Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1215/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1347/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass die Berufung des Klägers durch Rücknahme vom 7. Juli 2006 erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist u.a. streitig, ob die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 09.12.2002 wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt hat.
Der 1952 geborene Kläger bezog vom 24.01.2001 bis 08.12.2002 für die Dauer von 684 Tagen Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten. Der Anspruch auf Alg war ab dem 09.12.2002 erschöpft. Am 23.12.2002 beantragte er die Gewährung von Alhi. Zum 09.12. 2002 bzw. 31.12.2002 besaß der Kläger folgende Kapitallebensversicherungen:
Versicherungs-Nr. Rückkaufwert (incl. Überschussbeteiligung) 11 260 243 9 32.794,20 EUR 6/458583/645 14.471,92 EUR 6/458583/646 14.471,92 EUR
Die vereinbarte Versicherungssumme wird bei allen drei Lebensversicherungen im Erlebensfall in den Jahren 2017 bzw. 2018 zur Auszahlung fällig. Die Lebensversicherungen Nr. 6/458583/645 und Nr. 6/458583/646 beinhalten zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente bis längstens 31.05.2017 vorsehen. Ferner hatte der Kläger diverse Bausparverträge.
Mit Bescheid vom 10.01.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi ab, da der Kläger über ein Vermögen in Höhe von 72.627,11 EUR verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 26.000 EUR verblieben 46.627,11 EUR. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit berücksichtigt worden.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.01.2003 Widerspruch und brachte zur Begründung vor, sollte er bei dem noch anstehenden Arbeitsgerichtsprozess vor dem Bundesgerichtshof (gemeint wohl: Bundesarbeitsgericht) unterliegen, würde er den Schritt in die Existenzgründung wagen, da er bis heute keinen adäquaten Arbeitsplatz mit seinem Handicap der Schwerbehinderung habe finden können. Deswegen sei es außerordentlich wichtig, dass sein Kapital für die anstehende Existenzgründung zuvor nicht verbraucht worden sei. Das Guthaben von zwei Bausparverträgen habe er abgetreten. Mit Schreiben vom 25.02.2003 trug er ergänzend vor, die Bausparverträge Nr. 3 und Nr. 4 habe er wegen Verbindlichkeiten an Frau C. S., B. abgetreten. Hierzu legte er auf Anfrage der Beklagten ein von ihm und von C. S. unterschriebenes Schriftstück vom 10.12.2002 vor, in dem ausgeführt ist, C. S. habe Forderungen aus den zurückliegenden Jahren an den Kläger in Höhe von 40.215,64 EUR. Zur Übertragung seien vorgesehen der Bausparvertrag 1 mit 23.393,49 EUR und der Bausparvertrag 2 mit 4.213,58 EUR. Demnach habe der Kläger einen noch zu bezahlende Restschuld in Höhe von 12.608,57 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2003 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger besitze Vermögen in Höhe von 67.552,27 EUR. Nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 26.000 EUR verbleibe damit ein in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen von 41.552,27 EUR. Aufgrund dessen sei der Kläger nicht bedürftig, weshalb ihm ein Anspruch auf Alhi nicht zustehe. Das Vermögen aus den Lebensversicherungen sei nicht schon deshalb von einer Verwertung ausgenommen, weil der Kläger vorgegeben habe, sich in Zukunft möglicherweise selbständig machen zu wollen. Unzutreffend sei auch sein Vortrag, wonach Vermögen, welches seiner Alterssicherung dienen solle, nicht verwertbar sei. Zwar habe nach der früheren Rechtslage Vermögen, welches nachweislich der Alterssicherung dienen solle, von einer Verwertung ausgeschlossen werden können, jedoch sei dies seit Änderung der Alhi-Verordnung zum 01.01.2002 grundsätzlich nicht mehr möglich. Eine Ausnahme bilde hiervon nur noch die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 Alhi-VO, welche jedoch im Falle des Klägers keine Anwendung finde, da das Vermögen weder in Form der sog. "Riester-Rente" angelegt noch der Kläger nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Seinen Verbindlichkeiten aus dem Bausparvertrag Nr. 2 in Höhe von 1.884,32 EUR, auf dem Girokonto zum Zeitpunkt der Antragstellung in Höhe von 5.746,59 EUR sowie dem damaligen Unterhaltsrückstand von 2.963,14 EUR stehe ein Restvermögen aus dem Bausparvertrag Nr. 1 in Höhe von 10.870 EUR gegenüber. Die Bausparverträge Nr. 3 und 4 seien zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht an Frau S. abgetreten gewesen. Die Abtretung sei nachweislich der eingereichten Übertragungen erst am 20.03.2003 erfolgt, und damit erst zu einem Zeitpunkt, als die Vorlage einer solchen vom Kläger behaupteten Übertragung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gefordert worden sei. Auch die weiteren vorgelegten Unterlagen ließen nicht erkennen, dass zum einen die behaupteten Verbindlichkeiten gegenüber Frau S. tatsächlich begründet seien und zum anderen gehe daraus eindeutig hervor, dass diese jedenfalls so lange gestundet würden, bis der Kläger wieder über ein regelmäßiges Einkommen verfüge. Damit sei er derzeit jedoch ohnehin nicht rückzahlungspflichtig, so dass nach alledem diese behaupteten Verbindlichkeiten nicht von seinem verwertbaren Vermögen abzusetzen seien.
Dagegen erhob der Kläger am 06.05.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG, S 7 AL 1215/03) mit dem Begehren, ihm Arbeitslosenhilfe dem Grunde nach ab 09.12.2002 zu gewähren. Mit Gerichtsbescheid vom 18.06.2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung ist ausgeführt, das SG folge hinsichtlich der rechtlichen Bewertung des vorliegenden Sachverhalts der Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08.04.2003. Darüber hinaus habe die weitere Prüfung ergeben, dass von einer offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung der Kapitallebensversicherung nicht die Rede sein könne, da der jeweilige Betrag, den der Kläger an Beiträgen für die Kapitallebensversicherungen aufgewandt habe, nicht 10 % höher sei als der jeweilige Auszahlungsbetrag. Allein aus den Kapitallebensversicherungen hätte der Kläger am 09.12.2002 ein verwertbares Vermögen von insgesamt 61.668,74 EUR gehabt. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von 26.000 EUR und unter Außerachtlassung der Bausparverträge und der "Restschulden" des Klägers von 12.608,57 EUR (Schriftsatz vom 04.11.2004) verblieben danach zumutbar verwertbar noch 23.060,17 EUR. Der Kläger sei somit am 09.12.2002 nicht bedürftig im Sinne des Rechts der Arbeitslosenhilfe gewesen.
Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers am 22.06.2004 zugestellten - Gerichtsbescheid legte der Kläger am 20.07.2007 Berufung ein (L 5 AL 2880/04). Zur Begründung machte er geltend, der Sparkasse D. habe er am 04.02.2003 seinen Bausparvertrag Nr. 1 - 479 275 804 zur Absicherung seiner Schulden abgetreten. Den Bausparvertrag mit der Nummer 1 - 479 275 802 habe er zur Absicherung seiner Schulden an Frau C. S. abgetreten. Frau S. sei eine alte Freundin und habe von April 1997 bis Dezember 2002 seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Jugendamt beglichen.
Mit Aufklärungsschreiben vom 04.08.2005 wies die (damalige) Berichterstatterin darauf hin, dass sich bei der Berechnung der Vermögenswerte des Klägers unter Außerachtlassung der angeblichen Schulden/Abtretungen an Frau S. ein Vermögen von mehr als dem Freibetrag von 26.000 EUR ergebe. Es ergebe sich insgesamt rund 27.750 EUR und damit ein Betrag, der über dem Freibetrag von 26.000 EUR liege. Außerdem wies die Berichterstatterin darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung, dass Schulden in genanntem Ausmaße bestünden, vorlägen. Auch ließen die Gesamtumstände eher auf eine Lebens- und/oder Haushaltsgemeinschaft des Klägers mit Frau S. schließen, weshalb sich der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe ohnehin nach dem gemeinsamen Einkommen und Vermögen bemesse. Da aus den Kontoauszügen von Frau S. zu entnehmen sei, dass sie eigenes Einkommen und (Lebens-) Versicherungen habe und offenbar keine Miete zahlen müsse, dürfte sich eine Bedürftigkeit des Klägers bei dieser Gesamtbetrachtung von Vermögen und Einkommen ohnehin nicht ergeben. Es werde daher angeregt, die Berufung zurückzunehmen.
Der Kläger lehnte mit Schreiben vom 02.09.2005 eine Rücknahme der Berufung ab.
Mit Beschluss vom 06.09.2005 bestimmte die Berichterstatterin Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit Beweisaufnahme auf den 19.10.2005. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 19.10.2005 erschien der Kläger nicht, obwohl das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet worden war. Gegen ihn wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 EUR festgesetzt. Auch die als Zeugin geladene Frau C. S. erschien nicht.
Mit Fax vom 18.10.2005 hatte der Kläger mitgeteilt, er könne wegen einer Erkrankung nicht kommen und habe sich erlaubt, die Zeugin C. S., die ebenfalls geladen worden sei, hiervon in Kenntnis zu setzen, weshalb C. S. mitgeteilt habe, dass sie ebenfalls den Termin vom 19.10.2005 nicht wahrnehmen werde.
In einem weiteren Erörterungstermin vom 09.11.2005 erschien der Kläger und wurde zu seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen gehört. Der Kläger erklärte, er wohne mit Frau S. zusammen und Frau S. habe ihm ab Versagung der Arbeitslosenhilfe im Dezember 2002 Bargeld gegeben, damit er die Miete habe bezahlen können. Er hätte auch mit ihr gemeinsam gewirtschaftet, z.B. zusammen eingekauft. Auf Fragen der Beklagten, dass bei der A. Frau S. als Lebenspartnerin bzw. Verlobte angegeben worden sei, erklärte der Kläger, man habe das bei der A. nur so angegeben, weil ein Verwandtschaftsgrad für diesen Vertrag erforderlich gewesen wäre.
In diesem Termin wurde auch Frau S. als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, sie habe dem Kläger Darlehen gegeben in Form von Haushaltsgegenständen, Unterhaltszahlungen und Bargeld. Von etwa April 1997 bis Dezember 2002 habe sie Unterhaltszahlungen für den Kläger übernommen. In der Zeit ab Ende 2002 habe sie in B. gewohnt und in L. gearbeitet. Sie sei aber auch beim Kläger gewesen. Den Kläger habe sie besucht, sie habe nach ihm geschaut, weil er krank gewesen sei. Die Besuche seien so dreimal oder vielleicht auch viermal in der Woche gewesen. In B. habe sie bei den Eltern gewohnt.
Auf Seite 7 der Niederschrift vom 09.11.2005 ist niedergelegt:
"Nach weiterer Erörterung der Sach- und Rechtslage und Hinweis des Beklagtenvertreters auf die Beweislast erklärt der Kläger:
Ich nehme die Berufung zurück.
Dem Kläger wird von Seiten des Gerichts und vom Beklagtenvertreter angeraten, sich unmittelbar mit der Bundesagentur für Arbeit wegen eines Antrages auf Hartz IV (Arbeitslosengeld II) in Verbindung zu setzen.
Der Kläger erklärt nunmehr:
Ich möchte, dass das Verfahren weiterläuft. Ich nehme die Berufung nicht zurück"
Mit Schreiben des Vorsitzenden des 5. Senats vom 12.01.2006 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt sei. Mit Schreiben vom 16.01.2006 teilte der Kläger mit, er halte die Berufung keinesfalls für erledigt.
Mit Schriftsatz vom 25.01.2006 zeigte Rechtsanwalt L. seine Bevollmächtigung an.
Im März 2006 wurde nach dem Geschäftsverteilungsplan der 8. Senat für die vorliegende Rechtssache zuständig.
In den Erörterungsterminen vom 07.07.2006 und vom 04.05.2007 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Mit Schriftsatz vom 13.08.2007 zeigte Rechtsanwalt von Schnurbein an, dass er nunmehr den Kläger anwaltlich vertrete.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juni 2004 sowie den Bescheid der Beklagen vom 10. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe vom 09. Dezember 2002 bis zum 31. Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch die Rücknahme der Berufung erledigt ist, hilfsweise die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat hinsichtlich der Kapitallebensversicherungen bei der A. Lebensversicherungs-AG K. die Auskunft vom 06.03.2008 eingeholt. Diese hat bestätigt, dass drei Lebensversicherungen vorliegen mit einem Rückkaufswert von 32.724,90 EUR, 14.471,92 EUR und ebenfalls 14.471,92 EUR. Die hierfür aufgewandten Beiträge hätten 32.946,24 EUR, 14.920,08 EUR und ebenfalls 14.920,08 EUR betragen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden können, denn in der dem Kläger ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zum Termin war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§§ 126, 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Senat hat deshalb auch ohne ausdrücklichen Beschluss über den Antrag des Klägers auf Ausschluss der Öffentlichkeit in öffentlicher mündlicher Verhandlung entscheiden können, denn weder waren substantiierte private Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen noch waren die Öffentlichkeit repräsentierende Zuhörer im Sitzungssaal anwesend. Außerdem war mit Einverständnis des erschienenen Beteiligten nur eine knappe Sachverhaltsdarstellung und kurze einseitige Erörterung in öffentlicher Sitzung erfolgt, aus der die Offenlegung schützenswerter privater Belange nicht zu befürchten war. Die auf telefonische Anfrage der Klägerbevollmächtigten B. angekündigte Beschlussfassung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter am Sitzungstag war daher entbehrlich.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist durch Rücknahme der Berufung erledigt.
Wie sich aus der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 09.11.2005 ergibt, hat der Kläger zunächst erklärt, er nehme die Berufung zurück und hat anschließend erklärt, er möchte, dass das Verfahren weiter laufe und er nehme die Berufung nicht zurück (vgl. Seite 7 der Niederschrift vom 09.11.2005 - L 5 AL 2880/04 -). Damit hat der Kläger mit seiner ersten Erklärung die Berufung zurückgenommen, was gemäß § 156 Abs. 2 SGG den Verlust des Rechtsmittels bewirkt. Mit der Rücknahme der Berufung wird somit die erstinstanzliche Entscheidung sofort rechtskräftig (vgl. Nomos-Kommentar zum SGG, Roller Rdnr.11 zu §156 SGG).
Soweit sich der Kläger im Erörterungstermin vom 07.07.2006 darauf berufen hat, ein Widerruf der Rücknahme seiner Berufung sei hier ausnahmsweise als zulässig anzusehen, und er sich hierbei auf Keller in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar Rdnr. 2a zu § 156 SGG und auf den ZPO-Kommentar Lauterbach Rdnr. 8 zu 516 ZPO bezogen hat, gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen eines derartigen Ausnahmefalles von dem Grundsatz, dass die Zurücknahme einer Berufung grundsätzlich weder anfechtbar noch widerruflich ist (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.12.1998, NJW 1997,S.2897), vorliegend nicht erfüllt sind.
Die genannte Kommentarstelle bezieht sich zunächst auf einen Widerruf, der gleichzeitig mit der Rücknahmeerklärung eingegangen ist. Bei schriftlichen Erklärungen bewirkt die Gleichzeitigkeit des Eingangs von sich widersprechenden Erklärungen die Unwirksamkeit der Prozesserklärungen, sodass im Ergebnis überhaupt keine wirksame Prozesserklärung vorliegt. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 06.12.1996 (NJW 1997,S. 2897) ausgeführt, ein Widerruf der Rücknahmeerklärung eines Rechtsmittels werde ausnahmsweise auch dann als zulässig angesehen, wenn die Zurücknahme der Berufung für das Gericht und für den Rechtsmittelgegner sogleich als Versehen offenbar gewesen und deshalb nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln sei, wie dies auch vom BGH in seinem Urteil vom 11.07.1991 (NJW 1991,S. 2839) ausgeführt worden sei. Ein solcher Fall liegt jedoch nach Überzeugung des Senats hier nicht vor. Zweifel an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung hat der Senat nicht. Der Kläger hat im Ergebnis nicht bestritten, die Rücknahme der Berufung erklärt zu haben. Zur Wirksamkeit der Prozesserklärung gehört nicht die ordnungsgemäße Beurkundung in der Niederschrift mit dem Genehmigungsvermerk des Erklärenden nach Vorlesen der Prozesserklärung (vgl. Keller a. a. O.), da dies nur die Beweiskraft der Urkunde berührt. Im Übrigen wäre die Anfechtung wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtum nach § 119 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Keller a. a. O. m. w.H.). Ein Motivationsirrtum, den der Kläger letzten Endes geltend macht, rechtfertigt in keinem Fall die Anfechtung einer Prozesserklärung. Eine durch arglistige Täuschung oder durch Drohung i. S. von § 123 BGB bewirkte Prozesserklärung (zur Unwirksamkeit solcher Prozesserklärung vgl. Keller a. a. O. m. w. N.) liegt ebenso wenig vor. Im Erörterungstermin am 09.11.2005 hatte die vormalige Berichterstatterin die Zeugin und nicht den Kläger nochmals während ihrer Vernehmung über die Strafbarkeit einer falschen uneidlichen Aussage nachdrücklich belehrt, nachdem der Zeugin verschiedene Vorhalte gemacht worden waren und die Berichterstatterin die Zeugin als unglaubwürdig beurteilt hat. Eine Drohung ist in der prozessual zulässigen und erforderlichen Zeugenbelehrung nicht zu erkennen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Kläger erklärte Rücknahme der Berufung am 09.11.2005 für das Gericht und für den Rechtsmittelgegner "sogleich als Versehen offenbar" (so das Bundesverwaltungsgericht a. a. O.) gewesen ist. Dem steht schon entgegen, dass die damalige Berichterstatterin - Richterin am Landessozialgericht Dr. W. - sowohl im Erörterungstermin vom 09.11.2005 als auch später (vgl. ihren Aktenvermerk vom 11.01.2006) davon ausgegangen ist, dass der Kläger die Rücknahme der Berufung erklärt hat und dies auch hat erklären wollen. Das Gericht ist somit davon ausgegangen, dass der Kläger seine zunächst abgegebene Erklärung als echte Aufgabe des Rechtsmittels betrachtet hat (vgl. Aktenvermerk der Richterin am LSG Dr. W. vom 11.01.2006 Seite 2 unten). Soweit die vormalige Berichterstatterin in ihrem Aktenvermerk vom 11.01.2006 erklärt hat, sich keine weiteren Gedanken über eine bereits im Erörterungstermin erklärte Berufungsrücknahme gemacht zu haben, ist dies entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht Ausdruck etwaiger Zweifel an der Wirksamkeit der Prozesserklärung, sondern bezieht sich auf die prozessualen Folgen einer wirksamen Berufungsrücknahme, wie die weiteren Ausführungen im Aktenvermerk der damalige Berichterstatterin zeigen. Im Streit darüber, ob die Berufungsrücknahme wirksam ist, ist hierfür der zuständige Spruchkörper zur Entscheidung berufen und in diesem Streit kann eine erneute oder wiederholte Berufungsrücknahmeerklärung, wie dies der Kläger im Erörterungstermin nach der Sitzungsniederschrift vom 09.11.2005 in Aussicht gestellt hat, den Rechtsstreit endgültig beenden. Damit kann nicht von einer Rücknahmeerklärung gesprochen werden, deren "versehentliche Abgabe" auch für das Gericht offenbar gewesen wäre.
Es war daher festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Auch wenn der Rechtsstreit nicht durch Rücknahme erledigt worden wäre, wäre die Berufung des Klägers nicht begründet.
§ 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III bestimmt, dass nur derjenige Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, der u.a. bedürftig ist. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist.
Hiervon ausgehend stand dem Kläger für den Zeitraum vom 09.12.2002 bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe nicht zu, da das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers den ihm zustehenden Freibetrag am Stichtag (09.12.2002) überstieg.
Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab 09.12.2002 mangels Bedürftigkeit zutreffend abgelehnt. Wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 08.04.2003 zutreffend ausgeführt hat, hat beim Kläger im Zeitpunkt seiner Antragstellung nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 26.000 EUR verwertbares Vermögen in Höhe von (mindestens) 41.552,27 EUR vorgelegen, weshalb er nicht bedürftig war. Die Ermittlungen des Senats haben diese Entscheidung der Beklagten mehr als bestätigt.
Ob vorliegend eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau C. S. besteht, kann dahinstehen. Denn der Kläger verfügt alleine schon über Vermögenswerte, die weit oberhalb des Freibetrages liegen und damit seine Bedürftigkeit ausschließen. Zu berücksichtigen sind die Bausparguthaben aus den Verträgen Nr. 3 und 4 in Höhe von 23.393,49 EUR und 4.213,58 EUR sowie Kapitalbildende Lebensversicherungen in Höhe von 61.668,74 EUR (32.724,90 EUR plus 14.471,92 EUR plus 14.471,92 EUR). Der Senat geht ebenfalls davon aus, dass eine Verwertung der kapitalbildenden Lebensversicherungen nicht offensichtlich unwirtschaftlich war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Verwertung eines Vermögensgegenstandes nur dann "offen¬sichtlich unwirtschaftlich", wenn der (aktuelle) zu er¬zielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (Substanzwert) des zu verwerten¬den Ver¬mögensgegen¬standes stehen würde (zB BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990, 11 RAr 133/88 = DBlR 3785a, AFG/§ 137; BSG SozR 3 4100 § 137 Nr 7; BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11 AL 69/01 R = DBlR 4750a, AFG/§ 137). Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (zur Alhi: BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7). Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen (zum Recht der Alhi vgl Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13 RdNr 208). Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 84). Der Substanzwert ergibt sich bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung. Zur Frage, welche Verlustgrenze im Einzelnen zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit führt, hat das BSG in mehren Urteilen Ausführungen gemacht. Der 11. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 23. November 2006 (B 11b AS 17/06 R, RdNr 24 am Ende) angedeutet, dass er Verluste von mehr als 10 % als noch im Bereich des Wirtschaftlichen liegend betrachten würde. Der 14. Senat hat die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II bei einem Verlust von 12,9 % noch nicht als erreicht angesehen. Zugleich hat er darauf hingewiesen, dass der Substanzwert einer Lebensversicherung nicht nur darin besteht, dass Beiträge einbezahlt wurden, sondern dass zugleich mit einer Lebensversicherung eine Chance bzw Anwartschaft auf eine wesentlich höhere Gesamtsumme im Fall der Auszahlung bzw der Rentenzahlung verbunden ist. Angesichts dessen ist es als zweifelhaft angesehen worden, ob ein Verlust von 18,5 % (bei rein isolierter Betrachtung des Verhältnisses von eingezahlten Beträgen und Rückkaufswert) noch im Bereich der Wirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II liegt. Diese Rechtsprechung hat das BSG erst in jüngster Zeit bestätigt (BSG-Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - und vom 27.08.2008 - B 11 AL 9/07 R -).
Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich eine Verwertung der Lebensversicherungen des Klägers nicht als offensichtlich unwirtschaftlich dar. Bei der Versicherung Nr.112602439 war der Rückkaufswert höher als die eingezahlten Beiträge und bei den beiden anderen Lebensversicherungen waren die Rückkaufswerte nur geringfügig geringer als die eingezahlten Beiträge, nämlich jeweils 448,16 EUR, und damit unterhalb der Schwelle von 10 %.
Wie die Beklagte auch zutreffend entschieden hat, waren die Bausparverträge Nr. 3 und 4 zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht an Frau S. abgetreten. Eine möglicherweise nach Antragstellung erfolgte Abtretung stellt sich als sittenwidrig gemäß § 138 BGB und damit als nichtig dar. Ein privatrechtliches Rechtsgeschäft, dass nach seinem aus Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter in erster Linie darauf angelegt ist, Vermögensverhältnisse zum Schaden des Sozialhilfeträgers und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln, verstößt im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist nichtig (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 08.06.1993 - 6 S 1068/92 - ).
Dass im Zeitpunkt der Antragstellung vom Dezember 2002 eine Abtretung von Bausparverträgen an Frau S. noch nicht erfolgt war, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Kläger weder bei Antragstellung noch bei seiner Widerspruchsbegründung gemäß Schriftsatz vom 15. Januar 2003 eine derartige Abtretung an Frau S. geltend gemacht hat, obgleich er im Widerspruchsschreiben die Abtretung von Bausparverträgen an seine Hausbank ausdrücklich erwähnt. Er bezog sich vielmehr für die kapitalbildenden Lebensversicherungen auf die geschützte Alterssicherung. Die Abtretung an Frau S. ist erstmals mit Schreiben vom 25.02.2003 behauptet worden und zwar nachdem er mit Schreiben der Beklagten vom 22.01.2003 darauf hingewiesen worden war, dass Vermögen zur Alterssicherung grundsätzlich nicht mehr von der Verwertung ausgenommen werde. Vor dem Hintergrund dieser Umstände glaubt der Senat nicht, dass der Kläger überhaupt Vermögen an Frau S. ernsthaft abgetreten hat, jedenfalls ist die Behauptung, Vermögenswerte seien von ihm schon vor seinem Antrag vom Dezember 2002 an Frau S. abgetreten worden, nicht glaubhaft.
Das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers - bestehend aus Bausparguthaben aus den Verträgen Nr. 3 und 4 in Höhe von 23.393,49 EUR und 4.213,58 EUR sowie der drei kapitalbildenden Lebensversicherungen in Höhe von 61.668,74 EUR - betrug damit 89.275,81 EUR. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 38.500 EUR (26.000 EUR 12.500 EUR) verblieben 50.775,81 an Vermögen.
Ein Härtefall, der es rechtfertigen würde, das Vermögen des Klägers aus den Rückkaufswerten der Lebensversicherungen bei der Prüfung seiner Bedürftigkeit gänzlich oder teilweise unberücksichtigt zu lassen, liegt nicht vor. Eine besondere Härte liegt nicht schon dann vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit geschmälert wird (BSG, Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, juris). Ein Härtefall ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger sich in seinem Alter eine weitergehende Altersversorgung nicht mehr aufbauen kann. Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt wird als jüngeren (BSG vom 27.01.2005 - B 7a/7 AL 34/04 R -). Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG aufgrund einer besonderen Berufsbiografie des Betroffenen und daraus resultierender Versorgungslücken ein besonderer Härtefall vorliegen (vgl. BSG, Urt. vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, juris). Eine solche besondere Berufsbiografie liegt beim Kläger aber nicht vor.
Auf Grund des über dem Freibetrag liegenden vorhandenen Vermögen ist der Kläger in der fraglichen Zeit nicht bedürftig gewesen, weshalb die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe abgelehnt hat.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers somit keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist u.a. streitig, ob die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 09.12.2002 wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt hat.
Der 1952 geborene Kläger bezog vom 24.01.2001 bis 08.12.2002 für die Dauer von 684 Tagen Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten. Der Anspruch auf Alg war ab dem 09.12.2002 erschöpft. Am 23.12.2002 beantragte er die Gewährung von Alhi. Zum 09.12. 2002 bzw. 31.12.2002 besaß der Kläger folgende Kapitallebensversicherungen:
Versicherungs-Nr. Rückkaufwert (incl. Überschussbeteiligung) 11 260 243 9 32.794,20 EUR 6/458583/645 14.471,92 EUR 6/458583/646 14.471,92 EUR
Die vereinbarte Versicherungssumme wird bei allen drei Lebensversicherungen im Erlebensfall in den Jahren 2017 bzw. 2018 zur Auszahlung fällig. Die Lebensversicherungen Nr. 6/458583/645 und Nr. 6/458583/646 beinhalten zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente bis längstens 31.05.2017 vorsehen. Ferner hatte der Kläger diverse Bausparverträge.
Mit Bescheid vom 10.01.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi ab, da der Kläger über ein Vermögen in Höhe von 72.627,11 EUR verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 26.000 EUR verblieben 46.627,11 EUR. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit berücksichtigt worden.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.01.2003 Widerspruch und brachte zur Begründung vor, sollte er bei dem noch anstehenden Arbeitsgerichtsprozess vor dem Bundesgerichtshof (gemeint wohl: Bundesarbeitsgericht) unterliegen, würde er den Schritt in die Existenzgründung wagen, da er bis heute keinen adäquaten Arbeitsplatz mit seinem Handicap der Schwerbehinderung habe finden können. Deswegen sei es außerordentlich wichtig, dass sein Kapital für die anstehende Existenzgründung zuvor nicht verbraucht worden sei. Das Guthaben von zwei Bausparverträgen habe er abgetreten. Mit Schreiben vom 25.02.2003 trug er ergänzend vor, die Bausparverträge Nr. 3 und Nr. 4 habe er wegen Verbindlichkeiten an Frau C. S., B. abgetreten. Hierzu legte er auf Anfrage der Beklagten ein von ihm und von C. S. unterschriebenes Schriftstück vom 10.12.2002 vor, in dem ausgeführt ist, C. S. habe Forderungen aus den zurückliegenden Jahren an den Kläger in Höhe von 40.215,64 EUR. Zur Übertragung seien vorgesehen der Bausparvertrag 1 mit 23.393,49 EUR und der Bausparvertrag 2 mit 4.213,58 EUR. Demnach habe der Kläger einen noch zu bezahlende Restschuld in Höhe von 12.608,57 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2003 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger besitze Vermögen in Höhe von 67.552,27 EUR. Nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 26.000 EUR verbleibe damit ein in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen von 41.552,27 EUR. Aufgrund dessen sei der Kläger nicht bedürftig, weshalb ihm ein Anspruch auf Alhi nicht zustehe. Das Vermögen aus den Lebensversicherungen sei nicht schon deshalb von einer Verwertung ausgenommen, weil der Kläger vorgegeben habe, sich in Zukunft möglicherweise selbständig machen zu wollen. Unzutreffend sei auch sein Vortrag, wonach Vermögen, welches seiner Alterssicherung dienen solle, nicht verwertbar sei. Zwar habe nach der früheren Rechtslage Vermögen, welches nachweislich der Alterssicherung dienen solle, von einer Verwertung ausgeschlossen werden können, jedoch sei dies seit Änderung der Alhi-Verordnung zum 01.01.2002 grundsätzlich nicht mehr möglich. Eine Ausnahme bilde hiervon nur noch die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 Alhi-VO, welche jedoch im Falle des Klägers keine Anwendung finde, da das Vermögen weder in Form der sog. "Riester-Rente" angelegt noch der Kläger nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Seinen Verbindlichkeiten aus dem Bausparvertrag Nr. 2 in Höhe von 1.884,32 EUR, auf dem Girokonto zum Zeitpunkt der Antragstellung in Höhe von 5.746,59 EUR sowie dem damaligen Unterhaltsrückstand von 2.963,14 EUR stehe ein Restvermögen aus dem Bausparvertrag Nr. 1 in Höhe von 10.870 EUR gegenüber. Die Bausparverträge Nr. 3 und 4 seien zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht an Frau S. abgetreten gewesen. Die Abtretung sei nachweislich der eingereichten Übertragungen erst am 20.03.2003 erfolgt, und damit erst zu einem Zeitpunkt, als die Vorlage einer solchen vom Kläger behaupteten Übertragung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gefordert worden sei. Auch die weiteren vorgelegten Unterlagen ließen nicht erkennen, dass zum einen die behaupteten Verbindlichkeiten gegenüber Frau S. tatsächlich begründet seien und zum anderen gehe daraus eindeutig hervor, dass diese jedenfalls so lange gestundet würden, bis der Kläger wieder über ein regelmäßiges Einkommen verfüge. Damit sei er derzeit jedoch ohnehin nicht rückzahlungspflichtig, so dass nach alledem diese behaupteten Verbindlichkeiten nicht von seinem verwertbaren Vermögen abzusetzen seien.
Dagegen erhob der Kläger am 06.05.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG, S 7 AL 1215/03) mit dem Begehren, ihm Arbeitslosenhilfe dem Grunde nach ab 09.12.2002 zu gewähren. Mit Gerichtsbescheid vom 18.06.2004 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung ist ausgeführt, das SG folge hinsichtlich der rechtlichen Bewertung des vorliegenden Sachverhalts der Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08.04.2003. Darüber hinaus habe die weitere Prüfung ergeben, dass von einer offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung der Kapitallebensversicherung nicht die Rede sein könne, da der jeweilige Betrag, den der Kläger an Beiträgen für die Kapitallebensversicherungen aufgewandt habe, nicht 10 % höher sei als der jeweilige Auszahlungsbetrag. Allein aus den Kapitallebensversicherungen hätte der Kläger am 09.12.2002 ein verwertbares Vermögen von insgesamt 61.668,74 EUR gehabt. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von 26.000 EUR und unter Außerachtlassung der Bausparverträge und der "Restschulden" des Klägers von 12.608,57 EUR (Schriftsatz vom 04.11.2004) verblieben danach zumutbar verwertbar noch 23.060,17 EUR. Der Kläger sei somit am 09.12.2002 nicht bedürftig im Sinne des Rechts der Arbeitslosenhilfe gewesen.
Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers am 22.06.2004 zugestellten - Gerichtsbescheid legte der Kläger am 20.07.2007 Berufung ein (L 5 AL 2880/04). Zur Begründung machte er geltend, der Sparkasse D. habe er am 04.02.2003 seinen Bausparvertrag Nr. 1 - 479 275 804 zur Absicherung seiner Schulden abgetreten. Den Bausparvertrag mit der Nummer 1 - 479 275 802 habe er zur Absicherung seiner Schulden an Frau C. S. abgetreten. Frau S. sei eine alte Freundin und habe von April 1997 bis Dezember 2002 seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Jugendamt beglichen.
Mit Aufklärungsschreiben vom 04.08.2005 wies die (damalige) Berichterstatterin darauf hin, dass sich bei der Berechnung der Vermögenswerte des Klägers unter Außerachtlassung der angeblichen Schulden/Abtretungen an Frau S. ein Vermögen von mehr als dem Freibetrag von 26.000 EUR ergebe. Es ergebe sich insgesamt rund 27.750 EUR und damit ein Betrag, der über dem Freibetrag von 26.000 EUR liege. Außerdem wies die Berichterstatterin darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung, dass Schulden in genanntem Ausmaße bestünden, vorlägen. Auch ließen die Gesamtumstände eher auf eine Lebens- und/oder Haushaltsgemeinschaft des Klägers mit Frau S. schließen, weshalb sich der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe ohnehin nach dem gemeinsamen Einkommen und Vermögen bemesse. Da aus den Kontoauszügen von Frau S. zu entnehmen sei, dass sie eigenes Einkommen und (Lebens-) Versicherungen habe und offenbar keine Miete zahlen müsse, dürfte sich eine Bedürftigkeit des Klägers bei dieser Gesamtbetrachtung von Vermögen und Einkommen ohnehin nicht ergeben. Es werde daher angeregt, die Berufung zurückzunehmen.
Der Kläger lehnte mit Schreiben vom 02.09.2005 eine Rücknahme der Berufung ab.
Mit Beschluss vom 06.09.2005 bestimmte die Berichterstatterin Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit Beweisaufnahme auf den 19.10.2005. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 19.10.2005 erschien der Kläger nicht, obwohl das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet worden war. Gegen ihn wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 EUR festgesetzt. Auch die als Zeugin geladene Frau C. S. erschien nicht.
Mit Fax vom 18.10.2005 hatte der Kläger mitgeteilt, er könne wegen einer Erkrankung nicht kommen und habe sich erlaubt, die Zeugin C. S., die ebenfalls geladen worden sei, hiervon in Kenntnis zu setzen, weshalb C. S. mitgeteilt habe, dass sie ebenfalls den Termin vom 19.10.2005 nicht wahrnehmen werde.
In einem weiteren Erörterungstermin vom 09.11.2005 erschien der Kläger und wurde zu seinen persönlichen und finanziellen Verhältnissen gehört. Der Kläger erklärte, er wohne mit Frau S. zusammen und Frau S. habe ihm ab Versagung der Arbeitslosenhilfe im Dezember 2002 Bargeld gegeben, damit er die Miete habe bezahlen können. Er hätte auch mit ihr gemeinsam gewirtschaftet, z.B. zusammen eingekauft. Auf Fragen der Beklagten, dass bei der A. Frau S. als Lebenspartnerin bzw. Verlobte angegeben worden sei, erklärte der Kläger, man habe das bei der A. nur so angegeben, weil ein Verwandtschaftsgrad für diesen Vertrag erforderlich gewesen wäre.
In diesem Termin wurde auch Frau S. als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, sie habe dem Kläger Darlehen gegeben in Form von Haushaltsgegenständen, Unterhaltszahlungen und Bargeld. Von etwa April 1997 bis Dezember 2002 habe sie Unterhaltszahlungen für den Kläger übernommen. In der Zeit ab Ende 2002 habe sie in B. gewohnt und in L. gearbeitet. Sie sei aber auch beim Kläger gewesen. Den Kläger habe sie besucht, sie habe nach ihm geschaut, weil er krank gewesen sei. Die Besuche seien so dreimal oder vielleicht auch viermal in der Woche gewesen. In B. habe sie bei den Eltern gewohnt.
Auf Seite 7 der Niederschrift vom 09.11.2005 ist niedergelegt:
"Nach weiterer Erörterung der Sach- und Rechtslage und Hinweis des Beklagtenvertreters auf die Beweislast erklärt der Kläger:
Ich nehme die Berufung zurück.
Dem Kläger wird von Seiten des Gerichts und vom Beklagtenvertreter angeraten, sich unmittelbar mit der Bundesagentur für Arbeit wegen eines Antrages auf Hartz IV (Arbeitslosengeld II) in Verbindung zu setzen.
Der Kläger erklärt nunmehr:
Ich möchte, dass das Verfahren weiterläuft. Ich nehme die Berufung nicht zurück"
Mit Schreiben des Vorsitzenden des 5. Senats vom 12.01.2006 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt sei. Mit Schreiben vom 16.01.2006 teilte der Kläger mit, er halte die Berufung keinesfalls für erledigt.
Mit Schriftsatz vom 25.01.2006 zeigte Rechtsanwalt L. seine Bevollmächtigung an.
Im März 2006 wurde nach dem Geschäftsverteilungsplan der 8. Senat für die vorliegende Rechtssache zuständig.
In den Erörterungsterminen vom 07.07.2006 und vom 04.05.2007 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Mit Schriftsatz vom 13.08.2007 zeigte Rechtsanwalt von Schnurbein an, dass er nunmehr den Kläger anwaltlich vertrete.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juni 2004 sowie den Bescheid der Beklagen vom 10. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe vom 09. Dezember 2002 bis zum 31. Dezember 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch die Rücknahme der Berufung erledigt ist, hilfsweise die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat hinsichtlich der Kapitallebensversicherungen bei der A. Lebensversicherungs-AG K. die Auskunft vom 06.03.2008 eingeholt. Diese hat bestätigt, dass drei Lebensversicherungen vorliegen mit einem Rückkaufswert von 32.724,90 EUR, 14.471,92 EUR und ebenfalls 14.471,92 EUR. Die hierfür aufgewandten Beiträge hätten 32.946,24 EUR, 14.920,08 EUR und ebenfalls 14.920,08 EUR betragen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden können, denn in der dem Kläger ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zum Termin war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§§ 126, 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Senat hat deshalb auch ohne ausdrücklichen Beschluss über den Antrag des Klägers auf Ausschluss der Öffentlichkeit in öffentlicher mündlicher Verhandlung entscheiden können, denn weder waren substantiierte private Gründe für den Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen noch waren die Öffentlichkeit repräsentierende Zuhörer im Sitzungssaal anwesend. Außerdem war mit Einverständnis des erschienenen Beteiligten nur eine knappe Sachverhaltsdarstellung und kurze einseitige Erörterung in öffentlicher Sitzung erfolgt, aus der die Offenlegung schützenswerter privater Belange nicht zu befürchten war. Die auf telefonische Anfrage der Klägerbevollmächtigten B. angekündigte Beschlussfassung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter am Sitzungstag war daher entbehrlich.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist durch Rücknahme der Berufung erledigt.
Wie sich aus der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 09.11.2005 ergibt, hat der Kläger zunächst erklärt, er nehme die Berufung zurück und hat anschließend erklärt, er möchte, dass das Verfahren weiter laufe und er nehme die Berufung nicht zurück (vgl. Seite 7 der Niederschrift vom 09.11.2005 - L 5 AL 2880/04 -). Damit hat der Kläger mit seiner ersten Erklärung die Berufung zurückgenommen, was gemäß § 156 Abs. 2 SGG den Verlust des Rechtsmittels bewirkt. Mit der Rücknahme der Berufung wird somit die erstinstanzliche Entscheidung sofort rechtskräftig (vgl. Nomos-Kommentar zum SGG, Roller Rdnr.11 zu §156 SGG).
Soweit sich der Kläger im Erörterungstermin vom 07.07.2006 darauf berufen hat, ein Widerruf der Rücknahme seiner Berufung sei hier ausnahmsweise als zulässig anzusehen, und er sich hierbei auf Keller in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar Rdnr. 2a zu § 156 SGG und auf den ZPO-Kommentar Lauterbach Rdnr. 8 zu 516 ZPO bezogen hat, gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen eines derartigen Ausnahmefalles von dem Grundsatz, dass die Zurücknahme einer Berufung grundsätzlich weder anfechtbar noch widerruflich ist (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.12.1998, NJW 1997,S.2897), vorliegend nicht erfüllt sind.
Die genannte Kommentarstelle bezieht sich zunächst auf einen Widerruf, der gleichzeitig mit der Rücknahmeerklärung eingegangen ist. Bei schriftlichen Erklärungen bewirkt die Gleichzeitigkeit des Eingangs von sich widersprechenden Erklärungen die Unwirksamkeit der Prozesserklärungen, sodass im Ergebnis überhaupt keine wirksame Prozesserklärung vorliegt. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 06.12.1996 (NJW 1997,S. 2897) ausgeführt, ein Widerruf der Rücknahmeerklärung eines Rechtsmittels werde ausnahmsweise auch dann als zulässig angesehen, wenn die Zurücknahme der Berufung für das Gericht und für den Rechtsmittelgegner sogleich als Versehen offenbar gewesen und deshalb nach Treu und Glauben als unwirksam zu behandeln sei, wie dies auch vom BGH in seinem Urteil vom 11.07.1991 (NJW 1991,S. 2839) ausgeführt worden sei. Ein solcher Fall liegt jedoch nach Überzeugung des Senats hier nicht vor. Zweifel an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung hat der Senat nicht. Der Kläger hat im Ergebnis nicht bestritten, die Rücknahme der Berufung erklärt zu haben. Zur Wirksamkeit der Prozesserklärung gehört nicht die ordnungsgemäße Beurkundung in der Niederschrift mit dem Genehmigungsvermerk des Erklärenden nach Vorlesen der Prozesserklärung (vgl. Keller a. a. O.), da dies nur die Beweiskraft der Urkunde berührt. Im Übrigen wäre die Anfechtung wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtum nach § 119 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Keller a. a. O. m. w.H.). Ein Motivationsirrtum, den der Kläger letzten Endes geltend macht, rechtfertigt in keinem Fall die Anfechtung einer Prozesserklärung. Eine durch arglistige Täuschung oder durch Drohung i. S. von § 123 BGB bewirkte Prozesserklärung (zur Unwirksamkeit solcher Prozesserklärung vgl. Keller a. a. O. m. w. N.) liegt ebenso wenig vor. Im Erörterungstermin am 09.11.2005 hatte die vormalige Berichterstatterin die Zeugin und nicht den Kläger nochmals während ihrer Vernehmung über die Strafbarkeit einer falschen uneidlichen Aussage nachdrücklich belehrt, nachdem der Zeugin verschiedene Vorhalte gemacht worden waren und die Berichterstatterin die Zeugin als unglaubwürdig beurteilt hat. Eine Drohung ist in der prozessual zulässigen und erforderlichen Zeugenbelehrung nicht zu erkennen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Kläger erklärte Rücknahme der Berufung am 09.11.2005 für das Gericht und für den Rechtsmittelgegner "sogleich als Versehen offenbar" (so das Bundesverwaltungsgericht a. a. O.) gewesen ist. Dem steht schon entgegen, dass die damalige Berichterstatterin - Richterin am Landessozialgericht Dr. W. - sowohl im Erörterungstermin vom 09.11.2005 als auch später (vgl. ihren Aktenvermerk vom 11.01.2006) davon ausgegangen ist, dass der Kläger die Rücknahme der Berufung erklärt hat und dies auch hat erklären wollen. Das Gericht ist somit davon ausgegangen, dass der Kläger seine zunächst abgegebene Erklärung als echte Aufgabe des Rechtsmittels betrachtet hat (vgl. Aktenvermerk der Richterin am LSG Dr. W. vom 11.01.2006 Seite 2 unten). Soweit die vormalige Berichterstatterin in ihrem Aktenvermerk vom 11.01.2006 erklärt hat, sich keine weiteren Gedanken über eine bereits im Erörterungstermin erklärte Berufungsrücknahme gemacht zu haben, ist dies entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht Ausdruck etwaiger Zweifel an der Wirksamkeit der Prozesserklärung, sondern bezieht sich auf die prozessualen Folgen einer wirksamen Berufungsrücknahme, wie die weiteren Ausführungen im Aktenvermerk der damalige Berichterstatterin zeigen. Im Streit darüber, ob die Berufungsrücknahme wirksam ist, ist hierfür der zuständige Spruchkörper zur Entscheidung berufen und in diesem Streit kann eine erneute oder wiederholte Berufungsrücknahmeerklärung, wie dies der Kläger im Erörterungstermin nach der Sitzungsniederschrift vom 09.11.2005 in Aussicht gestellt hat, den Rechtsstreit endgültig beenden. Damit kann nicht von einer Rücknahmeerklärung gesprochen werden, deren "versehentliche Abgabe" auch für das Gericht offenbar gewesen wäre.
Es war daher festzustellen, dass der Rechtsstreit durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Auch wenn der Rechtsstreit nicht durch Rücknahme erledigt worden wäre, wäre die Berufung des Klägers nicht begründet.
§ 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III bestimmt, dass nur derjenige Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, der u.a. bedürftig ist. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist.
Hiervon ausgehend stand dem Kläger für den Zeitraum vom 09.12.2002 bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe nicht zu, da das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers den ihm zustehenden Freibetrag am Stichtag (09.12.2002) überstieg.
Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab 09.12.2002 mangels Bedürftigkeit zutreffend abgelehnt. Wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 08.04.2003 zutreffend ausgeführt hat, hat beim Kläger im Zeitpunkt seiner Antragstellung nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 26.000 EUR verwertbares Vermögen in Höhe von (mindestens) 41.552,27 EUR vorgelegen, weshalb er nicht bedürftig war. Die Ermittlungen des Senats haben diese Entscheidung der Beklagten mehr als bestätigt.
Ob vorliegend eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau C. S. besteht, kann dahinstehen. Denn der Kläger verfügt alleine schon über Vermögenswerte, die weit oberhalb des Freibetrages liegen und damit seine Bedürftigkeit ausschließen. Zu berücksichtigen sind die Bausparguthaben aus den Verträgen Nr. 3 und 4 in Höhe von 23.393,49 EUR und 4.213,58 EUR sowie Kapitalbildende Lebensversicherungen in Höhe von 61.668,74 EUR (32.724,90 EUR plus 14.471,92 EUR plus 14.471,92 EUR). Der Senat geht ebenfalls davon aus, dass eine Verwertung der kapitalbildenden Lebensversicherungen nicht offensichtlich unwirtschaftlich war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Verwertung eines Vermögensgegenstandes nur dann "offen¬sichtlich unwirtschaftlich", wenn der (aktuelle) zu er¬zielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (Substanzwert) des zu verwerten¬den Ver¬mögensgegen¬standes stehen würde (zB BSG, Urteil vom 17. Oktober 1990, 11 RAr 133/88 = DBlR 3785a, AFG/§ 137; BSG SozR 3 4100 § 137 Nr 7; BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11 AL 69/01 R = DBlR 4750a, AFG/§ 137). Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (zur Alhi: BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7). Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen (zum Recht der Alhi vgl Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13 RdNr 208). Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 84). Der Substanzwert ergibt sich bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung. Zur Frage, welche Verlustgrenze im Einzelnen zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit führt, hat das BSG in mehren Urteilen Ausführungen gemacht. Der 11. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 23. November 2006 (B 11b AS 17/06 R, RdNr 24 am Ende) angedeutet, dass er Verluste von mehr als 10 % als noch im Bereich des Wirtschaftlichen liegend betrachten würde. Der 14. Senat hat die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II bei einem Verlust von 12,9 % noch nicht als erreicht angesehen. Zugleich hat er darauf hingewiesen, dass der Substanzwert einer Lebensversicherung nicht nur darin besteht, dass Beiträge einbezahlt wurden, sondern dass zugleich mit einer Lebensversicherung eine Chance bzw Anwartschaft auf eine wesentlich höhere Gesamtsumme im Fall der Auszahlung bzw der Rentenzahlung verbunden ist. Angesichts dessen ist es als zweifelhaft angesehen worden, ob ein Verlust von 18,5 % (bei rein isolierter Betrachtung des Verhältnisses von eingezahlten Beträgen und Rückkaufswert) noch im Bereich der Wirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II liegt. Diese Rechtsprechung hat das BSG erst in jüngster Zeit bestätigt (BSG-Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - und vom 27.08.2008 - B 11 AL 9/07 R -).
Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich eine Verwertung der Lebensversicherungen des Klägers nicht als offensichtlich unwirtschaftlich dar. Bei der Versicherung Nr.112602439 war der Rückkaufswert höher als die eingezahlten Beiträge und bei den beiden anderen Lebensversicherungen waren die Rückkaufswerte nur geringfügig geringer als die eingezahlten Beiträge, nämlich jeweils 448,16 EUR, und damit unterhalb der Schwelle von 10 %.
Wie die Beklagte auch zutreffend entschieden hat, waren die Bausparverträge Nr. 3 und 4 zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht an Frau S. abgetreten. Eine möglicherweise nach Antragstellung erfolgte Abtretung stellt sich als sittenwidrig gemäß § 138 BGB und damit als nichtig dar. Ein privatrechtliches Rechtsgeschäft, dass nach seinem aus Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter in erster Linie darauf angelegt ist, Vermögensverhältnisse zum Schaden des Sozialhilfeträgers und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln, verstößt im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist nichtig (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 08.06.1993 - 6 S 1068/92 - ).
Dass im Zeitpunkt der Antragstellung vom Dezember 2002 eine Abtretung von Bausparverträgen an Frau S. noch nicht erfolgt war, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Kläger weder bei Antragstellung noch bei seiner Widerspruchsbegründung gemäß Schriftsatz vom 15. Januar 2003 eine derartige Abtretung an Frau S. geltend gemacht hat, obgleich er im Widerspruchsschreiben die Abtretung von Bausparverträgen an seine Hausbank ausdrücklich erwähnt. Er bezog sich vielmehr für die kapitalbildenden Lebensversicherungen auf die geschützte Alterssicherung. Die Abtretung an Frau S. ist erstmals mit Schreiben vom 25.02.2003 behauptet worden und zwar nachdem er mit Schreiben der Beklagten vom 22.01.2003 darauf hingewiesen worden war, dass Vermögen zur Alterssicherung grundsätzlich nicht mehr von der Verwertung ausgenommen werde. Vor dem Hintergrund dieser Umstände glaubt der Senat nicht, dass der Kläger überhaupt Vermögen an Frau S. ernsthaft abgetreten hat, jedenfalls ist die Behauptung, Vermögenswerte seien von ihm schon vor seinem Antrag vom Dezember 2002 an Frau S. abgetreten worden, nicht glaubhaft.
Das zu berücksichtigende Vermögen des Klägers - bestehend aus Bausparguthaben aus den Verträgen Nr. 3 und 4 in Höhe von 23.393,49 EUR und 4.213,58 EUR sowie der drei kapitalbildenden Lebensversicherungen in Höhe von 61.668,74 EUR - betrug damit 89.275,81 EUR. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 38.500 EUR (26.000 EUR 12.500 EUR) verblieben 50.775,81 an Vermögen.
Ein Härtefall, der es rechtfertigen würde, das Vermögen des Klägers aus den Rückkaufswerten der Lebensversicherungen bei der Prüfung seiner Bedürftigkeit gänzlich oder teilweise unberücksichtigt zu lassen, liegt nicht vor. Eine besondere Härte liegt nicht schon dann vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit geschmälert wird (BSG, Urteil vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, juris). Ein Härtefall ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger sich in seinem Alter eine weitergehende Altersversorgung nicht mehr aufbauen kann. Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass älteren Arbeitslosen ein höheres Schonvermögen zugebilligt wird als jüngeren (BSG vom 27.01.2005 - B 7a/7 AL 34/04 R -). Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG aufgrund einer besonderen Berufsbiografie des Betroffenen und daraus resultierender Versorgungslücken ein besonderer Härtefall vorliegen (vgl. BSG, Urt. vom 14.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, juris). Eine solche besondere Berufsbiografie liegt beim Kläger aber nicht vor.
Auf Grund des über dem Freibetrag liegenden vorhandenen Vermögen ist der Kläger in der fraglichen Zeit nicht bedürftig gewesen, weshalb die Beklagte zu Recht die Gewährung von Arbeitslosenhilfe abgelehnt hat.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers somit keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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