Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2871/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4269/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.08.2008 geändert und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall im Streit.
Der 1958 geborene Kläger war als Gipser beschäftigt. Am 08.05.2003 fuhr er mit dem Fahrrad nach dem Ende seiner Arbeitsschicht auf einen geparkten PKW auf und verletzte sich hierbei schwer.
Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Unfalls eine eigene Wohnung in W. und arbeitete in A.-A ... Nach dem Ortsausgang A.-G. führen unterschiedliche Wege (Landstraßen) nach W. und O ... Der Unfall passierte nach dem Ende der Arbeitsschicht des Klägers hinter dem Ortsausgang von A.-G. auf der Landstraße namens "N. Straße" in Richtung O., also nicht mehr auf dem direkten Weg auf der Landstraße namens "W. Straße" zu seiner eigenen Wohnung in W ... In O. wohnen die Eltern des Klägers, welche der Kläger damals regelmäßig nach der Arbeit zur Einnahme des Abendessens besuchte.
Die Beklagte erfuhr erstmalig durch eine Meldung der Krankenversicherung des Klägers am 28.11.2005 vom Unfall des Klägers. Die Krankenkasse teilte mit, der Kläger habe mit dem Fahrrad auf der Heimfahrt von der Arbeit einen Wegeunfall erlitten, als er auf dem Weg zu einem Freund gewesen sei. Erst als die Folgen des Unfalles sich gegen 23 Uhr rapide verschlechtert hätten, sei ein Arzt eingeschaltet worden. Anschließend sei versehentlich eine Meldung gegenüber dem Träger der Unfallversicherung nicht erfolgt. Im Bericht über einen stationären Aufenthalt im Kreiskrankenhaus N. vom 08.05.2003 bis 20.05.2003 ist angegeben, dass der Kläger ein Polytrauma nach Motorradunfall mit Leberruptur, Rippenserienfraktur mit Pneumothorax bei vorbestehenden Hepatitis B und C, Polytoxikomanie mit Alkohlabusus und Methadonabhängigkeit erlitten habe.
In seiner ersten Stellungnahme gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, auf der Heimfahrt von seinem Arbeitsplatz in A.-A. nach W. gemeinsam mit einem Arbeitskollegen zu sich nach Hause gefahren zu sein. Auf der Höhe von G. habe er sich rückwärts nach seinem Arbeitskollegen umgesehen und sei dabei auf ein parkendes Fahrzeug aufgefahren. Trotz starker Schmerzen sei er davon ausgegangen, sich lediglich Prellungen zugezogen zu haben. Da sein Arbeitskollege in G. wohnte, seien sie zu ihm nach Hause gegangen, wo er sich zunächst ausgeruht habe. Gegen 23 Uhr seien die Schmerzen dann so stark geworden, dass die notfallmäßige Einlieferung ins Krankenhaus erforderlich geworden sei. Die Polizei sei nach dem Unfall nicht eingeschaltet worden.
Die Ehefrau des Arbeitgebers des Klägers teilte am 13.12.2005 telefonisch mit, dass der Kläger am Unfalltag bis 16 Uhr gearbeitet habe. In der Firma sei von einem Arbeitsunfall nichts bekannt, weswegen man davon ausgehe, dass es sich um einen privaten Weg gehandelt habe. Lohnfortzahlung sei bis zum 22.06.2005 geleistet worden, zum 23.06.2005 sei dem Kläger gekündigt worden. Bei dem Unfall sei der Arbeitskollege P. S. anwesend gewesen, der sich auch um den Kläger gekümmert habe.
Mit einer zweiten Stellungnahme vom 02.01.2006 gab der Kläger an, nach der Arbeit regelmäßig von A.-G. in seine Wohnung nach W. zu fahren. Für den Weg mit dem Fahrrad würden 14 Minuten benötigt, ein Umweg sei nicht gewählt worden.
In einer dritten Stellungnahme des Klägers gegenüber der Stadt N. gab dieser am 24.01.2006 an, dass er zum damaligen Zeitpunkt nach der Arbeit üblicherweise mit dem Motorroller in seine Wohnung in W. gefahren sei. Am Unfalltage habe sein Motorroller einen Reifendefekt gehabt, weswegen er sich von einem Kollegen in G. ein Fahrrad ausgeliehen habe. Der Kollege habe ihm das Fahrrad geliehen und sei dann selbst mit dem Roller nach Z. gefahren. Als er das Motorgeräusch eines Rollers hinter sich gehört habe, habe er sich nach dem Kollegen umgedreht, wobei sich der Unfall ereignet habe. Er sei am Außenspiegel eines parkenden Autos hängen geblieben und hierdurch vom Fahrrad gerissen worden.
In einer vierten Stellungnahme vom 24.01.2006 bestätigte der Kläger erneut, dass er auf dem Weg nach W. gewesen sei, als er verunfallte. Sein Roller habe in A. einen Reifendefekt gehabt, und er habe noch in A.-G. ein Ersatzfahrrad von dem Kollegen bekommen.
Mit Schreiben vom 07.02.2006 wies die Beklagte den Kläger auf die Widersprüche in den Aussagen des Klägers hin.
In einem Telefonat vom 10.02.2006 stellte der Kläger daraufhin klar, dass sein Arbeitgeber zwar in W. ansässig sei, der Lagerplatz mit Arbeitsbeginn bei dieser Firma jedoch in A.-A. gewesen sei. Dort sei auch die Arbeit beendet worden und von hier sei auch regelmäßig der Heimweg angetreten worden. Die Angabe eines "Motorradunfalls" in den ersten medizinischen Unterlagen müsse auf einem Versehen beruhen. Er habe seinen Heimweg am 08.05.2003 zunächst mit dem Mofa angetreten und dann nach Feststellen des platten Reifens das Mofa bei einem Kollege in G. abgestellt und sich ein Fahrrad für die Fortsetzung seines Wegs ausgeliehen. Den Unfall habe er im Betrieb nicht gemeldet, weil ihm eine Meldepflicht nicht bekannt gewesen sei.
Der Arbeitgeber des Klägers hat in einer zweiten Stellungnahme vom 02.03.2006 bestätigt, dass der Lagerplatz der Firma sich in A.-A. befinde und von diesem Lagerplatz aus immer die Wege zur Baustelle angetreten wurden bzw. hier auch beendet worden seien. Am Arbeitstag sei der Kläger beim TUS S. in der K.straße beschäftigt gewesen. Arbeitszeit sei am Unfalltag von 7 bis 16 Uhr gewesen. Der Zeuge P. S. sei am Unfalltag auf derselben Baustelle wie der Kläger eingesetzt gewesen.
Der Kollege P. S. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass er mit dem Kläger gemeinsam aus A.-A. am Unfalltag um 17 bis 17.30 Uhr den Heimweg angetreten habe. Sie seien beide mit dem Mofa unterwegs gewesen, nach einer Reifenpanne sei der Kläger auf einem geliehenen Fahrrad aus G. weiter gefahren. Das Fahrrad habe er dem Kläger ausgeliehen, da er auf dem Nachhausewege an der eigenen Wohnung vorbeigekommen sei. Der Unfall habe sich zwischen G. und W. ereignet. Den genauen Unfallhergang könne er jedoch nicht schildern, da er erst später dazugekommen sei. Er habe den Kläger verletzt auf der Straße liegen sehen. Der Kläger habe seinen Heimweg nicht fortsetzen können, weswegen er ihn zu sich nach Hause (damals in G.) begleitet habe.
Die Halterin des in den Unfall verwickelten abgestellten Fahrzeugs teilte am 09.06.2006 mit, dass ihr Fahrzeug am Unfalltag auf der N. Straße auf der Höhe der Einfahrt in den A.weg in A. abgestellt gewesen sei. Von dem Unfall habe sie erst eine halbe bis eine Stunde später durch ihre Eltern erfahren. In einer zweiten Stellungnahme vom 13.09.2006 gab sie an, dass auch ihre Eltern nicht mehr sagen könnten, von wem sie von dem Unfall erfahren hätten. Den Unfall mitbekommen hätten auch die Eltern nicht. Am Fahrzeug sei der linke Spiegel, das Rücklicht hinten links und das Seitenteil hinten links beschädigt gewesen. Eine Versicherung sei nicht eingeschaltet worden, der Schaden sei durch den Vater des Klägers privat beglichen worden.
Am 10.07.2006 machte der Arbeitskollege P. S. eine zweite Aussage gegenüber der Beklagten. Er sei erst 15 Minuten später zum Unfallort gekommen. Er habe am Kläger keine äußerlich sichtbaren Verletzungen erkannt. Er habe erst am Unfallort von dem Unfall erfahren. Der Unfall sei am Ortsausgang G. Richtung N. (das hinter O. liegt) gewesen.
Mit Bescheid vom 23.10.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung im Hinblick auf den Unfall des Klägers vom 08.05.2003 ab. Ein Arbeitsunfall sei nicht nachgewiesen. Ein solcher sei bereits fraglich, weil der Kläger den Unfall weder im Krankenhaus noch bei seinem Arbeitgeber gemeldet habe. Auch sei im Krankenhaus zunächst offenbar ein Motorradunfall angegeben worden, während sich im Laufe der durchgeführten Ermittlungen herausgestellt habe, dass der Kläger mit dem Fahrrad verunfallt sei. Aus den mehrfachen Schilderungen des Klägers und denen des Zeugen P. S. ergäben sich mehrere Widersprüchlichkeiten zum korrekten Geschehensablauf. Zunächst würden unterschiedliche Unfallorte genannt, nämlich anfangs eine Fahrtrichtung in Richtung W., dann ein Unfallstelle an einem Ort zwischen G. und W., und anschließend ein Unfallort am Ortsausgang G. Richtung N ... Auffällig sei weiterhin, dass zunächst angegeben worden sei, der Zeuge sei bei dem Unfall dabei gewesen und dann, dass der Zeuge später hinzugekommen sei. Trotz dieser widersprüchlichen Angaben stehe die Unfallstelle fest, nämlich die N. Straße Höhe Einfahrt A.weg in G ... Dies sei von der Halterin des geparkten Fahrzeugs mitgeteilt worden, welche kein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben dürfte. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt in W. wohnte, hätte ihn sein Nachhauseweg von G. hinaus über die W. Straße und nicht über die N. Straße (beides Landstraßen) führen müssen. Der Kläger sei also nicht auf dem direkten Nachhauseweg verunfallt, und zwar auch dann nicht, wenn man berücksichtige, dass er sich unterwegs ein Fahrrad geliehen habe. Denn von der damaligen Wohnanschrift des Zeugen P. S. hätte der direkte Weg zur damaligen Wohnung des Klägers in W. ebenfalls über die W. Straße und nicht über die N. Straße geführt. Die Fahrtrichtung N. decke sich im Übrigen mit den Angaben bei der behördlichen Unfalluntersuchung, wonach der Kollege "auch" nach Z. (das hinter O. liegt) habe fahren wollen. Dies spreche dafür, dass der Kläger tatsächlich nach Z. und nicht nach W. habe fahren wollen. Damit habe der Unfall sich jedoch nicht auf dem direkten Nachhauseweg ereignet, obwohl der Kläger dies so angegeben habe. Ursprünglich habe der Kläger indes sogar angegeben, dass sowohl er als auch sein Kollege P. S. zu ihm nach Hause nach W. hätten fahren wollen. Ein Versicherungsfall liege daher nicht vor.
Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass er entgegen seinen ursprünglichen Angaben von der Arbeit nicht direkt zu seiner Wohnung nach W. gefahren sei, sondern zu seinen Eltern nach O ... Von da aus erst habe er dann zu seiner Wohnung nach W. fahren wollen. Auch der Weg zur elterlichen Wohnung sei jedoch als versicherter Heimweg anzusehen. Er habe bis zu seinem Arbeitsbeginn im Jahre 1992 bei der Firma M. als Junggeselle bei seinen Eltern gelebt. 1994 sei er dann nach W. und anschließend 2003 nach W. gezogen. In seiner Familie sei es üblich, dass auch die erwachsenen Kinder abends bei den Eltern in O. am Abendessen teilnehmen. Neben dem familiären Zusammenhalt sei dies für ihn auch deswegen wichtig gewesen, weil er als Arbeiter am Bau mittags nur sein mitgebrachtes Vesper habe essen können und bei der Mutter am Abend dann seine warme Tagesmahlzeit erhalten habe. Er habe regelmäßig nach dem Abendessen auch den Abend dort mit seinen Eltern und den Brüdern verbracht, da er in W. niemanden gekannt habe. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er den Umweg über O. hätte angeben müssen. Für ihn sei dies ein nicht bedeutsamer Aufenthalt auf dem Weg zu seiner Wohnung nach W. gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2007 als unbegründet zurück. Im Falle des Klägers bestünden erhebliche Zweifel daran, dass er sich zum Unfallzeitpunkt auf einem versicherten Arbeitsweg befunden habe. Neben der späten Meldung des Unfalls lägen auch unterschiedliche Schilderungen sowohl des Klägers als auch seines Arbeitskollegen zu dem Vorgang vor. Insoweit bestünden die Zweifel aus dem Ablehnungsbescheid fort. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei den zeitlich ersten Aussagen ein weit höherer Beweiswert beizubemessen als den zu einem späteren Zeitpunkt gemachten Angaben. Erstmalig im Widerspruchsverfahren und nach anwaltlicher Beratung trage der Kläger nunmehr vor, sich auf einem Umweg über den Wohnort seiner Eltern in O. auf dem Nachhauseweg zu seiner Wohnung nach W. befunden zu haben. Dies sei nicht glaubhaft.
Der Kläger hat deswegen am 12.04.2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er sei zum damaligen Zeitpunkt nie auf direktem Wege von der Arbeit in A.-A. (Lagerplatz der Firma) nach Hause nach W., sondern immer zunächst zum Abendessen zu der Wohnung seiner Eltern in O. gefahren. Das BSG habe wiederholt anerkannt, dass Ziel- und der Ausgangspunkt des versicherten Weges nach oder von der versicherten Tätigkeit auch ein sog. "dritter Ort" sein könne, was zulässig sei, wenn dieser nicht unverhältnismäßig länger sei als der direkte Weg von der Arbeit zur eigenen Wohnung. Im vorliegenden Fall könne es offenbleiben, ob die elterliche Wohnung überhaupt ein dritter Ort oder nicht in Wirklichkeit die Wohnung des Klägers darstelle, da der Kläger sich jedenfalls weiterhin jeden Abend bei seinen Eltern aufgehalten habe und faktisch zwei Wohnungen gehabt habe. Selbst wenn lediglich die eigene Wohnung maßgeblich sei, liege ein sog. dritter Ort im Sinne der Rechtsprechung des BSG vor. Die Beklagte habe auch gegen die Pflicht der Amtsermittlung verstoßen, da sie den neuen Vortrag des Klägers im Widerspruchsverfahren zum Vorliegen eines dritten Orts als unglaubhaft abgetan habe ohne die hierzu angegebenen Beweismittel (Zeugenvernehmung der Eltern und des Arbeitskollegen) ausgenutzt zu haben. Entscheidend sei auch nicht, was der Kläger früher angegeben habe, sondern was sich tatsächlich zugetragen habe.
Das SG hat am 22.08.2007 einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Kläger hat hierin angegeben, dass die Dauer des Aufenthalts bei seinen Eltern zum Abendessen, je nach dem, ob auch sein Bruder da gewesen sei, eine Stunde oder länger betragen habe. In W. habe er keinen Bekanntenkreis. Der Zeuge P. S. hat ausgesagt, dass der Kläger kurz vor G. eine Panne mit seinem Mofa gehabt habe. In G. habe der Kläger dann von ihm ein Fahrrad erhalten. Man habe sich dann abends noch in O. treffen wollen. Er habe sich dann zunächst umgezogen und der Kläger sei mit dem Fahrrad vorausgefahren. Den Unfall habe er nicht gesehen, sondern er sei später hinzugekommen. Man habe sich abends öfters in O. getroffen und sei dann gemeinsam Angeln gegangen. Der Kläger sei immer zu seinen Eltern abends zum Essen gegangen.
Die dem SG von dem Rechtsanwalt des Klägers übermittelte Zeugenaussage der Eltern des Klägers bestätigt, dass der Kläger regelmäßig zum Essen abends zu ihnen nach Hause gekommen sei. Es sei auch vorgekommen, dass der Kläger bei ihnen übernachtet habe. Der Aufenthalt abends bei ihnen habe jeweils ca. ein bis zwei Stunden gedauert. Der Bekanntenkreis des Klägers habe sich ausschließlich in N. und O. befunden. Der Kläger sei lediglich zum Schlafen nach W. gefahren.
Die Beklagte wies anschließend daraufhin, dass nach der Aussage der Eltern von einem regelmäßigen Aufenthalt von weniger als zwei Stunden auszugehen sei, wonach es sich lediglich um einen Zwischenort gehandelt habe und ein sog. dritter Ort nicht vorgelegen habe.
Mit Urteil vom 05.08.2008 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 23.10.2006 in der Ge- stalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2007 aufgehoben und festgestellt, dass das Unfallereignis vom 08.05.2003 einen gemäß § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) versicherten Unfall darstellt. Die darüber hinausgehende Klage auf Erbringung der gesetzlichen Leistungen durch die Beklagte hat das SG abgewiesen. Bei dem Unfallereignis vom 08.05.2003 handele es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme um einen bei der Beklagten versicherten Wegeunfall. Soweit der Kläger über die Feststellung des Unfalles hinaus Leistungen begehrt habe, sei die Klage nicht begründet, weil über die Ablehnung des Arbeitsunfalles hinaus von der Beklagten näher konkretisierbare Leistungen nicht abgelehnt worden seien. Ein Arbeitsunfall im Sinne eines Wegeunfalls liege vor, da der Kläger sich auf dem Weg von seiner versicherten Tätigkeit in A.-A. zu der Wohnung der Eltern in O. befunden habe und insofern von einem dritten Ort im Sinne der Rechtsprechung des BSG auszugehen sei, wonach der innere Zusammenhang eines Arbeitsweges fortbestehe, wenn der Weg von dem Vorhaben des Versicherten rechtlich wesentlich geprägt sei, sich zur Arbeit zu begeben oder von dieser zurückzukehren (unter Hinweis auf BSG, SozR 3-2700 § 8 Nr. 6 m.w.N.; BSG in SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 m.w.N.). Ereigne sich der zu beurteilende Unfall nicht auf dem Weg von dem dritten Ort zur Arbeitsstätte, sondern auf dem Weg von dem Ort der Tätigkeit zu dem dritten Ort, bereite die Feststellung des - beabsichtigten - erforderlichen zweistündigen Aufenthalts am dritten Ort naturgemäß Schwierigkeiten, weil er sich durch den Unfall nicht realisiert habe. Demnach könne nur noch die Absicht des Versicherten festgestellt werden, sich für eine gewisse Zeitspanne an einem dritten Ort aufzuhalten, wobei soweit der Nachweis einer mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vorliegen müsse. Dieser Nachweis sei vorliegend erbracht. Sowohl die Eltern des Klägers als auch der Arbeitskollege hätten übereinstimmend angegeben, dass der Kläger auf seinem Nachhauseweg nach der Arbeit regelmäßig bei seinen Eltern in O. vorbeigefahren sei. Die Entfernung von A.-A. nach W. einerseits bzw. O. anderseits stehe auch nicht in einem unangemessenen Verhältnis in dem Sinne, als das der Weg von A.-A. nach O. unangemessen länger wäre. Die zunächst entgegenstehenden Angaben des Klägers, er sei nach der Arbeit auf dem Weg von A.-A. nach W. gewesen, könnten auch im Sinne des Klägers günstig so aufzufassen gewesen sein, dass er gerade im Sinne die Rechtsprechung des BSG den Aufenthalt bei seinen Eltern zum Abendessen in O. lediglich als Zwischenstopp bzw. Umweg auf seinem Nachhauseweg nach W. angesehen habe. Die Zielrichtung des Weges sei so in beiden Fällen die Gleiche gewesen. Es bestehe auch kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass den Erstangaben eines Versicherten automatisch ein höherer Beweiswert zukomme (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R -). Nach objektiver Überprüfung der beabsichtigten Handlungen in O. sei auch festzustellen, dass das Abendessen mindestens zwei Stunden in Anspruch genommen hätte. Die Einnahme des Abendessens habe auch keine Tätigkeit dargestellt, welche den inneren Zurechnungszusammenhang ausschließe (BSG, Urteil vom 03.12.2002 - B 2 U 18/02 R -). Es könne daher dahingestellt bleiben, ob nicht bereits die Wohnung der Eltern und nicht die eigentliche Wohnung des Klägers in W. den Begriff der ständigen Familienwohnung erfülle (BSG, Urteil vom 10.10.2002,- B 2 U 16/02 R -). Da O. die Voraussetzung eines dritten Ortes erfülle, müsse dieser Frage nicht weiter nachgegangen werden. Das Urteil des SG wurde der Beklagten am 14.08.2008 zugestellt.
Die Beklagte hat am 08.09.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Behauptung des Klägers, sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu seinen Eltern in O. befunden zu haben, sei erstmalig im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden. Berücksichtige man, dass der versicherte Weg als anspruchsbegründende Tatsache mit an Sicherzeit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen sei, sei festzustellen, dass vorliegend bei einer Meldung des vermeintlichen Wegeunfalles erst zweieinhalb Jahre nach dem Ereignis diese Tatsache nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad vorliege. Selbst bei Annahme eines Weges des Klägers zu seinen Eltern in O. habe es sich hierbei nicht um einen Weg zu einem dritten Ort, sondern um einen eigenwirtschaftlichen Weg gehandelt. Abgesehen davon, dass der abendliche Aufenthalt bei den Eltern in der Regel nur ein bis zwei Stunden dauere, worauf die Aussagen des Klägers selbst und seine Eltern hinwiesen, hätte der Kläger sich am 08.05.2003 nach den Aussagen des Zeugen P. S. auch noch mit diesem in O. treffen wollen. Die Annahme im erstinstanzlichen Urteil, der Kläger wäre am Unfalltag mindestens zwei Stunden in der Wohnung seiner Eltern verblieben, sei nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.08.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Die Beklagte selbst habe festgestellt, dass er sich auf dem Weg nach O. und nicht auf dem Weg nach W. befunden habe. Zu beweisen sei damit nur noch die Tatsache gewesen, dass O. ein dritter Ort im Sinne der Rechtsprechung des BSG sei; dies sei durch die Aussagen des Zeugen S. und die schriftlichen Aussagen seiner Eltern erfolgt. Er habe sich auch von Anfang an nicht widersprüchlich geäußert, da er bei der Angabe seiner Zielrichtung W. in seinen ersten Einlassungen nach dem Unfall jeweils daran gedacht habe, dass dies das Endziel seiner Fahrt auf dem Nachhauseweg über O. gewesen sei. Schließlich sei auch die Wohnung in O. als sein Lebensmittelpunkt anzusehen, da er dort seine Familie und Freunde gehabt sowie seine Freizeit verbracht habe. Die spätere Verabredung stehe dem Versicherungsschutz nicht entgegen, weil es häufig sei, dass jemand sich zuhause kurz umziehe, und dann erst zum Training gehe und anschließend erst zu Abend esse. Niemand käme auf die Idee, einen kurzen Aufenthalt zu Hause mit einer Zwischentätigkeit vor dem Abendessen als Unterbrechung des Versicherungsschutzes zu werten.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist begründet.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist.
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat.
Der Wegeunfall, den ein Versicherter bei der versicherten Tätigkeit erleidet, setzt voraus, dass das Verhalten am Ort der Tätigkeit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R - USK 2000-95).
Der Kläger war zwar als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Außerdem hat er auch bei dem Zusammenstoß mit dem geparkten Pkw erhebliche Verletzungen und damit auch einen Unfall erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil seine Fahrt nach O. nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner Beschäftigung stand.
Zu den versicherten Tätigkeiten eines Versicherten zählt nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit "zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit". Diese Formulierung kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang der unfallbringenden versicherten Fortbewegung als Vor- oder Nachbereitungshandlung mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit. Er besteht, wenn die Fortbewegung von dem Zweck bestimmt ist, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden (BSG vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 9 mwN). Allerdings muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses im sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Handeln des Versicherten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der Arbeitsstätte gehört (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R - m.w.N.).
Mit der Aufnahme des Heimweges ging der Kläger nicht mehr seiner nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigung nach.
Auch steht inzwischen trotz ursprünglicher anderer erster Angaben des Klägers fest, dass er sich nicht mehr in Richtung seiner Wohnung in W. bewegte, da der Unfallort sich auf der N. (Land)Straße in Richtung O. nach der Abzweigung von A.-G. befindet.
Die Wohnung der Eltern des Klägers in O. kann nicht als die Wohnung des Klägers im Sinne des § 8 Abs 2 Nr. 1 SGB VII angesehen werden. Denn der Kläger unterhielt in W. eine eigene Wohnung, in der er - anders als in der Wohnung seiner Eltern - auch regelmäßig übernachtete. Versicherte Tätigkeit ist zwar nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben. Dabei kann die Familienwohnung auch bei erwachsenen Junggesellen noch die regelmäßig besuchte Wohnung der Eltern sein (zum Ganzen BSGE 35, 32; BSGE 37,98; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 22). Dieses Merkmal ist vorliegend jedoch nicht erfüllt, denn die Entfernung von W. und O. zur Arbeit des Klägers in A.-A. unterscheidet sich nicht wesentlich, und insbesondere ist das Merkmal der "Wohnung" insoweit bereits deswegen nicht erfüllt, weil der Kläger nach seinen Besuchen in O. grundsätzlich (mit wenigen Ausnahmen) immer zum Übernachten in seine eigene Wohnung in W. gefahren ist. Die Tatsache, dass der Kläger in gleicher Entfernung von seiner Arbeit von O. in W. eine eigene Wohnung genommen hat, steht insofern bereits dem Wortlaut der Vorschrift nach einer Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf Fahrten nach O. entgegen. § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII greift nur in den Fällen, in denen der Ort der Tätigkeit und der Ort des Lebensmittelpunktes derart weit voneinander entfernt liegen, dass der Versicherte den Weg zum Ort der Tätigkeit nicht täglich bewältigen kann und er sich deswegen am Ort der Tätigkeit oder in dessen Nähe eine Unterkunft sucht (G. Wagner in: jurisPK-SGB VII, § 8 SGB VII, § 8 Rdnr. 225).
Ein Versicherungsschutz bestand auch nicht aufgrund der Möglichkeit, unter Umständen geringfügig vom versicherten Weg abzuweichen oder diesen zu unterbrechen (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R - m.w.N). Denn bei der insoweit vorzunehmenden natürlichen Betrachtungsweise kann der Teil des Weges nach O. wegen seiner großen Entfernung und der gänzlich anderen Richtung insoweit nicht als bloße "Durchgangsstation", "Zwischenstopp" oder "Zwischenort" auf der Fahrt nach W. betrachtet werden. Eine unbeachtliche Unterbrechung des Weges scheidet auch deswegen aus, weil der Kläger mit dem beabsichtigten Betreten der Wohnung seiner Eltern den öffentlichen Verkehrsraum verlassen wollte (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 17/07 R -; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 m.w.N.).
Schließlich lag auch kein versicherter Arbeitsweg unter dem Aspekt eines sogenannten "dritten Orts" vor. Anderer Endpunkt des Weges vom Arbeitsort nach Hause kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch ein dritter Ort sein, wenn die Länge des Weges in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zu oder von dem Ort der Tätigkeit zurückgelegten Weg steht (vgl. BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 6, 13 und 14; zuletzt BSG, Urteil vom 12.05.2009 - B 2 U 11/08 R -). Da die Entfernung von der Arbeitsstelle nach O. derjenigen zu der Wohnung in W. ähnelt, liegt insofern zwar kein unangemessener längerer Weg vor.
Wenn nicht der häusliche Bereich, sondern ein "dritter Ort" den Endpunkt des vom Ort der Tätigkeit angetretenen Weges bildet, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten, sich zur Arbeit bzw Ausbildung zu begeben bzw. hiervon zurückzukehren (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 5, 13 und SozR 3-2700 § 8 Nr. 6) oder davon rechtlich wesentlich geprägt ist, einen eigenwirtschaftlichen Besuch am "dritten Ort" abzuschließen (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 6 mwN). Dabei kommt insbesondere der Frage eine besondere Bedeutung zu, ob am dritten Ort Verrichtungen des täglichen Lebens erledigt wurden oder werden sollen, die keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit an sich haben, oder ob es sich um Verrichtungen handelt, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zugute kommen sollen, wie zB dringende Arztbesuche zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit (vgl. BSG a.a.O.). Dabei müssen im Interesse einer hinreichend klaren Grenzziehung und zur Vermeidung einer mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr zu vereinbarenden Ausweitung des Wegeunfallversicherungsschutzes von vornherein in einer generalisierenden Betrachtung solche Verrichtungen am "dritten Ort" ausscheiden, die nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht primär zur Wiederherstellung, Aufrechterhaltung oder Verbesserung der für die versicherte Tätigkeit benötigten körperlichen und/oder geistigen Leistungsfähigkeit, sondern lediglich der geistigen Anregung, der Entspannung oder etwa der Aufrechterhaltung zwischenmenschlicher Beziehungen dienen sollen, mögen diese auch mittelbar das körperliche bzw geistige Wohlbefinden heben und so auch die Leistungsfähigkeit verbessern (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 13 m.w.N.). Die Dauer des Aufenthalts muss zudem so erheblich sein, dass der vorangegangene Weg eine selbständige Bedeutung erlangt, so dass die Strecke "Ort der Tätigkeit – dritter Ort – Wohnung" bzw. umgekehrt in zwei rechtlich selbstständige Teile zerlegt wird, von denen nur der jeweils letzte im rechtlichen Zusammenhang mit der Aufnahme bzw. Beendigung der Arbeit steht. Danach kann Unfallversicherungsschutz auf dem Wege von einem anderen Ort als der Wohnung zum Ort der Tätigkeit nur dann bestehen, wenn der Aufenthalt an dem dritten Ort mindestens zwei Stunden andauerte bzw. andauern sollte (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/07 R -; BSG, Urteil vom 03.12.2002 - B 2 U 19/02 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 14).
Vorliegend hatte der Kläger zunächst vor, mit seiner Familie zu Abend zu essen, was vorwiegend der Pflege der familiären Verbundenheit und der Entspannung diente, was den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bereits erheblich schwächte. Insbesondere aber ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der Kläger bei seinen Eltern das Kriterium eines mindestens zweistündigen Aufenthaltes erfüllt hätte. Die Eltern selbst haben vor dem SG angegeben, dass der Kläger sich im Rahmen seiner Abendessen jeweils ca. ein bis zwei Stunden bei Ihnen aufgehalten habe. Der Kläger hat hierzu vor dem SG sogar ausgeführt, dass der Aufenthalt nur eine Stunde gedauert habe und länger gewesen sei, wenn sein Bruder anwesend gewesen sei. Nachdem der Zeuge P. S. indes ausgesagt hat, dass der Kläger und er abends noch in O. verabredet gewesen seien, um gemeinsam etwas zu unternehmen (wie das regelmäßige gemeinsame Angeln), kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger am Unfalltag bei seinen Eltern wenigstens zwei Stunden lang geblieben wäre. Diese Zweifel werden dadurch verstärkt, dass der Zeuge P. S. sich zum Unfallzeitpunkt mit 10 Minuten Verzögerung auf einem Mofa auf dem Weg nach O. befand, wo er sich mit dem Kläger verabredet hatte, um nach dem Abendessen etwas gemeinsam zu unternehmen. Dies spricht sowohl eher dafür, dass der Kläger an diesem Abend kein langes Abendessen eingenommen hätte, als auch dafür, dass er nicht wie sonst manchmal in der Wohnung seiner Eltern auf seinen Bruder gewartet hätte. Unzweifelhaft hätte diese gemeinsame Unternehmung mit dem Zeugen, wenn es zu ihr gekommen wäre, eine eigenwirtschaftliche Verrichtung dargestellt.
Im Übrigen bestehen unabhängig von den voranstehenden Überlegungen vorliegend auch konkrete Zweifel, ob der Kläger am Unfalltag überhaupt beabsichtigte, bei seinen Eltern zu Abend zu essen. Denn der Kläger hat am 24.01.2006 gegenüber der Stadt N. angegeben, dass der Zeuge P. S. am Unfalltag "auch ... Richtung Z. fahren" wollte. Demnach bestand die Möglichkeit, dass der Kläger ebenfalls die Absicht hatte, über O. hinaus nach Z. zu fahren, zumal er mit dem Zeugen, der dorthin fuhr, verabredet war.
Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Glaubwürdigkeit des Klägers beschädigt ist, nachdem dieser in seinen ersten Angaben durchgängig falsche Angaben hinsichtlich seines Nachhausewegs nach W. gemacht hatte, welche zudem in seinem Interesse lagen, da beim Zutreffen dieser Angaben ein versicherter Arbeitsweg unstreitig vorgelegen hätte. Dass der Kläger den Unfall im Beschäftigungsbetrieb nicht zeitnah gemeldet habe, weil er von einer Meldepflicht nichts gewusst habe, hält der Senat überdies für zweifelhaft. Denn der Kläger hat schwerste Verletzungen erlitten und nachfolgend die Kündigung seines Arbeitgebers erhalten. Insofern hätte die Meldung eines Arbeitsunfalles nahegelegen, wenn der Kläger tatsächlich auf einem versicherten Weg verunfallt wäre; offensichtlich hatte der Kläger zunächst selbst Anlass zu der Auffassung, dass ein Wegeunfall nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall im Streit.
Der 1958 geborene Kläger war als Gipser beschäftigt. Am 08.05.2003 fuhr er mit dem Fahrrad nach dem Ende seiner Arbeitsschicht auf einen geparkten PKW auf und verletzte sich hierbei schwer.
Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Unfalls eine eigene Wohnung in W. und arbeitete in A.-A ... Nach dem Ortsausgang A.-G. führen unterschiedliche Wege (Landstraßen) nach W. und O ... Der Unfall passierte nach dem Ende der Arbeitsschicht des Klägers hinter dem Ortsausgang von A.-G. auf der Landstraße namens "N. Straße" in Richtung O., also nicht mehr auf dem direkten Weg auf der Landstraße namens "W. Straße" zu seiner eigenen Wohnung in W ... In O. wohnen die Eltern des Klägers, welche der Kläger damals regelmäßig nach der Arbeit zur Einnahme des Abendessens besuchte.
Die Beklagte erfuhr erstmalig durch eine Meldung der Krankenversicherung des Klägers am 28.11.2005 vom Unfall des Klägers. Die Krankenkasse teilte mit, der Kläger habe mit dem Fahrrad auf der Heimfahrt von der Arbeit einen Wegeunfall erlitten, als er auf dem Weg zu einem Freund gewesen sei. Erst als die Folgen des Unfalles sich gegen 23 Uhr rapide verschlechtert hätten, sei ein Arzt eingeschaltet worden. Anschließend sei versehentlich eine Meldung gegenüber dem Träger der Unfallversicherung nicht erfolgt. Im Bericht über einen stationären Aufenthalt im Kreiskrankenhaus N. vom 08.05.2003 bis 20.05.2003 ist angegeben, dass der Kläger ein Polytrauma nach Motorradunfall mit Leberruptur, Rippenserienfraktur mit Pneumothorax bei vorbestehenden Hepatitis B und C, Polytoxikomanie mit Alkohlabusus und Methadonabhängigkeit erlitten habe.
In seiner ersten Stellungnahme gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, auf der Heimfahrt von seinem Arbeitsplatz in A.-A. nach W. gemeinsam mit einem Arbeitskollegen zu sich nach Hause gefahren zu sein. Auf der Höhe von G. habe er sich rückwärts nach seinem Arbeitskollegen umgesehen und sei dabei auf ein parkendes Fahrzeug aufgefahren. Trotz starker Schmerzen sei er davon ausgegangen, sich lediglich Prellungen zugezogen zu haben. Da sein Arbeitskollege in G. wohnte, seien sie zu ihm nach Hause gegangen, wo er sich zunächst ausgeruht habe. Gegen 23 Uhr seien die Schmerzen dann so stark geworden, dass die notfallmäßige Einlieferung ins Krankenhaus erforderlich geworden sei. Die Polizei sei nach dem Unfall nicht eingeschaltet worden.
Die Ehefrau des Arbeitgebers des Klägers teilte am 13.12.2005 telefonisch mit, dass der Kläger am Unfalltag bis 16 Uhr gearbeitet habe. In der Firma sei von einem Arbeitsunfall nichts bekannt, weswegen man davon ausgehe, dass es sich um einen privaten Weg gehandelt habe. Lohnfortzahlung sei bis zum 22.06.2005 geleistet worden, zum 23.06.2005 sei dem Kläger gekündigt worden. Bei dem Unfall sei der Arbeitskollege P. S. anwesend gewesen, der sich auch um den Kläger gekümmert habe.
Mit einer zweiten Stellungnahme vom 02.01.2006 gab der Kläger an, nach der Arbeit regelmäßig von A.-G. in seine Wohnung nach W. zu fahren. Für den Weg mit dem Fahrrad würden 14 Minuten benötigt, ein Umweg sei nicht gewählt worden.
In einer dritten Stellungnahme des Klägers gegenüber der Stadt N. gab dieser am 24.01.2006 an, dass er zum damaligen Zeitpunkt nach der Arbeit üblicherweise mit dem Motorroller in seine Wohnung in W. gefahren sei. Am Unfalltage habe sein Motorroller einen Reifendefekt gehabt, weswegen er sich von einem Kollegen in G. ein Fahrrad ausgeliehen habe. Der Kollege habe ihm das Fahrrad geliehen und sei dann selbst mit dem Roller nach Z. gefahren. Als er das Motorgeräusch eines Rollers hinter sich gehört habe, habe er sich nach dem Kollegen umgedreht, wobei sich der Unfall ereignet habe. Er sei am Außenspiegel eines parkenden Autos hängen geblieben und hierdurch vom Fahrrad gerissen worden.
In einer vierten Stellungnahme vom 24.01.2006 bestätigte der Kläger erneut, dass er auf dem Weg nach W. gewesen sei, als er verunfallte. Sein Roller habe in A. einen Reifendefekt gehabt, und er habe noch in A.-G. ein Ersatzfahrrad von dem Kollegen bekommen.
Mit Schreiben vom 07.02.2006 wies die Beklagte den Kläger auf die Widersprüche in den Aussagen des Klägers hin.
In einem Telefonat vom 10.02.2006 stellte der Kläger daraufhin klar, dass sein Arbeitgeber zwar in W. ansässig sei, der Lagerplatz mit Arbeitsbeginn bei dieser Firma jedoch in A.-A. gewesen sei. Dort sei auch die Arbeit beendet worden und von hier sei auch regelmäßig der Heimweg angetreten worden. Die Angabe eines "Motorradunfalls" in den ersten medizinischen Unterlagen müsse auf einem Versehen beruhen. Er habe seinen Heimweg am 08.05.2003 zunächst mit dem Mofa angetreten und dann nach Feststellen des platten Reifens das Mofa bei einem Kollege in G. abgestellt und sich ein Fahrrad für die Fortsetzung seines Wegs ausgeliehen. Den Unfall habe er im Betrieb nicht gemeldet, weil ihm eine Meldepflicht nicht bekannt gewesen sei.
Der Arbeitgeber des Klägers hat in einer zweiten Stellungnahme vom 02.03.2006 bestätigt, dass der Lagerplatz der Firma sich in A.-A. befinde und von diesem Lagerplatz aus immer die Wege zur Baustelle angetreten wurden bzw. hier auch beendet worden seien. Am Arbeitstag sei der Kläger beim TUS S. in der K.straße beschäftigt gewesen. Arbeitszeit sei am Unfalltag von 7 bis 16 Uhr gewesen. Der Zeuge P. S. sei am Unfalltag auf derselben Baustelle wie der Kläger eingesetzt gewesen.
Der Kollege P. S. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass er mit dem Kläger gemeinsam aus A.-A. am Unfalltag um 17 bis 17.30 Uhr den Heimweg angetreten habe. Sie seien beide mit dem Mofa unterwegs gewesen, nach einer Reifenpanne sei der Kläger auf einem geliehenen Fahrrad aus G. weiter gefahren. Das Fahrrad habe er dem Kläger ausgeliehen, da er auf dem Nachhausewege an der eigenen Wohnung vorbeigekommen sei. Der Unfall habe sich zwischen G. und W. ereignet. Den genauen Unfallhergang könne er jedoch nicht schildern, da er erst später dazugekommen sei. Er habe den Kläger verletzt auf der Straße liegen sehen. Der Kläger habe seinen Heimweg nicht fortsetzen können, weswegen er ihn zu sich nach Hause (damals in G.) begleitet habe.
Die Halterin des in den Unfall verwickelten abgestellten Fahrzeugs teilte am 09.06.2006 mit, dass ihr Fahrzeug am Unfalltag auf der N. Straße auf der Höhe der Einfahrt in den A.weg in A. abgestellt gewesen sei. Von dem Unfall habe sie erst eine halbe bis eine Stunde später durch ihre Eltern erfahren. In einer zweiten Stellungnahme vom 13.09.2006 gab sie an, dass auch ihre Eltern nicht mehr sagen könnten, von wem sie von dem Unfall erfahren hätten. Den Unfall mitbekommen hätten auch die Eltern nicht. Am Fahrzeug sei der linke Spiegel, das Rücklicht hinten links und das Seitenteil hinten links beschädigt gewesen. Eine Versicherung sei nicht eingeschaltet worden, der Schaden sei durch den Vater des Klägers privat beglichen worden.
Am 10.07.2006 machte der Arbeitskollege P. S. eine zweite Aussage gegenüber der Beklagten. Er sei erst 15 Minuten später zum Unfallort gekommen. Er habe am Kläger keine äußerlich sichtbaren Verletzungen erkannt. Er habe erst am Unfallort von dem Unfall erfahren. Der Unfall sei am Ortsausgang G. Richtung N. (das hinter O. liegt) gewesen.
Mit Bescheid vom 23.10.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung im Hinblick auf den Unfall des Klägers vom 08.05.2003 ab. Ein Arbeitsunfall sei nicht nachgewiesen. Ein solcher sei bereits fraglich, weil der Kläger den Unfall weder im Krankenhaus noch bei seinem Arbeitgeber gemeldet habe. Auch sei im Krankenhaus zunächst offenbar ein Motorradunfall angegeben worden, während sich im Laufe der durchgeführten Ermittlungen herausgestellt habe, dass der Kläger mit dem Fahrrad verunfallt sei. Aus den mehrfachen Schilderungen des Klägers und denen des Zeugen P. S. ergäben sich mehrere Widersprüchlichkeiten zum korrekten Geschehensablauf. Zunächst würden unterschiedliche Unfallorte genannt, nämlich anfangs eine Fahrtrichtung in Richtung W., dann ein Unfallstelle an einem Ort zwischen G. und W., und anschließend ein Unfallort am Ortsausgang G. Richtung N ... Auffällig sei weiterhin, dass zunächst angegeben worden sei, der Zeuge sei bei dem Unfall dabei gewesen und dann, dass der Zeuge später hinzugekommen sei. Trotz dieser widersprüchlichen Angaben stehe die Unfallstelle fest, nämlich die N. Straße Höhe Einfahrt A.weg in G ... Dies sei von der Halterin des geparkten Fahrzeugs mitgeteilt worden, welche kein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben dürfte. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt in W. wohnte, hätte ihn sein Nachhauseweg von G. hinaus über die W. Straße und nicht über die N. Straße (beides Landstraßen) führen müssen. Der Kläger sei also nicht auf dem direkten Nachhauseweg verunfallt, und zwar auch dann nicht, wenn man berücksichtige, dass er sich unterwegs ein Fahrrad geliehen habe. Denn von der damaligen Wohnanschrift des Zeugen P. S. hätte der direkte Weg zur damaligen Wohnung des Klägers in W. ebenfalls über die W. Straße und nicht über die N. Straße geführt. Die Fahrtrichtung N. decke sich im Übrigen mit den Angaben bei der behördlichen Unfalluntersuchung, wonach der Kollege "auch" nach Z. (das hinter O. liegt) habe fahren wollen. Dies spreche dafür, dass der Kläger tatsächlich nach Z. und nicht nach W. habe fahren wollen. Damit habe der Unfall sich jedoch nicht auf dem direkten Nachhauseweg ereignet, obwohl der Kläger dies so angegeben habe. Ursprünglich habe der Kläger indes sogar angegeben, dass sowohl er als auch sein Kollege P. S. zu ihm nach Hause nach W. hätten fahren wollen. Ein Versicherungsfall liege daher nicht vor.
Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass er entgegen seinen ursprünglichen Angaben von der Arbeit nicht direkt zu seiner Wohnung nach W. gefahren sei, sondern zu seinen Eltern nach O ... Von da aus erst habe er dann zu seiner Wohnung nach W. fahren wollen. Auch der Weg zur elterlichen Wohnung sei jedoch als versicherter Heimweg anzusehen. Er habe bis zu seinem Arbeitsbeginn im Jahre 1992 bei der Firma M. als Junggeselle bei seinen Eltern gelebt. 1994 sei er dann nach W. und anschließend 2003 nach W. gezogen. In seiner Familie sei es üblich, dass auch die erwachsenen Kinder abends bei den Eltern in O. am Abendessen teilnehmen. Neben dem familiären Zusammenhalt sei dies für ihn auch deswegen wichtig gewesen, weil er als Arbeiter am Bau mittags nur sein mitgebrachtes Vesper habe essen können und bei der Mutter am Abend dann seine warme Tagesmahlzeit erhalten habe. Er habe regelmäßig nach dem Abendessen auch den Abend dort mit seinen Eltern und den Brüdern verbracht, da er in W. niemanden gekannt habe. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er den Umweg über O. hätte angeben müssen. Für ihn sei dies ein nicht bedeutsamer Aufenthalt auf dem Weg zu seiner Wohnung nach W. gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2007 als unbegründet zurück. Im Falle des Klägers bestünden erhebliche Zweifel daran, dass er sich zum Unfallzeitpunkt auf einem versicherten Arbeitsweg befunden habe. Neben der späten Meldung des Unfalls lägen auch unterschiedliche Schilderungen sowohl des Klägers als auch seines Arbeitskollegen zu dem Vorgang vor. Insoweit bestünden die Zweifel aus dem Ablehnungsbescheid fort. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei den zeitlich ersten Aussagen ein weit höherer Beweiswert beizubemessen als den zu einem späteren Zeitpunkt gemachten Angaben. Erstmalig im Widerspruchsverfahren und nach anwaltlicher Beratung trage der Kläger nunmehr vor, sich auf einem Umweg über den Wohnort seiner Eltern in O. auf dem Nachhauseweg zu seiner Wohnung nach W. befunden zu haben. Dies sei nicht glaubhaft.
Der Kläger hat deswegen am 12.04.2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er sei zum damaligen Zeitpunkt nie auf direktem Wege von der Arbeit in A.-A. (Lagerplatz der Firma) nach Hause nach W., sondern immer zunächst zum Abendessen zu der Wohnung seiner Eltern in O. gefahren. Das BSG habe wiederholt anerkannt, dass Ziel- und der Ausgangspunkt des versicherten Weges nach oder von der versicherten Tätigkeit auch ein sog. "dritter Ort" sein könne, was zulässig sei, wenn dieser nicht unverhältnismäßig länger sei als der direkte Weg von der Arbeit zur eigenen Wohnung. Im vorliegenden Fall könne es offenbleiben, ob die elterliche Wohnung überhaupt ein dritter Ort oder nicht in Wirklichkeit die Wohnung des Klägers darstelle, da der Kläger sich jedenfalls weiterhin jeden Abend bei seinen Eltern aufgehalten habe und faktisch zwei Wohnungen gehabt habe. Selbst wenn lediglich die eigene Wohnung maßgeblich sei, liege ein sog. dritter Ort im Sinne der Rechtsprechung des BSG vor. Die Beklagte habe auch gegen die Pflicht der Amtsermittlung verstoßen, da sie den neuen Vortrag des Klägers im Widerspruchsverfahren zum Vorliegen eines dritten Orts als unglaubhaft abgetan habe ohne die hierzu angegebenen Beweismittel (Zeugenvernehmung der Eltern und des Arbeitskollegen) ausgenutzt zu haben. Entscheidend sei auch nicht, was der Kläger früher angegeben habe, sondern was sich tatsächlich zugetragen habe.
Das SG hat am 22.08.2007 einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Kläger hat hierin angegeben, dass die Dauer des Aufenthalts bei seinen Eltern zum Abendessen, je nach dem, ob auch sein Bruder da gewesen sei, eine Stunde oder länger betragen habe. In W. habe er keinen Bekanntenkreis. Der Zeuge P. S. hat ausgesagt, dass der Kläger kurz vor G. eine Panne mit seinem Mofa gehabt habe. In G. habe der Kläger dann von ihm ein Fahrrad erhalten. Man habe sich dann abends noch in O. treffen wollen. Er habe sich dann zunächst umgezogen und der Kläger sei mit dem Fahrrad vorausgefahren. Den Unfall habe er nicht gesehen, sondern er sei später hinzugekommen. Man habe sich abends öfters in O. getroffen und sei dann gemeinsam Angeln gegangen. Der Kläger sei immer zu seinen Eltern abends zum Essen gegangen.
Die dem SG von dem Rechtsanwalt des Klägers übermittelte Zeugenaussage der Eltern des Klägers bestätigt, dass der Kläger regelmäßig zum Essen abends zu ihnen nach Hause gekommen sei. Es sei auch vorgekommen, dass der Kläger bei ihnen übernachtet habe. Der Aufenthalt abends bei ihnen habe jeweils ca. ein bis zwei Stunden gedauert. Der Bekanntenkreis des Klägers habe sich ausschließlich in N. und O. befunden. Der Kläger sei lediglich zum Schlafen nach W. gefahren.
Die Beklagte wies anschließend daraufhin, dass nach der Aussage der Eltern von einem regelmäßigen Aufenthalt von weniger als zwei Stunden auszugehen sei, wonach es sich lediglich um einen Zwischenort gehandelt habe und ein sog. dritter Ort nicht vorgelegen habe.
Mit Urteil vom 05.08.2008 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 23.10.2006 in der Ge- stalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2007 aufgehoben und festgestellt, dass das Unfallereignis vom 08.05.2003 einen gemäß § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) versicherten Unfall darstellt. Die darüber hinausgehende Klage auf Erbringung der gesetzlichen Leistungen durch die Beklagte hat das SG abgewiesen. Bei dem Unfallereignis vom 08.05.2003 handele es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme um einen bei der Beklagten versicherten Wegeunfall. Soweit der Kläger über die Feststellung des Unfalles hinaus Leistungen begehrt habe, sei die Klage nicht begründet, weil über die Ablehnung des Arbeitsunfalles hinaus von der Beklagten näher konkretisierbare Leistungen nicht abgelehnt worden seien. Ein Arbeitsunfall im Sinne eines Wegeunfalls liege vor, da der Kläger sich auf dem Weg von seiner versicherten Tätigkeit in A.-A. zu der Wohnung der Eltern in O. befunden habe und insofern von einem dritten Ort im Sinne der Rechtsprechung des BSG auszugehen sei, wonach der innere Zusammenhang eines Arbeitsweges fortbestehe, wenn der Weg von dem Vorhaben des Versicherten rechtlich wesentlich geprägt sei, sich zur Arbeit zu begeben oder von dieser zurückzukehren (unter Hinweis auf BSG, SozR 3-2700 § 8 Nr. 6 m.w.N.; BSG in SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 m.w.N.). Ereigne sich der zu beurteilende Unfall nicht auf dem Weg von dem dritten Ort zur Arbeitsstätte, sondern auf dem Weg von dem Ort der Tätigkeit zu dem dritten Ort, bereite die Feststellung des - beabsichtigten - erforderlichen zweistündigen Aufenthalts am dritten Ort naturgemäß Schwierigkeiten, weil er sich durch den Unfall nicht realisiert habe. Demnach könne nur noch die Absicht des Versicherten festgestellt werden, sich für eine gewisse Zeitspanne an einem dritten Ort aufzuhalten, wobei soweit der Nachweis einer mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vorliegen müsse. Dieser Nachweis sei vorliegend erbracht. Sowohl die Eltern des Klägers als auch der Arbeitskollege hätten übereinstimmend angegeben, dass der Kläger auf seinem Nachhauseweg nach der Arbeit regelmäßig bei seinen Eltern in O. vorbeigefahren sei. Die Entfernung von A.-A. nach W. einerseits bzw. O. anderseits stehe auch nicht in einem unangemessenen Verhältnis in dem Sinne, als das der Weg von A.-A. nach O. unangemessen länger wäre. Die zunächst entgegenstehenden Angaben des Klägers, er sei nach der Arbeit auf dem Weg von A.-A. nach W. gewesen, könnten auch im Sinne des Klägers günstig so aufzufassen gewesen sein, dass er gerade im Sinne die Rechtsprechung des BSG den Aufenthalt bei seinen Eltern zum Abendessen in O. lediglich als Zwischenstopp bzw. Umweg auf seinem Nachhauseweg nach W. angesehen habe. Die Zielrichtung des Weges sei so in beiden Fällen die Gleiche gewesen. Es bestehe auch kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass den Erstangaben eines Versicherten automatisch ein höherer Beweiswert zukomme (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R -). Nach objektiver Überprüfung der beabsichtigten Handlungen in O. sei auch festzustellen, dass das Abendessen mindestens zwei Stunden in Anspruch genommen hätte. Die Einnahme des Abendessens habe auch keine Tätigkeit dargestellt, welche den inneren Zurechnungszusammenhang ausschließe (BSG, Urteil vom 03.12.2002 - B 2 U 18/02 R -). Es könne daher dahingestellt bleiben, ob nicht bereits die Wohnung der Eltern und nicht die eigentliche Wohnung des Klägers in W. den Begriff der ständigen Familienwohnung erfülle (BSG, Urteil vom 10.10.2002,- B 2 U 16/02 R -). Da O. die Voraussetzung eines dritten Ortes erfülle, müsse dieser Frage nicht weiter nachgegangen werden. Das Urteil des SG wurde der Beklagten am 14.08.2008 zugestellt.
Die Beklagte hat am 08.09.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Behauptung des Klägers, sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu seinen Eltern in O. befunden zu haben, sei erstmalig im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden. Berücksichtige man, dass der versicherte Weg als anspruchsbegründende Tatsache mit an Sicherzeit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen sei, sei festzustellen, dass vorliegend bei einer Meldung des vermeintlichen Wegeunfalles erst zweieinhalb Jahre nach dem Ereignis diese Tatsache nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad vorliege. Selbst bei Annahme eines Weges des Klägers zu seinen Eltern in O. habe es sich hierbei nicht um einen Weg zu einem dritten Ort, sondern um einen eigenwirtschaftlichen Weg gehandelt. Abgesehen davon, dass der abendliche Aufenthalt bei den Eltern in der Regel nur ein bis zwei Stunden dauere, worauf die Aussagen des Klägers selbst und seine Eltern hinwiesen, hätte der Kläger sich am 08.05.2003 nach den Aussagen des Zeugen P. S. auch noch mit diesem in O. treffen wollen. Die Annahme im erstinstanzlichen Urteil, der Kläger wäre am Unfalltag mindestens zwei Stunden in der Wohnung seiner Eltern verblieben, sei nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.08.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Die Beklagte selbst habe festgestellt, dass er sich auf dem Weg nach O. und nicht auf dem Weg nach W. befunden habe. Zu beweisen sei damit nur noch die Tatsache gewesen, dass O. ein dritter Ort im Sinne der Rechtsprechung des BSG sei; dies sei durch die Aussagen des Zeugen S. und die schriftlichen Aussagen seiner Eltern erfolgt. Er habe sich auch von Anfang an nicht widersprüchlich geäußert, da er bei der Angabe seiner Zielrichtung W. in seinen ersten Einlassungen nach dem Unfall jeweils daran gedacht habe, dass dies das Endziel seiner Fahrt auf dem Nachhauseweg über O. gewesen sei. Schließlich sei auch die Wohnung in O. als sein Lebensmittelpunkt anzusehen, da er dort seine Familie und Freunde gehabt sowie seine Freizeit verbracht habe. Die spätere Verabredung stehe dem Versicherungsschutz nicht entgegen, weil es häufig sei, dass jemand sich zuhause kurz umziehe, und dann erst zum Training gehe und anschließend erst zu Abend esse. Niemand käme auf die Idee, einen kurzen Aufenthalt zu Hause mit einer Zwischentätigkeit vor dem Abendessen als Unterbrechung des Versicherungsschutzes zu werten.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist begründet.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist.
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat.
Der Wegeunfall, den ein Versicherter bei der versicherten Tätigkeit erleidet, setzt voraus, dass das Verhalten am Ort der Tätigkeit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R - USK 2000-95).
Der Kläger war zwar als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Außerdem hat er auch bei dem Zusammenstoß mit dem geparkten Pkw erhebliche Verletzungen und damit auch einen Unfall erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil seine Fahrt nach O. nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner Beschäftigung stand.
Zu den versicherten Tätigkeiten eines Versicherten zählt nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit "zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit". Diese Formulierung kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang der unfallbringenden versicherten Fortbewegung als Vor- oder Nachbereitungshandlung mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit. Er besteht, wenn die Fortbewegung von dem Zweck bestimmt ist, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden (BSG vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 9 mwN). Allerdings muss auch die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses im sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Zurücklegen des Weges stehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Handeln des Versicherten zur Fortbewegung auf dem Weg zur oder von der Arbeitsstätte gehört (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R - m.w.N.).
Mit der Aufnahme des Heimweges ging der Kläger nicht mehr seiner nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigung nach.
Auch steht inzwischen trotz ursprünglicher anderer erster Angaben des Klägers fest, dass er sich nicht mehr in Richtung seiner Wohnung in W. bewegte, da der Unfallort sich auf der N. (Land)Straße in Richtung O. nach der Abzweigung von A.-G. befindet.
Die Wohnung der Eltern des Klägers in O. kann nicht als die Wohnung des Klägers im Sinne des § 8 Abs 2 Nr. 1 SGB VII angesehen werden. Denn der Kläger unterhielt in W. eine eigene Wohnung, in der er - anders als in der Wohnung seiner Eltern - auch regelmäßig übernachtete. Versicherte Tätigkeit ist zwar nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben. Dabei kann die Familienwohnung auch bei erwachsenen Junggesellen noch die regelmäßig besuchte Wohnung der Eltern sein (zum Ganzen BSGE 35, 32; BSGE 37,98; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 22). Dieses Merkmal ist vorliegend jedoch nicht erfüllt, denn die Entfernung von W. und O. zur Arbeit des Klägers in A.-A. unterscheidet sich nicht wesentlich, und insbesondere ist das Merkmal der "Wohnung" insoweit bereits deswegen nicht erfüllt, weil der Kläger nach seinen Besuchen in O. grundsätzlich (mit wenigen Ausnahmen) immer zum Übernachten in seine eigene Wohnung in W. gefahren ist. Die Tatsache, dass der Kläger in gleicher Entfernung von seiner Arbeit von O. in W. eine eigene Wohnung genommen hat, steht insofern bereits dem Wortlaut der Vorschrift nach einer Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf Fahrten nach O. entgegen. § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII greift nur in den Fällen, in denen der Ort der Tätigkeit und der Ort des Lebensmittelpunktes derart weit voneinander entfernt liegen, dass der Versicherte den Weg zum Ort der Tätigkeit nicht täglich bewältigen kann und er sich deswegen am Ort der Tätigkeit oder in dessen Nähe eine Unterkunft sucht (G. Wagner in: jurisPK-SGB VII, § 8 SGB VII, § 8 Rdnr. 225).
Ein Versicherungsschutz bestand auch nicht aufgrund der Möglichkeit, unter Umständen geringfügig vom versicherten Weg abzuweichen oder diesen zu unterbrechen (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 26/07 R - m.w.N). Denn bei der insoweit vorzunehmenden natürlichen Betrachtungsweise kann der Teil des Weges nach O. wegen seiner großen Entfernung und der gänzlich anderen Richtung insoweit nicht als bloße "Durchgangsstation", "Zwischenstopp" oder "Zwischenort" auf der Fahrt nach W. betrachtet werden. Eine unbeachtliche Unterbrechung des Weges scheidet auch deswegen aus, weil der Kläger mit dem beabsichtigten Betreten der Wohnung seiner Eltern den öffentlichen Verkehrsraum verlassen wollte (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 17/07 R -; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 m.w.N.).
Schließlich lag auch kein versicherter Arbeitsweg unter dem Aspekt eines sogenannten "dritten Orts" vor. Anderer Endpunkt des Weges vom Arbeitsort nach Hause kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch ein dritter Ort sein, wenn die Länge des Weges in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zu oder von dem Ort der Tätigkeit zurückgelegten Weg steht (vgl. BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 6, 13 und 14; zuletzt BSG, Urteil vom 12.05.2009 - B 2 U 11/08 R -). Da die Entfernung von der Arbeitsstelle nach O. derjenigen zu der Wohnung in W. ähnelt, liegt insofern zwar kein unangemessener längerer Weg vor.
Wenn nicht der häusliche Bereich, sondern ein "dritter Ort" den Endpunkt des vom Ort der Tätigkeit angetretenen Weges bildet, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten, sich zur Arbeit bzw Ausbildung zu begeben bzw. hiervon zurückzukehren (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 5, 13 und SozR 3-2700 § 8 Nr. 6) oder davon rechtlich wesentlich geprägt ist, einen eigenwirtschaftlichen Besuch am "dritten Ort" abzuschließen (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr 6 mwN). Dabei kommt insbesondere der Frage eine besondere Bedeutung zu, ob am dritten Ort Verrichtungen des täglichen Lebens erledigt wurden oder werden sollen, die keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit an sich haben, oder ob es sich um Verrichtungen handelt, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zugute kommen sollen, wie zB dringende Arztbesuche zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit (vgl. BSG a.a.O.). Dabei müssen im Interesse einer hinreichend klaren Grenzziehung und zur Vermeidung einer mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr zu vereinbarenden Ausweitung des Wegeunfallversicherungsschutzes von vornherein in einer generalisierenden Betrachtung solche Verrichtungen am "dritten Ort" ausscheiden, die nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht primär zur Wiederherstellung, Aufrechterhaltung oder Verbesserung der für die versicherte Tätigkeit benötigten körperlichen und/oder geistigen Leistungsfähigkeit, sondern lediglich der geistigen Anregung, der Entspannung oder etwa der Aufrechterhaltung zwischenmenschlicher Beziehungen dienen sollen, mögen diese auch mittelbar das körperliche bzw geistige Wohlbefinden heben und so auch die Leistungsfähigkeit verbessern (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 13 m.w.N.). Die Dauer des Aufenthalts muss zudem so erheblich sein, dass der vorangegangene Weg eine selbständige Bedeutung erlangt, so dass die Strecke "Ort der Tätigkeit – dritter Ort – Wohnung" bzw. umgekehrt in zwei rechtlich selbstständige Teile zerlegt wird, von denen nur der jeweils letzte im rechtlichen Zusammenhang mit der Aufnahme bzw. Beendigung der Arbeit steht. Danach kann Unfallversicherungsschutz auf dem Wege von einem anderen Ort als der Wohnung zum Ort der Tätigkeit nur dann bestehen, wenn der Aufenthalt an dem dritten Ort mindestens zwei Stunden andauerte bzw. andauern sollte (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/07 R -; BSG, Urteil vom 03.12.2002 - B 2 U 19/02 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 14).
Vorliegend hatte der Kläger zunächst vor, mit seiner Familie zu Abend zu essen, was vorwiegend der Pflege der familiären Verbundenheit und der Entspannung diente, was den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bereits erheblich schwächte. Insbesondere aber ist nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass der Kläger bei seinen Eltern das Kriterium eines mindestens zweistündigen Aufenthaltes erfüllt hätte. Die Eltern selbst haben vor dem SG angegeben, dass der Kläger sich im Rahmen seiner Abendessen jeweils ca. ein bis zwei Stunden bei Ihnen aufgehalten habe. Der Kläger hat hierzu vor dem SG sogar ausgeführt, dass der Aufenthalt nur eine Stunde gedauert habe und länger gewesen sei, wenn sein Bruder anwesend gewesen sei. Nachdem der Zeuge P. S. indes ausgesagt hat, dass der Kläger und er abends noch in O. verabredet gewesen seien, um gemeinsam etwas zu unternehmen (wie das regelmäßige gemeinsame Angeln), kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger am Unfalltag bei seinen Eltern wenigstens zwei Stunden lang geblieben wäre. Diese Zweifel werden dadurch verstärkt, dass der Zeuge P. S. sich zum Unfallzeitpunkt mit 10 Minuten Verzögerung auf einem Mofa auf dem Weg nach O. befand, wo er sich mit dem Kläger verabredet hatte, um nach dem Abendessen etwas gemeinsam zu unternehmen. Dies spricht sowohl eher dafür, dass der Kläger an diesem Abend kein langes Abendessen eingenommen hätte, als auch dafür, dass er nicht wie sonst manchmal in der Wohnung seiner Eltern auf seinen Bruder gewartet hätte. Unzweifelhaft hätte diese gemeinsame Unternehmung mit dem Zeugen, wenn es zu ihr gekommen wäre, eine eigenwirtschaftliche Verrichtung dargestellt.
Im Übrigen bestehen unabhängig von den voranstehenden Überlegungen vorliegend auch konkrete Zweifel, ob der Kläger am Unfalltag überhaupt beabsichtigte, bei seinen Eltern zu Abend zu essen. Denn der Kläger hat am 24.01.2006 gegenüber der Stadt N. angegeben, dass der Zeuge P. S. am Unfalltag "auch ... Richtung Z. fahren" wollte. Demnach bestand die Möglichkeit, dass der Kläger ebenfalls die Absicht hatte, über O. hinaus nach Z. zu fahren, zumal er mit dem Zeugen, der dorthin fuhr, verabredet war.
Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Glaubwürdigkeit des Klägers beschädigt ist, nachdem dieser in seinen ersten Angaben durchgängig falsche Angaben hinsichtlich seines Nachhausewegs nach W. gemacht hatte, welche zudem in seinem Interesse lagen, da beim Zutreffen dieser Angaben ein versicherter Arbeitsweg unstreitig vorgelegen hätte. Dass der Kläger den Unfall im Beschäftigungsbetrieb nicht zeitnah gemeldet habe, weil er von einer Meldepflicht nichts gewusst habe, hält der Senat überdies für zweifelhaft. Denn der Kläger hat schwerste Verletzungen erlitten und nachfolgend die Kündigung seines Arbeitgebers erhalten. Insofern hätte die Meldung eines Arbeitsunfalles nahegelegen, wenn der Kläger tatsächlich auf einem versicherten Weg verunfallt wäre; offensichtlich hatte der Kläger zunächst selbst Anlass zu der Auffassung, dass ein Wegeunfall nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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