L 1 U 4301/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 1220/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4301/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. September 2006 und der Bescheid vom 14. September 2005 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 27. Oktober 2005 und 2. Dezember 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2006 werden abgeändert. Die Klägerin wird verurteilt, 814, 12 EUR an die Beklagte zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin und der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Klägerin tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen und des Revisionsverfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand:

Im Streit steht noch die Haftung der Klägerin für Beiträge der N.-Bau GmbH in Höhe von 1.362,72 EUR.

Die Klägerin ist ein Unternehmen des Baugewerbes. Sie beauftragte die N.-Bau GmbH jedenfalls in den Jahren 2003 und 2004 als Nachunternehmerin mit der Erbringung von Bauleistungen. Gegenüber der N.-Bau GmbH setzte die Beklagte mit Beitragsbescheid vom 19. April 2004 einen Gesamtbeitrag für das Jahr 2003 in Höhe von 4.545,89 EUR auf Grundlage einer geschätzten Lohnsumme von 130.800,- EUR fest, die in Raten von je 1.265,- EUR (bis 17. Mai bzw. 15. Juli 2004) und einer Rate zu 1.264,- EUR, fällig am 15. Oktober 2004, zu zahlen waren. Auf die insoweit fälligen Vorschusszahlungen wurde ein Saldovortrag in Höhe von 2.264,- EUR angerechnet. Mit Beitragsbescheid vom 21. April 2005 setzte die Beklagte den Beitrag für die N.-Bau GmbH für das Jahr 2004 mit 2.689,11 EUR fest auf Grundlage der ebenfalls geschätzten Lohnsumme von 76.400,- EUR (7/12 der Lohnsumme aus 2003). Bis August 2003 kam die N.-Bau GmbH ihren Zahlungspflichten gegenüber der Beklagten nach.

Die N.-Bau GmbH stellte der Klägerin für die von ihr geleisteten Arbeiten folgende Rechnungen:

Rechnung vom 6. Mai 2003 - 2.187,76 EUR (netto 1.886,- EUR) Rechnung vom 6. Mai 2003 - 2.092,64 EUR (netto 1.804,- EUR) Rechnung vom 26. Mai 2003 - 6.500,- EUR (netto 5.603,45 EUR) Rechnung vom 2. Juli 2003 - 6.000,- EUR (netto 5.172,42 EUR) Rechnung vom 1. Oktober 2003 - 19.000,- EUR (netto 16.380,- EUR) Rechnung vom 1. Dezember 2003 - 6.264,- EUR (netto 5.400,- EUR) Rechnung vom 1. Dezember 2003 - 10.683,60 EUR (netto 9.210,- EUR) Rechnung vom 19. Dezember 2003 - 14.697,20 EUR (netto 12.670,- EUR) Rechnung vom 19. Dezember 2003 - 2.784,- EUR (netto 2.400,- EUR) Rechnung vom 10. Februar 2004 - 6.217,60 EUR (netto 5.360,- EUR) Rechnung vom 10. Februar 2004 - 5.266,40 EUR (netto 4.540,- EUR)

Mit Beschluss des Amtsgerichts K. vom 4. Mai 2005 wurde der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der N.-Bau GmbH mangels Masse abgewiesen.

Mit Anhörungsschreiben vom 3. August 2005 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie nach § 150 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) i.V.m. § 28 e Abs. 3 a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für die Unfallversicherungsbeiträge ihres Auftragnehmers N.-Bau GmbH wie ein selbstschuldnerischer Bürge hafte. Die Haftungshöhe orientiere sich an der Auftragshöhe und der Dauer der Tätigkeit. Die Klägerin wurde aufgefordert, Rechnungsunterlagen aus dem Auftragsverhältnis mit der N.-Bau GmbH zur Verfügung zu stellen.

Mit Haftungsbescheid vom 14. September 2005 machte die Beklagte eine Haftungssumme von 2.668,42 EUR geltend, errechnet aus einer beitragspflichtigen Lohnsumme von 35.212,94 EUR. Diese Haftungssumme der Klägerin errechnete die Beklagte, indem sie die von der N.-Bau GmbH an die Klägerin im Jahr 2003 erstellten Nettorechnungsbeträge zu 50% der Beitragsberechnung zugrunde legte.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und brachte vor, in den Rechnungen seien auch Kosten für Maschinen und Fahrzeuge enthalten. Diese müssten in jedem Fall unberücksichtigt bleiben. Es sei auch nicht zu akzeptieren, dass die von der N.-Bau GmbH bezahlten Beiträge nicht auf die Haftungssumme der Klägerin angerechnet würden. Darüber hinaus sei der Haftungsrückstand der N.-Bau GmbH nicht in vollem Umfang auf sie zu überwälzen.

Die Beklagte nahm dazu unter dem 27. Oktober 2005 Stellung. Sie führte aus, nach gutachterlichen Äußerungen von Innungen und Verbänden könne aus 50% der Rechnungssummen, wenn Material- und Lohnkosten nicht aufgeschlüsselt werden könnten (sog. Taglohnarbeiten), das beitragspflichtige Entgelt errechnet werden. Daher sei eine Reduzierung des Lohnanteils wegen der Kosten für Maschinen und Fahrzeuge nicht möglich. Im Haftungsverfahren selbst seien drei Haftungsschuldner ermittelt worden. Aufgrund der überlassenen Rechnungen sei davon auszugehen, dass die Klägerin im Jahr 2003 die einzige Auftraggeberin gewesen sei. Für das Jahr 2003 habe eine Beitragsrestschuld der N.-Bau GmbH in Höhe von 2.281,89 EUR bestanden (Gesamtbeitrag 4.545,89 EUR abzüglich Zahlungen in Höhe von 2.264,- EUR). Insofern sei der für das Jahr 2003 zunächst in Ansatz gebrachte Haftungsbetrag von 2.286,89 EUR um 5,- EUR zu hoch gewesen, so dass sich der Gesamthaftungsbetrag auf 2.663,42 EUR (richtig: 2.263,42 EUR) reduziere. Der Gesamtbeitrag für 2004 belaufe sich auf 2.689,11 EUR. Nach den vorliegenden Rechnungsunterlagen sei die Klägerin nur anteilig in Höhe von 382,05 EUR in Anspruch genommen worden. Der restliche Beitrag werde gegenüber den beiden anderen Auftraggebern geltend gemacht. Beigefügt waren die Beitragsbescheide an die N.-Bau GmbH für 2003 und 2004.

Die Klägerin führte daraufhin aus, wenn sie tatsächlich in 2003 die einzige Auftraggeberin gewesen wäre und sich eine Haftungssumme von 2.263,42 EUR errechne, dann müsste dieser Beitrag mit den von der N.-Bau GmbH für 2003 geleisteten Zahlungen in Höhe von 2.264,- EUR abgedeckt sein. Falls in 2003 noch weitere Auftraggeber existierten, sei nicht einzusehen, warum sie alleine für die rückständigen Beiträge hafte.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Haftungssumme reduziere sich auf 2.121,99 EUR, da sich die beitragspflichtige Lohnsumme - berücksichtige man nur die Rechnungen ab Oktober 2003 - auf 27.980,- EUR reduziert habe.

Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Die Beklagte habe noch immer nicht bewiesen, dass sie die einzige Auftraggeberin im Jahr 2003 gewesen sei. Es fehle auch jede Aussage dazu, wie der von der N.-Bau GmbH für 2003 bezahlte Beitrag verrechnet werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. September 2005, soweit ihm nicht durch Bescheid vom 2. Dezember 2005 abgeholfen worden war, zurück. Die Beklagte führte zur Begründung u.a. aus, die N.-Bau GmbH habe für das 2. Halbjahr 2003 die geforderten Vorschüsse nicht bezahlt. Daher sei die Haftung der Klägerin auf diese Zeit begrenzt und entsprechend die Haftungssumme errechnet worden.

Dagegen hat die Klägerin am 16. März 2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und ausgeführt, dass die von der Beklagten für die Jahre 2003 und 2004 lediglich geschätzten Lohnsummen der N.-Bau GmbH bestritten würden, jedenfalls in Widerspruch dazu stünden, dass die Klägerin angeblich im Jahr 2003 die einzige Auftraggeberin gewesen sei. Darüber hinaus sei es nicht zulässig, geschätzte Beitragssummen zur Beitragsberechnung heranzuziehen, wenn sich im Nachhinein ergebe, dass der tatsächliche Beitrag - nämlich der aus den Rechnungen an die Klägerin errechnete - niedriger ist. Darüber hinaus seien die Vorschusszahlungen auch nicht für bestimmte Zeitabschnitte, sondern für das ganze Jahr 2003 gezahlt worden, unabhängig von eventuellen Fälligkeitsterminen.

Mit Urteil vom 19. September 2006 hat das SG den Bescheid vom 14. September 2005 in der Gestalt der Bescheide vom 27. Oktober 2005 und 2. Dezember 2005, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2006, dahingehend abgeändert, dass die Klägerin für die Beiträge der N.-Bau GmbH zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Jahre 2003 und 2004 nur insoweit haftet, als die Beitragsschuld 2.264,- EUR übersteigt.

Gegen das ihr durch Übergabe-Einschreiben vom 5. Dezember 2006 am 6. Dezember 2006 zugestellte Urteil hatte die Klägerin am 27. Dezember 2006, die Beklagte gegen das ihr am 7. Dezember 2006 zugestellte Urteil am 28. Dezember 2006 Berufung eingelegt.

Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 18. Juni 2007 das Urteil des SG sowie die streitigen Bescheide aufgehoben. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Beklagte zwar zum Handeln durch Verwaltungsakt befugt gewesen sei. Allerdings handele es sich bei der Verweisung des § 150 Abs 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) lediglich auf § 28 e Abs 3a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) um ein so genanntes qualifiziertes Redaktionsversehen des Gesetzgebers, welches durch eine entsprechende Anwendung der Absätze 3b bis 3f des § 28 e SGB IV im Rahmen der Verweisung des § 150 Abs 3 SGB VII zu korrigieren sei. Aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere aus den Protokollen der Sitzungen des Vermittlungsausschusses ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein Auseinanderfallen der ursprünglich gleichlaufenden Haftung im Bereich der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung beabsichtigt gewesen sei. Durch die eingeschränkte Verweisung des § 150 Abs 3 SGB VII lediglich auf § 28 e Abs 3a SGB IV ergäben sich nicht nachvollziehbare Unterschiede in beiden Haftungssystemen, die durch keine sachlichen Gründe zu rechtfertigen seien. Die damit zur Anwendung kommende Wertgrenze des § 28 e Abs 3d SGB IV sei im vorliegenden Fall nicht überschritten, was zur Rechtswidrigkeit der streitigen Bescheide führe. Für die Frage, ob die Wertgrenze von 500.000,- Euro überschritten sei, müsse unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Norm auf die Summe der in Auftrag gegebenen Leistungen und nicht auf das Bauvorhaben insgesamt abgestellt werden.

Dagegen hat die Beklagte am 9. Juli 2007 Revision zum Bundessozialgericht eingelegt, das mit Urteil vom 27. Mai 2008 das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen hat. In seiner Entscheidung hat das BSG die Rechtsauffassung des LSG zur Frage der Anwendung der Absätze 3b bis 3f des § 28 e SGB IV geteilt. Weiter hat das BSG ausgeführt, dass es nicht abschließend entscheiden könne, ob die Voraussetzungen der Haftung nach § 150 Abs 3 Alt 2 SGB VII i.V.m. § 28 e Abs 3a bis 3f SGB IV im vorliegenden Fall erfüllt sind, weil das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen zur Prüfung der Voraussetzungen des § 28 e Abs 3b und 3d Satz 1 SGB IV enthalte. § 28 e Abs 3d Satz 1 SGB IV lasse die Haftung des Absatz 3a erst ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 500.000,- Euro eingreifen. Dabei komme es nach dem Wortlaut der Regelung nicht auf den Wert des für den konkreten Haftungsanspruch in Rede stehenden Auftrags, sondern auf den Gesamtwert aller für das Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen an, ohne dass es eine Rolle spiele, wer diese Aufträge erteilt habe. Die Haftung greife damit erst ab einer bestimmten Größe des Bauwerkes, für das der Auftrag erteilt worden sei, ein. Auf diese Weise würden kleinere Bauvorhaben mit einem kalkulatorischen Vorteil begünstigt und wirtschaftlich gesehen die mittelständischen Bauunternehmen und die Betriebe des Handwerks, insbesondere im Reihen- und Einfamilienhausbau, gefördert. Das BSG hat insoweit auf die Kommentierung von Werner in jurisPK-SGB IV, § 28e RdNr 77 verwiesen. Weiter ist ausgeführt, dass nur bei einem solchen Verständnis der Regelung auch der Verweis des § 28 e Abs 3d Satz 2 SGB IV auf § 3 der Vergabeverordnung vom 9. Januar 2001 (BGBl I 110) Sinn mache. Denn wollte man mit dem LSG auf den Wert des konkret in Rede stehenden Auftrags abstellen (so auch Seewald in Kasseler Kommentar, SGB IV, Stand: Dezember 2007, § 28e RdNr 36), frage es sich, wofür eine Schätzung erforderlich sein solle, da davon ausgegangen werden könne, dass dieser Wert regelmäßig bekannt sei. Es sei daher bezogen auf den vorliegenden Fall zunächst festzustellen, für welche Bauwerke die hier in Rede stehenden Aufträge der Klägerin an die N-GmbH erteilt wurden. Dann sei im Rahmen einer Schätzung nach den Maßgabe des § 28 e Abs 3d Satz 2 SGB IV zu ermitteln, ob der Wert aller für das jeweilige Bauwerk insgesamt in Auftrag gegebener Bauleistungen 500.000,- Euro übersteige. Ein Haftungsanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin komme dann überhaupt nur in Bezug auf die in Rechnung gestellten Aufträge in Betracht, die für ein Bauwerk erteilt worden seien, bei dem diese Wertgrenze von 500.000,- Euro überschritten werde. Der Wert des konkreten Auftrags der Klägerin an die N-GmbH spiele nicht hier, sondern erst bei der konkreten Höhe des gegebenenfalls bestehenden Haftungsanspruches der Beklagten gegenüber der Klägerin eine Rolle. Für den Fall des Überschreitens der Wertgrenze des § 28 e Abs 3d Satz 1 SGB IV werde das LSG außerdem zu entscheiden haben, ob sich die Klägerin nach § 28 e Abs 3b SGB IV exkulpieren könne.

Im hier streitigen Verfahren trägt die Klägerin zu den vom BSG aufgeführten Gesichtspunkten vor, es könnten lediglich noch die Bauvorhaben, die mit Rechnungen vom 1. Oktober 2003, 1. Dezember 2003, 19. Dezember 2003 und 10. Februar 2004 abgerechnet worden sind, im Streit stehen, die ein Doppelhaus und 3 Reihenhäuser beträfen. Dass die Häuser aneinander angrenzten, führe nicht dazu, dass sie als ein Bauwerk zu sehen seien. Darüber hinaus sei der Klägerin kein Umstand bekannt gewesen, der Zweifel an der Leistungsfähigkeit der N.-Bau GmbH hätte aufkommen lassen können. Denn es sei ersichtlich gewesen, dass in den Angeboten der N.-Bau GmbH Lohnkosten einschließlich Sozialversicherungsbeiträgen einkalkuliert gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. September 2006 und den Bescheid vom 14. September 2005 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 27. Oktober 2005 und 2. Dezember 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2006, aufzuheben sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. September 2006 aufzuheben und die Klägerin zu verurteilen, 1.362,72 EUR an die Beklagte zu bezahlen, die Klage im Übrigen abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Klägerin sei zuzustimmen, dass nur die genannten Doppel- bzw. Reihenhäuser noch im Streit stehen könnten. Diese seien jedoch als ein Bauwerk anzusehen, da die Aufträge zeitgleich erteilt worden seien und auch in der Bauausführung und Fertigstellung ein Zusammenhang zu erkennen sei. Es spiele keine Rolle, ob die Hausgrundstücke schon vor dem Baubeginn - an verschiedene Bauträger - verkauft worden seien.

Die Klägerin hat die Vertragsunterlagen betreffend der Doppel- und Reihenhäuser vom 4. August 2003 vorgelegt (Häuser als Haus 1 bis Haus 5 bezeichnet). Die Berichterstatterin des Verfahrens hat unter dem 8. Januar 2009 die Kloe Immobilien- und FinanzvermittlungsGmbH um die Bezifferung des Wertes der Bauleistung (ohne Grundstückswert, Verkaufsgewinne und sonstige Kosten) gebeten. Auf die Auskunft vom 16. Januar 2009 wird inhaltlich Bezug genommen. Die Berichterstatterin des Verfahrens hat des Weiteren am 19. Januar 2009 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt und Frau W. D. als Zeugin vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten aller Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, sind teilweise begründet. Die Klägerin haftet als Unternehmerin des Baugewerbes für die Zahlungspflicht der N.-Bau GmbH gegenüber der Beklagten in Höhe von 814,12 EUR.

Gemäß § 150 Abs. 3 SGB VII in der seit 1. August 2002 geltenden Fassung gilt für die Beitragshaftung bei der Ausführung eines Dienst- und Werkvertrags im Baugewerbe § 28e Abs. 3a SGB IV in der bis zum 31. März 2006 geltenden Fassung entsprechend. Danach haftet ein Unternehmer des Baugewerbes, der andere Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III; jetzt: § 175 Abs. 2 SGB III) beauftragt, für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers (Nachunternehmer) oder eines von diesem beauftragten Verleihers bezüglich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags wie ein selbstschuldnerischer Bürge.

Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 18. Juni 2007, insoweit bestätigt durch das Urteil des BSG vom 15. Mai 2008 ausgeführt hat, erstreckt sich die Verweisung in § 150 Abs. 3 SGB VII auch auf die Absätze 3b bis 3f des § 28 e SGB IV.

Gemäß § 28 e Abs. 3b SGB IV entfällt die Haftung nach Absatz 3a, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Absatz 3a gilt gemäß Absatz 3d aber erst ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 500.000,- EUR. Dies bedeutet, dass es auf die Frage etwaigen Verschuldens bzw. einer Exkulpation erst ankommt, wenn der Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen 500.000,- EUR übersteigt. Auf den Wert des in Rede stehenden Auftrags kommt es nach Auffassung des BSG in seinem Urteil vom 15. Mai 2008 für die Beurteilung der Wertgrenze hingegen nicht an.

Für die Schätzung des Wertes der Bauleistungen verweist § 28 e Abs. 3d SGB IV auf § 3 der Vergabeverordnung (VgV) vom 9. Januar 2001 (BGBl. I S. 110), die zuletzt durch Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 16. Mai 2001 (BGBl. I S. 876) geändert worden ist.

Gemäß § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Dabei darf der Wert eines beabsichtigten Auftrags nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, ihn der Anwendung der Bestimmungen der VgV zu entziehen (§ 3 Abs. 2 VgV). Bestehen die zu vergebenden Aufträge aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, müssen bei der Schätzung alle Lose berücksichtigt werden. Bei Lieferaufträgen gilt dies nur für Lose über gleichartige Leistungen (§ 3 Abs. 5 VgV).

Unter Berücksichtigung der im Streit stehenden und dem ursprünglichen Haftungsbescheid der Beklagten zugrunde liegenden Rechnungen scheiden angesichts des Gesamtwertes der in Auftrag gegebenen Bauleistungen, geschätzt auf Grundlage des § 3 der VgV, folgende Rechnungen als Haftungsgrundlage aus, da der Wert der Bauleistungen 500.000,- EUR nicht übersteigt:

Rechnung vom 6. Mai 2003 - 2.187,76 EUR (netto 1.886,- EUR) - Gesamtwert aller Bauleistungen maximal 30.000,- EUR. Rechnung vom 6. Mai 2003 - 2.092,64 EUR (netto 1.804,- EUR) - Gesamtwert aller Bauleistungen weniger als 500.000,- EUR. Rechnung vom 26. Mai 2003 - 6.500,- EUR (netto 5.603,45 EUR) - Gesamtwert 250.000,- bis 300.000,- EUR. Rechnung vom 1. Dezember 2003 - 6264,- EUR (netto 5.400,- EUR) - Gesamtwert der Bauleistung 250.000,- bis 300.000,- EUR. Rechnung vom 19. Dezember 2003 - 14.697,20 EUR (netto 12.670,- EUR) - Gesamtwert der Bauleistungen ca. 250.000,- EUR.

Fraglich ist daher nur, ob aufgrund der nachfolgend aufgeführten Rechnungen ein Haftungsanspruch dem Grunde nach besteht, weil es sich um "Bauwerke, deren Auftragswert 500.000,- EUR übersteigt", handelt. Diesen Rechnungen liegen Aufträge für zwei Doppelhaushälften bzw. drei Reihenhäuser zugrunde, die von der Klägerin im M. in R.-R. im Auftrag zweier Bauträger errichtet worden sind:

Rechnung vom 1. Oktober 2003 - 19.000,- EUR (netto 16.380,- EUR) Rechnung vom 1. Dezember 2003 - 10.683,60 EUR (netto 9.210,- EUR) Rechnung vom 19. Dezember 2003 - 2.784,- EUR (netto 2.400,- EUR) Rechnung vom 10. Februar 2004 - 6.217,60 EUR (netto 5.360,- EUR)

Der Auftragserteilung lagen fünf jeweils getrennte Formularbauverträge zugrunde, die alle auf den 21. Juli 2003 datiert und am 4. August 2003 vom Geschäftsführer der Klägerin unterschrieben worden sind. Da die Reihenhäuser je einen Auftragswert von 210.000,- EUR, die Doppelhaushälften von je 246.000,- EUR besitzen, ist für die Haftung der Klägerin entscheidend, ob nach Auffassung der Beklagten alle fünf Häuser, die in einer Straße nebeneinander errichtet worden sind, als ein Gesamtbauwerk zu bewerten sind (und daher die Auftragswerte aller Bauwerke zu addieren sind), ob zwischen den Doppelhaushälften und den Reihenhäusern differenziert werden muss oder ob jedes einzelne Haus einer gesonderten Bewertung unterliegt, wie durch die Klägerin vertreten wird und damit die Grundlage für eine Haftung fehlen würde.

Weder § 28 e Abs. 3b SGB IV noch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 14/8221 S. 16 zu § 28 e SGB IV) geben Hinweise darauf, welche Erwägungen der Einfügung der Haftungsgrenze von 500.000,- EUR zugrunde lagen. Das im Verfahren L 1 U 6465/06 beigezogene stenographische Protokoll des Vermittlungsausschusses vom 15. Mai 2003 lässt auf S. 11 unten erkennen, das aufgrund der ursprünglich bestehenden Uneinigkeit der Mitglieder des Vermittlungsausschusses bezüglich der grundsätzlichen Haftung des Generalunternehmers der Gedanke einer Haftungsbegrenzung ins Spiel gebracht worden ist. Staatssekretär R. A. vom Bundesministerium für Arbeit, der in der 18. Sitzung des Vermittlungsausschusses über die zwischenzeitlich stattgefundene Beratung einer vom Vermittlungsausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe berichtete, stellte dar, dass Vorschlag der Arbeitsgruppe sei, die Auftragnehmerhaftung auf Großaufträge von mehr als 500.000,- EUR zu beschränken. Auf dieser Grundlage erzielte der Vermittlungsausschuss schließlich Einigkeit; die Haftungsregelung wurde in § 28 e Abs. 3b SGB IV aufgenommen. Weitere Informationen können den Protokollen nicht entnommen werden, so dass weder das Gesetz noch die Gesetzesmaterialien als Auslegungshilfe für die vorliegend streitentscheidende Frage herangezogen werden können.

Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 18. Mai 2009 ausgeführt hat, soll die Haftung in jedem Fall erst ab einer bestimmten Größe des Bauwerks eingreifen, was auch Sinn der Haftungsbegrenzungsregelung ist. Das BSG hat weiter unter Verweis auf die Kommentierung von Werner in JurisPK-SGB IV, § 28 e RdNr. 77 ausgeführt, dass auf diese Weise kleinere Bauvorhaben mit einem kalkulatorischen Vorteil begünstigt und wirtschaftlich gesehen die mittelständischen Bauunternehmen und die Betriebe des Handwerks, insbesondere im Reihen- und Einfamilienhausbau, gefördert werden sollen. Nur bei einem solchen Verständnis der Norm mache die Verweisung auf § 3 VgV mit der darin geregelten Schätzung Sinn.

Unabhängig davon, dass - wie der vorliegende Sachverhalt zeigt - auch im Reihenhausbau Auftragswerte von über 500.000,- EUR vorkommen und darüber hinaus auch bei der Ermittlung des Gesamtauftragsvolumens für ein Bauwerk nicht zwingend eine Schätzung erfolgen muss, sondern der Auftraggeber in der Regel das Auftragsvolumen anhand seiner eigenen Kalkulation beziffern kann, führt der Hinweis auf die gewollte Unterstützung mittelständischer Handwerksfirmen hier nicht wesentlich weiter. Denn dass es sich bei der Klägerin, die zwischen 5 und 8 Mitarbeiter - neben dem Geschäftsführer - ständig beschäftigt, um ein mittelständisches Unternehmen handelt, dürfte ohne Zweifel sein. Dennoch hat sie, wie die im Streit stehenden Bauaufträge zeigen, an Bauvorhaben mitgewirkt, die in ihrer Gesamtbetrachtung die Haftungsgrenze von 500.000,- EUR grundsätzlich übersteigen können.

Was unter Bauleistungen im Sinne des § 3 VgV zu verstehen ist, kann aus § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) abgeleitet werden. Danach sind Bauaufträge entweder Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder Bauwerks, das Ergebnis von Hoch- und Tiefbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen (Lausen, in jurisPK-Vergaberecht, 2. Auflage 2008 unter Verweis auf § 99 Abs. 3 GWB). Danach ist im Vergabeverfahren auf die Gesamtheit aller möglichen Bautätigkeiten abzustellen. Der geschätzte Auftragswert muss sich demnach auf das insgesamt zu errichtende Bauwerk beziehen, wobei für die betreffende bauliche Anlage alle Aufträge zusammen zu rechnen sind, die für deren vollständige Herstellung sowohl in technischer Hinsicht als auch im Hinblick auf eine sachgerechte Nutzung erteilt werden müssen. Es muss somit ein funktionaler Zusammenhang der Einzelaufträge in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht bestehen (Lausen a.a.O. Rn. 22). Bei der Frage des funktionalen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, ob die Beschaffung eines Teils ohne die anderen einen Sinn macht. Außerdem muss ein zeitlicher Zusammenhang bestehen, wenn einzelne Bauwerke zu einem Gesamtauftrag zusammen gerechnet werden sollen.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien für die Beurteilung eines Bauvorhabens ist deshalb zwischen den Doppelhaushälften und den Reihenhäusern zu differenzieren, auch wenn angesichts der zeitgleich unterschriebenen Bauaufträge ein zeitlicher Zusammenhang zwischen allen Bauwerken zu bejahen ist. Unter funktionellen Gesichtspunkten sind jedoch die Doppelhäuser einerseits und die Reihenhäuser andererseits als eigenständig zu betrachtende Bauwerke anzusehen. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist eine isolierte Betrachtung aller fünf Bauvorhaben unter Berücksichtigung der Vorschriften der VgV nicht zulässig.

Wie der Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage ausgeführt hat, lagen die Bauvorhaben an einer Straße mit Gefälle. Der Baufortschritt lief bei den Reihenhäusern dergestalt ab, dass zunächst mit dem am tiefsten gelegenen Haus begonnen worden ist und dann nach oben weitergearbeitet wurde, da der Keller z.B. des am höchsten gelegenen Reihenendhauses nicht hätte gebaut werden können, ohne dass die anderen Keller bereits errichtet waren. Auch wenn sicherlich jedes Haus für sich alleine existieren kann und eigene Versorgungsleitungen hat etc., hing jedoch die Errichtung eines Hauses notwendig von der Errichtung des anderen ab. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen, wie hier, schon die Lage der Häuser bzw. Grundstücke eine bestimmte zeitliche Abfolge der Bautätigkeiten verlangt. Allerdings ist, wie den aktenkundigen Zeichnungen der Bauvorhaben ersehen werden kann, zwischen den Reihenhäusern und den Doppelhaushälften eine bauliche Lücke. Diese ist zwar durch zwei Garagen ausgefüllt, doch bewirken diese nicht eine funktionale Verbindung zwischen den Reihen- und Doppelhäusern, sondern verdeutlichen deren funktionelle Trennung. Darüber hinaus war der Baufortschritt der Doppelhaushälften nicht abhängig von dem der Reihenhäuser.

Für die Beurteilung unerheblich ist, dass die Reihenhäuser im Auftrag verschiedener Bauträger errichtet bzw. vermarktet worden sind bzw. zwei Bauträger sowohl einzelne Häuser der Reihenhauszeile als auch der Doppelhaushälften vermarktet haben. Denn es zeigen bereits die im Wortlaut identischen und am gleichen Tag unterzeichneten Bauaufträge, die mit der Klägerin geschlossen worden sind, dass eine Differenzierung je nach Auftraggeber insoweit nicht erfolgte, die Häuser - jedenfalls von Außen - nahezu baugleich sind und - bezogen je getrennt auf die Reihen- und Doppelhäuser - als optische Einheit auftreten. Darüber hinaus könnte eine andere Beurteilung gesellschaftsrechtlichen Konstrukten zur Umgehung der Vorschriften des Vergaberechts Tür und Tor öffnen, was nicht im Sinne der Vorschriften des Vergabeverfahrens und des GWB ist. Berücksichtigt man zudem die Regelung des § 3 Abs. 2 VgV, die eine Aufteilung von Aufträgen gerade zur Unterschreitung des Schwellenwerts verhindert, dann wird deutlich, dass weder die Auftragsvergabe durch verschiedene Auftraggeber noch der Umstand, dass für jedes Bauvorhaben ein getrennter Bauauftrag unterzeichnet worden ist, eine andere Betrachtung rechtfertigen kann, wenn ein funktionaler Zusammenhang zwischen den Bauwerken besteht.

Somit haftet die Klägerin grundsätzlich für die Ansprüche der Beklagten, soweit sie sich auf die drei Reihenhäuser beziehen, da insoweit die Haftungsgrenze von 500.000,- EUR als Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Leistungen überschritten ist.

Die Klägerin kann sich auch nicht exkulpieren, da sie nicht nachgewiesen hat, dass sie ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt.

Die Klägerin hat keine Erkundigungen über die Solvenz der N.-Bau GmbH eingeholt, sich auch keine Unbedenklichkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse über die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die beschäftigten Mitarbeiter vorlegen lassen. Sie hat sich aufgrund des Umstands, dass die Zusammenarbeit mit der N.-Bau GmbH in der Vergangenheit bei anderen Aufträgen gut funktioniert hat und ihr keine Klagen der Mitarbeiter bekannt geworden sind, keine Gedanken darüber gemacht, ob die N.-Bau GmbH tatsächlich ihren Verpflichtungen bezüglich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nachkommt. Da die Klägerin auch keine schriftlichen Verträge mit der N.-Bau GmbH geschlossen hat, konnte sie auch nicht prüfen, ob und inwieweit diese bei ihrer Kalkulation z.B. Löhne und daraus abzuführende Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeiter in die Berechnung eingestellt hat oder welche Faktoren den im Ergebnis mündlich ausgehandelten Preis bestimmt haben. Die gegenteilige Behauptung der Klägerin, wonach die Kalkulation der N.-Bau GmbH auch Löhne und Sozialversicherungsabgaben enthalten habe, ist mangels einer Prüfung durch die Klägerin als bloße Schutzbehauptung zu bewerten. Die Klägerin hat keinerlei Anstrengungen unternommen, die Frage der Einhaltung der Zahlungspflicht seitens der N.-Bau GmbH zu kontrollieren.

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin im Erörterungstermin darauf hingewiesen hat, dass der letzte Beitrag der N.-Bau GmbH an die Beklagte am 5. August 2003 überwiesen worden sei, wohingegen die Verträge mit der N.-Bau GmbH schon am 21. Juli 2003 abgeschlossen worden waren und die Klägerin daher wohl hätte eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten müssen, kommt es auf diesen hypothetischen Umstand nicht an. Es kann für die Frage der Exkulpation nur darauf ankommen, worauf der dem Verschuldensvorwurf Ausgesetzte tatsächlich vertraut hat, nicht, worauf er hätte vertrauen können, wenn er sich anders verhalten hätte. Die Klägerin hat bei den Krankenkassen als Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28 h Abs- 3 SGB IV) keine Unbedenklichkeitsbescheinigung eingeholt. Die Bescheinigungen enthalten jeweils die Zahl der gemeldeten Arbeitnehmer, haben eine Gültigkeitsdauer von drei Monaten und müssen daher bei den Krankenkassen jeweils erneuert werden. Die Bescheinigung erstreckt sich nicht auf Beitragsansprüche aus Arbeitsentgelten, die nach Ablauf der Gültigkeit erzielt sind. Ergänzend können die Freistellungsbescheinigungen der Finanzverwaltung nach § 48b EStG zur Exkulpation beigebracht werden (Werner in jurisPK-SozR zu § 28e SGB IV).

Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass der Senat durchaus Zweifel daran hat, dass die Klägerin allein aufgrund der Beitragszahlung der N.-Bau GmbH gegenüber der Beklagten eine solche Bescheinigung im Zeitpunkt der Auftragserteilung noch erhalten hätte. Denn angesichts der von der Deutschen Rentenversicherung in ihrem Prüfbericht schon für das Jahr 2002 festgestellten Unregelmäßigkeiten bei der Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags durch die N.-Bau GmbH sind Zweifel daran nicht ungerechtfertigt. Darüber hinaus gibt die Unbedenklichkeitsbescheinigung dem Auftraggeber Sicherheit nur für drei Monate, so dass spätestens im Zeitpunkt des Ablaufs der (ersten) Unbedenklichkeitsbescheinigung möglicherweise eine weitere nicht mehr ausgestellt worden wäre. Dies kann jedoch letztlich auch aus dem Grund offen bleiben, dass für den Fall, dass eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt worden wäre, die N.-Bau GmbH aber dennoch ihren sozialversicherungsrechtlichen Pflichten nicht nachgekommen wäre, dies nicht zu einem Verschuldensvorwurf gegenüber der Klägerin hätte führen können.

Daher haftet die Klägerin für die Beiträge, errechnet aus den Lohnsummen der an sie erteilten Aufträge für die drei Reihenhäuser, die die Beklagte zuletzt mit insgesamt 814,12 EUR zutreffend berechnet hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG und umfasst auch die Kosten des Revisionsverfahrens. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren, keinerlei Haftung zu unterliegen, in vollem Umfang gescheitert ist, die Beklagte im Revisionsverfahren im Sinne einer Zurückverweisung Erfolg hatte und sich im Ergebnis die Haftungssumme von zuletzt geforderten 2.121,99 EUR auf knapp die Hälfte reduziert hat. In der Gesamtbetrachtung des Obsiegens und Verlierens über drei Instanzen erachtet der Senat daher eine hälftige Kostentragung für sachgerecht.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, insbesondere des Abs. 2 Nr. 1 SGG, nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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