Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4176/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5768/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.10.2008 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin Nr. 2 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin Nr. 1 und der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 18.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beklagten streiten (noch) darüber, ob die Klägerin Nr. 1 bei der Klägerin Nr. 2 vom 31.8.2006 bis 30.4.2009 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ausgeübt hat.
Die Klägerin Nr. 2 ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen, dessen Gegenstand der Einkauf, der Verkauf, die Wartung und der Kundendienst von EDV Hard- und Software sowie die Programmierung eigener Software-Lösungen und die Anwenderschulung ist (§ 2 des Gesellschaftsvertrages, Verwaltungsakte S. 8). Gem. § 10 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird; je 50 EUR Geschäftsanteil gewähren eine Stimme. Beschlüsse über die Änderung oder Ergänzung des Gesellschaftsvertrages, über die Abtretung und Belastung von Geschäftsanteilen, die Ausschließung von Gesellschaftern, über den Jahresabschluss und die Gewinnverwendung, die Bestellung von weiteren Geschäftsführern, über die Fortsetzung und Liquidation der Gesellschaft bedürfen einer Mehrheit von 80 % des stimmberechtigten Kapitals (§ 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags).
Mit notariellem GmbH-Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 31.8.2006 (Verwaltungsakte S. 54) übertrug der Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer der Klägerin Nr. 2 J. B., der Vater der Klägerin Nr. 1, Geschäftsanteile von insgesamt 27.800 EUR im Wege der Schenkung. Gesellschafter der Klägerin Nr. 2 waren danach J.B. und W.K. mit Geschäftsanteilen von jeweils 21.100 EUR, Ch. K. mit einem Geschäftsanteil von 35.000 EUR sowie die Klägerin Nr. 1 mit einem Geschäftsanteil von 27.800 EUR. Die Stammeinlage beträgt insgesamt 105.000 EUR (Gesellschafterliste Verwaltungsakte S. 66; Handelsregisterauszug Verwaltungsakte S. 70).
Am 13.10.2006 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts Balingen für die Klägerin Nr. 1 (neben Ch. K. und W. K.) Einzelprokura eingetragen; sie ist befugt, die Klägerin Nr. 2 auch bei Rechtsgeschäften mit sich selbst in eigenem oder fremden Namen zu vertreten (Verwaltungsakte S. 67; Handelsregisterauszug Verwaltungsakte S. 70).
Unter dem 31.10.2006 schloss die Klägerin Nr. 2 mit der Klägerin Nr. 1 einen Anstellungsvertrag (Verwaltungsakte S. 24). Danach wird die Klägerin Nr. 1 ((Dipl.-Betriebswirtin, Verwaltungsakte S. 3) ab 1.11.2006 als Prokuristin und vollverantwortliche Leiterin des Bereichs Support weiterbeschäftigt. Sie ist verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft ausschließlich für die Klägerin Nr. 2 einzusetzen und die vertragsgemäßen Aufgaben mit gewissenhafter Sorgfalt zu erledigen; die Übertragung anderer Tätigkeiten bleibt vorbehalten. Die Klägerin Nr. 1 ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Für die Bewältigung ihrer Aufgaben bestehen keinerlei Beschränkungen hinsichtlich Ort, Zeit oder Art der Beschäftigung; im Rahmen ihres Bereichs kann die Klägerin Nr. 1 ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten (§ 1 Nr. 1 bis 4 des Anstellungsvertrages). Als Gegenleistung für ihre Dienste erhält die Klägerin Nr. 1 ein außerhalb tariflicher Regelungen frei vereinbartes Gehalt, das jeweils am Monatsende zahlbar ist. Damit ist auch etwaige über die normale betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit abgegolten (§ 2 des Anstellungsvertrages). In der dem Anstellungsvertrag als Anlage 1 beigefügten Gehaltsvereinbarung ist ein monatliches Gehalt von 3.800 EUR festgelegt; die bisherige erfolgsabhängige Prämie entfällt. Weiter heißt es in der Gehaltsvereinbarung, für die Klägerin Nr. 1 als angestellte Gesellschafterin würden für die bestehenden Direktversicherungen sowohl die Versicherungsbeiträge in maximaler Höhe wie die darauf anfallende pauschale Lohn- und ggf. Kirchensteuer samt Solidaritätszuschlag während der Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses von der Klägerin Nr. 2 übernommen. Der Firmenzuschuss in Höhe von monatlich 80 EUR für die bestehenden Pensionskassenverträge entfalle künftig (Verwaltungsakte S. 29). Unter § 3 des Anstellungsvertrages ist ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen vereinbart, wobei der Urlaub so festzulegen ist, dass die Belange des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden; nicht genommener Jahresurlaub wird abgegolten. Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während der Dauer des Anstellungsverhältnisses soll die Klägerin Nr. 1 ab der siebten Woche bis zur Dauer von 26 Wochen einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Nettoeinkommen und dem gesetzlichen Krankengeldhöchstsatz erhalten (§ 4 Nr. 1 des Anstellungsvertrages). Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung der Klägerin Nr. 2 (§ 7 des Anstellungsvertrages). Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden (§ 10 Nr. 1 des Anstellungsvertrages).
Unter dem 2.11.2006 beantragten die Klägerinnen Nr. 1 und 2 bei der Beigeladenen Nr. 1 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin Nr. 1 gem. § 7a Abs. 1 SGB IV. Diesen Antrag leitete die Beigeladene Nr. 1 an die Beklagte (Rentenversicherungsträger) weiter. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines mitarbeitenden Gesellschafters in der GmbH (Verwaltungsakte S. 3) ist unter dem 2.11.2006 angegeben, die Klägerin Nr. 2 sei am 1.12.1994 gegründet worden. Der Vater der Klägerin Nr. 1 sei Techniker und halte 20,1 % der Stammeinlagen. Anteile von ebenfalls 20,1 % und 33,3 % hielten die Dipl.-Ing. W.K. und Ch. K. Auf die Klägerin Nr. 1 entfalle ein Kapitalanteil von 26,5 %. Die Sperrminorität liege bei einem Kapitalanteil von 20 %. Die Klägerin Nr. 1 könne durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern. Darlehen habe sie der GmbH nicht gewährt und auch keine Bürgschaft übernommen. Nach außen werde das Unternehmen von J. B. (Vater der Klägerin Nr. 1) als alleinvertretungsberechtigtem Geschäftsführer vertreten. Die Klägerin Nr. 1 verfüge nicht als einzige über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Ihre Tätigkeit sei nicht auf Grund familienhafter Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt. Bis zum Jahr 2006 habe die Klägerin Nr. 1 in einem nichtselbstständigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin Nr. 2 gestanden, während sie ab 2006 selbstständig erwerbstätig sei. Die Mitarbeit sei in einem besonderen Arbeitsvertrag/Dienstvertrag geregelt. Die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit betrage 40 Stunden, tatsächlich arbeite die Klägerin Nr. 1 50 Stunden in der Woche. Hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege sie keinem Direktionsrecht (Weisungsrecht), könne ihre Tätigkeit vielmehr frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Personal könne die Klägerin Nr. 1 nicht einstellen oder entlassen. Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Hinsichtlich Beendigung (Kündigung) der Tätigkeit, Vergütung und Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit wurde auf den mit der Klägerin Nr. 2 geschlossenen Dienstvertrag (Anstellungsvertrag) verwiesen. Von der Vergütung der Klägerin Nr. 1 werde Lohnsteuer entrichtet; die Vergütung werde als Lohn/Gehalt verbucht. Auf der Basis ihres Gesellschaftsanteils sei die Klägerin Nr. 1 am Gewinn des Unternehmens beteiligt.
Mit Anhörungsschreiben vom 8.2.2007 (Verwaltungsakte S. 74) teilte die Beklagte den Klägerinnen mit, es sei beabsichtigt, für die von der Klägerin Nr. 1 seit 31.8.2006 bei der Klägerin Nr. 2 ausgeübte Tätigkeit das Vorliegen eines abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. des § 7 Abs. 1 SGB IV festzustellen. Die Klägerinnen trugen hierauf vor (Verwaltungsakte S. 80), für eine selbstständige Erwerbstätigkeit der Klägerin Nr. 1 sprächen (u. a.) deren Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Weisungsfreiheit hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Tätigkeit sowie die Vereinbarung eines übertariflichen Gehalts. Mit ihrem Kapitalanteil von 26,4 % könne sie bestimmte, in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages aufgeführte Beschlüsse blockieren und insbesondere Beschlüsse über die Bestellung weiterer Geschäftsführer verhindern. Die Abteilung "Support" sei zu einem der wichtigsten Unternehmensbereiche ausgebaut worden und bestimme maßgebend über den Unternehmenserfolg. Die Klägerin Nr. 1, die diesen Bereich leite, übe deshalb großen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens aus. Deshalb habe man diese Stelle an einen unternehmensorientierten Bewerber vergeben wollen, der sich auch am unternehmerischen Risiko beteilige. Die Stellenbesetzung sei an die Übernahme von Gesellschaftsanteilen in Höhe von mindestens 25 % geknüpft worden. Die Klägerin Nr. 1, studierte Betriebswirtin, verfüge als einzige im Unternehmen über fundierte kaufmännische Kenntnisse; die anderen Gesellschafter seien technisch orientiert.
Mit an die Klägerinnen gerichteten Bescheiden vom 14.3.2007 (Verwaltungsakte S. 85, 90) stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin Nr. 1 seit 31.8.2006 in einem abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin Nr. 2 stehe. Der Beginn der Versicherungspflicht wurde auf den Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme festgelegt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, bei mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH, wie etwa Gesellschafter-Geschäftsführern, liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, wenn die Gesellschafter keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihres Anteils am Stammkapital geltend machen könnten, sie funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhätten und für ihre Tätigkeit ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhielten. Da die Beschlüsse der Klägerin Nr. 2 mit einfacher Mehrheit gefasst würden und sich das Stimmrecht des Gesellschafters nach der Höhe seines Geschäftsanteils richte, sei es der über einen Kapitalanteil von (nur) 26,48 % verfügenden Klägerin Nr. 1 nicht möglich, die Geschicke der GmbH maßgeblich zu beeinflussen. Mangels Vetorechts oder Sperrminorität könne sie Entscheidungen zu Ungunsten ihres Mitarbeiterverhältnisses nicht verhindern. Außerdem seien eine feste monatliche Vergütung mit Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen festgelegt; auch dies spreche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Daran ändere es nichts, dass die Klägerin Nr. 1 hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Geschäftsführung über weitgehende Gestaltungsfreiheit verfüge; bei der Leistung von Diensten höherer Art sei das Weisungsrecht des Arbeitgebers naturgemäß entsprechend verfeinert. Nach wie vor unterliege die Klägerin Nr. 1 der Überwachung durch die Hauptgesellschafter. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme der Beschäftigung.
Zur Begründung der dagegen von den Klägerinnen eingelegten Widersprüche wurde ergänzend zum Vorbringen im Anhörungsverfahren vorgetragen, auch ohne Kapitalanteil von mindestens 50 % könne ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens ausgeübt werden. Die Klägerin Nr. 1 sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und arbeite weisungsfrei; Einschränkungen seien insoweit weder im Gesellschaftsvertrag noch im Anstellungsvertrag festgelegt. Die Klägerin Nr. 1 trage wegen ihrer Beteiligung an der Gesellschaft auch ein erhebliches Unternehmerrisiko.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.9.2007 (Verwaltungsakte S. 119, 124) wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Ergänzend führte sie aus, maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen komme mitarbeitenden Gesellschaftern zu, wenn sie Mehrheitsgesellschafter seien, also mehr als 50 % der Kapitalanteile hielten. Nur dann seien sie nämlich in der Lage, Einzelweisungen der Geschäftsführung im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern (vgl. BSG, Urt. vom 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -). Die Klägerin Nr. 1 verfüge mit einem Kapitalanteil von 26,47 % zwar über eine Sperrminorität, könne jedoch gleichwohl keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens ausüben, da von der Sperrminorität überwiegend interne Regelungen betroffen seien. Insbesondere könne die Klägerin Nr. 1 Entscheidungen, die sich gegen sie selbst richteten, nicht aus eigener Kraft abwehren. Zur Geschäftsführerin sei die Klägerin Nr. 1 nicht bestellt worden; man habe ihr lediglich Prokura erteilt. Von den Beschränkungen des § 181 BGB seien alle Prokuristen befreit. Ein Unternehmerrisiko trage die Klägerin Nr. 1 nicht, da sie erhebliches eigenes Kapital mit dem Risiko des Verlustes nicht eingesetzt habe; sie trage vielmehr das typische Entgeltrisiko des abhängig Beschäftigten. Dass leitende Angestellte weitgehend selbstständig arbeiteten, mache sie nicht zu (Mit-)Unternehmern. Die Widerspruchsbescheide wurden den Klägerinnen mit am 28.9.2007 zur Post gegebenen Einschreiben zugestellt.
Am 30.10. 2007 erhoben die Klägerinnen Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Zur Begründung trugen sie ergänzend vor, bei der Klägerin Nr. 2 handele es sich um einen Familienbetrieb. Alleiniger Geschäftsführer sei der Vater der Klägerin Nr. 1; Unternehmenssitz sei dessen Wohnhaus (Elternhaus der Klägerin Nr. 1). Der mittlerweile 60 Jahre alte Vater der Klägerin Nr. 1 wolle sich nach und nach aus dem Betrieb zurückziehen und habe der Klägerin Nr. 1 daher am 31.8.2006 zwei Gesellschaftsanteile in Höhe von 24.003 EUR und 3.500 EUR übertragen. Diese sei damit neben CH. K Mehrheitsgesellschafterin. Bereits im Jahr 2006 habe die Absicht bestanden, dass die Klägerin Nr. 1 ihren Vater im Geschäftsbetrieb weitgehend ablösen solle. Nach der Rechtsprechung genüge es für die Mitunternehmereigenschaft von Familienangehörigen, wenn sie gleichberechtigte Gesellschafter des Unternehmens seien (vgl. BSG, Urt. vom 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 -); so sei es hier. Der Mitgesellschafter Ch. K sei ebenfalls mit Prokura versehener Mitarbeiter der Klägerin Nr. 2 und durch Bescheid der AOK Zollernalb vom 17.2.2003 von der Sozialversicherungspflicht befreit worden. Gleiches müsse erst recht für die Klägerin Nr. 1 gelten. Deren Meinung gebe bei Gesellschafterbeschlüssen oft den Ausschlag, da sie über fundierte Kenntnisse in den Bereichen Steuern, Finanzierung, Investitionen, Controlling und Rechnungswesen verfüge.
Mit Urteil vom 30.10.2008 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Zur Begründung führte es nach Darstellung der einschlägigen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze aus, hier lägen Kriterien sowohl für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses wie für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vor. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände sei aber von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sei ab der siebten Woche vereinbart worden; für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit werde das Festgehalt der Klägerin Nr. 1 offenbar nicht vermindert. Insoweit sei dieser Regelungskomplex nicht eindeutig. Die Tätigkeit der Klägerin Nr. 1 unterscheide sich jedoch nicht wesentlich von derjenigen eines angestellten Abteilungsleiters, der besonders qualifizierte Dienste höherer Art erbringen und dabei naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen arbeiten müsse. Im Anstellungsvertrag sei - wie für Arbeitnehmer typisch - ein festes Monatsgehalt vereinbart worden. Die Klägerin Nr. 1 trage ein Entgeltrisiko, jedoch kein Unternehmerrisiko; daran ändere es nichts, dass sie, wie in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Klägerin Nr. 2 in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ein Darlehen gegeben habe. Für den Status einer abhängig Beschäftigten spreche zudem, dass die Klägerin Nr. 1 für Nebentätigkeiten einer Erlaubnis bedürfe und ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen festgelegt worden sei. Ausschlaggebend sei schließlich, dass die Klägerin Nr. 1 mangels ausreichenden Stimmrechts und mangels umfassender Sperrminorität den Geschäftsbetrieb der GmbH weder bestimmen noch maßgeblichen gestaltenden Einfluss ausüben könne. Nach der Rechtsprechung gehöre der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu den abhängig Beschäftigten, wenn er kraft seiner Gesellschaftsrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden könne. Das sei regelmäßig der Fall, wenn der Geschäftsführer über mindestens die Hälfte des Stammkapitals verfüge. Auch bei einem geringeren Kapitalanteil könne die Arbeitnehmereigenschaft fehlen, wenn der Geschäftsführer eine Sperrminorität habe und damit ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft verhindern könne. Die Klägerin Nr. 1 sei aber weder Geschäftsführerin noch verfüge sie über mindestens 50 % des Stammkapitals oder eine umfassende Sperrminorität. Mit ihrem Kapitalanteil von 26,5 % könne sie nur bestimmte, in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages abschließend aufgezählte Beschlüsse verhindern. Auch die Anteile der Klägerin Nr. 1 und ihres Vaters zusammengenommen erreichten nicht die Hälfte des Stammkapitals (26,5 % bzw. 20,1 %). Eine generelle Sperrminorität für alle wesentlichen Angelegenheiten bestehe daher nicht. Die Klägerin Nr. 1 könne deshalb den Geschäftsbetrieb weder bestimmen noch als Minderheitsgesellschafterin maßgeblichen gestalterischen Einfluss auf das Unternehmen ausüben.
Auf das ihnen am 10.11.2008 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 10.12.2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholen und bekräftigen ihr bisheriges Vorbringen und tragen ergänzend vor, bei einem Kapitalanteil von unter 50 % müsse im Einzelfall geprüft werden, ob der Gesellschafter maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, insbesondere durch das Innehaben einer Sperrminorität ausüben könne. Die Klägerin Nr. 1 könne mit ihrem Gesellschaftsanteil bestimmte, in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages aufgeführte Beschlüsse verhindern. Eine umfassende Sperrminorität sei entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht notwendig. Vielmehr genüge es, wenn für die Gesellschaft maßgebliche Beschlüsse betroffen seien. Die Klägerin Nr. 1 habe namentlich auf die Gewinnverwendung nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wichtigen Einfluss. Sie unterliege auch keinerlei Weisungsrechten, zumal bei dem Familienunternehmen eine besondere familiäre Verbundenheit (zu ihrem Vater als einem der Mitgesellschafter) bestehe. Eine Geschäftsordnung, an die sie sich zu halten hätte, gebe es nicht. Damit sei ihre Arbeit, die den für das Unternehmen besonders wichtigen Bereich "Support" umfasse, nicht fremdbestimmt. Als (bloße) leitende Angestellte könne man die Klägerin Nr. 1 nicht einstufen, da sie mit 26 % am Unternehmen beteiligt sei und diesem ein Gesellschaftsdarlehen von 15.000 EUR gewährt habe. In naher Zukunft solle die Klägerin Nr. 1 das Unternehmen an Stelle ihres Vaters fortführen; hierfür sei die Unternehmensnachfolge zum 31.8.2006 mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen in Höhe von 24.300 EUR bzw. 3.500 EUR in Gang gesetzt worden. Ab 1.4.2009 werde sich der Vater der Klägerin Nr. 1 weiter zurückziehen und sie werde ab diesem Zeitpunkt Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin sein. Vor diesem Hintergrund sei sie von Anfang an nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen tätig gewesen. Sie habe "schalten und walten" können, wie sie gewollt habe. Die Vereinbarung eines festen Monatsgehalts sei demgegenüber ohne Belang. Dabei handele es sich um eine übliche Form der vorweggenommenen Gewinnbeteiligung bei Gesellschaftern (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. 3.5.2007, - L 16 (14) R 159/06 -). Entsprechendes gelte für die Genehmigungsbedürftigkeit von Nebentätigkeiten, die Festlegung von Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und den Urlaubsanspruch.
Die Klägerinnen haben erstmals am Tag vor der mündlichen Verhandlung des Senats vorgetragen, mit Gesellschafterbeschluss vom 23.4.2009 sei der Vater der Klägerin Nr. 1, J.B., als Geschäftsführer abberufen worden. Neue Geschäftsführer seien ab 1.5.2009 die Klägerin Nr. 1 und der Ch.K ... J.B. und W.K. haben ihre Geschäftsanteile an die Klägerin Nr. 1 und Ch.K. abgetreten, sodass die Klägerin Nr. 1 und der Ch.K. jeweils 50% der Geschäftsanteile halten. Der Bevollmächtigte der Beklagten hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung des Senats zu gerichtlichem Protokoll anerkannt, "dass die Klägerin Nr. 1 ab 1.5.2009 als Geschäftsführerin einer GmbH, an der sie 50 % der Anteile hält, nicht mehr der Sozialversicherungspflicht in der Renten- Kranken Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegt".
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.10.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.9.2007 zu verurteilen festzustellen, dass die Klägerin Nr. 1 bei der Klägerin Nr. 2 seit dem 31.8.2006 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis i. S. des § 7 Abs. 1 SGB IV steht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und auch sonst zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Streitig ist zwischen den Beteiligten dabei lediglich noch der Zeitraum vom 31.8.2006 bis 30.4.2009. Für die Zeit ab 1.5.2009 hat die Beklagte nach Kenntnis der Gesellschafterbeschlüsse vom 23.4.2009 anerkannt, dass die Klägerin Nr. 1 nicht mehr der Sozialversicherungspflicht in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Die Beklagte (zu deren Zuständigkeit, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.4.2009, - 5891/07 -) hat allerdings zu Recht festgestellt, dass zuvor die Klägerin Nr. 1 ihre Tätigkeit bei der Klägerin Nr. 2 seit dem 31.8.2006 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt hat.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Nach diesen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH oder eines in anderer Funktion (nicht als Geschäftsführer) mitarbeitenden (angestellten) Gesellschafters zu beurteilen:
Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -).
Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer), schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urt. v. vom 23. Juni 1994, -B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.1.2006,. B 12 KR 30/04 R -; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hess LSG, Urt. v. 23.11.2006, L 1 KR 763/03 - m.N. zur Rspr. des BSG). Solche Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Wesentliches Merkmal ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des daraus folgenden Einflusses auf die Gesellschaft. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität (oder über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.4.2007, - L 11 KR 5748/06 -) verfügt. Für diesen Personenkreis ist regelmäßig von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -).
Ist der Gesellschafter, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein, bei der Gesellschaft angestellt (mitarbeitender bzw. angestellter Gesellschafter), besitzt er allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte (auch wenn er über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG, Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Im Übrigen bleibt es - wie beim Gesellschafter-Geschäftsführer - aber dabei, dass ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließt, wenn der mitarbeitende bzw. angestellte Gesellschafter damit Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte.
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es nach dem Gesagten im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17.12.2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5.4.1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).
Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23.6.1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17.12.2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12.9.1996 - 7 RAR 120/95 - ).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die die Klägerin Nr. 1 vom 31.8.2006 bis 30.4.2009 bei der Klägerin Nr. 2 ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden; der Senat teilt insoweit die Einschätzung des Sozialgerichts.
Gegen die Einstufung der Klägerin Nr. 1 als Mitunternehmerin neben ihrem Vater und den anderen Gesellschaftern der Klägerin Nr. 2 spricht in unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zunächst, dass sie als mitarbeitende Gesellschafterin bei der Klägerin Nr. 2 angestellt ist, ohne (in der streitigen Zeit vom 31.8.2006 bis 30.4.2009) zur Geschäftsführerin bestellt zu sein. Deshalb kann sie, wie dargelegt, ihre Weisungsgebundenheit als Angestellte weder aufheben noch abschwächen. Vielmehr muss sie, wie im Anstellungsvertrag vom 31.10.2006 festgelegt, ihre volle Arbeitskraft ausschließlich für die Klägerin Nr. 2 einsetzen und die vertragsgemäßen Aufgaben erledigen, wobei sie mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag dem Weisungsrecht des Geschäftsführers (ihres Vaters) unterliegt. Dass der Klägerin Nr. 1 Prokura erteilt wurde und sie als vollverantwortliche Leiterin des Bereichs Support, einer für den Unternehmenserfolg offenbar besonders wichtigen Abteilung, beschäftigt ist, ändert an ihrem Status als abhängig Beschäftigter nichts, weist ihr lediglich die Funktion einer leitenden Angestellten (einer wichtigen Abteilung des Unternehmens) zu. Mit einem Kapitalanteil von (nur) 26,5 % verfügt die Klägerin Nr. 1 weder über die Rechtsmacht, Einzelweisungen des Geschäftsführers im Bedarfsfall zu verhindern noch kann sie die Geschicke des Unternehmens - dessen Geschäftsbetrieb bzw. die Teilnahme am Markt - maßgeblich bestimmen und gestalten, da die Beschlüsse der Klägerin Nr. 2 mit Mehrheit gefasst werden und sich das Stimmrecht nach der Höhe des Gesellschaftsanteils richtet; nur für bestimmte Beschlüsse, wie Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die Abtretung oder Belastung von Gesellschaftsanteilen, die Ausschließung von Gesellschaftern, den Jahresabschluss, die Gewinnverwendung oder die Bestellung weiterer Geschäftsführer und die Liquidation der Gesellschaft ist eine Mehrheit von 80 Prozent des stimmberechtigten Kapitals vorgeschrieben (§ 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags). Der Klägerin Nr. 1 mag auf Grund ihrer Fachkompetenz eine (tatsächlich) gewichtige Stimme in der Gesellschafterversammlung zukommen und sie kann die anderen Gesellschafter offenbar auch häufig von ihrer Ansicht überzeugen; für die Statusfrage ist das jedoch rechtlich nicht von Belang. Alles in allem ist der Klägerin Nr. 1 ein den sozialversicherungsrechtlichen Status ausschlaggebend prägendes Unternehmerrisiko bzw. als dessen Gegenstück die Aussicht auf Gewinnerzielung aus unternehmerischer Tätigkeit, unbeschadet der Teilhabe am Gewinn auf Grund ihres Gesellschaftsanteils, nicht zugeordnet. Daran ändert auch die in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts angegebene Gewährung eines Darlehens (15.000 EUR) an die Klägerin Nr. 2 nichts.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht liegt der Tätigkeit der Klägerin Nr. 1 der bereits erwähnte Anstellungsvertrag vom 31.10.2006 zugrunde, der bis 30.4.2009 maßgeblich war. Danach erhält sie ein festes Monatsgehalt in Höhe von 3.800 EUR brutto, das weder als Taschengeld noch als (bloße) Anerkennung für Gefälligkeiten abgetan werden kann und das ungeachtet dessen, ob es als ortsüblich anzusehen wäre oder dem einschlägigen Tariflohn entspräche (vgl. BSG, Urt. v. 12.9.1996, - 7 RAR 120/ 95), als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit anzusehen ist. Außerdem übernimmt der Arbeitgeber (Klägerin Nr. 2) die Versicherungsbeiträge einschließlich darauf anfallender Steuern einer bestehenden Direktversicherung (offensichtlich einer arbeitnehmertypischen betrieblichen Altersvorsorge). Vom Gehalt der Klägerin Nr. 1 wurde – wie bei Angestellten üblich – Lohnsteuer abgeführt, und man hat das Gehalt als Betriebsausgabe verbucht. Schließlich sind im Anstellungsvertrag als arbeitnehmertypische Rechte ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen sowie eine Kündigungsfrist vereinbart und als (ebenfalls) arbeitnehmertypische Pflicht die Genehmigungsbedürftigkeit von Nebentätigkeiten festgelegt. Nicht ausschlaggebend ins Gewicht fällt die Befreiung der Klägerin vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB, zumal ihr Prokura erteilt ist, und die ihr im Anstellungsvertrag eingeräumte Befugnis, ihre Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Aufgabenbereichs frei zu bestimmen und zu gestalten. Die Aufgaben einer leitenden Angestellten - hier zur Leitung des Bereichs Support der Klägerin Nr. 2 - werden im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R) naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen des Unternehmers erfüllt; dieser erwartet, dass leitende Angestellte eigenständig und selbständig arbeiten (können). Dass die Klägerin Nr. 1 für ihren Aufgabenbereich – und sei es als einzige im Unternehmen - über die notwendigen Kenntnisse verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für leitende Angestellte ebenfalls typisch. Diese verfügen auch regelmäßig über die Befugnis, nach außen (hier im Rahmen einer Prokura) für das Unternehmen auftreten zu dürfen, sofern dies zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlich ist.
Schließlich soll - auch wenn es für den Senat entscheidungserheblich darauf nicht mehr ankommt - im Hinblick auf das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die Tätigkeit der Klägerin Nr. 1 jedenfalls von August 2006 bis November 2007 gegenüber den Sozialversicherungsträgern ohne Bedenken zu äußern als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung behandelt worden war. So wurde sie von Anfang an als abhängig Beschäftigte angemeldet und man hat neben der Lohnsteuer zunächst regelmäßig den Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt. Der Senat verkennt nicht, dass die tatsächliche Beitragsabführung Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht erlaubt (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). Gleichwohl tritt in der von den Klägerinnen bewusst durchgeführten Handhabung der Tätigkeit, die die Klägerin Nr. 1 bei der Klägerin Nr. 2 ausgeübt hat, eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status hervor, die das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls unterstreicht, mag es hierauf für das Gesamtbild der Arbeitsleistung auch nicht mehr ausschlaggebend ankommen.
Offenbar sollte mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf die Klägerin Nr. 1 zum 31.8.2006 die Unternehmensnachfolge eingeleitet und stufenweise verwirklicht werden. Eine Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Status ist mit dieser "ersten Stufe" nach dem Gesagten aber noch nicht herbeigeführt worden. Dabei ist nicht ausschlaggebend, dass der (schriftliche) Anstellungsvertrag der Klägerin das Datum des 31.10.2006 trägt; er regelt ersichtlich die "Weiterbeschäftigung" der Klägerin Nr. 1 (so ausdrücklich § 1 Nr. 1 des Anstellungsvertrags), weshalb für die Monate September und Oktober 2006 nichts anderes gilt als für die Folgezeit. Erst nachdem die Klägerin Nr. 1 ab 1.5.2009 zur Gesellschafter-Geschäftsführerin bestellt worden ist und sie außerdem über 50 % der Gesellschaftsanteile verfügt, durfte ihr der Status einer selbständig Erwerbstätigen beigemessen werden, was inzwischen durch das Anerkenntnis des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung auch erfolgt ist. Für die streitige Zeit ab 31.8.2006 kommt das indessen nicht in Betracht. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob und aus welchen Gründen die AOK Zollernalb den Mitgesellschafter Ch. K. nicht als abhängig Beschäftigten eingestuft hat. Sollte dies zu Unrecht geschehen sein, kann die Klägerin daraus Rechte für sich nicht herleiten.
Den Beginn der Versicherungspflicht hat die Beklagte rechtsfehlerfrei auf den Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung festgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerin Nr. 2 auf § 197a Abs. 1 SGG i.V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, da weder sie noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin Nr. 1 als Versicherter nach § 183 SGG sind Verfahrenskosten nicht aufzuerlegen, da die Voraussetzungen der §§ 197a Abs. 2 Satz 2, 192 SGG nicht erfüllt sind; auch eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Klägerin Nr. 1 findet im Hinblick auf § 193 SGG nicht statt. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind der Klägerin Nr. 2 nicht aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO - vgl. zur Kostenentscheidung in Fallgestaltungen der vorliegenden Art Senatsurteil vom 11.10.2006, - L 5 KR 3378/05-). Hinsichtlich des sofortigen Anerkenntnisses der Beklagten in Bezug auf den Zeitraum ab dem 1.5.2009 kommt § 156 VwGO zur Anwendung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat setzt den Streitwert in Verfahren der vorliegenden Art pauschalierend auf 18.000 EUR fest (zur Berechnung näher Senatsbeschluss vom 5.2.2007, - L 5 KR 5477/06 W-A -), wobei zu berücksichtigen war, dass bei Einlegung der Berufung noch die Feststellung einer zeitlich unbegrenzten Befreiung von der Sozialversicherungspflicht begehrt wurde. Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 5.11.2008 (- S 12 R 774/08 W-A -) wird entsprechend abgeändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin Nr. 2 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin Nr. 1 und der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 18.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beklagten streiten (noch) darüber, ob die Klägerin Nr. 1 bei der Klägerin Nr. 2 vom 31.8.2006 bis 30.4.2009 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ausgeübt hat.
Die Klägerin Nr. 2 ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen, dessen Gegenstand der Einkauf, der Verkauf, die Wartung und der Kundendienst von EDV Hard- und Software sowie die Programmierung eigener Software-Lösungen und die Anwenderschulung ist (§ 2 des Gesellschaftsvertrages, Verwaltungsakte S. 8). Gem. § 10 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird; je 50 EUR Geschäftsanteil gewähren eine Stimme. Beschlüsse über die Änderung oder Ergänzung des Gesellschaftsvertrages, über die Abtretung und Belastung von Geschäftsanteilen, die Ausschließung von Gesellschaftern, über den Jahresabschluss und die Gewinnverwendung, die Bestellung von weiteren Geschäftsführern, über die Fortsetzung und Liquidation der Gesellschaft bedürfen einer Mehrheit von 80 % des stimmberechtigten Kapitals (§ 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags).
Mit notariellem GmbH-Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 31.8.2006 (Verwaltungsakte S. 54) übertrug der Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer der Klägerin Nr. 2 J. B., der Vater der Klägerin Nr. 1, Geschäftsanteile von insgesamt 27.800 EUR im Wege der Schenkung. Gesellschafter der Klägerin Nr. 2 waren danach J.B. und W.K. mit Geschäftsanteilen von jeweils 21.100 EUR, Ch. K. mit einem Geschäftsanteil von 35.000 EUR sowie die Klägerin Nr. 1 mit einem Geschäftsanteil von 27.800 EUR. Die Stammeinlage beträgt insgesamt 105.000 EUR (Gesellschafterliste Verwaltungsakte S. 66; Handelsregisterauszug Verwaltungsakte S. 70).
Am 13.10.2006 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts Balingen für die Klägerin Nr. 1 (neben Ch. K. und W. K.) Einzelprokura eingetragen; sie ist befugt, die Klägerin Nr. 2 auch bei Rechtsgeschäften mit sich selbst in eigenem oder fremden Namen zu vertreten (Verwaltungsakte S. 67; Handelsregisterauszug Verwaltungsakte S. 70).
Unter dem 31.10.2006 schloss die Klägerin Nr. 2 mit der Klägerin Nr. 1 einen Anstellungsvertrag (Verwaltungsakte S. 24). Danach wird die Klägerin Nr. 1 ((Dipl.-Betriebswirtin, Verwaltungsakte S. 3) ab 1.11.2006 als Prokuristin und vollverantwortliche Leiterin des Bereichs Support weiterbeschäftigt. Sie ist verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft ausschließlich für die Klägerin Nr. 2 einzusetzen und die vertragsgemäßen Aufgaben mit gewissenhafter Sorgfalt zu erledigen; die Übertragung anderer Tätigkeiten bleibt vorbehalten. Die Klägerin Nr. 1 ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Für die Bewältigung ihrer Aufgaben bestehen keinerlei Beschränkungen hinsichtlich Ort, Zeit oder Art der Beschäftigung; im Rahmen ihres Bereichs kann die Klägerin Nr. 1 ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten (§ 1 Nr. 1 bis 4 des Anstellungsvertrages). Als Gegenleistung für ihre Dienste erhält die Klägerin Nr. 1 ein außerhalb tariflicher Regelungen frei vereinbartes Gehalt, das jeweils am Monatsende zahlbar ist. Damit ist auch etwaige über die normale betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit abgegolten (§ 2 des Anstellungsvertrages). In der dem Anstellungsvertrag als Anlage 1 beigefügten Gehaltsvereinbarung ist ein monatliches Gehalt von 3.800 EUR festgelegt; die bisherige erfolgsabhängige Prämie entfällt. Weiter heißt es in der Gehaltsvereinbarung, für die Klägerin Nr. 1 als angestellte Gesellschafterin würden für die bestehenden Direktversicherungen sowohl die Versicherungsbeiträge in maximaler Höhe wie die darauf anfallende pauschale Lohn- und ggf. Kirchensteuer samt Solidaritätszuschlag während der Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses von der Klägerin Nr. 2 übernommen. Der Firmenzuschuss in Höhe von monatlich 80 EUR für die bestehenden Pensionskassenverträge entfalle künftig (Verwaltungsakte S. 29). Unter § 3 des Anstellungsvertrages ist ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen vereinbart, wobei der Urlaub so festzulegen ist, dass die Belange des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden; nicht genommener Jahresurlaub wird abgegolten. Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während der Dauer des Anstellungsverhältnisses soll die Klägerin Nr. 1 ab der siebten Woche bis zur Dauer von 26 Wochen einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Nettoeinkommen und dem gesetzlichen Krankengeldhöchstsatz erhalten (§ 4 Nr. 1 des Anstellungsvertrages). Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung der Klägerin Nr. 2 (§ 7 des Anstellungsvertrages). Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden (§ 10 Nr. 1 des Anstellungsvertrages).
Unter dem 2.11.2006 beantragten die Klägerinnen Nr. 1 und 2 bei der Beigeladenen Nr. 1 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin Nr. 1 gem. § 7a Abs. 1 SGB IV. Diesen Antrag leitete die Beigeladene Nr. 1 an die Beklagte (Rentenversicherungsträger) weiter. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines mitarbeitenden Gesellschafters in der GmbH (Verwaltungsakte S. 3) ist unter dem 2.11.2006 angegeben, die Klägerin Nr. 2 sei am 1.12.1994 gegründet worden. Der Vater der Klägerin Nr. 1 sei Techniker und halte 20,1 % der Stammeinlagen. Anteile von ebenfalls 20,1 % und 33,3 % hielten die Dipl.-Ing. W.K. und Ch. K. Auf die Klägerin Nr. 1 entfalle ein Kapitalanteil von 26,5 %. Die Sperrminorität liege bei einem Kapitalanteil von 20 %. Die Klägerin Nr. 1 könne durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse weder herbeiführen noch verhindern. Darlehen habe sie der GmbH nicht gewährt und auch keine Bürgschaft übernommen. Nach außen werde das Unternehmen von J. B. (Vater der Klägerin Nr. 1) als alleinvertretungsberechtigtem Geschäftsführer vertreten. Die Klägerin Nr. 1 verfüge nicht als einzige über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Ihre Tätigkeit sei nicht auf Grund familienhafter Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt. Bis zum Jahr 2006 habe die Klägerin Nr. 1 in einem nichtselbstständigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin Nr. 2 gestanden, während sie ab 2006 selbstständig erwerbstätig sei. Die Mitarbeit sei in einem besonderen Arbeitsvertrag/Dienstvertrag geregelt. Die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit betrage 40 Stunden, tatsächlich arbeite die Klägerin Nr. 1 50 Stunden in der Woche. Hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege sie keinem Direktionsrecht (Weisungsrecht), könne ihre Tätigkeit vielmehr frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung der Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Personal könne die Klägerin Nr. 1 nicht einstellen oder entlassen. Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Hinsichtlich Beendigung (Kündigung) der Tätigkeit, Vergütung und Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit wurde auf den mit der Klägerin Nr. 2 geschlossenen Dienstvertrag (Anstellungsvertrag) verwiesen. Von der Vergütung der Klägerin Nr. 1 werde Lohnsteuer entrichtet; die Vergütung werde als Lohn/Gehalt verbucht. Auf der Basis ihres Gesellschaftsanteils sei die Klägerin Nr. 1 am Gewinn des Unternehmens beteiligt.
Mit Anhörungsschreiben vom 8.2.2007 (Verwaltungsakte S. 74) teilte die Beklagte den Klägerinnen mit, es sei beabsichtigt, für die von der Klägerin Nr. 1 seit 31.8.2006 bei der Klägerin Nr. 2 ausgeübte Tätigkeit das Vorliegen eines abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. des § 7 Abs. 1 SGB IV festzustellen. Die Klägerinnen trugen hierauf vor (Verwaltungsakte S. 80), für eine selbstständige Erwerbstätigkeit der Klägerin Nr. 1 sprächen (u. a.) deren Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Weisungsfreiheit hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Tätigkeit sowie die Vereinbarung eines übertariflichen Gehalts. Mit ihrem Kapitalanteil von 26,4 % könne sie bestimmte, in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages aufgeführte Beschlüsse blockieren und insbesondere Beschlüsse über die Bestellung weiterer Geschäftsführer verhindern. Die Abteilung "Support" sei zu einem der wichtigsten Unternehmensbereiche ausgebaut worden und bestimme maßgebend über den Unternehmenserfolg. Die Klägerin Nr. 1, die diesen Bereich leite, übe deshalb großen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens aus. Deshalb habe man diese Stelle an einen unternehmensorientierten Bewerber vergeben wollen, der sich auch am unternehmerischen Risiko beteilige. Die Stellenbesetzung sei an die Übernahme von Gesellschaftsanteilen in Höhe von mindestens 25 % geknüpft worden. Die Klägerin Nr. 1, studierte Betriebswirtin, verfüge als einzige im Unternehmen über fundierte kaufmännische Kenntnisse; die anderen Gesellschafter seien technisch orientiert.
Mit an die Klägerinnen gerichteten Bescheiden vom 14.3.2007 (Verwaltungsakte S. 85, 90) stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin Nr. 1 seit 31.8.2006 in einem abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin Nr. 2 stehe. Der Beginn der Versicherungspflicht wurde auf den Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme festgelegt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, bei mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH, wie etwa Gesellschafter-Geschäftsführern, liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, wenn die Gesellschafter keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihres Anteils am Stammkapital geltend machen könnten, sie funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhätten und für ihre Tätigkeit ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhielten. Da die Beschlüsse der Klägerin Nr. 2 mit einfacher Mehrheit gefasst würden und sich das Stimmrecht des Gesellschafters nach der Höhe seines Geschäftsanteils richte, sei es der über einen Kapitalanteil von (nur) 26,48 % verfügenden Klägerin Nr. 1 nicht möglich, die Geschicke der GmbH maßgeblich zu beeinflussen. Mangels Vetorechts oder Sperrminorität könne sie Entscheidungen zu Ungunsten ihres Mitarbeiterverhältnisses nicht verhindern. Außerdem seien eine feste monatliche Vergütung mit Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen festgelegt; auch dies spreche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Daran ändere es nichts, dass die Klägerin Nr. 1 hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausübung der Geschäftsführung über weitgehende Gestaltungsfreiheit verfüge; bei der Leistung von Diensten höherer Art sei das Weisungsrecht des Arbeitgebers naturgemäß entsprechend verfeinert. Nach wie vor unterliege die Klägerin Nr. 1 der Überwachung durch die Hauptgesellschafter. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme der Beschäftigung.
Zur Begründung der dagegen von den Klägerinnen eingelegten Widersprüche wurde ergänzend zum Vorbringen im Anhörungsverfahren vorgetragen, auch ohne Kapitalanteil von mindestens 50 % könne ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens ausgeübt werden. Die Klägerin Nr. 1 sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und arbeite weisungsfrei; Einschränkungen seien insoweit weder im Gesellschaftsvertrag noch im Anstellungsvertrag festgelegt. Die Klägerin Nr. 1 trage wegen ihrer Beteiligung an der Gesellschaft auch ein erhebliches Unternehmerrisiko.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.9.2007 (Verwaltungsakte S. 119, 124) wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Ergänzend führte sie aus, maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen komme mitarbeitenden Gesellschaftern zu, wenn sie Mehrheitsgesellschafter seien, also mehr als 50 % der Kapitalanteile hielten. Nur dann seien sie nämlich in der Lage, Einzelweisungen der Geschäftsführung im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern (vgl. BSG, Urt. vom 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -). Die Klägerin Nr. 1 verfüge mit einem Kapitalanteil von 26,47 % zwar über eine Sperrminorität, könne jedoch gleichwohl keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens ausüben, da von der Sperrminorität überwiegend interne Regelungen betroffen seien. Insbesondere könne die Klägerin Nr. 1 Entscheidungen, die sich gegen sie selbst richteten, nicht aus eigener Kraft abwehren. Zur Geschäftsführerin sei die Klägerin Nr. 1 nicht bestellt worden; man habe ihr lediglich Prokura erteilt. Von den Beschränkungen des § 181 BGB seien alle Prokuristen befreit. Ein Unternehmerrisiko trage die Klägerin Nr. 1 nicht, da sie erhebliches eigenes Kapital mit dem Risiko des Verlustes nicht eingesetzt habe; sie trage vielmehr das typische Entgeltrisiko des abhängig Beschäftigten. Dass leitende Angestellte weitgehend selbstständig arbeiteten, mache sie nicht zu (Mit-)Unternehmern. Die Widerspruchsbescheide wurden den Klägerinnen mit am 28.9.2007 zur Post gegebenen Einschreiben zugestellt.
Am 30.10. 2007 erhoben die Klägerinnen Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Zur Begründung trugen sie ergänzend vor, bei der Klägerin Nr. 2 handele es sich um einen Familienbetrieb. Alleiniger Geschäftsführer sei der Vater der Klägerin Nr. 1; Unternehmenssitz sei dessen Wohnhaus (Elternhaus der Klägerin Nr. 1). Der mittlerweile 60 Jahre alte Vater der Klägerin Nr. 1 wolle sich nach und nach aus dem Betrieb zurückziehen und habe der Klägerin Nr. 1 daher am 31.8.2006 zwei Gesellschaftsanteile in Höhe von 24.003 EUR und 3.500 EUR übertragen. Diese sei damit neben CH. K Mehrheitsgesellschafterin. Bereits im Jahr 2006 habe die Absicht bestanden, dass die Klägerin Nr. 1 ihren Vater im Geschäftsbetrieb weitgehend ablösen solle. Nach der Rechtsprechung genüge es für die Mitunternehmereigenschaft von Familienangehörigen, wenn sie gleichberechtigte Gesellschafter des Unternehmens seien (vgl. BSG, Urt. vom 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 -); so sei es hier. Der Mitgesellschafter Ch. K sei ebenfalls mit Prokura versehener Mitarbeiter der Klägerin Nr. 2 und durch Bescheid der AOK Zollernalb vom 17.2.2003 von der Sozialversicherungspflicht befreit worden. Gleiches müsse erst recht für die Klägerin Nr. 1 gelten. Deren Meinung gebe bei Gesellschafterbeschlüssen oft den Ausschlag, da sie über fundierte Kenntnisse in den Bereichen Steuern, Finanzierung, Investitionen, Controlling und Rechnungswesen verfüge.
Mit Urteil vom 30.10.2008 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Zur Begründung führte es nach Darstellung der einschlägigen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze aus, hier lägen Kriterien sowohl für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses wie für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit vor. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände sei aber von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sei ab der siebten Woche vereinbart worden; für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit werde das Festgehalt der Klägerin Nr. 1 offenbar nicht vermindert. Insoweit sei dieser Regelungskomplex nicht eindeutig. Die Tätigkeit der Klägerin Nr. 1 unterscheide sich jedoch nicht wesentlich von derjenigen eines angestellten Abteilungsleiters, der besonders qualifizierte Dienste höherer Art erbringen und dabei naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen arbeiten müsse. Im Anstellungsvertrag sei - wie für Arbeitnehmer typisch - ein festes Monatsgehalt vereinbart worden. Die Klägerin Nr. 1 trage ein Entgeltrisiko, jedoch kein Unternehmerrisiko; daran ändere es nichts, dass sie, wie in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Klägerin Nr. 2 in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ein Darlehen gegeben habe. Für den Status einer abhängig Beschäftigten spreche zudem, dass die Klägerin Nr. 1 für Nebentätigkeiten einer Erlaubnis bedürfe und ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen festgelegt worden sei. Ausschlaggebend sei schließlich, dass die Klägerin Nr. 1 mangels ausreichenden Stimmrechts und mangels umfassender Sperrminorität den Geschäftsbetrieb der GmbH weder bestimmen noch maßgeblichen gestaltenden Einfluss ausüben könne. Nach der Rechtsprechung gehöre der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu den abhängig Beschäftigten, wenn er kraft seiner Gesellschaftsrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden könne. Das sei regelmäßig der Fall, wenn der Geschäftsführer über mindestens die Hälfte des Stammkapitals verfüge. Auch bei einem geringeren Kapitalanteil könne die Arbeitnehmereigenschaft fehlen, wenn der Geschäftsführer eine Sperrminorität habe und damit ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft verhindern könne. Die Klägerin Nr. 1 sei aber weder Geschäftsführerin noch verfüge sie über mindestens 50 % des Stammkapitals oder eine umfassende Sperrminorität. Mit ihrem Kapitalanteil von 26,5 % könne sie nur bestimmte, in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages abschließend aufgezählte Beschlüsse verhindern. Auch die Anteile der Klägerin Nr. 1 und ihres Vaters zusammengenommen erreichten nicht die Hälfte des Stammkapitals (26,5 % bzw. 20,1 %). Eine generelle Sperrminorität für alle wesentlichen Angelegenheiten bestehe daher nicht. Die Klägerin Nr. 1 könne deshalb den Geschäftsbetrieb weder bestimmen noch als Minderheitsgesellschafterin maßgeblichen gestalterischen Einfluss auf das Unternehmen ausüben.
Auf das ihnen am 10.11.2008 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 10.12.2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholen und bekräftigen ihr bisheriges Vorbringen und tragen ergänzend vor, bei einem Kapitalanteil von unter 50 % müsse im Einzelfall geprüft werden, ob der Gesellschafter maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, insbesondere durch das Innehaben einer Sperrminorität ausüben könne. Die Klägerin Nr. 1 könne mit ihrem Gesellschaftsanteil bestimmte, in § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages aufgeführte Beschlüsse verhindern. Eine umfassende Sperrminorität sei entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht notwendig. Vielmehr genüge es, wenn für die Gesellschaft maßgebliche Beschlüsse betroffen seien. Die Klägerin Nr. 1 habe namentlich auf die Gewinnverwendung nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages wichtigen Einfluss. Sie unterliege auch keinerlei Weisungsrechten, zumal bei dem Familienunternehmen eine besondere familiäre Verbundenheit (zu ihrem Vater als einem der Mitgesellschafter) bestehe. Eine Geschäftsordnung, an die sie sich zu halten hätte, gebe es nicht. Damit sei ihre Arbeit, die den für das Unternehmen besonders wichtigen Bereich "Support" umfasse, nicht fremdbestimmt. Als (bloße) leitende Angestellte könne man die Klägerin Nr. 1 nicht einstufen, da sie mit 26 % am Unternehmen beteiligt sei und diesem ein Gesellschaftsdarlehen von 15.000 EUR gewährt habe. In naher Zukunft solle die Klägerin Nr. 1 das Unternehmen an Stelle ihres Vaters fortführen; hierfür sei die Unternehmensnachfolge zum 31.8.2006 mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen in Höhe von 24.300 EUR bzw. 3.500 EUR in Gang gesetzt worden. Ab 1.4.2009 werde sich der Vater der Klägerin Nr. 1 weiter zurückziehen und sie werde ab diesem Zeitpunkt Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin sein. Vor diesem Hintergrund sei sie von Anfang an nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen tätig gewesen. Sie habe "schalten und walten" können, wie sie gewollt habe. Die Vereinbarung eines festen Monatsgehalts sei demgegenüber ohne Belang. Dabei handele es sich um eine übliche Form der vorweggenommenen Gewinnbeteiligung bei Gesellschaftern (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. 3.5.2007, - L 16 (14) R 159/06 -). Entsprechendes gelte für die Genehmigungsbedürftigkeit von Nebentätigkeiten, die Festlegung von Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und den Urlaubsanspruch.
Die Klägerinnen haben erstmals am Tag vor der mündlichen Verhandlung des Senats vorgetragen, mit Gesellschafterbeschluss vom 23.4.2009 sei der Vater der Klägerin Nr. 1, J.B., als Geschäftsführer abberufen worden. Neue Geschäftsführer seien ab 1.5.2009 die Klägerin Nr. 1 und der Ch.K ... J.B. und W.K. haben ihre Geschäftsanteile an die Klägerin Nr. 1 und Ch.K. abgetreten, sodass die Klägerin Nr. 1 und der Ch.K. jeweils 50% der Geschäftsanteile halten. Der Bevollmächtigte der Beklagten hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung des Senats zu gerichtlichem Protokoll anerkannt, "dass die Klägerin Nr. 1 ab 1.5.2009 als Geschäftsführerin einer GmbH, an der sie 50 % der Anteile hält, nicht mehr der Sozialversicherungspflicht in der Renten- Kranken Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegt".
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.10.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.9.2007 zu verurteilen festzustellen, dass die Klägerin Nr. 1 bei der Klägerin Nr. 2 seit dem 31.8.2006 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis i. S. des § 7 Abs. 1 SGB IV steht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und auch sonst zulässigen Berufungen der Klägerinnen sind nicht begründet. Streitig ist zwischen den Beteiligten dabei lediglich noch der Zeitraum vom 31.8.2006 bis 30.4.2009. Für die Zeit ab 1.5.2009 hat die Beklagte nach Kenntnis der Gesellschafterbeschlüsse vom 23.4.2009 anerkannt, dass die Klägerin Nr. 1 nicht mehr der Sozialversicherungspflicht in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Die Beklagte (zu deren Zuständigkeit, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.4.2009, - 5891/07 -) hat allerdings zu Recht festgestellt, dass zuvor die Klägerin Nr. 1 ihre Tätigkeit bei der Klägerin Nr. 2 seit dem 31.8.2006 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt hat.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Nach diesen Grundsätzen ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH oder eines in anderer Funktion (nicht als Geschäftsführer) mitarbeitenden (angestellten) Gesellschafters zu beurteilen:
Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -).
Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer), schließt ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer damit Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG, Urt. v. vom 23. Juni 1994, -B 12 RK 72/92 -; Urt. v. 25.1.2006,. B 12 KR 30/04 R -; dazu, hinsichtlich der Größe des Kapitalanteils, auch Hess LSG, Urt. v. 23.11.2006, L 1 KR 763/03 - m.N. zur Rspr. des BSG). Solche Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztendlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht dessen Weisungsrecht, bestimmen vielmehr über die unternehmerischen Entscheidungen in der Gesellschaft maßgeblich mit; sie haben daher den Status eines (Mit-)Unternehmers. Wesentliches Merkmal ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des daraus folgenden Einflusses auf die Gesellschaft. Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität (oder über Sonderrechte zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.4.2007, - L 11 KR 5748/06 -) verfügt. Für diesen Personenkreis ist regelmäßig von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -).
Ist der Gesellschafter, ohne zum Geschäftsführer bestellt zu sein, bei der Gesellschaft angestellt (mitarbeitender bzw. angestellter Gesellschafter), besitzt er allein auf Grund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte (auch wenn er über die Hälfte des Stammkapitals verfügt) nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (BSG, Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -). Im Übrigen bleibt es - wie beim Gesellschafter-Geschäftsführer - aber dabei, dass ein maßgeblicher rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließt, wenn der mitarbeitende bzw. angestellte Gesellschafter damit Einzelweisungen im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte.
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es nach dem Gesagten im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17.12.2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5.4.1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).
Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23.6.1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17.12.2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12.9.1996 - 7 RAR 120/95 - ).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die die Klägerin Nr. 1 vom 31.8.2006 bis 30.4.2009 bei der Klägerin Nr. 2 ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden; der Senat teilt insoweit die Einschätzung des Sozialgerichts.
Gegen die Einstufung der Klägerin Nr. 1 als Mitunternehmerin neben ihrem Vater und den anderen Gesellschaftern der Klägerin Nr. 2 spricht in unternehmens- bzw. gesellschaftsrechtlicher Hinsicht zunächst, dass sie als mitarbeitende Gesellschafterin bei der Klägerin Nr. 2 angestellt ist, ohne (in der streitigen Zeit vom 31.8.2006 bis 30.4.2009) zur Geschäftsführerin bestellt zu sein. Deshalb kann sie, wie dargelegt, ihre Weisungsgebundenheit als Angestellte weder aufheben noch abschwächen. Vielmehr muss sie, wie im Anstellungsvertrag vom 31.10.2006 festgelegt, ihre volle Arbeitskraft ausschließlich für die Klägerin Nr. 2 einsetzen und die vertragsgemäßen Aufgaben erledigen, wobei sie mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag dem Weisungsrecht des Geschäftsführers (ihres Vaters) unterliegt. Dass der Klägerin Nr. 1 Prokura erteilt wurde und sie als vollverantwortliche Leiterin des Bereichs Support, einer für den Unternehmenserfolg offenbar besonders wichtigen Abteilung, beschäftigt ist, ändert an ihrem Status als abhängig Beschäftigter nichts, weist ihr lediglich die Funktion einer leitenden Angestellten (einer wichtigen Abteilung des Unternehmens) zu. Mit einem Kapitalanteil von (nur) 26,5 % verfügt die Klägerin Nr. 1 weder über die Rechtsmacht, Einzelweisungen des Geschäftsführers im Bedarfsfall zu verhindern noch kann sie die Geschicke des Unternehmens - dessen Geschäftsbetrieb bzw. die Teilnahme am Markt - maßgeblich bestimmen und gestalten, da die Beschlüsse der Klägerin Nr. 2 mit Mehrheit gefasst werden und sich das Stimmrecht nach der Höhe des Gesellschaftsanteils richtet; nur für bestimmte Beschlüsse, wie Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die Abtretung oder Belastung von Gesellschaftsanteilen, die Ausschließung von Gesellschaftern, den Jahresabschluss, die Gewinnverwendung oder die Bestellung weiterer Geschäftsführer und die Liquidation der Gesellschaft ist eine Mehrheit von 80 Prozent des stimmberechtigten Kapitals vorgeschrieben (§ 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags). Der Klägerin Nr. 1 mag auf Grund ihrer Fachkompetenz eine (tatsächlich) gewichtige Stimme in der Gesellschafterversammlung zukommen und sie kann die anderen Gesellschafter offenbar auch häufig von ihrer Ansicht überzeugen; für die Statusfrage ist das jedoch rechtlich nicht von Belang. Alles in allem ist der Klägerin Nr. 1 ein den sozialversicherungsrechtlichen Status ausschlaggebend prägendes Unternehmerrisiko bzw. als dessen Gegenstück die Aussicht auf Gewinnerzielung aus unternehmerischer Tätigkeit, unbeschadet der Teilhabe am Gewinn auf Grund ihres Gesellschaftsanteils, nicht zugeordnet. Daran ändert auch die in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts angegebene Gewährung eines Darlehens (15.000 EUR) an die Klägerin Nr. 2 nichts.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht liegt der Tätigkeit der Klägerin Nr. 1 der bereits erwähnte Anstellungsvertrag vom 31.10.2006 zugrunde, der bis 30.4.2009 maßgeblich war. Danach erhält sie ein festes Monatsgehalt in Höhe von 3.800 EUR brutto, das weder als Taschengeld noch als (bloße) Anerkennung für Gefälligkeiten abgetan werden kann und das ungeachtet dessen, ob es als ortsüblich anzusehen wäre oder dem einschlägigen Tariflohn entspräche (vgl. BSG, Urt. v. 12.9.1996, - 7 RAR 120/ 95), als angemessener Gegenwert für die geleistete Arbeit anzusehen ist. Außerdem übernimmt der Arbeitgeber (Klägerin Nr. 2) die Versicherungsbeiträge einschließlich darauf anfallender Steuern einer bestehenden Direktversicherung (offensichtlich einer arbeitnehmertypischen betrieblichen Altersvorsorge). Vom Gehalt der Klägerin Nr. 1 wurde – wie bei Angestellten üblich – Lohnsteuer abgeführt, und man hat das Gehalt als Betriebsausgabe verbucht. Schließlich sind im Anstellungsvertrag als arbeitnehmertypische Rechte ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen sowie eine Kündigungsfrist vereinbart und als (ebenfalls) arbeitnehmertypische Pflicht die Genehmigungsbedürftigkeit von Nebentätigkeiten festgelegt. Nicht ausschlaggebend ins Gewicht fällt die Befreiung der Klägerin vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB, zumal ihr Prokura erteilt ist, und die ihr im Anstellungsvertrag eingeräumte Befugnis, ihre Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Aufgabenbereichs frei zu bestimmen und zu gestalten. Die Aufgaben einer leitenden Angestellten - hier zur Leitung des Bereichs Support der Klägerin Nr. 2 - werden im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R) naturgemäß weitgehend frei von Einzelweisungen des Unternehmers erfüllt; dieser erwartet, dass leitende Angestellte eigenständig und selbständig arbeiten (können). Dass die Klägerin Nr. 1 für ihren Aufgabenbereich – und sei es als einzige im Unternehmen - über die notwendigen Kenntnisse verfügen muss, versteht sich von selbst und ist für leitende Angestellte ebenfalls typisch. Diese verfügen auch regelmäßig über die Befugnis, nach außen (hier im Rahmen einer Prokura) für das Unternehmen auftreten zu dürfen, sofern dies zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlich ist.
Schließlich soll - auch wenn es für den Senat entscheidungserheblich darauf nicht mehr ankommt - im Hinblick auf das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass die Tätigkeit der Klägerin Nr. 1 jedenfalls von August 2006 bis November 2007 gegenüber den Sozialversicherungsträgern ohne Bedenken zu äußern als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung behandelt worden war. So wurde sie von Anfang an als abhängig Beschäftigte angemeldet und man hat neben der Lohnsteuer zunächst regelmäßig den Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt. Der Senat verkennt nicht, dass die tatsächliche Beitragsabführung Rückschlüsse auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht erlaubt (BSG, Urt. v. 4.7.2007, - B 11a AL 5/06 R -). Gleichwohl tritt in der von den Klägerinnen bewusst durchgeführten Handhabung der Tätigkeit, die die Klägerin Nr. 1 bei der Klägerin Nr. 2 ausgeübt hat, eine Selbsteinschätzung des sozialversicherungsrechtlichen Status hervor, die das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls unterstreicht, mag es hierauf für das Gesamtbild der Arbeitsleistung auch nicht mehr ausschlaggebend ankommen.
Offenbar sollte mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf die Klägerin Nr. 1 zum 31.8.2006 die Unternehmensnachfolge eingeleitet und stufenweise verwirklicht werden. Eine Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Status ist mit dieser "ersten Stufe" nach dem Gesagten aber noch nicht herbeigeführt worden. Dabei ist nicht ausschlaggebend, dass der (schriftliche) Anstellungsvertrag der Klägerin das Datum des 31.10.2006 trägt; er regelt ersichtlich die "Weiterbeschäftigung" der Klägerin Nr. 1 (so ausdrücklich § 1 Nr. 1 des Anstellungsvertrags), weshalb für die Monate September und Oktober 2006 nichts anderes gilt als für die Folgezeit. Erst nachdem die Klägerin Nr. 1 ab 1.5.2009 zur Gesellschafter-Geschäftsführerin bestellt worden ist und sie außerdem über 50 % der Gesellschaftsanteile verfügt, durfte ihr der Status einer selbständig Erwerbstätigen beigemessen werden, was inzwischen durch das Anerkenntnis des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung auch erfolgt ist. Für die streitige Zeit ab 31.8.2006 kommt das indessen nicht in Betracht. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob und aus welchen Gründen die AOK Zollernalb den Mitgesellschafter Ch. K. nicht als abhängig Beschäftigten eingestuft hat. Sollte dies zu Unrecht geschehen sein, kann die Klägerin daraus Rechte für sich nicht herleiten.
Den Beginn der Versicherungspflicht hat die Beklagte rechtsfehlerfrei auf den Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung festgelegt.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerin Nr. 2 auf § 197a Abs. 1 SGG i.V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, da weder sie noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Klägerin Nr. 1 als Versicherter nach § 183 SGG sind Verfahrenskosten nicht aufzuerlegen, da die Voraussetzungen der §§ 197a Abs. 2 Satz 2, 192 SGG nicht erfüllt sind; auch eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Klägerin Nr. 1 findet im Hinblick auf § 193 SGG nicht statt. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind der Klägerin Nr. 2 nicht aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO - vgl. zur Kostenentscheidung in Fallgestaltungen der vorliegenden Art Senatsurteil vom 11.10.2006, - L 5 KR 3378/05-). Hinsichtlich des sofortigen Anerkenntnisses der Beklagten in Bezug auf den Zeitraum ab dem 1.5.2009 kommt § 156 VwGO zur Anwendung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat setzt den Streitwert in Verfahren der vorliegenden Art pauschalierend auf 18.000 EUR fest (zur Berechnung näher Senatsbeschluss vom 5.2.2007, - L 5 KR 5477/06 W-A -), wobei zu berücksichtigen war, dass bei Einlegung der Berufung noch die Feststellung einer zeitlich unbegrenzten Befreiung von der Sozialversicherungspflicht begehrt wurde. Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts vom 5.11.2008 (- S 12 R 774/08 W-A -) wird entsprechend abgeändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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