Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 V 2301/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 5825/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.11.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der 1924 geborene Kläger Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung von Versorgungsbezügen nach einem höheren Grad der Schädigungsfolgen (GdS) hat.
Der Kläger erlitt während seiner Dienstzeit in der D. Wehrmacht am 27.02.1945 einen Schussbruch im Bereich des rechten Ellenbogengelenks und Granatsplitterverletzungen an der rechten Kopfseite, rechten Schulter, an der rechten Rückenseite und am linken Unterschenkel.
Der Kläger beantragte am 29.09.1945 beim VA Fürsorge- und Versorgungsleistungen. In den versorgungsärztlichen Bescheinigungen vom 29.09.1945 und 19.06.1946 wurde von einer Wehrdienstbeschädigung in Folge einer Versteifung des rechten Ellenbogengelenks und starker Gebrauchsbehinderung der rechten Hand nach Ellenbogenschussbruch, von Stecksplittern in der rechten Kopfseite, im Rücken, in der rechten Schulter und im Unterschenkel ausgegangen. Mit dem vorläufigen Bescheid vom 28.11.1946 bewilligte das VA Abschlagszahlungen auf die gesetzlichen Versorgungsbezüge und Fürsorgeleistungen ab 01.04.1946 unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 vom Hundert (v. H.). In der ärztlichen Bescheinigung von Dr. W. vom Kreiskrankenhaus L. vom 17.12.1947 wurde zusätzlich darauf hingewiesen, es bestünden noch Splitterverletzungen am Rücken mit Beteiligung der Lunge. Sodann ließ das VA den Kläger untersuchen und begutachten. Dr. M. bezeichnete in seinem versorgungsärztlichen Gutachten vom 08.07.1948 die Schädigungsfolgen mit einer Totalversteifung des rechten Ellenbogengelenks in rechtwinkliger Stellung, einer hochgradigen Teilversteifung des rechten Schultergelenks, einem erheblichen Muskelschwund am rechten Arm und Verletzungen der rechten Kopfseite, im Rücken und im linken Unterschenkel ohne Funktionsstörung. Die schädigungsbedingte MdE schätzte er mit 60 v. H. ein. Der Gutachter führte unter anderem aus, bei einer ein halbes Jahr zuvor durchgeführten Röntgenuntersuchung der Lunge sei kein krankhafter Befund erhoben worden. Mit Bescheid vom 11.10.1948 nach dem Leistungsgesetz für Körperbeschädigte anerkannte die Landesversicherungsanstalt W. als Schädigungsfolgen eine Versteifung des rechten Ellenbogengelenks, eine Teilversteifung des rechten Schultergelenks, einen erheblichen Muskelschwund am rechten Arm, Narben an der rechten Kopfseite, im Rücken und am linken Unterschenkel und bewilligte eine Beschädigtenrente nach einer MdE um 60 v. H. ab 01.02.1947.
Mit Umanerkennungsbescheid vom 25.01.1952 behielt das VA den Tenor der anerkannten Schädigungsfolgen bei und bewilligte eine Grundrente nach einer MdE um 60 v. H. ab 01.10.1950.
In seinem auf Grund einer Nachuntersuchung erstellten Gutachten vom 28.05.1953 führte Dr. G. aus, eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers habe sich seit dem Vorgutachten nicht ergeben. Der Gutachter erhob unter anderem an Herz und Lungen röntgenologisch einen normalen Befund ohne Weichteilsplitter. Für einen Zusammenhang zwischen den vom Kläger geschilderten gelegentlichen Fieberanfällen und den Verwundungsschäden bestehe kein Anhalt.
Aktenkundig sind unter anderem noch die Krankengeschichte des Dr. Sch., Chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses L., vom 18.04.1955 über eine stationäre Behandlung des Klägers wegen eines Granatsplitterabszesses, der Befundbericht des Dr. G., Innere Abteilung des Kreiskrankenhauses L., vom 31.05.1955, wonach der Kläger über Beschwerden im Sinne einer Koronarinsuffizienz mit beginnender Herzinsuffizienz geklagt hat und eine geringgradige Hypoxämie des Herzmuskels sowie eine retrosternal reichende Struma mit geringfügiger Einengung der Trachea, auf die die Herzinsuffizienz zumindest teilweise zurückgeführt wird, nachgewiesen worden ist, sowie die ärztlichen Abschlussberichte vom 03.06.1981, 06.06.1984, 03.06.1987, 30.05.1990, 30.06.1993, 30.07.1996, 08.08.1999 und Juli 2003 über vom Kläger durchgeführte Badekuren im VdK-Kur- und Erholungszentrum A ...
Der Kläger beantragte am 29.09.2003 die Erhöhung seiner Beschädigtenrente. Das VA zog über die Gemeinschaftspraxis Dr. K.-St./St. den Arztbrief des Dr. W., Chefarzt der Medizinischen Klinik des Kreiskrankenhauses L., vom 10.10.2003 und über das Kreiskrankenhaus L. die Befundberichte des dortigen Radiologischen Instituts vom 15.09.2003, 16.09.2003, 17.09.2003 und 19.09.2003 bei. Im Arztbrief der Medizinischen Klinik des Kreiskrankenhauses L. wurden eine coronare Herzerkrankung (akuter Vorderwandinfarkt am 06.09.2003, echocardiographisch leicht bis mittelschwer reduzierte linksventrikuläre Funktion bei apikaler Vorderwandnarbe und inferiorer Hypokinesie, leichte Mitralklappeninsuffizienz, ventrikuläre Tachycardie im Rahmen des Vorderwandinfarktes mit Kreislaufinsuffizienz und Beatmung, cardiale Dekompensation), ein prärenales Nierenversagen im Rahmen der Kreislaufinsuffizienz bei vorbestehender kompensierter Niereninsuffizienz unklarer Genese und eine Wandverdickung im Zökumbereich unklarer Ätiologie diagnostiziert. Aus den Befundberichten des Radiologischen Instituts des Kreiskrankenhauses L. gehen unter anderem eine Ergussbildung rechts basal, eine Lungenstauung und eine Herzgröße über der Norm hervor.
Dr. H. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.07.2004 aus, die coronare Herzerkrankung stelle die weitaus häufigste Ursache für Herzinfarkte dar. Für die Entstehung dieser Erkrankung seien multiple Ursachen und Risikofaktoren (beispielsweise familiäre Disposition, hohes Lebensalter, Nikotinkonsum, Bluthochdruck oder Stoffwechselstörungen) bekannt. Ein Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen bestehe nicht. Aus den radiologischen Befundberichten ergebe sich kein Hinweis darauf, dass eine Splitterverletzung des Brustkorbs in irgendeiner Weise zur Herzerkrankung beigetragen habe.
Mit Bescheid vom 08.07.2004 lehnte das VA den Neufeststellungsantrag ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er leide weder an Bluthochdruck oder Stoffwechselstörungen. Bei seiner Splitterverletzung im Brustraum handle es sich um keine leichte Verletzung. Dr. K. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.10.2004 aus, ein ursächlicher Zusammenhang der Herzerkrankung mit den Schädigungsfolgen sei nicht herzustellen. Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2005 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.04.2005 unter Vorlage diverser Unterlagen Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).
Prof. Dr. S., Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin 3, Schwerpunkte Kardiologie und Pulmologie, des R.-B.-Krankenhauses St., führte in seinem vom SG von Amts wegen in Auftrag gegebenen Gutachten vom 10.04.2006 aus, der Herzinfarkt sei nicht als Schädigungsfolge, sondern als Folge einer arteriosklerotischen Kranzgefäßerkrankung aufgetreten. Zu den klassischen Risikofaktoren für die Arteriosklerose zählten Nikotinkonsum, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Zuckerkrankheit und familiäre Prädisposition. Ein akuter Herzinfarkt könne durch körperlichen und psychischen Stress aufgrund einer Katecholaminausschüttung getriggert werden. In wenigen Publikationen sei festgestellt worden, dass die Häufigkeit eines Herzinfarktes während eines Krieges zunehme. Es gebe allerdings keine Arbeiten, die eine vermehrte Häufigkeit als Spätereignis bei Kriegsveteranen oder ähnlichen Gruppen untersucht hätte. Somit könne kein Zusammenhang zwischen dem Erlebten und dem akuten Myokardinfarkt festgestellt werden. Die damals vom Kläger geklagten Herzstiche könnten ein Ausdruck einer Herzmuskelentzündung gewesen sein. Der aktuelle Wissenstand könne allerdings keinen Zusammenhang zwischen einer Herzmuskelentzündung und einem Myokardinfarkt bestätigen.
Nachdem der Kläger gegen dieses Gutachten Einwände erhoben hatte, ließ das SG den Kläger erneut von Amts wegen untersuchen und begutachten. Dr. W., Oberarzt an der Medizinischen Klinik des Krankenhauses L., gelangte in seinem Gutachten vom 27.02.2007 zu der Einschätzung, der Herzinfarkt sei als Schädigungsfolge zu bewerten. Die vom Vorgutachter aufgelisteten Risikofaktoren seien beim Kläger nicht vorhanden. Es gebe dagegen Hinweise darauf, dass die Last der Kriegsteilnehmer schlechthin wesentlich größer und auch körperlich bedeutsamer sei, als man bisher gedacht habe. Eine Studie über posttraumatische Belastungsstörungen habe gezeigt, dass zwischen diesen Phänomenen und späteren Ereignissen, wie Herzinfarkten, ein Zusammenhang bestehe. Je höher die posttraumatischen Stress-Belastungsstörungen in den Tests gewertet würden, desto häufiger seien die Ereignisse von nicht tödlichen Herzinfarkten, tödlichen Ereignissen der coronaren Herzerkrankung und Angina pectoris. Weitere, wenngleich nur indirekte, Hinweise ergäben sich aus der Betrachtung von Menschen nach Kriegsgefangenschaft mit Dystrophie oder nach Aufenthalt in Konzentrationslagern. Bei ihnen träten Herzinfarkte und Schlaganfälle um zehn bis vierzehn Jahre früher auf als in der Normalbevölkerung. Auch Nachbetrachtungen kriegerischer Auseinandersetzungen, wie sie zum amerikanischen Sezessionskrieg gemacht worden seien, zeigten, dass physische und psychische Erkrankungen Folge der Teilnahme an solchen Kriegen seien. Je jünger die Soldaten gewesen seien, umso wahrscheinlicher seien kardiovaskuläre Erkrankungen und früheres Versterben. Die Kriegstraumata, sowie die nach dem Krieg fortbestehenden Traumata seelischer sowie körperlicher Art hätten beim Kläger Bedingungen geschaffen, die ein vorzeitiges sowie beschleunigtes Entstehen einer Arteriosklerose förderten. Körperliche Schmerzzustände sowie seelischer Stress führten zu wiederkehrenden Erhöhungen von Adrenalin und anderen Stresshormonen im Blut, die über nachgeschaltete Mechanismen die Arteriosklerose förderten und das Entstehen eines Herzinfarktes beschleunigten. Ebenso bestünden gewichtige Hinweise auf Zusammenhänge posttraumatischer Stressbelastungsstörungen mit dem Entstehen von Herzinfarkten. Sicherlich seien weiterführende Studien für endgültige Beweise notwendig. Für die Beurteilung im Falle des Klägers lasse sich aber ein Zusammenhang viel wahrscheinlicher ableiten als ausschließen. Die Gesamt-MdE betrage zwischen 70 und 80 v. H.
Hierzu führte Dr. B. in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.04.2007 aus, für einen kausalen Zusammenhang fehle es an der zeitlichen Nähe zu dem belastenden Ereignis. Nach fast 60 Jahren seien die Veränderungen der Koronarien nicht mehr dem schädigenden Ereignis anzulasten. Vielmehr handle es sich um schädigungsunabhängige Alterungs- und Degenerationsprozesse, die zu der coronaren Herzkrankheit geführt hätten. Die wenigen bisher durchgeführten Untersuchungen seien an Betroffenen erfolgt, die an einem posttraumatischen Stresssyndrom gelitten hätten. Beim Kläger sei ein posttraumatisches Stresssyndrom nicht festgestellt worden. Die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs wäre auch dann, wenn man hiervon ausgehen würde, gering. Hierzu führte Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 02.06.2007 aus, beim Kläger gebe es zwar keine objektive Evaluation bezüglich eines posttraumatischen Stresssyndroms. Diese Art der Untersuchung sei allerdings ein sehr junges Verfahren und es sei somit zwangsläufig beim Kläger nicht zur Anwendung gekommen. Dies begründe sich unter anderem damit, dass weder in den Nachkriegsjahren noch in späteren Jahrzehnten jemand ein Interesse gehabt habe, sich mit diesen Störungen zu befassen. Die ausführliche Schilderung der Kriegserlebnisse in seinem Gutachten zeigten, dass der Kläger genau in das Raster der Personen passe, die posttraumatisch geschädigt seien.
Daraufhin erhob das SG ein weiteres Gutachten von Amts wegen. Prof. Dr. St., Chefarzt der Inneren Klinik II des K.-O. Krankenhauses St., gelangte in seinem Gutachten vom 28.11.2007 zu dem Ergebnis, der Vorderwandinfarkt stelle sich nicht als somatische Schädigungsfolge der Granatsplitterverletzungen dar. Die coronare Herzerkrankung sei mit 94% die häufigste Ursache eines akuten Herzinfarktes. Dass beim Kläger eine Arteriosklerose vorliege, eine Erkrankung, die nicht isoliert in einem bestimmten Gefäßgebiet auftrete, sondern in unterschiedlicher Ausprägung meist das gesamte arterielle Gefäßsystem betreffe, zeige sich im duplexsonographischen Nachweis einer Arteriosklerose der hirnversorgenden Arterien. Allein durch die Abwesenheit der klassischen Risikofaktoren könne eine coronare Herzkrankheit nicht ausgeschlossen werden. Die Arteriosklerose sei ein degenerativer Prozess der Arterienwand, der sich mit dem Alter verstärke, auch nicht bei jedem Menschen in gleichem Ausmaß. Das Altern sei ein physiologischer Vorgang mit negativen Folgen wie dem Voranschreiten einer Arteriosklerose. Im Übrigen seien in den durchgeführten Röntgenuntersuchungen des Brustkorbes im Jahre 1947 sowie in den Aufnahmen im September 2003 zu keinem Zeitpunkt Splitter in Herz und Lunge gesehen worden. Die vom Kläger geäußerten Herzstiche, Atembeschwerden und wiederholten Fieberanfälle könnten durch eine Herzmuskelentzündung als mögliche Komplikation der wiederholten fieberhaften Abszessbildungen der verbliebenen Splitter bedingt gewesen sein. Hierzu passend sei auch das internistische Konsil aus dem Jahr 1955, in dem Beschwerden einer Coronarinsuffizienz mit beginnender Herzinsuffizienz und EKG-Veränderungen angegeben worden seien. Klinik und EKG-Veränderungen bei einer Myokarditis könnten denen einer coronaren Herzerkrankung sehr ähnlich sein. In den folgenden Jahrzehnten gebe es keine dokumentierten kardialen Beschwerden mehr. Hausarztberichte anlässlich der getätigten Kuranträge sowie die Abschlussberichte der Kurklinik A. bescheinigten unauffällige Herz-Kreislaufverhältnisse. In Zusammenschau dessen sei, sofern tatsächlich eine Herzmuskelentzündung vorgelegen habe, diese folgenlos ausgeheilt. Auch könne nach gängiger Lehrmeinung kein Zusammenhang zwischen den chronischen Schmerzen des Klägers und dem Herzinfarkt hergestellt werden. Dass emotionaler und physischer Stress zu einem akuten Anstieg der Herzinfarkte führen könne, zeigten Untersuchungen während Naturkatastrophen und Kriegen. Untersuchungen, ob das Herzinfarktrisiko nach überlebten Kriegstraumata auf lange Sicht erhöht sei, gebe es nicht. In einigen Studien werde ein kausaler Zusammenhang zwischen einem posttraumatischen Belastungssyndrom und dem erhöhten Risiko für einen Myokardinfarkt beschrieben. Allerdings sei beim Kläger bislang kein posttraumatisches Belastungssyndrom beschrieben worden. Im Kreiskrankenhaus L. sei lediglich ein sogenanntes Durchgangssyndrom beschrieben worden. In den versorgungsärztlichen Gutachten aus den Jahren 1948 und 1953 seien ebenso wenig wie in den Abschlussberichten der Kurklinik A. psychische Auffälligkeiten beschrieben worden. Da sich bei Bestätigung einer posttraumatischen Belastungsstörung ein wahrscheinlicher kausaler Zusammenhang ergebe, sei die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zu empfehlen.
Hierzu führte Dr. B. in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 25.04.2008 aus, selbst bei Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung bestehe lediglich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs mit einem Herzinfarkt. Vorliegend fehle es jedoch sowohl zum Zeitpunkt der Erstfeststellung als auch in den folgenden Jahrzehnten an fassbaren psychiatrischen Befunden, die eine posttraumatische Belastungsstörung belegten. Dass eine solche Störung, falls sie vorgelegen hätte, über Jahrzehnte klinisch unauffällig geblieben sein solle und erst nach Jahrzehnten als posttraumatische Störung im Rahmen der Kriegsereignisse in Erscheinung trete, sei wissenschaftlich nicht begründbar. Von einer psychiatrischen Begutachtung erwarte er keine Klärung im Sinne des Klagebegehrens, schon deshalb nicht, weil es seit dem Krieg an ärztlich dokumentierten Brückensymptomen fehle.
Mit Urteil vom 06.11.2008 wies das SG die Klage ab. Es stütze sich dabei in erster Linie auf das Gutachten des Prof. Dr. St. Für die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung ergäben die über den Kläger geführten Unterlagen an keiner Stelle irgendwelche Anhaltspunkte. Die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens sei daher nicht erforderlich.
Gegen das ihm am 28.11.2008 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 12.12.2008 Berufung eingelegt. Seine schweren Verletzungen und nachfolgenden schweren Vereiterungen, die auch zur Operation gezwungen hätten, seien sehr geeignet, die psychischen Stressfaktoren als Hauptgrund für das schwere Herzleiden in Betracht zu ziehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.11.2008 und den Bescheid vom 08.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Anerkennung der Folgen eines Herzinfarktes als weiterer Schädigungsfolgen "Verletzungsrente" nach einem GdS von mindestens 70 ab 01.09.2003 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der geltend gemachte Herzinfarkt sei nicht ursächlich auf das Schädigungsereignis zurückzuführen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, die Beteiligten Gelegenheit erhalten haben, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 25.01.1952.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung oder Abänderung eines Verwaltungsaktes wegen Änderung in den Verhältnissen ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 25.01.1952 zu Grunde lagen, ist nicht eingetreten. Denn der beim Kläger eingetretene Herzinfarkt ist nicht auf eine anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen, sodass auch kein Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen besteht und damit auch nicht auf die Gewährung höherer Grundrente.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Grundrente sind §§ 1 und 30 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung (§ 1 Abs. 1 BVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).
Zur Beurteilung von Schädigungsfolgen und des GdS ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) heranzuziehen. Danach gelten die folgenden Grundsätze:
Als Schädigungsfolge wird im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG). Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG). Zu den Faktoren, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG). Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG, § 1 Abs. 3 BVG). Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 2 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass der am 06.09.2003 erlittene Herzinfarkt kriegsbedingt ist.
Der Senat sieht keine Brückensymptomatik zwischen der Granatsplitterverletzung des rechten Brustkorbes sowie der langjährigen entzündlichen Komplikationen (fieberhaften Abszessbildungen) und dem erlittenen Herzinfarkt. Der Senat folgt dabei dem Gutachten des Prof. Dr. St. vom 28.11.2007. Dieser hat zureffend darauf hingewiesen, dass ausweislich des versorgungsärztlichen Gutachtens des Dr. M. vom 08.07.1948 bei einer ein halbes Jahr zuvor durchgeführten Röntgenuntersuchung der Lunge kein krankhafter Befund an den Lungen erhoben wurde, auch Dr. G. in seinem Gutachten vom 28.05.1953 an Herz und Lungen röntgenologisch einen normalen Befund ohne Weichteilsplitter erhob und sich in den im September 2003 im Kreiskrankenhaus L. durchgeführten Röntgenuntersuchungen keine Weichteilsplitter fanden. Der Senat folgt dem Gutachter auch darin, dass zwar die vom Kläger geäußerten Herzstiche, Atembeschwerden und wiederholten Fieberanfälle als mögliche Komplikation der wiederholten fieberhaften Abszessbildungen der verbliebenen Splitter auf eine Herzmuskelentzündung zurückgehen könnten, aber, da Klink und EKG-Veränderungen bei einer Myokarditis denen einer koronaren Herzerkrankung sehr ähnlich sind, hieraus nicht gefolgert werden kann, dass es sich im Jahr 1955 tatsächlich um eine kriegsbedingte Herzmuskelentzündung gehandelt hat, sondern es auch möglich ist, dass diese Beschwerden auf eine koronare Herzerkrankung zurückzuführen sind. Im Übrigen gibt es - und auch hierauf hat Prof. Dr. St. zutreffend hingewiesen - in den folgenden Jahrzehnten keine dokumentierten kardialen Beschwerden. Sowohl die Hausarztberichte anlässlich der Kuranträge des Klägers als auch die Abschlussberichte der Kurklinik A. bescheinigen unauffällige Herz-Kreislaufverhältnisse. Selbst wenn aber im Jahr 1955 eine Herzmuskelentzündung vorgelegen hätte, wäre diese folgenlos ausgeheilt.
Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht auch, dass Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 10.04.2006 beim Kläger duplexsonographisch eine Arteriosklerose der hirnversorgenden Arterien erhoben hat und dies für eine koronare Grunderkrankung des Klägers spricht, worauf auch Prof. Dr. St. in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat. Eine solche koronare Herzerkrankung wiederum stellt mit Abstand die häufigste Ursache für Herzinfarkte dar.
Der Einschätzung des Gutachters Dr. W., als mögliche Ursache des Herzinfarktes komme die "beschleunigte Progression der Arteriosklerose durch wiederholte adrenerge Stimulation" durch das beim Kläger vorliegende chronische Schmerzsyndrom, welches seinerseits ursächlich durch die Granatsplitterverletzungen bedingt sei, in Betracht, folgt der Senat nicht. Zwar kann ein kriegsbedingter emotionaler und physischer Stress zu einem akuten Anstieg der Herzinfarktrate führen, was auch Prof. Dr. St. dargelegt hat. Dasselbe gilt für das Vorliegen eines kriegsbedingten posttraumatischen Belastungssyndroms. Allerdings ist beim Kläger bislang kein kriegsbedingtes posttraumatisches Belastungssyndrom beschrieben worden. So ergeben sich aus den versorgungsärztlichen Gutachten des Dr. M. vom 08.07.1948 und des Dr. G. vom 28.05.1953 keine psychischen Auffälligkeiten und wird die Psyche des Klägers in den Abschlussberichten der Kurklinik A. stets als unauffällig beschrieben. Erst gegenüber Dr. W. hat der Kläger wiederkehrende Angstträume beschrieben. Als akute Reaktion auf kriegsbedingte Stresssyndrome kommt der ca. 60 Jahre später erlittene Herzinfarkt von vorneherein nicht in Betracht.
Nach alledem ist der Herzinfarkt nicht auf die Granatsplitterverletzung oder auf sonstige Kriegsereignisse zurückzuführen.
Da sich auch die mit Bescheid vom 25.01.1952 anerkannten Schädigungsfolgen nicht verschlimmert haben, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung von Grundrente nach einem höheren GdS.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der 1924 geborene Kläger Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und Gewährung von Versorgungsbezügen nach einem höheren Grad der Schädigungsfolgen (GdS) hat.
Der Kläger erlitt während seiner Dienstzeit in der D. Wehrmacht am 27.02.1945 einen Schussbruch im Bereich des rechten Ellenbogengelenks und Granatsplitterverletzungen an der rechten Kopfseite, rechten Schulter, an der rechten Rückenseite und am linken Unterschenkel.
Der Kläger beantragte am 29.09.1945 beim VA Fürsorge- und Versorgungsleistungen. In den versorgungsärztlichen Bescheinigungen vom 29.09.1945 und 19.06.1946 wurde von einer Wehrdienstbeschädigung in Folge einer Versteifung des rechten Ellenbogengelenks und starker Gebrauchsbehinderung der rechten Hand nach Ellenbogenschussbruch, von Stecksplittern in der rechten Kopfseite, im Rücken, in der rechten Schulter und im Unterschenkel ausgegangen. Mit dem vorläufigen Bescheid vom 28.11.1946 bewilligte das VA Abschlagszahlungen auf die gesetzlichen Versorgungsbezüge und Fürsorgeleistungen ab 01.04.1946 unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 vom Hundert (v. H.). In der ärztlichen Bescheinigung von Dr. W. vom Kreiskrankenhaus L. vom 17.12.1947 wurde zusätzlich darauf hingewiesen, es bestünden noch Splitterverletzungen am Rücken mit Beteiligung der Lunge. Sodann ließ das VA den Kläger untersuchen und begutachten. Dr. M. bezeichnete in seinem versorgungsärztlichen Gutachten vom 08.07.1948 die Schädigungsfolgen mit einer Totalversteifung des rechten Ellenbogengelenks in rechtwinkliger Stellung, einer hochgradigen Teilversteifung des rechten Schultergelenks, einem erheblichen Muskelschwund am rechten Arm und Verletzungen der rechten Kopfseite, im Rücken und im linken Unterschenkel ohne Funktionsstörung. Die schädigungsbedingte MdE schätzte er mit 60 v. H. ein. Der Gutachter führte unter anderem aus, bei einer ein halbes Jahr zuvor durchgeführten Röntgenuntersuchung der Lunge sei kein krankhafter Befund erhoben worden. Mit Bescheid vom 11.10.1948 nach dem Leistungsgesetz für Körperbeschädigte anerkannte die Landesversicherungsanstalt W. als Schädigungsfolgen eine Versteifung des rechten Ellenbogengelenks, eine Teilversteifung des rechten Schultergelenks, einen erheblichen Muskelschwund am rechten Arm, Narben an der rechten Kopfseite, im Rücken und am linken Unterschenkel und bewilligte eine Beschädigtenrente nach einer MdE um 60 v. H. ab 01.02.1947.
Mit Umanerkennungsbescheid vom 25.01.1952 behielt das VA den Tenor der anerkannten Schädigungsfolgen bei und bewilligte eine Grundrente nach einer MdE um 60 v. H. ab 01.10.1950.
In seinem auf Grund einer Nachuntersuchung erstellten Gutachten vom 28.05.1953 führte Dr. G. aus, eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers habe sich seit dem Vorgutachten nicht ergeben. Der Gutachter erhob unter anderem an Herz und Lungen röntgenologisch einen normalen Befund ohne Weichteilsplitter. Für einen Zusammenhang zwischen den vom Kläger geschilderten gelegentlichen Fieberanfällen und den Verwundungsschäden bestehe kein Anhalt.
Aktenkundig sind unter anderem noch die Krankengeschichte des Dr. Sch., Chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses L., vom 18.04.1955 über eine stationäre Behandlung des Klägers wegen eines Granatsplitterabszesses, der Befundbericht des Dr. G., Innere Abteilung des Kreiskrankenhauses L., vom 31.05.1955, wonach der Kläger über Beschwerden im Sinne einer Koronarinsuffizienz mit beginnender Herzinsuffizienz geklagt hat und eine geringgradige Hypoxämie des Herzmuskels sowie eine retrosternal reichende Struma mit geringfügiger Einengung der Trachea, auf die die Herzinsuffizienz zumindest teilweise zurückgeführt wird, nachgewiesen worden ist, sowie die ärztlichen Abschlussberichte vom 03.06.1981, 06.06.1984, 03.06.1987, 30.05.1990, 30.06.1993, 30.07.1996, 08.08.1999 und Juli 2003 über vom Kläger durchgeführte Badekuren im VdK-Kur- und Erholungszentrum A ...
Der Kläger beantragte am 29.09.2003 die Erhöhung seiner Beschädigtenrente. Das VA zog über die Gemeinschaftspraxis Dr. K.-St./St. den Arztbrief des Dr. W., Chefarzt der Medizinischen Klinik des Kreiskrankenhauses L., vom 10.10.2003 und über das Kreiskrankenhaus L. die Befundberichte des dortigen Radiologischen Instituts vom 15.09.2003, 16.09.2003, 17.09.2003 und 19.09.2003 bei. Im Arztbrief der Medizinischen Klinik des Kreiskrankenhauses L. wurden eine coronare Herzerkrankung (akuter Vorderwandinfarkt am 06.09.2003, echocardiographisch leicht bis mittelschwer reduzierte linksventrikuläre Funktion bei apikaler Vorderwandnarbe und inferiorer Hypokinesie, leichte Mitralklappeninsuffizienz, ventrikuläre Tachycardie im Rahmen des Vorderwandinfarktes mit Kreislaufinsuffizienz und Beatmung, cardiale Dekompensation), ein prärenales Nierenversagen im Rahmen der Kreislaufinsuffizienz bei vorbestehender kompensierter Niereninsuffizienz unklarer Genese und eine Wandverdickung im Zökumbereich unklarer Ätiologie diagnostiziert. Aus den Befundberichten des Radiologischen Instituts des Kreiskrankenhauses L. gehen unter anderem eine Ergussbildung rechts basal, eine Lungenstauung und eine Herzgröße über der Norm hervor.
Dr. H. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.07.2004 aus, die coronare Herzerkrankung stelle die weitaus häufigste Ursache für Herzinfarkte dar. Für die Entstehung dieser Erkrankung seien multiple Ursachen und Risikofaktoren (beispielsweise familiäre Disposition, hohes Lebensalter, Nikotinkonsum, Bluthochdruck oder Stoffwechselstörungen) bekannt. Ein Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen bestehe nicht. Aus den radiologischen Befundberichten ergebe sich kein Hinweis darauf, dass eine Splitterverletzung des Brustkorbs in irgendeiner Weise zur Herzerkrankung beigetragen habe.
Mit Bescheid vom 08.07.2004 lehnte das VA den Neufeststellungsantrag ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er leide weder an Bluthochdruck oder Stoffwechselstörungen. Bei seiner Splitterverletzung im Brustraum handle es sich um keine leichte Verletzung. Dr. K. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.10.2004 aus, ein ursächlicher Zusammenhang der Herzerkrankung mit den Schädigungsfolgen sei nicht herzustellen. Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2005 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 21.04.2005 unter Vorlage diverser Unterlagen Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).
Prof. Dr. S., Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin 3, Schwerpunkte Kardiologie und Pulmologie, des R.-B.-Krankenhauses St., führte in seinem vom SG von Amts wegen in Auftrag gegebenen Gutachten vom 10.04.2006 aus, der Herzinfarkt sei nicht als Schädigungsfolge, sondern als Folge einer arteriosklerotischen Kranzgefäßerkrankung aufgetreten. Zu den klassischen Risikofaktoren für die Arteriosklerose zählten Nikotinkonsum, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Zuckerkrankheit und familiäre Prädisposition. Ein akuter Herzinfarkt könne durch körperlichen und psychischen Stress aufgrund einer Katecholaminausschüttung getriggert werden. In wenigen Publikationen sei festgestellt worden, dass die Häufigkeit eines Herzinfarktes während eines Krieges zunehme. Es gebe allerdings keine Arbeiten, die eine vermehrte Häufigkeit als Spätereignis bei Kriegsveteranen oder ähnlichen Gruppen untersucht hätte. Somit könne kein Zusammenhang zwischen dem Erlebten und dem akuten Myokardinfarkt festgestellt werden. Die damals vom Kläger geklagten Herzstiche könnten ein Ausdruck einer Herzmuskelentzündung gewesen sein. Der aktuelle Wissenstand könne allerdings keinen Zusammenhang zwischen einer Herzmuskelentzündung und einem Myokardinfarkt bestätigen.
Nachdem der Kläger gegen dieses Gutachten Einwände erhoben hatte, ließ das SG den Kläger erneut von Amts wegen untersuchen und begutachten. Dr. W., Oberarzt an der Medizinischen Klinik des Krankenhauses L., gelangte in seinem Gutachten vom 27.02.2007 zu der Einschätzung, der Herzinfarkt sei als Schädigungsfolge zu bewerten. Die vom Vorgutachter aufgelisteten Risikofaktoren seien beim Kläger nicht vorhanden. Es gebe dagegen Hinweise darauf, dass die Last der Kriegsteilnehmer schlechthin wesentlich größer und auch körperlich bedeutsamer sei, als man bisher gedacht habe. Eine Studie über posttraumatische Belastungsstörungen habe gezeigt, dass zwischen diesen Phänomenen und späteren Ereignissen, wie Herzinfarkten, ein Zusammenhang bestehe. Je höher die posttraumatischen Stress-Belastungsstörungen in den Tests gewertet würden, desto häufiger seien die Ereignisse von nicht tödlichen Herzinfarkten, tödlichen Ereignissen der coronaren Herzerkrankung und Angina pectoris. Weitere, wenngleich nur indirekte, Hinweise ergäben sich aus der Betrachtung von Menschen nach Kriegsgefangenschaft mit Dystrophie oder nach Aufenthalt in Konzentrationslagern. Bei ihnen träten Herzinfarkte und Schlaganfälle um zehn bis vierzehn Jahre früher auf als in der Normalbevölkerung. Auch Nachbetrachtungen kriegerischer Auseinandersetzungen, wie sie zum amerikanischen Sezessionskrieg gemacht worden seien, zeigten, dass physische und psychische Erkrankungen Folge der Teilnahme an solchen Kriegen seien. Je jünger die Soldaten gewesen seien, umso wahrscheinlicher seien kardiovaskuläre Erkrankungen und früheres Versterben. Die Kriegstraumata, sowie die nach dem Krieg fortbestehenden Traumata seelischer sowie körperlicher Art hätten beim Kläger Bedingungen geschaffen, die ein vorzeitiges sowie beschleunigtes Entstehen einer Arteriosklerose förderten. Körperliche Schmerzzustände sowie seelischer Stress führten zu wiederkehrenden Erhöhungen von Adrenalin und anderen Stresshormonen im Blut, die über nachgeschaltete Mechanismen die Arteriosklerose förderten und das Entstehen eines Herzinfarktes beschleunigten. Ebenso bestünden gewichtige Hinweise auf Zusammenhänge posttraumatischer Stressbelastungsstörungen mit dem Entstehen von Herzinfarkten. Sicherlich seien weiterführende Studien für endgültige Beweise notwendig. Für die Beurteilung im Falle des Klägers lasse sich aber ein Zusammenhang viel wahrscheinlicher ableiten als ausschließen. Die Gesamt-MdE betrage zwischen 70 und 80 v. H.
Hierzu führte Dr. B. in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.04.2007 aus, für einen kausalen Zusammenhang fehle es an der zeitlichen Nähe zu dem belastenden Ereignis. Nach fast 60 Jahren seien die Veränderungen der Koronarien nicht mehr dem schädigenden Ereignis anzulasten. Vielmehr handle es sich um schädigungsunabhängige Alterungs- und Degenerationsprozesse, die zu der coronaren Herzkrankheit geführt hätten. Die wenigen bisher durchgeführten Untersuchungen seien an Betroffenen erfolgt, die an einem posttraumatischen Stresssyndrom gelitten hätten. Beim Kläger sei ein posttraumatisches Stresssyndrom nicht festgestellt worden. Die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs wäre auch dann, wenn man hiervon ausgehen würde, gering. Hierzu führte Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 02.06.2007 aus, beim Kläger gebe es zwar keine objektive Evaluation bezüglich eines posttraumatischen Stresssyndroms. Diese Art der Untersuchung sei allerdings ein sehr junges Verfahren und es sei somit zwangsläufig beim Kläger nicht zur Anwendung gekommen. Dies begründe sich unter anderem damit, dass weder in den Nachkriegsjahren noch in späteren Jahrzehnten jemand ein Interesse gehabt habe, sich mit diesen Störungen zu befassen. Die ausführliche Schilderung der Kriegserlebnisse in seinem Gutachten zeigten, dass der Kläger genau in das Raster der Personen passe, die posttraumatisch geschädigt seien.
Daraufhin erhob das SG ein weiteres Gutachten von Amts wegen. Prof. Dr. St., Chefarzt der Inneren Klinik II des K.-O. Krankenhauses St., gelangte in seinem Gutachten vom 28.11.2007 zu dem Ergebnis, der Vorderwandinfarkt stelle sich nicht als somatische Schädigungsfolge der Granatsplitterverletzungen dar. Die coronare Herzerkrankung sei mit 94% die häufigste Ursache eines akuten Herzinfarktes. Dass beim Kläger eine Arteriosklerose vorliege, eine Erkrankung, die nicht isoliert in einem bestimmten Gefäßgebiet auftrete, sondern in unterschiedlicher Ausprägung meist das gesamte arterielle Gefäßsystem betreffe, zeige sich im duplexsonographischen Nachweis einer Arteriosklerose der hirnversorgenden Arterien. Allein durch die Abwesenheit der klassischen Risikofaktoren könne eine coronare Herzkrankheit nicht ausgeschlossen werden. Die Arteriosklerose sei ein degenerativer Prozess der Arterienwand, der sich mit dem Alter verstärke, auch nicht bei jedem Menschen in gleichem Ausmaß. Das Altern sei ein physiologischer Vorgang mit negativen Folgen wie dem Voranschreiten einer Arteriosklerose. Im Übrigen seien in den durchgeführten Röntgenuntersuchungen des Brustkorbes im Jahre 1947 sowie in den Aufnahmen im September 2003 zu keinem Zeitpunkt Splitter in Herz und Lunge gesehen worden. Die vom Kläger geäußerten Herzstiche, Atembeschwerden und wiederholten Fieberanfälle könnten durch eine Herzmuskelentzündung als mögliche Komplikation der wiederholten fieberhaften Abszessbildungen der verbliebenen Splitter bedingt gewesen sein. Hierzu passend sei auch das internistische Konsil aus dem Jahr 1955, in dem Beschwerden einer Coronarinsuffizienz mit beginnender Herzinsuffizienz und EKG-Veränderungen angegeben worden seien. Klinik und EKG-Veränderungen bei einer Myokarditis könnten denen einer coronaren Herzerkrankung sehr ähnlich sein. In den folgenden Jahrzehnten gebe es keine dokumentierten kardialen Beschwerden mehr. Hausarztberichte anlässlich der getätigten Kuranträge sowie die Abschlussberichte der Kurklinik A. bescheinigten unauffällige Herz-Kreislaufverhältnisse. In Zusammenschau dessen sei, sofern tatsächlich eine Herzmuskelentzündung vorgelegen habe, diese folgenlos ausgeheilt. Auch könne nach gängiger Lehrmeinung kein Zusammenhang zwischen den chronischen Schmerzen des Klägers und dem Herzinfarkt hergestellt werden. Dass emotionaler und physischer Stress zu einem akuten Anstieg der Herzinfarkte führen könne, zeigten Untersuchungen während Naturkatastrophen und Kriegen. Untersuchungen, ob das Herzinfarktrisiko nach überlebten Kriegstraumata auf lange Sicht erhöht sei, gebe es nicht. In einigen Studien werde ein kausaler Zusammenhang zwischen einem posttraumatischen Belastungssyndrom und dem erhöhten Risiko für einen Myokardinfarkt beschrieben. Allerdings sei beim Kläger bislang kein posttraumatisches Belastungssyndrom beschrieben worden. Im Kreiskrankenhaus L. sei lediglich ein sogenanntes Durchgangssyndrom beschrieben worden. In den versorgungsärztlichen Gutachten aus den Jahren 1948 und 1953 seien ebenso wenig wie in den Abschlussberichten der Kurklinik A. psychische Auffälligkeiten beschrieben worden. Da sich bei Bestätigung einer posttraumatischen Belastungsstörung ein wahrscheinlicher kausaler Zusammenhang ergebe, sei die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zu empfehlen.
Hierzu führte Dr. B. in der vom Beklagten vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 25.04.2008 aus, selbst bei Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung bestehe lediglich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs mit einem Herzinfarkt. Vorliegend fehle es jedoch sowohl zum Zeitpunkt der Erstfeststellung als auch in den folgenden Jahrzehnten an fassbaren psychiatrischen Befunden, die eine posttraumatische Belastungsstörung belegten. Dass eine solche Störung, falls sie vorgelegen hätte, über Jahrzehnte klinisch unauffällig geblieben sein solle und erst nach Jahrzehnten als posttraumatische Störung im Rahmen der Kriegsereignisse in Erscheinung trete, sei wissenschaftlich nicht begründbar. Von einer psychiatrischen Begutachtung erwarte er keine Klärung im Sinne des Klagebegehrens, schon deshalb nicht, weil es seit dem Krieg an ärztlich dokumentierten Brückensymptomen fehle.
Mit Urteil vom 06.11.2008 wies das SG die Klage ab. Es stütze sich dabei in erster Linie auf das Gutachten des Prof. Dr. St. Für die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung ergäben die über den Kläger geführten Unterlagen an keiner Stelle irgendwelche Anhaltspunkte. Die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens sei daher nicht erforderlich.
Gegen das ihm am 28.11.2008 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 12.12.2008 Berufung eingelegt. Seine schweren Verletzungen und nachfolgenden schweren Vereiterungen, die auch zur Operation gezwungen hätten, seien sehr geeignet, die psychischen Stressfaktoren als Hauptgrund für das schwere Herzleiden in Betracht zu ziehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.11.2008 und den Bescheid vom 08.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Anerkennung der Folgen eines Herzinfarktes als weiterer Schädigungsfolgen "Verletzungsrente" nach einem GdS von mindestens 70 ab 01.09.2003 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der geltend gemachte Herzinfarkt sei nicht ursächlich auf das Schädigungsereignis zurückzuführen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, die Beteiligten Gelegenheit erhalten haben, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 25.01.1952.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung oder Abänderung eines Verwaltungsaktes wegen Änderung in den Verhältnissen ist § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 25.01.1952 zu Grunde lagen, ist nicht eingetreten. Denn der beim Kläger eingetretene Herzinfarkt ist nicht auf eine anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen, sodass auch kein Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen besteht und damit auch nicht auf die Gewährung höherer Grundrente.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Grundrente sind §§ 1 und 30 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung (§ 1 Abs. 1 BVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).
Zur Beurteilung von Schädigungsfolgen und des GdS ist die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) heranzuziehen. Danach gelten die folgenden Grundsätze:
Als Schädigungsfolge wird im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG). Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG). Zu den Faktoren, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG). Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG, § 1 Abs. 3 BVG). Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 2 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass der am 06.09.2003 erlittene Herzinfarkt kriegsbedingt ist.
Der Senat sieht keine Brückensymptomatik zwischen der Granatsplitterverletzung des rechten Brustkorbes sowie der langjährigen entzündlichen Komplikationen (fieberhaften Abszessbildungen) und dem erlittenen Herzinfarkt. Der Senat folgt dabei dem Gutachten des Prof. Dr. St. vom 28.11.2007. Dieser hat zureffend darauf hingewiesen, dass ausweislich des versorgungsärztlichen Gutachtens des Dr. M. vom 08.07.1948 bei einer ein halbes Jahr zuvor durchgeführten Röntgenuntersuchung der Lunge kein krankhafter Befund an den Lungen erhoben wurde, auch Dr. G. in seinem Gutachten vom 28.05.1953 an Herz und Lungen röntgenologisch einen normalen Befund ohne Weichteilsplitter erhob und sich in den im September 2003 im Kreiskrankenhaus L. durchgeführten Röntgenuntersuchungen keine Weichteilsplitter fanden. Der Senat folgt dem Gutachter auch darin, dass zwar die vom Kläger geäußerten Herzstiche, Atembeschwerden und wiederholten Fieberanfälle als mögliche Komplikation der wiederholten fieberhaften Abszessbildungen der verbliebenen Splitter auf eine Herzmuskelentzündung zurückgehen könnten, aber, da Klink und EKG-Veränderungen bei einer Myokarditis denen einer koronaren Herzerkrankung sehr ähnlich sind, hieraus nicht gefolgert werden kann, dass es sich im Jahr 1955 tatsächlich um eine kriegsbedingte Herzmuskelentzündung gehandelt hat, sondern es auch möglich ist, dass diese Beschwerden auf eine koronare Herzerkrankung zurückzuführen sind. Im Übrigen gibt es - und auch hierauf hat Prof. Dr. St. zutreffend hingewiesen - in den folgenden Jahrzehnten keine dokumentierten kardialen Beschwerden. Sowohl die Hausarztberichte anlässlich der Kuranträge des Klägers als auch die Abschlussberichte der Kurklinik A. bescheinigen unauffällige Herz-Kreislaufverhältnisse. Selbst wenn aber im Jahr 1955 eine Herzmuskelentzündung vorgelegen hätte, wäre diese folgenlos ausgeheilt.
Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht auch, dass Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 10.04.2006 beim Kläger duplexsonographisch eine Arteriosklerose der hirnversorgenden Arterien erhoben hat und dies für eine koronare Grunderkrankung des Klägers spricht, worauf auch Prof. Dr. St. in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat. Eine solche koronare Herzerkrankung wiederum stellt mit Abstand die häufigste Ursache für Herzinfarkte dar.
Der Einschätzung des Gutachters Dr. W., als mögliche Ursache des Herzinfarktes komme die "beschleunigte Progression der Arteriosklerose durch wiederholte adrenerge Stimulation" durch das beim Kläger vorliegende chronische Schmerzsyndrom, welches seinerseits ursächlich durch die Granatsplitterverletzungen bedingt sei, in Betracht, folgt der Senat nicht. Zwar kann ein kriegsbedingter emotionaler und physischer Stress zu einem akuten Anstieg der Herzinfarktrate führen, was auch Prof. Dr. St. dargelegt hat. Dasselbe gilt für das Vorliegen eines kriegsbedingten posttraumatischen Belastungssyndroms. Allerdings ist beim Kläger bislang kein kriegsbedingtes posttraumatisches Belastungssyndrom beschrieben worden. So ergeben sich aus den versorgungsärztlichen Gutachten des Dr. M. vom 08.07.1948 und des Dr. G. vom 28.05.1953 keine psychischen Auffälligkeiten und wird die Psyche des Klägers in den Abschlussberichten der Kurklinik A. stets als unauffällig beschrieben. Erst gegenüber Dr. W. hat der Kläger wiederkehrende Angstträume beschrieben. Als akute Reaktion auf kriegsbedingte Stresssyndrome kommt der ca. 60 Jahre später erlittene Herzinfarkt von vorneherein nicht in Betracht.
Nach alledem ist der Herzinfarkt nicht auf die Granatsplitterverletzung oder auf sonstige Kriegsereignisse zurückzuführen.
Da sich auch die mit Bescheid vom 25.01.1952 anerkannten Schädigungsfolgen nicht verschlimmert haben, hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung von Grundrente nach einem höheren GdS.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved