Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 901/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens L 11 RJ 645/02, in welchem der Kläger sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Übergangsgeld (Übg) wegen Abbruchs der gewährten berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation gewandt hatte.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 1995 bewilligte die Beklagte dem am 8. Dezember 1969 geborenen Kläger eine Umschulung für den Beruf Bürokaufmann in der Rehabilitationseinrichtung Internationaler Bund für Sozialarbeit (IB), Berufsbildungszentrum in S., als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation, welche voraussichtlich 21 Monate dauern sollte. Der Kläger begann die Umschulungsmaßnahme am 22. April 1996. Laut Umschulungsvertrag sollte sie am 20. Januar 1998 enden. Mit Bescheid vom 7. März 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger Übg in Höhe von 56,05 DM kalendertäglich.
Nachdem der Kläger wiederholt arbeitsunfähig krank war und der Maßnahmeträger die Motivation des Klägers in Zweifel gezogen sowie das Maßnahmeziel als stark gefährdet angesehen hatte, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 1996 dem Kläger mit, die Ausbildung sei am 3. Dezember 1996 abgebrochen worden. Übg stehe ihm daher nur bis zu diesem Zeitpunkt zu. Die Bescheide vom 4. Dezember 1995 und 7. März 1996 würden insoweit aufgehoben. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers half die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 1997 teilweise ab, indem der Abbruch der Maßnahme und die Beendigung der Gewährung von Übg auf den 31. Dezember 1996 verlegt wurde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 1997 zurück.
Im nachfolgenden Klageverfahren (S 7 RJ 1659/07) vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) wurden Auskünfte des IB Bildungszentrums S. zum Ablauf der Maßnahme eingeholt. Mit Urteil vom 31. Januar 2002 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung des Übg sei § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sei spätestens mit Wirkung vom 1. Januar 1997 insoweit eingetreten, als der Kläger wegen maßnahmewidrigen Verhaltens Anlass für den Ausschluss aus der Maßnahme gegeben habe, womit auch der Anspruch auf Übg weggefallen sei. Die Beklagte habe mangels eines atypischen Falles auch keine Ermessensentscheidung treffen müssen.
Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers (L 11 RJ 645/02) wies der erkennende Senat mit Urteil vom 20. April 2004 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Maßnahme sei zu Recht abgebrochen worden. Deswegen habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Übg mehr gehabt. Der Übg-Anspruch bestehe während der Dauer der Maßnahme und sei ein akzessorischer Anspruch, der nur im Zusammenhang mit Reha-Leistungen (Hauptleistung) entstehen könne und dem Versicherten erhalten bleibe, solange die Bewilligung der Grundleistung Bestand habe, mithin bis zum planmäßigen Ende oder - wie hier - dem planwidrigen vorzeitigen Abbruch der berufsfördernden Maßnahme. Dass der Kläger ab 8. November 1996 arbeitsunfähig gewesen sei, begründe keinen Anspruch auf Übg über den 30. Dezember 1996 hinaus, denn nach § 25 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI a.F. bestehe bei Arbeitsunfähigkeit ein Übg-Anspruch längstens bis zu 6 Wochen. Diese seien zum 1. Januar 1997 bereits abgelaufen gewesen. Nur wenn ein Versicherter an einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen könne und deshalb die Maßnahme abgebrochen werde, könne ein Übg-Anspruch für längstens weitere 6 Wochen nach dem rechtswirksamen Abbruch entstehen. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor, denn der Abbruch sei aufgrund der Leistungsdefizite erfolgt, unabhängig von den zugrundeliegenden Ursachen. Das Urteil ist dem Kläger am 16. Juli 2004 zugestellt worden. Er hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des erkennenden Senats keine Beschwerde erhoben.
Schon vor dem Urteil des erkennenden Senats hatte der Kläger am 22. Januar 2004 erneut Klage vor dem SG gegen den Abbruch der Umschulungsmaßnahme erhoben, die mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2004 (S 12 RJ 185/04) abgewiesen wurde.
Am 11. Februar 2009 hat der Kläger Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (sowie weiterer Verfahren vor dem SG und dem Landessozialgericht) gestellt. Nach eingehender Durchsicht der Akten der Beklagten habe er Unstimmigkeiten und Widersprüchliches festgestellt. Auch die Beklagte habe ihm diese nicht erklären können. Deswegen sei sehr leicht zu erkennen, dass von Anfang an eine Art "unsichtbare Visitenkarte" von ihm beiliege, die ihn ständig begleite. Aufgrund dessen seien etliche fragwürdige Entscheidungen gefällt worden. Seitens des IB seien gegenüber dem Gericht unwahre Tatsachen angegeben worden, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Er habe dies auch nicht gewusst, da er die Akte niemals gehabt habe. Sicherlich hätte er Akteneinsicht verlangen können; darauf müsse man aber erst einmal kommen. Zudem vertraue man ja den Ämtern.
Auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht dargelegt oder erkennbar seien, wiederholte der Kläger sein Begehren am 20. Februar 2009. Er sei in der Vergangenheit sozialversicherungspflichtig gewesen und bestehe nun auch auf Hilfe, dass er diesen sozialen Lebensstandpunkt und Finanzielles wiedererlange. Leider helfe ihm niemand; er müsse sein Leben von Hartz IV bestreiten und bekomme weniger als jemand, der noch nie gearbeitet habe. Die Wiederaufnahme sehe er somit als ausreichend begründet an und beantrage, die Beklagte rückwirkend auf die Leistungspflicht zu verurteilen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Senats vom 20. April 2004 aufzuheben, das Verfahren L 11 RJ 645/02 wieder aufzunehmen, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Januar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 1996 in der Fassung des Bescheides vom 23. April 1997 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 1997 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Dezember 1996 hinaus Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu verwerfen, hilfsweise die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie sieht die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens als nicht gegeben an.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Verfahren S 7 RJ 1659/07, L 11 RJ 645/02 und L 11 R 901/09 sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Wiederaufnahme ist unzulässig. Der Kläger hat einen Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig behauptet.
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden (§ 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) und die Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) erfolgen. Das hier angefochtene - mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene und dem Kläger am 16. Juli 2004 zugestellte - Urteil des Senats vom 20. April 2004 ist mit Ablauf der einmonatigen Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rechtskräftig geworden, nachdem Nichtzulassungsbeschwerde nicht erhoben worden ist.
Nach § 579 Abs. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3) und wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). In den Fällen der Nr. 1 und 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte (§ 579 Abs. 2 ZPO).
Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat (Nr. 1), wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war (Nr. 2), wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3), wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist (Nr. 4), wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5), wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist (Nr. 6) sowie wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil (Nr. 7 Buchst. a) oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (Nr. 7 Buchst. b). In den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (§ 581 Abs. 1 ZPO).
Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist (vgl. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (Satz 2 der Vorschrift). Zur Statthaftigkeit gehört auch, dass der Kläger das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes schlüssig behauptet (vgl. BSG, Beschluss vom 2. Juli 2003, B 10 LW 8/03 B).
Dies ist hier nicht geschehen. Soweit der Kläger die Richtigkeit der Angaben des IB im Verfahren vor dem SG anzweifelt, wäre dies im ordentlichen Rechtsmittelverfahren geltend zu machen gewesen und stellt keinen der in §§ 579, 580 ZPO abschließend aufgezählten Wiederaufnahmegründe dar. Das gilt auch nicht im Hinblick auf den Vortrag des Klägers, er habe die schriftlichen Erklärungen nicht gekannt und auch nicht gewusst, dass er Akteneinsicht nehmen könne. Über das Akteneinsichtsrecht, das Beteiligten des Gerichtsverfahrens nach § 120 SGG zusteht, muss das Gericht nicht belehren (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 120 Rn. 3a).
Wiederaufnahmegründe der §§ 579, 580 ZPO sind somit nicht einmal im Ansatz schlüssig behauptet. Gleiches gilt für den Wiederaufnahmegrund des § 179 Abs. 2 SGG, wonach die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens L 11 RJ 645/02, in welchem der Kläger sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Übergangsgeld (Übg) wegen Abbruchs der gewährten berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation gewandt hatte.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 1995 bewilligte die Beklagte dem am 8. Dezember 1969 geborenen Kläger eine Umschulung für den Beruf Bürokaufmann in der Rehabilitationseinrichtung Internationaler Bund für Sozialarbeit (IB), Berufsbildungszentrum in S., als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation, welche voraussichtlich 21 Monate dauern sollte. Der Kläger begann die Umschulungsmaßnahme am 22. April 1996. Laut Umschulungsvertrag sollte sie am 20. Januar 1998 enden. Mit Bescheid vom 7. März 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger Übg in Höhe von 56,05 DM kalendertäglich.
Nachdem der Kläger wiederholt arbeitsunfähig krank war und der Maßnahmeträger die Motivation des Klägers in Zweifel gezogen sowie das Maßnahmeziel als stark gefährdet angesehen hatte, teilte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 1996 dem Kläger mit, die Ausbildung sei am 3. Dezember 1996 abgebrochen worden. Übg stehe ihm daher nur bis zu diesem Zeitpunkt zu. Die Bescheide vom 4. Dezember 1995 und 7. März 1996 würden insoweit aufgehoben. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers half die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 1997 teilweise ab, indem der Abbruch der Maßnahme und die Beendigung der Gewährung von Übg auf den 31. Dezember 1996 verlegt wurde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 1997 zurück.
Im nachfolgenden Klageverfahren (S 7 RJ 1659/07) vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) wurden Auskünfte des IB Bildungszentrums S. zum Ablauf der Maßnahme eingeholt. Mit Urteil vom 31. Januar 2002 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im Wesentlichen aus, Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung des Übg sei § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sei spätestens mit Wirkung vom 1. Januar 1997 insoweit eingetreten, als der Kläger wegen maßnahmewidrigen Verhaltens Anlass für den Ausschluss aus der Maßnahme gegeben habe, womit auch der Anspruch auf Übg weggefallen sei. Die Beklagte habe mangels eines atypischen Falles auch keine Ermessensentscheidung treffen müssen.
Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers (L 11 RJ 645/02) wies der erkennende Senat mit Urteil vom 20. April 2004 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Maßnahme sei zu Recht abgebrochen worden. Deswegen habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Übg mehr gehabt. Der Übg-Anspruch bestehe während der Dauer der Maßnahme und sei ein akzessorischer Anspruch, der nur im Zusammenhang mit Reha-Leistungen (Hauptleistung) entstehen könne und dem Versicherten erhalten bleibe, solange die Bewilligung der Grundleistung Bestand habe, mithin bis zum planmäßigen Ende oder - wie hier - dem planwidrigen vorzeitigen Abbruch der berufsfördernden Maßnahme. Dass der Kläger ab 8. November 1996 arbeitsunfähig gewesen sei, begründe keinen Anspruch auf Übg über den 30. Dezember 1996 hinaus, denn nach § 25 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI a.F. bestehe bei Arbeitsunfähigkeit ein Übg-Anspruch längstens bis zu 6 Wochen. Diese seien zum 1. Januar 1997 bereits abgelaufen gewesen. Nur wenn ein Versicherter an einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr teilnehmen könne und deshalb die Maßnahme abgebrochen werde, könne ein Übg-Anspruch für längstens weitere 6 Wochen nach dem rechtswirksamen Abbruch entstehen. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor, denn der Abbruch sei aufgrund der Leistungsdefizite erfolgt, unabhängig von den zugrundeliegenden Ursachen. Das Urteil ist dem Kläger am 16. Juli 2004 zugestellt worden. Er hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des erkennenden Senats keine Beschwerde erhoben.
Schon vor dem Urteil des erkennenden Senats hatte der Kläger am 22. Januar 2004 erneut Klage vor dem SG gegen den Abbruch der Umschulungsmaßnahme erhoben, die mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2004 (S 12 RJ 185/04) abgewiesen wurde.
Am 11. Februar 2009 hat der Kläger Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (sowie weiterer Verfahren vor dem SG und dem Landessozialgericht) gestellt. Nach eingehender Durchsicht der Akten der Beklagten habe er Unstimmigkeiten und Widersprüchliches festgestellt. Auch die Beklagte habe ihm diese nicht erklären können. Deswegen sei sehr leicht zu erkennen, dass von Anfang an eine Art "unsichtbare Visitenkarte" von ihm beiliege, die ihn ständig begleite. Aufgrund dessen seien etliche fragwürdige Entscheidungen gefällt worden. Seitens des IB seien gegenüber dem Gericht unwahre Tatsachen angegeben worden, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Er habe dies auch nicht gewusst, da er die Akte niemals gehabt habe. Sicherlich hätte er Akteneinsicht verlangen können; darauf müsse man aber erst einmal kommen. Zudem vertraue man ja den Ämtern.
Auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht dargelegt oder erkennbar seien, wiederholte der Kläger sein Begehren am 20. Februar 2009. Er sei in der Vergangenheit sozialversicherungspflichtig gewesen und bestehe nun auch auf Hilfe, dass er diesen sozialen Lebensstandpunkt und Finanzielles wiedererlange. Leider helfe ihm niemand; er müsse sein Leben von Hartz IV bestreiten und bekomme weniger als jemand, der noch nie gearbeitet habe. Die Wiederaufnahme sehe er somit als ausreichend begründet an und beantrage, die Beklagte rückwirkend auf die Leistungspflicht zu verurteilen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Senats vom 20. April 2004 aufzuheben, das Verfahren L 11 RJ 645/02 wieder aufzunehmen, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Januar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 1996 in der Fassung des Bescheides vom 23. April 1997 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 1997 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Dezember 1996 hinaus Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu verwerfen, hilfsweise die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie sieht die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens als nicht gegeben an.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Verfahren S 7 RJ 1659/07, L 11 RJ 645/02 und L 11 R 901/09 sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Wiederaufnahme ist unzulässig. Der Kläger hat einen Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig behauptet.
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden (§ 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) und die Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) erfolgen. Das hier angefochtene - mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene und dem Kläger am 16. Juli 2004 zugestellte - Urteil des Senats vom 20. April 2004 ist mit Ablauf der einmonatigen Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rechtskräftig geworden, nachdem Nichtzulassungsbeschwerde nicht erhoben worden ist.
Nach § 579 Abs. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3) und wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). In den Fällen der Nr. 1 und 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte (§ 579 Abs. 2 ZPO).
Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat (Nr. 1), wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war (Nr. 2), wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3), wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist (Nr. 4), wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5), wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist (Nr. 6) sowie wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil (Nr. 7 Buchst. a) oder eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde (Nr. 7 Buchst. b). In den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO findet die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (§ 581 Abs. 1 ZPO).
Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist (vgl. § 589 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (Satz 2 der Vorschrift). Zur Statthaftigkeit gehört auch, dass der Kläger das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes schlüssig behauptet (vgl. BSG, Beschluss vom 2. Juli 2003, B 10 LW 8/03 B).
Dies ist hier nicht geschehen. Soweit der Kläger die Richtigkeit der Angaben des IB im Verfahren vor dem SG anzweifelt, wäre dies im ordentlichen Rechtsmittelverfahren geltend zu machen gewesen und stellt keinen der in §§ 579, 580 ZPO abschließend aufgezählten Wiederaufnahmegründe dar. Das gilt auch nicht im Hinblick auf den Vortrag des Klägers, er habe die schriftlichen Erklärungen nicht gekannt und auch nicht gewusst, dass er Akteneinsicht nehmen könne. Über das Akteneinsichtsrecht, das Beteiligten des Gerichtsverfahrens nach § 120 SGG zusteht, muss das Gericht nicht belehren (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 120 Rn. 3a).
Wiederaufnahmegründe der §§ 579, 580 ZPO sind somit nicht einmal im Ansatz schlüssig behauptet. Gleiches gilt für den Wiederaufnahmegrund des § 179 Abs. 2 SGG, wonach die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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