Distorsion oder eine Kontusion der linken Schulter verursacht. Diese sei längst folgenlos ausgeheilt und zwar bevor die wegen der Orbitabodenfraktur bestehende Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen gewesen sei. Seit Wiederaufnahme der Arbeit bestehe keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Am 07.05.2002 erstattete der Augenarzt Dr. H. im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Er hat als Folge der Orbitabodenfaktur eine anhaltende Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus links, eine erheblich reduzierte visuelle Belastbarkeit und eine etwas reduzierte zentrale Sehschärfe des linken Auges diagnostiziert. Die MdE schätzte er ab 21.06.2000 auf 10 v.H.
Am 19.08.2002 erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. aus der Praxis EMSA im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. In Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Dr. H. fand er auf neurologischem Fachgebiet keinerlei Auffälligkeiten, weder im zentralen noch im peripheren Neurostatus. Ob eine Commotio cerebri vorgelegen habe, lasse sich rückwirkend nicht behaupten. Zentralnervöse Strukturen seien früher und jetzt nicht verletzt. Schwerer falle die Bewertung des psychiatrischen Status. Der Kläger habe beginnend mit dem Unfall eine depressiv hypochondrische Psychopathologie mit polymorphen Beschwerden entwickelt, wobei durchgehend festzustellen sei, dass der Rentenwunsch größer als der Behandlungswunsch gewesen sei. Die Kriterien einer abnormen Erlebnisreaktion lägen nicht vor. Es handle sich vielmehr um eine - so die Diagnose - unspezifische unfallneurotische Entwicklung ohne wesentliche Funktionsrelevanz. Eine MdE auf seinem Fachgebiet liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 26.09.2002 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 21.06.2000 als Arbeitsunfall und als Unfallfolgen einen Bruch der linken Augenhöhle mit Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus und dadurch bedingter verminderter visuellen Belastbarkeit mit reduzierter zentraler Sehschärfe. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht, ein Anspruch auf Verletztengeld bis 27.08.2000. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003).
Am 05.05.2003 hat der Kläger zur Erlangung von Verletztenrente Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben, unter anderem mit der Begründung, Dr. F.-F. sei vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen. Unabhängig davon leide er noch unter dauerhaften Kopfschmerzen infolge der erlittenen Commotio cerebri mit Orbitafraktur sowie unter Sehstörungen und der erlittenen Schulterdistorsion mit Teilruptur der Rotatorenmanschette.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört, u.a. den Orthopäden Dr. E. (MdE auf Grund der im Januar 2002 auf orthopädischem Fachgebiet gestellten Diagnosen 40 v.H.), Dr. F.-F. (MdE auf Grund der unfallbedingten psychoreaktiven Störung mit doch deutlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit 10 bis maximal 20 v.H.) und den Arzt für Neurochirurgie M. , wonach der Unfall im Juni 2000 eine einschneidende Veränderung im Bereich des Schädels und der Halswirbelsäule (HWS) zur Folge gehabt habe.
Mit Schriftsatz vom 27.02.2004 hat die Beklagte unter Vorlage eines in einer BK-Sache des Klägers eingeholten Gutachtens des HNO-Arztes Dr. D. die dort als Unfallfolge angesehene Innenohrhochtonschwerhörigkeit links, soweit sie die gleiche Störung rechts in der Ausprägung übersteige (keine messbare MdE für das gesamte Fachgebiet) als zusätzliche Folge des Unfalls vom 21.06.2000 anerkannt.
Das Sozialgericht hat weiter ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.-H. mit ergänzender Stellungnahme eingeholt. Sie hat ausgeführt, die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung lägen nicht vor. Weder seien vegetative Symptome, noch Alpträume, Intrusionen oder Vermeidungsverhalten feststellbar. Eine mittelgradige depressive Episode sei derzeit nicht zu erkennen. Im Vordergrund der Beurteilung stehe eine neurotische Fehlverarbeitung der organischen Unfallfolgen in Form einer chronischen depressiv-somatisierenden Grundhaltung. Die inadäquate Verarbeitung der Unfallfolgen sei mit getragen von primär persönlichen Eigenschaften und von dem Wunsch des Klägers, sein "Recht" zu erlangen und Entschädigung geltend zu machen. Da nur eine leichtere psychische Störung vorliege, schätze sie die MdE auf 10 v.H. ein, die Gesamt-MdE auf 10 v.H.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet, beim Kläger eine Innenohrschwerhörigkeit links als weitere Unfallfolge festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die MdE für die unfallbedingte geringgradige Innenohrschwerhörigkeit links liege unter 10 v.H. Relevanz für die unfallbedingte Gesamt-MdE des Klägers erlange diese Unfallschädigung daher nicht. Weitere Unfallfolgen seien nicht anzuerkennen. Das Gutachten von Dr. K.-H. nehme zwar eine MdE von 10 v.H. an wegen einer leichteren psychischen Störung. Begründet werde dies mit einer mittlerweile chronisch depressiven Entwicklung mit Somatisierung auf Grund der Beschwerden nach Fraktur der linken Orbita. Die von der Sachverständigen beschriebene Kausalitätskette sei zwar möglich, im vorliegenden Fall habe Dr. K.-H. aber die primär persönlichen Anlagen des Klägers nicht ausreichend bewertet. Das Gericht sehe anders als die Gutachterin in dieser Primärpersönlichkeit die entscheidenden Faktoren. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass auch die Gutachterin diese Unfallfolgen allenfalls mit 10 v.H. bewerte.
Gegen den am 04.04.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27.04.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, die Beeinträchtigungen auf psychischem Gebiet seien Unfallfolgen. Er leide seit dem Unfallgeschehen an Ein- und Durchschlafstörungen bzw. bei Wetterwechsel an Schwindelgefühlen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 03.04.2006 sowie den Bescheid vom 29.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 28.08.2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat ab 28.08.2000 keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Die verbliebenen Unfallfolgen führen zu keiner rentenberechtigenden MdE.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente verneint.
Beim Kläger liegen als Unfallfolgen - so die Feststellung im Bescheid vom 26.09.2002 - ein Bruch der linken Augenhöhle mit Schmerzsymptomatik im zweiten Ast des Nervus trigeminus und eine dadurch bedingte verminderte visuelle Belastbarkeit mit reduzierter zentraler Sehschärfe sowie - wie von der Beklagten im Klageverfahren anerkannt und entsprechend dem insoweit rechtskräftig gewordenem Urteil des Sozialgerichts - eine Innenohrschwerhörigkeit links vor. Eine rentenberechtigende MdE wird durch diese Unfallfolgen nicht verursacht. Dies ergibt sich für den Senat überzeugend aus dem von der Beklagten bei dem Augenarzt Dr. H. eingeholten Gutachten vom 07.05.2002 (MdE 10 v.H.) und dem von der Beklagten in das Verfahren eingeführten Gutachten von Dr. D. vom 18.12.2003, der auf seinem Fachgebiet insgesamt, also nicht nur bezogen auf die als Unfallfolgen angenommene geringfügige Hochtonminderung links, keine MdE messbaren Grades angenommen hat. Hiergegen wendet sich der Kläger auch nicht.
Unfallfolgen im Bereich der linken Schulter liegen nicht vor. Dies ergibt sich für den Senat in Bezug auf das orthopädisch-chirurgische Fachgebiet überzeugend aus dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Prof. Dr. H. vom 14.09.2001. Danach war eine - allerdings nur möglicherweise stattgefundene - Distorsion oder Kontusion der linken Schulter bis zum 28.08.2000 (Ende der Arbeitsunfähigkeit) folgenlos ausgeheilt. Insbesondere bestätigte die Kernspintomografie des linken Schultergelenks vom 22.02.2001 den ursprünglich geäußerten Verdacht auf Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur nicht. Vielmehr wurden kernspintomographisch keine alters- oder pathologierelevanten Veränderungen im Bereich der dargestellten Schulterstrukturen gefunden, ebenso wenig ein Impingementsyndrom. Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. waren die objektivierbaren klinischen, sonographischen und neurologischen Befunde an der Schulter ebenso unauffällig wie die sonstigen weichteilmäßigen Befunde, sodass sich die vom Kläger demonstrierten Bewegungseinschränkungen im Bereich des linken Schulter-Arm-Bereiches nicht objektiv erklären lassen. Vielmehr spricht die von Prof. Dr. H. vorgefundene normale Beschaffenheit der Muskulatur des linken Schultergelenkes und Armes in seitengleicher Ausprägung gegenüber rechts gegen das Vorliegen von tatsächlichen Funktionseinschränkungen.
Ähnliche Ungereimtheiten hat Dr. M. in seinem nervenärztlichen Gutachten aufgeführt. Auf neurologischem Fachgebiet liegen - weder peripher noch zentral - pathologische Befunde vor, die die behaupteten Beschwerden erklären würden. Statt dessen fand Dr. M. eine seitengleiche Verschwielung der Hände, was auf einen seitengleichen und damit nicht beeinträchtigten Gebrauch beider Gliedmaßen hindeutet. Da der Kläger darüber hinaus - neurologisch durch nichts erklärbar - eine global reduzierte grobe Kraft und Motorik nicht nur des linken Armes, sondern auch des linken Beines demonstrierte, ging Dr. M. nachvollziehbar von einem voluntativ gesteuerten Geschehen aus. Dem schließt sich der Senat an.
Sonstige Unfallfolgen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet liegen nicht vor. Soweit der behandelnde Neurochirurg M. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht "eine einschneidende Veränderung im Bereich des Schädels und der HWS" in Form von Cephalgien und Cervicobrachialgien auf den Arbeitsunfall zurückführt, folgt ihm der Senat nicht. Verletzungen des Gehirns sind durch das Kernspintomogramm vom 26.10.2000 ausgeschlossen worden, knöcherne Verletzungen des Schädels wurden röntgenologisch auf die Orbitafraktur beschränkt diagnostiziert. Eine Verletzung der HWS stand zu keinem Zeitpunkt im Raum. Auch den vom Neurochirurgen M. diagnostizierten Cephalgien und Cervicobrachialgien vergleichbare Beschwerden sind zeitnah nach dem Unfall nicht dokumentiert. Selbst der Kläger macht solche Beschwerden nicht als Unfallfolgen geltend. Soweit der behandelnde Orthopäde Dr. E. gegenüber dem Sozialgericht auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE um 40 v.H. annimmt, bezieht sich dies auf alle von ihm auf seinem Fachgebiet gestellten Diagnosen; eine Kausalitätsbeurteilung hinsichtlich des Bestehens von Unfallfolgen hat Dr. E. nicht vorgenommen.
Unfallbedingte psychiatrische Gesundheitsstörungen liegen jedenfalls nicht in einem rentenrelevanten Ausmaß vor.
Für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 nach ICD 10 = 10. Revision der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation), ergeben sich keinerlei Hinweise. Weder sind vegetative Symptome, noch Alpträume, Intrusionen oder Vermeidungsverhalten feststellbar. So ist der Kläger direkt nach dem Unfall und auch nach dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weiter mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren und der Unfall war bei Weitem nicht von einer Ausprägung und Eindrücklichkeit, dass er zu einer größeren seelischen Erschütterung hätte führen können. Dies ergibt sich übereinstimmend aus dem Gutachten der Dr. K.-H. und dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. M ... Auch Dr. F.-F. hat die von ihr ursprünglich gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung in ihrer sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht nicht mehr aufgeführt.
Eine reaktive Depression, wie sie von Dr. F.-F. diagnostiziert worden ist oder eine mittelgradige depressive Episode, von der die M.-B.-Klinik, wo der Kläger im November/Dezember 2002 eine stationäre medizinische Rehabilitation durchlief, ausging, vermag der Senat nicht anzunehmen. Sowohl Dr. M. wie Dr. K.-H. haben keine hinreichenden diesbezüglichen Kriterien gefunden. Insbesondere die vom Kläger geschilderte gut strukturierte Tagesstruktur steht einer solchen Diagnose entgegen. So hat der Kläger nach dem Unfall bzw. nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit wieder zu Arbeiten begonnen, er fährt weiterhin mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz, erledigt seinen Haushalt (lediglich für die gröberen Tätigkeiten kommt ein bis zwei Mal pro Monat eine Putzfrau), er hat - so seine Angaben - viele Freunde und Kollegen und trägt sich mit der Absicht, eine feste Beziehung zu einer Frau einzugehen. In der Freizeit sieht er häufig fern, speziell Sendungen aus seiner früheren Heimat, und er fährt häufig mit dem Fahrrad. Außerdem hat er im Jahr der Untersuchung durch Dr. K.-H. seinen Garten "fertig gemacht" und eine Solaranlage aufs Dach gekauft. Auch sein Erscheinungsbild und Verhalten bei der gerichtlichen Sachverständigen - im bunten Hawai-Hemd und mit dem Jeep, äußerst freundliche Kontaktaufnahme und lebhaftes Verhalten - sprechen gegen eine schwer wiegende psychische Erkrankung in Form einer Depression. Insbesondere lässt sich eine solche Diagnose nicht mit dem sowohl von Dr. M. wie Dr. K.-H. dokumentierten Ausbrechen in Tränen rechtfertigen. Vor allem Dr. K.-H. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger trotz trauriger Beschwerdeschilderung und Weinen wieder auflockerbar, geradezu fröhlich gewesen ist und Scherze gemacht hat. Insgesamt hat sie dem Kläger ausdrücklich gewisse darstellerische Elemente bescheinigt. Vergleichbares gilt für die Beurteilung von Dr. M ... Auch er stellte eine Erzählfreude des Klägers fest und er ging - angesichts des vom Kläger bei ihm in der Begutachtung nachdrücklich und zuvor schon mehrmals im Rahmen der Behandlung formulierten Wunsches nach Rente - von einer unfallneurotischen Fehlentwicklung und gerade nicht von depressiven Zuständen aus. In seinem Gutachten hat Dr. M. ausgeführt, der Kläger gebe spontan über die Schmerzen und die daraus abgeleiteten Funktionsbeeinträchtigungen hinaus keine typisch dysthymen Basisstörungen an. Erst auf Befragen habe er über Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Kopfdruck und Schwindel berichtet, allerdings bei der Befragung durch Dr. M. - so der Gutachter - fast jede von diesem ihm angebotene Körperstörung als für sich zutreffend bestätigt bzw. bejaht.
Vor diesem Hintergrund bestehen auch Zweifel, ob die von Dr. K.-H. diagnostizierte chronifizierte Fehlentwicklung mit depressiven Elementen und Somatisierung in Form einer Dysthymia (ICD F 34.1) vorliegt. Immerhin ist durch Dr. M. ein über längere Zeit bestehendes und massiv verfolgtes Rentenbegehren des Klägers ebenso dokumentiert wie - hinsichtlich der behaupteten Funktionsstörungen der linken Schulter schon dargelegt - aggravatives Verhalten und - was Auswirkungen der Schmerzsstörung anbelangt - beliebige Beschwerdeangaben. Dies und der Umstand, dass der Kläger - so seine Angaben gegenüber der gerichtlichen Sachverständigen - auch nach einer Operation seiner Handsehnen ca. 1989 ähnlich, nämlich mit "Weinen" und Geltendmachung von Ansprüchen auf gerichtlichem Weg, reagierte, ließe auch den Schluss auf ein gesteuertes, berechnendes Verhalten zu.
Aber selbst wenn eine derartige Dysthymia vorläge und - was offen bleibt - wesentlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen wäre, bliebe der Berufung des Klägers der Erfolg versagt. Denn Dr. K.-H. hat die von ihr angenommene Störung ausdrücklich als leicht umschrieben und mit einer MdE von lediglich 10 v. H. bewertet. Angesichts der bereits beschriebenen Tagesstruktur, den - so Dr. K.-H. im Gutachten ausdrücklich - nicht beeinträchtigten mnestischen Funktionen, voll erhaltener Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Umstellungsfähigkeit ist eine höhere MdE nicht gerechtfertigt. Einschränkungen ergeben sich - so die Sachverständige in ihrer ergänzenden Stellungnahme - lediglich hinsichtlich des Ausmaßes der psychischen Belastbarkeit und damit im Hinblick auf Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Nachschicht oder mit hoher Konzentrationsfähigkeit bzw. vermehrter Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Noch ungünstiger wäre das Ergebnis für den Kläger, wenn die von Dr. M. vorgenommene Bewertung (unfallneurotische Entwicklung) zu Grunde gelegt würde, da der Gutachter dieser Störung keine wesentliche Funktionsrelevanz zumisst und damit auch keine MdE annimmt.
Eine rentenberechtigende Gesamt-MdE wird damit jedenfalls nicht erreicht. Hat - wie hier - ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, ist die MdE im Ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (BSG, Beschluss vom 24.11.1988, 2 BU 139/88 unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht). Dementsprechend sind mathematische Formeln kein rechtlich zulässiges oder gar gebotenes Beurteilungsmittel zur Feststellung der Gesamt-MdE (BSG, Urteil vom 15.03.1979, 9 RVs 6/77 in SozR 3870 § 3 Nr. 4), vielmehr muss bei der Gesamtbeurteilung bemessen werden, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle, teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSG, a.a.O.).
Ausgehend von einer MdE um 10 v.H. auf augenärztlichem Gebiet führt die von Dr. K.-H. auf psychiatrischem Fachgebiet angenommene - und allenfalls bestehende - MdE um 10 v.H. nicht zu einer MdE um 20 v.H. Dies schon deshalb nicht, weil die von der gerichtlichen Sachverständigen aufgeführten Funktionseinschränkungen zumindest teilweise identisch sind (insbesondere hinsichtlich Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit und bei Stressbelastung) mit den Auswirkungen der dem augenärztlichen Fachgebiet zugewiesenen Schmerzsymptomatik. Dem entsprechend gelangt auch die Sachverständige im Ergebnis lediglich zu einer Gesamt-MdE um 10 v.H. Soweit der Kläger in die Beurteilung auch Unfallfolgen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet mit einer MdE um 10 v.H. einbeziehen möchte, übersieht er, dass - wie oben dargelegt - auf diesem Fachgebiet keine messbare MdE vorliegt, also schon gar nicht hinsichtlich der als Unfallfolge anzusehenden (lediglich geringen) Innenohrschwerhörigkeit links.
Da ein Stützrententatbestand nicht vorliegt, besteht kein Anspruch auf Verletztenrente. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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