L 1 AS 1888/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 402/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 1888/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und Kosten der Unterkunft einschließlich Heizung) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 5. Februar bis 31. Juli 2009.

Die 1947 geborene Antragstellerin beantragte am 28. Juni 2007 Leistungen nach dem SGB II; bis dahin bezog sie Arbeitslosengeld I. Bei Antragsabgabe gab sie an, mit Herrn G. S. eine Wohnung in F., L.straße , gemeinsam zu bewohnen. Sie lebten in einer Wohngemeinschaft. Den Mietvertrag habe nur Herr S. abgeschlossen, sie bezahle an ihn monatlich 140,- EUR inkl. Heizung und 40,- EUR anteilige Stromkosten. Sie legte eine Vermieterbescheinigung vor, wonach sie seit 1. Oktober 1995 mit Herrn S. in besagter Wohnung wohne. Nach Inhalt des Mietvertrags handelt es sich um eine 3-Zimmerwohnung, ca. 60 m², mit einer weiteren Kammer, 1 Küche, Diele und getrenntem WC, Balkon und einem Kellerraum. Die Antragstellerin erhält Witwenrente von monatlich 7,69 EUR. Herr S. bezieht seit 1. Mai 2008 Arbeitslosengeld I in Höhe von 32,48 EUR täglich.

Mit Bescheid vom 3. August 2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen vom 1. August 2007 bis 31. Januar 2008 von insgesamt 630,- EUR (347,- EUR Regelleistung; Kosten für Unterkunft und Heizung 140,- EUR; befristeter Zuschlag zum Arbeitslosengeld II 143,- EUR) monatlich. Auf den Fortzahlungsantrag vom 8. Januar 2008 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 27. Februar 2008 Leistungen auch für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2008 und mit Bescheid vom 1. Juli 2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 20. November 2008 Leistungen vom 1. August 2008 bis 31. Januar 2009.

Am 7. November 2008 führten Mitarbeiter der Antragsgegnerin eine Wohnungsbesichtigung bei der Antragstellerin durch. Im Prüfvermerk vom gleichen Tag wurde festgehalten, dass davon auszugehen sei, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft vorliege. Kleiderschränke würden gemeinsam benutzt, die Wohnung werde seit 1. Oktober 1995 gemeinsam bewohnt, wahrscheinlich werde auch im gleichen Bett geschlafen (beide Nachttische seien benutzt).

Im Rahmen der danach durchgeführten Anhörung zur beabsichtigten Absenkung der Leistung gab die Antragstellerin an, mit Herrn S. lediglich eine Wohngemeinschaft zu bilden. Sie sei eine eigenständige Person, nur für sich verantwortlich und verbiete sich Verleumdungen.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 forderte die Antragsgegnerin auf den Fortzahlungsantrag der Antragstellerin diese zur Vorlage von Unterlagen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn S. auf.

Am 5. Februar 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Antrag auf Bewilligung von Leistungen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Ihr seien für Februar noch keinerlei Leistungen ausbezahlt worden; auch ihr Antrag auf Leistung eines Vorschusses sei ihr am 4. Februar 2009 abgelehnt worden. Sie könne weder Nahrungsmittel kaufen noch Miete bezahlen. Die Antragsgegnerin hat erwidert, die Antragstellerin lebe in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft mit Herrn S ... Dieser erhalte Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 974,40 EUR; eine Bedürftigkeit der Antragstellerin werde deshalb nicht ausgeschlossen, unterstellt, Herr S. verfüge nicht über einzusetzendes Vermögen. Sie erkläre sich daher bereit, der Antragstellerin ab 1. Februar 2009 Leistungen zum Lebensunterhalt von monatlich 119,66 EUR zu gewähren.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 4. März 2009 hat das SG die Antragstellerin persönlich angehört und Herrn S. als Zeugen vernommen. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 23. März 2009 hat das SG die Antragsgegnerin verpflichtet, über die im Wege des Teilanerkenntnisses gewährten monatlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 119,66 ,- EUR, weitere 21,34 EUR monatlich für die Zeit vom 5. Februar bis zu einer bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis 31. Juli 2009 zu bezahlen. Im Übrigen hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, bezüglich der Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 119,66 EUR fehle der Antragstellerin bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Erwirkung einer einstweiligen Anordnung. Nach summarischer Prüfung habe die Antragstellerin die Tatsachen den Anordnungsanspruch, soweit er weitere 21,34 EUR monatlich übersteige, nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin erfülle den Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II, da sie seit 1995 mit Herrn S. zusammen lebe. Diese Vermutung sei nicht widerlegt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses verwiesen.

Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin am 24. April 2009 Beschwerde eingelegt.

Sie beantragt, sinngemäß gefasst,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. März 2009 abzuändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen oder Vermögen von Herrn Santoro zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Sie hat jedenfalls den Anordnungsanspruch für die begehrte Leistung nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, nach Nr. 2 in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen und nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG in den Fällen des § 86 a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.

Soweit ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift sieht vor, dass einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Zu Recht hat das SG das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs verneint.

Vorliegend kommt nur der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt einen Anordnungsanspruch (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn bei der im Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, wobei auch wegen der mit der einstweiligen Regelung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ein strenger Maßstab anzulegen ist (Bundesverwaltungsgericht, Buchholz 310 § 123 Nr. 15). Denn grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.).

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II ist grundlegende Voraussetzung der Leistungsberechtigung von erwerbsfähigen Personen die Hilfebedürftigkeit. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II (in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung des Fortentwicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706)) u.a. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1 a.a.O.) sowie als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung für einander zu tragen und füreinander einzustehen (Nr. 3 Buchst. c a.a.O.).

Was die Kriterien für das Vorliegen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II anbelangt, ist auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur eheähnlichen Gemeinschaft entwickelten Maßstäbe zurückzugreifen (vgl. z.B. Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 22. März 2007 - L 7 AS 640/07 ER-B, zitiert nach Juris; ); hiernach muss es sich um eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft handeln, die daneben keine Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BVerfGE 87, 234, 264 f.; BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. September 2004 - 1 BvR 1962/04 - NVwZ 2005, 1178; BSGE 90, 90, 90, 98 f. = SozR 3-4100 § 119 Nr.26; BVerwGE 98, 195, 198 f.). Dem trägt die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II Rechnung; dabei ist - wie bereits dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen ist -, hinsichtlich des Willens, füreinander einzustehen, ein objektiver Maßstab anzulegen. Nicht ausschlaggebend ist deshalb die subjektive Sicht der betroffenen Personen; entscheidend ist vielmehr, ob bei verständiger Würdigung ein wechselseitiger Wille der Partner, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, unter objektiven Gesichtspunkten bejaht werden kann. Zur Annahme einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft reicht freilich eine bloße Wohngemeinschaft nicht aus (so bereits BSGE 63, 120, 123 = SozR 4100 § 138 Nr. 17), ebenso wenig eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. auch Bundestags-Drucksache 16/1410 S. 19 (zu Nr. 7 Buchst. a)). Allerdings wird ein Verantwortungs- und Einstehenswille nach der - gleichfalls mit dem Fortentwicklungsgesetz eingeführten - Regelung des § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn (1.) Partner länger als ein Jahr zusammenleben, (2.) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, (3.) Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder (4.) befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte mit der Vermutungsregelung dem Leistungsmissbrauch durch falsche Angaben zu den häuslichen Verhältnissen entgegengewirkt werden, wobei hinsichtlich der Kriterien für die Vermutung einer Einstehensgemeinschaft auf die Vorgaben des BVerfG und daran anschließend des BSG zurückzugreifen ist (vgl. Bundestags-Drucksache 16/1410 S. 19 (zu Nr. 7 Buchst. b)); hierzu gehören die lange Dauer und Intensität des Zusammenlebens, eine gemeinsame Wohnung, eine bestehende Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, die gemeinsame Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt sowie die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen (vgl. BVerfGE 87, 234, 265; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15; SozR 3-4300 § 144 Nr. 10; ferner BVerwGE 98, 195, 200; BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1999 - 5 B 114/98 , zitiert nach Juris; vgl. auch BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 B - zitiert nach Juris). Allerdings können auch andere äußere Tatsachen das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft begründen; dies ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles von Amts wegen zu prüfen (vgl. Bundestags-Drucksache 16/1410 S. 19 f. (zu Nr. 7 Buchst. b)). Ist indes zumindest einer der Vermutungstatbestände des § 7 Abs. 3a SGB II erfüllt, trifft den Anspruchsteller die Darlegungslast dafür, dass keiner der dort aufgeführten Sachverhalte vorliegt oder die Vermutung durch andere Umstände entkräftet wird (LSG Baden-Württemberg vom 22. März 2007 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Januar 2007 - L 13 AS 3747/06 ER-B - zitiert nach Juris; Bundestags-Drucksache 16/1410 S. 19 (zu Nr. 7 Buchst. b); Spellbrink, NZS 2007, 121, 126 f.; a.A. Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 69).

Das Tatbestandsmerkmal "länger als ein Jahr zusammenleben" kann allerdings ohne nähere Präzisierung nicht allein als Anknüpfungspunkt für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft dienen, weil insoweit auch eine Wohngemeinschaft im Sinne einer gemeinsam genutzten Wohnung erfasst würde. (vgl. dazu Wenner, SozSich 2006,146 ff.) Dementsprechend liegt eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nur dann vor, wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Sie ist auf Dauer angelegt und lässt daneben keine weitere Lebensgemeinschaft zu. Sie geht über eine Haushaltsgemeinschaft hinaus (Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 RdNr. 69; zum Ganzen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. April 2007 - L 28 B 295/07 AS ER, zitiert nach Juris).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist auch nach Auffassung des Senats nicht glaubhaft gemacht, dass eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit Herrn S. nicht besteht.

Mit dem SG erachtet der Senat gewichtige Indizien dafür als gegeben an, dass so enge Bindungen zwischen der Antragstellerin und Herrn S. bestehen, dass ein Einstehen in Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann und beide "aus einem Topf" wirtschaften. Vielmehr spricht mehr dagegen als dafür, dass beide in ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung voneinander unabhängig entscheiden.

Das SG hat in seinem Beschluss vom 23. März 2009 ausführlich und schlüssig dargelegt, dass aufgrund von Widersprüchlichkeiten im Vortrag der Antragstellerin und des Herrn S. im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 4. März 2009 die Tatsachen zur Widerlegung der Vermutungsregelung in § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II nicht hinreichend glaubhaft gemacht sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat nach eigener Prüfung auf die Gründe (Seiten 5 bis 13) des angefochtenen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung deshalb ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nur ergänzend weist der Senat deshalb darauf hin, dass auch unter Berücksichtigung weiterer widersprüchlicher Angaben der Antragstellerin und des Herrn S., z.B. zur Praxis beim Wäschewaschen (nach Auskunft der Antragstellerin wäscht sie nie für Herrn S. mit, während er ausgeführt hat, dass sie gelegentlich doch Jacke oder Hose mitwäscht), der Verteilung der Telefonkosten (nach Auskunft von Herrn S. trägt er immer die Hälfte der Telefonkosten, die Antragstellerin hat behauptet, er gebe ihr nur gelegentlich Geld, wenn er nach Italien telefoniert hat), der Frage des gemeinsamen Ausgehens (von der Antragstellerin verneint, von Herrn S. für die Vergangenheit jedenfalls gelegentlich bejaht) eine strikte Trennung der Haushalts- und Wirtschaftsführung nicht hinreichend glaubhaft ist. Auch erscheint nicht glaubhaft, dass die Antragstellerin in nahezu 14 Jahren gemeinsamen Wohnens mit Herrn S. nie bemerkt haben will, ob und was er sich kocht. Letztlich zeigt auch die Aufgabenverteilung bei der Reinhaltung der Wohnung, dass eine getrennte Wirtschaftsführung nicht besteht, da die Wohnung immer von einer Person, dann aber komplett, gereinigt wird.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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