L 6 U 1956/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3356/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1956/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.04.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt im Zugunstenverfahren Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 18.01.1989 über den 31.12.1989 hinaus.

Der 1965 geborene Kläger erlitt am 18.01.1989 während seiner beruflichen Tätigkeit als Metzger eine Verletzung, als ihm beim Abholen von Schlachtvieh von einem Bauernhof ein Stier beim Verladen gegen seinen linken Knöchel trat. Infolge einer vom Arzt für Chirurgie Dr. R. diagnostizierten Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit Innenknöchelfraktur (Durchgangsarztbericht vom 19.01.1989) bestand Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.06.1989.

Schon in früheren Jahren litt der Kläger unter verschiedenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Bei einem privaten Verkehrsunfall mit einem Moped am 22.09.1982 hatte er sich eine Patellafraktur links, eine offene Unterschenkelfraktur links sowie multiple Prellungen zugezogen, in deren Folge sich eine Lungenembolie entwickelte. Deswegen wurden stationäre Aufenthalte in der Chirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses L. vom 22.09.1982 bis zum 13.12.1982, vom 29.12.1982 bis zum 18.01.1983 und vom 15.10.1984 bis zum 23.10.1984 erforderlich (Berichte des Leitenden Arztes Priv.-Doz. Dr. Sch. vom 16.12.1982, 26.01.1983 und 30.10.1984). Im Oktober/November 1988 erfolgte durch die Hausärztin Dr. St. unter anderem wegen einer akuten Lumbago bei chronisch rezidivierendem Lendenwirbelsäulensyndrom sowie chronisch rezidivierenden Myogelosen paravertebral eine Krankschreibung. Am 30.10.1989 erlitt der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Fahrer einen weiteren Unfall, als ihm bei Ladearbeiten ein Metallhaken auf den Kopf fiel. Bei einer Schädelprellung mit Platzwunde bestand Arbeitsunfähigkeit zunächst bis zum 02.12.1989. In der Zeit vom 03.12.1991 bis zum 13.12.1991 befand sich der Kläger wegen einer Außenbandruptur des rechten Sprunggelenks infolge eines sich am 30.11.1991 zugetragenen Unfalls in stationärer Behandlung in der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses St. M. G. (Bericht des Chefarztes Dr. H. vom 18.12.1991). Am 30.01.1997 erfolgte während eines stationären Aufenthaltes im Kreiskrankenhaus Et. vom 30.01.1997 bis zum 15.02.1997 eine Arthroskopie im linken Kniegelenk. Zu Lasten der damaligen BfA unterzog sich der Kläger unter anderem zur Besserung der Schmerzsymptomatik im linken Kniegelenk bei posttraumatischer Gonarthrose sowie an der gesamten Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenprotrusion L 4/5 und L 5 rechts in der Zeit vom 19.02.1997 bis zum 19.03.1997 einem Heilverfahren in der Klinik Bad R. (Bericht des Leitenden Arztes Dr. Sch. vom 15.04.1997). Wegen einer Re-Arthroskopie des linken Kniegelenks am 18.05.2000 wurde der Kläger in der Zeit vom 17.05.2000 bis zum 22.05.2000 in der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses A. stationär behandelt (Arztbrief des Chefarztes Dr. W. vom 06.06.2000).

Im Zuge der Ermittlungen zum Unfall vom 18.01.1989 hatte die Beklagte Dr. R. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Im Gutachten vom 03.07.1989 beschrieb der Arzt als wesentliche Unfallfolgen eine erhebliche Schwellneigung des linken Unterschenkels nach Distorsion mit Innenknöchelfraktur, eine deutliche Einschränkung der Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk, Belastungsschmerzen und Blutumlaufstörungen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er vom 19.06.1989 bis zum 03.07.1989 auf 40 vom Hundert (v. H.), vom 04.07.1989 bis zum 18.10.1989 auf 30 v. H. sowie danach auf voraussichtlich 20 v. H. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.11.1989 hielt der Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. B. das vorgenannte Gutachten mangels Abgrenzung des Vorschadens aus dem Jahr 1982 für ungeeignet. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere gutachtliche Untersuchung in der Chirurgischen Universitätsklinik Freiburg. Im Gutachten vom 04.05.1990 bezog Prof. Dr. W., auf dessen Anregung die Beklagte noch die (mikroverfilmten) Krankenunterlagen des Kreiskrankenhauses L. beigezogen hatte, die vorgefundene Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks auf den Unfall aus dem Jahr 1982, während die Funktionsstörung des linken oberen Sprunggelenks wegen ungenügender Krankenblattaufzeichnungen in L. nicht eindeutig dem einen oder anderen Unfall ursächlich zugeschrieben werden könne. Deshalb sehe er sich auch zur Einschätzung der MdE nicht imstande. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19.06.1990 trat Dr. B. der von Prof. Dr. W. zum Ausschluss einer Peronaeusparese außerdem empfohlenen neurologischen Begutachtung entgegen, weil die im Gutachten vom 04.05.1990 beschriebenen funktionellen Ausfälle im Wesentlichen auf den Unfall aus dem Jahr 1982 zurückzuführen seien, nachdem der am 18.01.1989 erlittene Unfall lediglich einen einfachen - komplikationslos verheilten - Abbruch des Innenknöchels zur Folge gehabt habe. Nur vorübergehend könne es zu leichten Behinderungen gekommen sein, weshalb der Beratungsfacharzt eine MdE um 20 v. H. für die Zeit bis zum 31.12.1989 vorschlug. Durch - bestandskräftig gewordenen - Bescheid vom 27.06.1990 stellte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.01.1989 eine anteilige endgradige Bewegungseinschränkung des linken oberen und unteren Sprunggelenks nach knöchern verheiltem Bruch des linken Innenknöchels fest, lehnte die Anerkennung der Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes nach Unterschenkel- und Kniescheibenbruch links aus dem Jahr 1982, eines Knick-Hohl-Spreizfußes links, von Halswirbelsäulen- und Brustwirbelsäulenbeschwerden sowie einer im Jahr 1989 abgelaufenen Hirnhautentzündung ab und bewilligte für die Zeit vom 19.06.1989 bis zum 31.12.1989 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H., während über den 31.12.1989 hinaus eine Rente mangels einer MdE in einem rentenberechtigenden Grade nicht gezahlt werden könne.

Am 03.05.2000 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 27.06.1990 im Rahmen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit der Begründung, nach wie vor bestehe eine erhebliche Bewegungseinschränkung des linken oberen und unteren Sprunggelenks. Die Beklagte zog von der damaligen BfA den Entlassungsbericht des Dr. Sch. vom 15.04.1997 bei und holte vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. St., von Dr. W., Kreiskrankenhaus A., sowie vom Arzt für Orthopädie Dr. P. die schriftlichen Auskünfte vom 27.07.2000, 28.07.2000 und 16.10.2000 ein. Zu den Akten gelangten weitere Arztunterlagen aus den Jahren 1982 bis 2000. Alsdann veranlasste die Beklagte eine gutachtliche Untersuchung in der Unfallchirurgie des Klinikums O. In dem von den Erst- und Zweituntersuchern Assistenzarzt Dr. C. und Oberarzt Dr. G. sowie ergänzend durch den Leitenden Arzt Prof. Dr. R. unterzeichneten Gutachten vom 27.10.2000 wurde für die erheblichen Bewegungsbeeinträchtigungen der gesamten linken unteren Extremität der Verkehrsunfall aus dem Jahr 1982 verantwortlich gemacht. Bei komplett knöchern verheilter Innenknöchelspitze ohne Gelenkstufe und ohne sichtbare höhergradige arthrotische Veränderungen bedingten die Folgen des Unfalls vom 18.01.1989 eine MdE um weniger als 10 v. H.

Mit Bescheid vom 07.12.2000 lehnte die Beklagte daraufhin eine Rücknahme des Bescheides vom 27.06.1990 ab. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch bemängelte der Kläger unter anderem, dass er von Prof. Dr. R. überhaupt nicht untersucht worden sei, ferner nur ganz wenige Messungen vorgenommen und mitgebrachte Untersuchungsergebnisse nicht verwertet worden seien. Durch Widerspruchsbescheid vom 25.01.2001 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Kritik an der Sorgfältigkeit der Befunderhebung im Gutachten vom 27.10.2000 sei in Anbetracht der dortigen ausführlichen Befunddokumentation nicht nachzuvollziehen.

Deswegen erhob der Kläger Klage (S 9 U 350/01) zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er reichte den Arztbrief des Dr. C., Chefarzt der Medizinischen Klinik des Klinikums M., vom 28.02.2001 zu den Akten. Das SG holte vom Arzt für Orthopädie Dr. C., von Dr. P. und von Dr. St. die schriftlichen Zeugenauskünfte vom 19.03.2001, 23.03.2001 und 28.03.2001 ein. Es bestellte sodann Prof. Dr. B., Ärztlicher Direktor der M.klinik F., zum Sachverständigen. Im Gutachten vom 03.07.2001 führte der Sachverständige eine diskrete Umfangsvermehrung des Knöchels sowie eine Bewegungseinschränkung für Heben und Senken des Fußes am oberen Sprunggelenk auf die Distorsion und Innenknöchelfraktur vom 18.01.1989 zurück und erachtete dafür eine MdE um 10 v. H. seit 01.01.1990 für gerechtfertigt. Das SG beauftragte anschließend auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Dr. P. als Sachverständigen. Im Gutachten vom 25.03.2002 ging dieser davon aus, dass eine unfallbedingte schmerzhafte Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenks vorliege und auch die Kreuz-, Hüft- sowie Kniegelenksbeschwerden ohne den Unfall vom 18.01.1989 nicht in diesem Umfang eingetreten wären. Die MdE schätzte er mit mindestens 20 v. H. ein. Mit Urteil vom 04.06.2002 wies das SG die Klage ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 26.06.2002 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG - L 2 U 2207/02). Mit Beschluss vom 26.02.2003 wies der 2. Senat des LSG die Berufung zurück. Der Kläger habe keinen im Zugunstenverfahren durchsetzbaren Anspruch auf Verletztenrente in der streitbefangenen Zeit. Wegen der Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X habe der Kläger ohnehin keinen Anspruch auf rückwirkende Zahlungen für den Zeitraum vom 01.01.1990 bis zum 31.12.1995. Der Kläger vermöge aber auch mit seinem Begehren für die Zeit ab 01.01.1996 nicht durchzudringen, weil die bei ihm vorhandenen, auf den Arbeitsunfall vom 18.01.1989 zurückzuführenden Gesundheitsstörungen keine MdE in einem rentenberechtigenden Grad hinterlassen hätten.

Am 28.02.2003 beantragte der Kläger erneut eine Dauerrente wegen des Unfallereignisses vom 18.01.1989. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2003 ab. Der Kläger habe keine neuen Tatsachen oder medizinischen Erkenntnisse vorgebracht, wonach bei Erlass des Bescheides vom 27.06.1990 das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2003 zurück.

Am 09.09.2003 stellte der Kläger erneut einen Überprüfungsantrag. Er verwies dabei auf den von ihm zuvor zu den Akten gereichten Arztbrief des Facharztes für Orthopädie, Chirotherapie-Sportmedizin H. vom 29.08.2003 (Sprunggelenksarthrose links). Mit Bescheid vom 11.09.2003 lehnte die Beklagte eine erneute Überprüfung ab.

Am 24.11.2005 stellte der Kläger einen weiteren Überprüfungsantrag. Er machte eine Unbrauchbarkeit des linken Beines, eine posttraumatische Belastungsstörung, schwerste Schmerzzustände und Schlafprobleme geltend. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Großhandels- und Lagereiberufsgenossenschaft unter dem 16.12.2005 mit, Unterlagen über das Unfallereignis vom 30.11.1991 lägen nicht mehr vor. Der Kläger habe sich bei diesem Ereignis eine Distorsion im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks zugezogen. Eine Verletztenrente aus Anlass dieses Unfalls sei nicht gezahlt worden, da eine MdE im Hinblick auf diese Verletzung sicherlich nicht verblieben sei. Sodann zog die Beklagte über die DRV B.-W. das Gutachten von Dr. K. vom 25.07.2001 (Zustand nach Sprunggelenksfraktur links mit Belastungsbeschwerden), das Gutachten von Dr. P. vom 12.04.2002 (Umfangsvermehrung des Knöchels und schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks nach stattgehabter Distorsion und Innenknöchelfraktur vom 18.01.1989; MdE 20 v. H., identisch mit seinem Gutachten vom 25.03.2002), das Gutachten des Internisten und Sozialmediziners L. vom 13.06.2002 (posttraumatische Arthrose des linken Sprunggelenks mit geringer Bewegungseinschränkung; beim Verlassen der Station sei der Kläger deutlich besser gegangen als während der körperlichen Untersuchung), die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. S. vom 05.09.2002, den Bericht des Dr. C., Chefarzt an der Medizinischen Klink des Klinikums M., vom 09.09.2002, den Arztbrief des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie D. vom 05.12.2003 (posttraumatische Belastungsstörung), die sachverständige Zeugenauskunft des Facharztes für Orthopädie H. vom 27.01.2004 (Sprunggelenksarthrose links), die sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin, Sportarztes und Sozialmediziners Dr. H. vom 14.04.2004 und das Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 08.07.2004 (posttraumatische Arthrose im oberen Sprunggelenk links beginnend, altersentsprechend normal ausgeprägte Verschleißzeichen des Sprunggelenks links ohne wesentliche Funktionseinbuße) bei. Mit Bescheid vom 10.03.2006 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Neue entscheidungserhebliche Tatsachen seien nicht vorgetragen und ergäben sich auch nicht aus den beigezogenen Unterlagen. Diesen sei zu entnehmen, dass im linken Sprunggelenk keine wesentlichen Funktionseinschränkungen vorlägen. Darüber hinaus seien die Behinderungen des linken Beines im Wesentlichen Folge des Privatunfalles aus dem Jahr 1982.

Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2006 zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 11.07.2006 Klage zum SG. Er legte die Arztbriefe des Dr. C. vom 03.01.2007 und 13.04.2007 (jeweils Zustand nach unterer Sprunggelenks- und oberer Sprunggelenksverletzung), den Arztbrief der Phlebologin Dr. W. vom 02.07.2007 (kein Hinweis einer frischen Thrombose, Leitveneninsuffizienz, große Bakerzyste mit Einblutungen) sowie deren Nachuntersuchungsbericht vom 09.07.2007 vor.

Das SG holte auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. L., Chefarzt an der Orthopädischen Klinik H. L., vom 06.03.2007 ein. Der Sachverständige führte aus, allein die W.-B-Fraktur sei ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 18.01.1989 zurückzuführen. Diese sei konservativ behandelt worden. Es habe sich eine gute knöcherne Konsolidierung gezeigt. Der Gelenkspalt am linken Sprunggelenk sei altersentsprechend normal und die Gelenkkontur glatt begrenzt. Ein Zusammenhang zwischen der W.-B-Fraktur und dem am Untersuchungstag präsentierten allgemeinen Krankheitsbild zeige sich nicht. Die durch den Arbeitsunfall vom 18.01.1989 bedingte MdE liege bei 10 v. H. Im Gegensatz zu den Angaben des Klägers, er könne sich nicht richtig bewegen, sei auf Unterarmgehstützen angewiesen, könne das linke Bein nicht belasten, könne schmerzbedingt kaum schlafen, würde wechseln zwischen Liegen, Sitzen und Stehen und habe bei sämtlichen Bewegungen der oberen und unteren Extremitäten Schmerzen, habe bei der Untersuchung ein ausgeprägtes Muskelrelief des Rumpfes und der oberen Extremität sowie eine kaum erkennbare Atrophie der Muskulatur an der unteren Extremität im Seitenvergleich bestanden. Hieraus müsse geschlussfolgert werden, dass sich der Kläger sehr wohl bewegen könne und sicher regelmäßig in einem Fitness-Studio die Muskelgruppen der oberen und auch unteren Extremitäten beübe. Insgesamt überlagerten die nicht auf das Unfallereignis vom 18.01.1989 zurückzuführenden Gesundheitsschäden posttraumatische Gonarthrose links und Bandscheibenvorfall mit L-5-Radikulopathie links mit chronischem Nervenschaden die gesamte Schmerzsymptomatik des Klägers.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.04.2008 wies das SG die Klage ab. Wegen der Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.1990 bis zum 31.12.2000. Auch habe der Kläger keinen Anspruch für die Zeit ab 01.01.2001, da sich die Beklagte zu Recht auf die Bindungswirkung ihres Bescheides vom 27.06.1990 berufen habe. Der Kläger habe zwar Tatsachen vorgebracht beziehungsweise Beweismittel benannt. Diese seien aber für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vom 27.06.1990 nicht erheblich, weil sich aus ihnen keine Hinweise auf wesentliche unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigungen ergäben.

Gegen den Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 24.04.2008 Berufung eingelegt. Er hat die Arztbriefe des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H. vom 15.11.2006 (posttraumatische Arthrose linkes Sprunggelenk), der Radiologen Dr. B./Dr. B. vom 28.09.2006 (leichte Arthrose im oberen Sprunggelenk, die unteren Anteile der tibio-fibularen Syndesmose seien herniert in den lateralen Gelenkraum) und das im Rahmen des gegen die DRV gerichteten Rechtsstreits erstellte Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Neurologie sowie Psychotherapie Dr. H. vom Zentrum für Psychiatrie E. vom 07.10.2004 (schwere Persönlichkeitsstörung und schwere depressive Störung) vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.04.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2006 zu verurteilen, ihm unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 27.06.1990 über den 31.12.1989 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.

Der Senat hat das Gutachten von Prof. Dr. Dr. H., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Fachkliniken H. I und II vom 06.11.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, die vom Kläger behaupteten schwerwiegenden Funktionsstörungen im Bereich des linken Sprunggelenks hätten sich in diesem Umfange nicht objektivieren lassen. Schon gar nicht hätten sich irgendwelche wesentliche Störungen auf die im Jahr 1989 erlittene Innenknöchelfraktur zurückführen lassen. Die Unfallfolgen im Bereich des linken Beines seien tatsächlich im Wesentlichen durch die Folgen des Mopedunfalls aus dem Jahr 1982 mit partieller Fraktur, offensichtlich auch mit Kniebinnenverletzung sowie Unterschenkelfraktur links und heute noch tastbarer erheblicher knöcherner Vergröberung der Tibia am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel bestimmt. Eine Umlaufstörung sei allenfalls durch diese knöcherne Störung, nicht aber durch die erlittene Innenknöchelfraktur glaubhaft zu machen. Das Begehren des Klägers bezüglich einer unfallbedingten MdE um 50 v. H. sei schlichtweg als absurd anzusehen.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 9 U 350/01 und S 9 U 3356/06) und die Berufungsakten des LSG (L 2 U 2207/02 und L 6 U 1956/08) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgebliche Vorschrift des § 44 SGB X zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb im vorliegenden Verfahren der Bescheid vom 27.06.1990 von der Beklagten nicht zurückzunehmen ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch der im Berufungsverfahren mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens betraute Prof. Dr. Dr. H. hat mit großer Deutlichkeit ausgeführt, dass sich die vom Kläger behaupteten Funktionsstörungen im Bereich des linken Sprunggelenks in diesem Umfang nicht hätten objektivieren lassen und sich irgendwelche wesentlichen Störungen auf die durch das Unfallereignis vom 18.01.1989 erlittene Innenknöchelfraktur nicht zurückführen ließen. Der Sachverständige hat damit die Richtigkeit der Gutachten von Prof. Dr. R. vom 27.10.2000, von Prof. Dr. B. vom 03.07.2001 und von Prof. Dr. L. vom 06.03.2007 bestätigt. Deshalb ist der Senat davon überzeugt, dass die Unfallfolgen im Bereich des linken Beines tatsächlich im Wesentlichen durch die Folgen des Privatunfalls aus dem Jahr 1982 verursacht worden sind. Daher ist für den Senat auch die Einschätzung Prof. Dr. Dr. H., eine Umlaufstörung, welche der Kläger mit der Vorlage des Arztbriefs der Phlebologin Dr. W. vom 02.07.2007 sowie deren Nachuntersuchungsberichts vom 09.07.2007 geltend macht, allenfalls auf die knöcherne Störung infolge des Privatunfalls aus dem Jahr 1982, nicht aber durch die erlittene Innenknöchelfraktur infolge des Unfallereignisses vom 18.01.1989 zurückzuführen ist. Im Übrigen kommt es im Rahmen eines Zugunstenverfahrens auf etwaige Gesundheitsverschlechterungen gar nicht an. Diese wären vielmehr Gegenstand eines Neufeststellungsverfahrens nach § 48 SGB X.

Mithin hat die Beklagte mit Bescheid vom 27.06.1990 zu Recht die Gewährung einer Verletztenrente über den 31.12.1989 hinaus abgelehnt, da die Voraussetzungen des im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgeblichen § 580 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht gegeben waren. Der eine Zurücknahme dieses Bescheides ablehnende Bescheid vom 10.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2006 war daher ebenso wie der diese Entscheidungen bestätigende Gerichtsbescheid des SG vom 08.04.2008 rechtmäßig.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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